1883 / 33 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Feb 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Die Staais-Bauprämie ift aus den Betriebsübersbüfsen der Jahre

1872—1880 an den Staat zurückaezablt worden, bildet also kein 4

Passivum der Gesellschaft mebr. Die dem Anlaaekapitale gegenüber- ftehenden, im Besiy der Rechte Oder-Ufer-Eisenbahn-Gesellschaft und im Betriebe befindliden Strecken umfassen zusammen 318,11 km, wovon 57,31 km ¿weigelcifig auétaeführt sind. In neuerer Zeit wurde der Bau einer Nebenlinie von Kreuzburg über Rosenberg und Lublinitz nad Tarnowiy geplant und ift bereits im Bau be- griffen. Diese Babn wird mit Staatssubvention nah Maßgabe des Gesetzes rom 23. Februar 1881 bergestelt. Der Bau wurde Ende 1881 begonnen und man erwartet die Theilstrecke von Kreuzburg bis Rosenberg am 1. Juni d. I. dem Verkehr übergeben zu können. Zur Beschaffung des Baukapitals wurde die Emission von 9 000 000,4 4 9/9 Prioritäté-Obligationen genehmigt. Außerdem sucht die Gesell- \chaft gegenwärtig die Konzession nah zum Bau einer Sekundärbahn von Bahnhof Hundsfeld nah Trebnitz.

Berlin, 7. Februar 1883.

Konsulatsbericte.

New-York. Ernteergebnisse und Preisverhält- nisse, Dezember 1882.

Die Ernte landwirthschaftliher Produkte des eben abge- laufenen Jahres in den Vereinigten Staaten hat nach den Ve1öffentlihungen des Departement of Agriculture und nah den Plaßnotirungen der in New-York abgeschlossenen Geschäfte folgende Resultate ergeben :

Weizen.

Das Ernteergebniß entspricht fast genau den Angaben, welche in zuverlässigen Kreisen bereits vor 4 Monaten ge- macht worden sind. Die Spekulation hatte besonders auf hohe Ziffern in der Ernte an der Pacifikküste gerechnet, Dort beträgt indessen dieselbe niht mehr als 45 Millioneh Bushel. Die Gesammternte der Vereinigten Staaten beläuft sih auf 500 Millionen Bushel, d. h. per Acker 131/54 Bushel, was der bis jeßt erreichten höchsten Durchschnittsziffer von 14 Bushel (niedrig- ste: Durhschniit 10 Bushel per Acker) fehr nahe komint. Die Qua- lität ist im Allgemeinen gut. Das Geschäft ist infolge des besseren AusfaUs der europäischen Ernte zur Zeit wenig befriedigend, ja es soll sogar Weizen von Bombay und dem persishen Galf in Europa billiger geliefert werden können, als von Amerika aus. Preise vom 11, Dezember loco New-York :

Nr, 1 white Dollars 1,08!/» pr. Bushel, n A n I O Doll. 1,00 F

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"n 1 red 1 1,091/4 E n 1,099/g 1 "r

" 2 1" 1 1,06 E 1 1,061/s T) r Hafer.

__ Das Ernteergebniß is} fast dasselbe wie bei Weizen, näm- lih 480 Millionen Bushel. Preise:

Nr. 1 white Doll. 50 Ct®. pr. Bushel,

2 Q 5 Roggen.

Das durthschnittlihe Ergebniß pr. Aer is 14,7 Bushel, was einer Gesammternte von 14 Millionen Bushel gleich: ea Die durchschnittlihe Qualität wird mit 95—100 an- gegeben.

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Preis : Ne. 1 Doll. 69 Cts. bis 70 Cts. pr. Bushel. Gerste. Gesammtergebniß 45 Millionen Bushel, nämlich 23,5 Bushel per Acker. Preis 961/5 Cts. bis 1011/2 Cts. pr. Bushel. Buchweizen.

Gesammternte 11—12 Millionen Busbel, wovon die Hälfte auf Pennsylvanien entfällt, Qualität durchschnitt-

lich gut. Preis 76 Cts. pr. Bustel. Mais.

Gesamumitergebniß 1640 Millionen Bushel, was auf 65 Millionen Aer einen Durchschnitt von 25 Bwhel per Acker ergiebt. Gegen das legte Jahr ist eine Zunahme von 400 Millionen Bushel zu konstatiren. Die Qualität wird als aSuperior“ bezeichnet.

Preis 60—703/2 Cts. pr. Bushel. Baumwolle. '

Das definitive Ergebniß läßt sich vor der Hand noh nicht angeben, doch wird man angesihts des ausgezeihneten Wetters, während des November, wclhes das Reifen der Baumwolle schr begünstigt hat, nicht weit von der Wahrbeit entfernt sein, wenn man auf eine Gesammternte von 6/4 Mil- lionen Ballen (auf einem Areal von 161/4 Villionen Aer) rechnet.

Preije upland Texas per Pfd. ordinary 713/16 81/6 strict ordinary 81/4 81/2 good ordinary 91/16 9/16 strict good ordinary 9!/2 93/4 low middling 915/16 103/16 strict low middling 10%16 103/2 middling 10/3 1096 good middling 10%/g 1013/6 strict good middling 1013/16 11 middling fair 115/16 111/, fair 12/6 121/4

Amtlicwe Berichte aus den Königlichen Kunstsammlungen.

(Aus dem Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstsammlungen. Erscheint vierteljährlich zum Preise von 30 # für den Jahrgang in der Weidmannschen Buchhandlung zu Berlin.)

I. Königliche Museen in Berlin. A. Gemäldegalerie.

In dem Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September sind folgende Gemälde erworben worden : ;

1) Albrecht Dürer. Bildniß eines vornehmen Mannes in mitt- leren Jahren. Nacv rets gewendet, den Bl-ck auf den Beschauer gerichtet; mit langem braunen lodckigen Haar und s{warzem Vollbart. Die Rete übcr die Linke gelegt; leytere umfaßt eine kleine Papier- rolle und ruht auf einer Brüstung, auf die sih auch der rechbte Arm lose stüßt. Schwarzes Barett ; s{warzes Wamms, das, oben ofen, ein Untergewand von farbigem Brokat sehen läßt, mit gesclißten Aermeln, die mit Querstreifen von goldgewirktemm Band geziert sind. Quer Über die Brust und die linke Schulter ist ein \{warzer Mantel ge- schlagen. Gründlier Grund. Lebenégxoße Halbfigur.

