1903 / 289 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Dec 1903 18:00:01 GMT) scan diff

in diejer Angeléegénheit, der mit dem Minisier des Aeußern Grafen Lamedorff in Baro, S die von

Vorschläge besprohen habe. Die Konferenz habe 11/2 Stunde | gedauert. Man habe beschlossen, gewisse Modifikationen f an den japanische Vorschlägen hinsicht f oreas zu machen, und habe diese Modifikationen dem russishen Gesandten in Tokio Baron von Rofen telegraphisch mitgeteilt. Sie würden den Unterhändlern in Tokio offiziós unterbreitet werden. Man glaube zu wissen, daß die Modifikationen solhe von ge- ringerer Wichtigkeit seien , und daß, wenn Japan sie an- nehme, nichts einer volllommenen Einigung im Wege stehe. Die Konvention, zu der die Verhandlungen, wenn Japan den er- wähnten Modifikationen zustimme, führen würden, werde sich nur auf Korea erstrecken. Rußland werde den vorherrschenden Einfluß Japans in diesem Lande und das Reht Japans, das Protektorat über - Korea auszuüben, anerkennen, werde aber bestimmte Vorbehalte hinsihtliG der Küsten- DEUG und der Marinestationen mahen. Der Zweck dieser Vorbehalte sci die Verhinderung einer Unterbrehun der russishen Verbindungslinie zur See zwishen Wladiwosto und Port Arthur. Ferner solle Rußland Handelsfreiheit in Korea gesichert und sollten die vorhandenen ir: wpud Kon- zessionen anerkannt werden. Die Mandschureifrage werde Gegenstand einer besonderen D Eng sein; Japan sei damit einverstanden, daß die Feage der Räumung dieses Gebiets in der Slhwebe gelassen werde, und erkenne Rußlands Stellung

dort an.

YVarlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (8) Sißung des Reichstages, welcher der Reichskanzler Graf von Bülow, der Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky, der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Staatsminister, Vize- admiral von Tirpiß, der inanzminister Freiherr von Rheinbaben, der Minister für Handel und Gewerbe Möller, der Kriegsminister, Generalleutnant von Einem, Dr. Freiherr von Richthofen, der des Reichópostamtis Kraetke und der Staatssekretär des RNeichsshaßamts Freiherr von Stengel beiwohnten, teilte zunähst der Präsident Graf von Ballestrem das Resultat der in der leßten Sißung vollzogenen Schriftführer- wahl mit, wonach die Abgg. Himburg, Pauli, Rimpau, Krebs, Blell, von Thunefeld, Dr. Hermes und von Mielzynski zu Schriftführern gewählt worden sind.

Auf der Tagesordnung \tcht die erste Beratung des Gesehentwurfs, betreffend die Feststellung des RNeichshaushaltsetats für 1904, des Etats für die Schußgebierte und des Gesetzentwurfs, betreffend Aenderungen im I eN des Nei hs.

Zur Einleitung der Debatte nahm zunächst der Staats- sekretär des Neichssthazamts Freiherr von Stengel, dessen Nede bei S{hluß des Blattes noch fortdauerte, das Wort.

Nr. 21 des „Ministerialblatts für Medizinal- und medizinische Unterrihtsangelegenheiten“, G im Ministerium der geistlichen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten, | vom 1. Dezember, hat folgenden Inhalt: 1. Personalien. 11. Ak- gemeine Verwaltungsfachen: Erlaß des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenbheiten, betreffend Festseßung der von den Dienstwohnungsinbaktern bei den fstaatlihen Unterrichts- anstalten für den Wafferverbrauch zu entrichtenden Entshädigung, vom 5. November 1903. TII. Unterrihtêwesen: Erlaß des Ministers der geistlichen, Unterrichts- urid Medizinalangelegenheiten, betreffend Stemp:lIpflichtigkeit der den Hospitanten zu erteilenden Abgang3- besheinigungen, vom 5. November 1903. 1V. S{hulhygiene: Erlaß des Ministers der Medizinalangélegenheiten, des Junern urid für Handel und Gewerbe, betreffend die Verwendung farbiger Kreiden zu Ünterrichtszwe&en, vom 5. November 1903. V. Hebammenwesen : ŒSriaß des Ministers der Medizinalangelegenbeiten, betreffend Er- bebungen über die felbftändige Vornihme der inneren Wendung usw. seitens der Hébammen, vom 6. Noveniber 1903. VI. Fürsorge für Kranke und Gebre(liche : Erlaß des Ministers der Medizinalangelegen- beiten, betreffend den Fragebogen über die Einrihtungen auf dem Gebiete des Rettungs- und Krantentran8portwesene, vom 13. November 1903. VII. Seugenbekämpfung : 1) Erlaß des Ministers der Mevizinal- angelegenheiten, schâdigungen in den Uebers{hwemmungsgebteten, vom 4. November 1903; 2) Natlrichten über den Stand gemeingefährliher Krankheiten. VI1TI. Befämypfung der Trunksucht: 1) Erlaß des Ministers der öffent- lichen Arbeiten, betreffend die Bekämpfung des übermäßigen Alkohol- genufs, vem 26. Juli 1903; 2) Das im Kaiserlichen Gesundheits- amte ausgearbeitete Alkoholmerkblatt: „Gegen den Genuß geistiger Getränke“. IX. Gewerbebygiene: Bekanntmahung des Reichs- fanzlere, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugend- lichen Arbeitern in Ziegeleien, vom 15. Noveniber 1903. X. Statistik 1) Erlaß des Ministers der Medizinalangelegenheiten, betreffend _Statiftif der Heilbebantlung=yon tuversuzöser und gn anderen Leidgn J. erfrantien Berswherten, vom 2. November 1905; 2) Erlaß des Minisiers der Medizinalangelegenheiten, beireffend Lieferung ines Freiexemplars des statisiischen Jahrbuchs für tas Königreih Preußen an die Kreisärzte, vom 9. November 19083.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die preußischen Volks\{hullehrer und -Lehxerinnen nach ihrem Herkommen 1901. Der Stand der preußischen Volkss{hullehrer und Lehrerinnen ergänzt si ‘aus jo allen Klassen der Bevölkerung. Die preußische Bolkéscualstatistik für 1901 hat auch diese Berhälinisse dargestellt. Bon 74 588 Lehrern und 13758 Lehrerinuen stammten, wie die „Stat. Korr“ aus dem 176. Hesie der „Preußischen Statistik“ mitteilt, aus der Berufsabteilung: i 4. Landwirtschaft u. Gärtnerei 25025 = 33,55. H. 1 922 == 13,97 v. H. B. Gewerbe und Bauwesen . 20435 =2740 , 379=21/26 , C. Pu und Verlehnr . . §42=11,118 , 21891 =20,21 , D. Hâuslithe Dienste u. Lohn- bt... M04, B 08 ,

