1904 / 9 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Jan 1904 18:00:01 GMT) scan diff

dem Grypotherium und auf ein Verhältnis des Menschen zu diesem ihm wahrscheinlich sehr nüßlichen Lier, das vergleichbar ist unserem Verhältnis zu dem Wilde unserer Forsten, das wir in \ch{chnee- Res Wintern tur Fütterung vor Nahrungsmangel s{üßgen. Ganz so haben die men}chlichen s des Grypotheriums den Tieren über nahrungslose Zeiten hinweggeholfen. Das \{chlagendste Beweis- süd für ditse Auffassung - aber liefern die sich vorfindenden, nicht mehr mit den Knoten verbundenen Häute, die nur von Menschen- a den Tieren abgezogen worden sein können. Diese

eststellungen sind. - deshalb von großer Wichtigkeit, weil man bisher angenommen hat, daß der Mensh nicht mehr Zeit- genofse der ausgestorbenen Riesentiere gewesen ist, sondern diese Tier- geschlechter längst verschwunden waren, als der Menfch auf der Erde erschien. Diese Ansiht würde si, wenigstens bezüglich des Grypo- tteriums, nit länger halten laffen, wenn die Schlußfolgerungen von Professor Hauthal und anderer namhafter Forscher zutreffend find. Spuren einer bei den Eingeborenen lebenden Tradition von Riesen- tieren der Vorzeit {einen gleihfalls für die Nichtigkeit der Ansicht zu sprechen, ja es wäre möglich, daß das Grypotherium erst vor niht allzu langer Zeit, vielleicht erff| vor ungefähr 500 Jahren, ausgestorben ist. In der sich anschließenden Debatte wurde ein Brief von Dr. Erland von Nordenskjöld verlesen, der zur Zeit in Berlin anwesend, aber an der Sißung teilzunehmen ver- hindert war. Der Schreiber hat die Ultima Esperanzahöhle auch besucht, kann sich aber den Hauthalshen Folgerungen bezüglich gleih- zeitiger Existenz von Mensch und Grypotherium nicht ebli Seines Erachtens fei es ausgeschlossen, daß der Mensch das Niesen- faultier als Haustier benußt habe, und die leeren Häute könnten auch durch Geier oder Raubtiere ihres Fleisch- und Knocheninhalts beraubt worden fein, der Artefakte aber seien zu wenige ge- funden, um darauf Schlüsse zu bauen. Dagegen wurde geltend gemacht, daß eine Zähmung des Grypotherinms gar nicht angenommen werde, noch angenommen zu werden brauche, baf aber auch das heute lebende Faultier nach dem Zeugnis Humboldts und anderer Reisenden von einigen Indianerstämmen Boliviens ganz Gene behandelt werde, fein Fleisch gelte als eine besondere Delikatesse. iht zutreffend sei au der Cinwurf, die Indianer hielten überhaupt keine Haustiere ; wenigstens bei den in Patagonien lebenden Stämmen fei das Gegen- teil der cliagg Sie glaubten, dem Gaste keine größere Aufmerksamkeit zu erweisen, als wenn sie ihn mit dem Bauchfleisch des Pferdes

bewirteten. Professor Hauthal {loß mit dem Ausdruck der Penn der noch keineswegs ershöpfte Inhalt der Höhle werde no

Zeugnisse für seine Behauptungen erbringen.

weitere

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs®- maßregeln.

Todesursachen der 1902 inPreußen gestorbenen Personen.

Bezliglih der Häufigkeit einzelner wihtiger Todesursachen in Preußen sind für das Jahr 1902 nah der „Stat. Korr.“ unter 677 293 Todesfällen 13 an Pocken hervorzuheben; davon betrafen 6 das männlihe und 7 das weibliche Geschlecht. Unter diesen Ge- storbenen waren 4 Knaben und 4 Mädchen bis 10 Jahre alt; 2 weibliche Personen standen im Alter von über 25 bis 30 bezw. über 40 bis 50 Jahren, 2 männlihe und 1 weiblihe im Alter von über 50 bis 60 Jahren.

Es starben im Berichtsjahre ferner von 10000 Einwohnern an Scharlach 3,18, an den Masern und Nöteln 2,88, an Diphtherie und Krupp 4,05, an Keuchhusten 3,79, an Typhus 0,81, an Nuhr 0,07, an einheimischem Brechdurchfall 4,52, an Diarrhöe der Kinder 5,90, an Krämpfen 23,70, an akutem Gelenkrheumatismus 0.53, an den Sfkrofeln und der englischen Krankheit 1,21, an Tuberkulose 19,04, an Krebs 6,24, an Lusftröhrenentzündung und Lungenkatarrh 5,83, an Lungen- und Brustfellentzündung 16,85, an anderen Lungen- krankheiten 4,67, infolge Selbstmordes 2,06, durch Verunglückung 3,79 und im Kindbette 2,29. Schließt man die im ersten Lebens- jahre gestorbenen Kinder aus, so ergeben sich bei einzelnen in Betracht kommenden Todesursachen ganz erhebliche Abweichungen. So ftarben von 10000 über ein Jahr alten Personen an ein- beimishem Brechdurchfall nur 0,56, an Diarrhöe (der Kinder) 1,01 und an Krämpfen 4,06 Personen. Von 10000 lebenden Kindern im ersten Lebensjahre starben an diesen drei Ursachen dagegen 135,08, 167,28 bezw. 672,45. Endlich ist noch das Auftreten der Influenza zu erwähnen. Nachdem diese Krankheit 1889 nach den Angaben der Standesbeamten 314 Todesfälle veranlaßt hatte, stieg deren Zahl 1890 auf 9576 = 3,02 und 1892 sogar auf 15911 = 5,23 auf 10000 Lebende. Während die Zahl der Todesfälle 1898 bis auf 2688 = 0,82 gefallen war, waren 1899 dagegen wieder 7310 = 2,21 und 1900 sogar 14329 Perfonen = 4,29 auf 10 000

