1903 / 300 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Dec 1903 18:00:01 GMT) scan diff

Statistik und Volkswirtschaft.

abrikgenossenschaften und Vereinigung von Unter- 9 non A C und Arbeitern.

Anläßlich der jüngsten Arbeitsstreitigkeiten berichtet die im Auftrage des Zentralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen von dem heimen Regierungsrat Dr. Viktor Böhmert und Dr. Paul even herausgegebene „Sozial- Korrespondenz“ an der and von Beispiele aus der Praxis, wie Unternehmer rechtzeitig us Friedensbewahrung innerhalb ihrer Werkstätten Pans, neue nternehmungsformen sorgen können, die eine wirklihe Arbeits- FumeinsGaft aller Beteiligten herbeiführen. Die Bergwerksbesigzer ebrüder Brigge in England haben im Jahre 1865 lange Fmpse mit ibren Arbeitern dadur beendet, daß sie eine logenaunee dustrielle Teilhaberschaft einführten und ihre Arbeiter zu Mitbesigern und Aktionären ihres Bergwerks machten, indem sie selbst zwei Drittel der Aktien übernahmen und das übrige Drittel den Angestellten und Arbeitern ihres Betriebes überließen.

In der Schweiz wurde im Jahre 1870 eine Porzellanfabrik in Nyon (Kanton Waadt), die sih in Liquidation befand und ihren Be- trieb. ganz einstellen wollte, nur dadurch erhalten, daß \ich die Arbeiter ents{lossen, durch Bildung einer Enge S, den Betrieb selb\t zu übernehmen, den bisherigen Reisenden zum Direktor zu wählen und ihren apm amn Akkordlohn um 59/6 zu vermindern. Durch großen Fleiß und

rdnung der Arbeiter gelang es schon im ersten Jahre, diese 59/o aus dem Reingewinn nahezu wieder zu erstatten. Im zweiten Jahre brachte die Fabrik ungefähr 1209/6 des Kapitals ein, und die Arbeiter hatten tatt ciner Lohnherabseßzung um d 9/6 hon um 109% höhere Löhne. 18 cinige Jahre naher die Arbeiter einer gleichen Porzellanfabrik in Carouge bei Genf die Arbeit einstellten, blieben in Nyon alle Ar- beiter ruhig. Auch in Deutschland sind in den beiden Ortschaften Tanna und Wieda im Harz zwei Eisenwerke, deren Betrieb vollständig eingestellt werden sollte, durch Gründung einer Aktien- gesellshaft mit 500 Aktien zu je 150 4 fie den Besiß der Gemeinde- angehörigen, insbesondere der Hüttenarbeiter, übergegangen. Beide Unternehmungen, die mehr und mehr den Charakter ciner Arbeiter- genossenshaft angenommen haben, find in dem interessanten Buche Tanna und Wieda, Geschichte zweier Arbeitergenossenshasten" von dem Braunschweiger Handelskammersekretär Dr. Stegemann näher be- \chrieben worden.

Außer den hier erwähnten Fällen sind noch viele andere neue Unternehmungsformen durchführbar, um Unternehmer und Arbeiter enger miteinander zu verbinden. Der frühere Bankdirektor Dr. Arwed Emminghaus hat einen besonderen Plan für „Vereinigungen von Unternehmern mit ihren Arbeitern“ entworfen, der in der „Sozial- Korrespondenz“ nit nur zur Kritik und Beachtung, sondern au zur Sang warm cmpfohlen wird, und den wir im folgenden mit- teilen.

Plan zu einer Vereinigung des Unternehmers mit feinen Arbeitern na S8 22 bis 54 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Der Verein besteht auf Grund der §8 22 bis 54 des Bürger- lithen Gefetzbuhs und der Saßung. Sein Zweck besteht im erfprieß- lichen und friedlihen Betriebe des . . . . Geschäfts. Er gilt für be- gründet, sobald die staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit erfolgt ist.

Mitglieder find die unterzeihneten an dem Fabrikgeshäft i. F. usw. zur Zeit als Unternehmer, Meister und Arbeiter Beteiligten.

Vom Tage der Begründung ab zur Mitgliedschaft sich Anmeldende erlangen diese durch Beschluß der Mitgliederversammlung. Der Aus- tritt eines Mitgliedes kann, außer im Falle nahgewiesener Dienst- unfähigkeit, nur am Schlusse eines Geschäftsjahres erfolgen.

Austretende Mitglieder haben Anspruch auf Nückgewähr ihres buhmäßig anstehenden Guthabens.

Zuwiderhandlung gegen die Fabrikordnung kann auf Beschluß der Mitgliederversammlung jederzeit Entziehung der Mitgliedschaft herbei- führen. Welche Verluite dem ausgeschiedenen Mitgliede hierbei er- wadhsen follen, hat die Mitglicderver)|ammlung zu entscheiden.

Es wird unterschieden zwishen Mitgliedern, die an der Leitungs- arbeit beteiligt find, und Mitgliedern, die nur an der Ausführungs- arbeit beteiligt find.

Die letzteren beziehen gleihviel, ob ihnen der Arbeitslohn nah Zeit oder nach Stück gutgeschrieben wird, täglich für den vollen Arbeitstag bis auf weiteres einen Abs{lagslohn von .….. H, wöchent- Ti am Dienstag nah Arbeits\{luß zahlbar, aus der Vereinskasse ausgezahlt. Gutgeschriebener Mehrverdienst wird zu ihren Gunsten mit der Vercinskafse und von diefer verwaltet und verzinst und auf Geschäftsanteilkonto verrechnet.

Der Vorstand foll aus den derzeitigen Inhabern der Firma be- tehen. Durch die Mitgliederversammlung sind ihm aus der Zahl der Mitglieder fünf Beisißer zuzuwählen, welche der Fabrik mindestens

fünf Jahre lang „angehört und mindestens das 30. Lebens-

jahr vollendet haben, auch durchaus unbescholten sein müssen. Diese Beisitzer vertreten den Verein nit nach außen (S 30 des Bürgerligzen Gescßbuhs). Sie haben aber bei Entwürfen zu Saßungtänderungen, zur Fabrikordnung,

bei Regelung aller Lohnfragen beratend und entscheidend mitzuwirken, und es stebt ihnen das Ret der Büchereinficht zu. In allen übrigen, die Fabrikleitung betreffenden Fragen fönnen fie von der mit der Vertretung nah außen betrauten Fabrifleitung gebört werden. Zu- glei find fie verpflidbtet, Anträge der Mitgliederversammlung an die rabrifleitung bei dieser zu vertreten.

