1904 / 17 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 Jan 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Grofßthandelspreise von Getreide an außerdeutscheun

Vörseuplätzen

für die Woche vom 11. bis 16. Januar 1904 nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistishen Amt.

1000 kg in Mark.

(Preise für greifbare Ware, soweit niht etwas anderes bemerkt.)

t ster Bod Wien. oggen, Pester Boden Weizen, Theiß: Hafer, ungarischer I erste, slovakishe Budape ftl.

Noggen, Mittelware

Weizen, o

Hafer - erste, Futter- ,

SOggen, 71 bis 72 kg das hl Weizen, Ulka, 75 bis 76 kg das h]

Riga.

Srogden, 71 bis 72 kg das hl Weizen, 75 76 „,

Paris. oggen | lieferbare Ware des laufenden Monats Antwerpen. Donau, mittel ¡ Azima Odessa roter Winter-

Kansas Bombay, Club weiß

Amsterdam.

Asow- Roggen \ E e

Odefsa- Weizen \ amerikanisher Winter- London. a. Produktenbörse (Mark Lans). englisch weiß Weizen j rot

Weizen

b. Gazette averages.

englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten

Liverpool.

Weizen af

ge |

Weizen gerer Kansas Nr. 2 a Plata Kurrachee, weiß Kalkutta Nr. 2

Hafer / la jt er Gerste, Mahl- Chicago. Januar Weizen, Lieferungsware | Se September Neu York. roter Winter- Nr. 2

Weizen | Lieferungsware \ M

Buenos Aires. Weizen, Dur(hschnittsware, ab Bord Rosario . .

Bemerkungen.

Woche 11./16. Januar

1904

118,48 151,73 102 29 138,09

109,19 136,13 95,04 95,47

82,62 115,06

96 88 123,84

122,44 173,06

125,75 131,84 135,89 137,92 139,95 136,95 136,95

117,86 113,42 128,56 137,04

138,98 134,11

126,34 113,74 125,33

144,58 138,48 144,58 137,78 136,13 134,72 141,18 130,39 123,08

94 66

128,20 134,97 126,82 122,00

147,02 140,14 134,17

Da- gegen Nor- woche

119,36 153,47 103,16 138,12

109,13 136,07 95,06 95,49

82,88 115,95

96,37 123,45

122,12 173,69

125,71 131,79 135,44 138,68 139,90 137,87 136,90

118,67 113,42 128,56 138,45

137,96 134,05

124,33 112,48 126,67

144,04 138,41 145,92 137,24 136,06 134,19 141,22 128,78 120,94

93,05

128,38 134,35 126,98 123,17

145,88 139,31 134,03

110,47

108,69.

1 Imperial Quarter ist für Weizen an der Londoner Produkten-

bôrse = 504 Pf

und engl. gerechnet; für die aus den Umsäßen

an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Dur{hschnittspreise ist 1 Imperial

für einheimishes Getreide (Gazett Quarter Weizen = 480 Haf AZOLLS averages)

er = 312, Gerste = 400 Pfund engl.

angeseßt. 1 Bushel Weizen = 60 Pfund engl.; 1 Pfund engl. = 453 1E andes

6 g; 1 Last Roggen = 2100, = Bei 0g Weizen

der Umrehnung der Preise in Reichswährung sind die

aus den einzelnen

agegangaben im „Reichsanzeiger“ ermittelten

wöchentlichen Durchschnättswechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, r London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und

eu York die Kurse auf Neu York, für Odeffa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse

auf diese Plätze. Goldprämie. M

reise in Buenos Aires unter Berücksichtigung der

Deutscher Reichstag. 14. Sißung vom 19. Januar 1904.

1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des Geseß- entwurfs wegen Feststellung eines Nachtrags zum Reichs-

haushaltsetat für 1903,

eines Nachtrags für die

Schußgebiete für 1903, eines Ergänzungsetats für die Schußz-

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen

1904 und eines Ergänzungsetats für gebiete für 1904.

Nummer d. Bl. berichtet. Abg. Dr. Spahn (Zentr. fortfahrend) :

dem Ergänzungsetat zum nächsten Etat,

Hause noch: nicht durchberaten ist.

die dieser Ergänzungsetat berührt, an die

Anders liegt es mit da dieser selbst vom Aber da keine der Positionen, Budgetkommission

verwiesen ist, so können wir auch wohl diesen Ergänzungsetat im

Plenum erledigen zweiter Lesung

und somit beide Ergänzungsetats in erster und ogleich, während wir die dritte Lesung des Er-

gänzungsetats für das laufende Jahr in einigen Tagen vornehmen können, die des Ergänzungsetats für 1904 dagegen zugleich mit dem

Abschluß der Etatóberatung überhaupt.

Mit der Ausschreibung der

freiwilligen Meldungen möge die Militärverwaltung so rasch wie mögli vorgehen, damit die Absendung der Truppentransporte nach

Möglichkeit beschleunigt wird.

Präsident Graf von Ballestrem: Zu dem Ergänzungsetat ist kein Ctatsgeseß vorgelegt; e A also die erste und zweite Lesung nur proviforisch und als Direktive für die Herren von der Reichs- verwaltung vornehmen; die dritte Lesung kann erst mit der dritten Lesung des Etats für 1904 gleichzeitig erledigt werden.