Lebende dieser Krankheit erlegen; dann ist sie 1901 bis 4603 = 1,34 und 1902 bis 3764 Personen = 1/07 -auf- 10 000 Lebende zurück- gegangen. Von eures Zahl sind 952 Personen in 124 Orten mit mehr als 20 000 Einwohnern gestorben.

Erkrankungen an Genidckstarre in Preußen 1902.

Ueber die im Jahre 1902 zur Beobachtung gelangten Gr- krankungen an Genidckstarre hat der Minister der geistltehen, Unter- rihts- und Medizinalangelegenheiten in einem Erlaß vom 30. No- vember 1903 eingehende Bes an die Negierungspräsidenten und den Polizeipräsidenten zu Berlin gelangen lassen. Nach diesen find in Preußen, soweit bekannt, 125 Personen an Geutickstarre er- rankt, gegen 121 im Jahre vorher und 99 während des Jahres 1900. Bon den 125 Erkrankten des leßten Berichtöjahres standen 10 im ersten Lebensjahre, 51 im Alter von 1 bis 10 Jahren und 36 im Alter von 10 bis 20 Jahren; 88 der gemeldeten. Krankheitsfälle, d. \. 70,4 9/6 derselben, haben i. J. 1902 tödlich geenvel gegen 81, d. f. 66,9% im Vorjahre. Im Verwaltungsbezirk Berlin kamen 13 Erkränkungen zur Anzeige, von den übrigen Regierungsbezirken wiesen die von Potsdam (16 Erkrankungen), Arnsberg (14), Schleswig (11) und Marienwerder (8) die höchsten Zahlen auf; im Reg.-Bez. Oppeln, wo während des Vorjahres 25 Fälle gemeldet worden waren, kamen 6 Erkrankungen zur Anzeige. Von den 345 Krankheitsfällen der drei Berichtsjahre 1900 bis 1902 entfielen 162, d. st. nahezu die Hälste, auf die Früh- jah rsmonate März bis Mai und nur 49" auf die Herbstmonate September bis November. Eine Uebertragung des Krankheitskeims von Person zu Person erscheint nah den ärztlihen Berichten in vielen Fällen wahrscheinlich; als Schußmaßregeln zur Verhütung einer Weiterverbreitung der Krankheit wurden Äbsonderung der Erkrankten, Uns der Familiengenossen vom Schulbesuh, Desinfektion der

ohnräume und Kleider angeordnet. Die höchste Zahl der im Laufe des Jahres 1902 an einem und demselben Orte außer Berlin beobachteten Erkrankungen bétrug“ 5 in Kiel und 4 in Belgard.

Theater und Musik.

Das Neue Königliche DOperntheater bleibt am Freitag, den 15. Januar, nit ge\{lossen, wie ursprünglich gemeldet war, es findet vielmehr Vorstellung im Abonnement (Billettreservesag Nr. 10) statt; zur Aufführung gelangt „Nobert der Teufel“, große Oper in fünf Akten von G. Meyerbeer.

Im Berliner Theater geht morgen, Mittwcch, „Göt von Berlichingen" mit Ernst Pittschau in der Titelrolle, neueinstudiert, in Szene. In größeren Rollen sind außerdem beschäftigt die Herren Connard, Haßkerl, Kuhnert, Mischke, Roland, Schindler, Schlaeger, Walden, Wehrlin und Wierth, die Damen Cerigioli, Frauendorfer, Noberts und Nohland. Die MNegie liegt in den Händen von Gustay Schefranek :

Der junge Geigenkünstler Vecsey hatte dem Freiwilligen Erziehungsbeirat für schulentlassene Waisen zugesagt, ein Wohltätigkeitskonzert zu Gunsten von dessen Unterstützungs- fasse Mitte Januar im Neuen Königlichen Operntheater zu veranstalten. Wegen der neuerdings erfolgten Abänderung der Reise Vecseys, der zur Zeit sich in Rußland befindet, hat aber das Konzert auf den März verschoben werden müssen.

(Der Konzertbericht befindet sich in der Ersten Beilage.)

Mannigfaltiges. Berlin, den 12. Januar 1904.

