1903 / 293 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 14 Dec 1903 18:00:01 GMT) scan diff

1

Nachweisung der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reiche für Me Bei vom.1. April 1903 bis zum

Schlusse des

onats November 19

3. 4. D. 6.

1. 2.

| Einnahme Monat

November

«k 4

Oberpostdirektionsbezirke

Hierzu Einnahme in den Vormonaten

ob B S

Einnahme in dem- |Im Rechnungsjahre Zusanim selben Zeitraum 1903 en des Vorjahres + mehr

(Spalte 4) weniger:

| S M 2 2

S

Lad

I. Im NReichspostgebiet. Tine E S Gumbinnen . . . . Danzig .

Berlins «+ otsdam . . rankfurt a. O... tettin Ï

Köslin .

Fot Me ai romberg .

Breslau

Sn ¿ peln. .

Ma debur al A l

urt . Kiel... egnguer h

ünster . Minden . Dortmund .

Ga a

ais a. M. E a Ne

14 954 | 40 6 230 | 90 12019 | 90 157 695 | 90 5 975 | 80 8 522 | 30 10 379 | 60 3385 | 50 9 853 | 90 6 544 | 90 20 096 | 60 10 328 | 50 11 883 | 20 566 | 50 9 600 | 50 14 918 | 50 14 485 | 40 15 081 | 50 6 232 | 20 12 588 | 50 28 639 | 90 10 360 | 70 33 973 | 20 23 991 | 733) | 8 947 | 74 023 | 60 3 559 | 20 21 471 | 90 33 674 | 50 2% 823 | 60 32 019 | 50 10 444 | 17 153 | 10 2 948 | 6131 | 40 8 999 | 20 33 983 | 50 124 936 | 20 22 231 | 70 4 460 | 70

O 0A N M E 55 S r

Aachen . . Koblenz Düsseldorf . Trier . Es eipzig - Chemniy . Karlsruhe . Konstanz . Darmstadt .. Schwerin i. M. . Oldenburg . Braunschweig . Bremen a 5 traßburg i. E. E L S

106 085 | 70

1051678

148 062 | 90

130 912 | 80

113 372 | 112 898 | 80 111 473 | 10

46 678 | 60

199 052 | 40

259 576 | 60 188 499 | 80

66 484 | 50 525 535 | 10 29 396 | 90 169 217 | 80 260 053 | 10 178 712 | 10 225 6295 | 50 69 857 | 60 128 010 | 90 24 867 | 30 56 778 | 10 67 916 | 90 194 108 | 40 802 744 | 50 158 310 | 20 28 572 | 70

118 230 | 50 937 | 70 112 021 | 40 1111896 | 30 51 694 | 80 72 893 | 30 90 724. | 80 29 013 | 50 82 220 | 62 017 | 90

10 {10 20 30 40

40 60 10

10

40 80 60 40 70 40 50 10 80 60 20 60 20 60 10 20 90 60 80 80 50

121 040 | 10 54 707 | 80 102 946 | 20 1 209 374 | 60 50914 | 40 72863 | 30 94 313 | 20 28 197 | 50 87015 | 60 60 178 | 80 168 159 | 50 166 632 | 50 90187 | 30 92 587 | 40 105 336 | 90 101 598 | 70 151 479 | 30 147 949 | 90 84 566 | 90 87 790 | 70 128 290 | 50 125 320 | 50 127 384 | 20 124 371 | 60 126.554 | 60 129 239 | 52910 | 80 52 661 | 10 99 281 | 50 91 979 | 10 227 692 | 30 229 341 | 30 97 936 | 20 95 436 | 70 293 549 | 80 289 699 | 70 212 490 | 80 205 241 | 63 544 | 20 66 637 | 80 75 431 | 50 65 217 | 30 999 558 | 70 580 768 | 70 32956 | 10 30 023 | 50 190 689 | 70 190 397 | 50 293 727 | 60 284 571 | 204 535 | 70 191 420 | 60 257 649 | 258 261 | 20 80 301 | 60 78 751 | 70 145164 | 138 490 | 40 27 815 | 30 26 589 | 50 62 909 | 50 97 194 | 70 76 916 | 10 76 633 | 60 228 091 | 90 203 374. | 90 927 680 | 70 897 749 | 30 180 541 | 90 174 070 | 90 33033 | 40 34 796 | 50

48 476 | 90 90 926 | 30

70% 44 938 | 60 64341 | 83 933 | 60 24 812 | 77161 | 70 53 633 |/90

79 858 | 80 93 453 | 90

74 966 | 40

86 693 | 87 575 | 50

56 209 | 20

40

10

|++++++++ | ++++++| +++ 1 ++1++1++1+1+1++1+|++

906 451 | 20 84 815 | 10 24 730 | 50

Summe I II. Bayern L. Württemberg -

6 421 463 | 80 619 330 | 80 187 160 | 10

7327915 | 704 145 | 90 211 890 } 60

7 076 408 | 707 112 | 50 60 211 121 | 60

Ueberhaupt 1015 996 | 80

Berlin, im Dezember 19083.

Haupibuchhalterei

7 227 954 | 70

8 243 951 | 50 7 994 641 | 50 |. +249 310 |

des Reichsschazamts.

Biester.

Deutscher Reichstag. 6. Sißung vom 12. Dezember 1903. 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sißung wurde am Sonnabend berichtet.

Zur ersten und eventuell zweiten Beratung steht zunächst der Geseßentwurf, betreffend die Handelsbeziehungen us britishen Reiche, durch den die Ermächtigung es Bundesrats, den Angehörigen und Bteugnn des Ver- einigten Königreichs von Großbritannien und Jrland sowie den Angehörigen und den Erzeugnissen britischer * Kolonien und auswärtiger Besißungen die Rechte der Meistbegünstigung ein- zuräumen, auch auf die Zeit nah dem 31. Dezember 1903 „bis auf weiteres“ erstreckt wird.