Abg. Bebel (Soz.): ir haben gegen diese Behandlung der Vorlage nichts einzuwenden, obwohl ich meinerseits keinen Grund einsebe, warum wir nit auch die zweite Lesung des Ergänzungsetats erst bei der zweiten Lesung des Kolonialetats für 1904 vornehmen sollen. Jedenfalls wird, wie ih hoffe, bei dieser zweiten Lesung Ge- legenheit geboten sein, auf die Frage an der Hand genauerer Nach- rihten zurückzukommen. Der Kolonialdirektor hat leider recht, daß solche Aufstände noch keiner Nation erspart geblieben sind. Sie sind aber die Folge von der Art uxzd Weise, wie die einzelnen Kultur- nationen folonisieren. Es vergeht kein Jahr, wo nit in einer oder der anderen Kolonie die Unterdrückten sih gegen thre Unterdrüker und gegen das ibnen angetane Unrecht erheben; aber ein Aufstand in diesem Umfange ist noh nit zu verzeichnen gewesen. Es werden doch sehr erheblihe Summen von uns gefordert. Die verbündeten Ne- gierungen haben doch sicher nicht eine Mark weniger verlangt, als sie für notwendig erachten, und es werden die Nachforderungen nicht ausbleiben. Von den Kosten des Transportes wissen wir ja noch gar nichts. Und noch für Jahre hinaus können uns nah der Niedershlagung des Auf- standes fehr erheblihe Kosten erwachsen. Höchlichst überrasht hat mich die Erklärung des Kanzlers, daß der Aufstand ohne jede sichtbare Ursahe ausgebrochen sein soll. Hat denn niemand in der Reichs» verwaltung eine Ahnung von den Dingen gehabt, die sih dort vorbereiteten ? Wahr wird unzweifelhaft sein, daß die Hereros ihre frühere Unabhängigkeit nit vergessen können, daß fie ps in steigendem Maße als Unterdrückte fühlen; aber warum haben sie gerade jeßt zu dem Schritte sich entschlossen, loszuschlagen ? Da heißt es in dem Briefe des Herrn Voigt, wenn die Hereros jeßt dazu übergegangen seien, so sei das ein Verzweiflungskampf. Das wird ebenfalls stimmen, und für diefen BerzweiflungskamPpf werden auch zureichende Gründe vorhanden sein. Wir erfahren ja aus unseren Kolonien und von den Zuständen daselbst recht wenig, aber hier und da finden wir doch Fingerzeige. So heißt es in einem Missionsbericht, daß Unzucht und Trunksuht um sich 1 i: die Weißen auch auf diesen Gebieten manchmal die Verführer seien, daß fh venerishe Krankheiten verbreiteten usw. Ueber die Förderung der Trunksuht durch die Einbürgerung des Alkohols ist ja {on früher im Reichstage, so {on durch Windthorst, manches scharfe Wort gesagt worden. Die brutale Behandlung mit dreizölligen Latten, von der berichtet wird, die Gewohnheit des Prügelns, dürften au ihr Teil haben an dem jeßigen Aufstande. Die beklagte Zügel- losigkeit der Eingeborenen rührt zum Teil daher, daß die Kolonis- satoren ihnen einen Teil der Laster der Kulturnationen gebracht haben. Kommen aber solche Völker zur Empörung, so muß do noch etwas mehr an solhen Gründen vorhanden sein, und es sheint mir, als wenn hier dasselbe mitwirkt, was auch den Europäer in Entrüstung und Empörung verseßen würde, nämlih die Antastung seiner Cristenz und seines Eigentums. Ih hätte daher gewünscht, die Herren der Kolonialabteilung wären auf die Beschuldi- gungen eingegangen, die Dr. Theodor Förster in der „Deutschen Tageszeitung“ vom 15. Januar erhoben hat. Diese Beschuldigungen gehen dahin, el die Eisenbahngesellshafsten durch die den Hereros verbliebenen Distrikte eine Bahn bauen wollen, daß das ganze Gebiet längs der Bahn von weißen Farmern in Besiß genommen und fo den Hereros geraubt wird, womit diese zu einem weiteren Teil ihre Existenzfähigkeit verlieren. Kann man den Leuten übel- nehmen, daß fie sih dagegen empören? Feiert man es doch als eine der größten deutschen Heldentaten, dos die alten Germanen ähnliche Versuche der Römer glänzend zurücgeshlagen haben! Wird der Aufstand niedergeschlagen, so erwarte ih, daß wenigstens keine Naches akte an den Häuptlingen iegen werden, denn in Wahrheit ver- teidigen sie nur ihr Recht auf ihr bisheriges Eigentum. Jedenfalls müssen wir Auskunft verlangen, ob die Vermutuüngen des Dr. Förster eine Grundlage haben. Da wir. über die Gründe des Aufstandes somit noch vollständig im Unklarei: sind, werden wir uns einstweilen der Abstimmung enthalten; unserer ablehnenden Stellung zur Kolonialpolitik wird dadurch niht im geringsten präjudiziert. Die Lasten, die die Kolonialpolitik dem Reiche auferlegt, wachsen lawinen- ah an, und keine Kunst der Budgetkommission kann an der un- günstigen Gestaltung des Etats etwas ändern, solange hier nicht Wandel geschafft wird.

Abg. von Normann (d. konf.): Wir sind bercit, die Vermehrung der Streitkräfte in Südwestafrika zu bewilligen, und zwar ohne eine Kritik, die wir im Augenblick nicht für angebracht erachten können. Das Deutsche Reich ist seiner Machtstellung gemäß verpflichtet, den Aufstand so {nell und energisch wie mögli niederzuschlagen, infolge dessen sind wir auch bereit, die Sache nah dem Vorschlage des Abg. Spahn nah Möglichkeit zu beschleunigen.

