1904 / 23 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 27 Jan 1904 18:00:01 GMT) scan diff

wir müssen, nahdem wir einmal A gesagt, au B sagen und die Aus- stellung in einer Deutschlands würdigen Weise durchführen. An und für sich kann ich Ihnen versichern, daß Ausstellungen und Kongresse keine besonders angenehme Zugabe meines Amtes sind, namentlich wenn Ausstellungen und Kongresse sich in dieser Weise häufen, wie es jeßt geschieht, aber hier in St. Louis sind wir festgelegt, auch andere Staaten beteiligen \sich dort, und wir müssen, wenn wir einmal eine Ausstellung machen die erste Nate is bewilligt, der Reichstag hat sich grundsäßglih mit der Beschikung der Ausstellung in St. Louis einverstanden erklärt —, die Ausstellung so gestalten, daß sie Deutschland zur Ehre gereiht. Sehr interessant waren mir die Ausführungen des Herrn Abg. Mugdan auf sozialpolitishem Gebiet. Diese bewiesen wieder einmal, daß ein Lot Erfahrungen mehr wert ist als ein ganzes Pfund Theorien. (Sehr richtig!) Er sprach aus dem Leben, und das hört man jedem Redner sofort an. Der Herr Abgeordnete hat den Gedanken erörtert, den wir au im Neichsamt des Innern schon wiederholt erwogen haben, die Invalidenversicherung mit der Krankenversiherung zu verbinden. Es sind ja auch jeßt bei der prophylaktischen Fürsorge der Invalidenverficherungs- anstalten diese beiden Gebiete so eng verwachsen, daß es eigentlich der natürlihe Weg wäre, diese beiden großen Versicherungs8zweige zu verbinden. Aber in einer Beziehung weihe ih von dem Herrn Ab- geordneten ab: will er diesen Weg gehen, so bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als auch meinem Wege zu folgen, einen besonderen Unterbau zu hafen, denn das is ganz unmöglih, einer solch ge- waltigen Organisation wie den Invalidenversicherungsanstalten noch die Aufgabe der Krankenversiherung aufzuerlegen, ohne daß diese Neu- bildung sich auf einen jelbständigen örtlihen Unterbau stügt. Dabei möge mir ein Wort über die Frage der Selbstverwaltung gestattet | sein, da der Herr Abgeordnete einige tadelnde Bemerkungen gegen die | Selbstverwaltung gerichtet hat. In gewisser Beziehung kann ih ihm | beistimmen. Das klassische Land der Selbstverwaltung ist ja England. Solange die Verhältnisse auch in England noh wesentlih einfachere

wenn die Nachprüfung der gesamten Bestimmungen über die Sonntags- ruhe beendet ist.

Was die Verordnung über die Ziegeleien betrifft, so glaube ih gern, daß in den kleineren Ziegeleien noch die hier angeführten Miß- stände zum Teil vorhanden sind. Es ist eine Reihe von Polizei- verordnungen, soviel ich weiß, in Preußen ergangen, um namentli die Nachteile auf dem Gebiete ‘tes Wohnungswesens zu bekämpfen ; aber dur gerihtliches Erkenntnis sollen diese Verordnungen aufge- hoben sein als nit innerhalb der geseßlihen Befugnisse der Polizei- behörden liegend. Jn Preußen bereitet man ein allgemeines Wohnungs- gesey vor, und dabei wird man vielleicht auch diefer Frage ciniger- maßen beikommen können.

Was die Fortseßung der Arbeiten bezüglich des hygienischen Normalarbeitstages betrifft, so liegen dem Statistishen Amt die Erhebungen über die Arbeitszeit im Fleischereigewerbe, im Binnen- \{hiffahrts- und im Fuhrwerksbetriebe vor. Wenn diese Arbeiten beendet sind, so kann man den hygienishen Normalarbeitstag zum Gegenstand der Prüfung in anderen Gewerben machen.

Der Herr Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim hat den Wunsch ausgesxrohen, daß man auf Grund des Artikels 4 der Reichsverfassung die Schlichtung des Crimmitschauer Streiks von Reihs wegen hätte in die Hand nehmen sollen. Jch glaube, da gibt der verehrte Herr Abgeordnete dem Art. 4 der Reichs- verfassung doch eine Auslegung, die weder bei seinem Erlaß beab- sichtigt is, noch von den Bundesregierungen als zulässig anerkannt werden würte. (Sehr rihtig!) Allerdings steht in diesem Art. 4, daß dem Reich die Aufsicht über die Gewerbeverhältnisse zusteht. Dabei ist aber dcch nur daran gedacht, daß der Bundesrat allgemein die Gewerbe- verhältnisse zum Gegenstand seiner Beobachtungen machen soll als Grundlage für die Geseßgebung. Den Sinn kann aber jene Bestim- mung nicht haben, daß etwa der Reichskanzler bei jedem lokalen Streik, der ausbriht, sofort seinerseits die Sache in die Hand nehmen und nun als eine vermittelnde und entscheidende Instanz eingreifen solle.

waren, solange nicht die großen Aufgaben zu lösen waren, welche das moderne Leben und die moderne industrielle Entwickelung der Verwaltung | stellen, wirkte meines Erachtens in England die Selbstverwaltung | ganz ausgezeihnet; aber ih habe den Eindruck, daß bei den jeßigen immer verwickelter werdenden politishen und wirtschaftlihen Ver-

