1883 / 32 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Feb 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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UNTR Be ns Ehe E “r Tai Er Q rE u g

Straßen und Sta*ttheile beantragen. So haben bereits viele Bewohner der am Main und an der Tauber gilegenen Straßen in Wertheim eine Eingabe an den Stadtrath und an den Landeskfon-missär gerichtet, um vorläufige Kostenvor- anschläge zu erhalten und eine Höherlegung der betreffenden Straßen h.rbeizusühren. Sie renen dabei auf Zuschüsse der Hauserbesiter, der Stadt und des Staates. Seit dem Jahr 1876 ist tie Hälste der Stadt Wertheim zusammen 94 Tage lang überschwemmt gewesen.

Hessen. Darmstadt, 4. Februar. (Köln. Z.) Ueber den jon vor den Uebershwemmungen bei der Zweiten Kam- mer eingebrahten Antrag auf Einrichtung eines amtlichen telegraphishen Wasserstandsnachrichtendienfstes sür die betheiliaten Gemeinden der Rheinniederung hat der damzjt befafte Aus\{huß Bericht erstattet. Es erhellt daraus, daß die Regierung hon seit 1878 einen Nachrichtendienst für Hochwasser des Rheins und Mains eing:führt, jedoch inzwi- schen die Ueberzeugung gewonnen hat, daß die Nachrichten nach den biéherigen Einrichtungen zu spät an die Kreisbauämter und Kreisämter gelangen und daß sür die Weiterverbreitung derselben in den betheiligten Gemeinden bestimmte Anordnun- gen fehlen. Mit Rücksicht hierauf hat die Regierung sich mit Baden und Elsaß Lothringen, welhe Verordnungen mit genaueren Bestimmungen über die Aufnahme der Nachrichten und deren Weiterbeförderung auf telegraphishem Wege besißen, in Benehmen geseßt, um für Hessen ähnliche Einrihtungen zu tri ffen. Badischerseits hat man aus Anlaß der jüngsten O behuss eingebender Erörterung der maßgebenden

erbältnisse cine. kommissarishe Berathung ¿wischen den tcchnishen Strombaureferenten von Baden, Hessen und der preußischen Regierung in Wiesbaden vorgeschlagen, die baldigst in Main: abgehalten werden soll. Bis auf Weiteres hat die hessische Regierung vorläufige Maßregeln ergriffen. Da hier- nach die R gierung mit dem Ziele des obigen Antrages ganz einverstanden ist, so s{chlägt der Auss{huß vor, den Antrag für erlei igt zu erklären, und wünscht nur ausdrücklich, daß die zweckentspre(ende Einrichtung des „telegraphishen“ Nach- richlendienstes rasch gefördert werde.

Meck&lenburg. Schwerin, 4. Februar. (Meckl. Anz.) Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht ist, nah länge- rem Aufenthalt 1n Colombo auf Ceylon, in Madras angelangt und denkt anm 8. d. M. in Bombay einzutreffen.

Sach:en Weimar-Eisenach. Weimar, 5. Februar. (Thür. Corr) Se. Königliche Hoheit der Großherzog begiebt sich u'orgen nach Gera, um den Fürsten Reuß j. L. anläßlich der Silbernen Hochzeit desselben zu beglückwünschen. Der Landtag des Großherzogthums wird am 18. d. M. zusan.nentreten. Die Einberufung ist bereits erfolgt. Es war noch dem Tode des Staats: Ministers Dr. Thon zweifel- haft gewesen, ob die Einber: fung pit auf längere Zeit zu vertagen wäre, da die Hauptberakhungsgegenstände auf dem Gebiet des Finanzdepartements liegen, das nah Thons Tode in andere Hände ütergeaangen ist. Diese Gegenstände sind: der Etat für die nätste dreijährige Finanzperiode und die Reform der Steuerg:seßgebung.

Anhalt. Dessau, 4. Februar. (Leipz. Ztg.) Die der hier ta„enden anhaltischen Landessynode, jeßt ge- machten Regierungsvorlagen, die zunächst den bctreffen- den Konmi/ssionen zur Vorbereitung überwiesen worden sind, betrcffin: 1) die Einführung einer neuen Agenda, 2) die Ein- führung eines neuen Gesangbuches für die evangelische Landes- kirche, 3) die Bildung einer allgemeinen Landespfarrkasse, 4) die Fesistellung des Diensteinkommens der Geistlichen, 5) die Verseßung der Geistlichen in den Ruhestand, 6) die O des Beichtgeldes sowie der Gebühren für kirchliche

ttejte.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 4. Februar. (Prag. Abblt.) Die Vollendungsa1beiten am neuen RNeichsrathsgebäude \c.reiten, Dank der mildev Witterung, mit derartiger Rasch- heit vor, daß die nächste Herbstse)sion des Reichsraihes vor- aué si@tlih schon im neuen Heim auf dem Franzensring wird exöffnet werden konnen. Gegenwärtig werden die Berathungs- säle gemalt und dekorirt, dann die Heiz- und Beleuchtungs- vorrihtungen installirt. Für die Beleuhtung der S!ßungs- säle sind tlektrishe Glühlampen (System Edison), die sich beim lten Hojballe vort1efflih bewöhrt haben, in Auésicht genonn.en. Auch wird cin vcrbesierter Telephonapparat im Hause angebracht, der die Kommunikation mit den verschiede- nen Min:sterial:Bureaux und sorstigen Centralstellen ver- n itteln wird. ÜUcberhaupt virspriht das neue, mit allem Konfort auéç« stattete Reicheratbsgebäude eine würdige Stätte für die Berathungen der Reichsvertretung und eine wahre Zierde der an V: onumentalbauten eben niht armen Reichéhauptstadt zu werden.

Agram, 5. Februar. (W. T. B.) Heute Naht 1 Uhr exfolate eine zweite, gleich hestige Erderschütterung, die ebenfalls 4 Sekunden dauerte. Der erste Erdstoß Abends 83/4 Uhr latte im Theater eine sörmliche Panik herbeigeführt, die sortdauernde Bewegung der Erde erregt vielfach Beun- rubigung. Ueber die verursahten Schäden ist bis jeßt noch nichts konstatirt.