Abg. Dr. Müller-Sagan (fr. Volksp.): Wir wollen die Forde- rung nicht ablehnen, weil wir es für notwendig halten, daß die für das südwestafrikanische Shußzgebiet aufgewendeten Mittel nit nußlos aufgebraht werden. Es handelt sich hier außerdem um eine größere Gefährdung von Menschenleben und von Eigentum, um eine Eisen- bahnlinie, die durch den Aufstand zerstört worden ift. Wir können aber die Entsendung von Truppen nur für eine zu einem bestimmten Zweck vorgesehene, vorübergehende Mafnahme halten, und. halten es für geboten, demnächst in eine Untersuchung darüber einzutreten, ob nicht im Interesse der deutshen Steuerzahler auf anderen Gebieten Sparsamkeit geübt werden kann. Bezüglich des Ergänzungsetats3 für 1904 {on über die erste Lesung hinauézugehen, halten wir nit für notwendig.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Auch meine Freunde {ließen sch dem Antrage des Abg. Spahn an. Es handelt fsih jeyt darum, den in Südwestafrika bedrohten Deutschen Hilfe zu bringen. Das muß möglichst \{nell geshehen. Das ist die Pflicht des Deutschen Reichs- tags. Wir müssen dafür sorgen, daß diejenigen Leute, die im Ver- trauen auf den Schuß des Deutschen Neiches dorthin gegangen \ind, wirklich auch auf diesen Schuß rehnen können, damit ihr Vertrauen nicht verloren geht. Wir werden die Forderung bewilligen.

Abg. Schrader (fr. Vgg.): Auch wir wollen den Nachtragsetat möglichst schnell erledigen. Ob der Ergänzungsetat für 1904 gleich in zweiter Lesung erledigt wird oder nicht, ist eine Sache von geringer Bedeutung. Einer sachlichen Kritik enthalte ih mich. Nachdem ein- mal das Deutsche Reih in Südwestafrika engagiert ist, müssen wir auch den Leuten, die dort auf unseren Schuß rechnen, diesen Schuß gewähren. Ih gehe auch nicht darauf ein, wie weit die Kolonial- verwaltung hierbei irgend welche Schuld trifft.

Abg. von Tiedemann (NRp.): Auch ich verzihte auf eine Kritik des Verhaltens unserer Verwaltung in diesem Fall, {on weil mir dafür die Unterlagen fehlen. Nachdem einmal die Gcfahr vor- handen ist, ist es auch die Pflicht des Reichs, den Deutschen zu Hilfe zu fommen. Wir können der Reicysregierung nur dankbar sein für die von ihr ergriffenen Maßregeln, wir werden für die Forderung und den Antrag Spahn stimmen.

Abg. Storz (d. Volksp.): Wir befinden uns in einer Zwangs- lage und werden für die Bewilligung stimmen, verwahren uns aber gegen eine bauernde Vermehrung der Schußtruppe. Eine Kritik der Koloaialverwaltung behalten wir uns für später vor.

_ Abg. Liebermann von Sonnenberg (Wirts, Vagg.): Auch wir werden für die Bewilligung stimmen Es ift eine Chrenpflicht des Deutschen Neichs, seine Untertanen und Bürger im Auslande zu schüßen. Ich habe heute eine Zuschrift erhalten von einem Manne, der bis vor furzem fn jenem Gébiete gelebt hat, und der kein Reichs- deutscher ist. Danach sehnen sich die Hereros zurück nach den früheren Zuständen, die gerade von der Regierung unterdrückt worden sind. Die Regierung hält nämlich darau daß weder gestohlen, noch ge- raubt, noch gemordet wird von den Hereros. Die Freiheit der Hereros, von der Herr Bebel spra, bestand eben im Stehlen, Nauben und Morden. Wenn die Regierung diese ihnen lieb ge- wordene Angewohnheit etwas beschränkt, so tut sie damit nach der Meinung der zivilisierten Welt das Rechte. Eins ist mir bei der

Depesche des Kolonialdirektors aufgefallen: es ist da die Nede von der Bekleidung der Hereros, die einem geplünderten Magazin ent- nommen sei. In den Zeitungen steht, daß die Hereros gut bewaffnet und gut beritten seien. Da kommt einem der Gedanke, ob nit unsere getreuen Nachbarn von langer Hand her die Hereros bewaffnet haben, Es wäre für das Deutsche Reih nüßlich, sih nah dieser Richtung genau zu informieren.

Damit \chließt die erste E ai Nachtragsetat Verst

zum Etat für 1903, durch den zur ärkung der Schußtz- truppe gegen die Hereros auf 1125 Mann 1 496 000 M nach- gefordert werden, wird darauf in zweiter Lesung ohne Debatte bewilligt... Auch die sofort vorgenommene zweite Lesung des Ergänzungsetats für 1904, der die entsprechende Mchrausgabe für das kommende Etatsjahr in V von 1325000 M, fordert, witd gegen die Stimmen der Linken beschlossen und der Ergänzungsetat ebenfalls ohne ‘Debatte unverändert bewilligt.

Es folgt die Jnterpellation der Abgg. Auer und Genossen (Soz.) betreffend das Verhalten russischer Polizeiagenten auf deutshem Gebiete. Die Jnter- pellation lautet:

„Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß die -russishe Regierung im deutschen MNetchsgebiet Polizeiagenten zur Ueber- wachung russischer und deutsher Staatsangehöriger unterhält ; daß zu diesem Zweck russishe Polizeiagenten Verbrechen verübt und auch versucht haben, andere Personen zu Verbrechen zu be- stimmen? /

Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um diesen Zustand zu beseitigen?

Der Herr Reichskanzler wird ferner um Auskunft über folgende Fragen ersucht: E

Wie kommt es, daß in Königsberg gegen Reichs8angehörige wegen angebliher Beihilfe zum Hochverrat gegen das russisde Reich und zur Beleidigung des russischen Kaisers ein Verfahren eingeleitet worden ist, bevor der die Strafbarkeit bedingende Strafantrag der russischen Regierung vorlag? Auf wessen Veranlassung und auf welchem Wege ist die russishe Regierung zur Stellung des Straf- antrages veranlaßt worden ?“

Auf die Anfrage des Präsidenten erklärt der Staats- sekretär des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richt-

hofen seine Bereitschaft zur sofortigen Beantwortung der Jnterpellation.