Das Vereinsvermögen besteht aus dem derzeitigen Immobiliar- und Mobiliarvermögen der Firma, insoweit es dem Betriebe des Fabrikgeschäfts dient, einsc{ließlich der hierzu dienenden NRob- und Hilfsfteffe und der ganz oder teilweise fertigen Waren, endlich aus allen Forderungen der Firma.

Diese sämtlichen Vermögensftücke werden auf den heutigen Tag nah sachverständiger Taxe zu . . . F# angenommen.

Von diesem Vermögen sind den den Vorstand bildenden Fabrik- [eitern am Schlusse jedes Geschäftsjahres unter Berücksichtigung der im Laufe des Jahres nach Auéëweis der Bilanz eingetretenen Ver- änderungen 4 9% gutzuschreiben. Außerdem beziehen die bisherigen Firmeninhaber als Vorstandsmitglieder jeder ein Jahrgehalt von

. 6 und die Beisitzer jeder ein Jahrgehalt von .….. M *

Der aus der Gewinn- und Verlustrechnung ih ergebende Nein- gewinn wird zu 25 9% fo lange reserviert, als die Reserve nicht den Betrag von . . . A erreicht, dann aber mit verteilt; die übrigen 75 9% werden unter die Mitglieder verteilt, welhe dem Vorstande niht an- gehören, und zwar nah Maßgabe des im Laufe des Jahres verdienten auêgezablten und gutgeschriebenen Lohnes. Diese Anteile werden nur bei dringendem Bedarf bar ausgezahlt. Sie können als Geschäfts- anteile gebucht und verbuht und gleih dem ursprünglichen Vereins- vermögen verzinst werden.

Zuständigkeit der Mitgliederversammlung: Saßtzungsänderungen, Fabrifordnung, Lohnsyfteme, Arbeitézeit, Ueberstunden. , Gegen Be- \chlüsse, die diese Gegenstänte betreffen, hat der Vorstand, einshließlich der Beisitzer, ein Vetv.

Kosten des Lebensunterhalts in den Vereinigten Staaten von Amerika 1860 bis 1903.

Die Frage der Kosten des Lebensunterhalts in den Vereinigten Staaten von Amerika ift von allgemeinem Interesse und hat während der leßten Jahre bei Unterhandlungen zwishen Arbeitgebern und Arbeitnehmern cine hervorragende Rolle gespielt.

Von Zeit zu Zeit sind er[chöpfende Zusammenstellungen über Veränderungen der Preise veröffentliht worden, aber selten werten ie in solcher Form dargeboten, taß jeder Leser die Bedeutung der

reisbewegung für die Lebenshaltung daraus mit einem Blick er- ennen fann. Eine Zusammenfassung von Preisen vershiedener, für den Lebensunterhalt wichtiger Artikel stellen, wie in den im Neichs- amt des Innern herausgegebenen „Nachrichten für Handel und In- dustrie“ nach „Mines and Minerals“ berihtet wird, die Inder- ziffern ter Agentur Dun and Co. dar. Sie find gebildet aus den

Preisen mehrerer hundert Artikel durch Berechnung ' der Kosten des

Jahresverbrauhs eines jeden derselben pro Kopf der Bevölkerung. Die Verschiebung in den Kosten des Lebensunterhalts insgesamt und in den Hauptgruppen der dafür benötigten Materialien seit 1860 veranshaulichen diefe Indexziffern in folgender Weise:

u n

“o A. »Tck3 » 22 4“.

È e Be E Eu 2 e 6

f E S F

D R s E

2 Se E G S2 N

L R d é s 1000: .. A8 104 101. 90 991. 281 168 ‘1018 1870 . . 291 162 212 162 330. 27,7 231 16566 1880 : . 299 92 140 119 227 250 170 1227 1000 108 76 107 99 149162 161 908 1900. 188 72: T. 99 176. 182 103/008 1901: „160 S6 Ba 96 160 168 169 987 1902 (2260 00 0 90.1566 16A 108 1016 1 Nan: 47,4 00 166 94: 160-179 106 1008 L Märe 1720 96 186 94 165 17% 1 1011.

Unter Brotstoffen sind im vorskehenden die vershiedenen Ge- treidearten, nämlich Weizen, Mais, Hafer, Noggen und Gerste zu- [a enge N) unter Fleis \ind inbegriffen lebende Schweine, Owsen, chafe und verschiedene Provisionen, Schweinefett, Talg usw.; unter Molkerei- und Gartenprodukten find auch zu verstehen Eier, Gemüse und Früchte, unter anderen Nahrungsmitteln Fische, geistige Getränke, Gewürze, Zuer, Reis, Tabak usw. ; unter der Rubrik Kleidungsstücke find mehrere Arten wollener, baumwollener und anderer Textilwaren fowie Häute, Leder, Stiefel und Schuhe berücksichtigt; bei Berehnung der Koslen des im weiteren Sinne für den Lebensunterhalt nötigen Metall- verbrauchs wurden die verschiedenen Eisenprodukte, ebenso die übrigen Metalle fowie Kohlen und Petroleum in Betracht gezogen; unter die verschiedenen anderen Gegenstände sind gerechnet mehrere Arten Hart- und Weichholz, Ziegel-, Back- und Mauersteine, Kalk, Glas, Terpentin, Hanf, Leinöl, Farben, Düngemittel und Drogen.

Aus diefer Zusammenstellung geht hervor, daß im Jahre 1860 ein Einwohner der Vereinigten Staaten zur Befriedigung seiner Lebens- bedürfnisse 121,6 Doll. N Eiibén mußte, währ-nd zu diesem Zwecke 1870 der größte Betrag von 165,5 Doll. erforderlich war und 1890 ic der Lebensunterhalt mit 90,2 Doll. sehr billig stellte. Die Index- ziffer ging in den neunziger Jahren noch bedeutend tiefer herab und erreihte am 1. Juli 1897 mit 72,5 Doll. ihr Minimum. Seitdem erfuhr sie eine stetige, nur zu Anfang 1903 unterbrochene Steigerung. Danach stellten sich im laufenden Jahre die Kosten des Lebensunter- halts weit niedriger als 1870 und auch noch niedriger als 1860.

