tion verdanken, läßt derselben ferner noch zwei Bilder aus dem mit vielen Handzeicbnungen ge\{mückten Melufinenmanusfkript des Museums (aus dem 15. Jahrhundert) folgen ; die hier mitgetheilten beiden Scenen find kultur- und kostümgescitlih glei bemerkenêwerth. Daran reiben fich urkundlie Beiträge, wie eine Judenordnung vom Jahre 1449 und ein Beitrag zur Frage der Unfallversiterung aus dem Jahre 1423, beide aus dem Egerer Archive, mitgetheilt von Heinrich Gradl ; ein Bibarther Weisthum aus dem 15. Jahrhundert, mit- getheilt von A. Mörath in S&warzenberg; endlich kleinere Aufsätze : über cinen Münchener Notenschreiber des 16. Jahrhunderts, von W. Wattenbach in Berlin, zum Bücber-Anatbema und deutshe Schwert- inschriften von C. M Blaas in Stockerau (Niederösterreib) und Glocken- inschristen vom Prof. Heinr. RickenbaÞ in Monte Casino.
— Dos neueste Doppelheft der Altpreußishen Monats- \chrift (neue Folçe, der Ncuen Preußischen Provinzial Blätter vierte Folge, herausgegeben von Rudolf Reitke und Ernst Wichert) enthält eine weitere Fortscßung des hötdst interessanten ungedruckten philosophis%en Werks von Kant aus seinen leßten Lebensjahren. Gbenfalls mit dem großen Königsberger Philosophen beschäftigt fich ein chr eingebender fritiswer Berit von Emil Arnoldt über das We:k von Kuno Fischer: „Jmmanuel Kant und seine Lehre.“ Ferner sind die von Franz Rühl mitgetheilten Briefe von Chr. Aug Lobeck an I. Voß als interessante literargeschi{tlihen Beiti äge bemertenéwer1h. Dasselbe gilt von den Mitth«ilungen über die Reste des Deutscbordens-Arhivs in Venedig, von M. Perlbach. Entlich entbält das Heft noch eine geographish-etymologische Studie von Adalbert Bezzenberger über die lithauisch- preußishe Grenze, welbe nach ihm an der Endung der Ortsnamen zu erkennen wäre: Dorf hieß im Altpreußishen kaimis, im preußisch- litbauisben aber kemas; demgemäß seien die heutigen ostpreußischen Ortsnamen auf kehmen litthauis, die auf keim (faim, fam) alts preußisch. Kritiken und Referate (darunter Berichte über Situngen der Alterthumégesellswa ft Prussia), kleinere Mitthcilungen und ein Anhang (darin die Universitätéchronik für 1882 und die alt- preußische Bibliographie für 1881) bilden den übrigen Jubalt des Hefts. Mit demselben kommt der XIX. Band der Alt- preußiscven Monatsschrift (der Provinzialblätter LXXXY. Band) zum Abschluß. Autoren- und Sachregister sind beigefügt. — Die Altpreußis{e Monatsscbrift ist ein zunäcbst den wichtigsten Interessen der Provinz dienendes Organ, dcssen Bedeutung aber auch weit über ihre Grenzen hinauéreiht, und welches daher mit Recht wegen feiner werthvollen Beiträge zur Geschichte und Landeskunde weiteren Kreisen empfohlen werden kann. Es ersceint jährli in 8 Heften oder 4 Dovpelb- ften zu je ca. 6 resp. 12 Bogen gr. 89 im Verlage von Ferd. Beyers Buwbhandlung zu Königsberg. Der Prä- numerationépreis beträgt 9 #4 pro Jahrgang.
Schwerin i. M,, 14. Januar. (W. T. B.) Der Intendant des Hoftheaters, Freiherr Alfred von Wolzogen, ist in San
Remo gestorben. Gewerbe und Handel.
Nürnberg, 13. Januar. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Der Geschäftéverkehr am Hopfenmarkte blieb auch in der zweiten Hälfte dieser Woche ein sehr stiller. Die Um- säße waren gering, doc sind auch die Zufuhren nur unbedeutend ge- wesen. In der Preislage von 395—405 # wäre für gute Mittelwaare Kau luft vorhanden, doch geben die Eigner nur ganz vereinzelt zu diesem Preise ab.
Glasgow, 13. Januar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 605 200 Tons gegen 629 100 Tons im vorigen Iahre. Zahl“der im Betriebe befindlichen Hochöfen 1098 gegen 106 im vorigen Jahre.
Berlin, 15. Januar 1883.
Die Hasecnjagden, welche Seitens des Königlichen Hof-Jagdamtes am Montag, Dienstag, Donnerstag und eFreitag voriger Woche auf den § öniglihen Feldjagogehegen bei Berlin und Potsdom für je 12 bis 18 Schüßen arrangiit und vom Hof-Jägermeister vom Dienst, Freiher1n von Heintze abgehalten wurden, ergaben nachstehende Strecken :
Auf den Feldmarken Golm und Bornim in 3 Vorsteh- und 2 Kesseltreiben 433 Hasen.
Auf den Feldmarken Tempelhof und Schöneberg in einem Vorsteh- und 3 Kesseltreiben 2 Füchse und 351 Hasen.
Auf den Feldmarken Lankwiß und Mariendorf in 4 Kesseln 362 Hasen. i :
Auf den Feldmarken Britz, Buckow und Groß-Ziethen in 2 Standtrieben 602 Hasen. : :
An der ersten Jagd nahmen Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, an der ersten und leßten Se. Königlicke Hoheit der Prinz Wilhelm Theil.
