1903 / 293 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 14 Dec 1903 18:00:01 GMT) scan diff

gierungen, und wenn daher dem hohen Reichstage die Möglihkeit bleibt, Einnahmen in Höhe von 109 Millionen zu bewilligen oder nicht zu bewilligen, so, meine ih, ist sein Ginnahmebewilligungsreht und das Sclhwergewicht seiner Entscheidung, worauf er mit Recht Wert legt, volllommen gewahrt.

- Einige wenige Worte zu § 2. Ju dieser Beziehung hat der Herr Abá. Nichter ja au die wenigsten Bedenken erhoben, insofern als vorgesehen ist, daß die Uebershüsse früherer Jahre nicht mehr in den Etát des übernächst folgenden Jahres eingestellt werden sollen. Ich halte dies vom Standpunkt des Reichs für eine wesentlihe Ver- besserung; denn die Einstellung der Ueberschüsse früherer Jahre in einen übernächstfolgenden Reichsetat gab ein falsches Bild von der Finanzlage, stellte die Finanzlage besser dar als fie wirklich war, und: veranlaßte zu Ausgaben, denen es dann, wenn folche Uebershüsse fehlten, an den nötigen Deckungsmitteln gebra. Wir haben in Preußen auch den Grundsatz, daß jedes Wirtschaftsjahr für ih ab- ges{chlossen ist, daß etwaige Uebershüsse zur Staats\huldentilgung be- zieheutlih jeßt zur Auffüllung des Reservefonds dienen und etwa fehlende Beträge aus Anleihemitteln zu decken sind. Auch wir kennen in Preußen eine solche Uebertragung aus einem Jahr in das andere Sahr nicht. i

Meine Herren, das Hauptbedenken richtet sih ja wohl gegen den 8 3. Es war von dem Herrn Abg. Schaedler hervorgehoben worden, daß dieser § 3 den Wünschen und Interessen der Bundesstaaten allzu sehr Rechnung trüge? gegenüber den Interessen des Reichs. Meine Herren, wenn es nach den Wünschen der Bundesstaaten ginge, so würden wir eine viel weitergehende Sicherung gegen die Ansprüche des Reichs erbitten müssen, als diese Vorlage, die eigentlich nur eine Direktive gewährt, indem sie von „in der Regel“ spricht, uns in der Tat bietet.

Es foll jeßt in § 2 vorgesehen werden, daß etwaige Ueber-

{chüsse, die in dem einzelnen Jahr erzielt werden, auf die Matrikular-

beiträge zurüdckerstattet werden; aber diese ganze Regelung bezieht sich nur ‘auf das eine Jahr. Sind beispielsweise in einem Jahr 50 Millionen Matrikularbeiträge gezahlt worden, und in der eigenen Wirtschaft des Reichs ergeben \sich 20 Millionen Uebershüsse, so werden allerdings die 20 Millionen den Bundesstaaten zurückerstattet, aber die Bundesstaaten bleiben mit 30 Millionen im Vorshuß und würden fie auch dann nit zurückbekommen, wenn im folgenden Jahre Ueberschüsse erzielt werden. Man könnte den Gedanken hegen, eine solhe Vergütung 0x E allgemein anzuordnen, sodaß die Bundesstaaten dieMatrikularbeiträge,

e sie vorgeshossen haben, in späteren Jahren erstattet erhalten. Man könnte aber auch den anderen Weg gehen und das war der Gedanke des Herrn von Miquel —, niht pro praeterito, sondern pro futuro die Bundesstaaten gegen die Ansprüche des Reichs zu fichern und also eine solhe Bestimmung hineinzunehmen, wie Herr von Miquel sie vorgeshlagen hat. Meine Herren, wir haben auf das Eine wie auf das Andere verzihtet, weil wir der Ueberzeugung sein mußten, daß nach der wiederholten Stellungnahme dieses hohen Hauses auf eine Annahme einer der- artigen Vorlage im Neichstag nicht zu rechnen war. Wir haben uns wirkli mit einer sehr bescheidenen Gabe begnügt, und ih bitte, uns doch wenigstens diese Gabe niht vorzuenthalten. Denn, meine Herren, Sie wollen berücksihtigen das ist auch vom Herrn Abg. Schaedler angedeutet worden —, daß doch anderseits die Bundes- staaten, indem fie einer wesentliden Einschränkung der clausula Frandckenstein zustimmen, ein ihnen bisher zustehendes, sehr wesentlihes Recht aufgeben. Die clausula Frandckenstein hat ja sehr verschieden gewirkt. Während des Bestehens der Franckensteinshen Klausel haben betragen die Ueberweisungen über die Matrikularbeiträge 544 Millionen, das- gegen sind an ungedeckten Matrikularbeiträgen 197 Millionen gezahlt worden, sodaß die Bundesftaaten infolge der clausula Francken- stein mehr erhalten haben rund 347 Millionen, wie das au der Herr Abg. Schaedler, wenn ich nit irre, hervorgehoben hat. Dagegen haben die Bundesftaaten tor dem Bestehen der Franckensteinshen Klausel* an das Reich gezahlt rund 550 Millionen, und da sie seit 1870 jene Beträge von 347 Millionen zurückbekommen haben, tatsählich an das Reih 200 Millionen mehr bezahlt, als sie vom Reiche bekommen haben, also ein Plus von Leistungen der Bundesstaaten an das Reich bis zur clausula Francken- stein und nach der clausula Frandenstein ein erheblihes Plus von Leistungen des Reiches an die Bundesstaaten, ein erheblihes Ueber- wiegen der Ueberweisungen gegen die Matrikularbeiträge.

Auf dieses Recht verzichten im wesentlichen Teile jeßt die Bundes- ftaaten, da namentlich aus den Zöllen |eigende Erträge zu erwarten wären, die jeßt den Bundesstaaten niht mehr zufließen. Bei dieser Situation und bei diesem Verzicht auf wesentlihe Ansprüche der Bundesftaaten, die in den Landtagen der Einzelstaaten do \{chließlich sehr hoh ges{chäßt wurden, glaube ih, meine Herren, ist unsere Bitte gerechtfertigt, diese bescheidene Finanzreform Jhre Zustimmung finden zu lassen.

