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Sache aker ganz anders; wir werten vielleicht ncch weiter in diese Ma- terie eintreten, aber daran will ich- sckon jeßt Sie erinnern, daß damals au die Organe der Centrumspartei die Meinung ver- traten, daß das ganze Aufrühren der Miscbehenfrage das größte Un- glück in dem damaligen Momente sei, weil es dazu dienen mußte, das Zustandekommen friedlider Beziehungen wesentlich zu ersckweren.
Die tiefgehende Erregurg, welche alle Kreise unseres Vaterlandes ergriff, welche nicht der katholisden Konfession angehörten, ist dob eine Thatsache, die, wenngleich 8 Monate dazwischen liegen, ncch nit aus Ibrem Gedächtniß entskwunden sein kann. Und cs ist aub dar- über kein Zweifel, daß gerade diese Frage den delikatesten Punkt des friedlichen Zusammenlebens der verschiedenen Konfessionen berührt, und gerade den Punkt, bei dem die Staatëgewalt durchaus vers pflichtet ist, größte Aufmerksamkeit anzuwenden, um in diesen schwierigen Verhältnissen ten Frieden der Konfessionen zu wakren.
Ich will den Gegenstand nit mit Erinnerungen belegen, Sie brauchen ja nur die damaligen Zeitungen aufzushlagen, um si zu überzeugen, wie tief die Erregung alle Schichten des Volkes ergriffen und ich kann wirklich versichern, daß sehr ernste Erwägungen bestan- den haben, ob die Regierung in einer repres{iven Weise in die An- geleger heit eingreifen sollte. Sie hat es nicht gethan, weil sie hoffte, daß aus dem gesunden Sinne unserer deutshen Bevölkerung heraus e8 mögli sein würde, wieder zu einem erträglichen modus vivendi arf diesem Gebiete zu gelangen. Die Bewegung aber, welche dadurch angefact ift, meine Herren, bestcht noch, und es steht dabin, ob es in der Macht der Regierung liegen wird, der Bc- wegung Halt zu gebieten.
Nun, meine Herren, werden Sie si{ erinnern, die entsheidenden Monate, in denen diese Frage {webte, waren der August und der September, und das war eben die Zeit, wo es in der That, ich wiederhole es no@mals, sehr nahe daran war, daß die Regierung von den genannten beiden Fakultäten GVebrauh machte. Nun, meine Herren, hätte damals die Regierung dies ausgeführt, dann wäre ficherlich eine Unrube und eine Erregung gegen die Regierung von anderen Seiten entstanden, die sehr viel stärker gewesen wäre, als der Schuß, welchen die Herren uns etwa zu bicten bereit ge- wesen wären.
Meine Herren! Solche Sachen sind in der Tkat, ih räume das ein, recht {wer vom Standpunkte De8jenigen zu beurtheilen, der in der ganzen Angelegenheit si als mehr oder minder betheiligt fühlt. Aber die Versicherung kann ic geben, daß alle die Entschließungen, die i hier nur andeutend erwähne, von der Regierung erst nach ernsten und \{chweren Erwägungen in dem vollen Gefühl der Verantwortlichkeit für den inneren Frieden des Staats gefaßt worden sind.
Meine Herren! So war der September herangekommen. Nun be- ginnt eine Phase, die in gewisser Seite abscchließend gewirkt hat. Das war die Phase, in welcher die großen Wahlbewegungen \tatt- fanden, die durch das persönliche und bis dahin in solhem Maße nicht gewohnte energische Eingreifen des Abg. Dr. Windthorst eine ganz eigenthümliche und hervorragende Charakteristik erhalten baben.
Meine Herren! Sie werden ja die Güte haben, meine Worte noch zu hören, ich werde Sie nit zu lange inkommodiren. Herrn Windthorst habe ih gerannt, damit er in der Lage ist, sh gegen meine etwaigen Vorwürfe zu wehren. Jch zweifle nicht, daß er tie Thatsachen, die ih angeben werde, zugeben wird.
Ich will mich rit aufhalten bei dem Katbolikenkongreß in Frankfurt a. M., wo Ihnen doch als sehr charakteristish die Ve- merkung noch erinnerlich scin wird, welche der Hr. Abg. Windthorst in Ansehung der eigenthümlich historisch-politishen Lage der Stadt Frankfurt und in Ansehung des Arrièregatrdegefehtes auf dem Gebiet des Kulturkampfs gemacht hat.
Von da an keginnt dann eine Periode der allerwichtigsten Ver- sammlungen, bei denen der Abg. Dr. Windthorst die Güte gehabt hat, in dankens8werther Weise das Programm zu entrollen, von welchem er seine Politik der Regierung gegenüber leitete. Sie ent- sinnen sich der großen Rede in Cöln, der Rede in Düsse)dorf, in Münster — (Zuruf aus dem Centrum. Ja, warum foll der Mann nit reden ¿) Meine Herren, ih habe bereits erwähnt, in dankenswertbester Weise bat ter Hr. Abg. Windthorst geredet. J will Ihnen auch die Quint- cssenz seiner Reden mittheilen, Das große Programm, welches er in Düsseldorf entrollt hat, wird ja zweifel8ohne auf Jahre hinaus für unsere Politik von großer Bedeutung sein. Gr forderte zunäch:\# die Wriedererlangung aller Rechte der Katholiken, wie sie vordem bestanden haben. (Sehr richtig! Bravo! im Centrum.) Ich bin ja cinver- \ftanden, meine Herren, daß Sie Hrn. Windthorst Veifall zollen und mir au dankbar sind, daß ih das anführe.
Der zweite Punkt war der, daß er Garantien haben wollte gegen die Wiederkehr solcher Zustände der Geseßgebung wie die, in denen wir 1118 befinden; und der dritte ist der Kampf um die Schule, ir- dem er sagte: der Kampf, in dem wir uns in kirchenpolitisher Be- zichung befinden, ist \{wer, ist aber doch nur Kinderspiel gegen das, E wir auf dem Gebiete der Schule zu erreichen und zu erstreben jaben.
Meine Herren! Sie können es einer Staatsregierung nicht ver- denken, daß sie sich nun darüber klar zu machen versucht: wo das enden soll? wo es namentli hinführen wird, wenn wir bier uns jeßt 10 Jahre abmühen, einen Weg zu finden, um aus diesem kircen- politishen Wirrsal herauszukommen, und uns in dem Augenklicke, wo die erste Andeutung einer Morgenröthe des Friedens auftauht, ein Kampf wieder angezeigt wird, der schr viel größer und schwerer ift als Alles, was wir durchgemacht haben.