Abg. Graf zu Reventlow (b. k. F. fortfahrend): Wir werden ferner in Afrika differenziert von 2 bis 334%. Was Canada betrifft, so ist die Prophezeiung der „Kreuzzeitung®" in Erfüllung gegangen: wir befinden uns mit Canada im -Zollkriege. Wir müssen uns-.von-Canada sehr hohe Strafzölle -gefallen- lassen: Als-das-bekannt wurde, entstand sogar in offiziôsen Blättern Entrüstung, aber. seitdem Ghamberlain gesprochen hatte, hörte man feinen Ton mehr von der Seite, „nur... die extrem agrarishen Blätter \prahen davon. Wir meinen nun, das ist ein Punkt, wo ih unsere Wirtschaftspolitik mit der nationalen Ehre decken sollte. Von 1896 an begann England an der Widerstandsfähigkeit Deutschlands zu zweifeln, und. zwar mit

utem Grund, weil wir uns den \{nöden Bruch ‘des Saratoga- ertrages von seiten Amerikas gutmütig haben gefallen lassen. S muß zu unserer Bekümmernis gestehen, daß wir von englischer Seite rihtig eingeschäßt worden sind. Jeßt ist vielleiht der Zeitpunkt ge- kommen, wo wir deutschen Volksvertreter versuchen könnten, unsere egierung wieder auf einen nationalwirtshaftlihen Standpunkt zu bringen. Lider besteht jegt ein Vertrauen zur Wirtschaftspolitik upvserer Regierung nicht. Wir find in wirtshaftêpolitis{her Beziehung die Leiter nit binaufaestiegen fondern in schnellem Tempo herabgestiegen. Das gleichzeitige Bestehen von Meistbegünstigungsverträgen und Tarif» verträgen ist unhaltbar. Es fallen den Méistbegünstiguygsstaaten; ohne daß sie sich besondere Mühe zu geben brauchen, alle Vorteile in den S De die wir den Vertragsftaaten eingeräumt haben, und das muß den ‘Abschluß günstiger Handelsverträge. mit den Staaten ershweren mit denen wir heute in Handelsvertragsbeziehungen leben. Es ist für uns, speziell für den Bund der Landwirte und für die Wirtschaft- lihe Vereinigung denen immer nachgesagt wird, - sie seien Vertreter einseitiger agrarischer Interessen, eine ganz besondere Genugtuung, daß wir gerade in diesem Falle als Borkämpfer für vorrojegend industrielle Interessen.eintreten, denn an unseren ees zu England ist in erster Linie ‘die deutshe Industrie interessiert. Wir geben uns ja nicht zu groer SJllusionen hin, es besteht noch zu viel ‘guter Glaube an tie Wirtschaftépolitik der Regierung. Dié Herren, die vor einem. Jahre in der langen Nachtsigung für den Antrag Kardorff stimmten, gaben sich der Hoffnung hin, daß eine Kündigung der Handelsverträge a werde. Sie ist nicht Fa as und niemand weiß, wann fie ‘erfolgen wird. Wir betrachten die eutig Verhandlung ungefähr als Probe auf das Gxempel, -wie: es bei der Beratung neuer Handelsverträge gehen wird, falls der jüngste von uns. das Einbringen solcher Verträge ‘no erleben: sollte.--- Wix | werden sehen, wieviel Widerstandsfähigkeit au seiten. der Regierung noch vorhanden ist. Was speziell ‘die Begründung anbetris ‘so “verd b sle” die vom R pa ur 5h; Wir meinen, daß wir dem Auslande gegenüber in wirt- cchaftspolitishen Dingen Ernst machen müssen, wénn- wir ju dauernden günstigen Dem: Reichskanzler gegenüber dürfen wir in Anspruch nehmen, daß wir mit unserer wirtschaftspolitishen Stellungnahme die Regierung dem Auslande

ndelsbeziehungen gelärigen sollen.

skäizler neulih èrwähnte

gegenüber auf das allerkräftigste unterstüßen, indem wir die Stellung unserer Unterhändler stärken.

Abg. Graf von Kanißt (d. kons.): Die Aufforderung, mit der der Herr Vorredner ges{hlossen hat, ist aus dem Hause heraus fo oft an die Regierung gerichtet worden, daß ih über diesen Punkt kein Wort mehr zu verlieren brauche. Jh kann aber wiederholen, daß im enen Lande eine förmlihe Erbitterung darüber herrscht, daß die

ündigurig der Handelsverträge noch nicht erfolgt ist. Jch selbst hatte vorgestern einen Antrag vorbereitet, der sich genau mit demjenigen des Grafen von Reventlow deckt. Ich habe ihn verschiedenen Viit- gliedern hier im baue gezeigt, auch Herr Gothein hat ihn in Händen ge Jch habe mich allerdings niht dazu entschließen können, diefen

ntrag einzubringen, weil wir diese selbe Vorlage 1898 und 1900 baben durchgehen lassen, ohne eine solhe Klausel anzufügen. Wir haben keine Ursache, anzunehmen, daß die Negierung von der {hon in der Vorlage von 1898 abgegebenen Versicherung hinsichtlih der Wahrnehmung. der deutschen Interessen gegenüber folhen englischen Kolonien, die darauf ausgehen, uns zollpolitish zu differenzieren, ab- gehen wird. Wir werden dem Entwurf, wie er vorliegt, zustimmen mit der einzigen Modifikation, daß ebenso wie in den Valattn yon 1898 und 1900 eine bestimmte Frist eingefügt wird. Jn eine weitere Debatte treten rwoir nicht ein. ;

Staaissekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Der erste Herr Vorredner hat seine heutige Nede damit gewürzt, daß er erklärte, die arbeitenden und werktätigen Kreise des Volkes könnten zu der Handels- und Wirtschaftspolitik der Regierung kein Vertrauen haben. Aus den Ausführungen dieses Herrn Vorredners habe ih nur entnommen, daß der Kreis, für den er gesprochen hat, ein recht kleiner sein muß und daß dieser kleine Kreis den tatsählihen Vorgängen auf dem Gebiete unserer Handelspolitik recht weltfremd gegenüberstehen muß. Wer die handelspolitishe Entwicklung in dem leßten Jahre außerha!b der Grenzen Deutschlands verfolgt hat und namentlich auf dem Gebiete, das- der erste Herr Vorredner ganz besonders berührte, wird zu der Ueberzeugung kommen müssen, daß diese Frage mit unendlich mehr Vorsicht, mit unendlich mehr Ruhe behandelt werden muß, wie der Herr Redner getan hat, wenn wir eine wirklich deutsh-nationale Politik treiben wollen. (Sehr richtig! links.) So unerfahren, solche Waisenknaben, wie der Herr Vörredner beliebt uns hier darzustellen, sind wir nicht, wir kennen die Dinge besser wie der Herr Vorréedner, und wir handeln nur im Interesse unseres Landes, wenn wir so handeln, wie wir Ihnen hier vorschlagen. (Bravo! links.) Die Lage ist jeßt niht derartig, um mehr zu sagen, und es wäre deshalb ein s{chwerer politischer Fehler von mir, mi jeyt auf alle die Angriffe des ersten Herrn Redners gegen die Regierungspolitik - hier zu äußern; ih ‘lehne das im gegenwärtigen Stadium der Verhandlung . und der Sachlage . mit der größten Be- \timmtheit ab. (Bravo ! links.) ;

Was speziell unser Verhältnis zu Ostindien betrifft in bezug auf. die Einfuhr unseres Zulkers, so bemerke ih, daß mir eben eine N unseres Herrn Botschafters in London vorgelegt wird, die autet:

Die british-ostindishen Zuschlagszölle sind unter dem 2. d. M. für allen Zucker aufgehoben wörden, der in den ander Brüsseler Konvention beteiligten Staaten nah dem 31. August d. J. erzeugt

l:

worden ist und der weder in dem Hafen eines der Konveution nit beigetretenen Staates verschifft, noch durh-ein solches Laud dur. geführt worden ist. E Alle diese Angriffe, die” auch in der Presse“ gegen das Verhalten der deutshen Regierung im Verhältnis „zur Haltung der österreichishen Regierung wegen der ostindischen Zuckerfräge- erhoben wurden, . sind somit hinfällig. Wir haben die: gleichen Einwände wie Oesterreich. erhoben, und Sie sehen, daß diese Einwände den Erfolg gehabt haben, der. in der Depesche dargestellt ift. | JFch kann mi auf -noch eine Bemerkung beschränken, Wenu der erste Herr Vorredner sagte, er stünde hier als Vertreter industrieller Interessen, so kann ich der Industrie nur wünschen, daß sie andere Freunde hat. (Sehr gut! links.) Denn wenn wir diese Politik trieben, die er uns eben empfohlen hat, dann würden wir allerdings sehr bald zum allerschwersten Schaden des gesamten deutschen Erwerbskebens in Zollkonflikte mit der ganzen Welt kommen, (Bravo !. links.) E Daa

Abg. Gothein (fr. Vagg.): In diesem Stadium müssen wir uns Ae eine gewisse Reserve auferlegen. Als- Graf von Kaniß ; mir gestern seinen Antragsentwurf zeigte, erklärté ih ihm glei, dah er für die Regierung unannehmbar fin müsse, da er uns zu Ver«. wicklungen führen würde, und ih danke dem rafen von Kanitz, daß er dies eingeschen und seinen Antrag nicht eingebracht hat. Jch V dal ; mich auf die Erklärung beschränken, daß wir der Verlängerung auf an Jahre durchaus zustimmen, wenn niht Graf von Kaniß noch die

egierung aufgefordert hätte, die Handelsverträge fo bren wie möglich zu kündigen. In den weitesten Kreisen. der Industrie und | der Landwirtschast meint man, daß die Handelsverträge nicht gekündigt werden follen, ehe man nicht andere hat. Was unter annehmbarèù Handelsverträgen zu verstehen ist, werden wir später schen.

Abg. von Kardorff (Rp.): Die Auffassung des Herrn Gothein bedeutet geradezu eine Aufforderung an das Ausland, niemals mit uns Handelsverträge abzuschließen. Daß dies der Partei des Herrn Gothein ia T wäre, glaube i, aber ein großer Teil unseres Landes versteht nicht, daß tie Verträge, und namentlich die Meistbegünstigungsverträge, noch nicht gekündigt sind, was det vorige Reichstag mit Zweidrittelmehrheit empfohlen hat. Man muß doh dieses Votum achten. Ich wollte ursprünglih selbst einen. Antrag einbringen, die Ermächtigung auf ein Jahr zu geben; da aber die erren Herold und Spahn zwei Jahre beantragen, werde ich meinen Antrag als Unterantrag dazu einbringen. Auf die Aeußerungen des ersten Redners gehe ih nicht ein, weil wir die Er- fahrung gemacht haben, in welch unglaubliher Weise Reden aus dem Reichstag in England verdreht werden, um dort Deutschenhaß hervor- zurufen. Keiner würde dem ersten Redner. dankbar sein, wenn es Herrn Chamberlain gelänge, in England den Eindruck hervorzurufen, daë sei die Stimmung Deutschlands, und dagegen müssen wir uns wehren. Solche Reden: führen das Gegenteil dessen herbei, was beab- sichtigt war.