E. Staats- usw. Dienst, freie Beruf 46931 =22,70 , 4836L= 31/70 , 906 6/8 ,„

P F. Serufélose und ohne An- E d “Ad A0: : Die iebe im ommen find bei Lehrern und-Lehrecinnen i erheblid. Lie ZEE fleinen le Lund Lireringen, je 21:40 begw. 2126 llen rer un e 5 jw. 27.26 v. D. Beru gu sich jeboch die Lehrperjionen männlichen Und weib 1s in vers@iedenem GScade. F A it (A) er erbebli É / R

Dieser eebeblibe Unsecidite f till - viele Kanblébce: inb af iren T4 s £ rer au ren Metrieh mit gngewiesen und selbst Landwirte; der Land-

apanñ gemachten | e E Eintne 10a

geringerem M 34 v. j U en Beru

man die Gruppe Bewe! der \tädtischen und ländlihen Bepyölkerung zerlegen könnte.

stammen t mehr als in nadiste

berufen gegenüber, dênen nah der legten Berufszählung in Em

einzelnen Berufs\chichten der

2) Hof-, Staats-, Gemeindedienst usw.

der Staatssekretär des Auswärtigen Amts | 3) Kird | Staatssekretär N Erziehung und E

: Fellen beiraut.

betreffend Berichterstattung über die Gesundheits- |,

| wandter Beslrebungen, bie sämtlich ihren Siß in Frankfuxt a, 6 die | Ta intexiationalenKon- |

igerweise der landwirtshaftliden Be-.

Ä ist für die Töchter der landwirt-

n Lande wenig Gelegenheit, sich auf

aher éntslammen der landwirts(aftlichen

ig wenig Lehrerinnen. Dementsprehend

erufe (Handel und Verkehr, Staat3- und erufe) erge die, aus denen sich der gänzt, während Lehrer aus ihnen in viel bervorgehen; fast 52 v. H. aller Lehrerinncn gegen

. der Lebrer haben thre Eltern in den vorgenannten mehr n. Diese Prozentsäße und vielleicht auch der Unter- chied zwischen" beiden würden si sogar roch merklih erhöhen, wenn "B (Gewerbtreibende) nach ihrer Zugehörigkeit zu Aus den einzelnen gewerbliden und Hüandels- 2c. Berussgruppen n 00 Lebrer bezo. mehr als 300 Lehrerinnen

Lehrer 2307 1421 92304 3211 4175 2779 3154

ender Anzahl:

Metallverarbeitung Textilindustre . Hoi und Schnibsloffe. . ahrungs- und Genußmittel . Bekleidung und Reinigung BaugewerbW Hande l0geE A VBerktehr8gew e. 2765 956 Caslwirtsck(aft, Beberbergung. .. 2373 243. Den landwirls{afllichen, gewerblichen, Handels- und Verkehrs-

Lebrerinnen 375

175 390 448 452 661 1518

über 82 v. H. aller Erwerbstätigen und über 8 v. H. der Ge-

samtbcvölkerung angehörten, denen aber zusammen nur 72,13 p. H. der Lehrer und 61,44 v. A e Lehrerinnen eutsltammen, find die în der Gruppe V zusammen

Lehrerersaßz; ihnen gehörten

8 Berufe weit ergiebiger für den tîn Preußen nur 6,25 v. H. der Erwerbs- tätigen und 5,31 v. H. der Gesamtbepölkerung an; ße lieferten aber 22,70 v. H. der Lehrer und sogar 31,70 v. H. der Lehrerinnen an Volksschulen. Dieser große Unterschied rechtfertigt es, daß die Gruppe E hier besonders aufgeführt werden. Rechnet man die in der Gruppe F oben eingeschlossenen Pensionäre der betr. Beruféarten diesen felbst zu, so entstammten

den Berufsarten : Lehrer Lehrerinnen

1) Heer und Kriegsflotte 169 150 3 162 1919

R é G00 382

E va . 14 299 2159

und Krankendienst . . . 124 192

8 rivatgelebrteSchriftsteller,Stenographen usw. 44 50

7) Must, Theater «14682 88. Die unter 4 aufgesührten Schichten der Berufsklafse Erziehung

und Unterricht führen also dem Volkés(ullehrerstande bei weitem den

‘irde und Gottesdienst . 5) Gesundheitäpflege

| meisten Ersaß zu, zumal fie bekanntlich in der Bevölkerung erheblich

\{wächer vertreten sind als beis pieltweise die Klasse 2 (Staats- 2c. Dienst). Der Beruf des Vaters wirkt hier augens{heinliß fta1k ein, und es mag das ein Zeichen dafür sein, daß die idealen Güter in den Lebrerbäusern reie Pflege finden und daß Liebe zum und Freude am Berufe bei den Lebrern în reidem Maße vorhanden find; sonst könnte es so nit stehen. Aus Volkéscullehrerkreisen intbesondere ftammen 12 887 Lehrer und 1250 Lehrerinnen, denen aus den Kreisen der Nektoren, Mittelsullebrer, Seminarlehrer, Fahshullchrer, Private E und technishen Lehrer ncch 1196 Lehrer und 561 Lehrerinnen inzutreten.

Die Ueberwacung der Dampfkraft in Preußen 1903.

Mit der Aufficht über den Betricb der in Preußen vorhandenen Dampfkessel- und Dampffaßarlagen mit Auênahme derjenigen in der Verwaltung des Landhecres und der Kaiserlichen Marine sowie det Lokomotiven waren am 31. März 1903 231 verschiedene Ämts- Es wuden! nah der „Stat. Korr.“ überwacht

fest- beroegs- Fluß- stehende lie und Scee- Dampf- Dampf- {chis- kefsel kessel 414 202 138 111

Dampf- dur fässer 82 Gewerbeinspektionen 13 Kgl. Baubehörden . 1 Kgl. Hauptzollamt . 60 Kgl. Bergbehörden . . 5963 639 21 Kgl. Eisenbahnbebörden 1 514 317 14 Privateisenbahngesellsch. 42 2 26 preuß. Dompfkefselüber- wachungsvereine . . 59 684 20 335 1891 3 außerpreuß. Dampfkefsel- 3 994 1387 540 1432 218 6 623

überwaungsvereine . 11 Privatunternehmer . . 231 im ganzen 73181 23 211 2 769 10 466.

In der Zahl der Gewerbeinspektionen und Privatunternchmer befanden fi 17 bezw. 4, die nur Dampffäfser beaufsihtigten. Die drei außerpreußti\{hen Dampfkesselüberwachunçgsvereine sind der Nord- deutshe Verein in Hamburg, der inzwischen seinen Siß nah Altona verlcgt hat, der Säc@fish-Anhaltishe Verein zu Bernburg und der Württentbergishe Verein zu Stuttgart.

