1903 / 292 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 12 Dec 1903 18:00:01 GMT) scan diff

das hohe Haus annimmt, eine ganz erheblihe moralishe Kräftigung und Stärkung dec Armee sein. (Bravo!) Aus diesem Grunde ist leßteres Geseß vorgelegt, das andere zurückgehalten. Aber, meine Herren, ich glaube von meinem Standpunkt aus, daß man an dem Quinquennat, an einer längeren Vertragsfrist zwishen Regierung und Reichstag, festhalten muß, und zwar im. Interesse beider. (Leb- haftes Bravo.)

Abg. Richter (fr. Volksp.): Bevor ih auf die Etatsfrage ein- ehe, möchte ih mir ein E andbemerkungen zu den Ausführungen bes Kriegsminis\ters erlauben. Ueber die Soldatenmißhandlungen ‘hat der Kriegsminister manches Zutreffende gesagt, dem au wir unserer- n zustimmen können. Es wird beim Militäretat noch Gelegenheit ein, noch näher darauf eumenen. Die Vorgänge in Forbach erachte B keineswegs für typisch in der Armee. Der Kriegsminister hat mit Ret dem Kommandeur des Trainbataillons eine große Ver-

antwortung für die dortigen Zustände genten, Aber ih frage:

wie war es möglich, daß die höheren Offiziere, die als: Jnspizienten in Forbach erscheinen, bis dahin von den E in dem Bataillon wenig oder gar keine Kenntnis hatten ? Jch stimme dem bei, daß an der kleinen Garnison, an der kleinen Stadt die Ursache für solhe Zustände nicht liegen kann. Es gibt viele kleine Städte, in denen die Zahl der Beamten nicht nes ist als die der Offiziere eines Bataillons, und doch hat man nicht wahrgenommen, daß die Eigenart des kleinen Orts demoralisierend wirkt auf diese Beamten. Ein Unterschied ist allerdings vorhanden: die Beamten sind niht in der Weise Sen von allen anderen Kreisen, wie es bei den Offizieren der Fall ist. Die Offiziere verkehren nit nur niht mit Angehörigen anderer Berufe, sondern sie sind dur die Ginrihtung der Militärkasinos auch in ihren geselligen Beziehungen auf ihren engen Kreis angewiesen. Und wenn man die Einrichtung der Militärkasinos derartig ausführt und verallgemeinert, daß selbst eine so kleine Truype ihr eigenes Kasino hat, dann darf man sich nicht wundern, daß die Abgeshlossenheit, die dies mit {fich bringt, oem eemgaen verblödend wirkt. Der kommandierende General von der Golß hat Anlaß genommen, gerade jeßt darauf hinzuweisen, wie sehr die Militärkasinos den Luxus in der Armee fördern, in welchem Gegensaß die Ausstattung der Kasinos und die Ansprüche der Offiziere zu denen in früheren Zeiten stehen. Der Kriegs- minister meinte, die Vorgänge in Forbach regten Zweifel an in der Zulassung von Kreisen, aus denen man den Vffizierersaß gewinnt. Ee Bemerkung hat mich sehr befremdet. Sie mögen ín bezug auf die individuellen Anforderungen, die Sie an die Offizieraspiranten stellen, noch so streng sein, aber worüber wir in E Kreisen klagen, das ist, daß man jemanden vom Offizierkorps zurückweist niht um seiner selbst willen, sondern um „es Berufs seiner Eltern willen, wegen seiner Konfession, und daß man danach fragt, welcher politishen Richtung er angehört, und daß man daher oft zu minderwertigen Elementen aus anderen Kreisen greifen muß. Was mich bei den Soldatenmißhandlungen in hohem Grade empört hat, is die Wahrnehmung, daß ein einzelner Unteroffizier 1200 Mißhandlungen hat vornehmen können, und noch dazu in einer Gardekompagnie. Wenn das bei den Gardetruppen passieren kann, auf die so oft der Blick und die Kritik der Allerhöchsten Aen fällt, was muß dann erst bei Linientruppen in entfernten Gegenden möglich sein, die mit dem Rekrutenmaterial fürlieb nehmen müssen, das sih ihnen bietet! Jch weifle nicht daran, daß die höheren Stellen den festen Willen haben, lolche Mißbräuche abzustellen; aber das wird nicht nur zu tun sein urch Aenderung des Strafverfahrens, sondern durch innere Ein- rihtungen in den Kasernen, wie sie hon mehrfach von militärischer Seite vorgeshlagen sind. Wir müssen tiefer in die Sache hineingehen, wir müssen nach der Vorbildung der Offiziere und der Unteroffiziere fragen. Wir haben von jeher die Unteroffizierschulen und Unteroffiziervorschulen kritisch angesehen, weil wir uns gesagt haben, da werden diese Leute in jungen Jahren ry von der Truppe erzogen und kommen dann als Vor- gesezte in die Truppe hinein. Haben sie da denn das. Verständnis,

wie man Mannschaften behandeln muß? Wir find gegenüber der

Kadettenerziehung kritisch gewesen, weil auh von dort die Zunge n

als Leutnants fertig. in die Truppe gelangen und ni ihr edient haben. Wo stammen die Unteroffiziere her, ch- die Mißhandlungen haben zu \{chulden kommen lassen?