Die französishen Strafkolonien Guyana und Neu- Caledonien.

Im „Journal officiel de la Républigque Française“ ist der Jahres" beriht für 1902 des Kolontalministers Gaston Doumergue über die Strafkolonien Guyana und Neu-Caledonien veröffentlicht worden, dem das „Deutshe Kolonialblatt“ folgende Zahlen entnimmt: Jn Guyana waren Ende 1902 2720 Deportierte, darunter 2478 Männer und 242 Frauen; neuer Zugang aus Frankreich fand nicht statt. Es starben 223 Personen. Fluchtversuch kam 1465 mal vor; 726 Flücht- linge wurden wieder eingefangen, 729 nicht. Es wurden 4392 Disziplinarstrafen verhängt und 422 Verurteilungen ausgesprohen. In Neu-Caledonien waren Ende 1902 2454 Deportierte, nämlich 2160 Männer und 294 Frauen; auch hier fand kein Zugang aus Frankreih ftatt. 88 Personen starben. 1411 wurden bestraft, 379 verurteilt. Fluchtversuchß kam 161 mal vor; 81 Flüchtlinge wurden wieder gefangen, 80 nicht.

Zur Arbeiterbewegung.

In einer von der Direktion der Allgemeinen Berliner Omnibusaktiengesellshaft in vergangener Nacht einberufenen Versammlung der Angéstellten matte der Direktor Shmoll diesen die Mitteilung, daß vom 1. Januar k. J. anLohnerhöhungen für fie festgeseßt worden scien, die über das, was \. Zt. die Tarif- kommission gelegentlich des Ausstandes (vgl. Nr. 235 d. Bl.) gefordert habe, mehrfach hinausgehen. So beläuft \sich der Lohn der Kuts(her auf 9 big 125 # (die Lohnkommission forderte 110 Höchstgehalt) monatliG. Die Schaffner fangen mit 75 M an und fteigen nah 15 Jahren auf 100 A (die Lohn- fommission forderte 909 A Höchstgehalt). Die Stallleute beginnen mit 75 F und steigen nach 5 Jahren auf 90 #4, wogegen die Lohn- fommission 100 Æ verlangte. Circa 100 Schaffner rücken sofort in das Marimalgehalt ein und erhalten anstatt 84 jeßt 100 M für den Monat. Anstatt der beim Streikausbruch geforderten vier freien Tage erbalten Schaffner und Kutscher zu der {on bewilligten Verkürzung der Arbeitszeit fünf freie Tage im Monat bei voller Lohn- zahlung. Außerdem wurde mitgeteilt, daß die diesmalige Ge- winnbeteiligung, die jedem Angestellten, der ein Jahr ununter- brohen im Dierste der Gesellshaft war, bar ausgezahlt werden wird, bei 149% Dividende 42 M beträgt. Zur Lohn- bewegung der hiesigen Droschkenkutscher (vgl. Nr. 299 d. Bl) wird der „Voss. Ztg.“ mitgeteilt, daß im Laufe des gestrigen Tages auf drei Fuhrhöfen die Arbeit niedergelegt wurde. Bewilligt haben im ganzen 20 Fuhrherren, die zum Teil der Innung angehören und Betriebe aufweisen, die 20, 40 und mehr Wagen besißen.

Der Ausstand in der Fürftlich Isenburgishen Steingutfabrik zu Schlierbach bei Wächtersbach (vgl. Nr. 268 d. Bl.) wird, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, von der Direktion der Fabrik für beendet erflärt. Für die ausftändigen Arbeiter find Arbeiter des Brandtschen Steinbruchs eingestellt worden.

Nach einer dem „W. T. B.“ übermittelten Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus New Vork verlautet von beteiligter Seite, daß alle Eisen- und Stahlwerke in den Vereinigten Staaten, bei deren keine den Trades-Unions angehörenden Arbeiter beschäftigt sind, eine nah Weihnachten in Kraft tretende Lohnherabsetzung von durchschnittlich zehn Prozent ver- fünden werden.

In Buenos Aires find gestern, wie ,W. T. B.“ meldet, die Hafenarbeiter, die Angestellten im Schleppdampfer- betrieb, die Slexfenk abalainen sowie zahlreiche andere Gewerkschaften in den Ausstand getreten. Der Ausbruch des all- gemeinen Auéstands gilt für bevorstehend.

Literatur.

__ Die Beiräte für besondere Gebiete der Staats- tätigkeit imDeutshen Reiche und in seinen bedeutenderen Gliedstaaten. Von Dr. Paul Hacker. (Ergänzungsheft 1V zur „Zeitschrift für die gesamte Staatöwissenschaft“, herausgegeben von Dr. A. Schâffle, K. K. Minister a. D,, und Dr. K. Bücher, o. Pro- fessor an der Universität Leipzig.) Verlag der H. Lauppschen Buch- handlung, Tübingen. Preis 3 #4, für Abonnenten 2,40 A Im öffentlihen Leben des modernen Staates lassen sich Bilvungen wahrnehmen, die das Ziel sahverständigen Einflusses bei den Regierungsmafinahmen haben. Man sieht, wie für die ver- schiedenen Gruppen tes wirtschaftlichen Lebens sih besondere Organe zur Vertretung der Interessen herausbilden, und wie sie auf der Grundlage der Vereins-, Nete-, Preß- und Petitionsfreiheit, aber auh als Körperschaften des öffentlichen Nechtes sih bemühen, diese Interessen bei der Regierung zur Geltung zu bringen, Auf der anderen Seite läßt sich beobachten, daß die staallihen Zentralorgane den von solher Interessenvertretung gebotenen Mat für die staatlichen Maßnahmen nuybar machen, daß sie weiter aher au durch dauernde, dem Behördenkörper angegliederte Einrichtungen