Vez. linfs unten mit dem Monogramm, das sich als alt er- wiesen, aber eine etwas ungewöhnliche Form hat. In Wasßser- oder Leimfarben auf feiner Leinwand. H. 0,76, br. 0,57, Erworben

Für unsere Sammlung bei dem ecmpfindlidken Mangel an Dürersben Werken von besonderem Interesse. Das Bild, das wohl in die Jahre 1496—1498 gesetzt werden muß, charakterisirt vornehm- lih die Früfzeit des Meisters und zeigt alle hervorragenden Merk- male seiner damaligen Kunstweise. Nicht blos Auffafung und An- ordnung, auch Tecbnik und Leinwand verratben, unbeschadet der na- tionalen Eioenart des Meisters, die deutliche Einwirkung seines ersten italienishen Aufenthalts. Ja vieler Beziehung erinnert daber das Bildniß an den Dresdener Altar, mit dem es ungefähr gleiczeitig (oder wenig später) entstanden sein mag, wie auch die gleihe Mal- weise auf feiner Leinwand kezeugt; nur ist die Auéëführung. ent- sprebend der bezügliden Kunstgattung, sorgfältiger und liebevoller. Die Persönlicbkeit des Dargestellten, jedenfalls vornehm und be- deutend, wenn auch von wenig ansprebendem und fast düsterem, drohenden Aus*ehen. bat sib bis tet nicht feststellen laffen. In der Sammlung Hamilton galt das BVild für ein Selbstvorträt des Meisters, doch erinnert nur etwa das lange wellige Haar und die dem Selbstbildniß in Madrid gleibe Stellung an den Künstler. Nach einer anderen Uebkerlieferung sollte es einen Kur- fürsten von Sabsen vorstellen. Das könnte nur Friedrih der Weise sein, den wir aber, inébesondere aus den Bildnissen Cranach, nur in ganz anderer, allzuwoblbeleibter Gestalt fennen. Ob er aber nicht in jü: geren Jahren dem Bilde Dürers entsprochen haben mag ? Zwischen den Jahren 1494 und 1501 bielt sih Friedrih der Weise wiederholt iu Nürnberg auf, und des Künstlers Beziebungen zu ihm lassen sich son jetzt bis in den Anfang des XVI, Jahrhunderts zurückverfolgen Näheres werden vielleiht weitere Forsbungen ergeben.

2) Franceëco Squarcione. Maria mit dem Kinde. Maria, binter einer niedrigen steinernen Brüstung, im Profil nacþ links gewendet, drückt das nackte Kind mit beiden Händen an ibre Brust, indem sie mit der Necbten den Mantel um es s{lingt; das Kind, erregt zurücblickend, scheint sch in ibre Arme geflüchtet zu baben. Zu beiden Seiten der Maria je ein Kandelaber ; binter ihr ein rother Vorhana, zu dessen Seiten ein {maler Streifen Landschaft und leiht bewölfter Himmel. Auf dem Vorhange oben ein an zier- liden Bändern s{chwebendes Gebänge von Frücbten und Blättern. Auf der Brüstung cin Apfel. Maria fast lebersgroße Halbfizur.

Bez. auf der Brüstuna: 0VPs SQVARCIONI PICTORIS. “tin auf - Pappelbolz. H. 0,82, br. 0,68, Erworben in

adua.

Das Bild des seltenen und als Führers der Scbule von Padua für die Entwickelung der oberitalienishen Malerei besonders wicti- gen Meisters füllt in unserer Sammlung, in der die Kurft des Quattrocento eine hervorragende Stellung einnimmt, cine nit un- wesentliche Lücke aus, Es ift neben einer Altartafel in der städtiscben Galerie zu Padua (von 1452) das einzige bezeichnete und sicher be- glaubiate Werk des Künstlers und stammt, gleih jenem Altarwerk, aus dem Hause Lazzara zu Padua (noch kürzlich daselbst), für das zweifelohne beide Bilder ursprünglih gemalt waren. Von jener Tafel aber unterscheidet sich unsere Madonna durch die Formenfülle, die Lebendigkeit der Bewegung, den \{chöônen Kopf der Maria so vor- theilhaft, daß Crowe und Czvalcaselle zu der Annabme geneiat sind: „troß der Inschrift habe Mantegna als Gehülfe Squarcione's An- theil an dem Bilde gehabt“.

Zur Herstellung bauliher Arbeiten für die Einrichtung des neuen Heizungésvstems mußten die beiden nah Süden gelegenen Oberlicht- sâle für einige Zeit gei{lofsen werden. Der Umbau des östliben Slügel8s geht seiner Vollendung entgegen ; dersclbe wird boffentlih gleicbzeitig mit dem dazu gehörigen und in seiner Ausitattung neu herzustellenden füdlihen Oberlichtsaale im Frühjahr 1883 eröffnet werden fönnen.

Iul, Meyer.