elhes ist die Art der Vorbildung der Offiziere, die es so leiht nehmen mit den Mißhandlungen seitens der Unter- offiziere? Steht die Art ihrer Vorbildung vielleicht dazu in irgend einem Zusammenhange? ch empfinde eine Genugtuung darüber, daß wir für das Geseß gestimmt haben, das die Oeffentlich- keit des Verfahrens in militäarischen Dingen ermögliht hat. Jch erkenne an, daß die Regierung sih jeßt vor . der Oeffentlichkeit der Verhandlungen viel weniger \{heut, als vor Einführung der Militärstrafprozeßordnung. Der Reichskanzler hat gestern aus- geitroes, daß gerade die Oeffentlichkeit es ermögliht, weiteren reisen Kenntnis von Mißständen zu geben und zu ver- hindern, daß lokale, individuelle Aae ih weiter ausbreiten. Das ist ein Segen der Militärstrasprozeßordnung. Was sodann die Material-, die Geshüßfrage betrifft, so kann ich in die Kritik des Abg. Bebel nicht einstimmen. Der Fortschritt in den Erfindungen ist es, der diese Ausrüstung für uns so verteuert. Je stärker die Vervollkommnung des Materials in den Vordergrund tritt, desto vorsichtiger nuf man in den Anforderungen in bezug auf das Perfona e Ich habe ' den Cindruck, daß die rago des nombres überall in der Abnahme begriffen i|ff, weil man nachgerade bei Zahlen angelangt ist, die fsich nicht mehr ohne Schaden für den inneren Wert der Heere übertreiben lassen. Ih bedauere sehr, daß man noch immer nicht zu der jähr- lien Bewilligung des Militäretats übergehen will; es war ein großer Irrtum des Kriegsministers von Noon, einen Vorteil für das Heer in den Bewilligungen auf eine Mehrzahl von Jahren zu ecblicken. Man hat ja auch innerhalb der betreffenden Perioden sich keineswegs an die betreffenden Militärgeseßze gekehrt ; man hat noch in dem leßten Quinquennat die Maschinengewehr- formation und die neuen Jägerbataillone eingeführt. Aus der ein- fahen Verlängerung des bestehenden Quingquennats auf ein Jahr kann ih demnach der Regierung durhaus keinen Vorrourf machen; ih wünschte im Gegenteil, daß man endlich im Reiche zu der in Preußen 30 Jahre lang bewährten Einrichtung zurückehrte. Was die Einzel- heiten des Etats betrifft, so ist uns der neue Herr im Neichs- [Bebami nicht so unbekannt wie sein Vorgänger, der so plößlich aus merika kam, an die Spiße des Schaßamts trat, um ebenso plöylih wieder zu verschwinden. So geht es allerdings öfter an der Spree; die Minister sind wie die Blumen auf dem Felde; wenn der Wind aus der Höhe über sie weht, so sind sie nimmer da, und ihre Stätte kennet man nicht mehr. Wenn die uen des Reichsfinanzwesens nah der „lex Stengel“, um es kurz ju ezeihnen, Gese wird, dann würden wir 214 Millionen Matrikularbeiträge weniger und 214 Millionen Anleihen mehr haben; das wäre der nächste Effekt. Wenn 1904 einen Ueberschuß auch nur von 214 Millionen ergeben sollte, so müßte dieser Betrag 1905 an die Einzelstaaten zurück- gezahlt werden. Was bleibt dann noch von einem Ma asbudget- recht übrig? Herr Miquel selbst, rvenn er aus dem Grabe auferstehen könnte, müßte seine Fremde an diesem Prahtwerk von Automaten haben. Die Ueberweisungssteuernbeshränkung soll nur die Handhabe bieten, um die Einschränkung der Matrikularbeiträge zu ermöglichen, eine Einschränkung, ie Herr Schaedler treffend mit dem Anstands- {luck verglichen hat, der in der geleerten Flashe noch zurübleibt. Herr von Stengel meinte, man hielte an der Klausel Frankenstein nur fest, um dem Reichstage ein konstitutionelles Reht zu wahren. Das Nur wurde hier sharf betont. Ja, ist denn das eine solche Kleinigkeit? In die Verfassung ist der Artikel 70 dem kon- stituierenden Reichstage ers auf Antrag der Liberalen hineingelangt; und niht bloß vorübergehend und für den Notfall roollte man damals die Matrikularbeiträge beibehalten, sondern bis zur Ein- führung direkter Reichssteuern; in dieser leßten Richtung hatten wir