é

wegn ungetrübte Quellea der Sachkenntnis für besondere Gebiete der Staatstätigkeit sich zu ep und zu erhalten suhen. Dasselbe Streben, von verschiedener Seite ausgehend, läßt verschiedene Gebilde entstehen. Der Verfasser der hier an- ezeigten Schrift unterscheidet Juteressenvertretungen, wie

andels-, Handwerkerkammern u. dgl, und ganz dem Gebiete des Staats- und Verwaltungsrechts angehörende Beiräte. Unter den leßteren, die den Gegenstand seiner Darstellung bilden, ver- steht er dauernde Einrichtungen, durch welche die zentralen Regierungs, organe nit beruflih beamtete Volksglieder außerhalb der Vvfassuneg. mäßigen Volksvertretung zur Mithilfe für die Erkenntnistätigkeit des Staates sowohl bet der Aufstellung von Normen in der Gesetzgebung als auch bei der Vorbereitung staatlichen Handelns in Regierung und L, heranziehen. Hierher rechnet der Verfasser z. B. im Deutschen Reiche als echte Beiräte: den Kolonialrat, den Auswande- rungsbeirat, den Börsenausshuß, den Versicherungsbeirat, den Reichs, gesundheitsrat, die künstlerische Sachverständigenkommission für die Neichs« druckerei, den Sachverständigenbeirat bei der Verwaltung der ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt, als Körperschaften, die nicht echte Beiräte sind: den Ausschuß der Verkehrsinteressenten, die Postkonferenzen, den wirtschaftlihen Aus\{uß zur E von Handelsverträgen, die Kommission (Beirat) für Arbeiterstatistik, den deutschen Land- wirtschaftsrat, den deutschen Handelstag, in Preußen die wissen- schaftlil)e Deputation für das Medizinalwesen, die Provinzial, medizinalkollrgien, die technishe Kommission für pharmazeutische Angelegenheiten und den Apothekerrat, das Landesökonomtekollegium, den Beirat des Landwirtschaftsministèrs für Frachttarif-, Zoll- und Steuerfragen, die Zentralmoorkommission, „die tehnische Deputation für das Veterinärwesen, den Landedeisenbabn{Fdie Bezirkêeifenbahnräte, den Bersicherungsbeirat. Da die Aufgaben Und der Wirkungskreis der Beiräte in der Literatur bisher nicht selbständig zur Darstellung ge- bracht worden sind, fondern die Angaben darüber sih auf gelegentliche Bemerkungen in den Arbeiten über Interessenvertretungen beschränken, so füllt die vorliegende Abhandlung, die auf Grund eines forgsam gesammelten und gesihteten Tatsachenmaterials die Beiräte im Deutschen Reiche, in Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen behandelt und ihre Funktionen schildert, eine fühlbare Lüdke aus.

Post-, Telegraphen- und Fernsprehgeseßgebung, unter Berücksihtigung der Rechtsprehung des Neichögerichts heraus- gegeben von Martin Johannes Neuberg, Landrichter in Zwickau, Dieterichshe Verlagsbuchhandlung, Theodor Weiber, Leipzig. Kart. 3,60 A Das vorliegende Buch enthält fämtlihe im Neichsgeseßz- blatt veröffentlihten Gesetze, Verordnungen, Bekanntmachungen, Ver- träge und Erlasse, die das Post-, Telegraphen- und Fernsprehwesen unmittelbar betreffen, und die dazu gehörigen, teilweise im Zentral- blatt für das Deutsche Reich veröffentlichten Ausführungs- und Voll- zugsbestimmungen, sowie aus dem Neichsgeseßblatt alle diejenigen Be- stimmungen, die sich auh nur mittelbar auf das Post-, Telegraphen- und Fernsprehwesen beziehen. Wie diese Zusammenstellung lückenlos sein dürfte, ist au jede zur Sache gehörige Entscheidung des Reichs- gerihts ihrem Jnhalt nah kurz wiedergegeben.

Gutachten der Aeltesten der KaufnÄMnnschaft von Berlin über Gebräuche im Handelsyerkehr. Erste Folge, im Auftrage des Aeltesten-Kollegiums herausgegeben von Dr. Marx Apt, Syndikus der Korporation der Kaufmannschaft von Berlin. V111 u. 124 S. Karl Heymanns Verlag, Berlin. Preis 2 M Seit Jahrzehnten werden die Aeltesten der Kaufmannschaft von den Gerichten um Erstattung von Gutachten über Handelsgebräuche ersucht. Die Spruchpraxis des Aeltesten-Kollegiums erfreut sih berechtigter Wertschäßung in der juristishen Praxis und Wissenschaft. Deshalb ist es allseitig begrüßt worden, daß die Aeltesten vor etwa drei Jahren sich entschlossen haben, eine Auëwahl der von ihnen erstatteten Gut- achten der Allgemeinheit zugänglich "zu machen. Das von ihren da- maligen Syndici Dove und Apt herausgegebene Werk is ein un- entbehrlihes Hilfsmittel der juristishen Praxis geworden. Nunmehr ift als erste Folge eine Fortseßung dieses Werkes erschienen, die eine Auswahl! der von 1898 bis Mitte 1903 erstatteten Gutachten enthält und von dem: Syndikus Dr. Apt herausgegeben ist. Die Tatsache, daß die Aeltesten bis auf die neueste Zeit Gutahten auf Er- fordern der Gerichte erstatten, widerlegt die irrige Annahme, als ob die gutachtliche Tätigkeit der Aeltesten durch Errichtung der Handelskammer irgendwie geändert worden sei. Die unbestrittene Nechtslage ist vielmehr die, daß das Aeltesten-Kollegium nah wie vor Gutachten auf Erfordern der Gerichte zu erstatten befugt ist, und die Erfahrungen beweisen, daß sowobl die Gerichte wie die Anwälte auf die Ausübung dieser Befugnis seitens der Aeltesten nah wie vor Wert legen.

Taschenbuch der Kriegsflotten. V. Jahrgang 1904. Herausgegeben von Kapitänleutnant a. D. B.' Weyer, München. I. F. Lehmanns Verlag. Geb. 3 ( Der neue Jahrgang ift wiederum in mancher Hinsicht ergänzt und vermehrt worden. Aus dem Inhalt heben wir hervor: Flottenlisten aller Nationen, Bilder der Schiffstypen sämtlicher Flotten, Stärkevergleihe der Flotten, Marinebudgets, Stationsbesezung und Flottenpläne aller Nationen, Sciffsgeshütze, Organisation der Seestreitkräfte, Flaggentafel, Ein- trittsbedingungen für Schiffsjungen, die Marineoffizietkkorps und thre Ergänzung und zahlreiche andere Angaben und Tabel[en.