Zu ihrer Begründung erhält darauf das Wort der

Abg. Haase (Soz.): Die Angaben des „Vorwärts“ über das Treiben der Spitel, welhe die russishe Regierung in Deutschland und speziell in Berlin unterhält, {find bisher von der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ niht der Beachtung gewürdigt worden. Die Zentrale dieses russishen Polizeidepartements auf deutschem Boden ist Berlin; hier leitet es ein Herr Tardik, der 36 000 6 jährli erhält und von seinen Untergebenen als Exzellenz „angerede wird; unter ihm ist eine Menge von Agenten tätig, darunter be- sonders hervortretend ein gewisser Wolz. Freiherr von Richthofen S auf unsere früheren Anfragen in dieser Richtung ausweichende

ntworten; er \sprach davon, daß eine Ueberwachung der russischen Anarchisten auf deutshem Boden nôtig sei, und daß die preußische Regierung der russishen gern die Durchführung dieser Ueber- wachung gestattet habe. Die „Anarchisten“ sind nur ein Vorwand; es handelt sih um die Ueberwachung aller rufsfishen Untertanen, speziell aller russishen Studenten, die samt und \onders als Anarchisten und Nihilisten beobahtet werden und dabei sich die uner- hörtesten Vergewaltigungen gefallen lassen müssen. Die Spiel gehen in Abwesenheit der Bespißelten in deren Wohnungen und durchwoühlen alle ihre Sachen, Bücher, Briefschaften, wobei der Rubel bei ‘den Wirtsleuten, die nicht ohne weiteres nachgeben wollen, seine Rolle spielt. Werden die Wohnungen nit geöffnet, fo öffnen sie sich den Zugang mittels [alder Schlüssel. Ein russischer Doktor von

etscheslaw, der hier studiert, der verheiratet ist und in Hermsdorf wohnt, hat in dieser Beziehung besonders wunderbare Erfahrungen machen müssen. Sogar an die Postbeamten hat man si heran- La um sich Einsicht in die Korrespondenz zu verschaffen. Dem

olz war eine Extrabelohnung von 500 4 versprochen worden, wenn er herausbekomme, wann Viotes Dr. von Wetscheslaw nah Rußland zurückehren würde, damit es dann gelinge, ihn an der Grenze fest- zunehmen. Der Obere der Agenten hat die Wohnung dieses Mannes dur einen Schlosser öffnen lassen, ist in die Wohnung eingebrochen und hat sie durchstöbert; leider sind auch Postbeamte s{chwach Frs gewesen, das Postgeheimnis zu verlegen. In einem alle ist ein Brief \chamloserweise eöffnet und dann wieder verschlossen worden; die Empfängerin bemerkte das, drohte mit Beschwerde, und der Beamte jammerte und flehte* dann, ihn nicht unglüdcklih zu machen, der Spigel habe fo pa auf ihn ein- geredet, bis er nahgab. Selbst in den s{chmachvollen Zeiten nah den Karlsbader Beschlüssen hat die damalige preußische Regierung mehr Stolz und Festigkeit gegen die Forderungen kolaus? I. be- wiesen, als heute. Sie lehnte damals die von Rußland verlangte Grenzbewachung unter Mitwirkung russisher Beamten als mit der nationalen Würde unvereinbar ab. Heute werden rufssishe Untertanen einfah auf Verlangen ausgeliefert; heute werden sogar Reichs- angehörige, die ble Schriften in Empfang nehmen und weiter be- fördern, wegen Geheimbündelei in Unterindung und Haft genommen. Wir sind allerdings zu einer ershreckenden Rufsifizierung gekommen. Unsere Universitätsbehörden lafsen sich mißbrauchen gegenüber tem Zarismus; erst wenn die politishe Polizei M hat, daß über einen rusfischen Studenten nichts Nachteiliges bekannt geworden ist, dann erst wird er zur Immatrikulation zugelassen. Man follte meinen, daß die Universitätslehrer Verständnis haben für den hoch- fliegenden Idealismus der studierenden russishen Jugend. Aber auf die Universitätsbehörden stügt sh die Macht des rufsishen Regi- ments, das wir jet bei uns in Deutschland haben. Es werden einfa die Nussen, die im Vertrauen auf das Gastreht hierher ge- kommen find, wie Verbreher behandelt. Ich glaube, jeder dme von uns în O Hause, ganz gleich, welcher Partei er angehört, verurteilt etn solhes Verfahren als unerhört. Alle bei den Haus- \uhungen gefundenen Sachen, felbst Adressen von irgend welchen Russen, werden von den deutshen Behörden den euffisen über- mittelt. Sollte man es für möglich halten, daß die deutschen Behörden solche Liebesdienste den Russen leisten? Dié russishen Studenten find jeßt gezwungen, ihre Studien fortzuseyen in einem wirklichen Kultur- lande, das fich nicht von Rußland überwachen läßt, Die moralische Pflicht unserer Ee eruoA der Negierung eines Kulturlandes, eines sogenannten Nechtsstaats ist es, alle zu dulden, die sich nicht gegen die Gesetze unseres Staats vergehen, die nicht irgendwie unsere Geseye verlegt haben. Wer der russishen Regierung unbequem ist, der ift jeßt bei uns „ein lästiger Ausländer“. Ausgeliefert werden die Nussen bei uns, ohne daß die Garantien des Ausliefes rungsverfahrens geboten werden. In letzter Zeit ist es woleder- holt vorgekommen, daß man Leute, namentlich in Thorn, die weiterreisen wollten, zwangsweise nah Nußland zurlickgebracht hat. Deutschland, glaube ih, hätte allen Anlaß, Gastfreundschaft zu lben, Die Russen, die unsere Gastfreundschaft in Anspruch nehmen, sind ge- wiß nicht Männer, die einfach Anarchisten im Sinne unserer Polszel- beamten sind. Es sollte unsere Reichsregierung doch ganz besonders lernen aus den Erfahrungen, die andere Länder mit diesem russishen Polizel- wesen machen. Jch glaube, man sollte nicht warten, bls bie russischen Polizeispißel, die sich hierin Deutschland niedergelassen haben, noch dreisler geworden sind. Es ist nicht dabei geblieben, daß man Lreu und Glauben verlegt, daß man versucht, die Studenten, bie nicht liber reilihe Mittel verfügen, zu bestehen, damit fie zu Verrätern an ihren eigenen Studiengenossen werden. Ich kann einen all an- führen, wo ein Spiyel provoziert, und einen Fall, wo der Splhel ein Verbrechen selbst verübt hat. Als man ihn entlarven wollte, ha verduftete er auf Nimmerwtedersehen, aber ih glaube, baß sich in