die

nur von indirekten Steuern spra. Die Klausel führt zwar von einem Freiherrn von Frankenstein den Namen, zu verdanken aber ist sie dem Scharfsinn Windthorsts. Fürst Bismarck wollte die Zölle und Steuern, um die anzen des Reichs völlig sicher zu stellen ; damit war das Einnahmebewilligungsreht des Reichstags ganz aus- geshaltet. Dem beugte die Frankenstein|che Klausel vor; das Reich mußte nun erst auf dem Umwege der Matrikularbeiträge von dem Mehr der Erträge über die 130 Millionen Mark hinaus profitieren. Am wenigsten gefällt mir an dem Entwurf des Herrn von Stengel, daß er auh die „lex Müller-Fulda“ wegen der Schuldentilgung beseitigen will. Man sollte es alles in allem heute belassen bei dem, was ist; denn die Finanz- lage ist völlig undurchsichtig, und wir stehen bezüglich der Mehrein- nahmen aus dem neuen Zolltarif vor einem ganz unbekannten Faktor. Herr von Stengel spriht von dem Grundreht jedes Deutschen auf einen klaren Etat. Sh gehe so weit in bezug auf die Grundrechte des Deutschen nicht; aber unklarer kann der Etat nicht sein, als er heute ist; jeder spätere Schaßsekretär hat ihn noch unklarer gemacht, als er vorher shon war. Auch bei Annahme der „lex Stengel“ bleibt in dieser Beziehung so ziemlih alles wie es ist; ja die Unklarheit wird noh genegen durch die neue Buchung der ungedeckten Matrikular- beiträge. Auf ein solches Grundreht wird durch das Volk weniger Wert gelegt werden, aber wünschenswert wäre diese Klarheit. Obgleich eit 30 Vahren Len für Fragen des Etats, N ih mich jeßt ‘jedes ahr aufs neue hineinftudieren, ehe ich ihn ver\tehen kann. Nun st uns ein neues Militärpensionsgeseß, die Forderung für die un- glückliche Bahn von Daressalam nah Mrogoro und ein neues Militär- gese angekündigt worden. Aus diesen Dingen erwachsen für die nächsten Jahre Millionen von Bewilligungen. Die Forderung der Gehaltserhöhung für die 180 Oberstleutnants is auch dieses Jahr niht besser begründet als im vorigen. Es kommt die Belastung des Pensionsetats dabei mit in Frage. Der Schaßsekretär will den Invalidenfonds sanieren. Bei der jeßigen Art der Veteranen- beihilfen kann es nicht bleiben; denn fie hängen jept lediglih von diskretionärem Ermessen ab. Auch engere Kreise ba en die Ehren- pfliht, für die Veteranen zu sorgen. Früher, ehe es das Reich gab, haben die preußishen Kreise viel mehr für die Veteranen getan. Gegen die Einführung einer Wehrsteuer sind wir N weil fie den Militärdienst auf eine geldwerte Leistung erabdrüdt und vielen armen Familien eine drückende Last ist. Der Wohnungsgeldzushuß entspricht niht mehr den gestiegenen Wohnungs- preisen, aber die Herausseßung eines Ortes in eine höhere Servis- klasse ist deshalb kostspielig, weil damit zugleih eine Erhöhung des Servises der Offiziere verbunden ist. Die Crhöhung des Wohnungs- eldzushusses wäre viel leichter, wenn Wohnungsgeldzushuß und ervis auseinandergehalten würden. Eine {were Belastung ist die Unterhaltung der ostasiatishen Brigade. Im as Jahre haben wir von den Kosten dieser Brigade drei Millionen Mark ab- gestrichen, aber fie find do nit erspart worden. Das wird einfach mit den politischen Verhältnissen begründet. Wo haben wir diese politishen Verhältnisse? Wir haben kein \solches Interesse an der Erhaltung dieser Brigade wie andere Nationen. Früher hieß es, die Brigade könne zurückgezogen werden, wenn der Peiho reguliert sei, jeßt ist er reguliert worden, und man hört doch nichts von der Zurückziehung der Brigade. Müssen wir dort wirklih fortgeseßt 14 Schiffe stationiert haben? Es heißt, wir hätten dort in Ostasien keine Verwikelungen zu befürhten. Wozu dann die Flottenstation daselbst und die Brigade ? Das kostet uns mehr, als unser ganzer Ausfuhrwert dorthin beträgt. Im Flottenverein wird {hon für Vermehrung der Auslandss\chiffe und für neue moderne Linienschiffe agitiert. Unserem ausländischen Handel hat es noch nit an dem erforderlihen Flottenschug gefehlt, unsere Marine ist immer viel \{chneller zur Stelle gewesen, als es bei anderen Nationen der Fall war. Die deutshen Handel- treibenden im Auslande haben viel weniger über die deutshe Politik zu klagen, als die Handeltreibenden im Lande über die agrarische Politik. Freiherr von Thielmann war seinerzeit ganz sorg- los über die Kosten der Flottenvermehrung, da sie die Cinnahmen des Reichs natürlih genügend steigern würde. Ja, prosit Mahlzeit! Kiautschou macht uns immer größere Kosten; jeßt heißt es, der Bau eines Handelshafens, einer Mole und von Eisenbahnen sei entscheidend für die Entwickelung von Kiäautshou. Und wofür geben wir eigentlich die Kosten für das südwestafrikanishe Gebiet aus? Graf Caprivi sagte: je weniger Afrika wir haben, desto besser. Vielleiht könnten wir das ganze Gebiet den Buren überlassen, für die wir ja so viel Mitgefühl haben. Wenn die dort glücklich werden könnten, meinet- wegen, wir sollten fie niht daran hindern. Troß der Erlen Er- fahrung mit den Eisenbahnen mutet man uns zu, noch neue Eisenbahnen in Afrika zu bauen. Freiherr von Hertling meinte einmal, und das hat mir gefallen, solange die Diäten nicht eingeführt Lee würde die Regierung niemals ein beshlußfähiges Haus für die Bahn Daressalam— Mrogoro erhalten. Und Herr Schaedler meinte, bei der Behandlung der R Ae des Reichstags durh die Regierung sollte der Reichstag ‘si vielleiht ebenso gegenüber Regierungsvorlagen ver- halten. Stellen Sie sih, meine Herren (zum Zentrum) nur auf diesen Standpunkt bei der Bahn Daressalam—Mrogoro. Herr Arendt hat allerdings für die Kolonien Sans gemacht durch den \{önen Ausspruch: wo noch keine Kultur ist, da ist Anwartschaft auf Gold. Man sucht nach neuen Einnahmequellen. Die Stempel- abgabe geht fortgeseßt zurück, “obwohl \ich die Erwerbsver- hältnisse schon gebessert haben. Die Einnahmen aus der Brannt- weinsteuer werden durch das System der hohen Prämien ges{müälert, und da dadurch die Produktion des gewerblihen Spiritus gefördert wird, haben ‘die Brennereien um so weniger Veranlassung, Trink- branntwein zu produzieren, und um so geringer find wieder die Ein- nahmen. Bayern zahlt aus seiner Brausteuer ein Aversum, das aber niht dem Bierkonsum |' in Bayern entspriht. Der Bewohner der Norddeutshen Brausteuergemeinshaft trinkt jährlich 105 Liter, der Bayer aber 245 Liter. Wenn dementsprechend das Aversum erhöht würde, hätte der Schaßsekretär gleih 6 Millionen mehr. Ueber die Handelsverträge soll man während der \{hwebenden Ver- handlungen nihts sagen, ih denke mir aber das Meinige. Mit dem hohen Anleihebetrage find wir nit einverstanden, die Matrikular- beiträge müssen erhöht werden. Preußen kann es sich leisten, seine Cisenbahneinnahmen sind in den leßten fieben Monaten bedeutend ge- stiegen. Auch Bayern darf über jammervolle Finanzen nit klagen, denn es treibt seit Jahren eine Thesaurierungspolitik und hat jähr- lih 18 Millionen Uebershuß. Also stellen fie sich, meine Herren, niht ärmer, als Sie find. Ste können au etwas bezahlen, und wenn wir den kleinen Staaten eine Million Matrikularbeiträge schenken, so Tônnen fie veranügt sein. Die Finanzreform hat nur formale Bedeutung. Das ganze Schayamt ist weiter nihts als eine Dberbuchhalterei, und ein Zentrumsblatt nennt die Reform nur eine andere Einrichtung des Geldschranks im Innern. Das Schazamt bedarf eines starken Mannes, und das kann nur ein selbständiger Finanzminister in einem follegialen Ministerium sein. Alle Achtung vor dem Bundesrat, aber in der Finanzpolitik ist er weiter nichts als eine Schußtruppe der Einzelstaaten gegen eine Erhöhung der Matrikularbeiträge. Wir haben nur. die Einnahmequellen, die Matrikularbeiträge, erhöhte Anleihen oder neue Steuern. Die Matrikularbeiträge sollen möglichst beseitigt und außerdem Schulden etilgt werden, bleibt also nur die Quelle neuer Steuern übrig. eshalb ist mit Recht der Staatssekretär als der Minister für neue Steuern bezeihnet worden. Hüten wir uns also, auf den Boden dieser Vorlage zu treten.

Staatssekretär des Reichsshaßamts Dr. Freiherr von Stengel:

Meine Herren! Ich möchte zunächst meiner Befriedigung und meinem Dank dafür Ausdruck geben, daß der Entwurf des Neichs- haushaltsetats, wenigstens wenn ih von der Kritik des Herrn Vor- redners absehe, im allgemeinen als vorsihtig und als sparsam auf- gestellt anerkannt worden ist. Soweit im einzelnen Bedenken erhoben

den von dem Fürsten Bismarck vorgelegten Entwurf erweitert, der

e

Gelegenheit darbieten, diese Bedenken des näheren aufzuklären. Nur einen Punkt, den der Herr Vorredner soeben erwähnte, möhte ih glei hier im Plenum vorwegnehmen, nämlich die Behandlung der Veteranenbeihilfen.