Großbritannien und Jrland. London, 3. Februar. (Allg. Corr.) Aus Jrland kommen Enthüllungen, welche die verbrecherishen Organisationen bloßlcegen, ‘aus denen die Mord1haten hervor: egangen sind, welche die civilisirte Welt mit Entsct:n ersüllt haben. Nach Thatsachen und Beweisen, welche in den BVicsiß der geheimen Polizei gelangt sind, herrscht kein Zweifel mebr darüber, daß eine von jeder anderen Ge- sellscast, die blos eine agrarishe Revolution zum Zwecke hat, verschiedene Organisation seit fast drei Jahren in ZJrland besianden ha! und noch besteht, deren Ziel nicht eine Land- reform, sondern die Vertilgung und Ausrottung der Landlords und der Agenten der Landeigenthümer ist. Die Verzweigungen dieser Orçanisation sind sehr ausgedehnt und reihen von Donegal bis nah dem äußersten Südwesten und von Dutlin selbst bis in die Wildnisse des westlihen Galway. Diese Organisation ist es, welche, wie man vermuthet, der bekannte sog. „Skirmishing“: Fonds reihlih mit Geld unterstüßt hat. Außerdem befanden sih oder befinden si noch in den meisten der großen englischen Städte, wo das irishe Element vor- herrschend is, unter den Einwohrtêrn thätige Agenten, welche die aktiven Mitglieder der Organisation bei Geldsammlungen und bei Einsck&mugagelung von Waffen unterstützen.

5. Februar. (W. T. B.) Jn Haddingtonshire ist Lord Elcho, Kandidat der Konservativen, mit 492

Stimmen zum Deputirten gewählt worden. Der Kandidat der Liberalen, Finlay, erhielt 400 Stimmen.

Dublin, 5. Februar. (W. T. B.) Der Vizekönig von Jrland ist heute plöglih nach England abgereist.

5. Februar, Abends. (W. T. B.) Prozeß wegen des Mordkomplotts gegen. Polizei-Offizianten und Beamte. Die Aussagen der heute vernommenen Zeugen beweisen die Theilnahme mehrerer Angeklagten an dem Attentat gegen den Geschworenen Field und die Ver- bindung anderer Angeklagten mit einer revolutionären Organisation. Ein Polizeidiener berihtete über die Ent- deckung eines großen Vorraths von Waffen und Munition bei dem Angeklagten Whelan und konstatirte, daß der Mann, welcher der Polizei die Jnformationen, die zu dieser Ent- deckung geführt h ben, gegeben hat, später ermordet worden ist. Der Staatsanwalt erklärte, er würde in Kurzem Zeugen beibringen, welche die B. theiligung der Gefangenen an allen in den leßten Jahren in Dublin begangenen Mordthaten fest- vir gans Die Verhandlung wird am nächsten Sonnabend ortgeseßt.

Frankreih. Paris, 5. Februar. (W. T. B.) Der Senat wählte heute die Kommission zur Vorbera- thung des Entwurfs gegen die Prätendenten. Von den gewählten Mitgliedern sind 8 gegen jeden derartigen Ge- segentwurf; zu diesen gehören u. A. Barihélemy Saint- Hilaire, Wadodington, St. Vallier und Léon Say. Nur ein Mitglied, nämli der Senator Testelin, ist für den Entwurf. Die acht Mitglieder, welche Gegner der Vorlage sind, reprä- sentiren etwa 145 Stimmen, denen 110 der Vorlage günstige Stimmen gegenüberstehen.

Der mit der Voruntersuchung gegen den Prinzen Napoleon beauftragte Jnstruktionsrihter hat heute Vor- mittag seinen Bericht erstattet. Jn demseli en wird der Prinz Napoleon eines Attentats zum Umsturz der bestehenden Regierungsform beschuldigt und vor die Anklagekammer ver- wiesen. Letztere wird in spätestens aht Tagen Beschluß fassen.

Italien. Rom, 5. Februar. (W. T. W.) Das nächste Konsistorium ist auf den 26. d. M. anberaumt. Jn demselben wird der Papst den neuernannten Kardinälen Bianchi und Czacki den Kardina!shut überreihen und außer- dem mehrere polnische Bischöfe präconisiren, deren Zahl und Namen noch nicht definitiv feststeht.

Türkei. Konstantinopel, 6. Februar. (W. T. B.) Gestern fand ein außerordentliher Ministerrath statt, in welchem über die dem Botschafter Musurus Pascha anläflih des Zusammentritts der Donaukonferenz zu ertheilenden Instruktionen berathen wurde. Die Pforte hat auf die Ent- A eines Spezialdelegirten nah London zur Konferenz verzichtet.

Nusland und Polen. St. Petersburg, 6. Fe- bruar. (W. T. B.) Der „Regierungs: Anzeiger“ veröffentlicht ein Kaiserlihes Manifest, durh welches die Krönung in Moskau auf den Monat Mai d. J. festgeseßt ist.

6. Februar. (W. T. B.) Das oben erwähnte Kaiserliche Manife st lautet :

Wir Alexander 11. 2c. thuen allen Unsern getreuen Unter- thanen kund und zu wisset. Es hat Gott gefallen, Uns zu berufen auf den Thron Unserer Vorfahren in ganz Ruß- land und die untrennbar damit verbundenen Throne des Czarenthums Polen und des Großfürstenthums Finnland in einem Augenblick furchtbarer Erschüttecung, Unter den {weren Gefühlen der Trauer und des Schreckens, welche mit Uns die Herzen Unserer getreuen Unterthanen umfingen, war es niht an der Zeit, die Krönungsseier zu bestim- men und zu vollziehen. Jndem Wir Uns beugen vor den unerforshlihen Fügunaen der Vorsehung und den Prüfungen Gottes, beschlossen Wir in unserm Herzen, diese heilige Handlung nicht vorzunehmen , bevor nit die Gefühle beruhiut, welhe durch die s{reckliche Misse- that hervorgerufen worden, als deren Opfer der Wohlthäter seines Volkes, Unser vielgeliebter Vater, fiel. Nunmehr naht die Zeit, den Willen Gottes und Unseren und ollen getreuen Söhne des Vatcrlandes heiligen Wunsch zu erfüllen. Nach dem Beispiel der agottessürchtigen Kaiser, Unserer Vorfahren, haven Wir bcschlo}cn, Uns die Krone aufzuseßzen und na hergebrahtem Brauche die heilige Salbung zu empfangen, indem Wir mit Uns zu dieser heiligen Handlung auch Unsere vielgeliebte Gemahlin, die Kaiserin Maria Fedorowna, ver- einigen. Jndem Wir diese Unsere Absicht kundthun, welche mit Gottes Hülfe im Monat Mai d. J. in der ersten Residenz- stadt Moskau zur Ausführung gebraht werden soll, for- dern Wir alle Unsere getreuen Uvterthanen auf, sich mit Uns im heißen und srommen Gebete zu vereinigen. Möge Gott, der Allerhalter Uns und Unser Reih in Frieden er- halten und vor Gefahr bewahren; möge er ausgießen über Uns den Geist der Weisheit und Vernunft; möge er mit der Aufsezung der Czarishen Krone der ehrwürdigen Vorfahren helfen getreu zu erfüllen Unser Gelöbniß, Uns ganz zu weihen dem Wohlergehen und dem Ruhm Unseres vielgeliebten Vater- landes, dem Dienste der Wahrheit und der Fürsorge für das Wohl des von Gott Unserer Herrsckaft anvertrauten Volkes.