Von Ihrer Majestät der Kaiserin sind zwei kostbare japanischbe Vasen, die Allerhöchftderselben von dem kürzli in Berlin anwesenden japanischen Prinzen Arisuaawa zum Geschenk ge- macht wurden, dem Kunstgewerbe-Museum zur zeitweisen Aus- stellung überlaffen worden. Die Vasen sind aus dunkel glänzender Bronze gebildet und zeigen in den geschweiften Flächen der viereckigen Körper reie Einlagen in Gold und Silber, Drattenfiguren und Ornamente darstellend. Auch die Henkel sind in ähnlicher Weise verziert. Die beiden Vasen, ganz hervorrragende Stüe der modernen japanishen Industrie, sind in einem besonderen Schranke in der oberen Galerie des Lichthofes ausgestellt.
Rheinübers{wemmungen und Hocbwasserwarnun-
. gen. (Stat. Corr.) Angcfibts des ungebeuren Nothstandes, welchen
die beiden letzten, innerhalb Monatsfrist auf einander gefolgten Ueber- sch{wemmungen des Rheins verursaht haben, wird man bei ruhiger Betrachtung der Vorgänge naturgemäß dazu geführt, sich zu fragen: welches waren die leßten bedingenden Ursachen dieser Uekershwen- mungen; ließen sich diese zum Theil wenigstens vorauêësehen und lassen si Vorkehrungen treffen, um in Zukurft rechtzeitig Hohwafser- warnungen auszutheilen und dadurch die verderblichen Wirkungen der UVeters{bwemmungen abzusbwäcben ?
Hinsichtlich der die reellen Ursaden der Uebershwemmungen be- treffenden Frage sind na'ürlich in erster Reibe die eigenthümlichen Witterungsverbältnisse ins Auge zu fassen, welche seit der Mitte Juni èes vorigen Iahres bis zum Anfang dieses Jahres über Mittel- europa geberrscht Faben. Das preußische metcorologisbe Institut bat es sich bcreits zur Aufgabe gemacht, diese besonderen Witterungsver- bältnifse, deren Utsaben und näcste Folgen des Näherea zu unter- suchen, und ist \{chon in die Vorarbeiten dieser umfangreichen Enquête eingetreten. Freilich {sßt letztere auf mancherlei Schwierigkciten, die dem unfertigen Zustande, in welchem sih der meteorologaische nicht minder, wie der hydrometrishe Dienst in Preußen zur Zeit noch be- finden, zuzuschreiben sind.
(58 erweisen siÞ nämlich zunä die im Sammelgebiete des Rheines gelegenen allgemeinen meteorologisben Stationen — rämlih 25 in Preußen, 9 in Bayern, 13 in Baden, 13 in Elsaß-Lothringen und 11 in Württemberg — ihrer Zabl nach als unzureicend zur genauen Ermittelung der durch atmosphärishe Niederschläge im Rheingebiete herabgefallenen Wassermengen, da das Gebiet des oberen und mittleren Flußlaufs von gebirgigem Terrain, in welchem bekanntlich die Niedersblagéhöhe von Ort zu Ort wechselt, einge- nommen wird. Eine Vermehrung der Stationen niederer Ordnung, inébesondere der Regenstationen, ist also, außer im Interesse der lar. dwirthscbaftliden Wetterprognose, auch von diesem Eesichtépunkte aus dringend erwünscþt.
Sodann aber lassen die vorhandenen Pegelbeobabtungen viel zu würscben übrig. Sie werden nit nach einheitliben Gesichtépunkten angestellt, nit an einer wissenshaftliden Gentralstelle vereinigt, so daß allein schon die Bescaffung des einscklägigen Materials auf große Hindernisse ößt. Will man nun weiter — und das berührt doch gerade den Kern der Frage — die inneren Beziehungen zwischen Höhe der Nieders{läge und Pegelstand aufsuben, so wird man in den meisten Fällen rathlos dasteben; denn es fehlen fast alle dazu nôthigen Fafktoren, wie genaue Aufrabme des Flußbettes, Gefälls- messungen, Geschwindigkeit des Wassers bei versi denen Pegel- ständen, kurz alle die technischb-hydrometriscen Vorarbeiten, welche für derartige Urtersuhungen nothwendig sind.
Die zweite und dritte Frage, welche Eingangs gestellt wurden, lassen sid von vornherein in gewissem Sinne bejaben. Es wäre bei cinem gut funktionirenden metcorologisch-bydrometrisben Dienste sehr wobl mögli gewesen, Hochwasserwarnungen rechtzeitig auszugeben, fo daß — wenn auch der Verlauf der Erscheinung dadur nicht aufge- halten werden konnte — viel Hab und Gut zur rechten Zeit bätte
geborgen werden können. Das Ausland hat uns in dieser Beziehun längst überflügelt. Jn Frankreich bestehen für die Rhône-Säâone se 1843 und für die Seine seit 1854 ganz vorzügli eingeribtete bydro- metrisde Spezialämter. Insbesondere ist der bydrometrisbe Dienst der Seine în Paris zu einer solden Vollkommenheit ge- langt, daß es gelingt, den Stand des Hochwassers bis auf etwa 1 dem genau vorauêézuschen. Durch besondere Bulletins und Anscbläge, telegraphiste Uebermittlung Und andere Hülfen wird die Uferbevölkerung im Falle der Gefahr reht- zeitig in Kenntniß gesezt. In ähnlicher Weise funktioniren bydro- metrishe Aemter in Belgien (Maasgebiet), in Italien (Comwissione idrografica in Rom), in der Schweiz (Eidgenössishes Baubureau in Bern) und in Böhmen (Hydrographishes Comité in Prag). In Nordamerika, dessen praktischer Wetterdienst auf so hoher Stufe steht, ist gleifalls für rechtzeitige Hobwasserwarnungen dadurch Sorge getragen, daß von allen Pegelstationen die Höhe des Wasserstandes für gewöhnli täglich einmal, im Falle starken Steigers öfter an das Centralamt in Washington, das bekannte Signal Otfice, tele- graphis{ch übermittelt wird, fo daß dieses in die Lage fommt, schnell eine „Synopsis“ des Standes des Flusses zu gewinnen und die bedrohten Orte, ebenfalls telegraphisd, zu warnen.
