1883 / 28 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Feb 1883 18:00:01 GMT) scan diff

bah anderer Meinung geworden sei. Der Antrag sei ein nothwendiger Bestandtheil des Jnnungsgeseßes. F§. 100e. enthalte die eigentlihe Spige dieses Geseßes, und wenn er auh niht zu denen gehöre, welhe sogten, daß es ohne diese Spitze gar nichts leiste, so glaube er doch, daß der Werth des Gesezes jeßt sehr verringert sei. Das ganze Jnnungsgeieß verdanke seine Entstehung einer in Folge vieler Pititionen beshlossenen Resolution des Reichs- tags, welche die Regierung auf.efordert habe, dem Handwerk dur Gesete eine Hülfe zu gewähren. Er vertheidige aber den Antrag wit ganz anderen Gründen als der Abg. Acker- mann. Der §. 100e. sei die Frucht eines Kompromisses und, wie alle seinesgleihen, von verschiedenen Seiten heftig angegriffen worden. Alle Parteien seien darüber einig, daß das Geseg sich des Handwerks annehmen müsse. Er versö: lih gehöre auch nicht zu denen, die die Emführung einer veralteten Technik wünschten : Masc;inenfabrikation, Massenproduktion, Arbeitstheilung seien Faktoren, deren Folgen durch Geseße niht wieder beseitigt werden könnten, sondern es könne dem Geseß nur ankommen auf die Erhaltung des Handwerks- und Mittelstandes. Darin seien Alle hier wohl einig, und nur in diesem Sinne halte er das Jnnungsgeseß und das vorliegende Amendement für etwas Gutes. Daß zur Erhaltung des Mittelstandes ge- wisse korporative Verbände nöthig seien, gäben gleichfalls Alle zu; ein Jahrhunderte altes korporatives Gebilde liege nun in den Jnnungen vor, und darum halte er diese Form in erster L’nie für wünschenëzwerth. Wenn nun auch die Jnnung zuerst als Schuß des Handwerks gegen die Absorption durch das Großkapital dienen solle, so meine er do, daß man der bestehenden Fnnung weiter gehende Vor- theile einräumen solle. Durch den Hinweis auf die erfreuliche Entwicklung des Handwerks habe der Abg. Baumbach für seine Sache Nichts bewiesen. Für Produzenten, die etwas leisten könnten, braute man feine Jnnung, sondern es handle fih um die große Masse der Mittelmäßigen. So sei es über- all: der Großgrundbéisißer bedürfe auch feines Vereins zum Schuße seiner Jnteressen, wohl aber der fleine Grund- besiz. Sollten die L-ute jedoch in die Jnnungen eintreten, so müsse man ihnen auch gewisse materielle Vor- theile geben; der Äppell des Abg. Baumbah an den Egoiêmus fönne daher wenig ins Gewicht fallen, um so weniger, als bekanntlich die scrankenlose freie Konkurrenz am meisten auf billige Arbeitekräfte hingewirkt habe. Es sei hingewiesen auf die Mißbräuche, welche die An- nahme dieses Antrags nah si zichen fönne, allein es liege ja darin für die Jnnung keineswegs ein Recht und auch für die Regierung keine Pfl'cht. Daß es wünschenswerth sei, die Befugnisse der Verwaltung möglichst genau durch Gesetze zu regeln, meine au er, allein in allen Zweigen finde man jeßt dem Ermessen der ausübenden Beamten Vieles überlassen im Allgem:inen könne man also auch einer solchen Oberbehörde das Zutrauen schenken, -daß sie nicht nah Willkür handeln werde. Der Abg. Ackermann habe bereits darauf hingewiesen, daß man in Dest.rreih noch viel weitergehente Bestimmungen festzuseßen im Begriffe sei, und wenn er au davon feinen direkten Rücks{luß auf Deuts&land machen wolle, wil die Verhältnisse dort vielleict nit diesclben scin wöchten, so empfehle er dem Hause doch dringend die Annahme dieses Antrags.

Der Abg. Walter (Dresden) erklärte, der Antrag sei nihts weiter als eine Rückehr zu obligatorishen Fnnungen. Wenn man si aber auf das Zeugniß der Handwerker selbst berufe, so habe er dagegen doch anzuführen, daß auf einem Handwerkertage in Baußen sich für Zwangsinnungen nur 13 der kleinsten Jnnungen auêgesprochen hätten, während einige 60 dagegen gewesen seien. Hiernah dürfe man clso ein- seitigen Wünschen einer kleinen Viänderheit nicht nach: geben. Hätte 1881 der Reichztag mehr Handwerker und zwar tüctige Facleute in seiner Mitte gehabt, so wäre §8. 100e, Absag 3 mit noch viel größerer Majorität verworfen worden. Nach dem Abg. Ackermann solle das neue Privilegium der Jnnungsmeister Zucht und Sitte unter den Lehrlingen heben, und die Lehrlinge im Handwerk tüchtiger mahen. Aber seien denn nit die Hand- werkéleistungen in den leßten 25 Fahren ganz bewundern®- werth in die Höhe gegangen? Habe nit der Geshmadck, di Solidität der Ausführung großartige Fortschritte aema@t, wie z B. die Nürnberger Ausstellung geicigt habe? Die An- nabme des Antrags würde einfa der Gewerbefreiheit ein Ende

machen, und das wäre ein Unalück für das deutshe Gewerbe |

und für daë deutsde Voll! Und wie habe es denn mt dem Lehrling zur Zeit der Zünfte und der alten Jnnungen ge- standen? Der Lehrling sei ledigli Knecht gewesen, habe Stiefel puten, in der Kühe helfen, Kinder ausfäahren müssen, und wenn die Lehrlingtz:.it zu Ende gewesen fei, habe der- selbe ni&ts gelernt gehabt. Er selbft habe sein Handwert nit in der Lehre, sondern erft auf der Wanderschaft erlernt. Diese Uebelstände bätten ja eben mit dazu geführt, die alten Innungen zu beseitigen. Jm Handwerkerstande sage man nch: Würde dem Handwerker erîit das Recht entzogen, Lehr- linge zu balten, so ne man ja auch witer gehen und dem- selben verbieten, Gesellen anzunehmen. Statt dem aligemeinen Erwerbsleben aufzubelfen, beunruhiae man alle Stände dur neue Belastungsprojekte, dur Holzzöle, durh Zwangs-Unfal- und Kranfenver sicherung. Durch die Einbringung des An- trags Adermann werde die Unrube im Handwerkerstand nur gesteigert, in den von ihm vertretenen Kreisen sei die über- Sine Mehrheit gegen diesen Antrag, den er zu verwerfen itte.