Der Verein zur Besserung der Strafgefangenen in Berlin hielt gestern unter dem Vorsiß des Geheimen Oberjustizrats und Oberstaatsanwalts am Kammergericht Wachler seine erste Ver- sammlung im neven Jahre ab. Dem von dem Leiter des Arbeits- nachweises, Herrn. Bischoff, erstatteten Jahresbericht ist zu entnehmen, daß sih im Jahre 1903 niht weniger als 5241 Personen, 4977 Bestrafte und 264 Unbestrafte, bei dem Verein gemeldet haben; von diesen hatten um Zuwcisung von Arbeit ersucht 4416 Be- strafe und 245 Unbestirafte, im ganzen 4661 Personen; außer diesen fsuchten 513 Personen die Hilfe des Vereins nah. Beschäftigung haben 4244 Personen erhalten, das sind 471 mehr als im Vorjahre. Der Verein hat noch niemals etne so umfangreiche Tätigkeit entfaltet wie im vergangenen Jahre. Die Bureauauslagen erforderten 10365 4, an Schlafstellenmiete wurden 1120 Æ gezahlt, an Verpflegungskosten waren 3401 4 erforderlich,

B

für Eisenbahnfahrkarten zum Transport der Pfleglinge tin Arbeits, stätten 10 148 ,- für Einkauf von Werkzeug 180 « An Unter, \tüßungen und - für Vorschüsse wurden 3386 4 gezahlt. Von den Strafentlassenen wurden im abgelaufenen Jahre 11911 4 zurü, geäahtt. Aus diesen Daten geht hervor, daß wiederum eine reichliche

rbeit hat geleistet werden können. Frau Landgerichtsrat Langerhannzg erstattete Bericht über die Wirksamkeit der Abteilung. für en fürsorge. -Danah wurden 137 Familien unterstüßt; 160 amilien, deren Grnährer im Gefängnis sigen, konnte eine reiche Weihnachts, besherung geboten werden.

Der Verein für deutsches Tun gewe eds in Berlin hält am 13. d. M. im Festsaale des Künstlerhauses, Belleyuestraße 3, Abends 8} Uhr, eine Vereinssizung ab, in ‘der Dr. Gustav Kühl über die Schrift in alter und neuer Zeit, ihr Material, ihre Technik, ihre Formen sprehen wird.

Der Mikitär -Hilfsverein des Il1. Armeekorps in Berlin, an dessen Ee Frau General von Bülow steht, veranstaltet am Montag, den 25. Januar, Abends 8 Uhr, im Neuen König- [lihen Dperntheater eine Wohltätigkeitsvorstellung. Der Ertrag soll den Kassen zur Unterstüßung notleidender Witwen und Waisen von aktiven, inaktiven, Reserve- und Landwehr - Offizieren auch des Gardeforys zugeführt werden. Fur Aufführung in dieser Vorstellung “gelingt, unter Leitung der Damen Frau Ober- O von Bethmann - Hollweg und Frau Landesdirektor Frei- rau von Manteuffel, das Tanzpoem „Meeridylle“, gedichtet und komponiert von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Joachim Albreht von Preußen, dargestellt von Damen und Herren der Gefell. schaft. Ferner wird unter Leitung der E Professor Gberlein und Frau von Siemens mit Erlaubnis von W. S. Gilbert und der Sullivanshen Erben „Patience“, eye Oper in zwei Akten von W. S. Gilbert, Musik von Arthur Sulltvan, autorisierte Se eegung von R. Schanzer, aufgeführt. Dirigent ist Herr L. Schratten olz, die Darstellung erfolgt durch Damen und Herren der Gesellschaft. Ein öffentlicher Verkauf von Eintrittskarten findet nicht statt.

Mit dem am 20. Januar 1904 von Bremerhaven abgehenden Dampfer „Preußen“ können Privatpakete für die auf den A e in Ostasien und im Schutzgebiet Kiautschou befindlihen Marineangehörigen frachtfrei befördert werden. E 10 kg. Die Spedition erfolgt kostenfrei durch die Ens

Tatthias Nohde u. Jörgens in Bremen, Weserbahnhof, bei der die Pakete portofrei und unter Vorautzablung der Be- stellgelder bis zum 15. Januar 1904 eintreffen müssen.

München, 11. Januar. (W. T. B.) Der heute früh 8 Uhr 7 Minuten von Kempten hier eingetroffene Personenzug fuhr zu rasch in ‘die Einsteighalle des Zentralbahnhofs ein, sodaß der Prellbock zertrümmert wurde und die Vorspannlokomotive entgleiste. Zwei in der Nähe befindliche hiesige Kaufleute erlitten durch abspringende Trümmer des Prellbocks Verleßungen, der eine einen Unterschenkelbruch, der andere eine leite aben des Fußes. Von den Insassen des angekommenen Zuges haben zwei Reisende Prellungen erlitten.

__Dldenburg i. Gr., 12. Januar. (W. T. B.) Bei einen Zimmerbrande in der Nosenstraße verbrannten heute vor- mittag zwei Frauen, eine Witwe mit ihrer 19 jährigen Tcchter. Leßtere hatte eine Lampe anzünden wollen, die aber explodierte, wodurch vermutlih der Brand entstand.