B. Sammlungen der Skulpturen und Gipsabgüsse.

I. Abtbeilung der antiken Skulpturen.

An Originalen erwarb die Abtheilung in der Zeit vom 1. Juli bis 30. September .1882 eine Anzahl Bruchstücke von Skulptur- und Arcbitekturtheilen, welce mit einer {bon früher erworbenen Knaben- statue in Tarent gefunden waren; es find, soweit sch urtheilen läßt, bevor Alles hier angekommen ift, Ueber- reste eines Grabmals, Kapitäle, Fricsverzierungen, leßtere auch dadurch merkwürdig, daß fie in Hochrelief au®ges{nitten und auf einem Hintergrunde befestigt waren. Ebenfalls aus Tarent stammt ein kleiner weiblicher arbaisher Torso Dur Herrn Hu- mann wurden in Smyrna vier kleine Neliefstücke erworben, zwei Grotenfriese, der cine angebli pergamerishen Fundorts, fodann ein Stück mit einem römischen Porträtprofilkopfe in Rankerornament, am Pagus in Smyrna gefunden, das vierte endli aus Hierapolis (Phrygien) mit der rätbselhaften Darftellung dreier, nab rebts ge- wandt neteneinanderftehender, bis auf einen Schurz und einen Hals- ring nackter, junger Männer, die jeder cinen großen Hammer ge! \cuitert tragen; lints, wo der Stein abzebrocen ift, folgte, wie es scheint, ein vierter. Von der Inschrift am oteren Rande ist der Sdluß .... 20110YMENO® erbalten; im F-lde steht AIIIAX. Einige Kleinigkeiten wurden der Abtheilung aus der voin Antiqua- rium angekauften Beckersben Sammlung überwiesen.

Die Sammlung der Abgüsse erhielt von Hrn. Dr. Hartmann in Beirut Abdrücke der Polsterrerzierungen eines großen Sarkovhags in Laodicia. Aus Paris wurde der von Brunn neuerdines für ein Original des Prariteles erklärte Satyrtorso vom Palatin im Abgusse bezogen, und als werth volles Gescwenk des Königlich italienischen Unterrichts-Ministeriums ging cin Abguß der in der Villa Hadrians gefundenen Diorysoëstatue ein, der Kopie cines griechischen Originals aus dem V. Jahrhundert v. Chr, Polykletiswer Art verwandt.

Ganz besonders muß aber der Abformungen des ganzen Testa- ments des Augustus in Ancyra und einer Auswahl der Fels- \fulpturen von Bogazkiöi bier gedacht werden, welche Hr. Dr. Humann auf einer im Auftrage der Königlidben Akademie der Wißenschaften und der Köriglihen Museen eigens zu dem Zwecke unternommencn Reise glüdtlih zu Ende fühite, Schon sind die Formen allem Anscheine nah in gutem Zustande in der Formerei der Königlichen Museen eingetroffen und werden ohne Verzug aus- gegossen, um die Abgüsse zur Aufstellung und zur Abgabe an andere Sammlungen zu bringen. Eingehendere Mittheilungen über die Er- gebnisse dieser Reisearbeiten bleiben vorbehalten.

Seitens der Restaurationswerkstatt wurde die Aufstellung dreier Statuen und zweier Einrahmungen von Wandnischen, sämmtlich Fund- stüden der zweiten pergamenishen Ausgrabungêperiode am Ende des Ostsaales im Museum vollendet, dabei mit allerhöhster Wahr- \cheinlibkcit die Zugebörigkeit eines Kopfes zu der Athenastatue mit freuzweise gelegter Aegis wahrgerommen. Diese Aufstellvng war mit Anstrengung aller Kräfte am 14. August fertig geworden, als Se. Majestät der Kaiser und König der Abtheilung die Gnade Seines Besucves s{enkten.

Erft ganz kürzli wurde endli wiederum cin Fund bei der Reinigung der Simsblöcke der Gigantomachie gemachbt; der Name Nereus kam unter der Kalkdecke rechts an dem Ecblocke zum Vor- ein, auf dem links der Name Ambphitrite si befindet. Daß dieser Edblock mit Ret auf die Ecke links von der Treppe gesetzt war, fand dadur seine endgültige Nechtfertigung, und die Benennung der beiden Figuren zunäwst links und rechts von der Ecke ist jeßt ganz gesichert.

__ Unter versciedenen Arbeiten an Gypsabgüssen ist die Zusammen- fügung des farnesischen, mchrfach für einen Laokoon gehaltenen Torso ¿u Neapel (Arb. Zeit. 1863, Taf. CLXXFIII, 3) mit dem zu ihm gebörigen, im Palazzo Farnese zurückgebliebenen, linken Arme er- wähnenétwerth. Herr Dr. Lange gab den Anlaß zur Anschaffung der Abgüsse und Anstellung des Versuches, durch welchen festgestellt ist, daß die Figur ein Atlant ist.

__ Die Redaktion des großen Kataloges der Originalskulpturen \chritt bis zur Nr. 473 vor. Der kleine Katalog der Gypsabaüsse wurde zum Neudrucke vorbereitet; auch sind zu einer neuen Bear-

aus der Sammlung des Herzogs von Hamilton.

beitung der Beschreibung der Gypsabgüsse von C. Friederihs,

walde das Muscum in die Hand nimmt, die ersten Vorarbeiten egonnen. i ___ Gine landschaftlibe Rekonstruktion der Akropolis von Pergamon im Karton von Fr. Thiersch in München, vom Künstler selbst dem Museum geschenkt, fand im pergamenishen Saale ihren M

ze.

(Fortsetzung folgt.)