Gegeben St. Petersburg im Jahre der Geburt Christi 1883, am 24. Januar und im zweiten Jahre Unserer Re- gierung.

Gleichzeitig mit dem Manifest sind zwei Ukase veröffent- liht worden, in deren erstem die Gouvernements: Adels- ma. schälle sowie die Stadthäupter der Gouvernementsstädte (ausschließlih der sibirishen wegen deren großer Entfernung) und die Vorsißenden der Gouvernements- und der Land- \haftsämter zur Theilnahme an der Krönungsfeier aufsgefor- dert werden. Der zweite Ukas ordnet die Einsetzung einer besonderen Krönungskommission unter dem Vozsiße des Hof- Ministers an.

Amerika. New-York, 5. Februar. (W. T. B.) Jn Ohio, Jndiana und West-Pennsylvanien haben ver- heerende Uebershwemmun gen stattgefunden, durch welche bedeutender Schaden angerichtet worden ist. Jn vielen Orten stehen die Eisenbahnen unter Wasser und sind die Brücken fortgerissen worden. Mehrere Städte sind übershwemmt. ¡gn Cleveland wird der angerid;tete Schaden auf eine Million Dollars gei eta in Bradford (Pennsylvanien) steht fast die Hälfte des Geschäftsviertels unter Wasser. Gegen 500 Häuser sind übershwemmt ; die Bewohner wurden aus den oberen Etagen gerettet. Jn Meadville (Pennsylvanien) wurden ca. 300 Fa- milien auf Booten gerettet. Die Fabriken in Jndianopolis sind sehr beschädigt.

5, Februar. (W. T. B.) Dur die Ueberschwem- mungen in den Wesistaaten, die in Folge andauernden

Regens und rasen Schneeschmelzens eintraten, ist der Eisen- bahnve1 kehr vielfa unterbrochen, auch wurden mehr- fah Eisenbahnun fälle herbeigeführt, bei welhen mehrere ersonen das Leben einbüßten, während eine Anzahl anderer den Tod in den Wellen gefunden hat. Jn Jllinois und Newhampshire fanden Erdershütterungen statt; in: deß wurde durch dieselben kein Schaden verursacht.

Afrika. Egypten. Kairo, 5. Februar. (W. T. B.) Die bereits angekündigten beiden Dekrtte des Khedive sind heute veröffentlich worden. Das eine enthält die Ernennung Colvins zum firanziellen Beirath der egyptishen Regierung, ohne über die demselben zustehenden Befugnisse etwas Weiteres hinzuzufügen. Das zweite Dekret ernennt Abdur Rahman Rushdi zum Präsidenten, Jacub Artin zum Vize-Präsidenten und die Vertreter Deutshlands, Englands, Oesterrei(s, Frank- reihs, Jtaliens, Rußlands, Griechenlands und der Vereinigten Staaten von Nordamerika zu Mitgliedern der internatio- nalen Entshärigungskommission. Von einer Kollek- tivvertretung der übrigen Staaten in der Kommission ist in dem Dekrete niht die Rede.

Alexandrien, 5 Februar. (W. T. B.) Lord Dufferin stellt in einem an den Präsidenten des Ministerraths Scherif Pascha gerichteten Schreiben in Abrede, daß England Kul ausgehe, die internationalen Gerichtshöfe nah Ablau des nächsten Jahres aufzuheben, England werde vielmehr, s\o- bald gewisse Modifikationen eingeführt würden, einer mehr- jährigen Ve:längerung der Wülksan:keit der internationalen Gerichtshöfe zustimmen.

Zeitungsstimmen.

Hol n „Donau-Zeitung“ sagt zur Erhöhung derx olzzólle:

Von den Gegnern der Erhöhung der Holzzölle wird bereits auch der „arme Mann“ ins Feld geführt, als wenn dieser es sei, welcher dur die von der preußiscen Regierung dem Burdeërathe vo1ge- \chlagene Maßregel zu Sckaden komme. Dabei wird weislih versbwiegen, daß das Brennholz, von dem übrigens nur sehr aeringe Quantitäten in Deutschland eingeführt, desto arößere aber ausgeführt werden, steuerfrei ist und bleibt. Der Preis desselben wird also auch na Cihöhung des Holzzollcs der gleiche bleiben, ja vielleicht noch herabgehen, da die als Heizungsmaterial immer mehr Eingang findende Steinkohle dem Brennholz bedeutende Konkurrenz mat. Aber au die Preise für Nutzholz werden nit in dem Maße steigen, wie von den Freihändlern behauptet wird. Würde es unseren Holzproduzenten einfallen, Rund- holz und Sägewaaren um den Betrag des Zolles im Preise zu er- höhen, so wäre sofort, troß dem erhöhten Eingangszoll, das aus- ländische Holz am Markte, und der eigentliche Zweck der ganzen Maß- regel, unseren Forstwirthen einen geregelten Absay ihres Holzes zu annehmbarem Preise zu ermöglicen, vollständig vereitelt. Es liegt also im eigensten Jrteresse der Wald- und Sägebesiyer, den ihnen dur die Geseßgebung gewährleisteten SWuß nit gegen die Konsu- menten auszubeuten, sondern si mit dem bescheidenen Vortheil zu begnügen, den die Beschränkung der ausländischen Konkurrenz ihnen ohnehin bietet. Die von freibändlerisher Seite autgesprochene Be- fürhtung, daß die Erböhung der Holzzôlle den unausbleiblichen Ruin der gesammten Holzindustrie nah si ziehen werde, ist demnach voll- ständig grundlos.