Stockholm, 11. Januar. (W. T. B.) Die Mitglieder der Nordenskjöld\hen Südpolexpedition sind heute hier ein- etroffen und von dem Vertreter des Königs, verschiedenen Ministern, den Spißen der Behörden, einer großen Reihe von Ge- [lehrten und einer zahlreichßen Volksmenge glänzend empfangen worden. Nordenskiöld erhielt den Nordsternorden, Kapitän Larsen den Wasaorden. Professor Frithiof Nansen sandte ein Telearamtn, in dem er die Teilnehmer an der Expedition zu deren Ergebnissen be- glückwünschte.

Gefle (Schweden), 11. Januar. _ (W. T. B): Bel einen Brande auf der Station Hästbo ist eine Frau mit ihren vier Kindern verbrannt.

zum Deutschen RNeichsanz

M 9.

Erste Beilage

Berlin, Dienstag, den 12. Januar

eiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

1904.

Derichte von deutschen Fruchtmärkten,

- Qualitat

gering

mittel Verkaufte

Marktort G

ezahlter Preis für 1 Doppelzentner Menge

niedrigster A

hödister

niedrigster | höchster | niedrigster | höchster [Doppelzentner

M. A. M Mh. M.

Dam ETTTTTTTETTTRIDDPDDO R N E E

Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) nah überschläglicher Schätzung verkauft Doppelzentner (Preis unbekannt)

Am vorigen Markttage

Durch- \hnittss- preis

M. M.

Durchschnitts- preis für 1 Doppel- zentner

| dem

E 7 Kolberg .

Posen . DILESLOU l u Strehlen i. Schl. . Striegau Löwenberg i. Schl. P O E M i e E OCR a D L L

15,25 13,80

14,40 13,50 15,10 15,40 15,60

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Babenhausen JIllertissen Zes Giengen a. Brenz Geislingen .

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16,00 15,20

E Kolberg . N s De C Strehlen i. Sl. SirieqauuU Löwenberg i. Schl. D S C E Aalen i. Wrttbg. . Giengen a. Brenz Riedlingen

12,50 10,80 11/50 10,70 11/50 11,70 11,60 12,20

15,00

A. Bd i:

osen. . Betde E Strehlen i. Schl. GSTUIEGaU ape a Löwenberg i. Schl. r L Aalen i. Wrttbg. . Giengen a. Brenz . Riedlingen .

11,25 11,50

11,20 11,00 11,70 12,10 11,50

13,40 12,60

be=à jut

11,25 10,00

10,40 11,00 11,00 10,60 11,40

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E, Kolberg . Bolen A é t a Strehlen i. Schl. . Striegau. ¿ Löwenberg i. Sl. Oppeln A T A Aalen i. Wrttbg. . Giengen a. Brenz Riedlingen .

Bemerkungen.

p p *

15,25 14,20

15,30 15/30 15/60

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert auf volle

Weizen. 15,75 16,25 15,00 15,40 15,00 15,80 15,90

16,10

14,80

15,90 16,30

15,80 16,20

15,70 15,90

15,20 16,20 16,20 15,20 15,20

[ tites Keruen (enthülster Spelz, Dinkel, Fesen). 16,20 16,20 16,30 16,30 17,36 17,60 17,69 A 16,40 16,60 16,00 16,20 16,80

Roggen. 12,98 13,35 12,00 12,40 12,00 12,10 12,10 12,20 11,95 12,40 12,30 12,50 11,90 12,20 12,30 12,40 12/20 13,20

14 20 _— 16,00

16,25 15,80

16,40 16.10 16,50 16,20 15,90

15,75 14,60 15,00 15 40 14,80 15,70 15,80 15,70 15,20

13,50

5,40

16,00 16,20 16,20

7 17,00 15,60 15.80

13,35 12,80 12 20 12,70 12,40 12,70 12,20 12,40 13,20

16,00

12,90 11,20 11,50 11,60 11,50 11,90

12,98 11,60 12,00 11,70 11,95 12,10 11,60 11,90 12,20 12,30

A 12,20

E 14,00 15,00 15,20

aan: 13,40

15,20 13,40 G erfte. 11,83 12,45 13,00 13,50 11,50 12,00 13,10 13,70 12,25 13,50 13,20 13,70 12 60 13,10 12,00 12,69 14,80 15,00

13,60 13,00 13,20

S er. 11,75 12/25 | 11,20 11,60- * 12,00 12,30 11,69 11,70 11,25 11,50 11,60 11,80 10,90 11,00 11,50 11,60 11,20 12,20 12,22 12,40

11,20 12,60

12,45 14,00 12,00 14 00 13,50 14,20 13,10 12,60 15,00 14,40 13,60

11,25 12,00

11,80 11,00 12,20 12,10 11,50

13,40 12,60

11,83 12,50 11,50 12,40 12,29 12,70 12 60 12,00 14,80

13,00

12,25 12,40 12,39 20 12,00 11,50 70 12,00 ; 11,00 i 11 60 129 12 20 80 12,40 49 11,20 18 E 47

11,25 10,40

10,90 11,00 11,20 10,60 11,40

11,00 12,20 |

11,75 10,80 12,00 11,20 11,25 11,40 10,90 11,50 11,20 12,00

12,40

| | |

H 15,20 | 15,00 |

15,00

41 15,00 j

S L

28. 12. L

15,20 15,72

15,70 15.70

16,20

17,37 16,54 16,25

16,30

17,21 16,60 16,06

12,01 | 12,00 |

12,09 12,00

12,20 12,62 14,15 14,83

12,30 12,71 14,15 15,21 13,40

11,38 | 12,75 |

11,81 13,00

11,67 15,00 | 13,87 13,02 |

12,0 14,88 13,96

243 12,16 | 788 : 11,25 |

1 484 i 11,40 | 1. ; 940 76 11,80 | L 5 594 92,2: 12,24 | L 90 202 11,46 | L : 584 24: 12,28 |

Mark abgerundet mitgeteilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berehnet.