Ich glaube, der Herr Vorredner Hat der Verwaltung des Jn, validenfonds unrecht getan, wenn er gegen fie irgendwelchen Vorwurf hinsichtlich der Art der Verteilung und Gewährung dieser Beihilfen erhoben hat. Denn nach dem Geseße werden diese Beihilfen in Pauschsummen an die Einzelstaaten überwiesen, und die Gewährung im einzelnen ist Sache der Behörden der Einzelstaaten. Jch gebe aber ohne weiteres zu, daß der Herr Vorredner in dieser Beziehung allerdings seinen Finger auf eine wunde Stelle gelegt hat, und ih kann beifügen, daß bereits Einleitungen getroffen sind, um auf eine gleihmäßigere Art der Anwendung des Gesetzes in bezug auf die Ge- währung dieser Veteranenbeihilfen hinzuwirken. (Bravo! rets.)

Was nun den sogenannten Reformentwurf anlangt, so hätte ih nachdem von Herrn Abg. Schaedler der Antrag gestellt worden ist auf Verweisung dieser Vorlage an eine Kommission, und nahdem ih annehmen darf, daß diesem Antrage von diesem hohen Hause wohl stattgegeben werden wird, die weitere Verteidigung dieser Vorlage mir eigentlih auf die Kommissionsberatungen versparen können. (Sehr richtig! rechts.) Aber die Angriffe des leßten Redners, des Herrn Abg. Nichter, nötigen mi, nun wiederholt zu dieser Angelegenheit das Wort zu ergreifen, und wenn ih darauf des näheren eingehe, so fann ih nicht umhin, zugleich noch einige Einwendungen, die von anderer Seite gegen die Vorlage erhoben worden find, zu besprechen.

Was speziell die Matrikularbeiträge anlangt, so möchte ih {hon heute dem hohen Hause dringend abraten, in den Beschlüssen, die in dieser Hinsicht dereinst über die Finanzierung des Etats gefaßt werden, über die Grenze hinauszugehen, die in dem Etatsentwurf für 1904, und zwar in Uebereinstimmung mit den Etats der beiden Vorjahre, gezogen worden ist. Die Einzelstaaten sind in der Tat durch die Matrifularbeiträge seit Fahren derart belastet, daß nach meiner Ueberzeugung weiteres von ihnen in dieser Beziehung niht mehr gefordert werden kann.

Der Herr Vorredner hat dann darauf ‘hingewiefen, daß vor allem do in Frage kommen sollte, vershiedene Einnahmequellen des Reichs zu reformieren, zu verbessern, um zu größeren Einnahmen zu kommen. Er hat zunächst auf die Börsensteuer hingewiesen. Jh mache darauf aufmerksam, daß ja bereits in der Thronrede angekündigt ift, daß eine Novelle zum Stempelgeseß dem Reichstage in Vorlage gebracht werden wird, und ich möchte beifügen, daß, wie ih hoffe, {hon nah Neujahr, im Laufe des Monats Januar, eine diesbezüglihe Vorlage an Sie gelangen wird. Es ist ja rihtig, es kann mit der Zeit wohl au noh in anderen Richtungen, in bezug auf die Brausteuer, die Maischbottichsteuer, die Branntweinsteuer, Veranlassung gegeben sein, die eine oder andere Verbesserung vorzunehmen. (Hört, hört!) Was aber speziell die Maischbottichsteuer anlangt, so, glaube ih, wurden doch die Prämien von dem Herrn Vorredner erheblichß zu hoh veranschlagt. Im übrigen glaube ih aber, daß man hier das eine tun kann, ohne das andere zu lassen: man kann den Reformentwurf, den Jhnen die verbündeten Regierungen vorgelegt haben, annehmen, ohne daß es deswegen ausgeschlossen ist, mit der Zeit zu weiteren Verbesserungen unserer Finanzgeseßgebung überzugehen. Im Gegenteil, es ift die Absicht der Vorlage, die Unterlage, die erste Grundlage zu bilden, um darauf künftige weitere Verbesserungen aufzubauen.

Nun hat der Herr Abg. Nichter auch speziell wiederum auf Bayern verwiesen und hat Ihnen die Uebershüsse aufgezählt, die seit einer langen Reihe von Jahren im bayerishen Staatshaushalt nach- gewiesen ersheinen. Meine Herren, ich habe ja in meiner jeßigen Stellung nicht mehr den Beruf, speziell für diese bayerischen Ver- hältnisse einzutreten, aber das eine kann ih doch sagen: man kann die Frage der Uebershüsse in Bayern überhaupt nicht richtig be- urteilen, wenn man die Sahe aus dem Zusammenhang reißt, von dem ganzen Bau des bayerischen Budgets überhaupt loslöst. Die Ueberschüsse dienen in Bayern dazu, eine Reihe von ein- maligen Ausgaben zu bestreiten, die in dem NReichsetat und in dem preußishen Etat ohnehin alljährlich in dem ordentlichen Etat Auf- nahme finden.

Nun hat man gegen diese Neformvorlage, wenn ih fie mit kurzen Worten so nennen darf, den Vorwurf erhoben, daß sie etne Ver- fürzung des Einnahmebewilligungsrechts des Reichstags bedeutet. Meine Herren, es sind jeßt hon nahezu zwanzig Jahre, seit ih an den Beratungen über den Reichshaushaltsetat teilnehme. Mir ist aber nit erinnerlih, daß auch nur in einem einzigen Jahre der Betrag, der in dem ordentlihen Etat an den Ausgaben von seiten des Reichstags abgeseßt worden is, auch nur die Höhe von 10 Millionen etwa erreiht hat. Und nun bietet Ihnen die sogenannte Reformvorlage für die Folge einen beweglihen Faktor an von über 100 Millionen Mark, und dabei klagt man von gegnerisher Seite hier noch über einen Eingriff in konstitutionelle Rechte des Reichstags, man klagt darüber, daß dem Reichstage hin- sichtlih der Bewilligung der Einnahmen der bewegliche Faktor ent-

zogen werde. Ich muß gestehen, ih verstehe diesen Einwand nicht.