_ Nat alle dem scheint auch für Deutschland eine Ausbildung dieses Beobach1ungsdienstes drirgend geboten.
Der deutscche Verein zur Beförderung der Luft\ciff- fahrt bielt am Sonnabend bierselbst seine Generalversammlurg ab. Dem Verein gebören zur Zeit 30 eirheimishe und ch0 auswärtige Mitglieder an. Der Begutachtung des Vereins haben im verflossenen Jahre 230 Projekte unterlegen, die zumeist das Protlem der Lenkf- barkeit ter Luf1isciffe zum Gegenstand hatten, ohne jedoch wesentli zur sung dieses Problems beigetragen zu haben. Von den 18 Sißungen war eine geshäftlihen Erledigungen gewidmet; in den üßrigen wurden 11 größere, das Gebiet der Luftschiffahrt betreffende Vorträge gehalten; außerdem nahm der Verein 14 M.1 die Referate der techniscden Kommission entgegen. Die Zeitschrift des Vereins hat ihren erften Jahrgang beendet. Der Vermehrung der Bibliothek hat der Verein im verflossenen Jahre seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt.
Der Vercin „Cypria“ wird seine diesjährige grofe Ge- flügelauéësteillung Mitte Februar veranstalten Als Ausstel- [ungélofal find vorläufig die Räume der Kaisergallerie des Buggen- hagenscben Etablisscments oder die momentan lcerstebenden Räume des I. und 11 Stocwerks dcs Hauses Leipziger- und Charlotten- straßen-Ecke in Aussicht genommen. Mit der Ausstellung, der 11,, die dcr Verein arrangirt, wird eine Lotterie verbunden werden. Zur Auêgabe gelangen sollen 5050 Loose zum Preise von je eine Mark,
Madrid, 14. Januar. (W. T. B.) In der Provinz Murcia sind wiederbolte Erdersbütterungen wabrgenommen worden; es haben jedoch feine Beschädigungen stattgefunden.
St. Petersburg, 14. Januar. (W. T. B.) Aus Berdit- \[cheff wird gemeldet, daß in der vergangenen Nacht daselbst ein Zirkus niedergebrannt ist. Die Zahl der bei dem Unglüks- falle ums Leben gekommencn Personen wird auf 300 angegeben.
New- York, 13. Januar. (W. T. B.) Die Zakbl der bei dem Hotelbrande in Milwaukee ums Leben gekommenen Personen beträgt nah den vorgenommenen weiteren Ermittelungen 82.
Cirkus Renz. Die Gala-Vorstellung am Sonnabend erfreute sih zahlreiben Besuchs und voller Befriedigung der Zuschauer mit den Leistungen der Künstler. Ebenso wie Mlle. Adèle mit Grazie ibre Swule ritt, glänzten im grand pas de deux Miß O'Erien und Mr. Gilbert. Vollendet wurde inébesondere eine Schul Quadrille von acht Herren geritten. Von den gymnastisben Produktionen der Gebrüder Manzoni am dreifachen Reck wurden die gleih- zeitigen Hand- und Fußsprünge von einem Reck zum andern dur vielen Beifall belohnt. — Der zweite Theil umfaßte die Autst:ttungs- pantomime „Reirecke Fuchs" Scelmenst:eibe“. Das Arrangement des Altmeiste:s Renz wirfte vorzüglich, Das Ballet bei König Nobel wurde hübsch ausgeführt, und das Auge rei b-friedint. Den Scbluß L wie sonst die Vorführung der vier gezähmten Löwcn des Hrn.
atty.
Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handels- register nimmt an: die Königliche Expedition | des Deutshen Reichs-Anzeigers und fiöniglich | Preußisheu Staals-Anzeigers: | / Berlin 53WV., Wiihelm-Straße Nr. 32. | a M Subhastationen, Aufgebote, Vor- [2372] ladungen u. dergl. [2383] Oeffentliche Zustellung.
Der Handelsmann Johann Baptist Ziegler, zu Mülhausen i. Els, wohnend, vertreten durch Herrn Recbtsanwalt Lin, Élagat gegen den Handelérepräsen- tanten Gustav Würth, früher zu Mülhausen i, Els. zur Zeit ohne bekannten Wohn- und Aufenthbaltéort, wegen Forderung aus einem baaren Darlehne, mit dem Antrage Beklagten zu verurthcilen, an Kläger die Summe von 400 K mit 5% Zinsen seit 1, Of- tober 1882 und diejenige von 7,16 Æ zu bezahlen, sowie zu den Prozeßkosten und ladet den Be- flagten zur mündliwen Verbandlung des Rechts- streits vor die Civilfammer des Kaiserlichen Land- geridts zu Mülbausen i. Elf auf
den 20, März 1583, Vormittags 9 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Ge- richte zuaeiaïenen Anwalt zu bestellen.
Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemaht.
Stahl, Gerichtsschreiber des Kaiserlichen Landgerichts.
(Seschwister
12374]
Oeffentliche Zustellung. Scbubmacher Hein Friedri Wilhelm Meyer, tier, rertreten durch den Rechtéanwalt Muth hier, klaat gegen seine Ehefrau Bertha Auguste Wilhelmine, geb. Sandmann, deren gegen- wärtiger Aufenthalt unbekannt ift, wegen böslicher Verlaffung, mit dem Antiage auf Ehescheidung:
das zwischen den Parteien bestehende Band der
Ekte zu trennen und die Beklagte für den allein
schuldigen Theil zu erklären, und ladet die Beklagte zur mündlichen Verhand- lung des Recbtéftreité vor die 13. Civilkammer dzs Köntalichen Landgerichts I. zu Berlin auf
den 26. Mai 1883, Vormittags 11 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Ge- richte zugelafsenen Anwalt zu bestellen.