Das würde nah der Organisation der Reichsbeß,örden erstens ganz unmöglih sein, und dann würden die Einzelstaaten ein solches Vor- gehen, meines Erachtens mit dem vollsten Recht, als einen Eingriff in ihre souveräne Herrschaft betraten. (Sehr richtig!)

hältnissen auch in England für eine Reihe von Aufgaben die alte | Selbstverwaltung niht mehr genügen fann. So habe ich au von | Deutschland den Eindruck, daß wir vielfah den Grundsay der Selbst- | verwaltung gegenüber der berufêsmäßigen Venwaltung übertrieben | haben. Die Selbstverwaltung ist sehr ausgezeichnet, wenn ftets aus- | reidjende Auswahl von Männern vorhanden ist, die praktisches Ver- | ständnis haben und sich ihrer Aufgabe gründlich widmen können; | sobald aber irgendwo diese Voraussetzung fehlt, da versagt die Selbst- verwaltung häufig vollkommen. Ich wollte bei dem leßten Invaliden- versicerungsgeseß in der Ausbildung der Nentenstellen viel weiter gehen, weil ih die praktische Erfahrung gewonnen habe, daß die | allgemeinen Staatsbehörden wegen Geschäftsüberlastung in einer großen Zahl von Fällen diesen fozialpolitischen Aufgaben nicht mehr aus- reiheitd gere{Wt werden und die sozialpolitishen Fragen niht mehr fo vertiefen können, wie es durchaus nötig ist, namentlich um der Ge- fahr vorzubeugen, daß niht unberehtigte Ansprüche anerkannt werden. Der Reichstag ging aber nicht so weit wie die Vorschläge der ver- bündeten Regierungen. Aber daß wir damals recht hatten, ergab fich beute mit Sicherheit aus den Aeußerungen des Herrn Abg. Mugdan, der ausführte, wie die Anhörung der Aerzte bei den Rentenfeststellungen in der Lokalinstanz geübt wird. Aus seinen Ausführungen ging hervor, daß der wichtigste Abschnitt der Nentenfestseßung, die Begutachtung in der Lokalinstanz, vielfah mechanisch gehandhabt wird. Und dies ist ein Fehler, vor allem ein Fehler für die finanzielle Lage der Invalidenversicherungsanstalten. Dabei entsteht die Gefahr einerseits, daß Renten festgesezt werden, die unverdient sind, oder vielleiht auch die Gefahr, daß jemand eine Rente niht bekommt, der sie geseßlih beanspruchen kann. Es war mir auch fehr klar bei Verabschiedung der | leßten Novelle zum Jnvalidenyersicherungsgeseß, daß die Bildung des Verhältnisses zwischen den Invalidenversiherungsanstalten und den vom Staat ernannten Vorsißenden der Schiedsgerichte keine ideale war, und daß es ein hohes Maß von Selbstbes{hränkung und dienstlichem Takt erfordern würde, wenn dieses Verhältnis ohne Reibung vor fich gehen follte. Aber, wer am Wege baut, hat viele Meister, und das mußte ih vor allen Dingen erfahren. Man : ist froh, nah der Einigung zwischen den Reichsbehörden und im Bundesrat, gegenüber dem Reicstag mit | seinen langwierigen Erörterungen in Plenum und Kommission über | jeden Gesezentwurf, überhaupt etwas Nüßliches zustande zu bringen ; | und ich war der Ueberzeugung, daß die örtlichen Schiedsgerichte gegen- |

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über den bisherigen zersplitterten kleinen Schied8gerihten ein so | wesentliher sozialpolitischer Fortschritt seien, daß ich mir innerlih | sagte: man muß es einmal versuchen, wie dieses shwierige dienstliche | NBerbältnis zwishen IFnvalidenversicherungsanstalt und Schied8gericht8- | vorsißenden wirkt; geht die Sache nit, so muß man der ganzen | Einrichtung eben eine festere hierarhishe Form geben. |

Was die Berichte der Gewerbeaufsid)tsbeamten anbetrifft, so bin | ih nicht s{uldig daran, daß sie so spät in die Hände der Herren ge- | langt sind. Seitens des Reichsamts des Innern sind diese Berichte {hon im September v. I. an das Bureau des Reichstags abgeliefert, aber der Herr Bureaudirektor konnte wahrscheinlich mit diesen Berichten | nihts machen, weil zum Teil noc der Adressat fehlte, d. h. die Meldung der neuen Abgeordneten, welche die Berichte zu haben wünschten. Der | Anregung will ich gerne Folge geben oder sie wenigstens erwägen, ob man die Verordnungen, die von Neihs wegen zum Schuß der | Arbeiter ergehen, in den Berichten wiedergiebt; aber all die Ver- | ordnungen in die Berichte aufzunehmcn, die in den Einzelstaaten er- } lassen sind, das halte ih für unausführbar. Die Ausgabe der Be- | rihte der Gewerbeaufsihtsbeamten würde dann einen zu großen | Umfang annehmen. Ich gebe zu, daß die Anzahl der Gewerbe- | aussihtêbeamten au bis heute noch nicht ausreichend ist; aber | es ist ganz außerordentlich \{chwierig, alle vorhandenen Stellen zu beseßen. Wir haben z. B. in Preußen gegenwärtig eine Anzahl von Vakanzen.