Ich frage Sie, meine Herren, war es denn derselbe Standpunkt, der bis dahin festgehalten worden war, dem der Hr. Abg. Windthorst — und wie ich höre, unter Ihrem vollen Beifall — Ausdru ge- acben hat, daß der status quo ante unter allen Umständen wieder hergestellt werden soll ? Wenn die Herren die Güte haben wollten, sich in das vorige Frühjahr zurüd;udenken — es ist ja lange ber, und man pflegt die stenographishen Berichte von Verhandlungen, denen man beigewohnt hat, selten zu lesen —, so werden Sie sich erinnern, wie es als ein rother Faden dur die Debatten ging und man sid dessen allseitig bewußt war, nit eine Abolition der kir®enpolitisben Gesetze anzustreben, sondern eine organische Reform. Auch alle Organe der Centrumspartei haben ‘Monate lang, wie ih vorhin andeutete, in weitgehendster Weise diesen Gedanken verfolgt, indem sie stolz darauf waren, daß das Centrum in dieser Richtung gewirkt hätte. Dies ging so weit, daß als cine Zeitung oder die „Provinzial-Correspondenz“ — ih weiß es im Moment nit siher — einmal die Bemerkung macbte, revidiren heiße so viel wie abschaffen, die „Germania® in der allershärfsten Weise eintrat und sagte : nur die enragirtcsten Kultur- fämpfer könnten den Katholiken den Vorwurf noch maden, daß fie nit auf den Boden einer organischen Revision treten wollten. Meine Herren, wenn die Regierung in der That glauben durfte, daß der im_ vorigen Jahre betretene Weg ter rictige war, dann werden Sie nicht verkennen, wie {wer sie in ihren Erwartungen sich getäusbt fühlen mußte, als in solenner Weise — wenn ich nicht irre am 1, Oktober 1882 — auf einmal der absolut umgckehrte Standpunkt wieder eingenommen und als dieser Standpunkt, wie die Herren sich entsinnen werden, an dem Tage, an welchem das Kaiserliche Handschreiben veröffentliht wurde, im Reichs- tag noch einmal ausdrücklich proklamirt wurde.
Meine Herren, ich kann Sie versichern, Sie mögen es mißbilligen, aber das kann mich nicht davon abhalten, es bestimmt auszusprechen, daß seit dieser Wahlbewegung, seit diesen Agitationsreisen und Pro- grammaufstellungen es in der That für die Regierung zu ihrem leb- baftesten Bedauern niht möglich gewesen ist, weiter zu gehen auf dem Wege des Entgegenkommens, als sie gegangen ist.
Meine Herren, das wäre nun die allgemeine Antwort auf die allgemeine Anfrage des Hrn. Abg. Freiherrn von Scborlemer-Alst. Ic komme nun not auf die Anzeigepflicht und auf den von ihm ge\cil- derten Nothstand der Katholiken, den er mit der Nichterfüllung der Anzeige- pflicht in Verbindung brate. Meine Herren! Es ist für mih außer Zweifel, und ich habe es im vorigen Jahke bekundet hier und nament- li aub im Herrenhause, daß es ein verbängnißvoller Fehler war, wenn bei der vorjährigen Gesetzgebung in keiner Weise auf Art. 5
eingegangen worden is. Ic kenne ja den Mythus, der si an diesen ganzen Passus geknüpft hat. Wenn Sie aber die Güte haben, sich an die
ede des Hrn. Abg. Windthorst vom 7. Februar des vorigen Jahres zu erinnern, worin er sagte: Diese Artikel könne er überhaupt nit disfkutiren, wenn nicht cine formelle Abmachung mit der Kurie vorliege, so werden Sie mir zugeben, daß von da aus die Unmöglich- keit originirte, auf diesem Gebiete no% irgend etwas Erfolgreiches zu Stande zu bringen. Die Herren entsinnen \sih der Bemühungen, die man sich im Plenum und in der Kommission gegeben hat, überall wurde die ganze Frage naþ der Anzeigepflißt unwillig mit dem Ellenbogen bei Seite geshoben. Als nachber die Verhand- lungen in dem Herrenhause geführt rourden, entstand die größte Sorge, daß die katholishen Mitglieder des Herrenbauses darauf eingehen möchten, in irgend einer Form die Anzeigepfliht zu regeln, obwohl ih wiederholt erklärte, daß auch der Art. 5, der mit seiner dis- kretionären Gewalt einigen Herren der konservativen Partei un- erwünscht war, immerhin eine Grundlage geben könne für weitere Verhandlungen. Niemals sind wir im Abgeordnetenhause soweit ge- fommen. In dem Herrenhause hat die Sache daran scheitern müssen, daß die Staatsregierung \ich vor die Frage gestellt sah, entweder das, was beschlossen wurde, zu retten, oder überhaupt nichts zu erhalten, und mit \{chwerem Herzen — Sie werden das aus meinen Worten im Herrenhause er- sehen — habe id mich dazu entschließen müssen, alle Versuche abzu- weisen, um die Anzeigepflicht in irgend einer Form zu regeln. Ob- son dies nun eine Frage, die über den Rahmen der beutigen Diskussion faft hinausgeht, so will ih doch in aller Kürze sie noch mit einigen Worten berühren.
Die Anzeigepflidt auf eine formelle Abmachung zu stüßen, ift ja der Knotenpunkt der ganzen Situation. Es ift derjenige Punkt, welcben, wie der Hr. Abg. Windthorst felbst damals hervorhob, die Staatsregierung nicht lösen wird; sie wird dies in keiner Form der Abmachung vermögen, mag man es Konkordat, Konvention oder wie sonst nennen.