Abg. Bernstein (Sdbz,): Die Rede des Grafen zu Reventlqw fonnte an dieser Sache nit mehr verderben, als {hon verdorben ist. Die sozialdemokratisdhe Partei wird für diese Vorlage stimmen. (Abg. Bebel: Positive Tätigkeit.) Wir hätten heute gar niht gesprochen, wenn nit die Herren von der Nehten wiederum ihrer Gegnerschäft gegen die Verlängerung der Handelsverträge Ausdruck gegeben hätten.

ine Reserve sich aufzuerlegen, ist gar niht nötig, denn alle diese Dinge sind heute jedem ting, und man schadet oder nüßt niemandem, wenn - man die Tatsachen vorführi. Jn den leßten zehn Jahien ist unsere Ausfuhr nach England von 673 auf 965 Millionen Mark gestiegen; es hat éine: (ans regelmäßige Ent- wickelung stattgefunden. England ist tatsählich unser allerbester Kunde auf dem Weltmarkt, und es könnte keine falshere Wirtschaft: politik geben als eine solhe, diè uns mit England in einen oll krieg hineinreißt. 259/ unserer gesamten Ausfuhr gehen nen ne land, und da sollte man doch Vorsicht walten lassen, nilan niht durch chauvinistishe Reden in einer Stimmung zu bestärken, die niht das Werk des Herrn Chamberlain ist, fondern di sih jahrzehntelang dort vorbereitet hat und jeßt allertingl in immer weiteren Kreisen zum Ausdruck zelangt. Canada, u dessen Vorzugstarif geenüber dem Mutterlande ein so großes Gel rei gemacht wird, hat uns gegenüber eine vassive Hankdelsbilanz| au dorthin ist unsere Ausfuhr troß jener Differenzierung gestiegen und zwar von 16 auf 38 Millionen, während es uns nur 9 Millionen Mark liefert. Wenn eine Nation beständig gereizt un in ihren Handelsbeziehungen zu anderen Ländern benachteiligt wird, gewinnt {ließli das Gefühl die Oberhand über den Verstand, und das ift ein Grund, weshalb Chamberlains Agitation in Gngland in teser Zeit auf einen fruchtbaren Boden gefallen ist. Wir hoffen, daß der nüchterne Berstand nicht nur dort wiéder die Oberhand gewinnen und daß man hüben und drüben wieder zu der Veberzeugung fommen wird, daß uns die gate Scugzzöllnecei nur Unheil bringen kann. Wir stimmen deshalb auch gegen alle an- gekündigten Amendements; jeder dieser Anträge würde in England lediglich wie eine Drohung wirken. Während die deutsche Ausfuhr nach England 25 9/9 unserer Ausfuhr ausmacht, beträgt die englische Ausfuhr nah Deutschland nur 8 9/ der englischen Ausfuhr. Dem Grafen zu Reventlow! gegenüber möchte ih mich auf das entschiedenste gegen jede Vertragspolitik wenden, die geeignet ist, Repressalien auf der anderen Seite hervorzurufen. Jch möchte au gegen die Meinung Verwahrung einlegen, daß scine Stellungnahme den Interessen der deutschen Industrie, der \haffenden Arbeit entspricht.

Abg. Graf von Kani: Freundliche Handelsbeziehßungen zu England wünschen auch wir; aber wir bezweifeln, ob Herr Bernstein ihnen einen guten Dienst geleistet hat, indem er auf die außer- ordentlich günstige Handelsbilanz zwishen Deutshland und England hinwies. Dadurch wird unsere Regierung in eine gewisse Zwangs- lage verseßt. Unsere Verhandlungen mit England- werden dadur niht gefördert, sondern erschwert. Die englishe Statistik weist gani andere Ziffern auf, aus denen hervorgeht, daß es ein noch größeres Interesse daran hat, freundschaftliche Beziehungen zu Deutschland fortzuscen, als umgekehrt. Nah den Zahlen, die Herr Bernstein und Herr Bebel angeführx . haben, betrug die deutsche Aktivbilanz

egenüber England im Jahre 1899 744 Millionen. Nach der engli-

üen Statistik hat aber Deutschland ein Minus von 157 Millionen gehabt. Für 1900 betrug danach das Minus 147 Millionen, nur für 1902 ergibt sich nah der englischen Statistik auch in England eine Unterbilanz von 10 Millionen Mark. Sie sehen daraus, wie vor- sihtig man solche statistischen Ziffern aufnehmen muß. Auf die Kolonien gehe ih des weiteren nicht ein, nur das cine möchte ih be- tonen, wie ungünstig wir bei der canadishen Küstenschiffahrt be- handelt werden. Die deutschen Schiffe dürfen sich an dieser Schiff- fahrt nur beteiligen, wenn sie vorher eine Abgabe von 35 9/9 des Wertes bezahlen. Auch die australishe Statistik muß mit der größten Vorsicht aufgenommen werden. Jch will die Debatte nicht verlängern, es kommt ja doch nichts dabei heraus.

Abg. Graf zu Reventlow: Wenn man aus meiner Rede einen Haß gegen England und deutshen Chauvinismus herausgehört hat, so darf. ih versichern, daß ich davon kein Wort gesagt habe. war vielleiht eher ein übertriebenes englisches Zartgefühl im Saale ju hören, und zwar bei Herrn Bernstein, der für England mit einer

mpfindlihkeit aufgetreten ist, die er hoffentlih au für deutsche Interessen betätigen wird. “Es ist mir nicht eingefällen, gegen England zu hegen. Jh habe nur gesagt, daß wir doch wohl die Interessen der deutschen Nation vertreten dürfen, ohne dabei zu fragen, was die Leute im Auslande dazu fr Gesichter machen; ih bin überzeugt, da wir eher dauernde und für uns brauchbare Handelsbeziehungen mi England und anderen Ländern erhalten, wenn diese sehen, daß au wir in M H Ges Nichtung Ernst machen wollen. f

Abg. Bernstein: Ich glaube nicht, daß die Interessen eines Landes unbedingt im Widerspruch mit denen eines andern Landes ¡u

zx aj

bestehen brauchen. : Ich bestreite au, daß die. von mir angeführten:

ahlen. unseren Handelsbeziehungen irgendwie: hinderlich sein könnten; |

ngland: bekannt und in den englischen lugblättern verwertet. fasse die handelspolitische Stellung von and zu Land nicht als Eroberung, als. Raubzug auf, sondern unter dem Gesichtspunkt eines friedlichen Austauschs. ‘der - Nationen. Cin Loe mit England würde für beide Teile“ von.-dem größten

n sein. : i \hließt die erste Lesung.