Zur 25jährigen Bestandsfeier des OesterreiWischen Alpenklubs hat die „Deutsche Alpenzeitung“ (München-Wien) ihr zweites Dezemberheft besonders prächtig ausgestattet. Der hochalpinen Richtung des Oesterreichischen Alpenklubs ist im Text dieses Heftes Rechnung ge- tragen. Das Arbeitsgebiet des Vereins wird in folgenden Aufsäßen be- handelt: Mösele und Hochfeiler von Edm. Gütl, Wien; Aus unserm Sextener Arbeitsgebiet von Heinr. Krempel, Wien; Eine Ueberschreitung des Großglockners von F. A. Artelt, Wien; Die Nordwand der Kleinen Zinne von Hanns Barth, Wien; Aus den Alpinen Nach- richten dieses Heftes seien besonders hervorgehoben die Notizen über die Splügen- und Fern-Ortlerbahn, den Landesverband für Fremden- verkehr in Tirol. Aus dem vorhergehenden, 1. Dezemberheft (pelt 17) verdient u. a. besondere Erwähnung der s{ön illuftrierte Auf 4 von Dr. Th. Herzog „Aus den Berner Alpen“. (I1. Teil). Die Kunst- blätter der Deutschen Alpenzeitung sind wieder sehr ansprehend, sie zeigen die Nordwand der Kleinen Zinne von der Punta di Frida und das Panorama vom Furtschagelhaus gegen Südwesten.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche unter Rindern ist dem Kaiserlihen Gesundheitsamt gemeldet vom Viehhofe zu Mainz am 21. Dezember 1903.

Italien, __ Die italienische Regierung hat die für Herkünfte von Smyrna angeordneten Quarantänemaßregeln wieder auf- gehoben. (Vergl. „Reichsanz.“ vom 10. d. M,, Nr. 290.)

Brasilien. __ Durch Verfügung des Ministers der Justiz und des Innern sind sämtlihe chilenischen Häfen für pestfret erklärt worden.

Konstantinopel, 20, Dezember, (Meldung des Wiener „K. K. Telegr-- Korresp. Bureaus“,) Die vom internationalen Sanitätsrat getroffenen Verfügungen zur Eindämmung der Choleraeptdemie in Kerbelah wurden bisher von den Lokalbehörden nicht genau durchgeführt. Nach offiziellen Angaben sind dort vom 13, bis 18, d. M. 393 Todesfälle vorgekommen, doch ist die Zahl derselben, da viele Todesfälle verheimliht werden, noch viel größer.

2 weite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie“".)

Deutsches Reich.

Zollbehandlung abgenugter Akkumulatorenkasten aus Hartgummi im Ausbesserungsverkehr. Der Bundesrat hat in seiner Sihung vom 13. November 1903 beschlossen, daß die

olldireftivbbeh örden ermächtigt werden, für abgenußte Affumulatoren- Fasten aus Hart gummi, die aus dem Ausland zur Ausbesserung eingeführt und vormerkweise behandelt, bemnächst aber als nicht mehr ausbefserungs- fähig befunden worden sind, auf Antrag bei nahgewiesener Identität die Zollbehandlung als Abfälle zu genchmigen, sofern die Kasten unter amtlicher Aufsicht zertrümmert werden. (Zentralblatt für das Deutsche Reich.)

Produktion und Verbrauch von Kohlen in den wichtigsten Ländern der Welt 1902.

Nach der Veröffentlihung des britishen Handelsamtes über die Gewinnung und den Verbrauch von Kohlen für das Jahr 1902 waren die Haupterzeugungéländer in den leßten drei Jahren mit folgenden Mengen an der Steinkohlenproduktion beteiligt: Steinkohlenproduktion

Land Maßsiab 1900 1901 1902 Großbritannien . 1000 Tons?) 225 181 219047 227 0951) Nußland . - - 1000 t 16111 - 102709. 15 903%) Deutschland ü 109 290 108 539 107 4361) S L Z 23463 22213 227691) Santa / 0e (20 01094 29 5741) Oesterreich. Ungarn 12360 13105 12 2081) Nereinigte taaten i

von Amerika . 1000 Tons?) 240788 261874 268 6881).

Unter Berücksichtigung der Aus- und Einfuhr ergeben \ich für die yorgenannten Länder nachstehende zum inländischen Ver- brauche verbliebene Mengen von Steinkohlen:

Qub Maßstab Steinkohlenproduktion

1900 1901 1902 Großbritannien . 1000 Tons 166786 161271 166 698!) M 1000 t 20578 199139 18733) Deutschland?) . . é 99269 97436 95 3251) Belgien a ¿ 20124 18/951 19 6911) Frankrei Ee é 46123 44651 42 1991) Oesterreih-Ungarn L 181466 18493 17 5951) Vereinigte Staaten von Amerika : 1000 Tons 234773 256407 265 1051]

Unter den übrigen Ländern mit bedeutenderem Kohlenverbrauch sind folgende hervorzuheben :

Land M 0 DELOoN o British-Indien 1000 Tons 5721 6397 7221 Ga E a d f 7246 8217 9831 Mititalien ¿ 4211 4699 Z Neuseeland . L 1105 1210 1299 Schweden . 1000 t 3382 3065 L Sa es ¿ 4566 4803 ; Ftalien . Ü 4923 4813 5373!) Japan 1000 Tons 4220

Die Ausfuhr von Steinkohlen überstieg die Einfuhr der-

[b tlih in nachstehenden Ländern: S N Ucbers{uß der Ausfuhr

Land Maßstab 1900 1901 1902 Großbritannien . 1000 Tons §58 395 57 776 60 397 British-Indien . ¿ 398 239 203 Mez E E ¿ 214 2185 : E G L 32 302 238 Deutschland?) 1000 & 10 021 11 103 12 114 Sl eo ae V 3 339 3262 3 078 Span ¿e e: 2000 Tons 3 251 2 809 2 866 Vereinigte Staaten i

von Amerika . . s 6 015 5467 3 5831).