Meine Herren, ih kann mit wenigen Worten \{ließen. Wenn der Reichstag berufen und sicheren Willens is, mit uns die Reichs- institutionen zu pflegen, das Reichsrecht und die Reichsgedanken, so meine ih, sollte er auf den Boden diefer Vorlage treten. Denn sie bewezt sich in dem Grundgedanken der Reichsverfassung, bringt das zum Ausdruck, was Artikel 70 der Reicßsverfassung vorsieht, und ist geeignet, Mißstände, ih will niht sagen, zu beseitigen, aber doch zu mildern, die gleichmäßig die Bundesstaaten treffen, wie das Reich selber davon betroffen wird. Meine Herren, alle Bundesstaaten, die großen, die mittleren und die kleinen, sie leisten willig für das Ge- deihen des Neichs innerhalb des Maßes ihrer Kräfte, aber die An- forderungen, die jeßt an die Bundesstaaten, namentlich an die kleinen und Tleinsten gestellten werden, überschreiten weit das ‘Maß ihrer Kräfte. Man muß in die Etats der kleinen Staaten geblickt haben, mit den Finanz- ministern, wie ih oft, darüber gesprochen haben, um zu sehen, in welcher geradezu! drückenden Notlage sich die kleinen Staaten befinden. Ihre Re- serven sind aufgebraucht, wie Sie selbst bei einem Staat wie Baden sehen; neue Einnahmequellen stehen ihnen nicht zur Verfügung, sie müssen die dringendsten Kulturaufgaben zurückstellen, sie müssen Schulden machen, um nur die täglichen Anforderungen des Reiches zu be- friedigen. Es ist ein Zustand von der größten politischen Bedeutung für die Bundesstaaten, vor allem aber für das Gedeihen des Reiches selber. Denn ich frage, wie soll die Freude am Reiche blühen, wie soli die freudige Mitarbeit am Reiche erstarken, wenn die Bundes- ftaaten in dieser Weise ihre eigene wirtshaftlihe Zukunft gefährden. Und deshalb bitte ih Sie, stimmen Sie diesem ersten und bescheidenen Reformversuh, den die verbündeten Regierungen Ihnen vorzulegen

ih gestattet haben, au Jhrerseits zu. Jch glaube, Sie werden da- mit nit nur den Bundesstaaten, sondern vor allem der Reichsidee selber einen sehr wertvollen Dienst leisten. (Beifall. )!

_ Abg. von Skarzynski (Pole, {wer Peranb ns wendet #ch |

vom Standpunkt seiner Parteifreunde namentlih gegen die Ostmarken- Pagen, on einer großpolnishen Gefahr könne absolut keine Rede ein. Die Existenz des Deutschtums.

nas einer anderen Nationalität. p: die Polen ihre S le und Sitten aufrecht erhalten wollen, erheische nicht so fruchtlose Experimente und drakonishe Maßregeln, wie fie in den leßten Jahren igen die Polen in Preußen angewendet worden seien. Man müsse j da fragen, ob seine Landsleute noch als gleihberechtigte Bürger etrahtet würden. Die Polen seien ja E Jahren Vivisektions- objekt; wie fie aber dank ihrer Zähigkeit diese Con überwunden hätten, so würden sie auh den Polenkoller überstehen, von dem sehr deutlihe Symptome vorhanden seien. Redner wendet sich_ dann gegen die Ausführungen des Abg. Dr. Sattler und s{hließt: Solange wir unsere Schuldigkeit tun als preußishe Untertanen und deutsche Reichs- angehörige, fo lange hat niemand das Recht, uns als Reichsfeinde zu erklären. Dagegen haben wir das Necht zu verlangen, daß unsere Nationalität geachtet wird und wir als gleihberehtigte Bürger anerkannt und behandelt werden. Solange dies nicht der Fall ist, und daß es nicht der Fall ist, brauen wir nicht zu erweisen, sind wir in der Opposition und müssen uns darauf beschränken, nur da überall ein- praen wo unsere so sehr bedrohten - polnischen Interessen mit- pielen.

