1883 / 13 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Jan 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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sih das Bedürfniß herausstelle, mit Mehrforderungen an das Haus herantreten werde. Die Abgg. Dr. Mosler und Menken wiesen auf Einzelheiten in ihren Wahlkreisen Trier und Cöln (Land) hin und empfahlen die Annahme der Vorlage.

Der Adg. Berger (Witten) sprach die Ueberzeugung aus, daß niht die übermäßige Abholzung, sondern die Streu- entnahme an den Mißständen Schuld sei. Das Laub nehme das Doppelte, das Moos das Sechsfache des Eigengewichts an Wasser auf; ein solches Feuchtigkeitsreservoir müsse dem Walde erhalten bleiben. Redner empfahl einen Erlaß an Grund- und Gebäudesteuer, hegte aber Zweifel darüber, ob das bestehende Geseh die Handhabe dazu biete. Der Abg. Dr. Hammacher mochte den Minister der öffentlihen Arbeiten dar- auf aufmerksam, daß sein Erlaß, betreffend die freie Beförderung der Liebeësgaben, noch nicht allen Eisenbahndirektionen bekannt zu sein scheine. Die geforderte Summe erscheine auch ihm zu niedrig; mindestens sollte man statt 1200000 M 1 500000 M à fonds perdu bewilli- gen, wrænn die Regierung dem nicht widersprehe. Nur cine cinheitliide gründlide Korrektion des Rheins und seiner Nebenflüsse, wie solhe im Reichstage beantragt werde, könne ähnlihen Ereignissen vorbeugen.

Hierauf ergriff bei Schluß des Blattes der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums von Puttkamer das Wort.

Ueber die Vertretung des Fiskus in bürger- lien Rechtssireitigkeiten hat der Justiz - Minister unterm 8. d. M. im Einverständniß mit dem Finanz-Minister die radstehenden Anordnungen getroffen :

1) Jn Rechteangelegenheiten, welche die Beitreibung von Gerichtskosten betreffen, und in Prozessen, welche in Folge der Beitreibung von Gerictskosten allein entstehen, sind zur Ver- tretung des Fiskus die Organe der Verwaltung der indirekten Steuern berufen.

2) Jn bürgerlichen Rechtestreitigkeiten, welhe in Folge der Beitreibung von Vermöge: sstrafen oder von Vermögens- strafen und Kosten entstehen, wird der Fiskus durch die Be- zirkéregierungen, in der Provinz Hannover durch die Finanz- Direltion vertreten.

Die Erklärung der Freigabe der gepfändeten Gegenstände erfoigt, bevor der Prozeß anhängig wird, durch die Straf- vollstreckungsbehörde. Ersucht diese Behörde, während der Prozeß \chwebt, die Verwaltungsbehörde um Abgabe einer solden Erklärung oder um Anerkennung des Fnterventions- anspruch#, so wird diesem Ersuchen ohne weitere Prüfung entsprochen werden. Jm Uebrigen sind die Königlichen Re- gicrungen und die Finanzdirektion in der Prozeßführung selbständig; bie Justizbehörden hate denselben jedoch jede für die Prozeßjührug erforderlihe Luskunft zu ertheilen.

3) Bei Anteraumung der Verhantlutgstermine auf JInterventionsklacen und bei Bemessung der Fristen zur Er- klärung über die vcn dritten Personen auf abgepfändete Gegenstände crhobenen Arsprüche wird noch mehr als bisher zu lerüdsihtigen scin, daß die Behörde, welche den Fiskus vertritt, regelmäßig erst von den ihr, untergebenen Organen Information einziehen muß.

Da die Offiziere, Ober: Wachtmeister und Gensd'armen der Landgensd'armerie während einer Mobilmachung bei ihrer Kommandirung zur Feldgensd'armerie in ihren Stellungen verbleiben, mithin eine anderweitige Beseßung der leßtiren nicht eintritt, so wird durch die Abkommandirung ledig- lih ein zeitweiliges Ruhen des Anspruchs der qu. O!fiziere 2c. auf das Diensteirkom ien aus der preußischen Staatskasse her- beigeführt. Jn Gemäßheit der Ausführungen in dem leßten Satze der Motive zu §8. 1 des erwähnten Geseßes und nach Nr. 4a, der Ausfsührungsbestimmungen zu demselben vom 5. Juni v. F. bleiben jene Offiziere 2c, nach einem Cirfularerlaß des Viinisters des JFnnern, vom 10. Dezember v. J., während der fraglichen Zeit zur Fortzahlung der geseßz- lihen Wittwen- und Waisengeldbeiträge an die preußische Staatskasse verpflichtet, so daß mithin ihr Anspruch aur Wittwen- und Waisengelder für ihre Hinterbliebenen durch die Abkommandirung nicht berührt wird.

Verwendet Jemand zur Stempelung eines Wechsels nicht bie vorschriftsmäßige Wechselstempelmarke, sondern irr- thü:: lih eine andere Stempelmarke aleichen Werthes, beispiel8- weise die im Jahre 1881 eingeführten Reichsstempelmarken, welche zur Stewpelung von Vktien, Rechnungen 2c. bestiimt sind, so ist er nach cinem Urtheil des Reichsgerichts, ITI, Strafsenats, vom 20. Novemver v. J, wegen Wechsel- stempelsteuer- Hinterziehung zu bestrafen.

Als Aerzte haben sih niedergelassen die Herren DDr. Mauer, Mannheim, Rosenthal, Schueller und von den Steinen in Berlin, Dr. Friedmann! in Wiek a. W.

S. M. S. „Olga“, 10 Geschüße, Kommndant Kor- veiten-Kapitän Freiherr von Seckendorff, ist am 15. Dezember v. J. in Prinz Ruperts Bay (Domirica) eingetroffen.

S. M. S. „Nymphe“, 9 Geschüße, Komnandant Kor- vettcn: Kapitän Dietert, ist am 5 Januar cr. in Malta ein- getrefsen.

Baden. Karlsruhe, 13. Januar. (W. T. B.) Die Großherzogin hat sih heute nah Mannheim begeben, um von dex Hülfsthätigkeit für die nothleidenden Üebershwemmten persönlich Kenntniß zu nehmen. Die Rüdckehr Jhrer König- lichen Hoheit hierher erfolgt heute Abend.