Steinkohlen l ales mehr eingeführt als exportiert in olgenden wichtigeren Ländern: E via Ueberschuß der Einfuhr

Land Maßstab 1900 1901 1902 Gabe, +1000 Tons S800 2 657 3010 Nolte: Se Z 336 363 446 Nußland 1000 t 4 467 3 643 3 230!) Schweden . « 3130 2 793 ¿ Frankreich ; s 13 401 13 017 12 625!) San. ; 1 983 2151 R C R S i 4 923 4813 5 3731) Oesterreih-Ungarn . u 5 786 5 388 5 387.

Eine Gewinnung von Braunkohlen fand in den leßten drei

Jahren, soweit bekannt, namentli in folgenden Ländern statt: Erzeugung von Braunkohlen

Deutschland . 1000 § 40499 44 480 43 000! tautei S S 683 692 6231) Ztalien 8 ü 481 426 : Oesterreich é 21 540 22 474 22 140 Ua A A ee S 5130 5 180 5 132 Bosnien und Herzego- wina De L è 395 445 Bulgarien A Ÿ 119 137 Citi a à 104

126 Ï (Nach Coal Tables 1902.)

Frankreich und Großbritannien.

Abkommen wegen der Handelsbeziehungen Frankreichs i französischen Senat sind in der Sißung vom 3. Dezember d. J. die Aus\chußberichte über die nahstehenden, von der Deputiertenkammer bereits angenommenen

zu britishen Kolonien und Befizungen. Dem

vier Geseßentwürfe zugegangen:

1) Genehmigung des am 19. Februar 1903 in London unterzeihneten Handelsabkommens zwischen Frankreih und Großbritannien bezüglich

der Insel Ceylon.

9) Genehmigung des am 16. April 1902 zwischen Frankreich und a “Abcekblofsenen Handelsabkommens bezüglih der

Großbritannien Seychellen.

3) Genehmigung des am 23. Februar 1903 zwischen Frankreis an

stafrika, Zentralafrika und

Großbritannien abgeshlossenen Handelëabkommens

britishen Schußgebiete von ganda.

d Ene L Ute on 6 kg. ; s 3) Cin- und Ausfuhr in Gestalt von Koks ist berücksichtigt.

Berlin, Dienstag, den 22. Dezember

i E

4) Genehmigung des zwischen Frankreih und Großbritannien untec tem 19. Februar 1903 abgeschlossenen Handelsabkommens bezüglich British-Ostindiens. (Journal ofliciel de la République Française.) :

Internationaler Wettbewerb in Rom für Maschinen und Apparate, die denaturierten Alkohol verwenden.

In der Zeit vom 6. bis 16. Februar 1904 findet in Rom ein internationaler Wettbewerb für Maschinen und Apparate statt, welche denaturierten Alkohol verwenden. Die Ausstellung ist auf die Jni- tiative des Circulo Enofilo Jtaliano in Rom zurüczuführen und steht unter dem Protektorat des italienischen Ministers für Ackerbau, Handel und Industrie. Sie ist nah den Auss\tellungsobjekten in vier Kategorien eingeteilt. Die erste Kategorie umfaßt Motore, welche denaturiecten Alkohol als Betriebskraft verwenden, und zwar Motore von weniger als 2 HP,, von 2 bis 6 HP. und von 6 bis 10 HP. Die. zweite Kategorie wird ausgefüllt dur Motorfahrräder , kleine und größere Motorwagen und dur industrielle Motorfahrzeuge. Die dritte Kategorie wird gebildet von mit denaturiertem Alkohol gespeisten Erleuchtungsapparaten, und zwar von Inkandeszenzlampen, welche denaturierten und karburierten Alkohol verwenden, und von Lampen, welche farburierten Alkohol verwenden und eine freie Flamme haben. Fn der vierten Kategorie sind die Heizungsapparate zusammengefaßt, welche durch denaturierten Alkohol Wärme erzeugen, sowohl diejenigen für Wohnungen, Bäder, Treibhäuser usw., als auch diejenigen für die Küche und ben sonstigen Hausgebrauc).

Wachstum der Kohlengewinnung in den Vereiuigten Staaten von Amerika.

Fn welhem außerordentlichen Maße die Gewinnung von Kohlen in den Vereinigten Staaten von Amerika während des verflossenen Jahrhunderts ih gesteigert hat, ist bei folgender Vergleichung der rug der Kohlenförderung und der Bevölkerung leiht zu über- sehen:

L örderung von bituminöser Kobl R as nthrazit uminöser Kohle ue Jahr Zunahme Zunahme Kopfzahl ahme 1000 Tons 9% 1000 Tons %/ Millionen 9%%/% 1onO: 0,365 / P 9,4 è 1890 170 47 772 E 12,9 42 1840 . 864 395 1 000 ; L 33 1890. 3/000 289 4 000 300 23,2 36 1860 8 513 153 10 000 150 31,4 89 1870 16 182 89 20 000 100 38,6 27 1880 23 437 45 45 000 125 50,2 30 1890 35 869 53 104 000 109 63,0 24 1900 45 107 26 290 709 105 76,0 Zl

Die Förderung der 1820 noch allein gewonnenen Anthrazitkohle wurde von derjenigen der erst in den dreißiger Jahren in Be- nußung genommenen bituminösen Kohle sehr schnell überflügelt, da die Gewinnung leßterer Kohlenforte in jedem Jahrzehnt um mindestens 100 9/69, meist aber viel mehr, stieg. Í i

Die Zunahme der Bevölkerung erscheint gegenüber der Steigerung in der Koblenausbeute winzig, was auch aus nachstehenden Ziffern, welche die Kohlenförderung auf den Kopf der Bevölkerung berechnet

angeben, deutlih hervorgeht : Förderung pro Kopf der Bevölkerung

Anthrazit Weichkohle Zusammen 1840 50,64 58,58 109,22 1850 144,83 172,47 317,30 1860 270,74 318,03 588,77 1870 419,94 518,69 938,63 1880 467,28 897,20 1 364,48 1890 569,52 1 651,44 2 220,96 1900 593,56 2 759,51 3 353,07.

(Nah The Coal Trade Journal.)

Die Lage der Industrie in den Staaten Indiana, Kentudy, Ohio und Westvirginia im Oktober 1903.