Abg. Schrader (Fr. Vgg.): Ueber die Polenfrage werden wir uns besser bei der zweiten Gua des Etaws unterhalten können. Ich will mich hier nur beschränken, zu sagen, daß meine Freunde nicht geneigt sind, Ostmarken- zulagen zu bewilligen. Der Etat selbst is \{lecht und kann nicht verbessert werden. Er gibt auch deshalb noch kein ab- geshlossenes Bild, weil noch die Ausgaben für das Pensionsgeseß und für die Servisregelung hinzugerechnet werden müssen. Auf die Einzelheiten einzugehen, erübrigt sh für mich dana. Gegen die Subvention des Invalidenfonds haben wir nichts einzuwenden, au nihts gegen die Besserstellung der Unteroffiziere; aber die Gewäh- rung der außerordentli hohen Zulage an die Oberstleutnants halten wir aus jeßt nicht für angemessen. Die Kritik des Abg. Bebel an der Beschaffung des Artilleriematerials \{ch:int uns dur den Kriegsminister genügend zurückgewiesen zu sein. Die Technik spielt heute in unseren militärishen Angelegenheiten eine äußerst unbequeme Rolle ; jedes Jahr werden neue Erfindungen gemacht, jede Armee drängt sih danach, diese Erfindungen auszunuten, und jede suht natürlich, das Beste zu erlangen. Das hat uns shon ungezählte Millionen gekostet und ist doch nicht zu ändern. Anderseits gehen die anderen Länder niht mehr mit Erhöhungen des Friedenspräsenzstandes vor; Frankreich kann fogar die nah dem Geseße notwendige Nekrutenzahl nicht ein- mal mehr zusammenbringen. Die Einnahmen des Reiches sind im Niedergang begriffen. Cine Besserung der Branntweinsteuer werden wir s{werlich erreihen können angesichts der Zusammensetzung des Reichêtages; ob bei einer Börsensteueränderung etwas berauskommt, steht dahin, und was einmal durch die irrationelle Erhöhung der Steuer an Schaden angerichtet is, wird ih. sofort überhaupt nicht wieter gutmachen lassen. Der Niedergang der Einnahmen liegt an der wirtshaftlihen Depression, denn auch das Reich ist ein großes industrielles Geschäft. Unter der Depression leiden vor allem auch die indirekten Steuern. Zur Besserung gehört als Vorbedingung die Beseitigung des Zwveifels über die zukünftige Gestaltung unserer Handelsbeziehungen zum Auslande. Wann wir die neuen Handelsverträge bekommen werden, kann ja niemand wissen, wahr- \heinlich aber ist es nicht, daß wir sie vor 1905 bekommen, und die gegenwärtige Ungewißheit wird also jedenfalls noch ein Jahr, vielleiht sogar zwei Jahre weiter fortbestehen. Diese Unsicherheit zerstört aber bestehende Beziehungen und erschwert die Anknüpfung neuer, sodaß wir auch in den nächsten Jahren mit ähn- lihen Etats werden rechnen müssen wie mit dem jeßigen, zumal die Ausgaben für Heer und Marine Erhöhungen eubren werden. Im Reiche gibt es kein Ministerium, sondern nur einen Bundes- rat, der .allein das roi ate: Wort bei der Gestaltung und Vorlegung des Etats hat; Reichskanzler und Schaßsekretär haben darauf keinen entscheidenden Einfluß. Eine Aenderung dieses Zustandes, der den Bundesrat aus seiner jeßigen Stellung des „Mädchens für alles“ befreien würde, cheint mir hiernach auch im Interesse des Bundesrats selbst erwünscht. Die „kleine Finanzreform“ des Freiherrn von Stengel will die Matrikularbeiträge auf eine ganz geringe Summe beschränkt wissen ; sie will sie dem fünfjährigen Durch- \hnitte der Ueberweisungen gleichgestellt haben, allerdings „in der Regel“. Eine solche Ausdrucksweise gehört in kein Geseß; ein Gesetz muß klar sein und Zweifel auss{ließen. Der Geseßeatwurf bes seitigt also faktisch die Matrikularbeiträge und damit einen werivollen Teil des Einnahmebewilligungsrehts des Reichstages. Die Franckensteinsche Klausel konnte zeitweise für die ver- bündeten Regierungen sehr unbequem werden, und ich hätte ver- standen, wenn sie die einfache Beseitigung vorgeschlagen hätten. Aber diese Unbequemlichkeit kann nicht ausreichend sein für den Reichstag, ein fo wertvolles politishes und finanzielles Recht auf- zugeben. Fallen die Matrikularbeiträge weg, so haben die Einzel- staaten nit einen Pfennig weniger zu zahlen; reihen die Einnahmen des Reiches nicht aus, so müssen ja doch die Angehörigen der Einzel- staaten für die Differenz aufkommen, sei es dur indirekte Steuern oder sonstwie. Wir können also ohne Schaden bei dem bisherigen Ver- fahren bleiben, und dazu kommt, daß, solange nicht direkte Reichs- steuern eingeführt sind, die Bundesstaaten möglichst mit darauf sehen, daß der Reichsetat nicht die Ausgaben zu stark emporschnellen läßt. Ein starkes Heer und eine slarke Marine haben wir nötig; unser Offizier- und Unteroffizierkorps entspricht in ganzen den zu stellenden Anforderungen. Der Kriegsminister hat gestern anerkennen müssen, daß allerdings in der leßten Zeit Dinge in der Armee vorgekommen sind, die er aufs härfste mißbilligen müßte. Er hat das mit dankenswerter Offen- beit und Entschiedenheit getan. Die Tradition, daß unser Heer ein Volksheer sei, is noch bis in die 1860er Jahre durhweg aufrecht er- halten worden, aber seitdem haben sich doch namentlich in der öffent- lihen Stellung des Offizierkorps zu den übrigen Gesellschaftsklassen Wandlungen vollzogen, die zu großen Bedenken Anlaß geben. Die Ab- geschlofenheit des Offizierkorps dur die Kasinos ist immer aus- (pro geworden ; diese Abgeschlossenheit hat auch ihrerseits den

urus gefördert. Was uns bezüglih unseres Offizierkorps die größten Bedenken erregt, das ist die vorzeitige E Bc Gs existieren die Majorsecke und die Oberstenecke. Es ist das Prinzip, die Armee mög- lid; jung zu erhalten, d. h. die Oberstenstellen nicht mit älteren Leuten, die vielleiht dem Felddienst niht mehr gewacsen sind, zu beseßen. Es fragt sich, ob es denn notwendig ist, einen Offizier, der sonst voll- ständig diensttüchtig ist, deshalb aus dem Heere zu entfernen, weil er nicht imstande i, eine höhere Stelle zu erreihen. Es ist eine ernste Frage, wte weit man in der Richtung gehen kann, ob man mit der bisherigen Strenge weiter vorgehen kann oder ob \ich nit ein Mittelweg finden läßt; denn wenn einmal das Prinzip besteht, daß in jedem Jahre eine Anzahl Offiziere aus dem Heere entfernt werden müssen, fo ist niht immer Sicherheit dafür vorhanden, tg mit der nôtigen Unparteilichkeit. vorgegangen wird. Natürli werden die Offiziere, wenn fie an die Majors- oder Oberstenecke kommen, nervös, und fie werden dann auch leichter darüber inwegsehen, wenn die Pilero/ ere ch zu allzu großer Strenge gegen die Mannschaften hinreißen lassen. Es wird gefordert, daß die Zen fle g ausgebildet werden sollen. Bei der Vor- stellung sollen die Soldaten einen gleichmäßigen Eindruck machen. Dies Ziel ist niht von allen leiht zu erreihen. Manche haben nicht die geistigen und körperlichen Fähigkeiten, und das sind dann meist die, bei denen Mißhandlungen vorkommen. Es muß erwogen werden, ob es denn wirklich notwendig ist, einen Mann, der offenbar nicht befähigt genug ift, mit aller ewalt für den Fel enst auszubilden, ob sih.niht eine andere militärische Verwendung für ihn finden läßt. Der ganze Reichstag wird der Meinung Min, daß alles ge-

darauf

bedinge doch nicht die Ver-.

Mae die Majorität im Reichstage zu haben sein.