Der Eisenbahnvexkehr zwishen Maxau und Winten und zwishen Maxau und Lauterburg wird am 16. d. M. wiedir beainnen, ebenso der Verkehr auf der unfahrbar gewesenen Strecke Steinen-Maulburg der Wiesenthalbahn. Die bei dem badischen Lande8comité eingegangenen Be- träge zur Unterstüßung der dur die Uebershwemmung Be- sckädigten haben mit Einschluß der von Sr. Majejiät dem Kaiser gewährten Hülfe 210 000 Æ erreicht; die Sammlungen des Marnheimer Comités betragen 90 000 M

El\faß:- Lothringen. Straßburg, 12. Januar. (Els.- Lothr. Ztg.) Nachdem Se, Majestät der Kaiser aus dem Allerhöci, sten Dispositionsfonds bei der Landeshauptkasse Elsaß- Lothrigens die Summe von 15 000 Æ zur augenblicklichen Linderung des durch das Hochwasser im Reichslande vec- ursachten Nothstandes bewilligt hatte, sind nunmchr aus dem Kaiserlichen Dispositionsfonds bei der Reichshauptkasse weitere 40 000 Æ zu gleichem Zwecke dem Statthalter über- wiesen worden. Der Statthalter hat sofort das Erforderliche veranlaßt, um dieser Summe wöglichst ras die den hoch- herzigen Absichten Sr. Majestät des Kaisers entsprehende Ver- wendung zu sichern. -

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Oesterreich-Ungarn. P e st, 13. Januar. (W. T. B.) Das Oberhaus hat heute das Budaet genehmigt. Bei der Be- rathung hob der Finanz-Minister hervor, daß das Budget durch Hebung der Einnahmen, wie durch Verwinderung der Ausgaben dem Gleichgewichte näher gebracht worden sei. Der Verkauf von Staatsdomänen sei troß der gehegten Besorgnisse gelungen. Auf eine Anfrage Cziraki’s erwiderte der Vinister-Präsident Tisza, daß er bezüglih der Grenzstreitigkeit mit Desterreich die Entsendung einer gemishten Konmission beantragt habe, deren Arbeit den geseygebenden Körperschaften vorgelegt wer- den solle. Was die Grenzstreitigkeit mit Rumänien anbelange, so sei eine internationale Lösung angebahnt wor- den. Durch das Zusammenfassen der streitigen Fragen und gegenseitige Konzessionen werde die Lösung durch eine ge- mischte Kommission an Ort und Stelle erleichtert werden.

Lemberg, 15. Januar. (W. T. B.) Die hiesige Jesuitenkirhe ist aus Rücksiht auf die Sicherheit des Publikums für einige Tage geschlossen worden.

Großbritannien und Jrland. London, 13. Januar. (W. T. B) Der Premier Gladstone befindet sich auf dem Wege der Besserung. Derselbe hat bereits heute das Zimmer verlassen können und beabsichtigt, am nächsten Dienstag die Reise nah dem Kontinent anzutreten.

15. Januar. (W. T. B.) Die englische Cirku- larnote über die egyptishe Frage, von welcher die „Times“ heute eine vollständigere Analyse bringt, hebt zu- nächst den Wunsch der englischen Regierung hervor, die Okku- pationstruppen aus Eaypten zurückziehen, sobald die Noth: wendigkeit der Anwesenheit derselben durch die Organisirung aus- reichender Mittel zur Aufrechterhaltung der Autorität des Khedive beseitigt sei. Bis dah:n erachte sie es für ihre Pflicht, dem Khedive solche Vorschläge zu machen, wie sie eine befriedigende, dauernde und den Bedücfnissen der Zukunft entsprechende Neuordnung der Dinge in Ezypten erfordern dürste. Die Note empfiehlt eire irternationale Uebereinkunft für die freie Durchfahrt von Schiffen durch den Suezkanal ; doch soll in Kriegszeiten die Zeitdauer des Aufenthalts von Kriegsschiffen einer kriegführenden Mecht in dem Suezkanal beschiänkt werden, auch eine Einschiffung von Truppen und Munition nicht gestattet sein, Die Note \{lägt ferner mehrere fiskalishe Veränderungen behufs Er- zielung von Ersparnissen vor, sowie eine gleihmäßige Be- steuerung der Ausländer und der Eingeborenen, die Beseßung der höheren Stellen in der egyptischen Armee durch englische Offiziere, die Ernennung eines europäischen finanziellen Nath- gebers des Khedive an Stelle der bisherigen Kontrole und mehrere andere administrative Reformen.

Windsor, 13. Januar. (W. T. B.) Die Herzogin von Connaught ist heute Mittag von einem Prinzen entbunden worden.

Dublin, 13. Januar. (W. T. B.) Gestern Abend wurden in. mehreren hiesigen Stadtviertelu zahlreiche Ver- haftungen vorgenommen. Jn den Wohnungen wiehrerer der Verhafteten wurden heute früh Waffen aufgefunden. Die Mehrzahl der Verhafteten besteht aus Arbeitern, unter den- selben befindet sih indeß auch ein Munizipalrath.

13, Januar. (W. T. B.) Der Munizipalrath Carey und zwanzig andere Angeschuldigte wurden heute vor das Zuchtpolizeigericht gestellt unter der Anschuldigung, an einem Komplott zur Ermordung mehrerer Polizeioffizianten und Beamten theilgenommen zu haben. Auf den Antrag des öffentlihen Anklägers wurde die Verhandlung auf aht Tage vertagt. s

Frankreich. Paris, 12, Januar. (Fr. Corr.) Der Senat nahm heute die gestern durch die Rechte vereitelte Wahl der Vize-Präsidenten vor. Die Linke hat angesichts des Austretens der Rechten bes{chlossen, nunmehr jede Ver- tretung der leßteren im- Vorstande auszuschließen und dem- nah Hrn. Humbert als vierten Vize-Präsidenten aufgestellt. Da aber der gestern Abend erfolgte Tod des Grafen Ram- pon einen neuen Vize-Präsidentensiß frei werden läßt, so vershob man die Wahl des vierten Vize-Präsidenten über- haupt, um si zuvor noch über die betreffende Perfönlichkeit zu einigen. Es wurden demna gewählt: die Herren Peyrat mit 129, Humbert mit 121 und Calmon mit 111 Stimmen. Uebrigens hat die Rechte im leßten Augenblicke neue Unterhandlungen mit der Linken eingeleitet, um für Batbie oder für Bocher einen Plaß im Präsidium zu erhalten. Der bisherige Vize-Präsident des Senats, Graf Rampon, starb gestern Abend an einem Magenkrebs, wegen dessen er schon seit mehreren Wochen das Bett hüten mußte.