Der Abg. Lohren hob hervor, daß der vorliegende Antrag die Jnnungen zu einer sczialen Jnftition für unmündige Arb iter wachen wolle, indem derselbe für eine tüchtige ge- werblihe Auébilturg der L-:hrlinge sorge. Der Antrag wolle dem Gescß von 1881 erst die rictige Wirksamkeit verschaffen. Die Jnnungen sollten na der Tendenz dieses Gesczes nt tür den Meister, sondern für die Lehrlinge beftchen: fie soll- ten im Gegensag zu den früheren Jnnungen, welche nur Förderunoëftätten für die Jnterefsen der Meifter gewesen seien, wahre Lehbrlings-Erziehungsanstalien sein allerdings Erziehungetanftalten, mit denen man am beste: dem Umsivarcifen der Sozialdemokratie entgegentreten könne. Jn den alten Jnnungen sei der Lehrling für den Meifter da ge- wesen, in den neuen sei der Meiiter für den Lehrling da ; die alten Jnnungen baben dem Meifter nur Nechte gegeben, die neuen gäben demselben nur Pflichten. Der Meister träte ibnen bei zum Wohl des States und der Gesellschaft. Wenn nun das Gesecs von 1881 bieh:r wenig Eriolg ge- habt have, so Licae dies €ben daran, daß eigentli darin für diejenigen Meister, die fich den Jnnungen ange-

{lossen haben, gar keine Vortheile, sondern nur Nachtheile sih daraus ‘ergeben haben, so daß es gegenwärtig geradezu thöricht sei, einer Jnnung beizutreten. Es müßten Eintritts- gelder und sonstige Beiträge gezablt werden, die eventuell exekutorish beigetrieben werden müßten, ja sogar seien die Meister harten Strafen Seitens der Jnnung unterworfen, wenn sie 1hre Pflichten gegen "ie Lehrlinge verleßt hätten. Der Antrag Ackermann nun verlange für die Jnnungsmeister das Allermindeste, was gewährt weren müßte, wenn fie nicht \hlehter gesteut werden sollten als die Nichtinnungsmeister. Die Meister träten in die Jnnung ein zum Wohle der Gesellschaft ; der vorliegende Antrag enthalte die allergeringste Gegenleistung, welche sie von der S:sellshaft fordern könnten, Einen Bruch in die Gewerbefreiheit bedeute der Antrag Acker- mann niht. Werde denn darin irgend Jemand gehindert, Gewerbe zu treiben, welches und so viel derselbe wolle? Es handele sih vielmehr hier um ein soziales Geseß zur Er- haltung des Mittelstandes. Der Reichëtag habe die Frauen- und Kinderarbcit iu Fabriken beshränft, um der Ausbeutung der Frauen und Kinder entgegenzutreten; seine Partei wolle jeßt beshränkende estimmungen über das Lehr- lingswesen erlassen, um die Ausbeutung und den Mißbrauch der Arbeitskraft unmündiger Lehrlinge zu verhüten, um die Meister zur gründlichen und tüchtigen Erziehung der Lehrlinge anzuhalten. Das sei kein Schritt gegen den sozialen Frieden, sondern ein Schruit zum sozialen Frieden. Seine Partei wolle das Minimum eines Zusammenhanges einer Affsoziat:on der Arbeit hier durchführ.n, welhes nothwenoig sei, um das Kleingewerbe neben dem fapitalistishen Betrieb fortbestehen zu lassen. Ohne festoraanisirte Jnnungsgenofsenschaften werde es nie mögli sein, daß ärmere Meister die For!scritte der Maschinentechnik, und die neuesten gewerblichen Erfindungen sich zu Nuze machten. Und endlich noch eins, was alle Parteien, auch die liberale, wohl bedenken mödhten : lehne das Haus heute den Antrag av, dann werde die Agitation im Kleingewerbe ganz außerordentlich wachsen, und man werde in der nuthsten Session viel weitergchende Forderungen als die heut gestellten bewilligen müssen. Er bitte das Haus daher dringend, durch Annahme des Antrags heute einen weiteren Schritt zur Schaffung eines ollgemeinen deutschen Arbeitärets, seines politischen Jdeals, zu thun und die Jn- tentionen des Gesezes von 1881 auf dem Gebiete des Lehr- lingéwesens zu verwirklichen.