Nachdem aber der Entwurf Geseß geworden war, wurde in der That die Regierung von allen Seiten gedrängt — Sie brauen nur irgend cin Blatt von damals aufzus{lagen — um sie zu zwingen, eine folbe Konvention zu \{ließen. Als im Anfang des Juli vorigen Iahres die Hoffnung nicht mehr bestand, mit diesem Drängen zu einem Ziele zu gelangen, wurde die Form der Angriffe gegen die Re- gierung geändert; es begann die große Reibe der Artikel, in welchen zwar immer formell gesagt wurde: wir acceptirten Alles, was Rom bewilligen wird, aber dies und dies und das kann die Kurie nit be- willigen, ‘das ist der Kurie entzogen, das ist gegen das Recht der Kirche. So bewegt man sich in einem von diesen ritiosen Zirkeln, aus denen wir sehr {wer und nur dann herauskommen können, wenn ein energischer und großer Entscbluß gefaßt wird. Die Schwierigkeit der Situation besteht in diesem Festlegen unserer Geseßgebung auf dem Gebiete der Anzeigepfliht, in Beziehung auf welcbe die Nothwendig- keit der Regelung dur die vorhergehenden Verhandlungen abfolut klargestellt worden ist. Ih wiederhole, durch das Festlegen jenes Punktes is} unsere legislative Maschine ins Stocken gerathen. Wenn die große Partei des Centrums auf dem Gebiete der Anzeigepflicht ohne auêdrüdcklihe Zustimmung der Kurie mitzuwirken ablehnt, ob- gleih ja auf dem ebenso tief ins Leben der Kirche einschneidenden Gebiete, der Vorbildung der Geistlihen sie der Regierung die Hand geboten hat, und wenn, wie ih daran erinnern darf, die Mittelparteien des Hauses, die au und für sich sehr wohl geneigt wären, auf diesen Boden zu treten, Falls sie nur die Sicherheit bäiten, daß das Centrum sich ihren Bemühungen an- {chlöôsse, sid ebenso zurückhaltend stellen — ih sage — wenn wir uns so festgelegt baben, ist es in der That nit mögli, mit einer gesetz- geberischen Maßnahme noc neu hervorzutreten. Es ist vielleicht vom phbilofophishen und ea Standpunkte aus einmal möglich, die ganze Frage der Anzeigepflicht zu belächeln, das wird vielleicht in einigen Jahrzehnten der My sein; aber durch die Verkettung der Umstände bildet die Anzeigepflicht den Haken, an welchen das ganze Schwergewicht der kirchenpolitischen Fragen angehängt ift, und nachdem die preußische Staatsregierung in den letzten Gesetzen und Geseßentwürfen — denn auch die Geseßentwürfe bleiben Ange- bote, welce die Regierung dem Lande hat geben wollen — den be- stimmten Willen mehr als ausreichend dokumentirt hat, in eine or- ganishe Reform dieser \{wierigen Materie cinzutreten, ist in der That nitt zu verlangen, daß sie in irgend einer Weise vorgehen solle, legislativ oder im Wege anderer Maßnahmen, um den Knoten zu lösen. Ich gebe dem Hrn. Abg. von Schorlemer-Alst gern zu, daß aus dieser ganzen Wirrsal und Schwierigkeit die Verweisung der Diözesen folgt. Aber, meine Herren, wie “die Sache liegt, kann die Königliche Staatsregierung nicht anders, als sagen, sie hat alles das bcundet, was sie dem Lande schuldig ist, sie hat gezeigt, daß sie in jeder Weise bereit ist, ohne Gegenleistung soweit den Bedürsnissen unserer latholishen Mitbürger entgegenzukommen, als es möglich ist. Aber über den Punkt der Anzeigepflicht hinaus kann sie nit kommen, wenn ihr nit geholfen wird, und daß nit geholfen worden ist, daran ift meines Erachtens die Schwierigkeit unserer gegenwärtigen Situation \{uld; ein Verschulden trifft, wenn es überhaupt vorliegt, jedenfalls die Regierung nicht.
Ich móöcbte nun aber doch noch eins hinzufügen, wie \ich denn die Sache eigentlid in Wirklichkeit gestellt habe. Ich will dem Hrn. Abg. von Scorlemer-Alst mit Zahlen jeßt nicht gegenüber- treten, es würde das in dem gegenwärtigen Moment zu weit führen. Aber ich darf doch daran erinnern, daß auf dem Gebiete der An- stellung von Geistlichen, so weit es die Regierung iraend wie in der Hand hat, in der bereitwilligsten Weise den Bedürfnissen der Katho- liken entgegengekommen ift. Ich habe vor 15 Jahren, als ih mein Amt antrat, die E der Patronatsftellen in die Hand genommen, und heute haben wir, obgleich wir über wenig Stellen in den beseßten Diözesen zu verfügen haben, doch ungefähr 159 Stellen neu beseßt. Es ist das interessante Faktum zu ver- zeichnen, daß troß des Abgangs vieler Geistlißen dur Alter und Tod wir heute in der Diözese Culm mehr beseßte Pfarreien haben, als im Juni 1881. Also, meine Herren, wenn cs auf diesem Ge- biete mögli gewesen ift, in concilianter Weise dur die Staats3- regierung und Bischöfe die Angelegenheiten zur Befriedigung unserer tatholiswen Mitbürger zu ordnen, dann werden Sie zugeben, daß die Angriffe, als ob die Pfarrer durch die Ober-Präsidenten angestellt werde: sollen und was Alles sonst für Insinuationen daran geknüpft sind, doc ziellos sind. Man rennt sich mit solhen allgemeinen An- griffen und Bemerkungen sehr leiht fes. Meine Herren, ih bin Überzeugt, daß der Hr. Abg. von Schorlemer-Alst an die Richtigkeit seiner Ausführungen vollkommen glaubt; aber weder die Gegenwart noch die ganze Vergangenheit unseres Staates berechtigt irgendwie zu der Annahme, daß jene Befürchtungen zur Wirklichkeit werden könnten. Ich kann im Uebrigen dem Herrn Vorredner nur noch erwidern, daß, was Staatsgeseße verbieten auch von einer wohlwollenden Negierung zu thun nit erwartet werden kann. Niemand wird der Regierung zumuthen wollen, daß sie Staatsgeseße verlete ; da ist die feste Mauer bis an deren Shwelle das Wohlwollen nur reichen kann und reit, darüber hinaus nicht. Mit blutendem Herzen kann man vielleicht cine Erleichterung versagen, aber geht es nit den Staatsgcseyzen gegenüber, so werden Sie keinen preußishen Staatsmann finden — und wenn er aus den Reihen Jhrer eigenen Partei genommen sein möchte — der jemals sich dazu verslehen sollte, einen Gesetzes- paragraphen zu verlegen. Der Schaden, der in der Gesetzesverlezung liegt, ist cin so unendlih großer und gefährlicher, daß er niemals durch die weit getriebene Liberalität und Wohlwollen äquivalirt werden könnte. Meine Herren, auch na dieser Richtung hin lehne i die Vorwürfe, welche der Königlichen Staatsregierung gegenüber erhoben sind, ab, in dem vollen Bewußtsein, daß die Geschichte und die klare Erkenntniß in dieser Materie allmählich s#o weit aufflärend wirken werden, daß auch die Gesinnungsgenossen des Hrn. Abg. Frhrn. von Schorlemer-Alst der gegenwärtigen Regierung nicht das Anerkenntniß versagen werden, daß sie, soweit es nah Lage der politishen Verhältnisse und nach Lage unserer gesctzgeberisen Arbeiten möglich war, wiederholt und in entgegenkommender Weise