Was die Ausnahmen von der Sonntagsruhe in den Molkereien betrifft, so habe ich bereits in der vorigen Tagung des Reichstags erklärt, daß die Bestimmungen über die Sonntagsruhe einer all- gemeinen Nachprüfung unterworfen werden sollen, und dabei werden | die hier angeregten Fragen auch zur Erörterung gelangen. Die bis- herige Verordnung über die Sonntagsruhe in Molkereien ist über- haupt nit befristet; eine Aenderung wird gegebenenfalls eintreten, '

| \hiedsgerihtsverfahren, wie Herr Freiherr von Heyl ganz richtig

| Daraus folgt von selbst, daß ein solhes schiedsgerihtliches Ver-

| Fabrik zu erfüllen, unter Umständen auch höhere Akkord\säte zu zahlen,

Meine Herren, es ist mir oder vielmehr dem Bundesrat der Vorwurf gemacht worden, wir hätten in ungeseßliher Weise den Kindershußz benachteiligt dadurch, daß wir das dem Gese über Kindershuß angefügte Verzeichnis über die Werkstätten, in denen Kinder nit beschäf1igt werden sollen, in peius geändert hätten, und das sei nicht zulässig. Ih möchte mir gestatten zu-bemerken, daß nach der klaren Entstehungsgeschihte des Gesetzes diese Auffassung geseßlich und sahlich eine nicht zutreffende ist. Es heißt in dem Bericht der 19. Kommission über den Entwurf des Kinderschußgesetzes es ist die Reichstagsdrucksahe Nr. 807 11. Sefsion. 1900/1903 auf Seite 14, unter der Randbemerkung: „Abänderung des Verzeichnisses“ folgendermaßen :

Bon derselben Seite (d. h. von einem der sozialdemokratischen Partei angehörenden Mitgliede) wurden Bedenken geäußert gegen die Bestimmungen im zweiten Absaß des § 4, daß der Bundesrat ermächtigt werden solle, das Verzeichnis abzuändern. Es könne mit diesem Worte auch eine Einschränkung der verbotenen Beschäftigungen begründet werden ; es liege das aber nicht in der Absicht der Kom- mission, deshalb möge man statt des Wortes „abzuändern* das Wort „ergänzen“ setzen.

Hiernah war man also über die Bedeutung der Bestimmung völlig flar. Der Bericht fährt dann fort:

Ein Negierungévertreter erklärte sich gegen den letzteren Antrag, weil, wie sih hon aus der auf Seite 34 abgedruckten Eingabe der Handelskammer zu Villingen ergebe, eine Abänderung des Ver- zeichnisses erforderlich werden könnte. Voraussichtlich werde sich beispielsweise das Zusammenseßen und Sortieren von Uhrenbestand- teilen, das Stiftestecken 2c. als unbedenklich bezeihnen lassen; fofern also darin eine Be- und Verarbeitung von Kupferlegierungen 2c,, wobei die Kinderbeshäftigung im allgemeinen ausgeschlossen sein sollte, erblickt werden könne, werde diefe Beschäftigung in Abände- rung des Verzeichnisses wohl zugelassen werden müssen.

Die Kommission trat demnächst den Ausführungen des NRegierungs- vertreters bei, indem sie die fraglihe Bestimmung aufrecht erhielt, und dementsprehend ist au jeßt vom Bundesrat beschlossen worden. Es handelt sich um cine Beschäftigung bei der Herstellung von Uhren, die für die Kinder vollkommen ungefährlich ist. Diese Auslegung, die heute Gegenstand der Erörterung gewesen ist, wäre au gar nicht aufrecht zu erhalten; denn die Industrie verändert sich in den ver- schiedenen Stadien ihrer Arbeit vollkommen, und was jeßt nah dem Verzeichnis unzulässig erscheint, kann morgen durch die Veränderung der ganzen Herstellungsweise wohl zulässig sein. Im allgemeinen wird der Bundesrat aber nicht geneigt sein, den Kinderschuß in irgend einer Richtung abzushwächen.

Noch eine Schlußbemerkung. Der Herr Abg. Freiherr von Heyl hat uns zur Schlichtung der Arbeiterkämpfe auf ein ähnlihes Ver- fahren hingewiesen, wie im Millerandschhen Geseßentwurf vorge- {lagen war. Jch bemerke zunächst ges{chichtlich zu dem Millerandschen Gesetzentwurf, daß derselbe sowohl seitens der Arbeitgeber wie der Arbeiter in Frankreich, man kann sagen, einen einstimmigen Wider- stand gefunden hat. (Hört, hört! rechts.) Denn der Millerandsche Gesetzentwurf geht von dem Gedanken aus, daß ein Zwangs-

anführte, einzuführen sci, und daß die Entscheidungen dieses Zwangsschiedsgerichtsverfahrens gegen beide Teile zu vollstrecken feien.

fahren den Arbeitgeber zwingen kann, gewisse Bedingungen in seiner

und daß er den Arbeiter zwingen kann, auch gegen setnen Willen die Arbeit fortzuseßen. Er kann dazu angehalten werden, eventuell, wie Herr Freiherr von Heyl ausführte, durch Gefängnisstrafen. Meine Herren, glauben Sie, daß dieses hohe Haus je eine persönlihe Phy- sfiognomie bekommen würde, derart, daß die Mehrheit einen solchen Gesetzentwurf genehmigen würde? (Zuruf rechts.) Dieser geseßliche Gedanke widerspriht meines Erachtens fo der deutschen Auffassung, dem deutschen Individualismus, daß ih nicht glaube, daß dafür jemals eine Mehrheit im Reichstage zu haben sein würde. Wir haben in Preußen bekanntlih ein Gese, wona landwirtschaftliche Dienstleute gezwungen werden können, die Arbeit bis zum vereinbarten Ablauf des Dienstvertrages fortzuseßen; in der Landwirtschaft stehen so dringende

legen, daß {ließlich die Ernte eines ganzen Gutes vernichtet werden und so unter Umständen unwiederbringlichher Schade entstehen könnte. Und wieviel Angriffen ist {hon dieses Gesep ausgeseßt gewesen? Also, daß si jemals im Reichstage für einen folhen Eingriff in die individuelle Freiheit des industriellen Arbeiters auf der einen Seite in die wirtschaftlihe Freiheit des Arbeitgebers auf der anderen Seite eine Mehrheit finden würde, halte ich für fehr unwahrscheinli, (Sehr richtig! rets.)