Der „Düsseldorfer Anzeiger“ schreibt unter dem 3, Februar :

Nach und nab wird den Franzosen die Erkenntniß, daß fie in der Industrie von Deutschland über flügelt zu werden beginnen, Ein französischer Fab:ikant kat sib darüber einem Mitarbeiter der in Paris erscheinenden Zeitung „XIR. Siecle* gegenüber auf Grund seiner praktishen Erfahrungen ofen autgesprohen, und dieser theilt seinem Blatte das Geständniß seines Gewährêmannes wörtlih mit, Bestätigung dieser Auffassung liegt auch in dem Resultat der Waaren- Einfuhr und -Auéfuhr Frankreihs8 während des Jahres 1882, So wird gemeldet, daß die Einfubr an Fabrikaten nah Frankreich allein im Monat Dezembcr um 64 Million gcstiegen, die Ausfuhr franzdsi- her Fabrikate um 834 Millionen Francs gegen denselben Monat im Vorjahr gefallen ist. Das in der Klage des erwähnten \ranzösi- schen Fabrikanten liegende Lob für die deutsche Industrie ist dar- über fann fein Zweifel herrshen zum größten Theile auf die wirthschoftlide Gcseßgebung, die ihren Aufsckwung ermöglidte oder wenigstens erleichterte, zurüczuführen. Andererseits aber wird dasselbe hoffentlich auch cin Sporn zu weiteren Anftren- gungen und Vervollkommnungen sein, denn alle Gesetzgebung hilft nidts, wenn nit das persönliche und individuelle Element dabei thätig ist, sich die von ihr gewäbrten Vortheile nuybar zu machen. Es liegt hierin eine neue Mahnung, aud den persönlichen Verhält- nissen unserer Arbeiter und Handwerker diejenige Fürsorge angedeihen zu lasscn, welche allein ein eriprießlihcs Gedeihen unserer gesammten Industrie auf die Dauer verbürgt. S

Jn der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitun g“ lesen wir:

In der Nr. 601 und 603 dies. Bl. vom 23. uyd 24. Dezember waren summarische Uebersichten über die Erhebung der Kommunal- und Scbulsteuern, insbesondere über die dabei vorgenommenen Ereku- tionen in dem zweiten Vierteljahre 1882 veröffentlicht worden. An der Hand amtlicher Erbebungen hatten wir mitgetheilt, daß von den in den Monaten April, Mai und Juni d. J. fällig gewordenen Be- trägen an Kommunal-, Kreis- und Provinzialsteuern (4093 143 bezw. 3 783 449 und 5 486 449) nit weniger als 446 241 bezw. 301 820 und 573 308 Posten zur Zwangsvollstrefung gestellt worden waren. Es hatten im April 10 9009/0, im Mai 7,98 9/6 und im Juni 10,45 °%% der zur Hebung kommenden bezeichneten Steuerposten (im Durch- \chnitt des Vieiteljahrcs 9,78 9%) durch Zwangsvollstreckung beige- trieben werden müssen.

Für das dritte Vierteljahr 1882 (Juli bis September) haben ih noch ungünstigere Resultate herausgestellt. Die Zahl der Steuer» posten, wel&e während dieses Vierteljahres zur Zwangsvollstreckung überwiesen werden mußten, betrug niht mehr 9,78 9/6 der Gesammt- heit, sondern war auf 10,34 ‘/6 derselben angewachsen!

Eine analege Verscklehterung weisen die bezüglih der Erhebung von Scbulbeiträgen und Scbulgeldern ermittelten Verhältnisse aus. Von den während des zweiten Quartals zur Hebung gekommenen Schulbeitragsposten waren 59/6, von den Schulgeldposten 5,509/s zur Zwanasvollstreckung überwiesen worden. Während des dritten Quar- tals sind diese d bez. 5,50% auf 7,24 bez. 7,31°%/o gestiegen, Ver- doi die in jeder Hinsicht überraschend genannt werden ürfen. i Auf weitere Einzelheiten einzugehen, versagen wir uns für dieses Mal, da die angestellten Ermittelungen die Resultate mens be- stätigen, zu denen wir bereits früher gelangt waren. ur daran möcten wir noch erinnern, daß die Zahl der fruchtlos versuchten Pfändungen nah wie vor eine sehr erhebliche geblieben ist. Wäh rend des dritten Vierteljahres 1882 waren fruchtlos geblieben :

9,82 9/0 sämmtlicher zur Zwangëvollst:i eckung überwiesenen Rüd- stände an Kommunal-, Kreis- und Provinzialsteuecn,

7,82 %/0 der zur Zwangsvollstreckung Überwiesenen Rückstände an Schulsteuern,

12,67 9%) der zur Zwangsvollstreckung überwiesenen Rückstände an Squlgel dbeiträgen. i

Deutlicher als dur die gegebenen Daten kann niht nachgewiesen werden, daß die Heranziehung der unteren Klassen zu direkten Steuern in finanzieller Rücsikt unfruchtbar, in Bezug auf die Grhebung für die Verwaltung überaus lästig und für einen großen Theil dex

Steuerzahler demütbigend ist, der politishen Rückwirkung dieses Zustandes auf die Stimmung der Bevölkerung ganz zu gesweigen !

Dem „Dresdner Journal“ wird aas Thüringen, 4. Februar, berichtet :

Die aünstigen Exportverhältnifse aus Thüringen: nah den Ver- einigten Staaten, die seit den leßten Jahren verzeichnet werden Yonnten, scheinen auch in diesem Jahre anzuhalten. Nach einer Mit- theilung des Konsularagenten Ch. Neuer in Gera is die Ausfuhr aus dem Konsulardistrikt Gera vab den Vereinigten Staaten im verflossen-n Monat Jmnuar um 236 742 X gegen den gleichen Zeit- raum im Vorjahre, von 334 652 4 auf 571395 H gestiegen.

Statiftische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund- heits amts sind in der 4. Jahreswoce von je 1000 Bewohnern auf den Jahreëdurcb|cnitt berechnet als gestorben gemcldet: in Berlin 94,6, in Breslau 31,1, in Königsberg 29,1, in Cöln 22,3, in Frankfuri a. M. 23,8, in Hannover 23,8, in Caffel 24,8, in Magdeburg 32,5, in Stettin 27,1, in Altona 24,9, in Straßburg 31,7, in Meß 15,3, in München 32,2, in Nürnberg 29,6, in Augsburg 23,1, in Dres- den 23,6, in Leipzig 23,7, in Stuttgart 15,4, in Braunschweig L in Karlsruhe 19,0, in Hamburg 30,7, in Wien 32,3, in Budapest 30,8, in Prag 35,3, in Triest 39,4, in Krakau 28,6, in Basel 23,8, in Brüssel 24,5, in Paris 25,8, in Amsterdam 28,7, in London 20,4, in Glaszow 29,7, in Liverpool 31,1, in Dublin 34,9, în Edinburg 21,2, in Kopenhagen 28,6, in Stockholm 27,2, in Chri-