In der ersten Oktoberwohe waren die industriellen Etablissements mit Ausnahme der Hochöfen im allgemeinen gut be- schäftigt. Die Hersteller von Roheisen beabsichtigten, ihren Betrieb um 20 bis 25 9/6 einzushränken und auf diese Weise einer weiteren Anhäufung der Vorräte entgegenzuarbeiten. Bestellungen auf Roh- eisen liefen aber wieder in größerer Zahl ein, und die Käufer be- standen im allgemeinen auf s\ofortiger Ablieferung. Dieser Umstand zeigte, daß die Käufer lange mit ihren Aufträgen zurügehalten hatten, um bessere Bedingungen zu erlangen. Die meisten Baumwoll- spinnereien waren wieder in vollem Betriebe. Die in den Spinnereten vorhandenen Vorräte von Baumwolle waren sehr zusammenge]chmolzen.

Fn der zweiten Oktoberwoche litten manche Industriezweige durch Arbeîterwirren. Die Lage der Eisen- und Stahlindustrie war eine ungünstigere geworden. Verminderte Herstellung und kleinere Gewinne bildeten die Regel. Die Preise vieler Erzeugnisse der Stahl- und Eisenindustrie zeigten eine Neigung zum Fallen. Die Eisenbahnen machten wieder größere Bestellungen. Die Nachfrage nah Platten war groß. Bleche und Stangeneisen wurden aber vernachlässigt. Ein weiteres starkes Fallen des Preises roher Baumwolle machte die Hero steller von Baumwollwaren vorsichtig, und fie hielten mit Einkäufen zurü. ;

In der dritten Oktoberwohe waren die Ansichten über den Stand der Stahl- und Eisenindustrie sehr verschieden. Nach Ansicht der meisten Interessenten hatte das Fallen der Preise ein Ende er- reiht. Bei umfangreichen Lieferungéverträgen wurden aber immer noh Preisermäßigungen bewilligt. Als Folge der niedrigeren Preise und der verminderten Nachfrage erwartete man allgemein eine Ver- fürzung der Löhne der Arbeiter der Cisen- und Stahlindrustrie. Einige Eisen- und Stahlwerke hatten bereits die Absicht angekündigt, vom 1. Januar n. J. an die Höhe der Löhne neu zu regeln. Vie Schuh- und Stiefelfabriken waren recht gut bef äftigt. In den Baumwollspinnereien war die Tätigkeit eine ziemlih lebhafte. Der i roher Baumwolle war aber immer noch zu hoh, um s arenmengen zu den Preisen liefern zu können, zu welchen fie von den Verbrauchern verlangt wurden. Troß der guten Nachfrage wurden daher nur wenige Geschäfte abgeschlossen. i

Fn der vierten Oftoberwoche ging Robeisen ungeachtet der Ein- s{ränkung in der Herstellung abermals im Preise herunter. Eine weitere Verkürzung der Herstellung wurde daher in Erwägung ge- zogen. Neue Bestellungen auf Roheisen liefen nur spärlich ein, und man{chmal wurden alle Bestellungen rückgängig gemaht. Die n fanten schenften den ausländishen Märkten wieder größere Aufmerk- samkeit, und es gelang ihnen au, größere Bestellungen, besonders auf Maschinen, zu erlangen. In der Textilindustrie steigerte fich die Tätigkeit, da die Auétfuhr von Baun1wollwaaren nach China zunahm. Arbeiterstreitigkeiten wurden immer häufiger, und die Folge davon war, daß in einer Anzahl Fabriken der Betrieb eingestellt werden mußte. (Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Cincinnati.)

1902

Neue industrielle Unternehmungen in Mexiko.

Im Anschluß an frühere Mitteilungen seien nachstehend weitere Unternehmungen auf industriellen Gebiete aufgeführt, deren Einführung in Mexiko in nächster Zeit zu erwarten steht: ) In der Stzdt Meriko soll eine Perlmutterwarenfabrik, welye sich mit der Herstellung von Knöpfen, Messergriffen, Fächer- teilen 2c. befassen wird, mit einem Kostaufwande von 100 000 Doll. errihtet werden. Die hierzu erforderliche Konzession ist von R. Grün- berger bei der Secretaría de Fomento Colonización ¿ Industria unterm 22. Oktober d. J. in Antrag gebracht worden. h Jgnacio L. de la Barra und Genossen haben neuerdings ein Gesuch eingereiht, welches die Verleihung der Konzession für eine Tapeten- und Tapetenpapierfabrik in der Landeshauptstadt zum Gegenstand hat. Das Gesellschaftskapital beträgt 300 000 Pesos. Ein anderes von Alberty G. Cárdenas aus Monterey mit einem Kapital von 100 000 Pesos projektiertes Unternehmen ist die Errichtung einer Fabrik künstliher Steine. Es handelt sih um ein falkhaltiges, „Cardenita" genanntes, patentamtlih geshüßtes Material, weches zu verschiedenen Zwecken Verwendung findet. i Die Konzession für den Bau einer Kunstbutterfabrik, eine Industrie, welhe in Mexiko ebenfalls noch nicht besteht, ist von James C. Burke an zuständiger Stelle beantragt worden.

Die Gesuchsteller nehmen die durh Geseß vom 14. Dezember 1898 neuen Industrien zugestandenen Vergünstigungen für {fich in Anspruch. (Nah El Economista Mexicano.)

Absatzverhältnisse für Shuhwaren auf Cuba.

Nach Mitteilungen der belgishen Gesandtschaft auf der Insel Cuba sind dort im Jahre 1902 an Schuhwaren 2 232 386 Paar im Gesamtwert von 1791 759 Doll. eingeführt worden.

Die wichtigeren Einfuhrländer waren: Spanien mit 1590 764 aar im Werte von 1 191 729 Doll., die Vereinigten Staaten von merika mit 638 053 Paar im Werte von 596 278 Doll. und Frank- rei mit 640 Paar im Werte von 1269 Doll.