nd, dadurh zu beseitigen, daß man das nôötige Aus- ildungsbersonal vermehrt. Es ist das Wort gefallen, die zwei- jährige Dienstzeit sei {huld daran, daß Mißhandlungen vorkämen. enn in der Tat die Ausbildung in den zwei Jahren solche Schwierigkeiten bereitet, so wäre dies meines Erachtens Feranlaflung für die Ml mrperiarfang gewesen, uns diefe Schwierigkeiten alen, Notwendig is aber auch, daß eine - bessere Kon- trolle seitens der Vorgeseßten stattfindet. Solche systematischen Mißhandlungen hätten nie vorkommen können, wenn die höheren Dffgiere genau darauf geachtet hätten. Es fragt sich, ob es nicht zweckmäßig ist, diejenigen Offiziere, die aus der Kadettenanstalt hervorgehen, die gewöhnlihé Ausbildung der Mannschaften durch- maden zu lassen. Auf dem Gebiete der Sozialpolitik sind dieselben Anträge wiedergekehrt, die immer wiederkommen. Ich will hier nur daran erinnern, daß wir jede Gelegenheit benugt haben, um zu zeigen, daß wir für alle sozialen Reformfragen zu haben sind. aßregeln für die soziale Wohlfahrt wird stets eine Worauf wir aber einen rößeren Wert * legen als auf die Vorlagen für die Förderung der ohlfahrtspflege, das ist die Erteilung der Rechtsfähigkeit an die Berufsvereine, die Ausbildung der Koalitionsfreiheit, die Arbeits- kammern und das Vereins- und Versammlungsreht. Die Frage der Berufsvereine ist jeßt ‘beinahe zwanzig Jahre alt, sie ist bald von dieser, bald von jener Seite aufgenommen worden, immer mit demselben Mißerfolg. Hoffentlich wird diese Legislaturperiode nicht vor- übergehen, ohne daß endli einmal PIeNe NTIus von der Negierung in einer für die arbeitenden Klassen günstigen Weise endgültig geregelt wird. Was das Verhältnis zur Sozialdemokratie betrifft, so haben die Reden hier über die Unausführbarkeit des sozialistischen Programms das Problem nit gelöst und auf die Sozialdemokratie außerhalb des Hauses keinen Eindruck gemaht. Die große Menge kümmert sih um das Programm überhaupt nicht. Daß die Sozialdemokratie ihre Erfolge erreiht hat, dankt sie Jhrer (rechts) Politik und unserer Politik. Mit den hohen Getreidezöllen, den hohen indirekten Steuern, den hohen Militärlasten, der Benachteiligung in bezug auf Vereins- und Versammlungsrecht, der Beschränkung des Koalitionsrehts, der Verweigerung der NRechtsfähigkeit der Berufsvereine haben die Sozialdemokraten ihre Wahlen gemacht. Herr von A er- innert an die Nevolution von 48, aber heute steht doch unser Reich so fest da, daß es einem Aasturm, wie er etwa von den Sojial- demokraten ausgehen könnte, nicht erliegen würde. Auch denken die Sozialdemokraten gar niht an die Möglichkeit einer Revo- lution. Die Machtmittel des heutigen Staats sind so groß, daß kein vernünftiger Mensch daran denken kann. Troßdem aüen wir unsere Stellung zur Sozialdemokratie erwägen. Herr von Kardorff denkt an ihre Bekämpfung, wenn niht dur Ausnahmegeseße, so do durch Wahlrechtsbestimmungen. Wir haben durch das Sozialistengeseß und Bedrohung mit anderen Geseßen gegen die Sozialdemokratie, oder richtiger gen die Arbeiterklasse gekämpft und damit nur Erbitterung erzeugt. ollen Sie mit den Sozialdemokraten aufräumen, müssen Sie die gerechten Forderungen der Arbeiter erfüllen und ihnen volle Gleichberehtigung auch in politisher Beziehung geben. Die Be- strebungen der Arbeiter zu fördern und in ruhige Bahnen zu leiten, ist eine Aufgabe allerersten Ranges, vor allen Dingen für die, die liberal denken. Nah dem Vorgang anderer Länder werden hoffentlich auch die anderen Parteien einsehen, daß wir den Frieden wiederher- stellen müssen, der {hon zu lange gestört ist. In England sißt der Arbeiter scwohl in der konservativen wie in der liberalen Partei, seine Interessen werden von beiden Seiten vertreten. Wenn auch die anderen Parteien für die Interessen der Arbeiter eintreten, kann die Sozialdemokratie sich niht mehr als deren alleinige Vertreterin bezeichnen. Ob die Sozialdemokratie ihre Ziele dann aufgibt, weiß ih nit, aber den Frieden müssen wir wiederherstellen. Kein großes Reich kann bestehen, wenn so große Differenzen bei jeder Gelegenheit zum Ausbruch kommen.

Abg: Payer (d. Volksp.): Auf die Polenfrage gehe ih nit cin, aber wir werden für das Kampfmittel der Ostmarkenzulagen niht zu haben sein. Jch habe mich auch diesmal wieder gewundert über die Kaltblütigkeit und Ruhe, mit denen man in Berlin das beträchtliche Defizit des Etats aufnimmt. In den Einzelstaaten, die nah strengeren Finanzgrurdsäten verfahren, herrsht immer Heulen und Zähneklappern im Ministerium und in den Parlamenten, wenn ein Defizit durch laufende Mittel zu decken ist. Auch der bedenkliche Kurs\tand der Staatspapiere und die Schwierigkeit der Unter- bringung der Anleihe sind Warnungszeichen. Dem gegen- über hilft auch die Aenderung des Finanzwesens des Reichs, wie die Vorlage so \{höôn heißt, durchaus niht. Ich erkenne vollständig an, de die Vorlage für die Seelenruhe der Finanz- minister der Einzelstaaten von der allergrößten Bedeutung ist, und ih habe ein Herz für die beweglihen Worte, die der preußishe Finanz- minister heute an uns gerichtet hat, als er uns dringend bat, doch die fleine, bescheidene, harmlose Vorlage in die Wege zu leiten. Aber dies ist gar keine bescheidene Vorlage, im Gegenteil wird es unsere Aufgabe sein, die Einzelstaaten gegen die begreifliche, aber uns nicht passende Politik der Finanzminister selbst zu verteidigen. Dies ist auch erforderlich im Interesse der verfassungsrechtlichen Stellung der Einzelstaaten und des Reichstags im Einnahmebewilligungs- recht. Wir hören das Selbstlob der verbündeten Negierungen in bezug auf die sparsamste Bemessung der Ausgaben. Damit steht aber im Wide: spruch, was sie an einer höheren Besoldung der Offiziere und Mannschaften, an Zinsgarantie für die ostafrikanishe Bahn von uns fordern und noch mehr in dem, was sie für das nächste Jahr in der Erhöhung der Friedenspräsenzstärke in Aussicht stellen, und ich fürhte, daß der Reichstag, wie früher, zu vornehm, zu generös diesen Zumutungen gegenüber sih verhalten wird. Ich kann mich auf das Zeugnis der neu eingetretenen Herren berufen, denen Sparsam- keit von ihren Wählern besonders ans Herz gelegt worden ist. Um so bedenklicher ist es, daß uns jeyt eine Ausschaltung der ver- fassungsmäßigen Tätigkeit des Bundesrats zugemutet wird. - Nun hat uns heute der preußishe Finanzminister in dieser Beziehung eine sehr große Enttäus&ung gebracht, indem er sagte: Verlassen Ste sih nur niht zu sehr auf den Bundesrat; wenn erst die Finanzforderungen an ihn gebracht werden, dann hat er nicht mehr Zeit, er nimmt an, was ihm vorgeschlagen wird. Danach also is der Bundesrat der fie Mann, der alles annimmt, weil er keine Zeit hat. Der Finanzminister hat da aus der Schule geplaudert, und unsere Aufgabe wäre es, dem Bundesrat, das heißt den verbündeten Regierungen, nun erst den Rücken zu stärken, daß sie sih nicht in dieser Weise behandeln lassen, daß sie die Vorlagen richtig prüfen und auf Sparsamkeit sehen. Die ver- bündeten Regierungen p selbst \schuld, - daß sie sih nicht ihren ver- fafsungsmäßigen Einfluß auf die Gestaltung des RNeichsetats gesichert haben. Erst seit ein paar Jahren ist es anders geworden, seit fie sih der Gefahr ausgeseßt sehen, mehr herangezogen zu werden, und es ist vielleicht kein Geheimnis, daß wenigstens in den leßten Jahren die Finanzminister der einzelnen Bundeêregierungen sich vielfach Mühe im Neichstag gegeben haben, die Vorlagen in der Richtung der Sparsamkeit zu verbessern. Wir haben keinen Grund, sie in dieser Tätigkeit zu stören. Die einzelnen Bundesregierungen sollten viel- mehr mit aller Energie der Verzweiflung ihre Interessen wahrzunehmen suchen. Nun gebe ich zu, daß auch jeßt hon die Einwirkung der Einzelstaaten ausgeschaltet werden kann, wo man dazu übergeht, ordentlihe Ausgaben auf dem Wege der Anleihen zu decken; aber das ist kein Grund, ihre Tätigkeit für die Zukunft vollständig auszu- E Wenn nach dem von den Konservativen in Aussicht ge- tellten Antrage ein Teil des Defizits durch Erhöhung der Matrikular- beiträge gedeckt werden sollte, so ist es umsomehr die Aufgabe der Einzelstaaten, ihrerseits auf Sparsamkeit hinzuwirken. Jm übrigen wird diese Finanzreform weiter nihts sein, als die Einleitung zu einer sehr wesentlihen Grhöhung der indirekten Abgaben im Reich.