Ist {on aus der vorstehcnden Zusammenstellung ohne weiteres die große Bedeutung zu ersehen, welhe die privaten Dampfkessel- überwahungs8vereine für die Beaufsichtigung der Dampfkrastanlagen besißen, so zeigt dies noch deutlicher die nachfolgende Uebersi&t, in wel@er die Uéberwahungsbehörden nach der Zahl ter von ibnen be- aufsihtigten Dampfentw1ckler geordnet sind. És waren unterstellt

Dampfkessel und Dampffäfser

«M im ganzen , v. H DambfesselubermäSungeveznW “97 069

Königlichen Bergbehörden . / Í 6 602

Sens R E 3 2279

öräglihen Gisenbahnbehörden . 1860

Köouiglicthen Gewerbeinfpektionen . . 1292

Königlichen Baubehörden uud 1 Haupt- 2

E A E Privateisenbahngesellshafien . . . 44 0,04 sämtlichen Amtsstellen 109 627 100, Im Nechnungsjahre 1898 beaufsichtigten die privaten Dampfkessel- liberwahungsvereine 94578 Dampfkessel und Dampffässer = 98,74 v. H. aller vorhanden gewesenen Dampfentwickler Prevßens. Die starke Zunahme der von ihnen überwahten Dawpfanlagen beruht darauf, daß die Gewerbeaufsichtsbeamten von den Obliegenbeiten, die mit ver amtlihen Kesselaufsiht verbunden sind, dur Erlaß des Ministers für Handel und Gewerbe vom 9. März 1900 zuw größten Zeile entlastet wurden. Jnfolgedessen ist die Mehrzahl der von den Gewerbeaufsichtsbeamten bisher überwachten Dampfanlagen, die im Jahre 1898 noch 26 997 oder 29,05 v. H. aller Dampfentwickler he- tragen hat, mit dem 1. April 1900 in die Beaufsichtigung der Dampf- fesselliberwachungévereine übergetreten.

8 804 434

6,02 2,08 1,70 1,18

0,44

Ein „allgemeiner deutscher Wohnung skongreß“

soll im Herbst des kommenden Ichres, voraussicht li iu Frankfurt a. M.,, stattfinden. Der Anstoß tazu geht von dem Verein „Reichs- wohnungtgesep*, dem Sozialen Museum, dem Institut für Gemeinwohl und dem Verein für Förderung des Arbeitermohnun gswesens Le bete , haben,

Wohnungéfrage meh 902 in München behantelt worten ist, \sontezn pre geboten, einmal bas

aus. Nachdem bereit gressen, so 1900 in Paris, 1 erscheint es nit nur angezeigt

8854 A,

durchaus verschieden. In England weihen Bodenreht, Eigentums, verhältnisse an Du und Boden und Wohngewohn a h anz von den deutshen ab, a eine Verglei ung aum ju ruchtbaren Ergebnissen führen kann. In anes ewinnt die Frage deshalb ein gänzli anderes Gesicht als in eutsGlant weil man es im ersteren Lande mit einer kaum wachsenden, im anderen Lande mit einer \{ch stark vermehrenden Bevölkerung zu tun ha während Rußland, Oeflerreih und Italien kaum etwas Vorbildlithes u bieten vermögen. Dagegen haben die kleineren Grenz, Fiagten, wie die Niederlande, Belgien, die Schweiz, die Lösung der Wohnungßüfrage {on nadrüicklich in die Hand genommen. Aber au in Deutschland ist so viel nit nur {on gon und geschrieben, sondern auch geleistet worden, daß ein ongreß mit der VespreGung des Geschehenen uid mit Anregungen zu weitcren Maßnahmen nur förderlich wirken kann. Um in den Verhandlungen mögli viele Gesichtspunkte zur Erörterung zu bringen, werden auch Vertreter der anderen C en zur Teilnahme eingeladen, fo z. B. die Personen und rganisationen die für Bekämpfung des Alkoholismus, sür Hebung der Sittlich. keit und der Volksbildung, für Volks- und Jugendspiele, für innere Mission und Charitas eintreten. Alle Anfragen und Anmeldungen betreffs des Kongresses sind an die Geschäftsslelle des Vereins „Reihs- wohnungégeseß“ in Frankfurt a. M, Brönnergasse Nx. 14, zu richten,

Zur Arbeiterbewegung.

Zweitausend Arbeiter der Seidenfabrilen in Lyon sind, wie „W. T. B." meldet, in den Ausstand getreten. Sie- verlangen Lohnerhöhung und Regelung der Arbeitszeit. Im Laufe des Vor- m an es zu einigen Kundgebungen, ohne daß sich ein Zwischen- all ercignete.

In Brescia sind nah einem Telegramm der „Voss. Ztg." in- folge der Weigerung der Firma Cappollotti, eine Lohnerhöhung zuzu- gestehen, ämi!lihe Lede rarbeiter in den Ausstand getreten.

Kunst und Wissenschaft.

v. A. Die Sâle im Künstlerhause zeigen gegenwärtig das Bild ciner Weihnachtsausstellung, in der möglichst viel und mögli Verschiedenes zusammengebraht wird. Dennoch findet sich in diesem etwas zu großen Neichtum so viel des guten Einzelnen, \o manches wertvollere kleine Bildhen, daß fih ein etngehendes Be- traten als sehr lohnend erweist. an darf sogar von foldzen Anziehungspunkten, wie den zwei kösllihen Zeichnungen . von Adolf von Menzel und den beiden Ocelbildern von Ludwig Knaus abschen und es bleibt noch genug Erfreuliches Br Da sind vor allem die zahlreihen Aquarelle von Hans Bohrdt zu erwähnen. Dieser schillernde, s{chimmernde Farbenreich- tum des Wassers, die knappe, sichere Zeichnung, die Geringfügigkeit der Mittel, mit denen er seine Wirkungen erzielt, machen jedes Blalt zu einem [kleinen Kunslwerk. Die Arbeiten beweisen einmal wieder den Neiz hochentwickelter Technik, die, ihrer selbst sicher, nit zu vers{wenden und zu häufen braucht, um das Gewünschte zu erreichen. Die Seestücke vcn Willy Pamants aus dem Mittelmeer wirken dagegen etwas übertrieben in dem Bemühen, das leuhtende Blau jener Dämwerungen festzuhalten und es ist nicht nur der Unterschied zwischen Aquarell und Oelgemälde, der sie soviel \{werfälliger er- \{heinen läst. Engelhardt ist mit einer Reihe seiner bekannten Gebirgsbilder vertreten, die in Ao r aa Kreis deutlich und fräftig \{ildern, Freudemann hat zwei gute Arbeiten gesandt und Conrad Fehr eine eigenartige Sommer- landschaft, die an gartiiGe Werke erinnert, nur daß sie weitaus frisWer und stärker in der Farbe ist. Sehr fein und reizvoll ist ein Teines Bildchen von Douzette, „Abendstimmung", das eine Dünen- landschaft zeigt, in der zwei Mädchen 1nit ihrem Arbeit8zeng geben, binter ihnen stehen ‘die von der Abendsonne angeleuchteten Wolken. Hildegard Lehnert hat ein Pastellbild, „Hessishes Dorf“, das sehr eigen in Farbe und Stimmung ist, ausgestellt.