Der Aba. Köhl (Würzburg) erklärte, wenn kürzlih der Abg. von Minniger ode als Sachverständiger über militärische Dinge ein kompetenteres Urtheil zu haben geglaubt habe, als der Privatmann Schott, so könnte er heute viellciht vers:cht sein, als Fahmarn dasselbe den Herren von der Rechten über die Noth des gewertlicen Mittelftandes zuzurufen, die sie nur dur Hörensagen kennten, ohne sie je selbst verspürt zu haben. Yber weit entfernt, den Konservativen das Urtheil auf gewert- lichem Gebiet absprechen zu wollen, gestehe er denselben zu, daß ihre Swilckerungen der Noth des Kleinuewerbes, die die Nehte als Folie für ihre Agitationen gebrauchte, im Allgemeinen der Wahrheit entsprächen. Das Kleingewerbe leide gegenwä tig unter einem Aufsaugungsprozeß, der vielleiht aanz verschwinden machen werde. Es liege das an dem Kampf mit der ktapitaliftisen Produftionêweise, in welhem das Kleingewerbe na'urnoth- wendig unterliegen müsse. Von einem Berufsgenossen aus dem Kleingewerbestande könnten nur wenige noch festen Boden in der Gesellschaft g-winnen ; es sei eben ein Prozeß der Prolétarifirung in diefem Stande, den man nicht ver- tuschen, sondern offen eingestehen müsse. Er stimme also mit ter Diagnose der Krankheit überein ; micht aber mit den von der Neckten vorgeschlagenen Heilm.ttiln. Der Hauptvortheil, den das Geseg von 1881 den Janungen geboten habe, sei die Zu- erkennung der Korporationsredte gewesen. Das sei eine weit arößere Prämie sür die freiwilligen Jnnungen, als die Ge- währung des auss{li-ßlihen Rechtz, Lehrlinge auszubilden. Aber seine Partei glaube, und auch der Abg. von Hertling sei damals ihrer Meinung gewesen, es sei mit dem Geschß von 1881 cin Zeitpunkt der Ruhe eingetreten; man würde die Wirkungen deé Gesetes ruhig abwarten können. Wenn nun das Gesct die gehofften Wirkungen niht gehabt habe, so sei das hauptsächlich die Schuld einer verhegenden Agitation, die haupt- fäl: dure fonservative Agenten betrieben werde und die Leute direkt davon abbringe, den Fnanungen beizutreten. Wenn fich der Handwerker an der Hand des Geseß:s von 1881 helfen wolle, dann brauche derselbe der Hülfe des heutigen Antrags Ackermann nicht mehr; wolle der Handwerker si ader nit h-lfen, dann nuge demselben auc der Antrag Ackermanns ni6ts. Dieser Antrag wolle einmal eine Prämie für den- jenigen Handwerker, welcher den Fnnungen beitrete, und zwei- tens eine Strafe für diejenigen, welche fh von der Vortréff- lihfeit der Jnnung:n nit überzeugen lassen wolle. Dadur aber werde eine neue Privilegiumêwirthischaft ein- gefübrt, und weiter eine Majoritätenwirtbicaft der scklimmîften Art. Denn es si möaglith, daß die Guten aus dem betreffen- den Gewerbe von der überwiegenden Mehrzahl der Slehten majorisfirt würden. Die Leute, wel&e den Jnnungen bei- treten würden, würden auch keine besonderen Vortheile haben ; denn es werde innerhalb der Jnnung weder die Konkurrenz der fapitalfräftigen Gewerbégenossen beseitigt, noch der Kon- furrenzzwang nach außerhalb. Un die Krankheit des Gewerbes zu beben, si vor Allem Ruhe nöthig, Ruhe vor solhen Re- z- pten, welche die Gleidberechtigung der Bürger ihädiaten. Er bitte deshalb, den Antrag Ackdermann abzulehnen.

Die Generaldebatte wurde geschlofsen. Das S&lußwort erbi:lt der Mitantcragsteller Abg. von Kleist Reyow. Derielbe erklärte, wer es mit dem Wobl des deutsch-n Vaterlandes gut meire, und einen tüdtigen Hantwerkerstand wolle, müfse für den Antrag stimmen. Dieser Antrag sei der Reiten nit nur

ein alter Bekannter, sondern auc ein lieder Freund. Die | Linke sage fsfreilih, es werde shon alles beer werden au ohne sole Anträge; die Handwerker

selbft bewiesen aber der Linken das Gegentheil dur zablreide Tetitionen. Die liberale Gesetzgebung sei {huld an diesen Mißftänden. Die liberale Geseßgeburig habe nit die Zeit- riétung geführt, fie habe sich von ihr ziehen lassen und das, was fie mit fit gebraht habe, noch verschärft. Die unge- zügelte Freiheit lafîse den Einzelnen wohl s{neller zu etwas tommcn, aber fie ftelle denjelben au allen Konfurrenten tül Los L rg die mädtiger seien als der Einzelne. Das Handwerk sei dem Kapital gegenüber völlig ohnmädtig. Diesen Zustand des herrshze: den Kapitals nenne die Linke Rechchts- staat, Erhaltung d-8 Friedens, ja Friede des Todes für die unglüdiihen Sandwerfer. Die Keafltion dagegen bedeute den

Frieden. Der Kapitalift beftimme den Preis, derselve betüm- mere sich nicht um die Familie des Handwerkers, der

Kapitzlift gebrauze den Handwerker so lange, als derselbe

einen Vortheil von dem Handwerker habe, und werfe denselben fort wie eine ausgedrückte Citrone. Kapital möge gegen Kapital, E gegen Fabriffonfurriren, aber man solle nit den Arbeiter-

and dem Kapital preiegeben. Thue man es do, so treibe man den Handwerker in die Reihen der Sozialdemokratie und verstär?e die Vagabondage. Die Sozialdemokraten freilih hätten fein Jnteresse diesen Mißständen abzuhelfen, sie scôpften aus denselben ihre Kraft für den Umsturz der jeßige: Staatsordnung. Die Fortsrittler hätten nur ein Interesse für die Arbeit allein, niht aber für den Hand- werkerstand, für Gesellen und Meister. Man wolle nit die

Arbeitsbücher. Der Handwerker müsse aber eir e Legitimation der Person haben, die derselbe in sein Haus aufnehme. Der Abg. Lasker habe früher gemeint, man wolle den

andwerkern nur Opfer auferlegen, und keine Rechte geben.

hne Opfer keine Rehte. Es bedürfe der Selbfiver- läugnuna der Meister gegen seine Mitmeister und gegen sich selbst. Die Meister sollten dur die Jnnungen ihren eigenen Genossen und si selbft helfen, und angehalten werden, ihre Pflichten gegen die Lehrlinge zu erfüllen. Wie man höre, sollten die Meister noch zögern, in solche Fnnungen einzutreten. Wenn aber der Reichstag ein Herz für fte zeige, um gesunde Zustände herbeizuführen, dann würden sie auch mit Luft und Liebe ihre Schuldigkeit thun.