ur zweiten Beratung liegt ein Antrag der Se. ero d, T. Spahn (Zentr.), Dr. Pa n1dc (E Vgg. b reiherr Heyl zu Herrnsheim (nl.) und Genossen vor, die Verlängerung des Provisoriums auf zwei Jahre zu erstrecken, ferner ein Antrag des Abg. Grafen zu Reventlo w und Genossen, die Verlängerung nur auf ein Jahr, also his Ende 1904 zu erstrecken, und ferner dem Texte des Ent-

wurfs folgenden Zusaß ‘zu eben: / „Diese Ermächtigung bezieht si nit auf diejenigen E Kolonien und auswärtigen Besißungen, in denen die deutschen Reichsangehörigen und Erzeugnisse ungünstiger! behandelt werden als

diejenigen anderer Länder.“ Der Abg. von Kardor Unterantrag gestellt, die

zu erstrecken. j : Abg. Münch-Ferber (nl.): Namens meiner raktion habe ih folgende Erklärung abzugeben: Die Fraktion ist, wie- bei den früheren Anlässen in dieser Frage, auch heute mit der Verlängerung der Vollmacht für die verbündeten Regierungen unter der Voraus- sezung einverstanden, daß ein Termin auf zwei Jahre dem vor- liegenden Antrag gemäß eingefügt wird. Da wir uns mit den Mo- tiven, die dem Entwurf beigegeben sind, einverstanden erklären können, sehen wir von weiteren Darlegungen ab. _ j /

Abg. Herold: Es ist aus denselben Gründen, die der Herr Vor- redner hon angeführt hat, nicht unsere Absicht, auf unsere handels- politischen Verhältnisse heute einzugehen, diese Absicht führen wir auch konsequent dur; deswegen haben wir uns au in der ersken Lesung nicht zum Worte gemeldet. Wir können dies umsomehr, als bei den großen zollpolitishen Debatten im vorigen Jahre unsere Stellung zur Handelspolitik fo einmütig und unzweideutig zum Aus- druck gekommen ist, daß wir heute darauf verzichten können. Was den Antrag des Herrn von Kardorff betrifft, so will dieser den Termin wohl aus fkonstituttonellen Gründen ‘nur auf ein Jahr bemessen. Wir halten es für zweckmäßig, die Frist auf ¿wei Jahre zu erstrecken, und bitten, unserem Antrage zuzustimmen.

Abg. von Kardorff} erklärt, er habe den Antrag aus kon- \titutionellen Gründen gestellt, um dem Reichstage das Recht zu wahren, in jedem Jahre auf die Sache zurückzukommen.

Abg. Richter (fr. Volkép.): Wir werden gegen den Antrag Herold stimmen. Kein Mensch kann wissen, wie sich die Umstände in ¡wei Jahren gestalten. Die Engländer wissen selbst noch nicht, was fle wollen. Dazu kommt, daß unser Oer tag e zu England niht grundlegend ist für unsere künftigen Vertragsverhältnifse. Es handelt sich zunähst um Rußland und um Oesterreich-Ungarn.

war ift der Umfang der internationalen Beziehungen zu England ehr groß; aber für Tariffragen kommen sie erst in Betracht, wenn England zur Schußzollpolitik übergeht.

Unter Ablehnung der Anträge von Neventlow und von Kardorff wird- die Vorlage mit dem Amendement Herold- Spahn fast einstimmig s j

Darauf seßt das Haus die erste Beratung des Rei hs- haushaltsetats für 1904 in Verbindung mit der ersten Lesung des Haushalisetats für die Schußgebiete und des Geseßentwurfs, betreffend Aenderungen imFinanz-

wesen des Reichs, fort.

Preußischer Finanzminister Freiherr von Rheinbaben: Meine Herren! - Nachdem gestern der Herr Schaßhsekretär auf die Ausführungen des Herrn Abg. Richter geantwortet hatte, mußte ih es mir versagen, auch meinerseits das Wort zu nehmen, weil ih fürchtete, daß zwei Finanzleute hintereinander zu viel für das hohe Haus sein würden, zumal es bei der vorgerückten Stunde {on er- müdet war. Ich halte es aber für meine Pflicht, doch auf einige Ausführungen des Herrn Abg. Richter hier auch meinerseits zu antworten. Er hat Bedenken dagegen erhoben, die Zuschußanleihe in der von den verbündeten Regierungen vorgeshlagenen Höhe zu bewilligen, und gemeint, daß noch 20 bis 30 Millionen wenn ih ihm richtig ge- folgt bin mehr auf Matrikularbeiträge geschlagen werden sollten. Jh kann nur dringend bitten, diesem Rate nicht zu folgen. Der Herr Abg. Richter sagte, Preußen könnte das leisten, die Cisenbahneinnahmen zögen wieder an, infolgedessen könne es ein böheres Maß von Matrikularbeiträgen sehr wohl vertragen. Allerdings gehen auch bei uns die Eisenbahneinnahmen wieder in die Höhe infolge der allgemein ansteigenden Konjunktur; aber troßdem macht si hier wie im Reich genau dieselbe Erfahrung geltend, daß die Ausgaben in viel höherem Maße wachsen als die Einnahmen ; und nur mit großer Mühe wird es gelingen, einen balancierenden Etat herzustellen. Jh wüßte nicht, wie es möglich sein sollte, noch über die 15 Millionen Mark Matrikularbeiträge, die Preußen fo wie so {on treffen, etwa weitere 10 bis 15 Millionen Matrifularbeiträge auf den preußishen Staatshaushalt zu übernehmen, dem es \{chledchter- dings an Deckungsmitteln dafür gebriht. Was von Preußen gilt, das gilt in immer steigendem Maße von den mittleren und kleinen Bundesstaaten; und ih halte es für meine Pflicht, hier niht etwa bloß als Anwalt Preußens aufzutreten, sondern als Anwalt der Bundesstaaten überhaupt. Es ist ten Herren bekannt, daß ¿j B. das Königreih Sachsen dazu hat übergehen müssen, seine Einkommensteuer in sehr - s{arfem Maße anzuziehen, daß in Sachsen eine Einkommensteuer erhoben wird mit viel höheren Sägen und stärkerer Progression, als das z. B. in Preußen der Fall ist. Gerade in diesen Tagen ist mir ferner die Etatsrede des badischen Herrn Finanzministers unter die Hände geraten, welche ergibt, daß selbst ein im allgemeinen fo wohlsituiertes Land wie Baden seinen Etat nicht mehr abschließen kann, ohne zu einer Erhöhung der Ein- kommensteuer schreiten zu müssen. Es is von Interesse, die Aus- führungen eines Mannes zu hören, wie die des badishen Herrn Finanz- ministers Dr. Buchenberger, der als Autorität darf ih wohl sagen quf dem Gebiete der Wissenschaft wie der Praxis in allen finan-