S - —— ——— : Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis niht vorgekommen ist, ein Punkt (. ) in den legten sech3 Spalten, daß entsprehender Bericht fehlt.

Theater. Königliche Schauspiele. Mittwoh: Neues

Operntheater: Keine Vorstellung.

Schauspielhaus. 13. Vorstellung. Waun wir altern. Dramatische Plauderei in 1 Aufzug von Oskar Blumenthal. In Szene geseßt vom Ne- gisseur Keßler. Die Romantischen. Vers- lustspiel in 3 Aufzügen von Edmond Nostand. Deutsch von Ludwig Fulda. Anfang 7F Uhr.

Donnerstag: Neues Operntheater. Für das Offizierkorys der Landwehr: Fra Diavolo. Komische Oper in 3 Akten von Auber. Text von Eugòne Scribe, bearbeitet von Carl Blum. Anfang 7 Uhr. Ein Billettverkauf findet zu dieser Vorstellung an den Kafsen der Königlichen Theater nicht statt.

Schauspielhaus. 14. Vorstellung. Der grüne Zweig. Schauspiel in 3 Aufzügen von Felix Philippi. Anfang 7F Uhr.

Freitag : Neues Overntheater. Robert der Teufel. Romantische Oper in 5 Akten von G. Meyerbeer. Nach dem Französiswen von Scribe und Delavigne, übertragen von Th. Hell. Ballett von Emil Graeb.

Deutsches Theater. Mittwoch: Rose Bernd. Anfang 74 Uhr.

Donnerstag: Der Meister.

Freitag: Rose Bernd.

Berliner Theater. Mittwoch: Neucinstudiert: Gös von Berlichingen.

Donnerstag: Maria Therefia.

Freitag: Alt-Heidelberg.

Schillertheater. O. (Wallnertheater.) Mittwoch, Abends 8 Uhr: Zum ersten Male: Ein Duell. Schauspiel in 3 Akten von Franz Wolff. Vorher: Ein Sonnenstrahl. Schauspiel in 1 Akt von Nobert Wach.

Donnerstag, Abends 8 Uhr: Eiu Duell. Vorher: Ciu Sonnenstrahl.

Freitag, Abends 8 Uhr: Kollege Crampton.

N. (Friedrich WilhelmstädtishesTheater.) Mittrooh, Abends 8 Uhr: Der Korwmpagnou. Lutspiel in 4 Akten von Adolph L’Arronge.

Donnerêtag, Abends 8 Uhr: Der Kompagnon. Freitag, Abends 8 Uhr: Zum ersten Male: Uriel Acofta.

Theater des Westens. Kantstr. 12. Bahnhof Zoologischer Garten. (Direktion: A. Pras, Groß- herzogliher Hoftheaterintendant a. D.) Mittwoch (14. Vorstellung im Abonnement): Die Jüdin.

Donnerstag (14. Vorstellung im Abonnement): Der Barbier von Sevilla.

Freitag (14. Vorstellung im Abonnement): Martha.

Sonnabend (außer Abonnement): Der Trou- badour.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Martha. Vbends Uhr: Bum ersten Male: Die \chöne Helena.

Neues Theater. Mittwoh: Der Strom.

Donnerstag: Neueinstudiert: Minna von Varu- helm.

Freitag: Der Strom.

Sonnabend: Unbestimmt.

Residenztheater. (Direktion: S. Lautenburg.) Mittwoch und folgende Tage: Der keusche Cafimir. (Maître Nitoucbe.) Echwank in 3 Aften von Desvallières und Mars. Deutsch von Marx Schönau. Anfang 7F Uhr.

Thaliatheater. Direktion Jean Kren und Alfred Sch{önfeld.“ Mittwoch und folgende Tage: Der Hochtourift. (Guido Thielscher in der Titelrolle.) Anfang 7# Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3F Uhr: Charleys Tante.

Am 25., 27. nnd 29. Januar: Gastspiel von JIsadora Duncan in ihren ueuen Tänzen.

BPentraltheater. Mittwohß: Das Schwalben- uet. Operette in 3 Akten von Maurice Ordonneau, deutsch von M. Rappaport. Musik von Henry Herblay. Anfang 74 Uhr.

Donnerstag und folgende Tage, Abends7} Uhr: Das Schwalbenzeft.

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Zu halben

Preisen: Kindervorsiellung. Der gefstiefelte Kater. |

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen (in erster Beseßung): Die Fledermaus. Operette in 3 Aften von Johann Strauß. Abends 7 Uhr: Das Schwalbeunest.