Es ist auch hervorgehoben, unter dem Fürsten von Bismarck sj viel \hneller auf sozialpolitishem Gebiet gearbeitet worden. Ich weiß am allerbesten, wie {wterig gerade die Arbeit auf sozialpolitishem Gebiete ift, wie s{chwierig cs ist, da eine Einigung aller gesetgebenden Stellen herbeizuführen. Aber ih muß doch fagen: troß dieser Schwierigkeiten ist, wenn Sie sich die Geseßsammlung der leßten zehn Jahre ansehen, eine große Anzahl sehr tiefgreifender fozialpolitischer Gesetze erlassen, und wenn Sie nur das Volumen unserer Geseßgebung betraten, so müssen Sie ferner zugestehen: dieses Volumen ift nit kleiner, sondern immer größer geworden und, wie ih gerehterweise anerkennen muß, häufig zum Schmerze vicler, die regiert werden. Jh glaube also, der Vorwurf kann uns nicht gemacht werden, daß wir niht schnell genug vorgehen. Wir stehen nicht ill, wir schreiten vors wärts. Aber über eine Masse fozialpolitisher Anträge, die auch vom hohen Hause angenommen sind, sind die Auffassungen der Bevölkerung no so geteilt, daß es unter Umständen ein wahrer Segen ist, wenn man die Meinungen sich abklären läßt. Denn ein Gesetzgeber hat die Aufgabe, sih plastisch klar zu machen, wie jede Geseßetbestimmung auf den wirkt, der sie s{ließlich zu befolgen hat. Gegenüber dieser Verpflichtung des Gesetzgebers is meines Erachtens eine überhastete Geseßgebung eine außerordentlihe Gefahr für unsere politische und unter Umständen auch für unsere wirtschaftlihe Entwickelung.