ziellen Fragen bekannt ist. Jn seiner Schlußbetrahtung sagt er: Der Ihnen unterbreitete Staatsvoranschlag steht unter dem widrigen Einfluß zweier Tatsachen, die sih gegenseitig in der Wir- kung vershärfen : einmal eines nur mäßigen Anwachsens der Ein- nahmequellen, sodann der bevorstehenden Aufzehrung der in den Vor- jahren angesammelten Uebershüsse. Das Endergebnis der (Ftatauf- stellung konnte demgemäß nur ein unerfreuliches sein und dieses Ecgebnis auch dur vorsichtige und sparsame Gestaltung des ordentlichen Etats und durch Beschränkung der außerordentlihen Ausgaben auf die wichtigsten Forderungen der Einzelressorts nicht nennenswert verbessert werden. Der Fehlbetrag beziffert fich für die nächsten

enn diese Zahlen find auch-in

f hat zum Antrag Herold den erlängerung nur auf ein Jahr

auf Schluß des, Jahres verbleibendèn Restkredite des auferordent- lihen Gtats noch um einige Millionen höher. Als Deckungömittel für diesen Fehlbetrag stehen uns keinerlei Reserven mehr zur Véêr- fügung wie in früheren Jahren: die: nah dem Finanzgeseyentwurf für ' die Bedürfnisse des allgemeinen Staatshaushalts heränzu- ziehenden Zinsen, welche | die Amortisationskasse in den nächsten beiden Jahren erwirtschaften wird; werden eine Abminderung jenes Fehlbetrags nur in Höhe von anderthalb Millionen Mark bewirken. Im Gegensay zu früheren Perioden haben | wir daher niht mit einem mehr ‘oder weniger nominellen, sondérn mit einem wirklichen Fehlbetrag zu rehnen, und dieser mit den Grundsäßen einer soliden Finanzwirtshaft unerträglihe Zustand erheischt daher besondere Maßnahmen, die nah Lage der Sache nur in der Flüssigmachung erhöhter Staatseinnahmen zu finden sind. : Daran \chließt der Herr Finanzminister und mit ihm die badische Regierung den Vorschlag, auch in Baden die Einkommensteuer in er- beblichem Maße zu erhöhen. Ja, meine Herren, je \{chmaler die Basis, desto stärker der Druck, und die in den Mittelstaaten hervor- tretende überaus ungünstige Finanzlage mat sich in viel stärkerem Maße in den Kleinstaaten geltend. Fch brauche das im einzelnen nicht auszuführen; denn die Ver- hältnisse dieser Staaten sind im allgemeinen bekannt; die indirekten Steuern sind ihnen versagt, die direkten find \chon bis zum äußersten angespannt, in einem Maße, das weit über die preußischen Sätze hinausgeht. Werbendes Vermögen, sz. B. die Eisenbahnen, haben sie nicht, oder niht in erheblihem Maße. Diese Kleinstaaten haben die Ersparnisse früherer Jahre aufgezehrt und sie sind in der \{chwersten Bedrängnis, wenn sie jeßt noch mehr Matrikularbeiträge zahlen follten, die zu zahlen fie sich freiwillig erklärt haben.

Der Herr Abg. Richter hatte diesen Kleinstaaten gegenüber zwar die Spendierhosen an; er sagte: den Kleinstaaten wollen wir eine Million Matrikularbeiträge \ch{henken. Ih glaube nicht, daß er das ernst gemeint hat; denn eine Differenzierung der Einzelstaaten in wohlhabende und nichtwohlhabende, in leistungsfähige und leistungsunfähige is wohl nicht möglich. Alle Bundesstaaten sind gewöhnt, Leid und Freud zu teilen, und eine der- artige Deklassierung einzelner Bundesstaaten werden Sie selber nicht wünschen. Ich kann also aus den Verhältnissen der Bundesstaaten, der großen ‘wie der mittleren und erst recht der kleinen, nur dringend bitten, über das Maß der Matrikularbeiträge nicht hinauszugehen, das dex Entwurf des NMeichshaushaltsetats vor- gesehen hat. Ich hoffe, da der Herr Abg. Richter gestern sehr ver- \öhnlid) gestimmt war, daß er {ließli mit sihch noch reden lassen wird und nicht so grausam gegen die Bundesstaaten vorgehen wird, wie er gestern angedeutet hat.