fd muß, um solche Mißhandlungen, wie fie vorgekommen

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

eh idi und den ; nicht das E Volk, sondern nur ein n

zum Deutschen Reihsanzeiger und Königlih Preußishen Staatsanzeiger.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Damit würde das Einnahmebewilligungsreht des Reichstags zu einer leeren Pirase herabsinken. Mit der Neichsfinanzreform allein kann man nicht bezahlen. Nein, haben wir erst den ersten Schritt getan, so kommt der zweite mit Naturnotwendigkeit, und deshalb lehnen wir den ersten ab. Die Nückkehr zu dem verfassungsmäßigen Grundsaß der jährlichen Feststellung der Friedenspräsenzstärke wird von jedem Freunde dieses Grundsaßes mit Freude begrüßt worden sein. Es fragt si nur, ob nur auf ein einziges Jahr die Festhaltung an diesem Grundsaße ge- lánt ist, oder ob wir dann zu einem anderen Prinzip übergehen werden. Die Frage hängt wesentlih mit der Frage der Reichsfinanzreform zu- sammen. Wenn sie: eine Vermehrung der indirekten Abg-ven zur Folge hat, dann steht uns mit Sicherheit im nähsten Jahre wieder eine Militärvorlage bevor. Jch - glaube nicht, daß die Verzögerung dieser Vorlage nur in persönlichen Verhältnissen zu suchen sei, wie es der Kriegsminister hinstellte. Durhschlagend is nah meiner Ueberzeugung, daß niemand sich der Schwierigkeit ent- ziehen kann, die darin liegt, daß man eine Heeresvermehrung einer Volksvertretung aas in dem Augenblick, da man nicht einmal die Kosten des vorhandenen Heeres anders als durch Anleihe auf- zubringen vermag. Durch die Oeffentlichkeit des Militärgerichts- verfahrens sind einige Erscheinungen - in die Oeffentlichkeit getreten, diè früher mehr im Dunkel zurückgehalten wurden. Es geht doch ein Gefühl des Entseßens durch das ganze Volk, wenn wieder Fälle bekannt werden, bei denen die ungeheure Verschiedenheit in der Bestrafung von Offizieren und Soldaten hervortritt. Jh gehe auf die Soldatenmißhandlungen niht näher ein und möchte nur einer Auffassung des Kriegsministers entgegentreten. Jh glaube doch nicht, daß ein harmloser Schlag oder Stoß nicht als Mißhandlung zu be- zeichnen sei. Jedermann empfindet auch einen Schlag oder Stoß seitens eines Dritten sehr empfindlih, und im bürgerlichen Leben ist man sonst niht der Meinung, daß Leuten im Alter unserer Söhne, die bei der Armee stehen, E es die richtige Taktik sei, pädagogisch zu einem folchen Mittel zu greifen. Man sollte hier nit gewissermaßen von oben herab solche Dinge noh erleichtern, sondern sie im Gegenteil als unrecht und tadelnswert bezeichnen. Der Kanzler verlangte, man solle nicht füt die Aus! Kroitung eines einzelnen einen ganzen Stand verantwortlih machen. Gewiß; aber au derjenige macht sich s{chuldig, der einer langen Reihe gleichartiger Erscheinungen gegenüber ns nicht die Mühe nimmt, nah der Ursache zu Ge Die Krankheit des Jahrhunderts, die Nervosität, hat in der Armee im Offizierstande ganz besonders um sih gegriffen, das bestätigen uns zahlreihe Kenner der Verhältnisse und diese sagen, daß diese Nervosität noch begünstigt wird dur