Zum Zwette der öfentlien Zustellung wird dieier Auszug der Klage bekannt gemacht.
Berlin, den 9. Januar i853, !
Bucbwald,
Gerichtsschreiber des Königlicden Landgerichts I.
Civilfammer 13,
[2399] Abnahme der
Der
bestimmt.
[2356]
last.n steht
A ——— . Ga E | Inserate für dea Deutschen Reichs- und Königl. 2e rentlier eLnzeig
Todeserklärung.
Aur den Artrag des Flei!cbermeisters Müller in Belgern, des Musitdirektors Karl Gott- lob Mittag und dessen Ebefrau, Amalie, geb. Petri, sowie des Acertürgers Reinhold Conrad in Belgern als Vormund der minderjährigen | 2) Staniélaus Maneßki, in Vertretung seiner Ehe- frau Karoline, geb. Garczorcz, Mikbesiterin von
in Elsterwerda,
Petrick, wird deren Schwager Bruder und Onkel, der Omnibus-Conducteur Friedri Carl Petrick, geboren den 13. März 1838 zu Bel- | 3) Iohann Dolezich, Mitbesiter von Grdb.-Nr. 125 gern, der sid am 1, Januar 1872 in Berlin abge- meldet hat, hiermit aufgefordert, sih spätestens im Aufgebctétermin den 22. Dezember 1883, Vormittags 11 Uhr, bei dem unterzeibneten Gericht zu melden, widrigen- falls feine Todeterklärung crfolgen wird.
Belgern, den 8. Januar 1883. Königliches Amtegericht.
In Sachen betreffend die Zwangsversteigerung des der Wittwe Catharina Jörß, geb. Thieß, zuge- schriebenen Hauses Nr. 337 an der Medlenburgerstraße in Wiêmar hat das Großherzoglihe Amsgericht zur Rechnung tes Sequesters, zur Er- flärung über den Theilungéplan, sowie zur Vor- nahme der Vertheilung Termin auf
Dienstag, den 23. Januar 1883, Vormittags 11 Uhr, Zimmer Nr. 8, Der Theilunéplan und die Rechnung des Sequesters sind von heute an zur Einsicht der Be: heiligten auf der Gerichtéschrciberei, Abtheilung für Zwangévollstrickungen und Korkurse, niedergelegt.
Wismar, den 13. Januar 1883.
H. Fischer, Akt.-Geh., : Gerichtéshreiber des Großkerzoglichen Amtsgerichts.
In Sachen, ketreffend die Ablöôsuzg der auf den Grundstücken von Groß Rauden und Stanit, Kreis Rybnik, für die katholische Pfarre, Orgari!tei und Küsterei in Groß - Nauden Organistei und Küsterei ia Stanitz haftenden Real-
am 2. April 1883, Vormittag 11 Uhr,
i, Steckbriefe und Untergzuchnungzs-Sachen. 9, Industrielle Etablissements, Fabriken 2. Subhastationen, Anfgebote, Vorlaiungen n. dergl. j 3, Verkäute, Verpachtungen, Subzissionen ete. 4. Verloosung, Ámortisaticn, | n. 8. w. von öffentlicheu Papieren. |
uud Grosshandel, , Literarische Anzeigen,
Zinszahlung . Familien-Nachrichten,
Gottlob
Groß-Rauden,
resp. Grdb.-Nr. 76 Stanit,
Stanit,
[2416]
j, Verschiedene Bekanntmachungen,
8, Theater-Ánuzeizen, | In der Börsen- beilawxe,
5 8 Er, Inserate nehmen an: die Annoncen-Expeditionen des | „Juvalidendank“, Nuvolf Mosse, Haasensteiu
& Vagler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen - Bureaux.
M H
im hiesigen Amtslokale des unterzeichne- | deren Aufentbaltsort unbekannt ist, hierdurch mit ten Commissarius, Bahnhofstraße Nr. 18, Zermin an, zu weicem folgende In: erestenten : 1) Carl Merkel, Mitbesizender von Grdb.-Nr. 59
dem Eröffnen Ladung ‘erhalten, daß die Unterschrift des Ausgebliebenen urter dem Nezeß durch Urtel er- gänzt werden wird, wofür ein besonderes Kosten- pauscbquantum ncch §. 4 des Gesetzes vom 24. Junt 1875 in Ansaß kommt und daß Reisekosten nicht erstattet werden. Beuthen O./Schl. den 28. Dezember 1882, Der Königliche Spezial-Kommissarius : Sachs.
Umer Münsterbau-Lolterie,
Die vielfachen, ganz außergcwöhnlichen nud folgeuschweren Elementar- ereignisse dcs leßten Jahres waren namentlich in den leßten Wochen sür den Absat
— der Loose aus der uus Allergnädigst verwilligten Prämien-Colleecte derart ver-
zu verschieben.
Ulm,
häugnifßvoll, daß die Stiftungs3-Collcgien heute zu dem Beschlusse veranlaßt worden sind, die Ziehung der Gewinnste auf
Montag, den 19. Februar d. I.
Wir bringen dies mit dem Bemerken zur öffentlihen Kenntuiß, daß es
hierbei scin unabânderliches Bewenden hat.
13. Januar 1883.
Münsterbau- Comité,
Pressel. Heim.
Auf Obiges bezugnehmend halten wir unscre Loose zu fernerer Abnahme bei uns
und unseren Agenten bestens empfohlen. Ulm, 14. Januar 1883.
Hochachtungs voll Die General-Agentur der Münsterbau-:Lotterie.
resp. die katholische
Berlin: -
Redacteur: Riedel.
Verlag der Enz edition (Kessel) Druck: W. Elsner.