Dann, meine Herren, is der Herr Abg. Richter und das ist vor allem der Grund, weshalb ih heute das Wort genommen habe quf die Miquelschhen Finanzreformenentwürfe zurückzukommen und hat gesagt, Herr von Miquel würde sih noch im Himmel freuen über die Vorlage, die seitens des Herrn Staatsfekretärs von Stengel hier dem hohen Hause vorgelegt ist. Nun, meine Herren, Herr von Miquel würde {ih noch mehr freuen, wenn Herr Richtec jeyt eine sympathishe Stellung zu dieser Vorlage einnehmen würde. (Heiter- keit.) Denn bekanütlih is im Himmel mehr Freude über einen Sünder, der Buße tut, als über 99 Gerehte. (Große Heiterkeit.) Und ih würde es mit großer Freude begrüßen, wenn der Herr Abg. Richter endlich in dieser Beziehung Buße täte. (Heiterkeit.) Meine Herren, ich muß aber doh hervorheben, daß die Miquelschen Reform- entwürfe etwas sehr viel Wertvolleres und viel Organischeres darstellen als die sehr bescheidene Vorlage, die uns hier beschäftigt und die wirk- lich nur einen ersten, ih möchte sfagen, versuchsweisen Schritt nah der Richtung hin bedeutet, die Herr von Miquel eins{lagen wollte. Die erste Geseßesvorlage des Herrn von Miquel sah nämli vor, daß die Ueberweisungssteuern immer um 40 Millionen die Matrikular- beiträge übersteigen sollten, derrt, daß die Bundesstaaten auf einen siheren Betrag von 40 Millionen renen könnten. Als diese Vorlage hier im hohen Hause keine Zustimmung fand, bes \{ränkte man \ih, verließ die Forderung der 40 Millionen und erklärte s{ch damit einverstanden, daß überhaupt nur Matrikularbeiträge und Ueberweisungen \sich decken, daß also die Bundesstaaten eine Sicherung gegen die Ansprüche der Reich3- verwaltung erzielten. Meine Herren, ih stehe auch jeßt noch auf dem Boden, daß diese Vorlage, dieser Gedanke des Herrn von Miquel, eine seiner gesündesten, weittragendsten und durchdachtesten war. Er hat sich unvergängliche Verdienste um die Stabilisierung der preußischen Finanzen erworben, aber gerade dieser Gedanke, endlih eine reinliche Scheidung zwischen den Finanzen des Reichs und Preußens herbei- zuführen, war derjenige, der gleichmäßig für die Bundesstaaten wie für das Gedeihen des Reichs von hödstem Werte war.

Denn ih frage nochmals, meine Herren, wie ist es mögli, mit den Finanzen der einzelnen Bundesstaaten planmäßig vorzugehen, die Rulturaufgaben langerhand vorzubereiten und auszuführen, wenn ganz unübersehbare Anforderungen in dieser Beziehung an die einzelnen Bundesstaaten herantreten. Jch weise nur beispiel2weise darauf hin, daß im Jahre 1889/90 nah dem Etat des Reichs an Ueberweisungen 66 Millionen den Bundesstaaten zufließen sollten, während im Jahre 1893/94 bereits 20 Millionen ungedeckte Matrikularbeiträge von den Bundesstaaten an das Reich zu leisten waren, sodaß innerhalb von 4 Jahren eine Vershlehterung zu Ungunsten der Bundesstaaten um den Betrag von 86 Millionen sich ergab.

Nun kommt aber dazu, daß das Soll weit übertroffen wurde durch das Ist und daß also das rechnungsmäßige Ergebnis diese Differenz zu Ungunsten der e E sehr vershärft; denn tat- sählich- ergaben \sich im Jahre 1889/90 ein Ueberschuß der Ueber- weisungen um 140 Millionen und 1893/94 ungedeckte Matrikular- beiträge von 30 Millionen, sodaß sich im Verlauf dieser 4 Jahre eine Differenz zu Ungunsten der Bundesstaaten von 170 Millionen ergeben hat. Aus der neuesten Zeit lassen Sie mih nur noch einige Daten anführen. Im Jahre 1901 sollten \sich Ueberweisungen und Matrikularbeiträge ausgleihen und bereits im Jahre 1902 traten ungedeckte Matrikularbeiträge von 24 Miklionen hervor. Nun, Sie werden begreifen, / daß das nicht möglich ift, die Finanzen der Bundesstaaten . zu ordnen, mit gleihmäßig auf lange Zeit berechneten Etats zu wirtshaften, wenn dergleichen große, nicht übersehbare und nicht zu erwartende Anforderungen an“ die Finanzen der Bundesstaaten herantreten. Aber, meine Herren und da komme ih/auf den Grundgedanken des Herrn Abg. Richter —,

Bundesstaaten, aber fie "wäre doppelt erwünscht im Interesse der. Sparsamkeit des Reichs selber. Herr Abg. Richter hat und darin stimme ich ihm vollkommen bei den Gedanken der Sparsamkeit vertreten, um die Ausgaben in den Grenzen der Einnahmen zu halten. Will er das aber, so, meine ih, ist die erste Aufgabe, die Stellung des Staatssekretärs des Reichs- \hayamts zu stärken. Herr Richter deutete den Weg an, man solle ihm eine unabhängige Stellung einräumen, ein Weg, der meines Erathtens so, wie die Dinge liegen, unvereinbar is mit unserer ganzen Reichsverfassung, unvereinbar mit der Stellung des Reichskanzlers sowie des Bundesrats und daher als aussichtslos angesehen werden muß. Will man die Stellung des Staatssekretärs des Reichsschazamts stärken, so muß man ihm eine Barriere geben, über die die Anforde- rungen, die an ihn herantreten, nicht hinaus können. Der jeßige Zus stand ist der, daß die Ausgaben vom Reiche bewilligt werden und die Bundesstaaten sie zu deken haben und dieser Zustand widerspricht allen wirtschaftlihen Grundsäßen. Der fundamentalste Grundsaß einer sparsamen Wirtschaft ist doch der, daß, wer die Ausgaben bewilligt, auch für ihre Deckung zu sorgen hat.

Nun sagte der Herr Abg. Richter, das Reichéschaßamt sei nur eine „große Buchhalterei", wenn ih ihn recht verstanden habe. Ih glaube, er tut darin an sich dem Reichsshaßamt bitter unrecht. Denn ist das máótier jedes Finanzministers überhaupt ein dornenyolles, das des Staatssekretärs des Reichsshaßzamts ist mit einem doppelten Kranze von Dornen umgeben. Ich glaube, daß der Herr Staats- sekretär des Reichsshazamts, indem er sih die redlihste Mühe gibt, die Ausgaben einzushränken, daher“ eine etwas bessere Note verdiente, als fie Herr Richter ihm gestern erteilte. Aber wenn der Herr Abg. Richter die Stellung des Neichsschaßsekretärs stärken will, dann gibt es kein besseres Mittel für ihn, als daß der Hérr Schabßsckretär sagen kann: so weit kann ih nur gehen, so weit stehen mix nur Einnahmen zur Verfügung, darüber hinaus fehlt es mir an Dekungsmitteln und deswegen kann ih die Ausgaben nit bewilligen, die an mich herantreten.