13. Januar. (W. T. B.) Fn der heutigen Sizung der Deputirtenkammer dankte Brisson für die Wieder- wahl zum Präsidenten und betonte die Nothwendigkeit der Eintracht, dur welche dem dahingeschiedene! Gambetta die beste Ehre erwiesen werden würde. (Beifall) Brisson theilte chließlih mit, daß morgen in der Hauptstadt öffentlihe Ge- bete jiattfinden sollen. Laroche-Joutbeit sprach sih dahin aus, daß es nah den jüngsten antireligiösen Kundgebungen der Deputirtenkammer wie der Regierung würdig sein dürfte, einer solchen konstitutionellen Gepflogenheit zu entsagen. (Be- wegung.)

Für die Wittwe des Generals Chanzy soll von der Regierung die Bewilligung einer Pension von 12 000 Fr. beantragt werden.

14. Januar. (W. T. B.) Der englische Botschafter Lord Lyons hat dem Conseils-Präsidenten und Minister des Auswärtigen Duclerc gestern die englische Note in Betreff Egyptens überreicht.

Nizza, 13. Januar. (W. T. B) Der Eisenbahnzug mit Gambetta's Leiche ist heut? früh 7!/2 Uhr hier ein- getroffen. Am Bahnhof erwarteten der Präfekt, dec Maire und der Munizipalrath den Sarg, der alsbald von Feuer- wehrmannschafsten nah dem Bahnhofssaale getragen wurde, in welhem ein Trauerkatafalk errichtet war. Die Bevölkerung der Stadt und Umgegend und zahlreiche Delegationen zogen im Laufe des Vormittags vor dem Sarge vorüber. Die Beerdigung ist auf 1 Uhr Nachmittags festgeseßt.

13. Januar. (W. T. B.) Von alen Seiten strömt die Bevölkerung zu, um vor dem Sarge Gambetta's vorüber- zuziehen. Auf der Rhede ist das Eoolutionsgeshwader vor Anker gegangen ; die Mannschasten sind ans Land gesetzt, um an dem Leichenzuge Theil zu nehmen. Der Seepräfekt von Toulon, Admiral Peyron, wohnt dem Leichenbegängnisse ebenfalls bei.

13. Januar. (W. T. B.) Der Leichenzug Gam- betta's seßte sih um 1 Uhc nah dem Kirchhofe zu in Be- wegung. Troy des ungünstizen Wetters nahm eine sehr große Menschenmenge an dem Leichenbegängnisse Theil. Am

Grabe hielt ter Präfekt einé Rede, in welcher er den Patriotiómus Gambetta’'s lobend hervorhob und er- wähnte, daß Gambetta im Jahr? 1870, als er ihm versönlihe FJnstruktionen ertheilt habe, ihn ermahnt habe, nur an Frankreih zu denken. Der Präfekt forderte zur Eintracht auf, durch welche dem Verstorbenen die beste Ehre erwiesen werden fönnte. Der Maire sagte in seiner Rede : Gambetta sei die reinste und wirksamste Verkörperung des Vaterlandes gewesen. Niemand habe Frankre:ch, dessen Ehre er nah einer ehrenvollen Katastrophe bewahrt habe, mehr geliebt als er. Nizza shäße sih glücklich, die irdishen Ueber- reste Gambetta's zu besizen. Dies mache es Nizza möglich, seine Gefühle für Frankreih in ebenso erhabener wie feier- licher Weise zu bezeugen. „Republikaner! Diese in Wahrheit nationa!e Vereinigung, diese Annäherung der Herzen, fie hat noch Gambetta zu Wege gebraht. Laßt uns also in dem Verstorbenen das Vaterland ehren“. Sqließ'ih ermahnte der Maire zur Eintracht und sacte, die Vereinigung der großen progressistishen Partei müsse auf dem Grabe Gambetta's be- siegelt werden. General Bellemaré sprah nur einige Worte, in welchen er dem großen Patrioten Lebewohl sagte.

Toulon, 14. Januar. (W. T B.) Wie verlautet, würde die Leitung der Expedition nah Tonkin, für welche die Einbringung einer Kreditforderung bei den Kammern ver- {oben worden war, dem in den chinesishen und japanischen Gewässern befehligenden Contre-Admiral Meyer übertragen werden, da die demselben unterstellten Kriegsschiffe sih bereits in der Nähe von Cothinchina befinden und die Kosten der Expedition hierdurch erheblih vermindert werden würden.

Lyon, 13. Januar. (W. T. B.) Der Präsident des Gerichtshofs, welher den Anarchistenprozeß verhandelt hat von Neuem Drohbriefe erhalten. Die Plaidoyers wurden heute fortgeseßt.

Nußland und Polen. St. Peter3burg, 14. Ja- nuar. (W. T. B.) Der Adjunkt des Domänen- Ministers, Kulomsin, is zum Geschäftsführer des Ministercomités ernannt worden. Der Chef der Ober- Preßverwaltung, Fürst Wjäsemski, ist krankheitshalbder auf sein Ersuchen von seinem Posten unter Belassung der Wür- den als Senator und Hofmeister entbunden und der Redacteur des vom Unterrichts-Ministerium herausgegebenen Fournals, Feoktistow, zum Chef der Ober-Preßverwaltung ernannt worden,

Zum Nachfolger des Heichssekretärs beim Reichs- rath, von Pereßt, der in den Reichsrath tritt, ist der Se- nator Polowtreff designirt.

15. Januar. (W. T. B.) Das veröffentlichte Staatsbudget pro 1883 balanzirt in Einnahme und Aus- gabe mit 7781/, Millionen. Die ordentliten Einnahmen be- tragen 7131/5 Millionen, die außerordentlihen 65 Millionen, die ordentlichen Ausgaben 708 200 000, die außerordentlichen 70 Millionen; unter leßteren sind 50 Millionen zur Armorti- sirung von Papiergeld in Anschlag gebraht, Dhne die Rück- zahlung der 50 Millionen an die Bank würde fich ein Ueber- \{chuß von 23 Millionen ergeben. Der zum Budget erstattete Ministerialberiht hebt hervor, daß die Einnahmequellen aus- reichten, um für das Jahr 1883 die Aufnahme einer Anleihe über- flüssig zu machen. Für die nächste Zeit werden Steuerrefor- men angekündigt. Jnsbesondere wird auch die Beschränkung der Nachtragskredite hervorgehoben. Das Problem einer dauernden Besserung der Finanzlage sei, wenn auh s{wierig, doch fo, daß es in Folge der friedlichen und gleichzeitig festen Politik nah Außen, sowie bei fortgeseßter Konsequenz und Ausdauer in den inneren Angelegenheiten niht unlösbar er- scheine. Vom Erfolge der Lösung dieses Problems, so schließt der Bericht, hänge der Wohlstand des russishen Volkes und das Wachsthum der Macht des Reichs av.