iania 15,5, in St. Petersburg 43,6, in Warschau 29,7, in dessa —, in Rom —, în Turin —, in Bukarest 36,1, in Madrid 47,9, in Alexandrien (Egypten) 49,3. Ja der Zeit vom 31. Dezbr. bis 6. Januar in New-York 24,1, in Philadelphia 23,6, în Chicago 92,5, in St Louis —, in Cincinnati 23,0, in San Franzisko 22,0, i- Kalfutta 43 2, in Bombay 27,4, in Madras 39,8. : Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den ostdeutschen Beobachtungsorten nordwestlibe, an den mittel-, nord- und west- deutsben Stationen westlive Luftströmungen, welche, sowie die in München vorherrshenden östlizen Windribtungen, bald nach Nord- west umliefen, während in Karlsruhe nordöstlihe mit südöstlicben wechselnde Strömungen überwogen. Sie gingen an den meisten Stationen am 23., in Müacben am 24. über Nord, Nordost nach Südost und Sü», in Karlsruhe nah Südwest und in den leßten Tagen der Woche vielfah stürmischen Charakter annehmend, nach West und Südwest. Die Temperatur der Laft nahm im Laufe der Woche an allen Stationen ab, so daß um die Mitte der Woche in ganz D-utschland Frestwetter herrschte (in München sank das- Ther- momiter bis unter —18 Grad C.). Mit dem Umgange des Windes nach Süd, am Sluß dec Wowe, nahm die Luftwärme allzemein wieder zu und waren Niederschläge, meist Schnee, an diesen Tagen nit selten. D-r beim Wowenbeginn besonders in west- und süd- deuishen Stctionen hohe Luftdruck nahm in den ersten Tagen der Wod- noch u, sank aber vom 24. an rasch, zeigte aber am Schluß der Woche wieder steigende Ter denz. E In den meisten Großstädten gestalteten si die SterbliGkeits- verhältnisse in der Berichtsweche nicht wesentlih anders als in der Vorwocbe, doch wurden aus den west- und mitteleuropäischen Städten viel- fach etwas fleinere, aus den östlich und nördli gelegeneren mehrfach höhere Sterblicbkeitszahlen gemeldet. Die allgemeine Sterblichkeits- verbältnißzabl für die deutshen Städte zeigt eine Steigerung auf 26,5 (von 26,1 der Vorwoche) pro Mille und Jahr berechnet. Der An- theil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb fast der gleiche. Dagegen war die Sterblichkeit in der Alteréklasse über 60 Jahre er- bebli gesteinert. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr bereœnet 80 Säuglisge (in Berlin 69, in Müncen 117). i Unter den Todeéursachen wurden von dea Infektionskrankheiten SwarlaÞ und Keucbbusten, sowie überhaupt entzündlihe Erkran- fungen der Athmunasorgane häufiger, Masern, Diphtherie, typhöôse Fieber und Pocken (letztere besonders in deutschen Städten) seltener gemeldet. Die Masernepidemien in Bamberg, Nordhausen, Erfurt, Marienwerder haben nachgelassen, auch in London und Venedig min- dert fib die Zahl der Todesfälle, in den Regierungsbezirken Stettin und Aachen nahmen Erkrankungen daran zu. Das ScharlaWficber rief in Glauchau, Charlottenburg, Stettin, Elberfeld, Dortmund, Berlin mehr, in Dresden, Plauen weniger Todesfälle hervor. Die Diphtherie forderte im Ganzen etwas weniger Opfer, doch ist die Zahl derselben besonders in Berlin, Lübeck, Elbing, Brom- derg, Hamburg, Barmen, Hannover, Paris, Amsterdam noch

immer eine größere. Abgenommen bat sie in Königsberg, |.

Dresden, Ch:mriy, Braunshweiag Sterbefälle an Unterleibs- typhus kamen aus Posen, Weißenf.ls, Hannover, remen mchrfad, aus Paris, Bukarest, Alexandrien häufig, aus Berlin kein einziger zur Meldung. Sterbefälle an Flecktyphus wur- den aus Breslau, Posen, Braunschweig, Prag, Madrid je 1, aus Wien, London, Valencia, Malaga, Murcia je 2 gemeldet. Der Keuch- busten wurde in Berlin, Nürnberg, Barmen, Elberfeld, Dortmund häufiger Todeéveranlassung. Darmkatarrhe der Kinder führten in Breslau, Hamburg, Si. Petersburg häufiger zum Tode. Sterbe- fälle an Pocken zeichnen si in Wien, Budapest, Brüssel, Lissabon, Rotterdam, London in beschränkter Zabl. In Valencia, Murcia, Granada, Paris, Madrid, St. Petersburg, New-Orleans, Baltimore (bes. in leßterer Stadt) ist die Zahl der Pokentodesfälle eine größere. Einzelne Sterbefälle an Pocken kamen aus Krakau, Warschau und Alexandrien zur Arzeige. Aus deutschen Städten wurde nur 1 Pocken- todeâfall (aus Heilbronn) und einige wenige Erkrankungen aus den Regierungsbezirken Marienwerder und Trier zur Anzeige gebracht.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Ernst Dohm, der bekannte Humorist und Redacteur des „Kladderadats*, ist gestern, im Alter von noch nit 64 Jahren, ge- storben. Der Verstorbene übernahm im Jahre 1849 die Redaktion des „Kladderadatsh“, von welcher er erst kürzlich zurückgetreten ist.

Gewerbe und Handel. A Der Cours für die jeßt hier zahlbaren Oesterreichischen Silbercoupons ist heute auf 171 für 100 Fl. österreichishes Silber erhöht worden. ;

Danzig, 6. Februar. (W. T. B.) Die Einnahmen der Marienburg-Mlawkaer Eisenbahn betrugen im Januar Os #4 gegen 227713 A im Januar 1882, mithin weniger

A

Frankfurt a. M,, 5. Februar. (W. T. B.) Die Frank- furter Bank seßt von morgen ab den Darlehns-Zinsfuß auf 44°/o

herab. Verkehrs-Anstalten.

Triest, 5. Februar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Pandora* ift heute Abend mit der ostindish-chinesishen Ueber- landpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

Plymouth, 5. Februar. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Rugia® ist hier angekommen.

New-York, 5. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer

. eCanada* von der National-Dampfschiffs-Compagnie

(G. Messingsche Linie) ist hier angekommen.

Berlin, s. Februar 1883.