Vier Beilagen
(einshließlich Börsen-Beilage). (56)
zum Deutschen Reihs- Anzei
Erste Beilage
Berlin, Montag, den 15. Januar
ger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
18S,
e 13. Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 15. Januar. Jm weiteren Verlaufe der vorgestrigen (32.) Sißung des Reichs- tags trat das Haus in die Berathung des von dem Abg. Büchtemann und Genossen eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Zolltarifs vom 15. Juli 1879, ein. Derselbe lautet :
Der Reichstag wolle beschließen :
dem nacstehenden Geseßentwurfe die verfassung8mäßige Zu- timmung zu ertheilen:
Gese, betreffend die Abänderung des Zolltarifs vom 15. Juli 1879, Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c. verordnen im Namen des Reichs, na erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
Hinter Nr. 26 e. 2 des Zolltarifs zu dem Gesetze vom 15. Juli
1879 (R -G.-Bl. S. 207) wird eingeschaltet : Anmerkung:
Talg, denaturirt, wird auch, wenn er bei 14 bis 15 Grad D s{malzartige Konsistenz zeigt, nicht als Palmitin be- andelt.
_ Urkundlich 2c.
Der Abg. Büchtemann besürwortete scinen Antrag. Nach dem Zolltarif würden Palmitin mit 8 # und demnächst andere Feite mit 2 #4 Zoll belegt. Palmitin sei nur eine andere Bezeihnung für Margarin, wie aus dem Waaren- verzeihniß zu ersehen sei, Dieses Margarin sei als aus beitem Rindertalg hergestellt, {wer von anderen Fetten zu unterscheiden; deshalb habe man im Allge- meinen niht s{chmelzbare Fette unter dieser Rubrik ver- zollt, und es sei damit namentlih das australislhe Hammel- fett betroffen, troßdem es doch niht in der Absicht gelegen haben könne, diese Talge mit einem höheren Zollsag zu be- legen. Durch solche Maßregel werde die Seifenfabrikation, ein Jndustriezweig, der einen bedeutenden Export habe, {wer betroff-n. Die Landwirthschaft werde dur die von ihm vor- geshlagene Aenderung nit geschädigt, und er hoffe deshalb, daß der von ihm vorgeschlagene Gesehentwurf angenommen werde. Die Bestimmung der Denaturirungsmethode müsse dem Bundesrath überlassen bleiben.
Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staatssekretär des Reihsshaß-:Amts Burchard das Wort:
Meine Herren! Die Sach- und Rechtslage ist von dem Herrn Antragsteller im Wesentlichen zutreffend vorgetragen worden, und ih kann mich deshalb sehr kurz fassen.
Es ist vollkommen richtig, daß der Bundesrath nach wiederholten eingehenden Erwägungen, um ein Mittel den Abfertigungsbeamten in die Hand zu geben, zu unterscheiden zwischen rohem und weiter raffinirtem Talg, bestimmt hat, daß Fette, welche bei gewöhnlicher Temperatur, also bei 14—15 Grad \{chmalzartig, mithin von weicherer Beschaffen- Beit sind, als Palmitin zu behandeln sind zu einem Zollsaß von 8 # Diese Vorschriften beruhten auf der Annahme und Érwä- gung, daß roher, gewöhnliher Talg, wenn nicht besondere Opera- tionen mit ihm vorgenommen wären, bei gewöhnlicher Tem- peratur fest sei. Es hat sid auch, soweit meine Kennt- niß reiht, diese Annahme zunächst vollkommen bestätigt. All- mählich find aber allerdings Bedenken laut geworden dahin, daß unter gewissen Umständen auc roher Talg, wenn er namentli lan- gen Transport durchgemacht hat und wenn er von Schafvich her- rührt, auch schon bei dieser Temperatur {hmalzartig sei.
Ic glaube nun auch, daß, wenn das zutrifft — und ih zweifle nit daran — es dann nothwendig sein wird, in irgend einer Weise Abhülfe zu \cafffen, denn es hat wohl nicht in der Absicht des Bundesraths gelegen — und es geht das ja auc hervor aus den Verhandlungen zum Zolltarif — den rohen Talg dem höheren Zoll- saße von 8 4 zu unterwerfen.
__ Soweit mir augenblicklich bekannt ist, sind diese Beshwerden an die Reichsregierungen nicht {on im Jahre 1881, sondern erst im Jahre 1882 herangetreten, und es ist {on im Sommer vorigen Jahres Veranlassung genommen worden, diese Frage einer näheren technischen Prüfung zu unterwerfen. Diese Prüfung ift eine entschieden sehr s{chwierige, wie au der Herr Antragsteller anerkannt hat ; die Fette gehen so ineinander über, daß es in der That für den Abfertigungsbeamten fast unmögli ist, ohne gewisse Kriterien, die ihm an die Hand gegeben werden, im einzelnen Falle zu sagen: liegt hier roher oder raffinirter Talg vor? Es wird sich auch faden — und deëwegen haben sich au die Ermittelungen verzögert — ob man in der Weise, wie es der Herr Antragsteller jeßt beabsichtigt, Abhülfe {hafen will, oder ob man nicht vielleibt dazu gelangen muß, die ganze Bestimmung, die Regel nämlich, daß Fette, welche bei 14 bis 15 Grad \{malzartig sind, als Palmitin zu behandeln sind, einer Aenderung zu unterwerfen. enn man aber auch den Weg, den der Herr Antragsteller vorschlägt, betreten will, so wird es nöthig sein, die geeigneten Denaturirungêmittel zu be- stimmen, und diese Frage ist nah meiner Kenntniß der Verhältnisse nicht \o einfah wie der Herr Antragsteller behauptet hat ; soweit meine Informationen reichen, find gewisse )enaturirungsmittel, deren Werth in der Farbe besteht, für Fette niht anwendbar, weil sie beim Zusay zum Fett die Farbe verlieren, Und andere Denaturirungsmittel sind wieder aus dem Fett leiht auszuschmelzen. Ich deute diese tehnishen Schwierigkeiten nur an, sie haben eben Anlaß gegeben, daß die Frage noch nicht zum Ab- {luß gebracht ist. Ich meine aber, daß zur Gesetzgebung die rage sich absolut nicht eignet. Wenn beschlossen werden sollte, diese
nmerkung in den Tarif aufzunehmen, so würde eine Ausnahme in das Gesetz gestellt von einer Regel, die nicht im Gesetze steht, son- dern durch Verwaltungsvorschriften festgeseßt ist; wenn die Regel aber aufgehoben wird, so steht die Ausnahme einfa in der Luft.