Trianontheater. (Georzenstraße, zwischen Friedrih- und Universitätsftraße.) Mittwoch bis Sonnabend: Madame X. Anfang 8 Uhr.

Lellealliancetheater. (Unter der Direktion von Jean Kren und Alfred Schönfeld vom Thaliatheater.) Mittwoch und folgende Tage : Der reichste Berliner. Große Ausstattungs8posse mit Gesang und Tanz in 4 Akten (nah einem älteren Stoff von Ely und JIakobsohn), neu bearbeitet von Jean Kren und Alfred Schönfeld. Musik von Einödshofer und Schmidt. (Gerda Walde und Frit Helmerding in den Hauptrollen.) Anfang 7 Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei kleinen Preisen: Ein toller Einfall.

Am 25., 27. und 29. Januar: Der Hochtourist. (Mit Guido Thielscher in der Titelrolle.

Zirkus VSchumann. Mittwoch, Abends 74 Uhr:

i; Immer das Neueste: Definung 6 Meter. Die offene Loop - F a

des Mons. Ancillotti. 25 Löwen des Herrn Seeth. Dresfierte Tiere des Clowns Gontard. Babel. Prachtvolle Aus- stattungêpantomime. Eine Wanderung durch aht Jahr- tausende.

Konzerte.

Singakademie. Mittwoch, Abends 8 Uhr: Lieder- und Duettabend von Nichard Tömlich und Lucie Tömlich-Behn.

Saal Bechstein. Mittwoh, Akends 7} Uhr: T. Klavierabeud von Lucien Wurmser.

Philharmonie, Oberlichtsaal. Abends 73 Uhr: L. Populäres Konzert der Herren Arthur Hartmanu (1. Violine), Dan Visanski (11. Violine), Jacques Gibbs (Viola), Autou Hefking (Violoncello).

Beethovensaal. Mittwoch, Abends 8 Uhr: Konzerct von Aldo Antouietti (Violine).

(E SRR M IRS T GELUSENEK E GST N A TZG L F NAAEG H 876 7A Familiennachrichten.

Verehelicht: Hr. Professor Dr. Alfred E. Macin- tyre mit Frl. Emma Diehl (Jena). Hr. Ober- leutnant Franz Stiebler mit Frl. Käte Fechner (Breslau).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Assessor von Ranke (Berlin). Hrn. Oberleutnant von Kayser (Bromberg). Eine Tochter: Hrn. Landrat Heinrih von Below-Seehof (Schlawe i. Pomm.).

Gestorben: Hr. Hauptmann a. D. Richard von D ee ). Hr. Geheimer NRegierungt- rat, Professor Dr. August Garcke (Berlin). r. Brandinspektor und Leutnant a. D. Carl riedrih Bauerdorff (Berlin). Hr. Geheimer technungsrat Adalmer Freudemann (Berlin).

Fr. Major Anna Fouel, geb. Douglas (Berlin).

Fr. Marie Liebreht, geb. Ebbinghaus (Grune-

wald-Berlin). Oberin Ida von Arnim (art,

Hrn. Geheimen Legationsrat Ernst von Both-

mers Sohn Ulrich (Letpzig).

Verantwortlicher Nedakteur Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlags- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen (eins{ließli} Börsen-Beilage), sowie die Juhaltsangabe zu Nr. 6 des öffett- lichen Anzeigers (einschließlich der unter Nr. 2 veröffentlichten BerannimaPun gen), betxessend Kommanditgesellschaften auf Aktien

und Aktieugesellschaften, für die Woche vou 4, bis 9, Januar 1904.

Statiftik und Volk8wirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Das amtliche „Dresdner Journal“ veröffentlicht einen gesiern dem sähsishen Landtage zugestelten Bericht, den der Geheime Nat Dr. Roscher der Staatsregierung über seine am 4. Januar in Crimmitshau mit den Vertretern der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber der Textilindustrie abgehaltenen Besprehungen des Ausstandes und der Aussperrung erstattet hat (vgl. Nr. 4 d. Bl.). Die Stadt Crimmitshau hat sih seit dem Anschlusse Sachsens an den deutshen Zollverein aus einer unbedeutenden Kleinstadt zu einer rasch aufblühenden Fabrikstadt entwickelt und in der Zeit von 1834 bis 1900 ihre Bevölkerung von 3730 auf 22 840 Ein- wohner vermehrt und besißt jeßt neben einigen Maschinenfabriken etwa 50 Tuchfabriken und 25 Vigognefabriken mit Spinnereien, Webereien und Färbereien. Man veranschlagt den Wert der Jahres- produktion Crimmitschaus auf 40 Millionen Mark, wovon etwa 9 Millionen Mark auf Arbeitslöshne kommen, die sih auf 7000 bis 0 Arbeiter und Arbeiterinnen verteilen. Die Zahl der weiblihen Arbeiter beträgt etwa %, die der männ- lien ?%. Am 26. Juli 1903 richtete die Filiale Crim- mitshau der deutschen Textilarbeiter an den Spinner- und Fabrikanten- verein in Crimmitschau das Gesuch, „die Arbeitszeit auf 10 Stunden zu beschränken und dabei auf Einführung einer 13stündigen Mittags- gause Rücksicht nehmen zu wollen“. Gleichzeitig wurde gebeten, „den ohn der in Akkord beschäftigten Arbeiter um 10/6 zu erhöhen, für die im Wochenlohn stehenden Arbeiter aber den alten Lohn beibe- halten zu wollen“. Die ersten Verhandlungen über diese Forderungen aben zwischen Arbeitern und Fabrikanten aus Crimmitschau und anderen Orten am 6. August stattgefunden. Ueber das Ergebnis dieser Verhand- [ungen liegen nur abweichende Angaben beider streitenden Teile, aber kein amtlihes Protokoll vor, Tatsache ist, daß am 7. August 1903 etwa Arbeiter in 5 Fabriken kündigten und daß infolgedessen am