Nebenbei is mir auch von dem Herrn Vorredner das Wort „nur“ zum Vorwurf gemacht worden, das ih im Verlauf meiner Nede ge- braucht habe, als ich von den konstitutionellen Nehten des Reichstags \sprah. Ja, meine Herren, wenn man ein einzelnes Wort aus dem Zusammenhang einer Rede herausreißt, dann kann man in jedes Wort, das man gebraucht, allen möglihen Sinn hineinlegen.

Man hat weiter den Vorwurf erhoben, es werde dur die Vorlage den Matrikularbeiträgen jede praktishe Bedeutung genommen, die Re- gierungen der Einzelstaaten hätten gar kein Interesse mehr an einer \sparsamen Wirtschaft im Reiche. Jh kann nur wiederholen, was ih {on in meiner einleitenden Rede gesagt habe, daß dur, den neuen Art. 70 der Verfassung, wie er in dem Reformentwurf Jhnen vorge- {lagen wird, die Matrikularbeiträge grundsäßlich nah wie vor erhalten bleiben, und daß der § 3, der in dem Geseßentwurf enthalten ist, und der ja so scharfe Anfehtungen erfahren hat, nur ganz in Ueberein- stimmung mit dem Geiste der Verfassung aus\priht, daß eben diese Matrifularbeiträge sein sollen der leßte und der äußerste Notbehelf zur Deckung des Reichsbedarfs. Oder glauben Sie vielleiht, daß es eine sparsamere Wirtschaft im Reich verbürgt, wenn man in die Vor- stellung sich verseßt, daß man jederzeit in der Lage ist, nur nah der Klinke der Matrikularbeiträge greifen zu dürfen, um wiederum sozu- sagen si frisches Geld austishen zu lassen? Welche Garantie liegt denn darin für eine sparsame Wirtschaft im Reiche?

worden sind, wird fih jedenfalls in der Budgetkommission reihlich

(S(hluß in der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Auch den leges Lieber lag dèr Gedanke zu Grunde, daß die un- gedeckten Matrikularbeiträge nur eine Ausnahme bilden sollten; sonst würde in denselben nicht bestimmt worden sein, daß etwaige Uebers{chüsse, bevor sie zur Verminderung der Reichs\{huld Verwendung finden können, zunächst dienen sollen zur vollständigen Deckung der von den Einzel- staaten geleisteten Matrifularbeiträge. Man hat die Vorlage auch ver- glichen mit dem sogenannten Miquelschen Automaten. Auch das ist gänzlich unzutreffend. Von früheren Reformvorshlägen aus den 90er Jahren unterscheidet si die gegenwärtige Vorlage ganz wesentlich darin, daß jene die Einzelstaaten unbedingt s{hüßen wollten gegen jeden Rügriff des Reichs auf ihre Haushalte, daß diese geshüßt sein sollten gegen jedwede Belastung mit ungedeckten Matrikularbeiträgen. Das ist aber nach der Vorlage, wenn Sie dieselbe genau besehen, in keiner Weise der Fall. Die Einzelstaaten bleiben nah wie vor verpflichtet, Matrikularbeiträge zu entrichten, wenn die Finanzlage im Reich dazu drängt. Diese. Automatenangst, meine Herren, wenn man von ihr dauernd und lange Zeit M wird, kann# s{hließlich aller-

i u einer fixen Idee werden.

O L Genet des Herrn Vorredners auf das Jahr 1904 halte i für vollständig unzutreffend. Das Jahr 1904 werden Sie doch um Gotteswillen niht als ein Normaljahr gelten lassen, das Jahr 1904 mit seinem Zuschußanleihebedarf von fast 60 Millionen wird doch wahrlich nur als ein Ausnahmejahr erachtet werden können und gerade für folhe Jahre ist ja in dem § 3 auch Vorsorge dahin getroffen, daß hier bezüglih der Belastung der Einzelstaaten mit Matrikularbeiträgen eine Aenderung überhaupt nit eintreten soll.

Auch einen Zwang zu neuen Steuern hat man in der Vorlage erblickt. Jn Wirklichkeit aber ist die Vorlage gerade darauf berehnet, der Notwendigkeit der Einführung neuer Steuern, der Erschließung neuer Einnahmequellen im Reiche möglichst vorzubeugen, indem sie eine möglichst haushälterische Wirtschaft verbürgen will. Reichen aber nah der Besserung unserer gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage und nah der Einführung des neuen Zolltarifs die Mittel noch immer nit aus, um etwa die mit der Zustimmung des Reichstages als not- wendig erkannten Auszugaben zu decken, dann würde ja au bei Ab- lehnung der Vorlage {ließli doch nichts anderes erübrigen, als Um- schau zu halten nah neuen Steuerquellen.

Wenn in der Anordnung, die der neue Art. 70 der Reichs- verfassung vorsieht, in der Erstattung der in debito erhobenen Matrifularbeiträge an die Bundesstaaten etwas Neues erblickt wird, so empfehle ih den Herren nur, den Text des alten Art. 70 sich einmal genau anzusehen. Dann werden Sie finden, / daß darin ausdrüdcklich gesagt wird, daß die Matrikf'ularbeiträge übers» haupt nur, soweit die eigenen Reichseinnahmen nicht zureihen, und nur bis zu dem budgetmäßigen Be- trage zur Erhebung gelangen sollen. Diese Bestimmung der Reichsverfassung bezog si bisher sowohl auf die gedeckten als auch auf die ungedeckten Matrikularbeiträge. Für die Folge soll fie nah dem vorgeschlagenen neuen Art. 70 eingeschränkt werden auf die ungedeckten Matrifularbeiträge. Die gedeckte n Matrikular- beiträge aber, d. h. diejenigen Matrifularbeiträge, zu denen das Reich selbst die Mittel liefert, sollen in der Folge gleich behandelt werden mit den reihseigenen Einnahmen gerade- zu dem Zweck, um eine kräftigere, eine verstärkte Verminderung der Reihs\chuld zu verbürgen... Wenn dann bestimmt ist, daß diese Rückerstattung an die Einzelstaaten niht mehr, wie es bisher der Fall war, erft im übernähsten Jahre, sondern hon am Jahres\{luß stattfinden foll, so hängt das damit zusammen, daß man eine Negelung treffen wollte, welche einem nur allein rihtigen Finanzgrundsaße entspriht, nämlich dem Grundsay, jedes Wigtschaftsjahr für si allein zu behandeln und die Verkoppelung der Wirtschaftsjahre unter sich wenigstens im Ordis

narium zu beseitigen. j j

Es ist nun gesagt worden, es sei nit zu billigen, daß die Regie- rungen zuerst Ausgaben bewilligen und {ih dann drücken und dem Reich die Deckung dieser Ausgaben überlassen. Demgegenüber kann ih nur sagen, wir leben doch wahrlih nicht in einem absoluten Staat. Die Regierungen bewilligen die Ausgaben doch nicht allein, sondern es ist doch auch noh der Reichstag da, der die Ausgaben *mit. bewilligt. Keine Mark im Deutschen Reiche kann ohne die Zu- stimmung dieses hohen Hauses ausgegeben werden. Aber insoweit als au vom Reichstag die Ausgaben einmal als notwendig erachtet worden sind, erachten wir es allerdings als ein nobile officium des Reichs und des Reichstags, daß man die Sorge für die Deckung dieser Ausgaben nicht einfah auf die Schultern der Einzelstaaten ab- wälzt. ;