_Die erfte Berathung wurde ges{lo}sen und da eine Kom- missionsberat u"g nicht beliebt wurde, sofort in die zweite Lesung eingetreten.

Der Abg. Dr. Böttcher bemerkte, er könne die objektive Darstellung des Abg. Dr. von Hertling nur gegenüber der einseitigen des Vorredners rühmen. Auch seine Partei sei entshlosen, in dem Kampf zwishen Kommunismus und Pluto- fratie belfend einzugreifen. Seine Partei besige auch einen Mann, den Abg. Schulze Delißsch, der schon lange damit dbe- schâftigt sei, für die Arbeiter zu sorgen. Wenn dessen Ver- suhe so wenig Erfolg gehabt hätten, so liege das an den Konservativen, die denselben dabei nicht unter- stüßt hätten. Auch von seiner (des Redners) Partei habe ein großer Theil für das Jnnunsgsgeset votirt, aber für den An- trag Ackermann könne jeine Partei nicht stimmen. Prafkiisches werde man durch denselben nitt erreihen, und durch die heu- tigen Reden werde die Rechte den Handwerkern nicht gerade Lust zum Eirtritt in die Jnnungen machen. Er bitte, den Antrag abzulehnen.

Der Aba. Frhr. Langwerth von Simmern sprach ch{ troy mannigfacter Bederken für den Antrag aus. Am Besten wâre man bei dem alten Genossenschaft3wesen geblieben, wenn man aber einmol einen Funken in das Volt geworfen habe, so müsse man den weiteren Wünschen des Volfes entgegen- fommen. Niemand könne mehr als er für Korporationen sein. Er wünsche dies:lken für den Grundbesiß und zwar auch für den größeren. Wo die Korporationen in seiner Heimath, Hannover, eingeführt seien, haben sie sehr segens- rech gewirkt. Er müsse sie deshalb auch für andere Berufsklassen wünschen. Wenn es sich heut um die Aufhebung bestehender Zwangsinnungen handelte, so würde er wahrscheinli gegen dieselben stimmen. So liege die Sache aber freilih ni&t. Gegen das Geseß, das der Reichstag vor einigen Jahren gemacht habe, habe er erhebliche Beckenken. Er finde es schon bederklib, daß die Jnnungen nit auf H ndwerker ein und desselben Gewerbes beschränkt bleiben sollten; noch bedenklicher sei es ihm, daß Handwerker verschie- dener Orte und arößerer Bezirke zu einer Jnnung zusammen- treten könnten. Er glaube, daß die sittliche Bedeutung der Innungen dazurh wesentlich gescwädht werde. V r allem aber sei er gegen das bureaufratiswe Element, welches das besichende Gejes enthalte. Daß es ledigli von dem Ermessen der Verwaltungëbehörde abhängen solle, ob sich eine Fnnung bilden solle, halte er für sehr gefährlih. Nech bedeuk- lier sei es, taß die einma! ins Leben gerufene Fnnung durb einen einfatez Mattipruch der Behörde wieder auf- gehoben werden könne. Er glaube mcht, daß sich ein korpo- ratives Leben, so lange cin solches Damokleë]chwert über einer Innung hänge, in dieser bilden werde. Wenn mehrere Vor- redner ihr Vertrauen zur Verwaltungsbebörde ausgesprochen gehabt hâtten, so könne er das [eider nit. Nach seinen Er- fahrungen fiänden die Herren am grünen Tisch den wirtlichen Verhältnissen meist sehr fern. Troßdem halte er die Mängel des bestehenden Gesetzes nicht für so bedenklid, daß er nicht für dessen Aufre{terbaltung wäre. Wolle man €s zu einem [ebensfräftigen machen, müsse man den Antrag Adtermann annehmen.

Der Abg. Frohme bemerkte, der Antrag Ackermann wolle Breîcve legen in die bestehenden Verhaltnisse, um danach weitere konservative Gesetze einzuführen. Hätteder Aba. von Kleist- R-gow seine heutigen Ausfälle gegen das Kapital in einer Volksversammlung vorgebracht, so wäre die Versammlung durch den überwacznden Poliziften aufgelöst worden. Das seien Alles Dinoe, die von den Sozialdemokraten tausendmal gesagt seien, dafür sei seine Partei von den Bebörden verfolgt wor- den, und die Nette sprechz der Sozialdemokratie heut nur na, was dieselbz vorgeiprohen habe. Es sei nit zu verkennen, daß das Be- müben der Konservativen selbst in Arteite: kreisen als darauf hin- autlaufend erfannt werde, die Handwerker zu politishen Zweden für fic zu gewinnen; es sei Niemandem zweifelhaft, daß ¿s der N-hten nit auf das Heben des Arbeiterstandes selbst anforme. Man wolle die Arbeiter zwingen, in die Jn- nungen einzutreten und versuhe dies auf Umwegen zu er- reihen, da man es auf geradem Wege nicht erreichen föônne. Die Sozialdemokraten würden den Antrag Atermrann nickt acceptiren; für Aue, die sich ernstlich

mit der Frage der Sozialreform beschäftigten, würde es besonders auf die Masse der Produzirenden, auf die

Proletarier anfommen; man hade vorhin hier von dem Mittelftande geiprochen; dieser Mittelstand sei eben in der Auflösung begriffen, und die ganzen von der reten Seite acmacten Borsgläne bewiesen, daß fie allerdings davor in Angst seien, und vor dem großen Anfturm bangten, aber die Rechte sei doch nicht im Stande, gründliche RNeformvorschläge zu mahen. Wenn der Abg. von Kleist-Regow meine, die Sozialdemokraten wollten durch die Ablehnung sich nur weitere Mittel {hafen für eine Armee von Proletariern, so irre der Advg. von Kleist-Regow fich. Derselbe halte die Bestrebungen sciner Partei nur für ein ver- werfliczes politishes Mittel. Der Kampf gzgen das Kapital rihte si bei den Konservativen gegen die Personen, bei den Sozialdemokraten gegen die Zustände. Die Rechte bringe den sozialen Frieden in Gefahr, nit die Sozialden ofratie. Das Sozioliftengesch habe die Rechte nur gemacht, um die Sozial- demokraten mundtodt zu machen, damit sie den fonservativen Phrasen über die Unterflüßung der Arbeiter nit mehr ent-

entreten fönnten. Er sage den Konservativen aber, fie fampften gegen Windmühlenflügel._ :

Die Diékussion wurde geschlossen. Jn namentlicher Ab- stimmung wurde der Antrag Ackermann mit 170 gegen 148 Stimmen abgelehnt. _ E ;

Hierauf vertagte sih das Haus um 4/4, Uhr auf Don- nerstag 12 Uhr.