Ein paar Künstler haben Radierungen ginn Unter ihnen fällt

Müller - Schönfeld durch seine poetishen Phantasien und den feinen Ton seiner Blätter auf. Von Proßgten interessiert ein Kopf durch die weide und kräftige Technik, die 1hm ein besonderes Leben verleiht. Struck ist energi|ch, aber do etwas \kizzenhaft und roh im Strich. Die Plastik ist ziemli spärlich vertreten. Shmidt- Cassel hat zwei kleine Köpfe 7usgestellt, Michel-Angelo und Botticelli: beide nicht zwingend im Ausdruck, nur ähnlich dur die überlicferten Züge, nicht durch die innere Lebendigkcit, die der Künstler: ibnen verleihen müßte, um fie uns nahe zu bringen. Die beiden großen Arbeiten von Wandschneider erbeben sich nicht viel über Aktstudien, ihnen fehlt die Bescelung der Glieder und die Stei runs des Ausdru{s.

Einen Saal für sich nimmt die Nachlaßausftellung von G. Schmißen ein. Sie enthält Landschaften von einer s{hönen Gegenständlichkeit, cas geschaut und einfach wiedergegeben. Be- sonders die bellen Frühlingsbilder mit den blütenbeladenen ‘Bäumen neben grünen Kornfeldern sind von jener Innigkleit, verbunden mit dem fein entwickelten Gescchmack, die wir bei dem deutschen Landschaster jeßt so bäufig finden.

Die leßte Zeit gerade war reih an folhen Nahhlaßausstellungen, die einen Teßzten Ueberblick über das lange und ernste Schaffen eines Künstlers gewähren. Wir hatten im Herbst die von Flickel im Künstlerhaufe und haben gans noch die von Hans Gude in der Akademie für zeiwnende Künste in der Hardenbergstraße. Diese Nac(lafauëstellungen haben viel Gemeinsames miteinander gehabt. Immer waren es ältere Künstler, die niht zu den Medernen Sitten, sondern fill ihren cigenen Weg fortgeschritten waren in fleißiger und ernsler Arbeit, Immer gab die Zusammenstellung ihrer Studien, Entwürfe und alten und neuen Bilder einen ungleih \lärkeren Ein- druck von ihrer Gesamtpersönlihkeit als die einzelnen Werke, die man

in der bestimmten festen Weise für sie, sodaß in dieser Zeit, von der e heißt, daß in {lhr so wenlg Bilder gekauft werden, unter den vielen hundert, Arbeiten jede zweite oder dritte den Vermerk , Verkauft“ trug ein Zeichen, wie ftark der Sinn für absihtslose, innige Kunst noch vorhanden ist, Auh Hans Gude lernen wir in seiner Gedächtnisguésstellung als eine reichere, vielseitigere Persönlichkeit kennen als bióher, Er zeigt s\ch all seinen Stoffen ewahsen und seine Auéwahl ist eine große, Am bekanntesten r ihn seine Seebilder gemacht, die stillen Meeres fläzen mit dem fahlen, zitternden Sonnenglanz darüber, Hier finden wir ihn als ebenso beredten Schilderer der Waldesstimmungen. Das geheimnisvolle Dämmern der Stämme, das Durchbrechen ter Lichtstrahlen, das massige, shattige Laub, das alles gibt er in seinen kräfticen, einfahen Farben, die sich in ungewollter Harmonie zu- fammen\chließen, Besonders fei auf den reichhaltigen gien Saal mit den interessanten Aquarellen, Zeihnungen und Studien hingewtesen.

Dex ergere Senat der Uniyersität Heidelberg hat, wie „W, L, B.* erfährt, den Beschluß gefaßt, den Dozenten es anheim- zustellen, außer ihren besonderen Vorlesu Mae aus jolide für das Gesamtpublikum zu halten, die namentli Erwachsenen der Stadt gegen Eiuzeichnung bei den Dozenten zugängig sein follen,

Laud- uud Forftwirtschaft,

Die landwirtshaftlihen Verhältnisse Germaniens um deu Beginn unserer Zeitrehnung.

Deu Demlbungen, ie älteren und ältesten Huslünde der ger- manischen Agrarverbältnisse aufzuhellen, denen mai in neuerer Fe mit ebensoyïel Gifer wie Erfolg obliegt, ist es zu danken, daß 6 uns vergönnt is, die ga argesdhihilide und ggrarpolitische Entwickelung in Déulschlanh Kit der BgrofingerteN wentgstens

ganze Gebiet der Wohnungsrcform unter aus\chließli(er Berlüildsichtt- ung der deutshen rrbéitri e zu _exdrtern, Gerate bezügli der ohnungésrage Liegen die Verhältnisse in ben einzelnen Kulturslaaten

in den Hauphügen, zu übershauen. Die erste Periode her A arartel&ldie Weinatlens M dex ältesten Zeit, von der

_bier uv hg gesehen hafte. und jedetmal_ entschied sich das Publikum

Caesar) und 150 Jahre später Tacitus8") berichten, bis zur Zeit der Karolinger if noch sehr dunkel. Was hierüber heutzutage gelehrt wird, ruht fien aut auf einigen wenigen, für den FxŸ- mann zum Teil auf ain und dem

Sägen der Schriften g beiden Römer.) Außer thnen verdanken wir noch anderen Schriftstellern unmittelbar oder mittelbar vereinzelte Angaben über Germanien und die Germanen. Zu diesen Schriftstellern blen ¿. B. Livius, Aufidius Bassus, der vor 37 n. Chr., Strabo, der ewa um 17 n. Chr., und Pomponius Mela, der etwz um 43 n. Chr. rieb, und endlich C. Plintus Secundus, dessen Naturgeschichte etwa um 77 n. Chr. ersien. Vielleiht könnte man noch Sallustius, Asinius Pollio und andere nennen. Sehr zu bedauern ist. daß die Germaniscben Kriege“ des Plinius, ein Wer?, das in 20 Büchern in den sechziger Jahren ‘n. Chr. ershien, verloren gegangen E Da Plintus in der Zeit von 45 bis 52 n. Chr., also seben Jahre lang, unter Claudius in Germanien bei der römishen Reiterei diente, viele Streifzüge durch Germanien machte und die dortigen Zus stände aus eigener Anschauung genau kennen lernte, darf man an- nehmen, daß das genannte Werk ebenso interessante wie zuverlässige Schilderungen enthielt. In der „Naturgeschichte" des Plinius finden sh nur vereinzelte zerstreute Angaben, die sich auf das Land der Germanen beziehen. i