D herlan

j yeitere

h egen

s Königsberger Geheimbundprozesses Spuren von ihm x tien Lin andert E hat eine Postvollmaht gefälscht, e unserem Kollegen Herbert seine Postsachen niht aus- i fert würden, da er sie angebli abholen wollte. Unsere L hsregierung muß vor zwet Jahren, als der Etat des Auswärtigen (18 gur Beratung stand, der Meinung gewesen sein, daß das auf E n Fall gestattet werden darf. Der Staatssekretär von Richthofen [t pamals wenigstens eine folhe Erklärung abgegeben. Auffallend ist ; daß man deutsche Staatsangehörige, die an einem Geheimbund in // Schweiz beteiligt sein sollten, zehn Wochen und noch länger in tersuchungshaft hielt, lediglih wegen der Kollusionsgefahr. Es ist L unerfindlih, wo bier eine Kollufionêgefahr vorliegen sollte. Das ns desgericht in Königsberg hat aber einfa erklärt, daß nach der tur der in Betracht kommenden Straftat die Kollusionsgefahr ohne , s als vorliegend zu erahten sei. Diese Personen sollten sische Schriften geheim gehalten haben; vor wem denn? do ¡ht vor der Netchsregierung, sondern vor der russischen Regierung. Nan hat gegen einzelne dieser Personen auch noch ein Verfahren eins ‘[eitet wegen Beihilfe zum Hochverrat gegen das russishe Reich und Beleidigung des Zaren, deren fe ih dur die rwähnten Druckschriften |{uldig gemaht haben sollten, deyen Fnhalt ihnen nit einmal bekannt war. Hier hat man die ussische Regierung veranlaßt, einen Strafantrag zu stellen. Die ngeshuldigten haben das begreifliche Verlangen gehabt, daß man hnen den Inhalt der Druckschriften, wegen deren cine fo schwere An-

en.

lage gegen sie erhoben wurde, in der Ueberseßung vorliest, doch hat

an ihnen bis jegt noch nit den Inhalt dieser angebli ver- \recherishen Schriften mitgeteilt. Nach der Persönlichkeit desjenigen, hon dem die Drukschriften erwartet wurden, dem die Angeschuldigten versprochen hatten, fle in Empfang zu nehmen, ist es einfa aus- heshlossen, daß irgendwelche Drucksachen hochverräterishen Inhalts hbgesandt sein können, Der betreffende russische junge Mann ist ein Gegner des Anarchismus, des Terrorismus und der Propaganda der Ent, Will unsere Regierung der russischen Regierung weiter Scergen- dienste leisten? An der Spitze der Reichsregierung steht ein Mann, er sich auf Kant zu beziehen pflegt, und doch läßt er es zu, daß man Freiheitsliebende Männer, Mädchea und Frauen dem Auslande aus- liefert. Hier helfen niht Redensarten, sondern hier muß dafür ge: orgt werden, daß auf unsere Kulturwürde und auf unsere Chre in Schandfleck fällt. Hier hilft kein Mundspigen, hier muß gepfifffen verden.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von

M ichthofen:

J entsprehe dem leßten Wunsche des Herrn Vorredners durch Beantwortung der Interpellation. Die Interpellation enthält eine

EReihe von Fragen.

Auf die erste Frage habe ich folgendes zu erklären. Dem Reichskanzler ist bekannt, daß ein zur hiesigen russishen Botschaft gehöriger russischer Beamter von seiner Regierung damit betraut {st, das Tun -und Treiben russischer Anarchisten (hört, hört! bei den Sozialdemokraten), die sich in Deutschland aufhalten, zu beobahten und die russishe Regierung darüber fortlaufend zu unterrichten. Dem Reichskanzler ijt dagegen nihts bekannt geworden, woraus hervorgehen könnte, daß der russische Beamte seine Tätigkeit auch auf NReichsangehörige erftreckt. Dem Reichskanzler ist niht bekannt, daß dieser Beamte oder von ihm zur Hilfe herangezogene Personen in Deutshland Verbrechen verübt oder versuht hätten, andere Personen zur Begehung von Verbrechen zu bestimmenn.

Die zweite Frage lautet: Las gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um diesen Zustand zu beseitigen ? Darauf babe ih zu er-

[widern: Eine Beseitigung des bestehenden Zustandes erscheint dem

Reichskanzler niht angezeigt (hört, hört! nd lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten), da es auch im Interesse des Neichs liegt, wenn das Treiben fremder Anarchisten in Deutschland durch Organe ihres heimatstaates beobachtet wird, soweit dies ohne Ausübung eines fentlichen Amtes geschehen kann.