In der Manner ns der Gesellschaft für Erdkunde gedadte der Vorsitzende, Kapitän zur See Freiherr v. Schleiniß mit ehrenden Worten der erfolgreichen Reise des Lieutenants Wißmann, der, nahdem er das äquatoriale Afrika. quer durhschritten, wohl- behalten am Neujahrstage in Kairo eingetroffen ist. Der von dort entsandte Bericht hat unerwartet eine interessante Ergänzung durch einen Brief erfabren, den Wißmann am 17. November 1881 in Kidimba, der 69 40“ südlich und 220 östlich belegenen Residenz des Tuschilange- bürften Dschingenge geschrieben und der über Jahr und Tag gebraucht

fat, ehe er den Weg aus dem Innern Afrikas bis Berlin zurück- gelegt hat. Jm August 1881 waren Wißmann und Dr. Pogge von Kimbundo aufgebrochen, hatten \sich zunäbst nordwärts gewandt, unter mancherlei Schwierigkeiten das Land der um ihren Handel be- soraten Kicques passirt, hatten dann im Lundareih unter «70 23‘ 10“ Buchners Weg gekreuzt, waren sodann ohne besondere Hindernisse dur den östliben Theil der Länder Muata Kumbanas marscirt, batten sich, nahdem sie den Kassai überschritten, nah Oft- Nord-Ost gewandt und waren Ende Oktober nad Kidimba gelangt, von wo, wie Wißmann meldet, nit nur der Weg na Norden, sondern auch nah Often und Süden in Wahrheit ofen stehen soll. Die beiden Reisenden entscbieden sich für die Route na Often, besubten zunähst den Mukambasee und das stark bevölkerie Land der starkbevölferten Baschilange und be- traten Anfang 1882- jenes noch völlig unbekannte, weite Dns des âquatorialen Afrika, das, in üppigster Vegetation tebend, von einem kräftigen, von äußeren Einflüssen nob unberührten Menschenschlage bewohnt wird. Am 14. Januar erreichten die Rei- senden die 59 7‘ 18“ belegene Residenz des Cottofürsten Katschitshs, der ihnen manerlei Schwierigkeiten entgezen- seßte, che er ihren Weitermars{ch genehmigte. Dur das Land der Bassonge und Beneki hindur erreichten sie den Lomami, den sie unter 59 43‘ 30“ passirten und nahmen hierauf Direktion auf die Araberstation Nyangue (79 13‘), wo sie am 17. April an- langten und bestens aufgenommen wurden. Hier trennten sich beide Reisenden. Pogge kehrte am 5. Mai ia das Tuschilange-Reich ¡urüd, Winmann aber brach am 1. Juni naþ Osten zu auf und erreichte glücklih die englishe Missionsstation am Tangan- jifasee, unternahm von hier aus einen Auéflug nach dem Lukuga, der den Lualaba mit dem Tanganjikasee verbindet, und seßte alsdann nach Udschidshi am Ostufec des Se:s über. Am 9, August brach er hierauf wieder auf, besuchte den Negerkönig Mi- zambo und langte am 5. September in der französischen Missions- anstalt Taboro an, machte von bier einen Absteher nach der deuiscben Station Gonza und konnte endlih am 5. November 1882 die Ost- küste Afrikas begrüßen.

Unter ziemlich zahlreicher Betheiligung begannen heute Vormit- tag im großen Saale des Hotels zum „Norddeutschen Hof“ (Mohren- straße 20) die Verhandlungen der Generalversammlung der Vereinigung der Steuer- und Wirthschaftsreformer. Der Abg. Frhr. von Mirbach (Sorguitten), der der Versammlung präsidirte, eröffnete die Generalversammlung mit einer Ansprache, die mit cinem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König \{chloß, in welches die Versammlung dreimal lebhaft einstimmte. Der Abg. Dr. Perrot sprach hierauf über die Börsenbesteuerung und Börsengeseßzgebung und empfahl die Annahme folgender Refolution, die in Form einer Petition an die geseßgebenden Faktoren des Deut- cen Reiches gesandt werden soll: Angesichts der außerordentlichen sozial-poltisden Bedeutung, welche die modernen Börfenumsäße ihrer Natur und ihrem Umfange nach erlangt haben, erklärt die General- versammlung, daß den gefahrdrohenden Uebelständen auf diesem Ge- biete nit rur durch eine prozentuale Börsensteuer, sondern auch durch ein deutshes Börsengeseß entgegengewirkt werden muß, welches der ferneren Ausbeutung der Bevölkerung durch die Börse, sowie dem weiteren Betriebe des öffentlihen Spieles an derselben energisch ein Ziel seßt. Nicht minder ersceint die baldige Reform des Aktienwesens als dringend geboten. Nach kurzer Debatte ge- langte der Antrag einstimmig zur Annahme. Dr. Frege (Abtmann- dorf) sprach sodann über die gemeinsamen Bestrebungen d.r Bauern- bewegung. e

Hamburg, 5, Februar. (Hamb. Corr.) Vor mehreren Monaten beschlossen auf Aaregung des Hauptlehrers Jahrand die 5 Bürgervereine an der Bille, dem Andenken des allbekannten Päda- gogen I. H. Cam pe an die Zeit seines Aufenthaltes hierorts eine Ged E AN der Stelle zu crrichien, an welcher das Haus, in dem ex wohnte, bis zum Anfang dieses Jahrhunderts stand, worauf es am 1. Januar 1814 von den Franzosen zerstört wurde. Gestern Nach- mittag fand nun die Weihung dieser Tafel statt, welche jet in dem zur Vamosyschen Lederfabrik auf dem Hammerdeich, gegenüber der Feddersenshen Badeanstalt, gehörenden Garten errichtet ist und die Inschrift enthält:

Hier wirkte J. H. Campe von 1778 1783 und schrieb seinen Robinson.

Hamm, den 31. Januar 1883.

Die fünf Bürgervereine an der Ville.

Am 2. d. wüthete in Paris den ganzen Tag bindurh ein heftiger Sturm, der viel Unheil anrichtete. Ziegel, Kamine, Fenster und Fensterläden stürzten herab und verleßten vi:le Personen. Auch an vielen anderen Orten Frankreichs und namentlich an der Küste hat der Sturm große Verheerungen verursacht.

Victoria-Theater. Troy der 44. Vorstellung des Ausstat- tungsstücks „Frau Venus“ hat der BesuWß noch nicht im Mindesten nachgelassen. Am Sonntag war das Haus wiederum ausverfkauft. Für die 59. Vorstellung, am Montag, den 13., werden neue Neber- raschungen vorbereitet.