Auf die wenigen, von Caesar und Tacitus überlieferten Sätze baute man mit blühender, auch Bos O getragener Phantasie his ins einzelne ausgesponnene Vorstellungen über die landwirt- schaftlichen Zustände im_ alten Germanien und - wußte sie mit einém Aufwande von Scharfsinn und Gelehrsamkeit zu stüßen, der Bewunderung verdient. In dem Streben, klar zu fehen, ging man entweder von Verhältnissen viel späterer Zeiten, ja fogar von modernen Verhältnissen aus und deutete nah ihnen die Angaben der Schriftsteller, manchmal niht ohne dem überlieferten Wortlaute Gewalt anzutun, oder man ging von dem Len Texte aus und suhte den Sinn in kühner Evolution mit späteren, bekannten Zu- ständen in Einklang zu seßen. So ist über Feldgemeinschaften, Mark- verfassung, Geschle via (Gentilität) und Ackerbau * der alten Germanen und verwandter Völker seit 1768 bis in die neueste Zeit viel geshrieben worden. Im „Journal für Landwirtschaft“ (51. Band, Heft T) untersuht der Geheime Regierungsrat, Professor Dr. W. Fle isch- man n-Göttingen von den zahlreihen Fragen, denen man bis jeßt nah- ging, und von denen die wenigsten endgültig entschieden find, einzelne und zwar die folgenden: 1) Jnwieweit sind die Nachrichten der heiden in Betracht kommenden römischen Schriftsteller, namentlich die von Caesar stammenden Nachrichten über germanische Agrar- verhältnisse zuverlässig? 2) Trieben die vollfreien Germanen im ersien Jahrhundert unserer I vorwiegend Aterbau, führten sie der großen Mehrzahl nach ein bäuerliches Leben und besorgten sie die Ackerarbeit felbst? 3) Gab es damals nur gemein- samen Besitz,“ oder gab es bereits in größerer Ausdehnung Privatbesiß an Grund und Boden? Wechselten bei gemeinsamem Besitz große Ver- hände der Völkerschaft, ganze Geschlechter (gentes) regelmäßig all- jährlih ihre. Wohnsiße und Behausungen, oder waxes die erode seßhaft und fand nur innerhalb des Besitzes der Verbände ein

echsel der Nußung des Ackerlandes unter den selbständigen Ver- bandsangehörigen, ohne Wechsel der Wohnpläge, regelmäßig statt? 5) War, falls es einen Privatbesiy an Grund und Boden gab, der Besißer immer zugleih auch Bebauer, oder kam es vor, daß Besitzer - und Bebauer verschiedene Personen roaren, und bestand damals {on Grundhberrschaft ?

Die Fragen 3 bis 5 berühren sämtlich mittelbar oder unmittelbar die Art der Rechte des einzelnen an dem von ihm bestellten Boden und gipfeln in der einen tiefer liegenden Frage: Bestand {hon damals Grundherrschaft oder nicht. Bis auf ganz wenige Ausnahmen halten seit 1768 die namhaftesten Vertreter der allgemeinen sowie au der Rechts- und Wirtschafts- geshihte an der Annahme fest, daß bei den von griehis{er und rômischer Kultur unbecührt gebliebenen Völkerschaften des mittleren und nördlihen Guropa der einzelne vollfreie Volk8genosse ein bäuer- lies Leben und zwar zunächst im Herumzichen und später als sogenannter „Freibauer“ auf eigenem Besitz geführt hätte, und daß Grundherrshaft noch nicht bestand. Die Grundherrschaft, die, wie wir sicher wissen, in Deutschland im 9. Jahrhundert weit verbreitet war, undzwar {hon in der Form von Großgrundherrschaft, foll erst lange nah den von Tacitus in der „Germania“ geschilderten Zeiten entstanden fein. Soviel \sich ersehen läßt, rührt diese Anshauung von Justus Möser her, der in seiner Einleitung zur „Osnabrükischen Geschichte“ 1768 an die bekannte Stelle des 16. Kapitels der „Germania“ des Tacitus n„colunt discreti ac diversi, ut fons, ut campus, ut nemus placuit“ anknüpft. Am Ende des 18. Jahrhunderts wurde fie in den weitesten Kreisen verbreitet und mußte das damals in Fluß kommende Werk der Bauernbefreiung fördern helfen. Sie mußte als historischer Beweis dafür dienen, daß es sih bei der Bauern- befreiung lediglih um die Wiederherstellung ursprüngliher Zustände handle, und daß der deutshe Bauer ein uraltes Anrecht auf volle persönliche Freiheit und freien Besitz seines Hofes habe.

Die herrshenden Vorstellungen von den Agrarverhältnissen der alien Germanen stüßen si, wie gesagt, auf einige kurze Andeutungen, die wir den römishen Schriftstellern Caesar und Tacitus verdanken. Was zunächst Caesar anbelangt, so sei erwähnt, daß er zwar zweimal, im Jahre 55 und dann nochmals im Jahre 64 v. Chr., aber nur kurze Zeit, am rechten Rbeinufec im Lande der Germanen war, daß er aber die Sprache der Germanen nit verstand und daher nur berichten konnte, was er sah und was ihm Personen, Kundschafter und Dol- metscher erzählten, über deren Zuverlässigkeit wir kein Urteil haben. Im Jahre 55 _brachte er, wie er in seinen Kommentarien über den gallishen Krieg erzählt, im ganzen 18 Tage am rechten Rheinufer zu. Zunächst R er ins Gebiet der Su- gamdrer, von denen er aber nichts zu fehen bekam, weil sie sih mit aller fahrenden Habe zurückgezogen und versteckt hatten. Gr blieb daher nur wenige Tage dort und ging, nachdem er alle Dörfer und Gehöfte

| nfebdergebrannt und die Getreidefelder vernichtet batte, in das Gebiet

der befreundeten Ubier zurück Von diesen wurde ihm gesagt, daß der große und sehr kriegstüchtige Stamm (gons) der Sueben eine ende Haltung gegen ihn annehme. erdur wurde er ver- anlaßt, wieder über den Rhein, zurück nach Gallien zu ziehen und die don thm gebaute Rheinbrücke binter fch abzubrehen. Im Jahre 54 übershritt ex etwas weiter stromaufwärts den Rhein nohmals auf einer ¡weiten Brücke, brahte aber nur wenige Tage auf dem reten Rheinufer bei den Ubiern zu. Die Angaben, die Caefar über landwirtschaftliche Verhältnisse mat, beziehen fich einerseits allein auf den Stamrn der Sueben und andererseits auf das ganze Volk der Sermanen, und ¡war finden sich die Nachrichten über die Sueben im 4 und die über die Germanen ‘überhaupt im 6. Buche. Vergleicht man diefe Angaben, fo sieht man, daß Caesar von den Germanen erhaupt, wenn schon mit anderen Worten und etwas weits{chweifiger, er dem Sinne nach ganz genau dasselbe sagt, was er von den Sueben angibt. Weil ex von dem ganzen Volke der Germanen nichts Wu berihten weiß, dehnt er elnfad das, was er von einem Teile gehört bat, auf das ganze Volk aus. Von den Sueben rihlt er, daß sle alljährli regelmäßig 1000 ‘Mann auf den Kriegäpfad aus\{ickten, und daß alle übrigen zu Hause sowohl fich, als au die im Felde Stehenden ernähren mußten: so erlitte R