Das vorläufige Programm für die große allgemeine Gartenbau-Auéstellung, die der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich preußis%hen Staaten, die Gesellschaft der Gartenfreunde Berlins und der Verein „Verfuchégarten* hier- selbst veranstalten wird, weist 236 Preisaufaaben auf, für die theils Medaillen , theils Kunstgegenstände, Geld- oder Chrendiplome ausgeseßt sind. Ein Ehrenpreis ist für die hervorragendsten Verdienste um die Ausstellung überhaupt bestimmt; für dekorative Gruppen, bei denen au ornamentaler Sbmuck gestatte: ist, steben 7 Preise zur Verfügung. Von den 9 Preisen für Rosen \oll der erste dem zugesprochen werden, der mindestens 12 Eremplare in 6 Sorten ausftellt, welhe ia Bezug auf Kultur und äußere An- forderung den auf den englishen Auéstellungen vertretenen Rosen gleihkommen. Bei den 6 Preisen für Orchidecn ist sowobl ‘auf Sorten, die sich zu Marktpflanzen eignen, wie auf Scaupflanzen Rücksicbt genommen; ein Preis ist außerdem für eine neu eingeführte Orcbidee von spezifishem Werth auz3gesett, au unter den 11 Preisen für blühende Warmhauspflanzen findet si ein solcher für eine neue Einführung der Züchtung wie «8 überhaupt das Bestreben des Comités war und ift, durch die Auést:llung nah allen Seiten hin möglichst anregend zu wirken. 45 Preise locken die Züchter blübender Kalthauspflanzen, insbesondere von Azaleen, Ca- melien, Rbododendron, Eriken, Cileus u. \. w. D-n 8 Preisen für blühende Zwiebelgewähse des freien Landes stehen eben so viel sür blübende Stauden gegenüber. Ein Preis unter den 21 Pceisen für Blattpflanzen soll dem Aussteller von Palmen, die sich besonders zur Zimmerkultur eignen, zugesprochen werden. Für Dickpflanzen und baum- artige Lilien sind 6 Pceisaufaaben gestellt. Bei den 16 Preisen für getriebene Gehölze des freien Landes ist sowohl auf blühende wie auf nibtblübende Gehölze Rücksicht genommen. Ein Preis winkt dem Aus- steller eines blühenden, bizher noch nit als treibfäbig bekannten Baumes oder Strauhes. Für gewöhnlide Gebölze des freien Landes find 12, für Coniferen 6 Preiétaufgaben ge- stellt Ret interessant dürfte eine Aufstellung von Obst- bäumen werden, welche die Erziehung derselben in den vers biedenen Stadien vom Keimling an vorführt; ihr ist ciner der 7 für Obst- bâume reseroirten Preise zugedawt. Den 8 Preisen für getr'ebenes und fkonservirtes Obst gesellt sich ein 9. hinzu, der für das beste in Dcutsbland nach der neuen amerikanisden Mithode berge:stellte Dörrobst beslimmt ist. Sehr beleh' end dürfte auh die Abtheilung der cxotishen Nutpflanzen werden. Sie wird u. A. enthalten eine Zusammenstellung der Pflanzen, die uns die wichtigsten Kolonialwaarn liefern unter Beifügung der Samen oder Pflarzentheile, wie dieselben im Handel vorkommen, cine Zusammenstellung der wittigsten Gespinystpflanzen sowie der davon gewonnenen Fasern und der daraus gefertigten Stoffe und endlich eine Zusammenstellung von fremdländishen Pflanzen, deren Holz bei uns als Nuzho!z eingeführt wird. Für Gemüse sind 12, für abgescbnittene Blumen und Arrangements 18, für Gar tenpläne 3 und für Gartengeräthe u. f. w. 27 Preise ausgeseßt.

Die Generalversammlung der Vereinigung der Steuer- und Wirthschaftsreformer nahm gestern roch fol- gende Resolution: „Die Generalversammlung begrüßt die Be- strebunaen der Bauernvereine mit lebhafter Freude und hofft, daß die Bauernvereine bei voller Wahrung der Selbständigkeit ihrer Organisation gemeinscaftlich mit uns (den Steuer- und Wirthschafts3- rcformern) zur gedeihliwen Lösung der wirthschaftiiwen Fragen energisch beitragen werden,“ mit einem Antrage des Hrn. Schöôn- feld an: „Es ist erwünst, in allen Provinzen des Deutschen Reiches Bauerntage behufs Behandlung volkswirtbschaftlicher Themata, welche die Landwirthschaft betreffen, abzuhalten“.

Den ersten Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildete die Währungsfrage. Der Referent, Dr. O. Arendt (B.rlin) befür- wortete, in Gemeinschaft mit dem Korreferenten, Frhrn. v. Mirbab folgende Resolution: „Die Generalversammlung bält an den Beschlüssen früherer Generalversammlungen zu Gunsten der ver- tragëmáäßigen Doppelwährung fest und sieht in der Bekämpfung der Goldwährurg cine dec wiwtigsten Aufgaben der Sozialreform. Die Generalversammlung hofft daß die Reichsregieruag dur An- regung cines Wiederzusammentritts der vertagten Pariser Münz- konferenz cine Einigung über die Silberfrage anfstrebt.* Nacb längerer Debatte, in der si sämmtiice Redner im Sinne des R- ferenten aussprachen, gelangte die Resolution einstimmig zur Annahme.

Der Stolzescbe Stenographenverein zu Berlin eröffnet am Freitag, den 9. d M., Abends ‘85 Uhr, in seinem Vereinelofkale, Alte Post, C, Burgstraße 71I., unter Leitung seines Vorsitzenden, des Parlament#stenozraphen Hrn. Bâätler (80. Engel-Ufer 6) einen wöcbentlih einmal stattfindenden unentgeltlicben Kursus zur Aus- bildung in der „praktiswen Handhabung“ der Stenographie, an dern sich au Nichtmitglieder betheiligen können.