Also ih glaube, zur Gesetzgebung eignet sih die Sache niht; ich darf aber annehmen, daß das Haus diejÜUeberzeugung gewinnen wird, daß Alles geschehen ist und geschieht, um die Sache zu einem gedeih- lichen Abschluß zu führen.
Der Abg. Büchtemann beantragte, die Vorlage an die Budgetkommission zur Vorberathung zu überweisen, welcher
ntrag vom Hause angenommen wurde.
Es folgte die Berathung des Antrags der Abgg. Kayser Und Genossen, betreffend die Vorlegung des aus Veranlassung der im Januar v. Js. zu Stuttgart erfolgten Verhaftung E Abg. Diey gebildeten Aktenmaterials. Der Antrag autet:
Der Reicstag wolle beschließen : den Herrn Reichskanzler zu ersuben, dem Reichstage das Akten- material über die thatsählihen Vorgänge bei der Verhaftung des Abg. e (Hamburg) in Stuttgart noch in dieser Session behufs der Entscheidung darüber vorzulegen, ob eine Verleßung der Reichs- verfassung (§. 31) vorliegt.
Der Abg. Dieß-Hamburg bemerkte, im vorigen Jahre habe das hohe Haus bes{lossen, den Reichskanzler zu ersuchen, die Akten über seine Verhaftung in der bekanntcn Kalender- Affaire dem Reichstage vorzulegen. Dies sei nicht geschehen, obglei in einem konstitutionellen Staate zu erwarten gewesen, daß einem solhen Antrage ohne Weiteres gewillfahrt werden würde. Der Redner wiederholte dann die bekannten Vorgänge bei seiner Verhaftung, welche wegen Verbreitung des „Omnibus- Kalenders“ erfolat sei. Nachdem der Untersuchungsrichter erklärt habe, daß der Kalender gar nicht verboten sei, habe der Staats- anwa't gleichwohl in der Ueberzeugung verharct, daß ‘er ein verbotenes Objekt verbreitet hätte, und er sei in Hast geblie- ben. Die Freilassung sei erst auf Anregung des Reichstags erfolgt. Die süddeutshen Behörden hätten, als sie ihren Jrr- thum eingesehen hätten, die konfiszirten Exemplare wieder freigegeben, nicht so das Berliner Polizei-Präsidium, welchckes no jeßt 700 Exemplare des Kalenders konfiszirt halte. Die Stuttgarter Behörden hätten seiner Zeit sich viel s{neller überzeugen müssen, als dies geschehen sei. Derartige Vorgänge habe der Reichstag die Pflicht aufs gewissenhafteste zu ver- folgen. Er bitte den Antrag anzunehmen,
Der Abg. Dr. Meyer (Halle) ewpfahl ebenfalls den An- trag zur Annahme. Die Verhaftung des Abg. Dieg habe \. Z. im Reichstag großes Aufsehen gemaczt. Jn dem münd- lichen Bericht der Geschäfteordnungskommission sei ausdrücklich hervorgehoben, daß diese Verhaftung den Bestimmungen der Reichsverfassung widersprehe, wonach kein Reichstagsmitglied verhaftet werden dürfe, außer mit Genehmigung des Reichstages _ oer wenn der Abgeordnete auf frischer That ergriffen sei. Es sei weiter betont, daß diese Bestimmung der Verfassung nit dem einzelnen Abge- ordneten ein Privilegium verleihe, sondern daß es ein PVrivi- legium des Reichstages sei, daß keines seiner Mitglieder in anderer Weise seinem Wirkungskreise entrissen werde. Unter diesen Umständen müsse der Reichstag aber auch ein Mittel haben, darüber zu wachen, daß dieses Privilegium nicht ver- leßt werde. Von diesem Gedanken geleitet, habe er sich in der Geschäftsordnungékommission erlaubt, den Antrag zu stellen, den Reichskanzler um Auskunft über die Vorgänge zu er- suchen, die sich bei der Verhaftung Dieß's zuget:agen hätten. Der Reichstag habe diesen Antrag, der von der Kommission zum Beshluß erhoben sei, angenommen. Der Bundes- rath aber habe, ohne weitere Gründe anzugeben, es ab- gelehnt, auf oiesen Antrag einzugehen. Der Abg. Dietz sei verhastet worden, ohne daß eines der beiden Momente vorg-legen habe. Der Reichstag habe die Genehnii- gung zur Verhaftung Dieß's niht gegeben. Der Abg. Dietz habe aber auf frisher That nicht ergriffen werden können, weil derselbe, wie der weitere strafrehtlihe Hergang ergeben, die That, wegen deren er angeschuldigt sei, gar nit begangen habe. Die That hätte also auch keine frische sein können. Es sei also wahrscheinlich, daß der württembergische Richter in huldhafter Weise gegen eine Bestimmung der Reichsverfassung verstoßen habe, und der Reichstag habe ein Jnteresse daran, zu erfahren, ob die Sache si so verhalte oder nicht; er bitte deshalb, den Antrag anzunehmen.