Die Beantwortung der ferneren Frage, wie es kommt, daß in Königsberg gegen Reichsangehörige wegen angeblicher Beibilfe zum Hohverrat gegen das russische Reih und zur Beleidigung des russischen Kaisers ein Verfahren eingeleitet worden ist, bevor der die Strafbarkeit bedingende Strafantrag der russishen Regierung vorlag, gehört an { zur Zuständigkeit der preußischen Justizverwaltung. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Für das Reich liegt zur Zeit keine Veran- lassung vor, dieser Frage näher zu treten, weil {on deren Fassung in der Interpellation kein Vorkommen einer Unregelmäßigkeit bei Ausführung eines Reichsgesetes erkennen läßt. Denn nah § 130 der Strafprozeßordnung kann wegen Verdachts einer strafbaren Handlung, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, auch bevor der Strafantrag gestellt ist, ein Haftbefehl erlassen, selbstverständlich also ein Verfahren eingeleitet werden.

Die leyte Frage geht dahin: Auf wessen Veranlassung und auf

} welhem Wege ist die russishe Regierung zur Stellung des Straf-

(trags véranlaßt worden ?

Die Antwort, die ih hierauf zu geben habe, lautet:

Nachdem in dem in Königsberg eingeleiteten Verfahren ein

Haftbefehl erlassen worden war, ist, der Vorschrift des F 130 der Strafprozeßordnung entsprehend, die Kaiserlich russische Regierung auf Veranlassung der Königlich preußischen Justizverwaltung durch das Auswärtige Amt auf diplomatishem Wege von dem Erlaffe des Haftbefehls in Kenntnis geseßt worden. Die Kaiserlich russische Regierung - (Lebhafte Zurufe von den Sozialdemokraten.) Meine Herren, die preußische Regierung tut lediglih, was ihre geseßliche Pflicht ift. (Viederholte Zurufe bei den Sozialdemokraten, Glocke des Prä- sidenten.) An dieser geseßlihen Pflicht können einige Zurufe der Herren Abgeordneten nichts ändern. (Zuruf von den Sozial- demokraten.)

Wenn Sie erlauben, werde ich fortfahren.

Die Kaiserlich russishe Negierung hat darauf durch ihre biesige Botschaft den Strafantrag auf Grund der 102 und 103 des Strafgesepbuchs gestellt. Dieser Strafantrag ist von dem Aug« wärtigen Amt dem Königlich preußischen Herrn Justizminister ütber« mittelt worden,

Soweit die Beantwortung der Interpellation!

Die lebhasten Ausführungen des Herrn Jnterpellanten geben mir Veranlassung, noch) einiges hinzuzufügen.

Die erste Frage, die hier gestellt war, war la an und für A gegenftandälos, denn der Herr Interpellant hat ja selbst ange}ührt, daß, wie hier im Vorjahre erklärt worden, ein russischer Beamter nit diesen Aufträgen in Berlin betraut ist. Jch habe das damals dier vor dem hohen Hause selbst erklärt und habe hinzuge/ügt, was d für wesentli halte, hler nohmal zu verlesen, nämlich

Fn Paris befindet \{ zu gleichem Zweck eln Buxeau uit einem russischen Beamten au der Gplhye, natürlich mit Kenntnis dex französischen Neglerung, und erst vor l'urzem wurde in der itallenischeu

Deputiertenkammer davon gesprohen, daß sich ein italienischer Polízeibcamter zu ähnlihen Ueberwachungszwecken in London befinde. Es ist das bei dem gemeinsamen Interesse, das sämtliche Regie- rungen gegenüber dem Anarhismus haben, etwas ganz Selbst- verständliches. :

Nach den Ausführungen des ‘Herrn Vorredners scheint ja auch die Schweiz sich dieser Ansicht anzuschließen.

Meine Herren, ein Eingreifen des Reichs in dieser Frage, welche die Behandlung von Ausländern innerhalb der Einzelstaaten des Neichsgebietes betrifft, kann ja nur aus drei Veranlassungen geschehen.

Die erste wäre die, daß cin Antrag oder eine Beschwerde des Vertreters der betreffenden Macht vorliegt. Der Herr Abgeordnete für Köntasberg kann jedenfalls nicht als der legitimierte Vertreter von Nussen, die in Deutshland wohnen, angesehen werden. Zuständig wäre ledigli die Kaiserlih russishe Botschaft in Berlin. Sie werden es verstehen, daß von der russishen Botschaft Anträge in diefer Richtung nicht vorliegen. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Der zweite Grund für ein Eingreifen von Reichs wegen wäre der Fall einer Verlegung eines unserer Staatsverträge. Eine solche Ver- leßung is aber von dem Herrn Interpellanten in kéiner Weise be- hauptet worden. Der dritte Fall, in dem eine Einmischung des Reichs in die einzelstaatlihen Verhältnisse bei der Behandlung von Ausländern an ih möglich wäre, würde sein, wenn eine Verleßung eines NReichsgesetzes konstatiert werden sfollte. ie sozialdemokratishe Presse befaßt ih ja ausgiebig mit den Leiden und Beschwerden russischer Nevolutionäre und fremder Anarchisten (Widerspruch bei den Sozialdemokraten), und wir haben zudem heute von Einzelfällen ge- hört. Es sind aber zunähft nur Behauptungen, die erst nah bewiesen werben müssen. So würde einem Reichsgeseße, z. B. die vom Vor- redner, wie vorher {hon vom „Vorwärts“, behauptete Tatsache zu- widerlaufen, daß in der Wohnung eines Dr. von Wetscheslaw in Hermtdorf (Zuruf von den Sozialdemokraten) dur einen von russishen Agenten angenommenen Schlosser ein Schloß erbrochen worden wäre und eine Art von Hausfuhung stattgefunden hätte. Dieser Fall erregte natürlih unsere Aufmerksamkeit, und die preußischen Herren Minister der Justiz und des Innern haben Ermittelungen an- gestellt, aus denen hervorgeht, daß bei der Staatsanwaltschaft, die in Frage kommt, irgend welche Strafanzeige nicht vorlag und nicht vorliegen konnte. E wurden nämlich die Frau des Arztes Wetscheslaw und ferner sämtliche Schlosser in Hermsdorf befragt, ob ibnen etwas von dem angeblihen Einbruch in der Wohnung bekannt sei. Sämtliche Personen haben erklärt, daß sie gar nichts wüßten. (Hört, Hört! rechts.) y