die Hand ausgestreckt- hat, um die gegenwärtigen Wirrsal; i gedelblichen Abschlusse zu briumene 9denwärtigen Wirrsale zu einew
Der Abg. Dr. Ft heri erklärte, er habe eigentlih gar
niht sprehen wollen, weil er wisse, daß es Stellen im Staate gebe, die seine Stimme nit gern hörten. Er könne \ih nur vollständig einverstanden erklären mit dem Abg. von Schor- lemer und freue si, daß derselbe alle Beshwerden kurz und knapp vorgebraht habe. Die Regierung trage überall die Hauptschuld, weil sie solhe Geseße veranlaßt habe und kTeinen Schritt thue, um sie aufzuheben, nahdem sie si selbst überzeugt habe, daß sie niht haltbar seien. Die Gesetze könnten die Regierung niht hindern, aber er habe auch kein Bedenken, zu sagen, troß Allem, was man dem Centrum glauben zu machen suche, es sei kein Ernst bei allen diesen Schritten der Regierung. Das Diskretionsgeseß vom Zahre 1882 sei nur in ganz untergeordneten Punkten, die gar keinen Werth hätten, durchgeführt worden. Der Minister sage, daß man die Begnadigung eines Bischoss habe empfehlen wollen, da aber sei die Jmmediateingabe der Erzdiözese Cöln gekommen — das sei eine Agitation gewesen! Sei es denn so weit gekommen, daß eine ehrerbietige Bitte an Se. Majestät, von einer geseßlichen Befugniß, die Sr. Majestät zustehe, Gebrauch zu machen, als Agitation betrachtet werde! Das sei ein ihm unbegreiflicher Vorwand, um nichts zu thun. Jn der Petition habe kein unehrerbietiges Wort gestanden, die Anhänglichkeit für den König sei ausdrüdcklih betont worden, man habe die Erwar- tung ausgesprochen, daß ein Akt erfolgen solle, der Balsam in die Wunden gießen sollte; dann sei die Wolke aus Breslau gekommen. Solle denn ein Bischof nicht be- rehtigt sein, die gegen alles kanonishe Recht angestellten Staatspfarrer zur Niederlegung des Amtes aufzufordern, zu- mal wenn derselbe es niht spontan thue, sondern auf ein an ihn gerichtetes Schreiben? Die Regierung sollte dahin wirken, daß die Staatspfarrer sich den Bischöfen unterwürfen ; es wäre interessant zu erfahren, ob man sich auch da überlegt habe, mit Gegenmaßregeln einzuschreiten. Dann die Aggressionen wegen der Mischehe. Von Seiten des Fürstbishofs von Breslau sei nichts geshehen; was derselbe gethan habe, sei nur eine Erklärung, welche die Zweifel im Sinne der Regie- rung beseitigt habe. Er wolle doch den Herren, welche der Minister durch diesen Hinweis habe anregen wollen, bemerken, daß die Katholiken die Ehe eben so heilig hielten, wie die Protestanten, ja noch heiliger, denn der Katholizismus trenne die Ehe nicht, der Protestantismus thue dies. Wenn die Regie- rung sih bestimmen lasse durch das wilde Geschrei einer toll gewordenen Journalistik, wovon er die offiziöse Presse niht aus- nehme, so müsse er sih darüber wundern. Ein Minister des Königs könne doch nicht so weit kommen und seine Schritte mit Tumulten in den Zeitungen rechtfertigen. Wenn ces der Regierung Ernst damit wäre, den Frieden zu machen, dann könnte sie unbekümmert um dies Geräusch ihren Weg wiiter- gehen, dann hätte sie sich die Liebe und Hochachtung der Protestanten und Katholiken -erworben. Aber einen solchen majestätischen Gang gehe die Regierung nicht, sie habe Ge- fallen daran, mit kleinen diplomatishen Kniffen die Katho- liken zu traktiren, sie finde ein Behagen darin, weil darin eine willlommene Handhabe gegeben werde, die Parteien untereinander und gegeneinander zu mishen. Nun komme er selbst. Er sei geneigt zu glauben, daß diese Partie der Rede des Ministers nit Original gewesen. (Sehr richtig! die Rede sei aber ohne Redaktionsbemerkungen wiedergegeben und der Minister sei dafür verantwortlih, Er könne ja stolz sein auf die Bedeutung, die man einem alten gebrechlihen Manne zuschreibe; es freue ihn, daß sein viel thatkräftigerecr Kollege vor ihm die Grundsäße proklamirt habe, die ihm als Staats- verbrehen angerehnet würden; er denke, daß er und seine Kollegen diese Verbrechen jeßt brüderlih theilen würden. Eine merkwürdige Agitation solle sih entwickelt haben. Würde es die Negierung sehr angenehm empsinden, wenn er ihr Agitationen in den Wahlen nahwiese? Er habe Mittel dazu, aber er sei zu diskret. Seit wann sei es denn in Preußen etwas Bedenkliches, wenn man für die Wahlen agitire. Er habe es immer en und werde mit gütiger Erlaubniß des Ministers fortfahren, o lange er einen Finger rühren könne. Das hötten alle Par- teien gethan und er hoffe den kräftigsten Beistand bei allen Parteien zu finden bei diesem Angriffe auf seine Freiheit in den Wahlen. Was der Minister an seiner in Frankfurt gehaltenen Rede bedenklih finde, habe er nicht recht ver- standen. Er habe da nur ziemli allgemein gesproen. Wenn er in die Wahlbewegung eingegriffen habe, so habe das darin gelegen, daß die Regierung mit ihren tausend Mitteln und Mittelhen allerlei verkehrte Anschauungen in das Volk zu tragen bemüht