Gestern Abend fand im Residenz-Theater die Aufführung des „Othello“ mit veränderter Beseßung der beiden Hauptrollen statt. Mr. Booth spielte den eifersüchtigen Mohren und ein Hr. Lederer a. G. den Fähndrich Jago. Der amerikanishe Dar- steller hat, den großen italienischen Schauipiel.rn folgend, den Mohren Shafkespeare'’s in einen Mauren verwandelt: #6 konnte er dem Gesicht, der Gestalt und Haltung den vornehmen durgeistigten Ausdruck geben, welcher den Adel der Seele au in der äußeren Erscheinung durscecinen läßt. Dem Gefühl des Publikums wird dadurch Reck nung getragen, da die Liebe der Deédemona zu einem ußerliÞ abscbreckenden Mohren dem Zuschauer s{werer glaubhaft zn maten ist. Bei der Beweglichkeit und geradezu erstaunlichen Ausdrucksfähigkeit seiner Gesichtëzüge gab der Künstier sein Bestes in der großen Scene, in welcher die Verwandlung seiner unendlichen Liebe in cine ebenso grenzenlose Ei'ersucht ror si geht. Die rührende und innige Zäctiichkeit, mit welcher er sich von Desdemona vzrabscbiedet, hat nod ihren Eindruck nicht verwischt, als der langsam gestreute Same des Verdachts in dem Gemüthe Othello's Wurzel faßt und der Ausbruch des berzzerreißenden Grams und «iner wahnwiyigen Wildheit die Seelen der Hörer bis ins Innerste er- \chüttert. Die Ungewißheit, welche der Verstand nicht zu lösen vermag, treibt den Liebenden umher wie einen Gefangenen, welcher ohn- mächtig an den Eisenstäben seines Kerkers rüttelt. Jn diesen Seelenkämpfen. welche Mr. Booth in jeder Faser und Muskel des Gesidts zum Ausdruck zu bringen vermag, liegt scin unlöeliber Zau- ber und seine stärkste Gewalt über die Gemüther. Daß der Künj|tler wiederum rauscktenden Beifall erntete, braucht kaum wiederholt zu werden, da jede seiner Leistungen eine so eigenartige und ergreifende ist, daß man vergeblich versuben würde, si{ dem Eindruck zu ent- ziehen. Von den übrigen Mitspielern muß anerkennend Frl. Rais rer (Desdemona) erwöhnt werden, welde dem größeren Othello gegenüber ihre ganze Kraft einzuseßen {ien und damit denn auch A eine erfreulitere Leistung als am Sonnabend zu Stande rachte.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Etpedition (Kessel). Druck: W. Elsner, Vier Beilagen (einschließli Börsen-Beilage).

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 33. Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 7. Februar. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (24.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten wurde die erste Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbeweg- lide Vermögen fortgeseßt. Der Geheime Ober-Justiz- Rath Kurlbaum TI. erklärte, seit 1872 habe si die Schädlichkeit des bisherigen Cystems nah den neuerdings aufgenommenen statistishen Erhebungen bedeutend ert öht. Während damals nur jede siebente Subhastation mit dém Ausfall der vorstehenden Gläubiger ausgelaufen }e:, falle jeßt beinahe jede vierte Subhastation ohne Befriedigung der vor- stehenden Gläubiger aus. Dem Abg. Westerburg könne «r erwidern, daß das Ober-Landesgericht in Hamm sich au für den Entwurf ausgesprochen habe. Einige allgemeine Ein- wendungen könne er |chon heute widerlegen, während er auf Spezialitäten in der Kommission antworten werde. «enn man sage, es sci ein Eingriff in das Vermögensrecht und werde den Kredit schädigen, jobald man dem Gläubiger eine Subhastation unmögäih mache, wo die Befriedigung seiner Forderung nicht zu erwarten sei, so sei dies doch derscl e Grund- aß, der zur Aufhebung der Schuldhast Veranlassung gegeben habe. Auch dur diese habe der Gläubiger keinen Vermögens- vortheil, sondern nur die Genugthuung, seinen - Schuldner geschädigt zu haben. Das Vermö.unsrecht werde niht in Geld umgeseßt, sondern nur durch die Vertreibung des Schuldners aus seinem Besi befriedigt. Jn Bezug a-.f den

fnwand, es werde durch das neue Verfahren ein _Ausbeute- und Devastirungssystem eingeführt, welhes im öffentlichen Interesse zu vermeiden sei, sei zu sagen, daß man einem Gläu: biger stets vergeblich klar zu machen suchen werde, wie derselbe im öffentlihenZnteresse dazu komme, eineForderun gen nicht befriedigt u sehen. Das Resultat des neuen Verfahrens werde sein, daß ih der Schuldner eine größere Last abwälzen, und der Gläu- biger in einen besseren Vermögensstand gebracht werden könne. Bestreiten müsse er, daß das römishe Pfandrecht, auf welhes in der Vorlage zurückgegangen sei, „das allershlehteste sei, welhes sich denken lasse. Das römishe Pfandreht sei von Haufe aus ein fehr gutes gewesen und nur verdorben worden im Nittelalter durch die große Zahl der hinzukommenden Partikularrechte. Diesen unglüdlihen Rehtszustand habe die preußische Gesezgebung nur allmählich beseitigen können. Unter früheren Verhält- nissen sei es niht zu übersehen gewesen, welche Rechte dem Gläubiaer zugestanden gewesen seien. Jett sei es geboten, den Gläubiger in seinem Rechte zu schüßen, und so auf das ursprüngliche gute Pfandrecht zurückzugeben. In der Kom- mission werde sih Gelegenheit bieten, au] das Einzelne näher inzugehen. : . 2 C Abg. Dr. Grimm bemerkte, seine politischen Freunde betrachteten die Vorlage als einen glüdcklichen Sctlußstein der Justizgesezgebung. Ste exkennen eine wesentlihe Verbesse- rung darin, daß im Anschluß an die Vorschriften der Civil- prozeßordnung einzelne materielle Streitigkeiten aus dem Kreise der vom Vollstreckungsrich:er zu besorgenden Fälle her- ausgenommen, und dem gewöhnlichen Prozeß unterstelit würden. Aber noch freudiger begrüße er den Reformgedanken der Vor- lage, daß kein Gläubiger das Grundstü erstehen könne, ohne daß sämmtliche vorstehenden Realansprüche vollständig gedeckt seien, und daß, wenn der Verkauf in dieser For stattgefunden habe, die Hypothek? nmcht baar ausgezahlt, sondern von dem Ersteher übernommen werden solle. Die Mißstände bei den Korrealhypotheken und dem Erwerb zum Schein seien häufig besprohen worden. Eine Reihe von Kreditanstalten, sogar in Berlin, solle sih große werthvolle Grundstücke zu einem Gebot von 100 A haben zuschlagen lassen. Mit Korrealgläubigern werde ein sörmlicher Handel getrieben, indem der nachfolgende Hypothekgläubiger sich an den Korrealgläubiger wende, und ibm die Hälfte seiner Forderung biete. Der Vorschlag des Grafen von Bismarck betreffs des amerikanischen Heimstätterehts sei doch nit so von der Hand zu weisen. Es haste au} dem Hause noch die Verantwortung, daß \. Z. der Bauernstand so ohne alle Vermittelung ins Kreditleben geworfen sei. Das bis- herige Verfahren bei der Subhastation môge 1a einfacher sein, nämlich für den Richter, es sei bis jeßt ein ret glattes Geschäft gewesen, und es sei begreiflih, daß man sih davon nicht trennen wolle: fiat justitia, pereat mundus, Daß die Nachgläubiger ein rehtlihes Jnteresse an der Subhastation hätten, bestreite er. Sie hätten dies Interesse nicht als Rechtegläubiger, sondern als Güterspekulanten. _Er wisse niht, ob man sich für folche besonders echauffiren solle. Von dem Geseße verspreche er sich im Grgensaß zu dessen Gegneru eine besondere Stellung des Realkredits. Der Besißer bedürfe unkündbarer Realkredite zu geringen Zinsen und Amortisationen. Dies werde nur erreiht dur solide Kreditinstitute. Er wolle aber keine Perturbation und Zwangs- vollstreckung, und eine unzeitige Zurückzahlung der Hypotheken. In dieser Beziehung werde nun die Vorlage einen wohl- thätigen Einfluß ausüben. Er mache über die Wirkungen derselben keine übertriebenen Versprehungen, hoffe aber, daß die Kommission dem Reformgedankfen der Vorlage eine Gestalt geben werde, die alle Theile befriedigen werde.