Afrika. Egyvten. Kairo, 14. Januar. (W. T. B.) Der Khedioe hat gestern das Dekret wegen Entschädigung der bei den Unruhen in Egypten zu Schaden Gekommenen unterzeihnet. Die englische Cirkularnote bezüglich Egyptens ist sofort nach Ueberreichung derselben an die Pforte auch der egyptishen Regierung übergeben worden.

Zeitungsftimmeu.

In einem „Die Holzzollfrage“ überschriebenen Artikel der „Elsaß-Lothringischen Zeitung“ lesen wir:

Zweifelsohne ist die Holzzolifrage, welche den deutschen Reichstag demnächst beschäftigen wird, volkswirthschaftlih von der größten Tragweite, da bet der Lösung derselven ein Gewerbe betroffen wird, welches auf einem Viertel der Gesammitflähe unseres deutscwen Vaterlandes im Betriebe it. ..... Die deutsche Forstwirthschaft befindet sh gegenwärtig nachweislich in einem Nothstande, welher zum Theil auf der Verdrängung des Holzes durch Kohle und Eisen beruht, aber hauptsäclich eine Folge des bedeutenden Holzimports aus waldreichen Nachbarländern ist. Scbußzzölle auf Holz in zweckmäßiger Höhe sind daher um so eher zu rechtfertigen, als Deutschland seinen eigenen Bedarf an Holz iu quanto et quali mit geringen Ausnahmen produzirt und die aus einer Begünstigung des forstlichen Gewerbes sih ergebenden vort heilhaften Rückwirkungen die Nachtheile dec Holzzölle entschieden überw iegen. Oberforstrath Dr. Fishbach in Sigmaringen hat die Verluste, welche in ganz Deutschland bei fortdauernd gedrüÉten Holzpreisen er- wachsen würden, numeris:þ anzugeben gewagt und kommt auf Grund technischer Erwägungen zu folgendem Nesultat :

Verluste entstanden durch:

für den für die i Waldbesißer Waldarbeiter Nicbtnußung des Stokbolzes 5,5 Mill. M. 27,5 Mill. M. Beschränkung der Durchforstungen: a. direkter Schaden durch Mafsen-

E a. 20 Ï 12,0 i b. indirekter Schaden in Folge ungünstiger Bestandsentwicke- E 836 i Ÿ Nichtnußzung von Reisholz 5,6 é 5,6 ï

Verminderung der Arbeit an Zurich-

ten von Bohlen und Brettern . x A L 56,7 Mill. M. 51,3 Mill. M. Mêgen diese Summen, welche obigen direkten Ertragsausfällen noch zuzure@nen wären, vielleiht auch reichlich bocbgegriffen sein, jedenfalls erleiden außer den notorisch geschädigten Waldbesißern au die ca. 580000 Holzhauer und andere Waldarbeiter, welche sonst auf den 2500 Quadratmeilen Waldfläche unseres Vaterlandes mehrere Monate hindurch Beschäftigung finden, dur das Darniederliegen des forstlichen Betriebes harte Cinbuße. Nur zu treffend schilderte Fürst Bismarck in den 1879er Reichstagsdebatten derlei trostlose Zustände

in Scblesien mit folgenden beredten Worten : „Ich möchte bitten, eine vergleichende Statistik darüber anzu- stellen, welhe Masse von Arbeitern in den inländishen Wäldern brod- los geworden ist dadur, daß diese inländischen Wälder niht mehr

rentabel sind und den früheren Absaß nidt mehr haben. Jh habe dabei namentlih die Provinz S(lesien im Sinne, wo dur die s{le- sisden Wälder der Länge nah die österreibishen geshnittenen Hölzer durfahren vor den Augen der brodlosen Arbeiter, die früher in den s{lesisbeu Wäldern eine reichliche, täglibe, ihnen angenehme Beschäftizung fanden, als Holzhauer, als Sägemüller, au als Unter- nehmer für den Transport von unsern Wäldern nah den Säge- mühlen und Babnböfen u. \. w.“

Von frceibändlerisber Seite wird das Vorhandensein des im Vorigen gescilderten Nothsta:.des in maner Beziehung in Abrede gesteut. Man weist darauf bin, daß die Wälder seit den leßten Dezennien an Ertrag und damit auch an Werth sogar successive gestiegen find. Ganz ret! aber man darf nicht vergessen, dcß inzwischen eine nicht unerheblide Geldentwertbung stattgefunden hat und daß sich aub andere Bodenprodukte im Preise gehoben haben. Allerdings sagen die Freihändler, lafse sch ein momen- taner Rückgang der Holzpreise nit leugnen; derselbe sei indeß eine Nacwirkung der durch den Gründershwindel hervorgerufenen wirtb- schaftlichen Krise, sowie des dur den gewaltigen Windbruc des Jahres 1876 erzeugten hohen Angebots von Holz. Daß diese beiden Momente seinerzeit die Holzpreise gedrückt haben, muß zugegeben werden. Da es si hier aber um Kalamitäten handelt, denen gegen- über der Waldbesißer macht- und rathlos dasteht, so dürfte man unseres Erachtens auch folgende Frage aufstellen: Hat denn der deutsbe Waldbesißer angesihts solcher innerer Krisen und widriger Naturereignisse nit das Ret, um eine Ersbwerung der ausländishen Konkurrenz zu bitten, damit seine Verluste nit no erheblicher werden? Wahrlich, es gehört ein gut Stück Opti- miêmus dazu, wenn die Freihändler sagen: Mein lieber Forstwirth, daß Du für einige Zeit in Folge von Kalamitäten, an denen Du nicht \{uld bist, Einbuße baft, thut mir leid, aber wir können cs den Oesterreibern und Ruffen nit verargen, wenn sie den deutschen Holzmarkt mit ihren immensen Holzvorräthen übers{wemmen und dadur die Holzpreise noch mehr drücken. Tröste Dic, es werden einst andere Zeiten kommen. :

Dem „Deutschen Handelsarchiv“ wird aus San José in Guatemala berichtet :

Mit dem Tabackmonopol hat im Berichtsjahre die Regierung einen guten Gewinn erzielt und dasselbe wird wit der Zeit cine ihrer bedcutendsten Renten ausmachen. Vor zwei Jahren ergab dieser Ein- nahmezweig einen Nettoertrag von 8656 Pesos 32 Cent., während er unter dem sei: 14 Jahren regierenden System im Jahre 1881 118 342 Pesos 64 Cent. abgeworfen habe. Troß der Betürchtungen, die man anfangs hegte, als die Regierung cigene Fabriken gründete, um den Tabak zu verarbeiten, und das ganze Land mit Cigarren zu versehen, haben sib die Tabackoflanzungen bedeutend entwielt ; es wurden im Berichtéjahre 20 Millionen Pflanzen geerntet, welche 12090 Centner Tabac lieferten. : : :

Die „Deutsche volkswirthshaftlihe Corre- spondenz“ schreibt:

._… . Auch die Statistik zeigt ein ziemlich günstiges Bild von der Lage des Textilhandels, soweit aus derselben Schlüsse überhaupt ge- zogen werden können. In nacstehender Zusammenstellung finden fi die betreffenden Daten für die ersten elf Monate des vergangenen Jahres, welche im Ganzen und Eroßen dem Jahretergebniß ent- sprecben dürften.