) G. J. Caesar, geb. am 12. Juli 100, gest. am 15. Mär

4 v. Chr. erhielt im Zahre 58 den Oberbefehl in Gallien und tra Dermal mit den Germanen zusammen. 68 [pren te er die Macht des Triovist, 55 {lug er die Teucterer und Usipier, in demselben Jahre Guß er über den Rhein zu den befreundeten Ubiern, von deren diet aus ex in das Land der Sigambrer einrückte, und 54 über- bsiht, die Sueben (Chatten)

ritt er den Rhein nochmals in dèr u zühtigen. orn. Tacitus, 4 bis 117 n. Chr., [e seine „Ger- Dein ge eine politische Broschüre wahrscheinli Gnde 98 oder ng 99.

Sinne nah \{chwer verständlihen

T Ÿ Caefar, Commoant, de bollo, Gallico 4, 1 und 6, 22 unb acitus, de Germania liber, 2% und 26. è

weder der Ackerbau noch die Kriegsübung eine Unterbrechung. Privat- besiß an einzelnen Grundstücken gäbe es nit, und es wäre auch niemandem erlaubt, länger als ein Zahr auf einem bestimmten Grund-

zu aufen, um es zu bebauen. Auf alle Germanen übertragen, lautet die Erzählung : Keiner hätte bestimmten P, vielmehr wiesen Behörden und Fürsten Jahr für Jahr ledtern, Sippen und amilien nach eigenem Gutdünken Land an, soviel und wo es ihnen

elicbte, und ¡wängen E dann nah einem Jahre wieder, wo anders

bin auszuroandern. „Wenn man diese Worte nimmt, wie sie lauten, und ihaen nicht Gewalt antut“, bemerkt dazu Fleischmann, „so besagen fie, daß die Germanen von ihren Behörden und Barsien völlig geknehtet waren. Diejenigen, die nicht im Felde stehen, werden herumgeführt wie eine Herde Schafe, müssen mit Land vorlieb nehmen, wieviel man thnen und wo man es ihnen zu geben beliebt, müssen es bebauen und auen es sich gefallen lassen, ein Jahr später nah Gutdünken der Behörden und Fürsten wo anders hin geshickt zu werden, um da wieder ein Jahr zu arbeiten, und \o geht es Jahr für Jahr weiter. Im engsten Anschluß an die Er- zählung der Lebensweise, welche die Sueben führen müssen, sagt Caesar von dem Charakter der Sueben, daß sie, weil von Jugend auf weder an Geboxfam noch an Zucht gewöhnt, nur täten, was thnen beliebte, und fonst s{chlechterdings nichts (nihil omnino contra voluntatem). Hiermit seßt sich Caesar mit \ich selbst in unlösbaren Widerspruch.“

Eine nähere sahliche Prüfung der Stellen der Denkwürdigkeiten

. J. Caesars über den gallishen_ Krieg, welche fi auf Agrar- verhältnisse beziehen, ergibt nah Fleischmann: 1) daß zu Caesars Zeiten bei den Ubiern, Sugatbrem, Ufipetern, Tencteren und Sueben Aerbau und Viehzucht getrieben wurde, und daß die Viehzucht über- wog; 2) daß es s{lechterdings unmöglich ist, sich aus dem, was Caesar sonst über Landwirtschaft sagt, ein Bild zu machen, das Anspruh auf Wahrscheinlichkeit, geschwecige denn auf Wahrheit erheben könnte. s zur Zeit darüber gelehrt wird, gründet S nicht etwa auf einen fiheren Tatbestand, sondern ist Er- jeugnis freier E et ein ganzes, großes, aus freien, ganz unabhängigen Mäunern bestehendes Volk aus eigenem Antrieb be- et s und dabet in idealem Kommunismus lebend freudig abwe@felnd bald zum Schwerte, bald zum Pfluge griff, ist unmöglich. Caesar muß somit seine Berichterstatter fal\ch verstanden haben oder man gab ihm unwissentlih, vielleicht auch wissentlich und in bestimmter Absicht fals@e Nachricht. Die Erzählung, daß die Germanen im Herumziehen Akerbau getrieben hätten, ist entweder gänzli aus der Luft gegriffen, oder sie hat irgend welchen tatsächlien Hintergrund. Sollte das leßtere der Fall Tin, so könnte man sich nur denken, daß die Sueben, deren Leben und Treiben auf alle Germanen übertragen wird, zu Caesars Zeiten noch nit völlig seß- 2D waren, sondern noch in fleineren und größeren Verbänden bestimmte Gegenden durchzogen und ihre Sklaven, deren sie als gens longe bellicosissima Germanorum omnium waßhßrsheinlich viele hatten, zwangen, bald hier bald dort, wo es dem Verbande beliebte, das Feld zu bestellen; 3) daß Caefar, der nicht einmal über den Acker- hau der am Rhein wohnenden germanishen Stämme Bestimmtes weiß, um fo weniger sicher wissen kann, wie es damit bei den weiter im Innern des Landes, an der Weser, der Elbe und gegen die Donau zu wohnenden Stämmen stand.

__ Ganz anders als mit den Ucberlieferungen Caesars über die landwirtschaftlichen Zustände im alten Germanien steht es mit denen, die wir Tacitus verdanken. Dieser war zwar, wie wobl als ficher angenommen werden darf, niht felbst in Germanien, aber es stand ihm bereits eine ansehnliche Literatur über die Germanen zur Verfügung. Indessen kann er seinen Stoff unmöglich allein aus der Lteratur ges{chöpft haben. Es scheint vielmehr, als seien seine Hauptquellen mündliche Ueber- [ieferungen gewesen. In der Zeit, in der Tacitus s{chrieb, standen die Römer mit den Germanen bereits 150 Fahre lang in unmittel- barer ununterbrochener Berührung und hatte man bereits aus- gedehnte Kenntnisse über die Zustände im Lande Germanien wonnen. Gleichzeitig mit Tacitus lebten viele Männer in Rom, die fh lange in Germanien aufgehalten hatten, namentlich Offiziere der starken römischen Militärmacht, die n am Rhein und an der Donau unterhalten wurde. In Rom felbst dienten viele Germanen, auch famen Gesandtschaften germanisher Fürsten nach Rom, sodaß es Tacitus nicht {wer werden konnte, sich durch zuverlässige Gewährsmänner umfassend und genau zu unterrichten. Den ihm zu Gebote stehenden Stoff hat Tacitus geistig selbständig und kritisch verarbeitet und ihn in seiner „Germania“ zu einem logish fein gegliederten literarishen Kunstwerk gestaltet.