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode bemerkte, seine poli- tischen Freunde hätten sich gegen den früheren Antrag der Konmmission, der sih mit dem vorliegenden decke, ablehnend verhalten, weil sie den Reichstag nicht für eine geeignete Stelle gehalten hätten, um über die Nichter selbst zu Gerichte zu sigen. Die Stellung seiner Partei sei noch heute dieselbe. Seine Partei habe keine Veranlassung, der Anregung der Antrag- steller zu folgen. Auch für diejenigen Herren, die damals für den Antrag gestimmt hätten, lägen verschiedene Gründe vor, nit auf den augenblicklich vorliegenden Antrag einzu- gehen. Der Reichstag habe damals eine Aufforderung an den Bundesrath ergehen lassen, d2r Bundesrath habe die Auskunft verweigert. Das sei eine präzise, wenn auc vielleiht niht erwünschte Antwort. Nun sei es an sich schon bedentlih, auf den Bundesrath einen solhen Ein- fluß ausüben zu wollen. Derartige Aktionen seien sehr zweifelhafter Natur, wie die Berathung des Antrages Rickert- Richter beweise. Die Annahme dieses Antrages wäre nichts als ein unzweckmäßiger Schlag ins Wasser. Praktish sei in dem vorliegenden Falle auch nichts mehr zu ändern. Der Abg. Diey sei ja freigelassen. Sole man sür weitere Fälle vorbeugen? Der Bundesrath habe ja ausdrücklih erklärt, damit cinverstanden zu sein, daß der Reichskanzler in allen Fällen, in welchen die Verhaftung eines Reichstagsabgeord- neten erfolge, davon unter Angabe von Gründen dem Reichs- tage Kenntniß gebe. Die Sache sei also für den Reichstag prinzipiell günstig geordnet, und man werde wohl künftig der- artige Fälle nicht zu beklagen haben.
Der Abg. Payer erklärte, da er seinerzeit als Verthei- diger des Abg. Diet fungirt habe, und daher die Akten kenne, wolle er nur mittheilen, daß, wenn sogar jener Omnibus- kalender, um den es sich damals gehandelt habe, verboten ge- wesen wäre, was nicht der Fall gewesen sei, der Abg. Diet doch nit auf frisher That betroffen worden wäre. Derselbe fei gesnig gewesen, daß er (der Abg. Dich) in seinem Buch- händlerladen in Stuttgart an Jeden, der es verlangt habe, diesen Kalender verkauft habe, daß er auch verschiedene Exem- plare abgeseßt habe; dagegen sei er nit geständig gewesen, und darauf allein komme es an, am Tage seiner Verhaftung oder am Tage vorher auch nur ein Exemplar des Kalenders verkauft und somit verbreitet zu haben. Der Richter, der nah seiner (des Redners) Auffassung fahrlässiger- weise, unbedaht, den Kollegen Dieß damals verhaftet habe, habe seine Ve: haftung entgegen der Reichsverfassung damit zu entschuldigen versuht, daß derselbe den Zustano der Berecit- schast d-s Avg. Diet, jedem Beliebigen einen Omnibuskalender zu verkaufen, mit der That der Verbreitung selbst identifizirt e: Daß das ein faux pas des verhaftenden Richters gewe- en sei, sei klar; und somit sei auch festgestellt, zumal der Kalender gar nicht verboten gewesen sei, daß eine Verlegung des verfassungsmäßigen Privilegs vorliege. Er meine nun nit, daß die Autorität der Gerichte leide, wenn der Reichs- tag den Antrag Kayser annehme und feststelle, daß ein cin- zelner Richter in einem einz:lnen Falle unbedacht ge-
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handelt habe; aber au der Reichstag habe eine Autorität zu wahren, und seine Autorität könnte dar- unter leiden, und zwar gewaltig, wenn derselbe si so oßne weiteres bieten lasse, was damals in Stuttgart geschehen sei. Die Antwort des Bundesraths sei nit be- friedigend; deshalb sei es sei Pflicht des Reichstags, wiederum eine Antwort zu geben, man schaffe sonst ein gefährlihes Präjudiz. Mit der bloßen Entlassung sei dem Abg. Dietz nicht gedient, der Beshluß des Reichstags solle gleihsam eine Sühne demselben gegenüber sein. Wenn der Abg. von Minnigerode meine, daß der Reichstag für alle Zukunft vor derartigen Fällen durch die Erklärung des Bundesraths ge- sichert sei, so sei dies ein Jrrthum. Was nüßte dem RNeichs- tage die Benachrichtigung, die dem Reichskanzler über eine Verhastung zugehe, wenn nachher, wenn der Reichstag diese Verhaftung als eine verfassungswidrige betrahte, die ver- bündeten Regierungen sich weigerten, dem Reichstage das attenmäßige Material auszuliefern, und den Neichêtag somit sammt seinen verfassungsmäßigen Ansprüchen falt stelle ? Der Reichstag sei durch das vorliegende Material vollständig berechtigt, weiter fortzufahren in dieser Sache und solange fortzufahren, bis man wisse, daß das ver- leßte Necht seine Sühne gefunden have. Wenn der Reichstag dies nicht thun wolle, dann wäre es besser, derselbe verzichtete aus dies Privileg und überließe es dem Ermessen der einzelnen Amtsrichter und den verbündeten Regierungen, ob man dem Neichétage es gnädig gewähren wolle für die Zufunst oder nit.
Der Antrag wurde darauf angenommen.