Es betrug i . Einfubr Ausfuhr Tonnen 1881 1882 i881 1882 Baumwolle 143 133 139 883 16 516 15 674 Baumwollgarn 14 894 16 637 9 453 9 819 Baummwollwaaren, 558 604 13 178 13 032 dichte

Strumpfwaaren 37 36 4 818 5 Fe2 Flabs 42 253 64 882 27 611 48 102 anf 49 585 35 975 32 304 22 605 Iute 17 043 20 782 185 249 Leinengarn 10 888 11 971 1 638 1 878 Leinenwaaren 7 399 7 791 3 246 3 247 Seide 3215 3315 1 291 1 274 Seidenwaaren 387 382 4 435 4 841 Wolle 77 869 87-466 23 967 26 444 Wollengarn 14 241 14 822 4 042 4 583 Wollenwaaren 2147 1 623 20 833 21 623

Die Baumwoll-Jadustrie {eint nah Auêwcis dieser Ziffern relativ am Günstigsten dazustehen, da {ih die Einfuhr von Roh- baumwolle gegen das Vorjahr - vermindert, die Garreinfuhr zu- und die Ausfuhr von Zeugwaaren abgenommen hat. Es ift indessen nicht gesagt, daß diese Momente durchaus ungünstig gedeutet werden müssen, wennschon die verstärkte Garneinfuhr, namentlich in den feinen Nummern, darauf hbindeutet, daß der Zolltarif noch immer unzulänglich ist. Jm Vergleih zum Jahre 1880 hat der Import von Baumwollgarnen in Nr. 60—79 beispielsweise um mehr als 15 000 Doppel-Centner zugenommen

Der Mebrimport an Flachs und insbesondere an Jute ist ein erfreulies Zeichen für das Aufblühen der Leinen- und der Jute- industrie; eritere fängt thatsäblich an ein wenig aufzuathmen, obroohl die böhmische Konkurrenz immer noch drückend genug ist. Die großen Exporte na den Vereinigten Staaten treten insbesondere in der Seidenindustrie hervor, niht minder aber aub im Erport von Wollenwaaren, der sh nah diesem Lande von Jahr zu Jahr mehr entwickelt. Die Wollenindustrie {eint \ih überhaupt in einer ver- hâltnißmäßig günstigen Situation zu befinden, da die Rohstoff- importe sowie die Garn- und Waarenexporte nicht unbedeutend ge- stiegen, die Waarenimporte dagegen zurückgegangen sind.

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 2, Jnhalt: Konsulatwesen: Ernennung; Entlassung; Todesfall; Exequatur- ertheilung. Bankwesen: Status der deutsben Notenbanken Ende Dezember 1882. Zoll- und Steuerwesen: Bekanntmachung, betref- fend die Abänderung der Ausfübrungévorscbriften zu dem Gesetz wegen Erhebung von Reicbs-Stempelabgaben; Abberufung eines Stations- Controleurs, Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reich8gebiete.

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 1. Inhalt: Verfüaungen : vom 11. Januar 1883: Bezug der außerhalb des deuts- schen Reichs-Postgebiets erscheinenden Zeitungen. Bescheidungen : vom 5. Januar 1883: Angabe des Inhalts in der Aufschrift bei Briefen mit LieferungLofferten.

Justiz-Ministerial-Blatt. Nr. 2. Inhalt: Allgemeine Verfügung der Minister für Handel und Gewerbe und der Justiz vom 4. Januar 1883, betreffend die gutactlihen Vorschläge zur Ernennung der Handelsrichter bei der Kammer für Handelssachen zu Siegen. Aus}führungsverfügung vom 8. Januar 1883 zu der Ver- ordnung des Bundeêraths vom 16. Juni 1882, betreffend die Ein- rihtu ng von Strafregistern und die wecselseitige Mittheilung der Strafurtheile. Allgemeine Verfügung vom 8. Januar 1883, betreffend die Vertretung des Fiskus in bürgerlichen Rechtéstreitigkeiten.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 2, Inhalt: Amtliches: Cirkularerlaß vom 16. Dezember 1882. Personal- Natrichten. Nichtamtliches : Aus Andreas Swblüters Leben. (Fort- seßung.) Die Eisenbahnen Deutschlands im Betriebsjahre 1880/81. Mittheilungen über “die Regulirung des Mississippistromes. (Séluß.) Klappbrücke bei Amsterdam. Vermischtes: Verdienst- medaillen im Bauwesen. Kaiserpalast in Straßburg i. E. Kanal „von Dortmund nah der unteren Ems. Funde von Olympia. Verfassungsstatut der technischen Hochschulen in Hannover und Aacen.

Archiv für Eisenbahnwesen. Seit 1. Inhalt: ”Die englische Eisenbahnpolitik der leßten zehn Fahre, von Gustav Cohn. Die Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen und die Wilhelm-Luxem-

burg-Bahn. Die Eisenbahnen in Brasilien. Notizen: Der Vertrag mit der österreihischen Staatseisenbahnges ellshaft. Zur

Eiscnbahnpolitik in Jtalien. Die Bahnhofszufuhrwege in Jtalien. Die Eisenbahn von Tammerfors nah Wasa. Statistisches von den deutschen Eisenbahnen. Die niederländishen Eisenbahnen. Betriebseinnahmen der französishen Hauptbahnen. Die italie- nischen Eisenbahnen im Jahre 1881. Australien. Die Eisenbahnen in der Kolonie Victoria im Jahre 1881. Recbtsprebung und Gesetzgebung. Rechtsprebung: Eisenbahnfracbtrebt (Erk. d. Reicbs- geridts v. 30 Sept. 1882). Hasftpflibtgesez, Prozeßordnung (Erk. d. Reich8geribts v. 17. Oft. 1882). Rechtsgrundsätze aus den Ent- \ceidungen des Ober-Vermwaltungsgerihts. Gesetzgebung : Oester- reib-Ungarn. Jtalien. —- Frankrei. Bücherschau : Besprecbun- gen (Woas, Repertorium der Journal-Literatur der Eisenbahntechnik). Uebersicht der neuesten Hauptwerke über Eisenbahnwesen und aus verwandten Gebieten. Zeitschriften.