die gesteigerten Anforderungen, die an ihre Leistungen gestellt werden, und daß die Besorgnis, aus ihrer Stellung beseitigt zu werden, oft indirekt die Vermehrung der Zahl“ der Mißhandlungen ver- anlasse. Auch bei der Aushebung müßte sorgfältiger verfahren werden. Es werden jeyt Leute ausgehoben, die besser niht ausgehoben würden, weil fie wegen körperlicher oder geistiger Schwäche fich niht für die Leistungen eignen, die von dem Soldaten gefordert werden, und die dann die Opfer derjenigen werden, die sie militärish zu erziehen haben. Die unerfreulihen Erscheinungen, die im Offiziersleben gewisser Garnisonen hervorgetreten sind, find zum großen Teil au den in den Offizierskreisen der Armee eingerissenen Luxus zurück- zuführen. Man klagt auch mit Reht über die Rücsihtslosigkeit, mit der gegen die Gesundheit und das Leben der Soldaten bei den Vebungen im Frieden vorgegangen wird. "Ob es wirkli notwendig ist, im Frieden übertriebene Anspannung des einzelnen und dadurch eine Schädigung zahlreiher Mann- schaften herbeizuführen, is doch sehr zweifelhaft. Es wäre allmählich an der Zeit, an die Frage der Herabseßung auf zwei Jahre auch bei den berittenen Waffen heranzutreten; es ist kein Naturgeseßz, daß diese drei Jahre bei der Fahne stehen müssen. Die Militärverwaltung würde sich ein großes Verdienst um das deutsche Volk erwerben und sich Se Dank verdienen, wenn sie beizeiten, ehe sie von anderer Seite dazu gedrängt wird, sich die Lösung dieser Frage angelegen sein ließe. Der angekündigten Reform der Militärpensionsgeseßgebung könnte nur dann nähergetreten werden, wenn au gleichzeitig die Grundsäße für die Pensionierung in der oft von uns vertretenen Richtung geändert würden. Auch die Besserung der Situation in bezug auf den Öffiziersecsaßy würde dadur nachhaltig gefördert werden, wenn man den neueintretenden Aspiranten die Ges währ gäbe, daß sie niht aus Gründen, die nicht in eer es liegen, vorzeitig entlassen werden können. Im Anschluß an die Ausführungen des Abg. Saltler betone auch ih, daß die Bestimmuñgen des Artikels 34 der Verfassung durch die Praxis mancher Staatsbahnver- Ss geradezu außer aht gelassen werden. Die württembergischen Staatsbahnen werden durch die Umgehungspraktiken \chwer beeinträchtigt. In Deutschland sollten doch nicht Zustände as greifen, wie fie vielleiht bei den amerikanischen Eisenbahngesellshaften Mode sind. Fle die chon früher von uns abgelehnte Binscacántie für die afri- arnis{che Eisenbahn haben wir heute ebenso wenig Neigung wie damals. Der Termin für die Einberufung des Reichstags ist au diesmal unverantwortlich verspätet angeseßt worden, sodaß man nah zwei Sißungen aus äußeren Gründen eine viertägige R eintreten lassen mußte. Jch bin recht froh darüber, daß der Herr Reichskanzler in bezug auf unsere auswärtige Politik beruhigende, im allgemeinen be- friedigende Erklärungen abgegeben hat. Es fragt si, ob es sh nit als eine sahlihe Notwendigkeit herausstellen pird, die Arbeitslosenversiherung, die der Herr Reichskanzler als fiveite Frage für das nächste Jahrzehnt bezeichnet hab vor die Witwen- und a ener zu stellen. Bezüglih der Handelsverträge wird wohl jeder den Eindruck haben, daß die uns so prachtvoll gé- \{hilderte Waffe des neuen Zolltarifs, mit dem man den Abschluß der Handelsverträge zu einem ruhmreichen Ziel zu führen beabsichtigte, doh versagen möchte. Die Sozialdemokraten würden es gewiß als unnachbarlich und unfreundlich betraten, wenn ih dem, was über sie gesagt ist, nicht auch einige Worte hinzufügte. Man hat ih darüber gewundert, daß die Sozialdemokratie niht in dieser Session wenigstens von ihrem Zukunftsstaat Programm und Lageplan und wo- möglich au Lichtdruckbilder vorgelegt hat. Ich glaube nicht, daß die Leute überhaupt in der Lage sein werden, \ich ernstlihe Gedanken darüber zu machen; es wird ja nie dazu kommen. Im übrigen ist es immer mit einem Programm ein mißlihes Ding, und es ist mißlich, von einem anderen ein Programm zu verlangen, wenn man selbst darum in Ver- legenheit ist. Jh bin zweifelhaft, ob der Herr Reichskanzler nicht in Verlegenheit gekommen wäre, wenn er uns nur für die nächsten vierzehn Tage ein Programm hätte vorlegen follen. Die Sozial- demokratie ist ungeheuer ) ft nie Wie sie angewachsen, das weiß

niemand besser und das fühlt niemand handgreifliher als wir auf der Linkén, die wir die Wacht am Roten Meere halten müssen. G8 ift erklärlih, daß jeyt die Versuhung an die Sozialdemokraten hetantritt, die großen Herren hier zu spielen, die denen, die mit ihnen Bigun haben, die Kirsc;steine an den Kopf O eni Daß das draußen laß gegriffen hat, ist eine Tatsache. Sie (EnD ollten ernstlih erwägen, wie sehr Sie den allgemeinèn Interessen schaden, wenn Sie die Massen: lassenkampf öffentlich h, Farogitan Sie sind

Teil davon und sollten si

darüber klar séin/ daß Sie den Frieden und nicht den Unfrieden fördern müssen. Sie soliten auch Ihre Taktik einer'Nachprüfung“ unterziehen,

tr welches auch in großen Mengen aus dem Kongofreistaat nah

Zweite Beilage

Berlin, Mortag, den 14. Dezember

bei den Wahlen ohne Rücksiht auf die Zusammenseßung der Par- lamente nur die Stimmen zu zählen, um. mit möglichst großen Ziffern zu triumphieren. Jn Ihre Ünduldsamkeit untereinander mische ich mich nicht, aber Dritten gegenüber follten Sie sih duldsamer äußern. Die Regierung und die Mehrheitsparteien sind selbst {huld an der Größe der Sozialdemokratie. Wäre man. ernsthaft an die notwendigen Re- formen herangegangen, statt verkehrte Einrihtungen aufrecht zu er- halten, so hâtte man der Sozialdemokratie die Waffen genommen, dann könnten Sie (zu den Sozialdemokraten) au nit mehr generalisieren und einzelne {limme Dinge als das Qo einer Korruption dar- stellen, um so weniger als Sie bei dieser Agitation Ihr eigenes Programm in der Tasche behalten und das der demokratischen Partei verwenden. geren von Kardorffs Mittel from die Sozialdemokratie würden die Revolution eher herbeiführen als vermeiden. Der Reichs3- kanzler will den Kampf mit geistigen Waffen führen, und er hat ja vor einigen Tagen zum ersten Male selbst den Versu gemacht, diesen Kampf aufzunehmen, und wenn. man au sonst vershiedener Meinung ein kann, es war doch eine ganz nette Nede. Dabei soll es bleiben.

as Los ist an den Bestrebungen der Sozialdemokratie, wollen wir gelten lassen, was nicht, wollen wir mit geistigen Waffen, die uns beiderseits zu Gebote stehen, bekämpfen. ann wird es #sich ja zeigen, wer Sieger bleiben wird. Sie (zu den Sozialdemokraten) glauben natürlih, daß der Sieg Ihnen nicht entgehen wird. Ich bin der Meinung, daß, wenn man uns nur niht mit einem Ausnahmegeseßz in den Arm fällt und uns freie Bahn M dann auch- die niht- sozialdemokratischen Parteien Manns genug sein werden, den Kampf gegen die Sozialdemokratie aufzunehmen und mit Erfolg zu bestehen.