Uebrigens wird selb von den Gegnern der Vorlage anerkannt, daß dieselbe wenigstens insofern wesentlihe Besserungen enthält, als sie ja die UVebershüsse aus den früheren Jahren grundsäßlih zur Ver- minderung des Anleihebedarfs verwendet wissen will. Der Herr Abg. Richter hat dem heute ja auch nit widersprochen, und ih kann an- führen, daß er einen ähnlichen Antrag zum Etat des Jahres 1901 seinerseits selbst gestellt hat; und nur die bisherige Fassung des Art. 70 der Reichsverfassung hat mir damals Veranlassung gegeben, Bedenken gegen einen solhen Antrag zu erheben. Gerade mit jenen Bedenken hängt es zusammen, wenn wir jeßt zunächst eine Korrektur des Art. 70 der Reichsvérfassung nah der Richtung hin vorschlagen.

Was aber die Franckensteinsche Klausel anlangt, so hat die „Frei- sinnige Zeitung", die ja dem Herrn Abg. Richter nicht fern steht, erst in jüngster Zeit selbst anerkannt, daß die Ueberweisungen in der jepigen Höhe das notwendige Maß allerdings übersteigen. Ih möchte mir gestatten, Ihnen aus diesem Artikel, der úberschrieben is : „Finanz- fragen im Reih" und erschienen ist in der „Freisinnigen Zeitung“ am 4. November d. J., hiermit wörtlih den bezüglichen Passus vorzulesen. Es heißt darin :

Ebenso würden wir es für angezeigt halten, den Umfang der

Zweite Beilage

Berlin, Sonnabend, den 12. Dezember

und der neuen Reichsstempelabgaben über den eigentlichen Zweck der lex Frandckenstein hinau8gewachsen ist, zu beschränken. Beispielsweise könnte man von der Ueberweisung die Zolleinnahmen auss{ließen, dagegen neu einbeziehen die Maischraumsteuer, den Wedchselstempel und Spielkartenstempel. Selbstverständlich würden sich die Matrikular- beiträge von vornherein um denselben Betrag ermäßigen, der dem Reiche für den eigenen Haushalt aus den Zolleinnahmen mehr zu- wächst. Diese Aenderung in bezug auf die Zolleinnahmen ändert also grundsäßlih nichts an dem Verhältnis von Reich und Einjzel- staaten, befreit aber die Einzelstaaten von dem Risiko, welches die Schwankungen der Zollerträge mit si bringen.

Jch gestehe, daß ich mich über diesen Artikel der „Freisinnigen

Zeitung® auf das lebhafteste gefreut hatte, und ih hatte die Hoffnung daran geknüpft, daß, wenn wir hier Über diesen Reformentwurf beraten, der Herr Abg. Richter Schulter an Schulter mit mir für die „lex Stengel" kämpfen werde. Leider sehe ich mich nun von ihm verlassen und allein. Es wurde nachträglich wieder zurüd- gepfiffen und jetzt heißt es: wir wollen warten, bis die Erträgnisse des neuen Zolltarifs des näheren bekannt sind. Warum es sih aber empfiehlt, diesen Beginn der Reform, wie wir ihn hier vorschlagen, nicht auf spätere Jahre hinauszuschieben, das ist ja in der Begründung der Vorlagé und in meinen einleitenden Worten so ausführlich dar- gelegt worden, daß ih nicht glaube, weiter auf diese Seite der Sache nochmals zurückfommen zu sollen. Im übrigen möchte ih bitten, sih über die Höhe der Einnahmen, die wir günstigsten Falls von dem neuen Zolltarif zu erwarten haben, do feinen übertriebenen Jllusionen hinzugeben. Von 200 Millionen, wie der Herr Abg. Bebel gemeint hat, kann meines Erachtens unter allen Umständen keine Rede sein. Dann aber möchte ih doch die Herren daran erinnern, daß schon dur die im Dezember vorigen Jahres be- \{lossene 1ex Trimborn dafür gesorgt ift, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen und daß die Einzelstaaten, auch wenn Sie diese Vorlage ablehnen sollten, auf allzu fette Jahre in der Folge niht mehr zu renen haben werden. Ih besorge vielmehr, daß gerade infolge der Bestimmung, wona 40 bis 50 Millionen Mark von den seinerzeitigen Mehreinnahmen des neuen Zolltarifs abgezweigt werden sollen zur Dotierung eines Arbeiterwitwen- und MWaisenfonds, es sehr {wer halten wird, die künftigen Etats bei aller Sparsamkeit noch entsprehend balanzieren zu können. Von etwaigen Mitteln, die vorhanden wären, um, wie man \ich von anderer Seite auszudrücken beliebte, gewissermaßen das Geld zu verpulvern, kann wohl keine Rede sein.

Das Eine aber möchte ih zum S{hluß nohmals hervorheben: au von gegnerischer Seite ist anerkannt worden, daß die Vorlage jedenfalls doch nach vershiedenen Richtungen wertvolle-Verbesserungen des beslehenden Zustandes enthält, und daraus chôpfe ih die Hoff- nung, daß nah vorurteilsfreier Prüfung in der Kommission es s{hließ- lih doch noch gelingen werde, auf dem Boden der Vorlage zu einer Verständigung zu gelangen.