Statistische Nachrichten.

Statistishe Notizen für das Deutsche Reich 1883. Verlag von Julius Springer in Berlin. Das in seinem zweiten Jahrgange vorliegende, vom expedirenden Sekretär im K Sta- tistishen Amt A. Thomaschewski zusammengestellte Werken macht dem großen Publikum die wichtigsten statistisben Angaben in klarer, übersihtliher und dabei möglibst knapper Form zugänglich. In 53 Abschnitten gegen 37 im ersten Jahrgange werden die nothwendiasten Daten über Handel, Verkehr, Industrie, Staatsver- hältnisse, Bevölkerung8ziffern u. \. w gegeben, und ist cin reiches Material auf dem geringen Raum von 35 Seiten Taschenformat zu- samniengedrängt. Diese Kleinheit ermöglibt, das Büchlein stets bei sih zu führen, was ebenso wie der geringe Preis 50 & zu der allgemeinen Verbreitung wesentlich beitrager wird.

__ Die Verhandlungen des 14. und 15. Sbleswig-Holsteini- \chen Provinzial-Landtags sind im Druck erscienen. Die- selben enthalten u. A. den Jahresberiht des Provinzialständischen Verwaltungeaus\cusses über die Ergebnisse der städtischen Verwal- tung für die Zeit vom 1. Januar 1880 bis 1. April 1881, Wir entnehmen diesem Berichte folgende Mittheilungen : Die ordentliche Sitzung des Landtages wurde zum ersten Male in der Stadt Scles- wig abgehalten. Zu den Fragen von besonderem Interesse für die Provinz, durch welche der Landtag in Unspruch genommen wurde, gebörten die Autarbeitung des Entwurfs einer Gesetzvorlage über das Hôöferecht, die wiederholte Begutachtung eines bereits in der vorher- gegangenen Diät bescblossenen Reglements über die Errichtung einer Landeskultur-Rentenbank, die Abänderung des Reglements für die Korrektionéanstalten, ferner die Erledigung der Frage, in welcer Weise die Provinz sich bei der Errichtung einer Boderkredit- anstalt zu betheiligen habe, endlich der in Veranlassung der der Landesvertretung unterbreiteten Vorlage einer Kreisordnung für die Provinz Scbleëswig- Holstein gefaßte Bescbluß, gegen die vor- geschlagene Beibehaltung der Distriktebehörden Einspruch zu erheben. Die Bescblüsse des Landtags in Betreff des Erlasses eines Reglements für die Korrektionéanstalten haben bereits die höhere Gerehmigung gefunden, cbenso ist das Statut für die Landeskultur-Nentenbank Seitens der NRessort-Minister genehmiat, wogegen die Verhandlungen über die Errichtung ciner Bodenkreditanstalt einen Abs{chluß noch nicht erhalten haben. Der ständisbe Verwaltungsausschuß erledigte die ihm obliegenden Geschäfte in 9 Sitzungen. Bei der Taubstummen- anstalt zu Schleëwig sind sämmtliche bei der Anstalt projektirte Bauten be- endigt und ist damit voraussictlih für längere Zeit den Bedürfnissen na dieser Richtung hin Genüge geleistet. Am 1. April 1881 waren auf der Anftalt 115 Schüler, 72 Knaben und 43 Mädcben vor- handen. Ueber den Fortschritt des Unterrichts in geistiger und förperliÞber Beziehung, sowie der Lautmethode bat si der Provin- zial-Landtag durch Beiwohnung einer außerordentlichen Prüfung wäh- rend seiner Sißzungsperiode in Schleswig Kunde zu verschaffen Ge- legenheit gehabt. Der Direktor der Anstalt lobt den Fleiß und das Betragen der Zöglinge. Der Gesammtaufwand für die Anstalt hat 72 636,52 betragen und belaufen si die Unterhaltunssfkosten pro Kopf der Pfleglinge (118 dur{schritilih) auf 492,44 4 jährlich, gegen 508,64 4 im Jahre 1879. Bei der Blindenanstalt hat sich au im verflossenen Jahre die Zahl der behufs der Erziehung resp. der Erlernung cines Handwerks befindliten Blinden erheblich ver- mehrt und hat diese Vermehrung im laufenden Jahre einen solben Umfang angenommen, daß eine Vergrößerung dec Anstalt dringendes Bedürfniß geworden ist. Am Schlusse des Jahres waren 58 Zöglinge vorhanden, 31 erwachsene, von welchen 15 au in der Anstalt erzogen waren, und 27 unkonfirmirte. Von den in der Anstalt nicht groß gewordenen sind 3 glei nach der Konfirmation, 9 im Alter von 20 bis 30 Jahren, 3 im Alter von 35 bis 40 Jahren und einer 49 Jahre alt eingetreten. Die Resultate des Schulunterrihts werden als meistentheils sehr erfreulich bezeibnet. Unterribtet wurden 33 Kinder in 4 Klassen, jedo wird au für die Fortbildung der Erwachsenen durch Vorlesen und dur Lesen von Büchern, welche in der Breill- {ben Swrift gedruckt sind, gesorgt. Der Betrieb in den 3 Werk- stätten für Bürstenmackerei, Korbflebterei und Seilcrei nimmt einen günstigen Verlauf und stellt sih immer mehr heraus, daß in diesen Gewerben die Vlinden mit den Sehenden vollständig konkurriren können. Au finanziell sind die Resultate günstig und hat die Bürsten- macherei einen Reingewinn von 1255 M, die Korbmacberei einen solchen von 833,69 M, die Seilerei aber von 2534,88 Æ erzielt. Auch bei den Handarbeiten ergiebt sich ein kleiner Reingewinn, Die Kosten der Gesammtunterhaltung haben sih auf ca. 3000 M jährli und zwar pro Kopf der durchschnittlich verpflegten Zöglinge (57) auf 563,08 M. belaufen gegen 620 A4 im Jahre 1879. Das Areal dec Irrenanstalt best:ht jet aus 50 ha 26 a 25 qm. Eine fernere Er- weiterung hat dadur stattgefunden, daß es endlih gelungen ist, in Vebereinstimmung mit der vom Provinzial-Landtage bereits unter dem 22. August 1878 ertheilten Autorisation die neben der Anstalt in St. Jürgzn belegene Carlsenshe Wirthschaft käuflich zu erwerben. Der Kaufpreis beträgt 32500 4. Außerdem erforderten noch Umbauten in den angekauften Gebäuden eine Auêëgabe von ca. 12000 MÆ, Der Krankenbestand ultimo März 18*1 belief sich auf 819: 406 Männer und 413 Frauen. Die Einführung der Freistellen für solhe Kranke, welche gleich nach der Erkrankung der Anstalt zugeführt werden, hat noch wenig Wirkung gezeigt und sind von den 50 dazu bestimmten Pläßen nur 17 ganze Freistellen und 4 balbe vergeben. Die Gesammt-Einnahme der Anstalt hat inkl. eines aus dem Jahre 1879 übernommenen Kassenbestandes von 22926 4 und eines Zuschusses aus der städtishen Centralfasse von 25 009 M 535 342 M, die Gesammt-Ausgabe 514158 M betragen, so daß ein Kassenbestand von 21 184 M verblieben ist. Die Gesammtzahl der Verpflegunastage für 891 Kranke und 143 Angestellte betrug 432 740 4, wofür die Baarausgabe 251 058 M beträgt, welches für den einzelnen Kranken ohne Klassenunterschied pro Tag reihlich 58 ausmacht. Die Gesammt-Unterhaltungskosten eines Kranken stellen sich auf 510,67 A im Jahre und 140 4 für den Tag. Die gesammten Verwaltungskosten der Anstalt für jeden Kranken auf 638 jährlid, oter 1,70 A pro Tag. Die Landwirthschaft hat inkl. der an die Anstalt gelieferten Naturalien 30113 und nach Abzug der Ausgaben von 12928 Æ, die Summe von 17183 oder ca. 350 # pro Hektar eingebrabt. In dem Abschnitte über Kunst und Wissexschaft erwähnt der Bericht u. A., daß der historishe Verein seine Vorarbeiten für die Samm- lung von Urkunden und Regesten, die Geschichte der Herzogthümer bis zum Anfange des 14. Jahrhunderts betreffend, fast vollendet habe. Die ständische Bibliothek hat einen erfreulichen Zuwacbs durch ein Legat des verstorbenen Geheimen Justiz-Raths, Professor Michelsen in S(leswig, erhalten, welcher der Provinz seine geshichtlihe Bi- bliothek vermacht hat. Dieselbe betrifft zur Hälste die Spezial- geschichte der Provinz und enthält ca. 2500 Bände. Die in den provinzialständishen Forsten Wahlstedt, Jloh-Haide und Langen- berg begonnenen Arbeiten sind fortgeseßt. Gepflanzt hans in diesem Jahre auf der Iloh-Haide 258 000, auf dem Langenberg 415 800 Fichten, Kiefern, Lärchen, Eichen, Weiden und Ahorn. Der