Der Abg. Dr. Hänel erklärte, er spreche niht im Namen seiner politishen Freunde, stehe ader der Vorlage, die seine Partei als eine politishe nicht angesehen habe, viel sym- pathischer gegenüber als der Abg. Westerburg. Zunächst ipreche er der sorgfältigen juristishen Auffassung, welche von der Unklarheit in den Verwaltungsgeseßen vortheilhaft ab- weiche, seine Anerkennung aus. Die Grundkonstruktion scheine ihm richtiger und gesünder als die bisherige des preußischen Rechts. Ob das eine oder andere System besser fei, könne sih erst zeigen, wenn man vor Mißbräuchen stehe, und diese würden durh das neue Geseg eingeschränkt. Erhöht im mathematischen Sinne werde der Werth des Grund- besißes durch diesen Gesehentwurf nicht, die Tendenz desselben gehe im Gegentheil dahin, eine Einschränkung des bisherigen unsoliden Kredites herbeizuführen. Allerdings dürfe dabe nit vergessen werden, daß durch eine solhe Anordnung viel-

fah au der völlig berechtigte Kredit abgeschnitten werde. Die *

Berlin, Mittwoch, den 7. Februar

Wirkurg des Gesezes aber werde je nach den verschiedenen Gegenden verschieden scin. Nicht zu vergessen sei ferner, daß durch die Vorlage das materielle Hypothekenrecht entschieden modi- fizirt werde. Deshalb nüsse man si auch fragen, ob der Ges. §- e:twurf nicht mit dem bürgerlihen Gesezbuh in Widerspruch stebe. Solche Gesegze sollten sich ins praktishe Leben ein- bürgern, und mußt.n daher auf eine gewisse Stabilität be- rechnet sein. Welche Garantie besie man nun, daß man nicht nach wenigen Jahren wieder ein wesentlih anders geartetes Gese befomm:? Viache man hier niht hon wieder ein Provisorium, über dessen Dauer man keine Kenntniß habe? Das sei für ihn der Shwerpunkt der ganzen Frage. Niemand, au die Regierung nicht, könne zweifelhaft darüber sein, daß in dieser Materie cine gewisse Stetigkeit wünschenswerth sei, schon aus technishen Gründen; denn nach diesem Gesch würden die wohl.rworbenen Rechte eie wesentliche Aenderung erleiden, und hiermit müsse man schr vorsic;tig sein, und ohne die Garantie, ¿aß diese Abänderung nit bald wieder geändert werden solle, würde die g.nze Aenderung sehr bedenklich er- scheinen. Man werde ihm auch zugeben, daß dies Geseg ein paar Jahre hindurch sich einleben müsse, denn die Wirk- samk-it solher eminent prafktishen Geseze beruhe gerade darauf, daß sie sich vollständig eingebürgert hätten. Wenn nun die He:stelung eines deutshen bürger- lien Geschbuhes in niht langer Zeit zu erwarten sei, und wenn es wahrschinlih sei, daß dies Gese auf Grund ganz neuer P ämissen andere Bestimmungen treffen werde, dann verstehe er nicht, warum der Justiz-Minister sich mit diesem Geseg so becilt habe, und er mochte von dem Minister einz: beruhigende Erklärung darüber erbitten, wie derselbe fi diese Vorlage denke im Verhältniß zu den Arbeiten der Kom- mission, die das allgemeine deutsche bürgerlihe Geseßvbuch bearbeite und hoffentlih in wenigen Jahren vorlegen werde. G Hierauf ergriff der Justiz-Minister Dr. Friedberg das ort :

Der Herr Vorredner hat im Anfange seiner Ausfübrungen in so freundliden Worten des Gesetzes und der Art, wie es zu Stande ge- bracht ist, gedacht, daß ich dafür nur aufrichtig danfbar sein kann, indem ic aber das Verdienst dieser Arbeit zum größten Theil den- jenig-n meiner Herren Kollegen im Ministerium zuwenden muß, die bier an meirer Seite sitzen; denn diesen gebührt das ge!pendete Lob, wenn das Gesetz wirkli so vortrefflih gearbeitet ist, wie der Herr Vorredner es bezeichnet hat; mir kommt der Dank dafür nur zu einem sehr kleinen Theile zu.