__Was Tacitus über den kriegerischen Sinn der alten Germanew erzählt, ist allbekannt und bedarf daber feiner Wiederholung. Die Miß- achtung des Ackerbaues sowie jeder friedlichen Beschäftigung scheint in ter Tat dem freien Stande des ganzen Volkes eigen gewesen zu fein. Nur bei den Aestiern geschah für den Getreidebauund für den Anbau f onstiger Früchte mehr, als man bei der eingewurzelten Unlust der Germanen, fi um den Feldbau zu kümmern, erwarten follte. MWMöglicher- weise hatte diesen Stamm der Bernsteinhandel und die Berüh- rung mit fremden Völkern friedlihec gestimmt und rühriger gemacht. Solange die Germanen zu Hause sind, sagt Tacitus, arbeiten fie gar nichts, fondern vertreiben fich die Zeit, sofern sie nicht jagen, mit Essen, Trinken und Sthlafen. Wenn Tacitus außer von den vollfreien Germanen von Königen, Fürsten (principes), von dem in verschiedene Rangstufen gegliederten Gefolge, von Feldherren (duces, electi), Gesandten und Priestern, ferner von Freigelassenen (liberti, libertini) und endlih noch von Sklaven spriht, so kann man daraus s{ließen, daß die soziale Gliederung bei den Germanen zu Tacitus? Zeiten bereits eine reihe war. Diese Gliederung gejtattet aber einen weiteren Rükshluß auf eine entsprehende Kulturftufe des Volks, die nicht mehr ganz niedrig gewesen sein kann.

Die beiden viel umstrittenen Kapitel 25 und 26 der „Germania*" des Tacitus, mit denen sich Fleishmann - eingehend beschäftigt, bes handeln die Verhältnisse der unteren Schichten der Bevöikerung Germaniens, “der Sklaven und Freigelassenen, ‘und in sahlichem Zu- fammenhange damit ‘die Bodenverteilung und die Bodennugzung. Tacitus erzählt, daß „alle Sklaven mit Ausnahme derer, die es E Verspielen ihrer perfönlihen Freiheit geworden find und fobald als möglich außer Landes verkauft würden, ganz andere Dienste zu leisten hatten, als es diejenigen waren, die man von den römischen Sklaven verlangte. Ju Nom pflegte man die Sklaven ¡u fämtlihen im Hause der Herren vorkommenden Verrichtungen heranzuziehen. Bei den Germanen wohnten die Sklaven weder in den Häusern ihrer Herren, noch wurden sie dort unterhalten: vielmehr hatte jeder Sklave einen eigenen Woßn- fiy (suam sedem) und feinen eigenen Hausftand (suos penates). Daß die Sklaven ihren eigenen Hausstand hatten, gebt au aus der Bemerkung des Tacitus bervor, daß die Kinder der Herren und der Sklaven zusammen aufwuchsen und diese mit jenen gemeinshaft« lich unter dem Vieh und auf denselben Sra tumzmelten. Tacitus sagt bestimmt, daß jedem Sklaven ein Wobnsiß zugewiefen war ; er macht keine Ausnahme, und es findet sich nirgends auch uur die Svur eines Anhalts dafür, daß, wie E. ‘M. Arndt meint, nur die „reiceren Besigzer“ den Sklaven einen „Hof* übergeben hätten. Weleer Art die Wohnsiße der Sklaven waren, läßt sich mit voller Sicerdeit der Angabe entnehmen, daß die Sklaven, ähnli wie . ge waren, den Herren gemessene (modurm), d. b. bestimmt begrenzte Abd gaben, einen bestimmten „Zins* (usuras) zu entridßten. Der Jud bestand aus Korn oder aus Vieh oder aus Kleidungsstà Wenn der Sklave Korn abgab, so mußte er es do wobl bauen, wozu er Ackertand brauchte. Wenn er Vieh gab, so musite er et ge» zühtet haben, wozu er zunächst Futter und, um dies -zu gewinnen, wieder Land, namentlich Weidekaud, nötig batt2. Dem alfo ohne allen Zweifel Acker+ und Weideland zur Nußung übergeben. Sollte er ap noch Kleidungsstücke liefern, so mu! dh Wolle, vielleicht auch Flahs und Hanf, ferner Ti L vershaffen köanen, er mußte das Spinnen, Weben, die Haltbar« machung der tierishen Haut versteden und endlich au die Herstellung der Kleidungsstücke aus den zubereiteten Stoffen besorgen. Hierzu

| Lin dicht und kräftig. Gutes versprechen

aven war |

brauchte er abermals Land, aber hauptfählich eine Familie, deren Glieder ihm im Winter beim Spinner Wte, Ste e, im Sommer bei den Feldarbeiten und das ganze Jahr über bei der Ver- forgung des Viehes zur Hand gingen. Dies alles erforderte ein Haus für die Familie, Vorratsrâume für die Ernten, kurz ein kleines Gehöft. . Wir erfahren also, daß der Pee e Mae Sklave ein bäuer- liches Leben führie, und daß er ein Geb ft mit Land, nennen wir es eine Bauernstelle oder ein Landgut, de Nußnießung gegen gemessene Ab- falen an den Herrn inne hatte. ie Ausdruck8weise des Tacitus, es abe der Sklave Koru oder Vieh oder Kleider zu liefern, ließe sich ehr wohl dahin verstehen, daß je nah der natürlichen Lage der Bauern- telle der eine Sklave sid hauptsächlich mit Kornbau beschäftigte, ein zweiter als Viehzüchter tätig war und ein dritter allerlei Handwerk ausübte. Tacitus deutet zwar nur an, daß man spann, webte und Kleider mahte; man wird jedoch annehmen dürfen, daß auch andere Arten von Handwerk bekannt waren und getrieben wurden, denn woher sollten sonst die alten Germanen ihre Hausgeräte, Waffen, Jagdgeräte, Schmugegenstände und Aerwerkieuge erhaklten haben? Die Bauernstellen der Sklaven (s0des) töônnen Einzelhöfe, sie können aber auch in Dörfern (vicis) vereint gewesen sein. Saßen die Sklaven auf einem Hofe, so hatten wahrscheinlich auch die ta einen folhen als Herrensiß, und wenn Herrenkinder und flavenkinder untereinander aufwouchsen und zusammen zu spielen pflegten, so befanden E es scheint, die Bauernstellen in der Nähe der Herrensiße. Die Herrensize selbst können wiederum entweder Einzelhöfe gewesen sein, umgeben von den Höfen der Sklaven, oder es Fönnen au Herren iße in größerer Zahl mit den zugehörigen Bauernstellen eine Dorfschaft gebildet haben. Vielleicht kam dies blustzor vor, weil E ris von den „universis“ in vicis, von den „D aften“ spricht.