gewesen sei. Diese Vorstellungen müßten beseitigt werden. Dazu komme, daß er von ver- schiedenen Stäoten eingeladen gewesen sei, und man spreche doch zu den Leuten, bei denen man zum Besuch sei. Das thue ja der Minister auch. Den status quo ante werde das Centrum immer verlangen, wenn es auch augen- blicklih Konzessionen mache. Der Kampf um die Squle werde ein ernsterer sein als der bisherige Kulturkampf; aber nicht seine Partei allein kämpfe denselben, sondern mit ihr die ganze Christenheit in der ganzen Welt; der Kampf um die Shule heiße eigentlich der Kampf um das Christenthum egen den Unglauben. Da hörten alle konfessionellen Unter- chiede auf. Der Unglaube werde unterliegen in diesem Kampf. Wolle Gott ihm Kraft verleihen, noch einige Jahre den Kampf mitzumachen; er beklage, daß ein preußischer Kultus-Minister daraus eine Anklage gegen ihn for- mulirt habe, daß er entschlossen sei, aufs Aeußerste die christlihe Schule zu vertheidigen, Es sei das nur ein Nothvehelf in Ermangelung anderer Gründe gewesen, der Hauptzweck sei gewesen, dem katholischen Volke zu sagen: der Windthorst sei es, der den Frieden slöre und der die Regierung gehindert habe, den Frieden zu halten. Bei Beginn der kirchlichen Wirren sei etwas Aehnliches gesagt worden, man habe beinahe eine Hochverrathsklage gegen ihn erhoben, er habe zu antworten gewußt. Er habe damals erklärt: Wolle die Regierung den Kampf aufgeben, wenn er zurüctrete? Dann sei er bereit dazu. Er sage jeßt dem Minister, der es seinen Auftraggebern wieder sagen möge, er sei heut noch jeden Augenblick bereit, in das Dunkel des Privatlebens zurückzukehren, wenn man den Kampf aufgeben wolle, sobald er nicht mehr da sei. Möge die Regierung überzeugt sein, solhe Anklagen würden sein Ansehen im katholischen Vok stärken. Er werde das Volk nicht verlassen, das Volk werde chn nicht verlassen. Nun komme der Minister auf die Frage der An-
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
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(Sé@luß aus der Ersten Beilage.)
zeigepfliht und sage, das sei der Kardinalpunkt; gewiß habe die Regierung diese sogenannte Anzeigepflicht zum Kardinal- punkt gemadt, obwohl derselbe wohl eigentlih nicht darin liege; der Kardinalpunkt liege vielmehr in der Absicht, die durch die ganze Maigeseßgebung gehe, die katholische wie die evangelische Kirche zu einem reinen Staatsinstitut zu machen. Der Kampf, um den es sich handele, ob es freie christliche Kirchen geben solle oder nur eine Polizeianstalt, die man mit dem Namen Kirche belege. Die Anzeigepflicht sei nur eines der Mittel, um dies Ziel zu erreiche:; es handele sih nit um die Anzeige, sondern um das Einspruhs- und Anstellungs- recht. Dagegen müsse das Centrum sih aber verwahren, daß die heilige Kirhe unter den Willen der Bürgermeister oder Landräthe gestellt werde. Die Anzeige, die in Würtem- berg bestehe und von der jeßt so viel gesprochen werde, gehe an eine durch die Verfassung festgeseßte katholishe Behörde, aber niht an den Kultus-Minister und seine Räthe, die alle aus der E Schule seien. Sei denn die Kirche nicht bereit, auf diesem Gebiet Konzessionen zu machen ? Habe man niht das Schreiben des Papstes? Wie sei es denn mit der weit ausgestreckten Hand ? Sei sie zurückgewiesen ? Er verlange Auskunft darüber und wenn ihm der Minister niht ant- worte, daß sie niht zurückgewiesen sei, daß noch verhandelt werde, so sage er, sie sei zurückgewiesen und die Verhand- lungen stockten. Die Regierung wolle den Frieden niht, obwohl — er fkonstatire es vor dem Volke — der würdige Greis auf dem Königsthrone den Frieden wolle. Es werde der Tag kommen, wo das Alles noch offenbarer werde, und die Herren mögen versichert sein, er werde nicht aus der Welt gehen, ohne auch sein Vortefeuille u öffnen, und dann würden die Gesichter etwas anders aus- Tar als sie heute sih darstellten: von Wohlwollen kein Zug. Er werde der treue Vertheidiger der Rechte aller Konfessionen und der christlihen Schule sein.
Demnächst nahin der Minister der geistlihen 2c. Ange- legenheiten von Goßler, wie folgt, das Wort:
Es hat nit in meiner Absicbt gelegen, heute zum zweiten Male das Wort innerhalb weniger Stunden zu ergreifen, aber das Ueber- schreiten der Grenze, wele Hr. von Schorlemer \ich in seiner Rede selbst gezogen hatte, am Schluß der Rede des Hrn. Abg. Windthorst nöthigt mich zu einigen Erwiderungen.
Der Hr. Abg. von Storlemer hatte meines Erachtens ganz rihtig hervorgehoben, daß bei den bestehenden Verhandlungen auch die wohlvollendsten Worte niht gerade förderlich sein würden; und es wird dem Hrn. Abg. Windthorst noch von Interesse sein, wenn ich die Frage, die er gestellt hat, nicht in dem Sinne beant- worte, wie er glaubt, daß sie beantwortet werden muß.
M [Inf erate für den Deutschen Reich3- und Königl. Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handels8- register nimmt an: die Königliche Expedition des Deutschen Reichs-Anzeigers und Königlich Preußischen Staats-Anzeigers : Berlin SW., Wilhelm-Straße Nr. 832.
1, Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen,. 2, Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u, dergl.
Berlin, Freitag, den 23. Februar
Was mi aber zum Worte treibt, ist vor allen Dingen die Fortsetzung der seit Monaten in der Presse gemahten Bemühungen, einen Spalt zwischen der Regierung und dem Monarchen des Landes zu finden, und in diesen Spalt neue Keile zu treiben, um ihn immer größeren Umfang annehmen zu lassen. Wenn Sie Jhre eigenen Zeitungen aus dem Sommer vorigen Jahres lesen — ich kann Ihnen eine ganze Reihe geben — so liegt eine gewisse Methode darin, und diese Methode ist auch ausgeprägt in den eben gehörten Worten.