E heutigen (44.) Sitzung des Neis - tages, welher der Staats-Minister Scholz sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommifsarten desselben beiwohnten, machte der Prafident von Levegow Mitthe'lung von dem Eingange weiterer Spenden für die Ueberihwemmten aus Amerika und aus Deutschland.

Hierauf trat das Haus in die Tagesordnung ein. Der erfie Gegenftand derselben war die Interpellation der Abgg. Ausfeld und Genoffen, wegen Verhütung des Zusammen- stoßens von Schiffen auf See, aus Veranlassung des Unter- ganges der „Cimbria“. Die Jnterpellation lautet :

Beatsictiat ter Herr Reichéfanzler aus Anlaß des Unter- cances der „Cimbria* neue Bestimmur gen in Erwägung zu nehmen oder auf dem Wege internaticnoler Vereinbarungen anzubabnen, welde zur Verbütung von Kollisionen- jur See beizutragen im

Stande ¿

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Der Abg. Sonnemann wies auf die zahlreichen Kollisio- nen zur See namentlich der legten Jahre bin. Für den Um- ana des Unclüdes feble es an jedem Maßstabe; der Verlust an Menicerl:ben sei gar nickt zu s{äßen. _Wie bedeutend derselbe sei, fônne man daraus entnehmen, daß im Jahre 1882 984 Sciffe verunglüdt seien, und daß hierbei 2002 Menschen ums Leben gekommen seien. Der Unfall bei der „Cimbria“ habe also mehr als ein Fünftel der Menschenverluste eines Jah- res betragen. Der Untergang der „Cimbria“ habe über zahlreiche Familien unsäglihen Kummer gebracht. Ueber das Benehmen des englishen Kapitäns könne man vor der geritlihen Ent- scheidung nicht urtheilen; die Mannschaft der „Cimbria“ Seine sih auëge eihnet benommen zu haben, dagegen sei das Benehmen der Hamburger Gesellshaft, welcher der Dampfer angehöre, sehr zweideutig. Redner besprach sodann die bereits bestehenden Vorschriften zur Vermeidung solcer Zusammenstöße zur See: die Signallihter, Glocken,

noch nit

Pieifen, Nebelhörner u. dergl. hätten sih_ E als ausreichend erwiesen. Es würde sich vielleicht die Ein‘ührung des elektrischen Lichts empfehlen.

Das allzuschnelle Fahren der Kapitäne feiaucch an vielen Unglüdcks- fallen Schuld. Ferner müßten die Abtheilungen des Schiffes Ftets feft verschlossen, diz Rettungsböôte verbessert, die Shw1mm- gürtel zahlreicher sein, und jeder Passagier müßte mit dem Gebrauch derselven befannt gemat wérden. Endlich follten den Kapitänen bestimmte Fahrlinien angewiesen werden, die fe inne zu halten hätten.

Der Staats-Minister Scholz erwiderte, daß er die in der Interpellation gest:llte Frage weder bejahen nohch verneinen tfönne. Am 23. Jaruar sei die amtliche Untersu&ung über den der ZFntecpellation zu Grunde liegenden Fall begonnen worden ; bevor das Resultat derselben bekannt sei, müßz die Reis: regierung si aller Urth:ile enthalten. Er würde deshalb dem boben Hause anheim geben, einen eventuellen Antrag auf Beiprehung der Jiterpellation abzulehnen.

Das Haus bes{loß d-migemäß.

Hiermit war dieser Gegenftand der Tagesordnung er- [edigt.

Das Haus sehte nunmehr die Etatsberathung fort, und zwar bei den Eir nahmen der Post- und Telegraphen:

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Beim Kap. 3 Titel 3 der Einnahmen (Gebühren für Bestellung von Posisendungen am Orte der Postanitalten) einer Herabsetzung der Bestellgebühr für Telegramme auf dem

Der Bundesfommisar, Direktor im Reichs-Postamte Mießner erwiderte, . det

so daß schon da- dur dem von dem Vorredner ausge\sprohenen Wunsch2 ent- araznacfommen werde. Eine Herabiegung der Gebühr

L 2 _ Moeller tadelte, daß die für Zeitungen bestimmten Briefe, die von hier h:it befördert würden, so deß fie zu spät in die Hände des Adressaten gelangten und dadurch viele Sendungen, z. B. Rarlamentsverihte, völlig werthlos würden. -

je mehr Postämter auf dem Lande errichtet würden, um so cher seinem Wunsche ent- sprohen werden könne. graphenverwaltung wurden genehmigt. (Schluß des Blattes.)