Abg. Gamp (Np.): Der Auffassung des Staatssekretärs, daß die Aufgabe der Arbeiterstatistik zu den minderwertigen gehört, muß ih entschieden widersprehen. Ueber Handwerkerfragen ist jeßt genug geredet worden, es ist Zeit, endli Taten zu sehen. Wenn der Staatssekretär heute erklärt, daß sein damaliger Ausspruch über das Handwerk, dem nicht zu helfen sei, mißverstanden ist, so nehme ih das mit Dank an. Ich will nicht feststellen, ob dieses Mißverständnis begründet war. Graf von Bülow hat noch am vorigen Donnerstag als seine Ueberzeugung und auch die der preußischen Regierung aus- gesprochen, daß noch viel für das Handwerk zu tun sei, und daß es auch gelingen werde, es wieder leistungsfähig zu mahen. Ist das die Ueber zeugung des Reichskanzlers, so ist es die dringendste Aufgabe des Neichsamts des Innern, die Umfrage endlich zum Abschluß zu bringen. Wir haben auch eine Resolution eingebraht, die noh beute abend verteilt werden wird, in der wir “die verbündeten Negierungen ersuchen, die zu einer eingehenden Prüfung der sozialen und wirtschastlihen Verhältnisse der Handwerke nötigen Geldmittel durch einen Nachtragsetat vom Neichstaa zu fordern, Wir wissen, daß die Handwerker und auch deren Organisationen nicht geeignet sind, ein absc{ließendes Urteil abzugeben. Das Reichsamt des Innern müßte einige Beamte delegieren, die fih zu erkundigen haben, wo den Handwerker der Schuh drückt, und die mit ihm zu be- beraten haben, wie zu helfen ist. Es follen 4—5 Beamte zum Studium der Handwerkerverhältnisse ins Auétland geshickt werden. Ich meine, daß diese Angelegenheit doch zuerst im Jnland studiert werden follte. Wenn der Abg. Mugdan die Krankenversihherung so weit ausdehnen will, dann, glaube ih, werden wir die ganze Krankenversiherung auf eine andere finanzielle Grundlage stellen müssen. Dann würde es auh nicht genügen, wenn der Arbeitgeber die Hälfte -der Beiträge zahlte, Die Verhältnisse zwischen Krankenkassen und Aerzten sind geradezu \chauerlih. Es ist außerordentlich zu bedauern, daß die Kranken- fassennovelle im vorigen Jahre so überhastet verabschiedet wurde, ohne daß diese Frage auch nur vorläufig zur Erledigung kam. Die Krankenversiherungsnovelle trägt eine Reihe von Spuren jener überbasteten Herstellung an sih. Die Novelle hat die Handlungs- gehilfen versiherungspflihtig gemacht, aber die entgegenstehenden Ve- stimmungen des Handelsgeseßbuchs damit in Einklang zu bringen, daran hat niemand bei der damaligen Beratung gedaht. Jeßt be- fommt infolgedessen der kranke Handlungsgehilfe sein Gehalt und die Krankenunterstütßung, und die Arbeitgeber führen {on mit gutem Recht über diese unberehtigte Begünstigung Beschwerde. Es sollte ferner alles geshehen, um den Gegensaß zwischen dem Staats- sekretär und dem preußishen Handelsminister über die Frage der Ab- trennung der Versicherung für Handelsangestellte und Werkmeisler von den Versicherungen der Arbeiter in gewissen großen Betriebs frankenkassen aus der Welt zu schaffen. Die Schuld an der traurigen Evisode in Crimmitschau ist lediglih det heterischen Zätigkeit der Sozialdemokratie zuzuschreiben. Die sächsische Textilindußirie hâtte an sih schon längst zu dem zehnstündigen Arbeitstag für Frauen über gehen können, der im Westen bereits überwiegend besteht. Sie konnte es aber nicht, weil sie sih nicht deéselben wertvollen Arbeitermaterials erfreut. Mit den Bemühungen des Geheimrats Vogel, wenigstens den 104\tündigen Arbeitstag den Arbeitern zu verschaffen, hatten si leßtere zufrieden gegeben; kaum aber war Herr Vogel wieder von Crimmitschau abgereist, als infolge der hegerischen Agitation der Sozialdemokraten die Arbeit in einigen Fabriken eingestellt warde. Die Arbeitgeber haben das Schiedsgericht abgelehnt, erst nachdem dieser Treubruh der Arbeiter stattgefunden hatte, nachdem die Sozial- demokratie ih der Sache bemächtigt hatte. Wie Freiherr von Heyl sich die Tätigkeit der Arbeitskammern als Einigungtämter denkt, ist mir unklar. Ich habe es so verstanden, daß dort nur Arbeiter vertreten sein follen. Bezüglih des Tempos im Neichsamt des Innern steht wohl selbst die große Mehrzahl der Partei- freunde des Freiherrn von Heyl niht auf seinem Standpunkt. Die fozialpolitishe Gesetzgebung is nur ein Bruchteil der Arbeiter- fürsorge. Wieviel wird außerdem dur unsere großen Aktiengesell- schaften an Wohlfahrtseinrihtungen und Stiftungen und Schenkungen an Arbeiter geleistet! Das sind jährlid Hunderte von Millionen. Die Königs- und Laurahütte hat in einem Jahre ebensoviel, als sie an Dividenden verteilte, zu Wohlfahrtszwecken für die Arbeiter ausgegeben. Die industriellen Arbeiter haben also keine Ursache, si über |chlechte Behandlung zu beklagen. Sie sind jeßt mehr die Herren als dic Bauern oder irgend ein anderer Stand. Mir hat einmal ein Nechts- anwalt gesagt, die Arbeiter gehen nur noch auf dem Trottoir, die anderen müssen auf dem Damm gehen. Warten Sie (zu den Sozialdem0/ fraten) mit Jhren Vorwürfen gegen unsere Gesetzgebung, bis es Ihnen gelungen ist, in anderen konstitutionellen Staaten wie in Frankrei die Regierungen zu veranlassen, diejenigen Bestimmungen einzuführen, die wir bereits eingeführt haben. Wir wollen nicht einen Boden betreten, von dem wir noch nicht genügend untersucht haben, ob er sicher ist. Denn das sind die schlimmsten \ozialpolitischen Qe! setze, die sich naher in der Praxis niht bewähren. Ih muß sehr {chmerz;lich bedauern, daß {Freiherr von Heyl dem Minister Möller den Vorwurf eiñer unberehtigten Parteinahme für die Arbeitgeber gemacht hat. Es ist das ein sehr chwerer Vorwurf, der meines Erachten? jeder tatsählihen Begründung entbehrt. Es wäre im höchsten Maß erwünscht, daß niht durch die Akte der Gesetzgebung Bestimmunge! ins Leben gerufen werden, sondern daß sie aus ih selbst heraus, au der eigenen Initiative der Arbeitgeber kommen, und daß dur el Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern das geschieht, w!! im Interesse der Arbeiterfürsorge nötig ist, Die Industrie üb, nimmt viel lieber finanzielle Opfer als die Weiterungen, die m dieser Gesetzgebung vielfah verbunden sind. Wenn die Unternehnet! wegen kleiner Lumpereien vor den Strafrichter kommen und i} Zeit darüber verlieren müssen, ob eine Schußzmaßregel vorhaniet t oder nit, so ist das doch nit gutzuheißen. (Zuruf lin

Snteressen auf dem Spiel, wenn Arbeiter plößlih die Arbeit nieder-

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

weite zum Deutschen Reichsanzeiger

Beilage

und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 27. Januar

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1904.

A

1 23.