Hierauf wird ein von Vertretern aller Parteien gestellter Vertagungsantrag angenommen.

Schluß nah 6 Uhr. Nächste Sizung Montag 2 Uhr (Fortsezung der Etatsberatung). S 9

Handel und Gewerbe.

Mit dem 1. Januar 1904 treten in Schweden folgende Abänderungen des Zolltarifs in Kraft G M Mggngelgér vom 23. März d. J. Nr. 70, vierte

eilage —): |

Tarif- O : A Mage Nr. sta

ollf as nen |HOre

daraus: G dgr

D. Kupfer und aus solchen mittels Zink, Zinn oder anderer unedler Metalle | dargestellte Legierungen, z B. Messing, | Bronze, Neusilber, Britanniametall u. a. unbearbeitet, ‘auch Abfall bearbeitet: E

Bleche:

gewalzt E

gehämmert, gebodckt, coupiert mit auf- wärts gebogenen Kanten, mit Löchern verséhen oder auf ‘andere Art bearbeitet

Stäbe, gewalzt, gestreckt oder geshmiedet : von rundem, vier- oder sechskantigem Querschnitt, niht auf andere Art bearbeitet

gemustert (von anderem als runden, vier- oder sechskantigem Querschnitt), nicht auf andere Art bearbeitet . .

Nägel, über 25 mm lang, und Bolzen .

Röhren, gewalzt, gestreckt, gehämmert oder gegossen :

in grie tücken, nicht auf andere

rt bearbeitet . .

gemustert, verziert, in Ringe zerschnitten oder auf andere Art bearbeitet werden

bearbeitet :

] Metalle und nicht spezifizierte Arbeiten or |

wie: „Kapfer: andere

Waren“ verzollt.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrte “.)

Vereinigte Staaten von Amerika.

Maßnahmen gegen die Verfälschung von Nahrungs- und Genußmitteln. Ein NRunderlaß des Schaßamts, Nr. 122 vom 28.- Oktober 1903, erweitert die durch die Ackérbaubewilligungsbill vom 3. März 1903 eingeführten Maßnahmen gegen die Verfälschung von Nahrungs- und Genußmitteln. Danach ist zunächst zur Be- chleunigung der Untersuhungen von eingeführten Genußmitteln 2c. in

ew York ein Zweigbureau des chemischen Laboratoriums errichtet worden. Ferner soll den Einführern gestattet sein, s Sicherheitsleistung in Höhe des doppelten Shäßzungswerts der eingeführten Sendung die sofortige Herausgabe der Waren zu verlangen. Die während der Prung der Sendung entstehenden Lagerungs- und Transportkosten ollen den Einführern zur Last fällen. Während für die Wieder- ausfuhr der von der Einfuhr ausgeschlossenen Waren bisher keine geit vorgeschrieben war, ist jeßt eine solhe von 90 Tagen festgesetzt worden.

Das britishe Shußgebiet Uganda.

Das britishe Schußtzgebiet Uganda umfaßt diejenigen Land- haften im Herzen Afrikas, welche sich um die Nordufer des Viktoria- secs herumlégen, im Osten an den Albert Eduärd-, den Albertsee und deren Nilabfluß beranreihen, im Norden durh den SUN Een Sudan und im Osten durh das Schutzgebiet British-Ostafrika be- grenzt werden. Der größere Teil des Landes ist hoh gelegen und gesund, namentlich im Osten, Norden und Südwesten, während die

iederungen, besonders an den Nilabflüssen, ein ungesundes tropisches Klima haben. as. Land ist fruchtbar und eignet sich sowohl zur Viehzucht als auch zum Anbau von Handelsgewäcthsen, von denen S Hülsenfrüchte, Tabak, Kaffee, Baumwolle und europäische Kartoffeln bereits angebaut werden Ungefähr ein Fünftel des Landes is mit Landolphialianen bewahsen, deren Gummi in Europa bis zu 3,50 & pro: Pfund bewertet wird.

Der Export eckt sich vorwiegend auf Gummi und El E gan kommt, ferner auf Ziegenfelle, die meist näch den Vereinigten Staaten von Amerika gehandelt werden. Die Gummiausfuhr betrug im Jahre 1902 etwa 70 000 Pfund und dürfte im laufenden Jahre eine erheb-

lihe Zunahme erfahren, da inzwishen große Konzesfionsgebiete für

1903.

die Gummigewinnung vergeben sind. Andere Exporktartikel, wie Nußholz, Kaffee, Baumwolle, Fasern und Rohr, Entwickelung arien,

An Bodenshäßen kommt besonders Eisen im Lande vor, das auch von den Eingeborenen verarbeitet wird, während das Land auf andere Metalle hin noch wenig ershlossen ift . Am Elgongebirge sind auch Spuren von Kohlen entdeckt worden. Salz wird aus heißen

Die Bevölkerung des Landes wird auf 4 Millionen Seelen ge- \{äut, wovon etwa die Hälfte auf das Königreih Uganda und die Ufer des Viktoriasees entfällt. Die Neger kleiden sh überwiegend mit selbstgewebten Rindenstoffen, während die Bewohner der Nilgegenden noch völlig unbekleidet gehen. j

Der Handel Ugandas liegt, soweit europäishe Firmen in Be- tracht kommen, in deutshen Händen; er umfaßt hauptsählich Woll- Hoe deren Umsatz einen Wert von 800 000 bis 1 000 000 M dar- tellt. Jn den übrigen Handelswaren machen vorwiegend die Inder, welche von ihren Stammhäusern an der Küste umfangreihe Bezüge erhalten, ein erheblihes Geschäft.