Es sind von einigen Seiten auch {on vershiedene Steuers projekte berührt worden. Ich erkläre hiermit bestimmt und rund, daß ih es ablehnen muß, auf irgend welhe Erörterung solcher Steuerfragen jeßt einzugehen. Ich halte es für sehr unzweckmäßig und für durchaus niht angezeigt, in dem gegenwärtigen Zeitpunkte solche Steuerfragen hier zur Diskussion zu bringen. Durch die Er- örterung dieser Dinge wird nur Beunruhigung in weite Kreise ge- tragen, und noch dazu unter Umständen vollständig ohne Grund. Sollte einmal die Notwendigkeit herantreten, der Eröffnung neuer Steuerquellen näherzutreten, so is noch immer Zeit, \ih hierüber ex professo zu unterhalten.

bg. von Kardorff (Rp.): Meine politishen Freunde stehen bind der „lex Stengel“ genau auf demselben Standpunkt den der Abg. Graf zu Stolberg gestern ausgesprochen hat. Wir sehen darin keine Schmälerung des Bewilligungsrehtes des U dagegen wird » etwas mehr Einfachheit in den Etat gebracht werden. Sein Studium is immer s{chwieriger geworden, selbst für den Abg. Richter, der sich, wie wir anerkennen müssen, mit Ret als Spezialisten dafür bezeichnet hat. Es ift gewiß nit hübsch, daß das Reih in den letzten 10 Jahren drei Milliarden Sqhulden gemacht hat, aber wenn wir die Höhe der Staatsschulden anderer Länder ansehen, so der französischen mit -30 Milliarden. rank, - so stehen wir immer noch- sehr bescheiden da, wir dürfen auch nicht vergessen, daß das. deutshe Volk jährlich ungefähr eine Milliarde een Seit 1866 habe ih die Chre, in Parlamenfari [gen Ver- amnlicigen zu sigen, und habe in dieser Zeit eine ganze Reihe von Etatsreden anhören müssen. Immer wurde gesagt: wir müssen spar- sam wirtschaften. Das war und ist eine leere Redensart, denn diese Aufforderung is nie befolgt worden. Die neuen Aus- E waren unausbleiblich und unvermeidlih, und sie wurden ewilligt. Was die Handelsverträge anbelangt, fo sollten wir solche niht eher abschließen, bevor wir niht wenigstens die Handels- verträge mit den. außereuropäischen, überfeeishen Staaten ge- fündigt haben. Alle Staaten haben eine aktive Handelsbilanz gegen uns, unsere Handelsbilanz ist passiv ‘ihnen gegenüber. Sließen wir vorher Handelsverträge ab, so könnte das, was wir dadurch ge- winnen, durch das Ergebnis jener verschiedenen Meistbegünstigungs- verhältnisse wieder verloren gehen. Jedenfalls würde der Abs{hluß von Handelsverträgen noch jeßt c werden, wenn der mit Oesterreih-Ungarn gekündigt würde. Ich verstehe überhaupt nit, weshalb die Na E erren noch nicht gekündigt sind. Die Landwirtshaft kann wirklich niht mehr lange warten. Mit neuen Steuern werden wir uns nicht zu befassen brauchen. Die Wehrsteuer freilich steht auf einem ganz anderen Blatte. Der Standpunkt, das Reih als Kostgänger der Einzelstaaten auf- treten zu lassen, hat von jeher die entshiedenste Mißbilligung des Ba Bismarck g, der stets doch der Ansicht war, daß das mgekebrte der Würde des Reichs einzig und allein entsprähe, und in unkte ist mir hes heute Fürst Bismark der kompetentere Beurteiler gegenüber dem Abg. Richter. Bei den legten Tes wurde mit dem Gedanken einer Reichseinkommensteuer seitens der ver|hiedensten Parteien ein unlauterer Wettbewerb getrieben. Daran haben sih nicht allein Sozialdemokraten und Freisinnige Vereinigung, sondern auch die rren Antifemiten beteiligt. Eine Reichseinkommensteuer hat als leyte onsequenz eine Reichsbehörde in oberster Instanz zur Folge. Damit ist die finanzielle Selbständigkeit der Einzelstaaten nahezu vernichtet. Seit 20 Jahren hat im Reichstage keine Mehrheit für eine Reichs-

diesem

t

- eine solhe Reichseinkommensteuer ein

Preußischen Staatsanzeiger.

1903.

finden.

Etats übergehend, spricht Redner seine für die Subvention zur Erhaltun erhebliche Verstärkung erfahren habe. sei die Feststellung ein gutes 1, daß die_ vorzüglich sei und die japanische bei weitem übertreffe. Ausführungen

Für die die zweijährige Dienstzeit verantwortlich, 1 an dan verantwortlichen Unteroffizier erheblich gesteigert habe.

ür gute Führung der Soldaten gänzlih verloren gegangen der bätin iet habe, daß die Leute her wußten, würden, wenn fie sich gut führten und ke

mit Ablauf zweier Dienstjahre zur Reserve Vielfah set auch der Wunsh mancher Vorgesetzten, vor Straflisten bewahrt zu bleiben, offiziere zu Mißhandlungen griffen. j Leuten nah Aussage vieler Offiziere in leßter Zeit ganz

der Ersay, der jeßt zur Truppe komme, l kratisch infiziert sei; es genüge ja, wenn ein oder zwet Art in einer Truppe seien, \{lechtern. Zum R aus, daß es vorzuzie gehen zu ‘Tajjen und ihn jedenfalls bleibe die Befürchtung bestehen, daß Trains nah wie vor als ein werden würde. Der Einwurf gegen die Wehrsteuer, aus der EN lGasfen, daß man sie nur denen a öheren Steuer P errciahen S a erigfeiten dieser Steuer in der Lôsung der von wem Gebiete der Strafjustiz dürfe der Voreid auf keinen her weiter bestehen bleiben. Die altpreußische ländli dingt alles, was die Beamten ihr als Aussage nahe olenvorlage erklärt sich Redner diese im Reichstag durch eine Mehrheit vom Linken werde abgelehnt werden. Fabrikanten die Forderungen der Arbeiter weil sie dann der, böhmis

an den ehernen Bollwerken des preußishen Staats Deutschen Reichs den Kopf einrennen werde, fo entfernt, die Macht und Bedeutung der größten Mittel für ihre Parteizwe einer Weise besteuert, wie steuert würden. Herr Bebel, indirekten apita t Me neren Kulturstaaten, Staaten, Frankreihs, Englands im Steuern a mehr das Uebergewiht haben als sozialdemokratis Helfern im Reichstag, in den Redaktionen usw. S : durch Boykottierung ee Kreise. man die Kaufleute damit 1 stimmten, das Volk nicht bei ihnen kaufen würde. Sozialdemokraten.) Ja, wenn bei Ihnen au | heißt es: Bauer, das ist etwas anderes. an kann bei den demokraten in der Tat eine Volks\chranzerei finden. werbegerihten haben sich meine mismus des Abg. Trimborn Maven lionen Mitläufer abrechnet, so blei demokraten übrig, die zum ‘Teil A usw. beschäftigt sind. inweisend, Getahren einer Revolution aufmerksam machten, Hohngelächter geantwortet. Fh will nicht sagen, daß unsere niht mehr zuverlässig sei, aber sie ist do