(Schluß aus der Ersten Beilage.) dürfen fich überzeugt halten, daß

die etroa bervorgetretenen Ueb rechts und im Zentrum.) Aber nächst Sache der Provinz und fommen, in welher Wise es

handelt es sih um Lumpereien, Die verbündeten Regierungen 4 bei diesen sozialpolitishen Maßnahmen überhaupt nicht immer eine glüdlihe Hand gehabt. Von einer Aenderung der Gádereiverordnung, die vielfah gewünsht wurde, hôren wir its. Das gleiche gilt von der Verordnung für das Gastwirts- und Schankgewerbe. Die Gastwirtsveretne beschweren fich über die shematische Art des Verfahrens, darüber, daß tein Unterschied ¡wischen großen und kleinen Städten gemacht wird und zwischen roßen und kleinen Gewerben. Sie meinen, daß die Verordnung, ins- esondere bezüglih der 24 stündigen Nuhezeit, für die kleinen Gast- virte ganz unausführbar sei. Zum Schluß ein Blick in die Zukunst. Hie Sozialdemokratie ist noch nicht am Ende angelangt. Wenn «i den legten Ersagwahlen die sozialdemokratischen Stimmen nicht 1 stark hervorgetreten sind, so erklärt sih das aus dem CEindruck tes Dresdener Parteitages. Ich würde die, Verteilung der Protokolle des Dresdener Parteitages Jür viel wichtiger zur Bekämpfung der Sozialdemokratie halten, als die Berteilung der Reden des Grafen wn Bülow. Diese Urteile von objektiver und wohlwollender Seite {her die eigenen Parteigenossen würden in weiten Kreisen abshreckend virfen. Ich glaube allerdings nicht, daß die Herren Singer usw. qus dem Holze sind, aus dem Barrikadenhelden geschnißt werden. Jd glaube au niht, daß es so bald zu Gruptionen komuen wird. her wir müssen doch mit der Möglichkeit rechnen, daß wir in 15 bis 20 Jahren eine fozialdemokratische Mehrheit im Reichstage hahen, und dann wird die Sache sehr ernst. Meine Sorge bezieht fich nit so sehr auf das Kapital. Die Internationale respektierte be- tnntlih die Bank von Frankreich. Sie (zu den Sozialdemokraten) haben ja au in Ihren Kreisen zu viel gesättigte Elemente, als daß

legenheit haben, auf das Detail daß dur diese meine Erklärung

Zentrum.)

werde, wenn es sich um Bekän wie beim Omnibuskutscherstreit,

Umfange durchzuführen. Ich

wissen gebietet. waren über meine Acußerung ein Pläßchen an der Sonne

fas 0 ' 5 Q 5 y Y t g 21 LY V ) C Beyppet Sie ih nun gerade gegen das Kapital wenden würden, das heißt au | war. Dr. Sattler hat zum Bewei i: 1 Tre, 1 4 Meine Befürchtung besteht ‘aber darin, daß | die nationalliberale Partei habe eine aus\{laggebende Stellung im

nit gegen Ihr Kapital. V efü ht / Jhre ganze Agitation auf die Beseitigung des Königtums gerichtet t. In anderen Staaten schließen sich die Arbeiter den bürgerlichen Parteien an. Bei uns richten sih die Bestrebungen der Sozial- demolraten auf die Beseitigung des Königtums. Deehalb möchte ih die dringende Warnung und die Bitte an die verbündeten Negierungen iten, sich dieser Gefahr bewußt zu sein. Der Reichskanzler appellierte an die bürgerlichen Parteien, ih zusammenzuschließen. Wie denkt er s diesen Zusammenschluß ? Was haben seine Beamten, die höchsten Beamten, getan, um, die bürgerlichen Parteien zusammenzuschließen Diese haben noch eine viel höhere Pflicht als ih, einzutreten für die me i i Eristenz der staatlichen, kfirhlihen und politishen Ordnung, und da schaftlichen und nmcht vom vermisse ih die Eaergie, die notwendig ist. i:

Bevollmächtigter zurü Bundesrat, Direktor im Neichsamt des Innern Caspar bestreitet, daß in bezug auf die Bersicherungspflicht der Hdandlunasgehilfen in der Krankenkassennovelle ein Versehen vorhanden sei. Außerdem sei eine Verschiedenheit der Auffassung über die Trag- weite der bezüglichen Bestimmungen nicht allein bei den Bermwaltungsßs behörden, sondern auch bei den Gerichten vorhanden. Die wiederholt erwähnte abweichende Auffassung des preußischen Handelsministers sei vom Oberverwaltungsgericßt gebilligt worden. Daß für die kleinen Gastwirte eine Schwierigkeit vorhanden sei, die betreffende Vero: dnung durchzuführen, fönne niht zugegeben werden.

Darauf vertagt das Haus die Fortsegung der Beratung.

Schluß 61/2 Uhr. Nächste Sißung Donnerstag 1 Uhr. (Fortsezung der Beratung.)

Reichétage bei der Herstellung

das gern zu. Man muß meine

politik entsbied doch wohl

7

gehorsamen Untertanen und n

freien Staatsbürgern bestcht.

heit dieses Hauses so zu char Aeußerung zur Drdnung.

der preußishen Regierung g Polentum muß

polnishen Bevölkerung

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 5. Sißung vom 26. Januar 1904, 11 Uhr. gangen, wir Polen sind gebli _ ç : o Novrahin e Aal a. 1 VielleiWtE ein anderer Ommen Das Haus seßt die erste Beratung des Staatshaus- E Sai (Tal haltsetats für das Etatsjahr 1904 fort. _ Oberschlesien ist ein Ueber die Ausführungen der Abgeordneten Ur. Sattler

B M 9) iy 16 ; of 4 5 1 n 0r gewiß, denn es hat eine polnif (nl.) und Dr. Porsch (Zentr.) ijt in ‘der ge]trigen ummer Tasche nimmt man tie Mittel d. Bl. berichtet worden.