Billiger Preis und Eleganz sichern der spanischen Ware den Vor- rang. Das Schuhwerk von Mahon und Barcelona hat eine gewölbte Form, wie es der Cubaner liebt; zur Herstellung wird ein geshmei- diges Leder verwendet, das unter dem Namen „Angolaleder“ bekannt is. Die Einfuhr von Damenhalbstiefeln liegt fast aus- \hließlich in Händen von Spaniern. Sie liefern diese Schuhwaren c. i. f. Havanna zu 70 bis 150 Pesetas für das Duyend oder unter Berücksichtigung des gegenwärtig niedrigen Silbergeldwertes in Spanien zu 55 bis 115 O Die Preise für Herrenshuhwaren betragen 75 bis 120 Pesetas für das Dußend, ebenfalls c. i. f. Hayanna. Kindershuhwaren liefern die Balearen und Katalonien zu Preisen von 14 bis 60 Pesetas das Dußend. Dieses Schuhzeug, das auf Cuba bedeutenden Absatz findet, wird aus Vachetteleder hergestellt und führt die Bezeichnung „Napoleones“. A L Der amerikanische Schuhwarenimport hat erst seit vier oder fünf Fahren einen gewissen Aufschwung genommen. Anfangs war das amerikanische O zu flach, zu breit und zu s{hwer; seitdem die Amerikaner aber dem Geshmacke des Cubaners entsprochen haben, machen sie von Jahr zu Jahr bessere Geschäfte auf Cuba. Sie liefern hauptsählich gewöhnliche Herrenstiefel sowie _Arbeits- und Strapaziershuhe; denn als Lurxusstiefel besißt das spanische Erzeugnis immer noch den Vorzug größerer Leichtigkeit, eine Eigenschaft, die in einem Tropenlande wie Cuba sehr ge\chäßt wird. :

Die Fabrikpreise für das in Havanna am meisten gefragte amerikanishe Schuhzeug betragen für ein Paar Herrenstiefel 2 is 34 Dollar, Arbeits\{chuhe 0,80 bis 2 Dollar, Frauenstiefel 0,60 bis 5 Dollar, Kindershuhe 0,20 bis 1 Dollar. :

Frankreih importiert nur unbedeutende Mengen Luxusshuhwaren für Damen. Die französischen Stiefel sind im allgemeinen nicht ge- wölbt genug für a E s ae T Dies scheint auch der Grund der geringen Einfuhr Frankreichs zu ]setn. i /

Auf Cuba werden fast allgemein Schnürstiefel, am liebsten sole mit Schäften getragen. Die sogenannten Richelieustiefel werden eben- falls viel gekauft, erfreuen sich aber niht solcher Beliebtheit wie erstere. Aus einem Stück gearbeitete Halbstiefel, wie z. B. die Ordonnanzstiefel der belgischen Offiziere, werden nicht getragen. Schuh- waren aus gewihstem oder lackiertem Kalbleder und aus Angolaleder ind am meisten gefragt. / | G Im übrigen ist hervorzuheben, daß die importierten Shuhwaren, woher sie auch kommen und welcher Art sie sein mögen, größtenteils nur balbfeiner und minderwertiger Qualität sind. S

Versand. Die für Spanien bestimmten Aufträge ehen den Fabrikanten unmittelbar zu ; die Mehrzahl der Importeure Havannas hat jedo in Barcelona und Mahon Agenten, die die Waren ent- gegennehmen und verfrahten. Die Rechnung wird in diesem galle in der Weise beglichen, daß der Betrag dem Fabrikanten bei einer Bank in Havanna gutgeschrieben wird. Wenn die Zahlung beim Empfang der Ware in Havanna erfolgt, was anscheinend meistens der Fall ist, bewilligt der Verkäufer 4 bis 6 9/6 Skonto. /

Die Amerikaner {ließen Verkäufe nur durch Vermittelung von Kommissionären am Plaße New York ab. : :

Nerpackt werden die Schuhwaren zu einem Paar in Kartons, die in der Regel in Kisten von etwa 1 cbm Inhalt zum Versand ge- langen. Vie Größe der Kisten ist jedoh nicht allgemein feststehend, es müssen vielmehr etwaige Wünsche des Käufers nach dieser Nichtung

in berücksihtigt werden. hin berü@ftig drei von dem cubanishen Konsul des Ver-

Die Faktura ist in 1 anifd sendungsortes oder des Hafens, in dem die Verladung erfolgt, zu enthalten :

beglaubigenden Exemplaren anzufertigen. Sie mu Aer Ta Nummer der Kisten, Anzahl der darin enthaltenen Schub- haare, Größennummer und Wert jedes Paares, Noh- und Reingewicht jeder einzelnen Kiste besonders sowie die verschiedenen Spesen, die vom Fabrik- oder Lagerorte bis zum Hafen der Verfrachtung ent- standen sind. : : l ;

Die Schuhwaren in dustrie Cubas wird nur durch eine einzige, neuerdings gegründete Fabrik repräsentiert, deren Waren noch nit in den Handel gekommen find. Z ;

Wer Abs ag auf Cuba finden will, muß zunächst die Anforde- rungen des cubanischen Schuhmarktes kennen zu lernen fuchen und ih bei der Fabrikation dem Geshmack der Cubaner anpassen. Wie oben bereits angedeutet, ist eine kleine, shmale und sehr gewölbte Form für alles zum Versand nah Cuba bestimmte Schuhzeug par edin- gung. Die ‘Ware muß ferner aus leihtem Material bestehen und billig sein, wenn sie die Konkurrenz der spanischen Schuhwaren be- stehen soll. Die Einführung des Artikels würde am besten in die

ände eines tüchtigen Vertreters gelegt werden. Sofortige Aus- H der Aufträge is sehr zu empfehlen. Die Schnelligkeit, mit der die Amerikaner die bestellten Waren übersenden, wird von den Kaufleuten Havannas lobend anerkannt.

Die Adressen der ersten Importfirmen Havannas sind: Brea y Nogueira, Calle del Teniente Rey Nr. 28; Fernandez, Valdez y Cia, Calle Muralla Nr. 5; Narvaez, Alvarez y Cia, Calle uralla Nr. 3; Hernandez y Cia, Calle de Cuba tr. 65; Viuda de Dalman y Cia, Calle de Cuba Nr. 67. \ ih

Mittlere Handelshäuser und solhe für den Kleinhandel sind: Peleteria „La Bomba“, Manzana de Gomez ; Peleteria „El Gallito*“,

Manzana de Gomez; Peleteria „El Bazar moderno*, Manjana de