Dann hat der Herr Abg. Richter von dem Bundesrat gesprochen und hat gemeint, der Bundesrat sei nur eine „Schuttruppe der Bundesstaaten gegen Matrikularbeiträge". Ih glaube, daß dieser Ausdruck nicht ganz rihtig war jedenfalls nicht ganz höflih —, denn auch der Bundesrat seinerseits gibt fich die redlihste Mühe, die Ausgaben einzuschränken. Aber da begegne ih mich wieder mit dem Eingang der Ausführungen des Herrn Abg. Richter: der Bundesrat ist gar nicht die rihtige Stelle, um in genügendem Maße auf Spar- samkeit hinzuwirken, denn alle Forderungen kommen in einem Moment an ihn heran, wo kaum noch kaum, sage ih die Zeit ift, sie so zu prüfen und fkritish zu beleuchten (hört! hört! links), wie es der Herr“ Staatssekretär des Reichsshayamts tut, und nur jemand, der dauernd in den Geschäften steht, der das ganze Werden der Dinge von Anfang sieht und dauernd eingreifen kann, wie der Herr Staat3- sekretär des Reichsshaßamts, is in der Lage, in dem erwünschten Maße wirklich auf Sparsamkeit hinzuwirken.

Meine Hêërren, hinter diesen Vorlagen des Herrn von Miquel bleibt nun aber die jegige Vorlage weit zurück. Sie sieht eine grund- legende Regelung überhaupt niht vor; aber sie bédeutet einen ersten kleinen Schritt in der Richtung, die auch Herr von Miquel gehen wollte, und der Herr Abg. Dr. Sattler hatte meines Erachtens voll- kommen recht, als er das eben nur als ersten Schritt bezeichnete. Auch in der Presse is ja dieser Vorlage der Name „die kleine Finanz- reform“ gegeben worden, und“ ich möchte bitten, diesem ersten \{hühternen Versu, wenn ih fo sagen soll, auch die Zustimmung des hohen Hauses zu erteilen.

Der § 1 der Vorlage bringt, indem er die clausula Franckenstein auf die Branntweinverbrauhsabgabe beschränkt, in der Tat ein größeres Maß von Uebersichtlichkeit in den ganzen Haushaltsetat und in den Etat der Bundesftaaten. Der Herr Abg. Richter hob selber hervor, daß er sih jedesmal vor dem Beginn der Neichstagsverhandlungen wieder in den ganzen Reichsetat heineinarbeiten müsse. Meine Herren, wenn ein auf dem Gebiete der Finanzen so versierter Mann wie der Herr Abg. Richter das nur mit Schwierigkeiten machen kann, wie sollen fich andere noch durch den Reichsetat durcharbeiten? Aber das ift nit der einzige Grund. Es wird überhaupt eine größere Uebersicht- lihkeit in den finanziellen Beziehungen zwishen dem Reich und deu Bundesstaaten geschaffen. Jeßt müssen die Bundesstaaten bekanntli die Matrikularbeiträge monatlich vorauszahlen und kriegen die Ueber- weisungen nur nach Ablauf ‘eines Vierteljahres erstattet. Ju- folgedessen sind die Bundesftaaten immer mit erheblichen Summen im Vorshusse, berauben \ich der eigenen Be- triebsmittel, und es gibt ein ganz kolossales Rechnungs- werk zwischen dem Reiche und den Bundesstaaten, von dem also nur derjenige einen Begriff hat, der wirkli in diesen Dingen drin ‘ge- standen hat. Es wird doch dieser ganze unübersihtlihe Etat klarer, dieses ganze Hin- und Herschieben, wenn auch nur im Buchwege, zwischen dem Reiche und den Bundesstaaten eingeschränki, wenn die Ueberweisungen nit mehr den Betrag erreichen wie bisher.

Nun ist von dem Herrn Abg. Richter, au von anderen Seiten, namentli in der Presse, hervorgehoben worden, daß eine solche Ein- \{ränkung der clausula Frandenstein auf die Branntweinverbrauhs- abgabe eine wesentlihe Einshränkung des Einnahmebewilligungsrehts des Reichstags darstelle. Meine Herren, ih vermag diesen Einwand wirklich nit als zutreffend zu erahten und meine, daß das Einnahme- bewilligungsre(t des Reichstags auch in völlig au8greichender Höhe bestehen bleibt, wenn es sich um ein Einnahmebewilligungsrecht niht mehr von 500 Millionen, sondern von etwa 109 Millionen das ist das durch\schnittlihe Aufkommen aus der Branntweinverbrauhsabgabe handelt. Denn das Einnahmebewilligungsrecht des Reichstags kann doch nur die Bedeutung haben, dem Reiche niht mehr Einnahmen zu bewilligen, als das Reich erforderlich hat, um die Ausgaben zu deden, denen der Reichstag zugestimmt hat. In diesen Grenzen ‘aber wird ein Einnahmebewilligungsrecht von 109 Millionen Mark jährlich vollkommen hinreichen, um den Wünschen und Beschlüssen dieses hohen Hauses den nötigen Nachdruck zu geben (sehr richtig! recht8); denn die Differenzen zwischen dem Reichstage und den verbündeten Regierungen haben noch nie wenigstens soweit ih übersehen kann Summen vön einer solchen Höhe erreiht. Die ganzen Abstriche, die der Reichstag beispielsweise für 1903 an dem Etat bewirkt hat, betrugen 25 Millionen, für 1902 zu 94 Millionen, 1901 3 Millionen, 1900 3 Millionen, 1899 auch 3 Millionen. Also diese Objekte waren die Differenzpunkte, wenn ih

beiden Jahre auf rund 11 Millionen Mark und einschließlich der

daß gewiß eine \olhe Regelung erwünsht wäre im Interesse der

so fagen darf, zwischen dem Reichstage und den verbündeten Re-