Ministcr für Landwirtschaft 2c. von P odbielsfi: bfratrnt: LandelE

Ih habe dem Herrn Vorredner zugesagt, auf die von thm j Pclenpolitik; sie ist eine dreifc eingangs berührte Frage der Wassersteuer in Schlesien eine Antwort der Religion und an Hab und zu geben. Zunächst, meine Herren, bat nah dem \{lesis@en Hoch- wasserschutzzeses von 1900 der Staat vier Fünftel der Anlagekosten übernommen. Bezüglich der Unterhaltung bestimmt § 2 dieses Geseßes: die dem Provinzialverband dur die Unterhaltung er- wahsenden Kosten * sind von denjenigen aufzubringen, die an cirer ordnungsmäßigen Unterhaltung des Wasserlaufs und seines Hech- wasserabflußgebiets ein Interesse haben. Dann ist weiter besiimmt: unter diesen Interessenten hat die Verteilung der Kosten na dem Verhältnis des ihnen erwachsenden Vorteils zu erfolgen; und {ließlich im § 31 ist festgeseßt: „zur Festseßung dieses Verteilungsmaßstabes ist für jeden Wasserlauf ein Kataster aufzustellen, in welchem die Grundstücke, Baulichkeiten, Anlagen einzeln aufzuführen und zu be- werten sind." Also die ganze Frage, die hier berührt worden ift, betrifft ledigli die Provinz Schlesien, die nach diesem Geseße vom Jahre 19C0 die Ausführung übernommen und die Unterhaltungskosten aufzubringen hat.

Nun sind, wie die Herren wissen, vershiedentlichs Bewegungen im Gange, durch die sich .die Betreffenden über die in diesem Kataster ift, festgesezten Abgaben beschweren, und in diesem Sinne bin ih auch bon meinem Ressort aus beteiligt; denn ih bin in der Lage, auf Be- {werden eine Prüfung dieser Verhältnisse eintreten lassen zu können. So weit ist aber zur Zeit die ganze Angelegenheit noch nicht gediehen. Der Herr Oberpräsident hat, als die Beschwerden an ihn herangetreten waren, am 18. d. M. tie beteiligten Landräte und den Landeshaupt- mann sowie sonstige Beteiligte zu einer Konferenz berufen. In dieser Konferenz sind die Anstände und Mißstände erörtert worden, der be“ ¡üglihe, von mir eingeforderte Bericht steht noch aus. Aber es ist in jener Konferenz beschlo}en worden, daß so lange von eint Erhebung der sogenannten Wassersteuer nah dem Kataster für die Glaßer Neisse abgesehen werden soll, bis eine eingehende Prüfung dieser aufgestellten Kataster stattgefunden hat. j :

Ih glaube also, der Herr Abgeordnete wird aus diesen Mafß- nahmen des Herrn Oberpräsidenten {hon ersehen, daß derselbe bereit ist, mit allen Kräften die erhobenen Bedenken und Beschwerden zu beseitigen, und ih kann von. meiner Seite aus nur die Grflärung abgeben: sofern noch weitere Beschwerden einlaufen und sie zu meiner Kognition kommen, bin ih bereit, eine Prüfung der bei Aufstellung

Miniiter sagt, die Polenfrage

wir niemals gegen fie ualie Ausfüßrungen des Vorrcdners | Reden von polnischer Seite treibungen, es wird immec gestellt, vaß die Regierung da gar aus Katholiken Protestant: widerlegt worden. Auch die

es die Rede sein, die wir eben

deutschen Parlament unter|chtiet Im Segenteil, wir haben Li Mitbürger; aber ein Pole eine Fahne berausgesteckt hatte

der Sprache, an der MNeligion Eindruck mehr machen. Wir

Selbst in der Schwoeiz

treibung, die zurückzuweisen ist,

dex Bedeutung nicht entspree

räâter an den Konservativen. wir von der Reaktion sprachen, dann möchte ih do daran eri betitelt war „Der Schnaps Politik“. Herrn von Zedliß. und eingeschränkt. Aber er sein politishes Gewissen nah

von Zedliß ist zu klug, um ni schweigen. &r hat, glaube ih,

des Katasters angewendeten Grundsäße vornehmen zu lassen, und Sie

notwendig erscheint, einzugreifen. Ih hoffe, daß gelegentlich meines Etats, wie son der Herr Vorredner angeführt hat, wir noch Ge-

teiligten die Beruhigung geschaffen ist, daß etwa, wo es notwendig ift, eine Abhilfe der Beschwerden eintreten wird. (Bravo! rechts und im

Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (fr. kons.) : Der Minister des Innern hat erklärt, daß man ihn auf dem Plate finden

Wir hoffen daher, daß solche Zustände nicht mehr vorkommen werden, hindert hat, ihren Betrieb ohne das streikende. Personal in vollem

sage, sage ih als Vertreter der Interessen des Gemeinwohls, und ih werde mich weder durch Angriffe von links noch von rechts davon

bhalten lassen, diese meine Pflicht zu erfüllen, wie es mir mein Ge- an 1 A nationalliberalen Redner, besonders Dr. Sattler,

wiedergegeben, was in der Nationalliberalen Korrespondenz zu lesen

hause in der Peclenpolitik eingenommen.

habe davon gesprochen, daß der Liberaliêmus „als solcher“ feine Be- adtung mehr verdiene; ih habe aber ferner gesagt, daß der Libera- lismus, soweit er den Schwerpunkt auf das Nationale legt, auch in der Folgezeit seine Bedeutung nit verlieren werde.

Element und ebenso bei ihrer Stellung zum Zolltarif. Ihre Stellung- nahme dort, die ih voll anerkenne, war bo

nationalliberale Partei wird eine Bedeutung nur haben können, wenn Be den nationalen Gesichtspunkt an die Spiße stellt.