Wenn aber der Herr Vorredner an mi die Frage ribtet, warum i in einer Zeit, wo wir ein allgemcines deutsches Gesetz- but, wenn auc erst in mehreren Jahren, zu erwarten haben, auf diesem Gebiete mit so großer Swleunigkeit vorgegangen sei, so er- ridere ih ihm: weil die Noth gerade auf diesem Gebiete in vielen Theilen unseres Landes und nicht am wenigsten in dem Landektheile, dem der Herr Abgeordnete selbft angebört, so groß war, daß ic ge- glaubt haben würde, mich verantwortlich zu machen, wenn 1ch mit dieser Gesetzgebung bis dabin bâtte warten wollen, bis wir das allgemeine deutsce Gesezbuch bekommen. Auhß ih hoffe, daß wir dieses Gesetbub in ein paar Jahren allerdings noch niht wohl aber, daß wir dieses Gesetzbuch in gegebener Zeit be- kommen werden; i glaube aber, es wird jedenfalls noch fo lange dauern, daß dieses jeßt beabsichtigte Gesez Zeit haben wird, feine wohlthätigen Wirkungen noch manches Jahr vorher ausüben zu können. Der Herr Abgeordnete erkenut an sih an, daß der Gesetzentwurf ein gut r, wohlthätiger sei, und sein Hauvt- bedenken besteht nur darin: er habe feine Garantie dafür, daß dieses Gesetz, wenn wir es jeßt ¡u Stande bringen, nit dereinst möchte durch das große deutsde Gesetzbuch wieder abgeändert werden. Nun ist es allerdings richtig, Niemand von uns hier in diesem Hause fann eine Garantie dafür übernehmen, daß die Grundsäße des deut- {en Gesetzbuchs demnächst sich mit denen decken werden, die wir hier Ihnen vorschlagen und die wir zum Geseh zu erheben hoffen.

Das aber, meine Herren, glaube ich ohne Ueberhebung aust- spreden zu können; wenn der größte deutsde Staat cine solhe Ge- seßgebung in Uebereinstimmung mit seiner Landeévertretung zu Stande bringt, wenn die Grundsäße, die in einem solhen Gesez von Regierung und Landesvertretung angenommen werden, wenn dies seine Grundsätze sind, welde die Wissenschaft und Praxis Jahre lang vor- bereitet und als die richtigen erfannt hat dann, meine Herren, wird, glaube i, die deutshe Gesetzgebung nothwendig auf demselben Weg gehen müssen, den wir durh dieses unser Gesez ihr vor- gezeichnet haben. Das ist keine ÜUeberhebung des CEinzelstaats, sondern das ist das natürlihe Gewicht, welches ein großer Staat mit seiner Gesetzgebung, getragen von der Zustimmung der Wissenschaft und getragen von der Zustimmung ker Landesvertretung, auf die deutsche Gesetzgebung wird auäüben dürfen und wird aus iben müssen. Darum, glaube i, sollte der Herr Abgeordnete aus diesem Grunde dem Gesetze seine Unterstüßung wirkli nit versagen; und ih bitte darum, daß Sie Alle aus einer möglichen Geseßgebung der Zu- kunft, nämlich dem möglihen deutschen Gesezbub, nidt ein Ar- gument herleiten mögen, um das augenblickiih vorliegende Gese, das einem augenblicklihen Nothstande abhelfen soll, auf die lange Bank zu schieben. j : S

Der Abg. Roeren erklärte, am meisten habe ihn für die Vorlage die allgemeine Zustimmung eingenommen, die ihre wesentlihsten Bestimmungen in den Kreijen der Grundbesißer gefunden habe. Die dagegen erhobenen Bedenken richteten sich nur dagegen, daß der Schuß des Grundbesiß?es nicht roeit genug gehe. Dem gegenüber betone er, daß es auf diesen Schug nicht direkt ankomme, sondern daß es si eigentlich um die Regelung der Zwangsvollstreckung handele. Man könne auch die Materie nit auf einmal regeln, sondern müsse vorsichtig abwarten, wie in der Praxis sih die Sache bewähre, und ob man den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen dürfe. Er betrachte alle diejenigen, denen die Vorlage nicht weit genug gehe, nit als Gegner derselben, und ebenso wenig rechne er diejenigen dahin, die den (Grundgedanken selbst niht bekämpfen, sondern nur die praftis Ausführungen desselben. Fn dieser Be- ziehung stellten wohl den wundesten Punkt die - Korreal- hypothekenverhältnisse dar, und diese veranlaßten wirkliche Bedenken. Er könne allerdings nicht so weit gehen, und, wie ein Redner des Herrenhauses gethan habe, die Korrealhypothe- ken für eine mißuiche Art des Kredits erklären, sondern er meine, man müsse mit dieser Art des Kreditgebens immerhin rechnen ; diese Schwierigkeiten würden ja aber in der Kommission beseitigt werden. Er glaube, in Folge dieses Geseßes werde jeder Gläubiger wissen, daß derselbe für sein Darlehen nur jo viel Sicherheit habe, als ihm die Befriedigung der vorher eingetragenen Gläubiger lasse. Für günstig halte er auch die Bestimmung, daß die Kaufgelder nicht baar ausgezahlt zu

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werden brauckten, sondern als Hypotheken auf dem Grund- stück stehen bleiben könnten. i E

Darauf wurde die Vorlage an eine besondere Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen. i 5

Es folgte die erste Berathung einer Landgüter=- ordnung für die Provinz Brandenburg. _