Der General der Jnfanterie von Obernig, General- mandirend:r General des XIV, Armee Corps, hat si gestern na Karlsruhe zurückvegeben. ridten über Schiffsbewegungen (das Datum vor dem Orte bedeutet A kunft daselbst, nah dem Orte Abgang von dort). 13./12. 82 Colonia. Lehte Nachricht von dort 24 /12. 82. (‘Poststat:on: Montevideo [Uruguay].) S. M. S. „Ca- (Poststation : Sidney [Australien].) S. M. Knbt. „Cyclop“ 14/10. 82 Alexandrien. Letzte Nachricht p dort 20./1.

verwaltung. drüdte der Abg. Freiherr von Minnigerode den Wuns nah Lande, die bis jtt 80 betrage, aus. die Telegraptenanstalten auf dem Lande würden jährlich um etwa 3— 400 vermehrt, von 80 A sei nicht möglih. Der Avg. Dr. na dec Provinz gesbickt würden, nicht mit der ersten Gelegen- Der Abg. Frhr. von Minnigerode meinte, daß, Dieser Titel, sowie die Einnahmen der Post- und Tele- Adjutart Sr. Mojestät des Kaisers und Königs und fom- Das „Marine-Ver.-Bl.“ veröffentlicht folgende Nach: S. M. Knbt. „Albatroß“ 21./11. 82 Montevideo. 11./12 82 rola“ 13./9. 82 Apia. Letzte Nachricht von dort 26./9. 82. (‘Poststation: Alexandrien [E.ypten].) S. S. „Eli-

fabeth“ 13/11. 82 Swatow 6./12. 82. T7./12. 82 Amoy. Leßte Nachriht von dort 22./12. 82. (Poststation : Hongkong.) S. M. Knbt. „Hyäne“ 24./8, 82 Val- paraiso 26./8. 82 (Poststation: Sidney [Australien].) S. M. Knbt. „Zltis“ 20./11, 82 Shanghai 17./12 82 nach Swatow. (Poststation: Honkong.) S. M. S. „Leipzig“ 99/12. 82 Montevideo. Beabsichtigte am 3./1. die Reise fortzusegen. (Posistation: Honolulu [Sandwichsinseln].) S. M. Av. „Loreley“ 28./11. 82 Konstantinopel. Lebte Nachricht von dort 15./1. (Poststation : Konstantinopel.) S. M. S. „Moltke“ 20./10. 82 Valparaiso 29./11. 82 5/1, Talcahuano. (Poststation: Panama.) S M. S. „Nymphe“ 5./1. Pialta 18./1. nah Messina. Leßt- Nachricht tele- araphisch aus Malta vom 29./1. (Poststation: Malta.) S. M. S. „Olga“ 15./12. 82 Dominika (Prinz Ruperts- Bay). Letzte Nachricht von dort 10./1. Beabsichtigte am 13./11. nach Trinidad zu gehen. (Poststation: St. Thomas [Wi stindien].) S. M. S. „Stosch“ 15./11. 82 Kobe 3,/12. 82 4./12. 82 Mimwara 5./12. 82 6./12. 82 Simonoseki

(Postsiation: Hongkong.) S. M. Knbt. „Wolf“ 16./11. 82 Tientsin. Letzte Nachricht von dort 30./11. 82. (Pofistation : Hongkong.)

Oesterreich : Ungarn. Wien, 31. Januar. (W. T. B.) Der S: ktions Rath im Winisterium des Aeußern, von Plafon, welcher dem Botschafter Grafen Karotyi als techn1s{er Bei- rath für die Londoner Konferenz in der Donaus- frage b-zigegeben wurde, ift mit Jnstruftionen versehen nah London abgereist.

GrosSbritanzien und Jrland. London, 30. Januar. (Allo. Corr) D-r Hof kehrt Mitte Februar von Windsor nach Osborne zurü.

Mr. Gladstone hat an die Mitglieder der ministeriellen Partei im Unterhause folgendes Rundschreiben gerichtet : „Cannes, 26. Januar. Sir ! Das Parlament soll am 14 Fer: bruar eröffnet werden, und i h.be cchtungévoll die Hoffnung auzzudrüdcken, daß Sie im Stande sein werden, zu dieser Zeit auf Jhrem Plage zu sein. Das Haus der Gemeinen wird 0 zeitig als möglich angegangen werden, si widtigen G: [häf- ten zu widmen, von denen viele durch die besonderen Umstände jüngster Sessionen Verzug erlitten haben. Jch habe die Ehre zu zeihnen Jhr garz ergebenster Diener W. E. Gladstone.“

Als der Vize-König von Jrland mit einer Kavallerie- Esofrte gefiern durch die Straßen von Dublin nach dem Phônirpark fuhr, wurde bemeckt, daß zwei auf dem Trottoir in der North-Frederickstreet stehende Männer plöglich eine Be- wegung matten, als ob fie Revolver aus der Taîche ziehen wollten. Ein Civilift, der diese Bewegung beobachtet hatte, theilte einem Polizisten seinen Arawohn mit, daß die Männer den Vize-König zu ermorden beabsichtigten. Der Polizist ver- haftete die zwei Männer, welche j-de Auëkunft über nch vrer- weigerten. Sie wurden nah der nächsten Polizeistation ge- bracht, wo es si herausstellte, daß der Konftabler zwei Ge- heimpolizisten arretirt hatte, deren besondere Funktion darin bestand, für die Sicherheit der Person des Vize-Königs, wenn derselbe ausfätrt, zu forgen.

Vom Auswärtigen Amte is cin weiterer Theil der Korrespondenz über die anglo - französische Finanzkontrole in Egypten ausaeaeben worden. Die Sgriststück2 datiren vom 18. Dezember 1882 bis zum 25. d. M. Jn der Dep sche Lord Granvill:'s vom leßteren Datum an Lord Lyons werden die Gründe der Regierung über das Recht der egyptishen Regierung, die dualistische Kontrole aufzu- heten, auseinanderaeseßt, und zwar a!s Antwort auf Duclercs Bezweifelung des Nets Englands und Eagyptens zu einem folden Rücktrite von der Kontrole, deren Ein- sezung dur das Dekret vom November 1876 ein rein fre:williger Akt des Khedive und nicht das Resultat eines internationalen Kontraftes weder mit England noch mit Frankreich acwesen sei. Dieses Dekret sei nur zu fem Zwecke erlassen worden, um den Kredit des Khedive in finanziellen Kreisen zu heben und Ordnung in die eayptischen Finanzen zu bringen. Die biitise Regierung, seßt Lord Granville aus- einander, tönne weder in dem Dekret noch in den demselben vorangegan,„enen Unterhandlungen etwas erbliden, was einer Verpflichtung des Khedive gleihkomme, daß die Kontrole von ibm tür immer beibehalten werden solle, und daß eine solche Verpflichtung nur aus den deutlisten Beweisen eines diplo- matishen Abkommens von positivem und formellem Charafter hergeleitet werden fönne.