in den Konsumbvereinen, Sie übt auch sonst einen Einflu Ie s In Schönebeck z. S

eitet. enn man ge 1

en immer noch 14 Millionen

falls pu irgend etwas gesehen, um diesèm Anwachsen der

Seite eine Mehrheit war gesichert eine

ozialdemokratische Stimmen ein, daß man den

ve Wahlrecht entzöge. palhve Da turz eines sozialdemokratishen Staates,

“Sie (zu®den Sozialdemokraten) mit uns umgehen! alles tun, was în 1 | J ieht, dann kommt mit Guherres die Revolution. mit geistigen Waffen, den der Abg. S t bis erfreulichen Resultate geliefert. Die ozialdemokratie bilde Staat im Staate, zum Umsturz dieses Staates, und das darf Staat nicht dulden. Mit Herrn Schaedler laube i, da

nd. Von Mâßigkeit, Barmherzig demokratisher Seite nichts gehört. hält, der wird von Ihnen nicht geduldet, sondern ih noch hervorheben: wie man seinerzeit den

möchte iert hat, so möchte ih hoffen, : ne Moi Ï a Katholiken und Protestanten ges{hlossen wird, da

verleßenden Kampf zwischen O V es sehr E ge den Kampf gegen die

demokratie siegreich zu Ende zu führen.

Um 61/4 Uhr vertagt sih das Sonnabend 1 Uhr. (Erste, eventue Gesezentwurfs, betreffend die E zum bri Reich, und Fortsezung der Etatsberatung.

an darf also nit so tun, als ob es eine Kleinigkeit wäre, E La uführen. Zu den Einzelheiten des reude darüber aus, daß der Fonds deutscher Schulen im Auslande eine Für die Zukunft von Kiautschou Omen, daß die dortige Kohle anscheinend Die weiteren des Redners werden bei der wachsenden Unruhe, und da er seine Stimme sinken läßt, nur noch bruchstückweise vernehmbar. fortdauernden Mißhandlungen im Heere macht er mittelbar welche die Anforderun D n roßer Mangel der zweijährigen Dienstzeit sei es auch, daß der Zoe sie ne Strafe erlitten, entlassen werden. ron

die Ursache dafür, daß die Unter- Auch habe die Renitenz unter den as R A EOS e

enommen. Dies könne nur auf die Tatsache zurückgesührt werden, da P zum Teil {on E ann dieser

um den Geist der ganzen Truppe zu ver- Forbach drückt Redner seine Meinung dahin en wäre, den Train als selbständige Truppe ein- ihn der Artiklerie oder Kavallerie anzugliedern ; das Offizierkorps des Offizierkorps zweiter Klasse angesehen daß sie die ärmeren Klassen unverhältnismäßig bedrücken würde, lasse p dadur unshwer uferlege, die zu einer ufe herangezogen seien. Allerdings lägen die E rage, n werden solle und von wem niht. Auf dem M | 4 so wie bis- e Bevölkerung beshwöre in ihrem ungeheuren Respekt vor dem Beamtentum unbe- legten. Für die aus nationalen Gründen im Gegen- zu dem Abg. Schaedler, obwohl er vorauszusehen glaubt, daß Zentrum und von der Zu ae Sei Vulipetrnna , daß nah seiner Kenntnis der Dinge die dortigen ge T E nicht bewilligen könnten, en und mährishen Konkurrenz unterliegen würden. Wenn er auch der Meinung sei, daß sich die Amte

U

sei er doch weit ag s E

ershäßen. Die Sozialdemokratie bringe die weitau wegung zu u j e auf. Die Arbeiter würden in fie kaum von irgend einem Staate be- fährt Redner fort, weiß do, daß die len der Tag» ten erhältnis zu den en ber ei ß Gen ralsiab ins e Partei verfügt über einen großen eralstab von L F y in den Krankenkassen, us hat edrobt, daß, wenn sie nicht sozialdemokratisch Zurufe bei den etwas vorkommt, dann Sozial- b s g Fun Befürchtungen gegenüber dem - el N W L il- ozial- auch in Staatsbetrieben, bei den Auf die Verhältnisse vor 1848 führt der Redner weiter aus: Als wir seinerzeit auf die hat man uns mit Armee f Le [Gon n a ratishen Elementen durhseßt, und diese werden im DBerlauf der E V R der Zunahme der Sozialdemokratie wachsen. Stel ern. Lider ist dur ein Mißverständnis von der reten dentegle. qu Deo Eer rneuerung des Sozialisten-

ald verhindert worden, E würden wir heute niht so viel

Ce

aben. Das wirksamste Mittel würde R de s as Ute e epublikaner bekennen, auf fünf Jahre das allive u

Siaats, oes A Wenn wir als Royalisten uns zusammen- wie würden Die Regierung ihren Kräften steht, denn wenn nichts Der Kampf edler will, hat bis jeßt keine einen

der

das

Christentum die Sozialdemokratie überwinden wird. Mit Unrecht be- ozialdemokraten, daß sie die Vollender des Christentums

haupten die Ma h it ned Milde habe ich auf fozial- Wer es bei Ihnen mit der Kirche

inausgeseßt. Eins ottesfrieden daß dieser selbe L übe geben, um alles zu vermeiden, was irgendwie

uns eeusthart S O beiden Konfessionen Anla tOR ozial-

us. Nächste Sißung zweite Beratung des itishen

Literatur. Klassiker der Kunst in Gesamtantga en:

, Des Meisters Gemälde in Abbildungen. Geb. Q Fe N R E nd M vas Meisters

n ausgaben von dem Gesi

Ueberweisungssteuern, der im Laufe der Jahre dur Ein- beziehung neuer Steuern in die Verbrauhsabgabe auf Branntwein

einkommensteuer gefunden, und es wird sich auch fürderhin keine

Cs ; in 405 ldungen. Geb. 8 M ( art, Deutsche Verlags-Anstalt. eutsche Verlagsa stalt f bei der Herausgabe dieser Ges bildete die Klassiker der Literatur in Celiacaacehes Vie, es