s. August von seiten der Unternehmer die Aussperrung von mehr als 7000 Arbeitern aus allen übrigen Fabriken Crimmitschaus beschlossen Purde, Die Gesamtzahl der männlihen und weiblihen Arbeiter, die ort am 22. August infolge des Streiks oder der Aussperrung aus der Arbeit traten. betrug 7782. Anfang Januar 1904 arbeiteten in den beteiligten Fabriken 2082 Personen, mithin reihlich 26 9/9 der vorher angegebenen Zahl. Von diesen 2082 Personen hatten 1565, also reihlih 4, bereits ‘vor dem Streik in den vom Kampfe betroffenen abriken gearbeitet; 203, die jetzt in Crimmitschauer Textilbetrieben arbeiten, hatten früher zwar in Crimmitschau gewohnt, aber nit in Lertilbetrieben gearbeitet ; 314 männliche und weibliche Arbeiter sind gen auswärts, unter ihnen 56 aus Galizien und Böhmen, zugezogen. 000 der Ansicht der vom Geheimen Rat Dr. Rofcher gehörten Arbeiter Ee die Zahl der Abgereisten der Zahl der Zugereisten etwa gleihkommen. s ne im ¿Grimnmitsüauer Anzeiger und Tageblatt" abgedruckte An- prache des Vorstandes des Spinner- und Fabrikantenvereins „an die gesamte Arbeiterschaft Crimmitshaus und Umgebung" vom 18. August

1903 enthält u. a. folgende Bemerkungen: „Das von Ihnen zur Er- ledigung der {webenden Angelegenheit in Vorschlag gebrahte Einigungs- amt kann von uns in Uebereinstimmung mit dem Verbande sächsischer Arbeitgeber in Chemniß in dem vorliegenden Falle niht in Frage kommen, da wir selbst sehr gut in der Lage sind zu beurteilen, daß die fortgeseßten jahrelangen Forderungen, die bisher immer entgegenkommend bewilligt worden sind, nunmehr eine solhe Höhe erreicht haben, daß die gesamte heimische Jndustrie vor die Frage ge- stellt ist, ob sie konkurrenz- und lebensfähig bleiben soll oder nicht.“ Die von dem Professor Dr. Böhmert in den Tagen vom 21. bis 23. Dezember gemachten zwei Hauptvergleihsvorschläge, „die Arbeits- zeit auf 10} anstatt auf die gewünschten 10 Stunden herabzuseßen unter Ausscheidung der Lohnfrage aus den früheren Forderungen und das Gewerbegeriht als Schiedsgericht anzurufen*, wurden zwar von den Arbeitern günstig aufgenommen, aber von den Unternehmern abgelehnt. Im Verlaufe der Besprehung mit dem Geheimen Rat Dr. Roscher am Vormittag des 4. Januar machten die Arbeiter folgende Vor- {läge, auf deren Annahme seitens der Lohnkommission und der ge- samten Arbeiterschaft sie im Falle einer Einigung mit den Unter- nehmern hinwirken würden: „1) An Stelle der bisherigen Arbeitszeit von 11 Stunden tritt zunächst eine 104 stündige Arbeitszeit, und zwar pon 6 bis 12 Uhr Vormittags und von #2 bis 6 Uhr Nachmittags. (Dies sind wöchentlih 62 Arbeitsstunden.) Nach Ablauf eines Jahres findet eine Zusammenkunft zwischen den Ärbeitaebern und den Arbeitnehmern statt, in der über eine etwaige weitere Abkürzung der Arbeitszeit Be- {luß gefaßt werden soll. 2) In der reinen Arbeitszeit von 104 Stunden is eine Waschzeit von 5 Minuten vor dem jedesmaligen Gnde der Arbeitszeit inbegriffen. 3) An den Sonnabenden ist, wie dies bereits in einigen Betrieben der gal war, Nachmittags um 5 Uhr Schluß. Es wird hier vorausg seßt, daß nit wegen der allgemeinen Verkürzung ver Arbeitszeit auf 102 Stunden die Arbeitszeit an den Sonnabenden wieder verlängert werde. 4) Die Festseßung einer an ih sehr wünshenswerten S aue von { Stunde in sämtlihen Be- tricben foll der besonderen Vereinbarung der betreffenden Arbeiter mit thren Arbeitgebern überlassen werden. 5) Der Lohn der Akkordarbeiter wird allgemein um 5 9/9 erhöht. 6) Den Arbeitern, die festen Wochen- lohn erhalten, wird der bisherige volle Lohn weiter gezahlt. 7) Es wird der Wunsch ausgesprcechen, daß in den Fabriken, in denen bisher nur nah „Banden" oder in anderer Weise der Lohn der Weber berechnet wurde, wenn keine technischen Schwierig- keiten entgegenstehen, allmählich zur Erzielung einbeitllher Lohn- berechnung die fogenannte Schußuhr eingeführt werde. 8) Maß- regelungen von Arbeitern finden nit statt. Namentlich sollen die Arbeitgeber versprechen, keine fremden Arbeiter einzustellen, solange no hiesige, am Kampfe beteiligt gewesene Arbeiter vorhanden find. 9) Die innerhalb der Zeit des Streikes gesehenen gegenseitigen Be- leidigungen follen als zurückgenommen betrahtet werden." In der am Nachmittag abgehaltenen Besprehung Roschers mit den Unternehmern, der er diese neun Vorschläge der Arbeiter zu Grunde legte, erklärten die Vertreter der Arbeitgeber einmütig