31. Januar. (W. T. B.) Nach einem Telegramm aus Durban, vom 31. d. M, ist Cetewayo am Montag wieder als König des Zululandes eingeseßt worden. Shepstone ve:las die Bedingungen der Wiedereinsegung, welche die Unzufriedenheit mehrerer Häuptlinge hervorriefen.

Frankreich. Paris, 31. Januar. (W. T. B.) Der Conseils-Präsident Fallières hat die Nacht gut ver- bra&t; sein Unwohlsein nimmt einen normalen Verlauf. Heute früh befand si Hr. Fallières in einem Zustande starker Erschöpfung.

(Seneral Thibaudin nannt wsrden. y

Der heutige Ministerrath hat beschlossen, morgen eine Vertagung der Diskussion niht zu beantragen, wenn, wie wahrscheinli, der Conseils:Präsident morgen an der Debatte nicht theilnehmen fann. Der Zustiz-Minister wird eine Er- klärung verlesen, welhe die Hauptargumente zusammenfaßt, welche Fallières gestern zu entwickeln verhindert war. Jn einer anderw itigen Sißung, heute Abend, wird die Fassung dieser Ecklärung festgesteut werden. Es wird angenomnen, daß die Kammer morgen die Berathung beenden und eîne endgültige Abstimmung erfolgen wird.

General Lamotterouge ist gestorben.

Die An klagekammer wird in der Affaire Napoleon wahrscheinlih Ende dieser Woche Beschluß fassen. Der Drucker des Manifestes des Prinzen Napoleon ift zu einer Geldstrafe von 400 Fr. verurtheilt worden. E

1. Februar. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ publizirt die Beauftragung des Landwirthschafts-Miniiters Mahy mit der interimistishen Leitung des Marine- Ministeriums.

(W. T. B.)

Türkei. Konstantinopel, 31. Januar. Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, bätte eine von dem Sultan ernannte E pezialkommission mehrere Aenderungen an den von den deutshen Offizieren vorgeschlagenen Militär- reformen vorgenommen.

(W. T. B.)

Numánien. Bukarest, 1. Februar. Das amtliche Blatt veröffentliht ein Gese, durch welches jede Art von Lotterien in Rumänien verboten wird.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 1. Fe- bruzx. (W. T. B.) Der Kaiser empfing gestern den Minister des Aeußern von Giers. Abends fand im Winter- palais ein großes Ballfest statt, an welchem auch der Herzog und die Herzogin von Edinburg mit Gefolge theilnahmen.

Schweden und Norwegen. Schwedens Staats- schulden betrugen nah dem Bericht, welchen der Staalts- ausshuß dem Reichstage nah den Mittheilungen des Reichs- \huldencomtoirs vorgelegt hat, am Ende des e 1881 938 032 230 Kronen 36 Oere und am Ende des ¡ahres 1882 932 031 925 Kronen. Nah Abzug der ausstehenden Forde- rungen und sonstigen Aktiven des Neichs\schuldenkomtoirs ver- blieb am Ende des Jahres 1882 eine Schuld von 176 216 826 Kronen 61 Oere. Was die in vorstehender Summe einge-

ist zum Kriegs-Minister er-

6/12. 82 7./12. 82 Nagasaki 20,/12. 82 na Amoy.

rehneten sundirten Staatseisenbahn- Anleihen betrisst, so sind

dieselben im Laufe des vorigen Jahres um 1 764475 Kronen 51 Oere vermindert worden und beträgt die Restshuld jezt 923 951 420 Rronen 5 Oere, wovon jetoch die Awortisations- fonts in Höhe von 2 004 222 Kronen 7 Oere abzuziehen find. Auf sämmtliche fundirten Staatsanleihen find biéher 29 651 125 Kronen 28 Dere amortifirt.

Amerika. Washington, 31. Januar. (W. T. B.) Das Reprâäsentantenhaus lehnte den Artikel der Tarifj- dill, na welchem ein Einfuhrzoll auf Chinin gelegt werden soll, ab,

Nach dem Vorans&lage dürfte die Abnahme der Staats- schuld im Januar 131/, Millionen betragen.

Der Schatzmeister des Staates Alabama ist nah hier eingegangenen Nachrichten flüchtig; seine Bücher weisen einen Kasendefekt von 250,000 Doll. auf.

Afrika. Egypten. Kairo, 31. Januar. (W. T. B.) Prinz Friedrih Carl von Preußen ist aus Ober- egypten hierher zurüdgefehrt.

Zeitung®sftimmen.

Das „Posener Tageblatt“ sagt in einem Artikel zur „Vagabundenfrage“ mit einem Hinblick auf die betreffenden Verhältnisse in England: i i,

Dort bat jeder Friedenéribter das Ret, cinen Bettler zu ein-

t. + 1 el 249 Î 4 e oos H 9 monatiger und im Rüdfall zu dreimonatiger Harte

reftionébauïe zu verurtbeilen. Zum zweiten Mal

bunden fönnen ferner vom Kollegialgeridt der Frieden

reftionéfstrafe bis zu einem Jahre und sogar ¿u Peit! §6

tbeilt werden. Von dieser leuteren barbariswen Prari

gern absehen, aber cine Versbärfung der Strafb

gegen gewerbêmäßige be¡w. rüdfällige Vagabunden ersceint uns durbaus notbwentiz. In England sind mit dicsem System auker- ordentlid agürstige Erfolge erzielt worden. Wenn wir dafselbe an- wenden wolien, so müßte jedod zunäcbst die Zahl unserer Korrektions-

häuser (deren in England jede Grafscaft wenigstens eines hat) be- träbtlih vermehrt werden. Die Finanzfrage kann hierbei fein Hinder-