Der Abg. Zelle bemerkte, bei dem in Rede stehenden Gesetze werde der Justiz-Minister niht denselben Grund gel- tend machen können, mie bei dem vorangehenden. Es sollte eine so wichtige Materie, wie die Landgüterordnung, zusam- men mit dem gemeinen bürgerliten Rehte behandelt werden. Es würde nach diefem Geseße in der Mark Brandenburg ein vershiedenes Erbrecht ge!ten, je nachdem es sich um ländliche oder andere Grundstückde handele, und bei den ländlichen würde wieder ein Unterschied auf Grund der Veranlagung zur Srundstzuer zu machen sein. Hauptsächlih der Baucrnstand werde mit diesen privilegirten Testamentsverfügungen, wi? sie bisher noch in keinem Rechtssystem bekannt gewesen seien, bedacht ; denn die Besiger der Rittergüter in der Mark Brandenburg gehörten einer Klasse an, die si in ihren Fanilienverhält- nissen bisher selbständig Ordnung zu schaffen gewußt habe. Der geplagte Bauer nun komme ihm vor wie ein kerngesunder Mann, zu dem der Arzt ungerufen trete, und demselben durh- aus ein Rezept vershreiben wolle. Fm Allgemeinen werde von allen märkishen Behörden anerkannt, daß ein Nothstand, wie derselbe zur Motivirung dieser Vor-= lage da sein müßte, nict vorhanden sei. Der Bauer sei mit dem bestehenden Geseg und der eingebürgerten Sitte bisher völlig ausgekommen. Noch 1863 habe die Staateéregierung selbst ausgesprochen, daß der Bauernstand cin solhes Geseg als eine unverdiente Bevormundung ansehen müsse, und es mit um so größerem Mißtrauen betrahten würde, je weniger derselbe durch sein eigenes, stets auf Erhaltung des Grund- eigenthums gerichtetes Verhalten dazu Veranlassung gegeben habe. Und 1827 hätten auf dem Provinzial - Landtage die Abgeordneten der Landgemeinden erklärt, alle ihre Kinder seien ihnen gleih lieb. Der Punkt, von welchem dieses neue Gesey au3gehe, sei die Provinz Westfalen. Von dem dortigen Bauernverein geh: die Anregung aus. Ein Mitglied des westfälishen Provinzial-:Landtags habe sich als Gewährsmann vor vier Wochen im Herrenhause über den Erfolg des neuen Erbrecht2gesetes wie folgt ausgesprochen: „Das müsse er aber fonstatiren, daß Eintragungen in die Landgütterrole bisher niht stattgefunden hätten.“ Das sei doch aber die Probe auf das Exempel. Wenn die Bauern ein neues Erbrecht so nöthig hätten, würden sie sih doch die gebotene Möglichkeit zu Nute machen! Diese Erfahrungen hätten denn au wohl dazu gesührt, den märkishen Bauern nicht bloß die Möglich- keit einer Verbesserung ihrer Lage zu geben, sondern sie gleich zu dieser Verbesserung zu zwingen. Man habe gesagt, das neue Gesey wolle nur das Herkommen im Bauerusiande fixiren. Eine solche Geseßgebung trete aber gerade dem Her- fommen entgegen. Sei denn der älteste Sohn immer gerade der zur Uebernahme des väterlichen Gutes geeignetst: ? Werde niht dur den Entwurf eine große Ungerechtigkeit in Bezug auf die Wittweund die minorennen Kinder geschaffen ? Wer hindere den Anerben, das Gut, das derselbe doch zu einem sehr niedrigen Preise bekomme, sodann mit Vortheil wieder zu verkaufen? Die in dem Entwurf vorgeschriebene Taxe vom 30fachen Betrage des Grundsteuer-Reinertrages entspreche do dem wirklichen Werth durchaus nicht. Durch diese Abshäßung würden die übrigen Kinder auf ein Pflichttheil geseßt, und dadurch die Eintracht in den Familien {wer geschädigt werden. Der märkische Bauer habe seine Familienangelegenheiten und sein Erdörecht bisher so gut selbst regulirt, daß derselbe die Hülfe dieses Gesetzes niht brauche, lasse man denselben also in Ruhe. Er schlage vor, da die Agrarkommission zu überlastet sei, den Ge- seßentwurf einer besonderen Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen, :

Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst entgegnete, der Abg. Zelle habe Recht, man habe in Preußen zu viel Gesetze gemacht, nämli zu viel s{hlechte Geseze. Wie majssenhaft seien die Kulturkampfsgeseze angefertigt worden; damals hätten die Herren von der Linken nicht über die Ueberproduk- tion geklagt. Wer die Nothwendigkeit dieses Geseßes bestreite, wie der Abg. Zelle, kenne eben die traurige Lage des Bauern- standes niht. Es sei au gar nit im Geringsten davon die Rede, daß es auf den Bauernstand abgesehen sei ; die Bauern im Provinzial-Landtag hätten gerade das Anerbenrecht verlangt ! Au von einer Bevormundung des Bauernstandés sei gar nit die Rede, es handele sih imGegentheil darum, eine alte Bevormun- dung aufzuheben. Nicht der westfälishe Bauernverein und jein Vorsitzender seien die Urheber der Bewegung, sie fei von Hannover ausgegangen. Ob die Bauern jenes Vereins eigent- lih keine Bauern seien, könne der Abg. Zelle auf der nächsten Generalversammlung, wenn derselbe wolle, persönlich erproben ! Redner ging sodann auf die bekannte Vorgeschichte des Geseß- entwurfs und der Landgüterrolle für Westfalen näber ein ; der Märkische Landtag habe sich mit 58 gegen 6 Stimmen für das Anerbenrecht erklärt, allerdings auch einen §. 7 an- genommen, der das freie Dispositionsrecht vollständig wahre. Im Herrenhause seien die Erklärungen der Minister bezüglich der Ablehnung der modifizirten Vorlage Seitens der Ne- gierung niht so bestimmt gewesen, um das Abgeordnetenhaus zu bestimmen, die Höferolle wieder herzustellen. Vie Ne- gierung hätte hon für Westfalen das Anerbenrecht vorschlagen sollen, jeßt werde es ihr sehr schwer, von dem System der Höferollen zurückzutreten. Namentlih s{wierig müsse die Stellung des Justiz-Ministers in der Frage gewe}en sein. Für die Fassung des Herrenhauses werde er stimmen, troß der relativ ungünstigeren Lage, in welche Westfalen dadurch ge- rathe. Wenn in Westfalen noch keine große Wirkung der Landgüterrolle zu verspüren gewesen sei, #0 müsse man erwägen, daß das Gesetz erst sechs Monate, auf manchen Amtsgerichten erst zwei Monate in Geltung sei; außerdem seien die Westfalen sehr vorsihtige Leute und das eheliche Güterreht bereite in Westfalen besonders große Schwierigkeiten; es gebe nicht we- niger als 18 verschiedene eheliche Güterrechte älteren und neuen Ursprungs. Auch gingen Männer wie Frauen in Westfalen ungemein ungern zum Gericht; von Seiten der

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