Das Belle-Alliance-Theater brachte am Montag unter Mitwirkung der Gäste vom Wallner-Theater einen Schwank in 4 Aftten, „Alte Herren“, von Leon Treptow zum ersten Mal zur Aufführung. Der Verfasser hat rect daran gethan, si jeder ein- gehenden Beurtheilung dadurch zu entziehen, daß er seine Arbeit als „Schwank“ charakterisirte, denn es mangelt seinem Stü jeder ernste Gedanke, und eigentli ift man doch berechtigt, selbst von einem „Schwank“, wenn eer auf die Bühne gebracht wird, zu erwarten, daß er eine sittliche Idee zum Ausgange und Mittelpunkt der Handlung nimmt. Den Titel „Alte Herren“ hat der Autor dem studentishen Wörter- buch entnommen, und der Gedanke, den derselbe in diesem Schwanke verkörpern wollte, bestand wohl darin, zu zeigen, daß wirkliche alte Herren und akademische „alte Herren“ die gleiche unverwüsfst- lie Begeisterung für Bier und Kartenspiel hegen. Man ersieht hieraus, daß der Verfasser sih nur die Belustigung und launige Unterhaltung seines Publikums zum Ziel genommen batte und in dieser Richtung hat er mit Erfolg gearbeitet, denn ein vollständiger „Lacherfolg“ ist als Resultat des Abends zu ver- zeichnen. Die Beseßung der verschiedenen Rollen war eine glüdliche und die Darstellung im Ensemble eine recht gelungene. Hr Niedt gab den alten, weindurstigen Pantoffelhelden ¿war etwas derb, aber um so wirkungsvoller; ebenso treffl:ch füllten Hr. Kurz (Griesler) und Hr. Blencke (Dr. Korn) ihre Rollen aus. In der Rolle des Dieners „Lemmel* erregte Hr. Wilken andauernd die Heiterkeit der Zuschauer. Unter den Damen sind Bl Mejo (Malwine) als kôst- libe, moralisirende Ehegattin, Frl. Bichler (Hedwig) und Frl. Lilia (Liescben) hervorzuheben.

Im Ostend- Theater gastirt Frau Anna Schramm, die ehemals so beliebte Soubrette, seit Sonnabend in der Posse „Durchgegangene Weiber* von Jacobson und Wilken, und hat si sofort wieder in die Gunst des Berliner Publikums hineingespielt. Allerdings hat sie durch ihren köstlichen 2 ee den sie in der

wischenzeit keineswegs verloren, und durch ihre Kunfstfertigkeit, iguren aus dem Leben treu wiederzuspiegeln, ein Recht auf die Sympathie und auf den ungetheilten Beifall erworben, der ihr so überaus reilich zu Theil ward. Hoffentlich wird die Künstlerin nunmehr wieder dauernd an Berlin gefesselt werden.

Concerthaus. Auf dem Programm des morgigen Symphonie- Concerts steht die „Pastorale“ von Beethoven. Am Sonnabend ier it Hr. Hof-Mustkdirektor Bilse wieder einen Beethove n-

end.

Literarishe Neuigkeiten und periodisheScriften.

Jahrbücher für die deutshe Armee und Marine. Band XLVI. Heft. 2. Nr 137. Jahalt: Die römische Kciegs- zut unter den Kaisern. Von Friß Höaig, Hauptmann a. D. (Stluß.) Gustav Adolfs Verdienste um die Ocganisatioa der drei Waffen, nebst kurzer Darstellung ihrer Taktik. Die russisbe In- fanterie im Kriege 1877/78. Eine taktische Studie von R. v. Dewitz. (Stluß.) Der Felddienst der französisben und deutshen Ja- fanterie. Eine vergleibende Studie. Der Abschluß der Bajonett- febtfrage. Von Blänkner, Hauptmann und Compagnie Chef im Infanterie-Regiment Ne. 99. Beitrag zur elementaren Ecfklärung der Derivation der Spitzgeschofse, nebft ballistish - tenishen Be- trahtungen. (Fortsetzung.) Humanität und Krieg. Vortrag ge- halten in der militärishen Gesellihaft zu Posen, am 1. April 1882. (Schluß.) Die militärishe Verwendung der verabschiedeten Offi- ziere. (Ein Beitrag zur Schärfung des Reichss{hwertes.) Umschau in der Milétärliteratur.

Preußishes Verwaltungs-Blatt. Nr. 17. Inhalt: Stuy der gemeinnützigen Heilquellen. Der Ebeschließung8ort nicht mafgecend bezüglih der materiellen Erfordernisse der Eheschließung (der Ausländer). Gehaltszahlung an mit Dienstentlafsung be- strafte Beamte. Polizeilihes Einschreiten gegen Grundftücks- eigenthümer zweck3 He stellung dec im gesundheits- 2c. polizeilihen Inteiesse, insbesondere zur Vermeidung von Gefahren er- forderlihen Einrichtungen. Verbot der Absperrung der Wasser- [leitung zu den MWasserklosets. Aufsicht über die verfassungs3- und stiftungsmäßige Verwendung des Vermögens der Korporationen, insbesondere der KirWengemeinden. Zwangéêetatisirung. Pfarr- vermögen oder Kirchenvecmögen im engeren Siane? Ret der Einzelstaaten maßg-bend für die Grenzen der Rechtspflege und der Verwaltung. Befugniß der Bundesstaaten zur Regelung von Angelegenheiten des Polizeistrafrects, die unter den „Uebertretungen des Reichs-Strafgeseßbuchs mit berührt sind. Landesrechtlide Strafbestimmungen gegen das Rauchen in feuergefähclihen Räumen, wie in Ställen, Scheunen 2c. Aeußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage in der Provinz Sachsen.