niß sein. Besiten wir die erforderliche ÁÄnzabl folder An- stalten, so werden, abgesehen von der Erböhung der öffent- liden Sicherheit und der Entlastung der Polizei- und Geridtébehörden, ohne Zweifel zahlreide Individuen , in

denen das bessere Gefühl noþ nit ganz erstorben ist, besonders, wenn e aud nad der Entlassung aus der Strafanstalt wohlwollende Tbeilnabme finden, einem ordentlichen Leben wiedergewonnen werden. Man mißverstehe urs jedob nit. Den Bettlern aus Noth, deren Zabl sih übrigens bei einer fräftigen Entwicklung des Fnnungëwesens zewiß stark vermindern wird, mag auc fünftighin mit der jeßt üblichen Milde begegnet werden, der notorise Vagabund wird aber nur dur die bestimmte Aussicht, beim Nückfall eine immer härtere Bestrafung dulden zu müssen, auf einen besseren Weg gebracht werden können.

Die „Schlesische Zeitung“ berichtet:

Die Reorganisation der Innungen wird, wie in Nieders{lesien, îo aub in Oberschlesien unter Leitung der zuständigen Behörden na Möglichkeit gefördert. Zu Gleiwi treten am 2. Februar die Vor- stände sämmtlicher Innungen unter dem Versie des Eisten Bürger- meisters zu einer Verathung zusammen, um über die event. Um- wandlurg der Innungéstatuten auf Grund des Gefezes vom 18. Juli 1881 Beschluß zu fassen. : :

Jn der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ lesen wir :

Die diesjährige Wanderver!ammlung mecklenburgiser Bienen- wirtée in Güstrow hatte am ò. Oftober v. J. durch einstimmigen Beschluß den Vorstand des mecklenburgiscen Centralvereins für Bienenzucht beauftragt, bei dem Herrn Reichskanzler egen Schutzes gegen die Schädigungen vorstellig zu werden, welche die Bienenzucht dur die Einfuhr fremdländishen Honigs und Wachses in das Reichs- gebiet erleidet.

Der gedachte Vorstand ist diesem Auftrage nachgekommen. In der betreffenden Vorstellung wird um eine Erhöhung des Zolles für Honig auf 20 M und für Wachs auf 40 M pro 100 kg gebeten und zur Begründung ausgeführt : -:

„Na dem neuen Zolltarif ist für 100 kg Honig 3 # und sur 100 kg Wads 1 Æ zu entriten. Dieser Zoll gewährt aber den deutschen Bienenüchtern keinen Scbuy, sondern bewirkt, daß die amerifanischen Händler Glykose und Syrup, Surrogate, welche pro 100 kg mit 15 M Zoll belegt sind, mit todten Bienen vermissen und unter dem Namen Honey zu dem fünfmal billigeren Zollsage einführen. S

Dieser sogenannte Honig wird in Hamburg pro 100 kg mit 54 —58 M. in den Handel gebracht. (benfalls wird amerifanisches Was mit 1,40 M pro Kilogramm angeboten, ja das Erdwachs aus Oesterreich und das Baumwacbs aus Brasilien für die Hälfte.

Die Folge hiervon ist, daß die ausländische Zufuhr, troß thres geringen Werthes dur die nicdrigen Preise die vaterländischen Pro- dufte so im Preise herunterdrükt, daß die blüheude Bienenzucht so- wohl in Mecklenburg, das anerkannt mit den besten Hong produzirt, als au in anderen Theilen des Deutschen Reiches in Frage gestellt wird. Ist der Ruin vollzogen, dann bedarf das Reich nicht 40 000 Gtr. Zufuhr jährli, sondern 400 000 Ctr., und dann werden die Amert- faner ihre Preise erhöhen. e

Bemerken wollen wir noch, daß die Angaben der Honigpreise für deutschen Honig von den Honigküchlern in unerhörter Weise bei der Berathung im Reichstage übertrieben worden sind, was die Jahresberichte der bienenwirthshaftlihen Centralvereine und die der Handelskammern von Hannover, Celle 2c. bestätigen,

Weiter meldet das genannte Blatt: S :

Am 17. d. M. fand in Breslau unter dem Vorsite des Grafen von der Schulenburg eine Versammlung des schlesischen Schaf- züchter-Vereins statt, welche sich mit der Stellungnahme des \chlesishen Schafzüchter-Vereins zu der vom Stroyppener landwirth- \chaftlihen Verein entworfenen, an den Fürsten Reichskanzler zu rich- tenden Petition, betreffend Belegung der ausländishen Wollen und Kunstwollen mit einem angemessenen Eingangszoll, beschäftigte. _In der Debatte wurden einerseits die nicht unbeträchtlichen russischen Jm- portzölle für Wolle erwähnt, andererseits die bedeutenden Nacbtheile, welche der Produktion edler Wollen aus den Kunstwollfabrikaten er- wüchsen, hervorgehoben und auf deren Besteuerung hingewte]|en. (G8 vereinigten sih die Ansichten sämmtliber Anwesenden dahin, daß zwar eine Besteuerung der ausländischen Wollen und Wollenfabrikate im Interesse unserer Wollproduktion- liege, daß jedoch die in der Petition des Stroppener landwirthschaftlichen Vereins vor- geschlagenen Steuersäße viel zu hoch gegriffen seien, und R man glaube, es der Beurtheilung der Reichsregierung und des Fürsten Reichskanzler überlassen zu müssen, bis zu welchen Grenzen der in- ländischen Landwirthschaft im nationalökonomischen Interesse entgegen- zukommen sei.

Neichötags - Angelegenheiten.

Jm 1. Liegnißer Wahlbezirk (Grünberg Bre ift an Stelle des verstorbenen Geheimen Regterungs - Raths Jacobi der Staatsanwalt von Ne trn (konservativ) mit 5747 Stimmen gegen den Grafen Schack (national-liberal) mit 5531 Stimmen zum Mit- gliede des Meivotages gewählt worden. Die Gesammtzahl der abge-

gebenen Stimmen betrug 11 300.