Das ist der einzige Fall, den wir haben untersuhen können. Wenn alle Fälle ähnli liegen, so würde der größte Teil der gehörten Ausführungen hinfällig sein.

Der Herr Vorredner hat noch vorgebracht, daß eine Summe von 500 A an irgend jemand gezahlt worden wäre. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) Die Wahrheit desen wird erft noch festzustellen sein. Ebenso ist von BesteGungen von Postbeamten die Rede gewesen. Au davon ist mir bisher nicht das geringste bekannt. Ich darf vielleiht anheimgeben, diese Fälle beim Postetat wieder zur Sprache zu bringen.

Sehr ausführlich hat der Herr Vorredner den Königsberger Prozeß behandelt. Da er nah feiner Angabe als Verteidiger in dem Prozeß bestellt if, so hat er uns hier wohl einen Teil feiner Ver- teidigungsrede gehalten. An \ich gehört der ganze Prozeß niht vor

dieses Forum. Der Prozeß ist in der Schwebe, die Sache unterliegt |

den Königlich preußishen Gerichten, und es wird fich erst dann weiter darüber sprechen lassen, wenn der Prozeß beendet ist und seine Er- gebnisse vorliegen.

Der Herr Vorredner hat dann bemerkt, daß wir lediglich aus

Gefälligkeit gegen Rußland es is der Ausdruck „Liebedienerei“

gefallen gehandelt hätten. Ich erkläre bereitwillig, daß wir

revolutionären Untertanen des befreundeten Nachbarstaates in keiner |

Weise Vorschub zu leisten gewillt sind. Wir haben keinen Grund, für fanatishe Gegner der bestehenden Recht8ordnung Nachbarstaat irgend eine Teilnahme übrigen ist es nicht das Interesse von Rußland allein, sondern es ist das gemeinshaftlichße Interesse aller zivilifierten Staaten, gegen revolutionäre und anarhistische Umtriebe (Widerspruch von den Sozialdemokraten) vorzugehen. Erst dieser Tage wieder ist in Mai- land ein anarchistisGes VerbreWen vorgekommen, ein Kapitän wurde im TkLeater beinabe getôtet warum?

Glacóhandshuhen angefaßt werden. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) Ich glaube, daß es unsere Pflicht ift, mit allem Nachdruck das zu

rets.)

Endlich die Frage der Au3weisungen. Die Au9weisungen sind, wie Sie wissen, Sache der Einzelstaaten; also an fih haben wir da nicht dreinzureden. Jh möthte aber kurz darüber sprechen, weil auch wir damit befaßt worden sind. Es ist niht mögli, Anarchisten anderswohin als an die russishe Grenze zu bringen. Glauben Sie, daß es einem dritten Nachbarstaat Vergnügen macht, uns ausgewiesene Anarchisten abzunehmen? Nu Herren, was Du niht willst, das man Dir tu, das füg au keinem andern zu! Wir lehuen die Zuschiebung folcher Ausgewiesenen an uns auf das entshiedenste ab, und knnen es den Nachbarstaaten daber nicht verdenken, wenn sie das gleihe tun. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) Eine Auslieferung ist es {hon deshalb nicht, weil kein Antrag der russis@en Regierung vorliegt. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) E83 ist unser eigenes Interesse. (Glocke des Präsidenten.) Jn einer so gewichtigen Frage, wie der Anarchistenfrage (Widersprud dei den Sozialdemokraten), ist irgend wele Sentimentalität von unjerer Seite nicht am Plage. Wir fassen die Leute an, wo fie uns un- bequem werden, und werden fie über die Grenze dringen, die wir für die ridhtigste balten. (Heiterkeit links.) Wollen fie das nicht, dann inögen sie i rubig verhalten; wir zwingen ste nicht, und kein Mensch zwingt sie, Auarchisten zu fein. Wollen fie das ader kei, dann mögen sie au die Konsequenzen ihrer Handlungen tragen (Sedr riddtig! rets.) Es ist sehr bequem, wenn die Herren sich hier dei uns aufhalten wo es ibuen besser gebt als in ihrex russischen Heimat, und fle wos mdglid noch die Krone politiser Märtyrer erlangen. DGDies zu fördern, baben wir keinen Anlaß, und diele Herren und, wie der Herx Vorredner gesagt dat, Damen icd glaude, die Damen find logax

i | die wir hier wegweisen, bringer in diesem | j zu bekunden. Aber im | L | Sibiriens oder in dem Kerker der P

| In einem Stuitgarter Verlage ift ein

| Jahre in Sibirien*. Jh empfehle den Ver | tief ist auch nah |

Ï } D T - » e » - | funken! Da lesen Sie einmal, was î t

Weil er Soldat war! Sie | können nit verlangen, daß folWe gemeingefährlihen Individuen mit | | vertreten pflegt, | | behörden fpieler E 2 L A | lide Nolle. fördern, was der Herr Vorredner perhborresziert: engste Füblung unter | Persönlichkeiten den Polizeibehörden der verschiedenen Nachbarstaaten. (Sehr richtig! | bezieht, wie

| Beamten, mi

| Darmstadt, in Müncher

russische | : | eine deutsche Bet

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1, meine ! f ¡ Amis

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sehr stark vertreten, und zuweilen in freier Liebe. (Stürmische Zurufe bei den Sozialdemokraten; Glocke des Präsidenten.)