Aufforstungsfonds bezifferte sich am 1. April auf 93 032 4, von welber Summe 42 347 verausgabt wurden. Es blieben mithin am 1. April in Kasse 42 348 Æ Bemerkenswerth ift ferner der Bericht über die Resultate des ersten Wirthschaftsjahres auf dem Hofe Bokelholm, wo eine Korrigendenanstalt mit aus\chließlich land- wirthschaftlidem Betrieb errichtet is, Die Erfolge werden als ausnebmend günstige bejeibnet. Nicht allein befriedigten die von den Korriaenden beschaften Arbeiten dergestalt, daß der Guts- inspektor diese den früheren Afffkordarbeitern vorzieht, fondern es wurden auch alle Bedenken, eine größere Anzahl von Korrigenden, welche zeitweise die Zahl von 390 erheblih überstiea, passend und fortwährend zu verwenden und troß der vielfältigen Art der Beschäftigung genügerd zu beaufsihtigen, be- seitigt, denn, troßdem au für die größte Zahl nur 5 Aufseher ange- stellt find, denen 4 Vorarbeiter zur Seite stehen, sind nur im Anfang 4 Korriaenden entwicben; in den leßten 109 Monaten aber keiner, und hat es keine Schwierigkeiten gehabt, eine ausreibende Disziplin auf- ret zu erhalten. Für sämmtliche landwirthschaftliche Arbeiten, die cine besondere Gescbicklichkeit erfordern, wie Pflügen, Säen und Mäâhen haben fi stets die geeigneten Persönlibkeiten gefunden ; au die Besorgniß, daß die Korrigenden für die Wartung des Viches un- braucbbar seien, hat si als unbegründet erwiesen. Ebensowenig fehlt es regelmäßig an den nöthigen Kräften, die für die Landwirthschaft erforderliben Handwerksarbeiten zu beschaffen. Diesen Erfolgen darf um \o mehr Gewiht beigelegt werden, so bemerkt der Beriht, als eine aroße Zahl von Korrigenden wenig Aussibt hat, aub beim besten Willen durch das Gewerbe, dem sie ursprünglich angehören, ihr Brod zu verdienen, theils weil es an Arbeit feblt, theils weil sie in früheren Fahren, durch den leichten Verdienst aus der Lehrzeit herausgerissen, ihr Ge- werbe nie ordentlich gelernt haben. Wenn sie jeßt landwirthscaftlih sich zu bescbäftigen lernten, erlangtea nam?ntli der leztere Theil wenig- stens die Möglichkeit, seine traurige Lage zu verbessern, Es dürfe da- ber behauptet werden, daß der Haupt;weck der Bokelholmer Anlage erreibt wird. Aber auch das finanzielle Resultat in der ersten Wirthschaftsperiode dürfe \chon als ein günstiges bezeibnet werden. Das jetzt im Eiaenthum der Provinz befindlihe Areal beträgt 537 ha 29 a 98 qm. Der Hof stand der Provinz am 1. Juli v. J. mit rot. 339 132 Æ zu Bub, welbe Summe bei 49/9 einen jährlichen Zins8werth von ca. 13 099 Æ und einen Kaufwerth von 615 46 pro Hektar repräsentirt. Als finanzielles Resultat ergab das erste Wirth- \chaftsjahr eine Einnahme von rot. 53057 Æ und eine Ausgabe von rot. 36 080 M, so daß ein Uebers{buß von 16 977 M verblieb. Aus- gegeben sind überdies für einmalige außerordentlihe Beo dürfnisse, welde die Wirtbschaft nicht bleibend belasten, 15 031 Æ, wodur der effektive Uebershuß allerdings auf 1946 M reduzirt, der Werth des Grundstücks aber, soweit durch jene Beträge das Inventar vermehrt und verbessert ist, erhöht wird. Inwieweit leßteres der Fall ergiebt eine Vergleichung des Tarats des Inventars zur Zeit der Uebernahme des Hofs mit dem im Juli d. F. vor- genommenen, Darnach hat sih der Werth des lebenden Inventars von 15 077 Æ auf 26 633 Æ und der des todten von 103009 auf 17 895 M vermehrt, und würde sich demnach der Uebers{buß der Ein- nahme über die Ausgabe auf mehr als 209000 Æ belaufen, wenn jene Verwendungen nicht stattgefunden hätten. Eine weitere Frage, welcbe die Erfolge der Wirthschaft betrifft, ist die, wie sib die Arbeitskräfte der Kortig?-nden verwerthet haben, welche der Guts- wirth\chaft unentgeltlich zur Disposition gestanden haben. Die Arbeits- leistung ergiebt nach der in dem Berichte aufgestellten Berebnung einen Werth von 1,10 bis 1,50 K pro Tag und Kopf, und bei im Ganzen 30 200 Arkeitêtagen einen Gesammtwerth von 40 000 4 Hierzu der für die Vermehrung des Inventars abzegebzne Betrag von 20 009 M. ergiebt cine Werthvermehrung des Gcundstücks nebst Zu- behôr von 60000 ; auf welche die Unterbaltungékosten der in der Gut8wirthshaft verwandten Korrigendea zu vercewnen sind. Durh- schnittlich sind nun tägli 225 Korrigenden in der Anstalt detinirt gewesen, welche für das Jahr 87075 Korrigendentage ergeben, von welchen jedo 13 969 auf Sonn- und Festtage und 12 260 auf Haus- arbeit, Krankheit, Diéziplinarstrafen und Hülfsleistungen bei dem Bau dec Anstalt fallen, so daß für die Gutswicthschaft 54 846 Arbeits- tage übrig bleiben, von denen den gewöhnlihen landwirthschaftlichen Arbeiten ca. 1300 Arbeitstage, der Rest dey Meliorationen zu- gefallen i. Na dem Etat siellen G nun die sammten Unterhaltungskeosten der auf Bokelho[m deti- nirten Korrigenden inkl. des Arbeitsverdienstes auf 0,55 pro Kopf und Tag. Es stehen daher die Korrizenden der Gutswirth- schaft mit 10,85 X 54846 = 46 619 M zu Buch, welchen die oben- erwähnte durh Meliorationen und Verbesserung des Inventars er- zielte Werthvermehrung von 69090 4 gegenüber steht, so daß in leßterer aub der ganze Zinsbetrag des Anlagekapitals enthalten ift, ein Resultat, welches der Bericht als ein für das erste Wirthschafts- jahr durchaus befriedigendes und die Erwartung nicht als sanguinish bezcibnet, daß in wenigen Jahren dur die fortwährend steigende Verbesserung des Guts und der daraus nothwendig verbundenen Steigerung der Einnahmen die Gutswirthschaft in die Lage fommen werde, nicht allein die Korrigendenanftalt vollständig zu erhalten, fon- decn auch das Anlagekapital allmählich abzutragen.