Wir wissen aber, daß wir in einem monarchischen Staate leben, und daß in dem Moment, wo in fo großen ragen die Staats- regierung oder irgend ein Minister niht die Hoffnung haben fönnte, daß er das Ohr und den Beifall seines Königs hat, das erste, was er thun wird, darin besteht, daß er Se. Majestät bittet, einen anderen mit seinem Vertrauen zu beehren. Niemals ist es in diesen Fragen möglich, in der Weise, wie man dies in den Zeitungen darzustellen versucht, Erfolge zu erzielen, denn es ist un- denkbar, daß, wenn der König von Preußen, der im wahren Sinne des Wortes regiert und sein Land leitet, in diesen großen ragen nit seiner Räthe sicher sein sollte, sie im Amte würden bleiben können, da er dann keinen Augenblick anstehen würde, sih andere Rathgeber zu vîrshafen. Auch wenn wir einmal abgehen, werden wir eine Ehre darein seßen, zu wissen, daß unser Abgehen noch dem Vaterlande genüßt hat.
Meine Herren, ich will, um vielleicht die Sache auf einem Punkte abzus{ließen, noch auf die Bemerkungen des Hrn. Abg. Dr. Windt- horst kurz eingehen. Derselbe hat in einer hervortretenden und pro- noncirten Weise meine Worte fo darzustellen si bemüht, als ob meine Angriffe gegen seine Perso gerihtet wären. Meine Herren, ih habe seinen Namen genannt, ih habe aber au zuglei gesagt, daß ih es absihtlih thue, damit er wisse, daß dasjenige, was ih sachlich zu sagen hatte, an seine Adresse gerichtet sei. Sie müssen mir {on gestatten, daß, wenn ih auf die Bewegung des September und Ok- tober des vorigen Jahres zurückgehe, den Namen des Hrn. Abg. Windthorst nenne, weil sich an seine Person die ganze Agitation knüpft, ih habe selbst auf eine Interjektion meine Freude aus- gesprochen, daß er so ofen von seinen Plänen Kenntniß gegeben habe. Wogegen sih meine Ausführungen wandten, war aber doch, wie Sie mir gewiß zugestehen werden, nit die Person des Abg. Dr. Windt- horst, sondern es waren lediglih die sachlichen Ausführungen, es war das große Programm, welches er entwickelt hatte in einer Reihe von Wahlversammlungen, ein Programm, das man zu niedrig schäßen kann, man kann es auch zu hoch s{äßen; aber der verehrte Herr Abgeordnete wird zugeben, daß er — ohne irgend einem der Herren zu naße zu treten — die Anführung und die Verantwort- lihkeit für die Politik des Centrums in seiner Hand ver- einigt hat, und daß die großen Gesichtspunkte, die er am Niederrhein hinstellte, dieselben Gesichtspunkte sind, welche — darüber dürfen wir uns nicht täushen — auch für unsere bevorstehende Berathung sehr maßgebend sein werden. Den Ausführungen des Hrn. Abg. Dr. Windthorst über meine dazu gemahten Bemerkungen muß ih aber bestimmt entgegentreten, namentlich wenn er meine Bemerkung über den von ihm in Aussicht gestellten Kampf um die Schule so deuten wollte, als wollte ih seinen Bemühungen, eine christlide Schule zu
Oeffentlicher Anzeiger. ——
und Grosshandel.
| 9, Familien-Nachrichten.
5, Industrielle Etablissements, Fabriken
6. Verschiedene Bekanntmachungen.
3, Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete. | 7, Literarische Anzeigen.
4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung | 8. Theater-Anzeigen. j In der Börsen- u. s. w. von öffentlichen Papieren.
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fördern, entgegentreten, — ich kann in keiner Weise anerkennen, daß jene Ausführungen mir gegenüber irgendwie zutreffen. Denn darüber ist kein Zweifel: wer die Rede liest und die Bemerkungen, die die
Presse daran geknüpft hat, die naher in der weitesten Ausführung den Hauptgedanken des Hrn. Abg. Dr. Windthorst hinstellen, kann darüber nicht zweifeln: es handelt \sich nicht um den Bestand der christliben Schule, da würde die Regierung immer an seiner Seite stehen, sondern um einen bestimmten Einfluß, den man auf die Schule zu erlangen bemüht ist,
__ Meine Pes. Der Hr. Abg. Dr. Windthorst hat die Güte gehabt, zu versichern, daß er in Bezug auf andere Punkte noch Gelegenheit haben würde, eingehender zu sprechen, aber das darf ih schon jeßt erwidern, daß seine Darstellung über die beiden andern Me — die Breslauer Wolken, wie er sie nannte —- mit der wirkli historischen Entwicklung, welhe die An- gelegenheit genommen, keinesweges zusammentrifft, (Zuruf) — nit zusammentrifft; ih habe nicht gesagt, es ist absolut unrichtig, aber es ist niht vollständig. Das Wichtigste ist in Ansehung der Staats- pfarrer vor Allem der Umstand, daß nicht in dem ersten Schreiben der damals noch nicht ernannte, sondern der bezeichnete Bischof die Staatspfarrer, welche ihn begrüßt hatten, mit dieser Antwort versah, sondern daß er später in einer zweiten, ohne alle sihtbare Ver- anlassung Seitens der Staatspfarrer erlassenen allgemeinen Verfügung sie in sehr dringender Weise aufgefordert hat, das Amt nieder- zulegen, und ihnen verboten hat, irgend cine Handlung auszuführen. Meine Herren, wenn Sie die Güte haben wollen, Ihren Eifer ein klein wenig im Zaume zu halten! Jch bin gern bereit, die Frage noch weiter zu debattiren. ;
Diese selbe Verfügung richtete er an die Kirchenvorstände und sagte, er habe den Pfarrern jedes Amtiren untersagt. Die Folge da- von war, daß die Kirchenvorstände vielfa, wie das nicht anders sein konnte, annahmen, die Staatspfarrer seien abgesetzt; daher kamen die Wirren. Es ist in einem Falle zu einer vollen Auflehnung innerhalb der Ortschaft gekommen, indem die Pächter angewiesen worden waren, daß sie ihre Pacht an den Pfarrer nicht abführten, und es hat der ganzen Energie des Regierungspräsidenten bedurft, unter der Androhung, den Kirchenvorstand eventuell aufzulösen, die Wirren zu beseitigen.