__ Das Ugandaprotektorat ist von der Ostküste Afrikas aus dur die im Jahre 1901 vollendete Hann ershlossen, welhe Mom- basa mit dem Viktoriasee verbindet. Auf dem Viktoriasee fährt ein modern eingerihteter, 120 Fuß langer. Dampfer zwischen Port iovaues, der Endstation der Ugandabahn am Viktoriasee, und

ntebbe, dem Siß der Verwaltung von Uganda. Ein Schwester- {if}. foll gegen Ende des laufenden Jahres in Port Florence vom Stapel laufen und den Verkehr rund um den Viktoriasee vermitteln. Durch das Land gehen . nach allen Richtungen gut befahrbare Straßen, und eine Telegraphenlinie verbindet Entebbe mit dem Albertsee, von wo aus deren Weiterbau am Nil entlang bis Khartum erfolgt. Daneben genießt Uganda noch den Vorzug guter natürlicher Verkehrswege, welche dur die das Protektorat umschließenden großen Seen und durch deren Nilabflüsse gebildet werden. An Bahnprojekten ist noch die Verbindung von Entebbe mit dem Albertsee ael) uug von wo aus eine Schiffsverbindung auf dem Nil bis Kairo besteht. Nach dem Albertsee ist au eine Bahn des Congofreistaats geplant, die von den Stanleyfällen ausgehen und den Albertsee zum Endpunkt haben soll. Durch die Vollendung dieser Bahn würde Uganda als Schnittpunkt der aus dem Norden und Osten zu ihm führenden natür- lichen und fünstlihen Verkehrs\straßen ein weiteres Hinterland ge- Euakle) (Nach einem Beriht des Kaiserlichen Vizekonsulats in

ntebbe.

‘Quellen vorwiegend am Albertsee gewonnen.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr find am 12. d. M. geftellt 20 170, niht recht- zeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien find am 11. d. M. gestellt 7387, nicht reht- zeitig S keine Wagen; am 12. d. M. sind gestellt 7204 bezw. keine Wagen. ° i

In der vorgesirigen Seen der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesell schaft war, laut Meldung des „W. T. B.*, ein Aktienkapital von 16 522 000 (A mit 33044 Stimmen vertreten. Die Dividende wurde auf 89% festgeseßt und gelangt sofort zur Auszahlung. Bezüglich der Ausfichten des laufenden Jahres teilte der Generaldirektor mit, daß kein Grund sei, über den Be- chäftigung8sgrad zu flagen, die vorliegenden Arbeitsmengen seien 0 with und vielleiht größer, als der A d Prki Das se au die Zahl der in den Betrieben der Gesellschaft

Arbeiter, welche seit Veröffentlichung des r Berichts noch g Aber in Mark und Pfennigen ausgedrückt, blieben U ] träge hinter den Ja len der fetten Bahre A E zurüdck,

die Preise durch Unterbietungen \{wacher Firmen bedauerliherweise immer wiedèr herabgedrückt würden. In betreff der Fe E Fusion mit der Elektrizitäts-Gesellshaft Union würden nähere Mitteilungen erst zu machen fein, nahdem Beratungen bei den erwähnten Gefells \haftéorganen stattgefunden haben.

In der vorgestern abgehaltenen auferordentlihen General- versammlung der D amp ft Gren eta rtogeleet chaft Ver- einigter Elbe- und Saale-Schiffer, in welcher 65 Aktionäre mit 5482 Stimmen anwesend waren, wurden die Vorschläge der Ver- waltung, betreffend die Verfchmelzung mit der Deutschen Elb- \ciffahrtsgesellshaft Kette und der Vesterreichishen Nordwestdampf- \hiffahrts-Gesell|chaft, gegen die Stimmen eines Aktionärs, der 190 Stimmen vertrat, genehmigt. Die beantragten Statutenänderungen wurden durch Akklamation einstimmig angenommen.

Im November laufznden Jahres betrug, laut Mitteilung der „NRheinish-Westfälischen Zeitung“, die Beteiligung des Nheinischs- Westfälischen Kohlensyndikats am Absatz 5 219 864 t, dagegen der Absay aus\schließlih des Selbstverbrauhs der Zechen und Hütten- werke 4311 291 t.

Wut Meldung des „W. T. B.* betrugen die Einnahmen der Luxemburgishen Prince Henri-Eisenbahn in der ersten Dezemberdekade 1903: 127 700 Fr., gegen das Vorjaÿr 13 500 Fr. mehr.

Cöôln, 14. Dezember. (W. T. B.) Nach der „Kölnischen Zeitung“ wurde in der Verhandlung des Rheinisch-Westfälishen Kohlen- syndikats vom Sonnabend kein Ergebnis erzielt wegen der niht erfüllten Forderungen der „Gutehoffnungshütte“. Falls das Syndikat troß der Schwierigkeiten bis zum Ende des Jahres zustande fomme É die Bildung der Rheinischen Koblenhandels- und Reederet- gesell scha mit beschränkter Haftung gesiHert. Pl

Nuhrort, 14. Dezember. (W. T. B.) Die im Delige der Familie Haniel befindlihe Zehe „Rheinpreußen* ist, der „Rhein- und Ruhrzeitung“ zufolge, dem Rheinish-Westfälishen Kohlen- syndikat beigetreten.

Paris, 14. Dezember. (W. T. B.) Nath der amtlichen R Cn betrug die Einfuhr in den elf Monaten des laufenden Jahres 4 223 859 000 Franken gegen 3 977 343 000 Franken ia vorigen Frans und die Ausfuhr 3 806 351 000 Franken gegen 3 838 972 000

ranken.

Madrid, 14. Dezember. (W. T. B.) Der Ministerrat bes{chloß, der Gesellschaft, die das Tabaksmonopol gepachtet hat, wegen deren o von 55 Millionen eine entsprechende Gegenleistung zu gewähren. i

New York, 12. Dezember. (W. T. B.) Der Wert der in der vergangenen Woche eingeführten Waren betrug 9370 000 Doll. gegen 10 640 000 Doll. in der Vorwoche; davon für Stoffe. 2 060 000 Doll. gegen 2290 000 Doll. in der Vorwoche.

New York, 12. Dezember. Woche wurden 974 961 Doll. Silber und 107 000 ausgeführt; die Einfzhr von Gold betrug 1 198 801 Doll.

Kursberichte von den Fondsmärkten. Hamburg, 12. Dezember. (W. T. B.)

uß.) Gold in Barren: das Kilogramm 2788 Br., 2784 Gd., S ag Wet das

Kilogramm 75,50 Br., 75,00 Gd.

ien, 14. Dezember, Vorm. 10 Uhr 50 Min. Kreditaktien 776,00, Oesterr. Kreditaktien 688/50, Lombarden 90,00, Elbetalbahn —,—, Oesterre

(W. T. B.) Ungar. N A)

(W. T. B,) In der gergangenen

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