Aus der Abhandlung Fleishmanns ergibt si, da weder bei Caefar noch bei Tacitus irgend ein Anhalten 8 e Meinung findet, es habe \sich die Hauptmasse der alten vollfreien Germanen zur Zeit der genannten Autoren vorwiegend mit Ausübung der landivirt schaftlichen Praxis beschäftigt. Es wird vielmehr von Tacitus flar und bestimmt berichtet, daß die Sklaven, und zwar alle Sklaven mit Ausnahme derjenigen, die es durch Verspielen ihrer Freiheit wurden, gegen gewisse gemessene Naturalzinse die Felder ihrer Herren bestellen mußten, und daß man ‘etwas anderes nicht von ihnen verlangte. Eigentum an Grund und Boden bestand, und dec Aterbau hatte die Germanen, Herren und Sklaven, in vicis ac in sedibus bereits lone gemacht. Auch Grundherrschaft bestand demnach hon damals. Zweifelhaft bleibt, ob außer den Sklaven auch noch andere, Fret- lassene oder Vollfreie, ein bäuerliches Leben führten und persönlich

eldarbeiten verrihteten. Weiter läßt sich Peri nihts begründen, vor allem nit die alte Fabel von dem auf beständiger Wanderschaft betriebenen Ackerbau mit jährlihem, regelmäßigem Wechsel der Wohn- siße und Ackerfelder.

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Saatenstand und Ernteergebnisse in Rußland.

__ Der Kaiserliche Generalkonsul in Helsingfors berichtet unterm 29. v. M.: Nach weiteren Veröffentlihungen des finnländischen Landwirtschaftsamts hat der Weizen, der in fehr beschränktem ug in den südliheren Teilen des Landes gebaut wird, in_ avastehus-Län einen mittelguten und an einer Stelle fogar guten, in Abo und Björneborgs-Län im Durchschnitt einen mittelguten, stellenweise guten und in St. Michels - Län einen mittel- mäßigen Ertrag geliefert. Der Roggen weist in Uleäborg8-Län eine teils mittelgute, teils unter mittel bleibende, stellenweise sogar {chlechte Ernte auf. Jn Tavastehus-Län wird die Roggenernte mittelgut oder das Mittel übersteigend bezeichnet, nur an einer Stelle blieb der Ertrag unter Mittel. In Äbo und Björneborgs-Län war der Ertrag der Noggenernte meist mittelgut, nur in einigen Teilen erreichte er tas Mittel niht. An anderen Stellen wurde dafür eine das Mittel übersteigende oder fogar eine wirflich gute Grnte eingebracht. Jn St. [s-Län und Wiborgs-Län war die Roggenernte über mittel bis gut, nur stellenweise blieb fie unter mittel. In Wasa-Län if der Ertrag im ganzen genommen über mittelgut und außerdem von guter Qualität. Dort würde die Aussaat von der dies- jährigen Ernte bewirkt. Die Gerste ergab in Uleäborg- Län meist eine mittlere, teils aber auch etwas bessere, teils etwas |schlechtere Grnte. Nur stellenweise lieferte fie einen wirklich guten oder wirklich \{lechten Ertrag. In Tavastehus-

än und St. Michels-Län shwankte das Ergebnis der Gerstenernte

¡wischen gut und mittel. Dies trifft auch für Abo und Björneborgs - Län und Wiborgs-Län, jedoch mit der B Gointens zu, daß hier einige Stellen einen Ertrag unter mittel ergaben. In Wasa-Län wurde faît ausnahmslos eine das Mittel übersteigende Gerstenernte erzielt. Was die Haferernte anlangt, so bewegt fih ihr Ertrag in St. Michels-Län und Tavaîtehus-Län prisen mittel und gut, während in den Länen Uleäborg, Abo und Björneborg, Wafa und Wiborg das Er- gebnis der Haferernte dem der Gerstenernte entspriht. Die Kar- toffeln haben in Âbo und Björneborgs-Län und St. Michels-Län einen Grtrag über mittel bis gut geliefert, wenn sie auch teilweise infolge des Regens von Fäule angegriffen find. In Wiborgs-Län und Wasa-Län ist die Kartoffelernte reihlich ausgefallen, doch find in einem Bezirk des legteren, und vielfa im ersteren Län die Knollen frank. Der Ertra der Kartoffelernte ist in Uleäborgs-Län fast zu gleichen Teilen mittel- aut, etwas über mittelgut und gut; ausgenommen find nur kleine Striche mit s{lechterem Ergebnis. Jn Tavaftehus- Län haben die Kartoffeln, von einem Teile abgesehen, in dem der Ertrag unter mittel blieb, eine Ernte über mittel “bis gut ergeben. Im ganzen fichert der Ausfall der Ernte in Uleäborgs-Län und St. Michel3-Läna einigermaßen und in Abo und Björneborgs-Lin, Wiborgs-Län und Tavastehus-Län vollständig das Ausfommen der Bevölkzrung bis zur nächsten Ernte. Die Herbstsaaten stehen in Äbo und Björneborz2- ¿ J fie auch in fa-Lan, St. Michels-Län und Tavastehus-Län.

Getreidebandel in Antwerpen.

Der Kaiserliche Generalkonsul in Antwerpen beribtzt unterm 1. d. M.: Der Antwerpener Getreidemarkt batte ium November d. F. für Weizen keine wesentlichen Preitänderungen aufzuweisen. Diz Marktvorräte nahmen beständig pr. Die Preise stellten fi Gute November d. J. ungefähr, wie folgt:

Weizen: nordamerikanis@Ser. .. E S californifGer . á Walla Walla G H Kurrachee, weißer .

s N lata, je nach Güte . . Dat ce E d Ga Denau und nordamerikanisher . E u ù Gm Gerste: für F 3 i E Ra m Zafer: russischer und nordamerikanisGer . . as: nordamerikauifcher und Plata .

j Odeffa und Donau Weizenmehl: inländi... ch9

Die Vorräte am hiesigen Plage wardea Eude Rovemder d. J, wie folgt, gefügt: i;

Weizen: 0000 ês Gerte: «000 Mais: T0000

Roggen:

* _ - m m

«oann aon H