Wenn man überhaupt solche Geschicbten erzählt, muß man sie einigermaßen vollständig erzählen.
Was das Gebiet der Mischchen anbetrifft, meine Herren, fo handelt es sih nihcht um ein Proklama, sondern um eine ganz andere Sache, um die Anwendung des bis dahin der Staatsregierung und der Bevölkerung bis dahin unbekannt gebliebenen sogenannten Hildes- heimer Edikts, welches 1864 für Hildesheim erging, der hannoverschen Regierung aber zwei Jahre unbekannt blieb. Als es später mitge- theilt wurde, bedauerte die hannoversche Regierung den Erlaß desselben lebhaft. Sie erklärte, sie wolle das placet der Veröffentlihung zwar nit versagen, betonte aber zuglei, daß durch die Verkündigung der Frieden inmitten der Bevölkerung gefährdet würde.
Und diese Ansicht habe ich für meine Person au.
Hierauf vertagte um 4 Uhr das Haus die weitere Debatte auf Freitag 10 Uhr.
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„JInvalidendank“, Rudolf Mose, Haasenstein
& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Scchlotte,
Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen - Bureaux.
beilage. M
Steckbriefe und Untersuchungs - Sachen. | [8569] [8706] Stebrief.
Untersuchungshaft wegen Diebstahls nach mehrmaliger Vorbestrafung wegen Diebstahls in Sachen I. IV. B.
555. 82 verhängt. Es wird ersucht, denselben zu ver- , haften und E das Untersuhungsgefängniß zu Berlin, | Mann Derk Zacob Scholten e Epe, in Holland, Alt-Moabit 11/12, abzuliefern. Berlin, den 11. Fe- welcher flüchtig ist oder sih verborgen hält, ist die b f 1883 Könialiche Staatsanwaltschaft am Untersuhungshaft wegen Betrugs verhängt. Es Ga iht I Beschreibung: Alter 46 Jahre, | wird ersudbt, denselben zu verhaften und in das B N 73/75 Statur untersezt, Haare Landgerichtsgefängniß zu Cassel abzuliefern, bei Nach- oe E q I N, ' riht zu den Akten I 1. 242/83. Cassel, den 20.
dunkelblond, Stirn frei, Bart Scnurrbart, Augen- f brauen dunkel, Zähne vollständig, Kinn oval, Ge- G sit rund, Gesichtsfarbe roth, Sprache deutsch. .
s P ans P Iiciscen 15, A
rfe ruar 1882 binter den früheren Polizeisergeanten
G Seen den, ante beidriebenen Arbeiter Theodor | gyilhelm Bublies au Stolp wegen Majestätt: | (84)
1837 zu Berlin, evangeli\ch, zulest Königsmauer 31 E A tine U Sale be / 6 E 27+ 374 §45 | Wird hterdurch in Ertnnerung ge ; , de
wohnhaft gewesen, welcher sih verborgen bält, ist die | 17 Februar 1883, Königlihe Staatsanwaltschaft.
Größe 1,66 m, Statur gesetzt, kräftig, Haare röth-
in Volkmarsen,
4) Sally Bernstein, 5) Isidor Bernstein,
Subhastationen, Aufgebote, Vor- ladungen u. dergl.
S4 Gere e E tes er Gerichtsdiener Müller in Borgentreich, ver- : ; : treten durch den Rechtsanwalt Geissel zu Warburg, dung eingetragen find, verliert. klagt gegen die Rechtsnachfolger der Wittwe Jsaak
oben erwähnte Grundvermögen erwirbt, niht mehr geltend machen kann, sondern auch ein Vorzugsrecht gegenüber Denjenigen, deren Rechte in Gone der innerhalb der oben geseßten Frist erfolgten Anmel-
Spangenberg, am 13. Februar 1883. Königliches Amtsgericht.
Bernstein zu Borgentreich als i i : gez. Kehr. Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Kauf- 1) O Bernstein in Elberfeld (Laurentius- ————— 2) Frau Johanna Heineberg, geborne Bernstein, | [8661] Aufgebot.
Auf Nr. 10 Ober-Obernigk, dem Rendanten Johann
3) Leopold Bernstein in Berlin (Hallesches Thor), | Krüger gehörig, stehen in Abtheilung 111. Nr. 2
noch 56 Thlr. 27 Sgr., als Rest von 100 Thlr. zu fünf Prozent verzinslicher mütterlicher Erbegelder für
wegen Ertheilung einer Vollstreckungsklausel, mit | den Konditorgehülfen Adolf Junitz zu Breslau und
Königlibe Staatsanwaltschaft. dem Antrage auf Verurtheilung der Beklagten, {ih | den Fleischergesellen Herrmann Junitz zu Trebnitz
Beschreibung. Alter 27 Jahre, die Ertheilung der Vollstreckungsklausel unter dem | eingetragen. Urtheile des Königlichen Amtsgerichts zu Borgentreich
Bon diesen 59 Thlr. 27 Sgr. stehen dem Adolf
Besondere Kennzeichen: Keine. Kleidung: lang- lih-blond, Bart röthlich-blonder Schnurrbart, Augen vom 5. April 1881 und dem Kostenfestseßungs- | Junit, dessen Aufenthalt dem Grundstücks-Cigen-
haariges Double-Jaquet, alte shwarze Hose, schwarzer blau, Nase gewöhnlich, Mund gewöhnli, Zähne gut, Gesicht voll und rund, Gesichtsfarbe gesund und frifs, Sprae spricht deuts, holländish und
Calabreserhut, kurze Lederstiefeln. 8546 Steckbriefserneuerung, ; : La von dem Herrn Untersuchungsrichter beim englisch.
beschlusse vom 13. Mai 1881 gefallen zu lassen und | thümer unbekannt i}, 50 Thlr. zu. ladet die Beklagten Sally und Isidor Bernstein Fintr q zur mündlihen Verhandlung des Rechtsstreits vor | der gerichtlichen Urkunde vom 5. März 1864 und das Königliche Amtsgericht zu Borgentreich auf den 22. Mai 1883, Vormittags 10 Uhr.