Der Herr Vorredner hat gesagt, diese Leute kämen hierher im Vertrauen auf das Gastrecht und die Gastfreundschaft, die sie hier finden würden. Dieses Vertrauen follen sie lieber nicht haben. Das Vertrauen auf das Gastrecht können nur folche Personen haben, die willkommen sind. Solche Nevolutionäre aber sind gänzli unwill- kommen. (Sehr richtig! rechts.) Je eher sie den deutschen Boden verlassen, desto erwünschter ift es.

Kommen wir zum Schluß. Es ist ja wohl wahrsceinlih, daß an diese Interpellation eine Besprechung geknüpft wird. Ich habe ja \chon gelesen in einer demokratischen Zeitung, es würde bei dieser Interpellation Fraktur gesprochen werden, und zwar mit dem Herrn Minister des Innern. Etwas von der Fraktur haben wir ja {hon gehört. Da habe ich “nun gelesen, was das Schicksal der Be- sprehung sein wird. Die „Berliner Zeitung“ schreibt :

Wie \ih die Majorität des Reichstags gegenüber der sozial-. demokratishen Interpellation wegen der russischen Polizeispizel verhalten wird, darauf brauht man wirklich niht gespannt zu sein. Es werden da im besten Falle einige mehr oder weniger s{öône Reden gehalten werden. Auf den Gedanken aber, daß der Reichstag einstimmig einen Antrag auf Untersuhung des Gebarens der politishen Polizei annehmen wird, wird wohl niemand kommen. Denn wir leben in Preußen- Deutschland.

Ja, meine Herren, wenn es \sich in Preußen - Deutschland fo \{lecht leben läßt, warum kommen denn ausländische Anarchisten über unsere Grenzen? Wir anderen aber freuen uns, in Preußen - Deutschland zu leben. Ich bin viel im Auslande gewesen und fann Fhnen fagen: Ich lebe nirgend lieber als in Preußen - Deutschland. (Bravo! rets.)

Auf Antrag des Abg. Singer (Soz.) beschließt das Haus gegen die Stimmen der Rechten die Besprechung der Interpellation.

Abg. Bebel (Soz.): Der Staatssekretär hat einen Artikel aus der „Berliner Zeitung“ verlesen über das Schicksal der heutigen Interpellation. Welches Schisal eine Interpellation in diesem Hause hat, weiß jedermann. Die Beantwortung der íInterpellation findet in einer Debatte statt. Ein praktishes Resultat kann infofern nicht erwartet werden, als wir nicht in der Lage find, in einer Interpellation einen Antrag zu stellen. Das können wir aber noch tun bei Gelegen- heit der Etatsbesprehung. Bei der Schnelligkeit der Nede des Staats- \sekretärs war ich beim besten Willen nicht imstande, ibm in allen Einzelheiten zu folgen. Er hat gesagt, die verschiedenen Regierungen seien übereingekommen, fi bei der Bekimbvfung von Anarchisten zu helfen. Aber bei den zur Begründung der Interpellation angeführten Fällen hat ‘es ih nicht um einen einzigen Anarchisten gehandelt. Ob man überhaupt so in Baush und Bogen über die Anarchiiten urteilen darf, cheint mir sehr fragliG. Wenn Sie z. B. die Tätigkeit unferer Anarchisten in Deutschland betraten, werden Sie finden, daß das gußer- ordentlih barmlose Leute sind; und von diesen paar Leutchen, die gar feinen Anhang haben, wird so viel Aufhebens gemacht! Ein guter Kenner der russishen Verhältnisse hat mir versichert, daß es in Rußland über- haupt nit das gäbe, was wir in Deutschland unter Anarchisten ver- stehen. Der Graf Leo Tolstoi ist ein solher Vertreter des Anarchismus. Und bei uns war der Oberstleutnant von Egidy ih habe ihn selbst in einer Versammlung gehört in feinen Anschauungen in bezug auf den Staat durchaus ein Anarchist. Auch Dr. vou MWetscheslaw if vom Staatssekretär als Anarchist bezeichnet. Derselbe ift vom Landrat aufgefordert worden, als läftiger Auëländer spätestens am 6. Januar 1904 das preußische Staatëgebiet zu verlaffen. Er konnte deshalb in Preußen gar niht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Daß der Dr. von Wetscheëlaw kein Anarchift ist, wird aus- drücklich bewiesen durch einen Erlaß des rusfischen Generalkonfuls. Durch die Ausweisung hat ih also die deutshe Regierung blamiert.

Präsident Graf von Ballestrem: Herr Abg. Bebel, Sie dürfen nit sagen, daß die deutshe Regierung fich blamiert hat, das ist hier im Reichstage unzulässig. Wenn Sie es wiederholen, würde ih Sie zur Ordnung rufen müßen.

Abg. Bebel fortfahrend: Wird unter solchen Staatsfefretär überhaupt noch den Mut Anarchisten zu \prehen? Der Staatssekretär ist es handelte fh in feinem dieser Fälle um Anarchisten. die ungeheuerlihe Provozierung des, Staatssekretärs:

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