Einer tabellarishen Uebersicht des Schiff3verkehrs an den Quaianlagen in Hamburg im Jahre 1882 sind fol- gende Daten entnommen: Im Jahre 1882 snd im Ganzen 2180 Stiffe von 4419047 cbm resp. 1559923 Register-Tons angekom- men gegen 2074 Swife von 4 121 270 cha resy. 1 454 808 Reg.-T, in 1881, 2051 Swiffe von 3918 543 cbm resp. 1383245 Reg.-T. in 1880, 2025 Swiffe von 3678074 cbm resv. 1298 360 Reg.-T, in 1879 und 1850 Sciffe von 3263 182 cbm resp. 1 151 993 Reg.-T. in 1878. Unter den in 1882 angekommenen Sciffen befanden sich 597 deutsche Damvf- und 8 deutsche Segelschiffe von zusammen 1 674685 cbm resp. 591 163 Reg.-T., 1181 englisbe Dampf- und

Segelschiffe von zusammen 2277153 cbm resp. 803 835 Reg.-T.; ferner u. A. 77 russise, 40 norwegische, 70 \{chwe- dische, 151 holländisde und 46 spanishe Dampfschiffe. Von den angekommenen Schiffen enthielten Ladung in 1882 2021 von 4 147 018 cbm resp. 1 463 897 Reg.-T., leer fame1 159 Schiffe von 272029 cbm resp. 96 026 Reg.-T. (1881 mit Ladung 1942 Stiffffe von 3 883 503 cbm resp. 1 370 876 Reg.-T., leer 132 von 237 767 cbm resp. 83 931 Neg.-T.; 1880 mit Ladung 1849 Schiffe von 3 599 807 cbm resp. 1270731 Rea.-T., leer 202 von 318836 cbm resp. 112513 Reg -T ; 1879 mit Ladung 1824 Schiffe von 3 372 395 cbm resp. 1 190444 Reg.-T., leer 201 von 305 709 cbm resp. 107 915 Reg.-T.; 1878 mit Ladung 1706 Schiffe von 3047 817 c»m resp. 1075879 Reg.-T., leer 144 von 215365 cbm resp. 76 023 Reg.-T.).

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Von dem Pracbtwerk „Die deutsche Kaiserstadt Berlin und ihre Umgebung“, gesbildert von Mar Ring, mit 300 Illustrationen (jede Lieferung 1 4, Verlag von Heinrih Schmidt und Carl Güntder in Leipzig) ist das 3. Heft erschienen. Dasselbe ent- bâlt die Fortsetzung der Geschihte Berlins bis zur Zeit Friedrichs d. Großen. Als besonders interessante Jllustrationen heben wir hervor: das MNathhaus vom Jahre 1690, 4 versciedene Straßen- bilder, das Sloß, Unter den Linden, alle vom Jahre 1690, und das Porträt des Grofen Kurfürsten, sodann eine Ansiht des Schloß- playßes mit der Königstraße aus dem Jahre 1780, dec Fisbmarkt mit dem Rathhaus, das Potsdamer Thor und die Mauerstraße, letztere aus dein Jahre 1780. Diese Abbildungen zeigen am deutlichsten, wie mätig sih Berlin in den leßten 100 Jahren verändert bat.

Das Organ des Germanischen Museums zu Nürnberg, der „Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit“ beginnt mit der vorliegenden Nummer vom Januar 1883 bereits seinen XXRX. Jahrgang. Die neueste Nummer ist besonders reich illustrirt. Sie bringt an der Spiye eine Beschreibung von Trabantenwaffen (Partisanen) des 16. bis 18. Jahrhunderts nebst Abbildungen von 6 Prachtstücfen dieser Art aus der Sammlung des Museums, welche

wegen ihrer ges{mackvollen geäzten Verzierungen auch kunftgewerblich interessant sind. Hr. Direktor Essenwein, welchem wir diese Publika-