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und entschieden, daß sie die von den Arbeitern aufgestellten Forderungen jeßt weder ganz noch teilweise bewilligen könnten. In dem jeßigen Kampfe handle es fi niht mehr um die Arbeitszeit und andere Einzel- wünsche, fondern lediglih um eine Machtfrage zwishen den Unter- nehmern und der Sozialdemokratie. Deshalb seien die Unternehmer auch niht darauf eingegangen, die Sahe dem Gewerbegerichte als Ginigungsamt vorzulegen. Wollten die Unternehmer den Forderungen der Arbeiter jeßt nachgeben, so würden sehr üble Folgen eintreten. Es würde die Wettbewerbsfähigkeit von Crimmitschau gegenüber den anderen deutshen Orten mit gleiher Industrie, die noch heute fast aus- nahmslos elf Stunden bei meist niedrigeren Löhnen arbeiteten, dadurh {wer beeinträhtigt werden. Crimmitshaus Industrie habe in neuerer Zeit Schweres erlebt. Während der letzten beiden Jahrzehnte seien etwa 40 Firmen des Crimmitshauer Industrie- bezirks eingegangen. (Nach einer vom Königlichen Amtsgerichte in Crimmitschau inzwishen erlangten Uebersiht der Konkurse sind diese Angaben nicht übertrieben, sondern bleiben noch hinter der Wirklichkeit zurück. Denn in den 21 Jahren von 1883 bis 1903 verfielen innerhalb des Amtsgerichtsbezirks Crimmitschau in Konkurs: 30 Buckskin- und Tuchfabriken, 26 Spinnereien, 3 sonstige Textilbetriebe, 9 Färbereien, 2 Wattefabriken, zusammen also 66 Betriebe der Textilindustrie.) Sogar die Bevölkerung der Stadt sei von 23553 im Jahre 1895 auf 22840 im Jahre 1900, alfo um mehr als 700 Seelen gefunken. Die Vigognespinnerei leide seit Jahren unter einem sehr starken Wettbewerbe namentlih Belgiens, neuerdings auch Oesterreihs und Italiens. Nach der Reichsftatistik sei infolge dieses Wettbewerbes die Ausfuhr von Vigognegarnen für die Werdau allerdings in noch höherem Maße in Betra í komme, immer mehr zurückgegangen. Im Fahre 1880 habe sie noch 38 000 dz betragen, im Jahre 1901 noch nit einmal 7000 dz. Die Löhne für Andreber, Ausleger, Krembplerinnen und Auspuyter eien in Sachsen um 57 bis 74%/% höher als in dér österreichischen

i g dazu komme der Umstand, daß in dem neuen deutschen Zo wart 2 die Zölle auf Baumwollgarne bis Nr. 11, die für die Vigogne- \pinneret fast aus\{ließlich in Betracht kämen, von 12 auf 6 M herabgeseßt seien. Damit werde für Vigognegarne aus Belgien, Oesterrei und Jtalien zum Nachteile der deutschen Ligt0negarre ein sehr günstiger Absay auf dem deutshen Markt eröffnet. Eine Erfüllung der Forderungen der Arbeiter würde daher für die heimishe Vigogne- spinnerei verhängnisvolle Folgen haben. Günstiger sei zwar die Lage der dortigen Weberei. Seit ungefähr sech8s Jahren vollziehe fich aber eine Aenderung in der Richtung der Crimmitshauer Weberei, indem die alten Bud\kins mehr und mehr durch Kammgarnstoffe für dié Herren- und Damenkleiderkonfektion erseßt würden, die bei außer- gewöhnlih hoben Musterspesen nur einen sehr bescheidenen Gewinn ließen. Die Fortentwicklung der Crimmitshauer Industrie in dieser Richtung werde durch den Streik außerordentlih gestört. Wollte man den Forderungen der foztaldemokratishen Führer jeßt nachgeben, so würde man die Arbeitswilligen dem Terrorismus jener preisgeben. Diese Arbeitswilligen, die gegenwärtig in {chwerer Zeit ihre Treue be-