Preußisches Verwaltungs-Blatt. Nr. 18. Inhalt: Protektorat über die Arbeiterkolonie Wilhelm®sdorf. Einschreiten gegen Gecheimmittel-Schwi:dler und Kurpfuscher. Umwandlung der Privatsparkassen in Gemeindeirstitute. Anbahnung einer Ver- besserung des Sparkassenwesens. Zur Verminderung der Steuer- exefutionen. Jnansprucwnahme eines Weges für den öffentlichen Verkebr. Eigen|chaft des Weges als eines öffentlihen. Beweis für die O: ffentlichkeit und die Breite des Weges, insbesondere durch Dorfs- und Sculzenamts-Buch, dur Zeugniß Maßnahmen, wenn die Breite des Weges dem Bedür-niß des öffentlihen Verkehrs nicht entspriht. Zu §. 12 Bebauungsgesetzes vom 2. Juli 1875. Versagung des Baufkonsenses. Ortéstatutarishes Bauverbot; Anwendung des Bau- verbots auf ältere Straßen. Rectsperfönlichkeit der Privatvereine na heutigem (gem.) Recht. Freiheitsberaubung. Verg?hen im Amte; Fordern eines Vortheils Seitens des Beamten. Beamter im Sinne des Reichs-Strafgesezbuhs. Verbotener Verkehr mit Arzneimitteln. Einrichtung und Benußung von Bierdrukoorrich- tungen. Betrieb beweglicher Dampfkessel (Lokomobilen). Polizei- liche Betriecbsinstruktion zur Verhütung von Unglücksfällen. Be- nußung transportabler Krippen vor den G1sthäufern, sowie Reinigung der Krippen in den Ställen der Gasthäufer.

Deutsche Landwirthschaftliche Presse. Nr. 8. Inhalt : Die Bedeutung der geologish-agronomishen Bodenkartirung und die beste Methode, sie für die Praris verwerthbar zu machen, Von Prof. H. Gruner-Berlin. Rheinübershwemmungen und Hochw«sser- warnungen. Sitzung des- Teltower landwirthschaftlichen Vereins in Berlin im Englisben Hause am 16. Januar 1883. Miszellen. Kelleranlage mit Obereis (System Welz) (Mit Abbildung.) Vergiftung von drei Pferden mit weißer Nieswurz, Spresaal. Antworten: Berechnung des Futterwerthes der Schlempe. Sommerweizen. Mohnkuchenfütterung. Göpel. Empfeh- lenswerther Sommerroggen. Die Saronia - Drillmaschine. -— Fragen. —- Rundschau. Versammlungen. Handel und Verkehr.

Nr. 9. Inhalt: Die Bedeutung der geologisch-agronomischen Bodenkartirung und die beste Methode, sie für die Praxis verwerth- bar zu machen. Von Preof. H. Gruner-Berlin. (Schluß.) Die Lage des Düngermarktes. Von Emil Güsse eld in Hamburg. Hauswirthschaft. Wirthschaftsplaudereien für Landwirthsfrauen. Die Berliner Hagel-Assekuran¿-Gesellshaft von 1832. Filtrations- anlage, System C. Pieffke. (Mit Abbildungen.) Ausstellungen. Deutscher Reichstag. Versammlungen. Sprechsaal. Antworten : Sticfstoffsammelnde Pflanzen Fütterung der Schweine mit Mol- kereirückständen. Mietendecken. Mlchertrag. Fragen. Handel und Verkehr.

Centralblatt für allgemeine Gesundheitspflege. Heft 1. Inhalt: Ein neues System der Beseitigung der menscliben Abfallstoffe aus den Städten. (System Berlier.) Von J Stübben. Mit 3 Abbildungen. Wxs soll mit den epileptisch-n Schulkindern ge- \chehen ? Von Dr. Pelnan. Ein Fall von Massenvergiftung dur bleihaltig verzinnte Kupferkessel, mitgetheilt von Dr. Joh. Hönig- \chmicd. Kontrole der Lebenêmittel in der Stadt Cöln während der Jahre 1879—1881. Ein Krieg in Sicht gegen den Alkohol- mißbrau. Nachweisung über Krankenaufnahme und Bestand in den Krankenhäusern aus 54 Städten der Provinzen W-stfalen, Nhein- land und Hessen-Nafsau pro Monat November 1882. Sterblich- Feitsstatistik von 57 Städten der Provinzen Westfalen, Rheinland und Hessen-Nassau pro Monat November 1882, Kleinere Mit- theilungen. Literaturberichte.

Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes. 1883. 1. Heft, Inhalt: I. Angelegenheiten des Vereins: Namensverzeichniß der Mitzlieder vom 1. Januar 1883. Leitung und Verwaltung des Bereins für 1883. Verzeichniß der dem Verein als Frei- oder Tauschexemplare regelmäßig zugehenden Srif- ten. Preisaufgaben und Honoraraussreibungen. 11. Abhbandlun- gen: A. Sachlihe Würdigung der in Deutschland ertheilten Patente, Klafse 13, Dampfkessel nebst deren Ausrüstung, von R. R W-eraer, ordentl. Prof. an der Großherzogl. technishen Hochschule in Darm- stadt (Fortseßung). C. Vermischte Abhandlungen: Die gewerblichen Fortbildungs|hulen in Nassau.

Deutscher Kalender für das Deutsche Reich auf das Sea 1883. Eine Jubel-Ausgabe für das deutshe Volk zum 300jährigen Gedenktage der Einführung des Gregorianischen Kalenders. (Verlag von A. R. Franz in Düsseldorf am Rhein, Preis bro. 1 4, gebunden 2 M)

Erinnerungsblätter an die Schreckenstage der Howfluth von 1882—1883 in Baden, Bayern, dem Hessenlande, Preußen, Württemberg und Elsaß-Lothringen. Genaue Swilderungen aller durch die Hochfluth verursachten Schäden, Sthreckensscenen und Unglücksstellen 2c., mit 12 na der Natur aufgenommenen wahrheits- getreuen und prächtigen Illustrationen. Ein Theil des Reingewinns ist für die Uebershwemmten bestimmt. H. Diesbach, Mannheim. (Preis 40 9.)

Politische Gesellshaftsblätter. 16. Heft. Inkhalt: Revolutionäre Symptome und Bestrebungen. Die Deutsche Forst- wirthsbaft. 111. Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Eigenthum. Vermischtes. Correspondenz.

Milch-Zeitung. Nr. 5. Jnhalt: Butterertrag aus der Milch. Von L. Johanßen, Sophienhof bei Preeß (Holstein), Verarbeitung, Ausnußung und Verwerthung der Milch in, ck-r Mol- kerei Möckow. Von Meier, Käser. Ansteckende Hau “krank- heiten: Deutschland: Schafräude. Großbritannien: und Klauenseuche. Allgemeine Berichte: Milchgenossenshafl &reiburg (Baden). Einige Rückblicke auf die Milchwirthschaft Dänemarks im Jahre 1882. Versuche in dec Molkerei. (Schluß) Ecfahrungea în der Praxis: Symphytum asperrimum. Ecntemethode von Nielsen. Aufrahmen transportirter Mild. Statistik : Zur Statistik der Milchwirthshaft. Milchwirthschaftlihe Verhältnisse in der Schweiz.