Es solgte die erste und event. zweite Berathung des von den Abgg. Lenzmann und Genossen eingebrahten Gesetzent- wurfs, betreffend die Abänderung des Zolltarifs vom 15. Juli 1879. Derselbe hat folgenden Wortlaut :
Der Reichétag wolle besließzen: dem nacbstehenden Geseyz- extwurfe die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen: Gesetz, betreffend die Abänderung des Zolltarifs vom 15. Juli 1879. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deuts&er Kaiser, König von Preußen 2c. verordnen im Namen des Reis, nach erfolgter Zustimmung des Bundeëraths und des RNeichêtags was folgt: __ Hinter Nr. 26 des Zolltarifs zu dem Gefeße vom 15. Juli 1379 (N.-G.-Bl. S. 207) wird eingeschaltet : Anmerkung: Talg und Palmöl, zur Stearinfabrikaztion bestimmt, unter ¿Uar None ce frei. Urkundlich 2c.
_Der Abg. Münch befürwortete den Antrag, da es im Jn- teresse der deutschen Stearinfabrikation liege, wenn die von ihr gebrauhten Rohmaterialen zollfrei wären. Der SgHhußtzoll auf Stearin habe durchaus nicht die gehoffte Wirkung gehabt, und nur durch Annahme des heutigen Antrages würde man die Stearinfabrikation thatsählih hüten.
Hierauf nahm der Bevollmäthtigte zum Bundesrath, Staatssekretär des Reichsshaßamts Burchard, wie folgt, das Wort:
Meine Herren! Die ungünstige Lage der Stearinfabrikation ift den verbündeten Regierungen nicht verborgen geblieben und sie haben ernstlih {on früher erwogen, auf welche Weise dieser Lage abzu- helfen sein könnte. Die Gründe für das Darniederlegen und das Zurückgehen dieser Industrie sind, wie der Herr Vorredner hervor- gehoben hat, in erster Linie auf die Konkurrenz der Paraffin» fabrikation zu schieben. Jn dieser Beziehung liegt ein Antrag nit vor, und es wird auch wohl ausgesblossen sein, na dieser Richtung bin den Wünschen der Stearinfabrikanten etwa entgegen zu kommen. Der zweite Grund, weshalb die Stearinfabrikation sih in gedrüdckter Lage befindet, ist die Konkurrenz des Auslandes, und es kann nicht bekannt werden, daß diese fortwährend eine gesteigerte geworden ist. Im Jahre 1879 bei Feststellung des Zolltarifs sind allerdings Zolländerungen bes{lossen worden. Es ist ein Zoll auf Palmöl und auf Talg in der Höhe von 2 M eingeführt worden, andererfeits ist aber der Zoll auf Stearin erhöht von 3 4 auf 8 4 Die verbündeten Regierungen hatten nur eine Erhöhung von 3 X auf 6 M vorges{lagen. Auf den Wunsch der Interessenten im hohen Hause wurde aber besblossen, den Zoll auf 8 #Æ zu erhöhen, und diesem Beschluß haben die verbündeten Regierungen zugestimmt. Die Einführung eines Zolles auf Talg und Palmöl wurde als noth- wendig anerkannt und zwar im Interesse der inländischen Fabrikation.
Wenn namentlich der Herr Vorredner sagt, der Zoll auf Palmöl sei ein Finanzzoll, es werde im Inlande gar nit hergestellt, so ist dies gewiß nicht zutreffend, Palmöl wird allerdings hergestellt aus Palmkernen in beträchtlihem Maße. Die Industrie befindet sich in erfreulihem Aufshwunge, und der Schuß- zoll von 2 Æ hat unzweifelhaft dazu beigetragen, diese Industrie zu beleben. Die verbündeten Regierungen haben, als die leßte Zolltarifvorlage aufgestelt wurde, erwogen, in welcher Weise der bedrängten Lage der Stearinfabrikation abzuhelfen sei. Es waren von den Fabrikanten felbst zwei Wege als geeignet bezeichnet worden, entweder der jeßt in Vorschlag gebrachte einer Aufhebung des Zolles auf Palmöl und Talg, oder einer Erhöhung des Zolles auf Stearin. Nach Lage der Verhältnisse konnten die verbün- deten Regierungen nicht zweifelhaft sein, daß der letztere Weg der geeignete sei. Um dies etwas näher zu begründen, gestatte ih mir einige Zahlen bezüglich der Ein- und Ausfuhr vorzutragen. Wenn die Stearinfabrikanten außer Stande gewesen wären, die Aus fuhr unter der Herrschaft des neuen Zolltarifs in dem früheren Maße aufrecht ¿u erhalten, so wäre vielleibt zu erwägen gewesen, ob man ibnen in der Weise hätte Hülfe zu Theil werden lassen können, daß der Zoll auf Palmöl und Talg erleichtert oder aufgehoben würde. Nach der Statistik ist das nit der Fall. Die Ausfuhr hat sh nab Einführung des Tarifes von 1879, soweit aus der Statistik ersichtlich- ist, niht wesentlih vermindert, und nach dieser Richtung hin gehen die Klagen der Stearinindustrie weniger. Die Statistik giebt freilich niht die Pai für den Stearin allein, sondern gemisch{t für „Stearin, Palmitin, Parafin und Wallrath". Es kann aber wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die Ausfuhr und Einfuhr des Stearins dabei überwiegend ist.
Die Ausfuhr betrug von den genannten Artikeln im Jahre 1877 über 29 000 Doppelcentner, 1878 34 000 Doppelcentner, 1880 beinahe 27 000 und 1881 über 34 000 Doppelcentner. Es ergiebt \i hieraus zwar ein gewisses Schwanken in der Ausfuhr, man kann aber nicht behaupten, daß nah Einführung des neuen Zolltarifs die Ausfuhr wesent- lih herabgegangen fei. Ganz anders stellt sich das Bild für die Einfuhr. Die Einfuhr war allerdings vor dem neuen Zolltarif eine verhältnißmäßig geringe, sie ist dagegen nach diesem Tarif eine sehr starke geworden. Was ift denn nun aus diesen Thatsachen zu entnehmen? Der ein- Mee Swluß, daß der Schup des Zolles ni&t ausreichend gewesen ist ür Stearin und der Vorschlag der verbündeten Regierungen