Die Eintragung dieser Poft ist erfolgt auf Grund
ist über diéselbe ein Hypotheken-Instrument gebildet worden, welches verloren gegangen sein soll.
13, Februar 8699
Königlichen Landgericht 11. unter dem 1g" April
1882 hinter den Arbeiter Carl Hermaun Robert Zernisch, am d. Dezember 1863 in Frankfurt a./Dder geboren, erlassene Steckbrief wird hierdurch erneuert. Berlin, den 13. Februar 1883. Der Erste Staats- anwalt beim Königl. Landgericht IT.
Steckbriefs-Erledigung. Der gegen den Hand- lungsreisenden Arthur Hirs, früher zu Pots- dam, wegen wiederholten Betruges unter dem 24. Ok- tober 1881 erlassene — und unter dem 6. Januar 1882 erneuerte — Steckbrief wird zurückgenommen. Potsdam, den 19. Februar 1883. Der Unter- suchungsrichter bei dem Königlichen Landgericht.
[8669] Der unterm 3. Februar 1883 gegen den Reutier r. Christian Thielebein aus Stendal erlassene teckbrief hat durch Ergreifung des p. Thielebein eine Qua gefunden. Stendal, den 19, ebruar 1883, er Erste Staatsanwalt.
[8545 Steckbrief. Se gegen den Kutsher Carl Friedrich Hell- muth Fischer aus Kartlow bei Wismar wegen Betruges unterm 13. Februar 1882 erlassene Stek- e D hierdurch als unerledigt in Erinnerung gebracht. Neubrandenburg, den 20. Februar 1883, Großherzogliche Amtsanwaltschaft. M. Brehm,
] SteckbUief. Gcgen den unten beschriebenen Maler und Kaufmann Oskar Triebler aus Berlin, welcher flüchtig ist, ist die Untersubungshaft wegen Unter- \{lagung verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Gerihtsgefängniß zu Bitter-
- | feld abzuliefern. Bit1ierfeld, den 20. Februar 1883,
Königliches Amtsgericht. T. Rittler. Beschrei- bung: Alter 31 Jahre, Statur mittel, Haare dunkelblond, Bart dunkelblonder kurzer Vollbart, Gesichtsfarbe bleih. Kleidung: graue Hosen, graues JIaquett und s{chwarzer Filzhut.
[8584] .
Der Ersaß-Reservist I. Klasse Sattler Hermann Gronnenberg, geboren am 14. April 1855 zu Elsey, Kreis Iserlohn, auch daselbst zuleßt wohnhaft, wird beschuldigt, als Ersat-Reservist T. Klasse ausge- wandert zu sein, ohne von seiner bevorstehenden Aus- wanderung der Militärbehörde Anzeige erstattet zu haben — Uebertretung des §. 360 Nr. 3 des Reichs- strafgeseßbuhes. — Derselbe wird hiermit auf An- ordnung des hiesigen Königlichen Amtsgerichts auf den 8. Juni d. J3., Vormittags 10 Uhr, vor das hiesige Königlihe Schöffengeriht zur Haupt- verhandlung geladen und bei unentsbuldigtem Aus- bleiben auf Grund der nach §. 472 R. Str. P. O. von dem Königlichen Bezirks-Kommando zu Leipzig über die der Anklage zu Grunde liegenden Thatsachen ausgestellten Erklärungen verurtheilt werden.
Hohenlimburg, 15. Februar 1883.
Mertens, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts.
Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Borgentreich, 14. Februar 1883. : Der E Königlichen Amtsgerichts. röger.
[8693] Oeffentliche Ladung.
Nachdem der Müller Carl Wilhelm Kehr und dessen Ehefrau von Landefeld die Eintragung des auf ihren Namen in der Grundsteuermutterrolle fatastrirten, im alten Kataster aber seit 1797 ohne Angabe eines Erwerbsgrundes auf den Namen des Karl Berge eingetragenen, in der Gemarkung von Landefeld belegenen Grundeigenthums, als:
C. 26. 12 a 89 qm Ader, die Buchspite,
«O A Ela,
E N 5 j
» 3598 4,30 , » hinter den Höfen,
E. 8, 3,56 » y oberste Weisenburg, unter glaubhafter Nachweisung eines zehnjährigen ununterbrochenen Eigenthumsbesißes in das Grund- buch von Landefeld beantragt haben, so werden alle diejenigen Personen, welhe Rechte an jenem Grundvermögen zu haben vermeinen, aufgefordert, solche spätestens in dem Termine vom
1. Mai 1883, Vormittags 10 Uhr, bei der unterzeihneten Behörde anzumelden, widrigen- falls nah Ablauf dieser Frist der bisherige Besiter als Eigenthümer in dem Grundbuch eingetragen werden wird! und der die ihm obliegende Anmeldung unterlassende Berechtigte nicht nur seine An- sprüche gegen jeden Dritten, welher im redlichen Glauben an die Richtigkeit des Grundbuchs das
Die dem Adolf Junit zustehenden 50 Thlr. sollen gezahlt sein und im Grundbuche gelöscht werden.
Auf Antrag des Grundstücks-Cigenthümers werden der Adolf Junit und beziehungsweise dessen Rechts- nachfolger aufgefordert, ihre Ansprüche auf die Post spätestens im Aufgebotstermine
den 16. Juni 1883, Vormittags 11 Uhr, bei dem unterzeihneten Gericht, Richterzimmer Nr. 3, anzumelden , widrigenfalls sie mit ihren Ansprüchen auf die Post ausgeschlossen werden.
Trebniztz, den 15. Februar 1883.
[8662] Aufgebot.
Der Wilhelm Wiegel von Dernbach hat das Auf- gebot der Urkunde der über 121 #4 80 S zu Gunsten des Löb Tobias zu Anhausen errihteten und auf dem Grundstück des p. Wiegel,
Flur I. Nr. 1255/1114 der Grundakten der Gemeinde Dernbach Band VI. Fol. 141 Art. 269 zu Lasten des Wilhelm Harstang zu Dernbach mit dem Datum vom 19. April 1872 eingetragenen Hypothek beantragt. Der Inhaber der Urkunde wird aufgefordert, spätestens in dem auf den 26. September 1883, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumten Auf- gebotstermine seine Rechte anzumelden, und die Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftlose erklärung der Urkunde erfolgen wird.
Dierdorf, den 16. Ptuar 1883,
Königliches Amtsgericht.
Dr. Dallmeyer.