Abg. Dr. von Skarzy nski (Pole): Der Minister des Innern hat gesagt, die Polen hätten zu geboren. S nur ein Minister auftreten, wenn die Mehrheit ves Parlaments aus

Vizepräsident Dr. Krause: Sie haben kein Necht, die Mehr-

Abg. Dr. von Skarzynski (fortfahrend): Die Polenpolitik

gesteinigt werden. l davon zu haben, wélche A und ethishen Momente in der iegen. i

Die gewaltsame Germanisierungspolitik widersprit der hrisfilichen Idee. Aber die Polen haben cs {on hundert Jahre ausgehalten und werden cs noch weiter aushalten. Das ganze polnishe Volk bis zum geringsten Arbeiter ist über eine solche Behandlung empört. Der |

polnisches

Unterstoatssekretär von Biscoffshausen: Sowei s Polen alé gute Preußen und deute Untertanen erwiesen haben, find

zichung. der Kinder Wert, auch beim Religionsunterricht. angebliche Versündigung an der Yeligion ist eine gewaltige Ueber-

haben. Ich betone gegenüber dem Abg. Ur L nit provoziert haben. Er sagte, er wün|he einen Tonzilianteren Ton. Nun, mich haben die Herren Konservativen signalifiert als einen Ver- s Menn es Sie bitter berührt hat, daß

Das ist der konziliante Ton. d i Er bat heute seine Ausführungen erläutert

hier aub\prit, was er für das Gemeinwohl für zuträgli

ih nach Kräften bestrebt sein werde, erlastungen zu bescitigen. (Bravo! immerhin, meine Herren, ist es zu- erst in späterer Zeit würde in Frage na der einen oder anderen Richtung

der Frage einzugehen ; aber i glaube, do wenigstens auch für die Be-

1pfung der Sozialdemokratie handele. wo die Polizei die Gesellschaft ge-

môchte sodann betonen: was ih

entrüstet, daß die Nationalliberalen suchten. Ich habe darin [lediglich

se, daß ih mich irre, angeführt,

des Zolltarifs und im Abgeordneten-

Beides ist der Fall ; ih gebe Worte fals verstanden haben. Ich

Bei der Polen- r die Nationalliberalen das nationale

o wohl vom nationalwirt- liberalen Standpunkt diktiert. Die

So kann im Parlament

ur die Minderheit aus unabhängigen

afterisieren; ich rufe Sie wegen dieser

es ihm in diesem Falle gerade paßte. Er hat tann seiner Aeußerung vom Plätchen an der Sonne einen viel harmloseren Sinn untergelegt, als sle in voriger Sißung uns zu haben sien. Damals schien es, als wollte er sagen, wir suchten das Pläßchen an der Sonne der Re- ierung. Und das ist eine Unterstellung, die mein Freund Sattler mit teht zurückgewiesen hat. Wenn wir das Liberale betonen, haben wir dazu allen Grund nah unserer Tradition als Partei und au von dem Gesichtépunkte, daß weite Kreise der Bepsölkerung in einer liberalen und nationalen Vertretung das Heil des Landes suchen. Der Abg, von Zedliy hat dann von dem influß der „National-Zeitung" ge» sprochen. Diese ist ein völlig unabhängiges Blatt. Sie ist politisch im allgemeinsten Sinne nationalliberal; in wirtshaftlihen Fragen entfernt sie sih sehr oft von der Diagonale der Anschauungen, die in unserer Partei herrshend sind. Das ijt allgemein bekannt, und ih weiß nicht, was es heißen soll, wir hätten darin die Herren besonders anges griffen. Man hat gesagt: wenn {hon von den Konservativen, fo trennt uns doch nichts von den Freilonservativen; aber z. B. in der Agrarfrage sind wir scharf aneinanè er geraten; statt uns zu helfen, find die Herren von Zedliß und Dr. Arendt uns in den Nüen gefallen. Sie haben es für besser gehalten, ihren Frieden mit Dr. Hahn zu machen. Wir haben heuie viele Mitglieder des Bundes in unseren Reihen, und wir wollten gern friedlichen Verkehr wit dem Bunde. Da uns abcr der Kampf aufgedrängt wurde, so baben wir ihn auf- genommen und dazu beigetragen, daß die Führer des Bunkdes, dcren Wirken wir für \{hädlich hielten, auf der Strecke geblieben sind. Der Kampf mit NVershleppungsmitteln bei der Kanalvorlage, wie ihn Herr von Zedlitz in der „Post“ geführt Hat, das ist es, was uns so sehr erbittert hat. Dann hat p von Zedlitz von der Richtung Krause gesprohen. Nuancen nad rechts und links gibt es in jedec Partei, und es ist darum gerade o unberectigt, von einer Richtung Krause zu sprechen, wie wenn ih von einer Richtung Zedliß sprechen wollte. Dann hat er gesagt, es jet vielfah das Mißverständnis herrschend, wir _ hätten kein Herz für die Landwirt- hast. Ih möchte bemerken, daß gerade viele ihm nahe Stehende in Hannover mit diesem Mèßverständnis sehr gera krebsen gegangen sind. Wenn er die Güte haben und bei setnen politischen Freunden dieses Mißverständnis aufflären wollte, jo wäre das besser, Ÿ als hier zu erklären, dafi das Mißverständns außerordentli) leicht ver- itändlih und exrklärlih sei. Wir haben volle Gelegenheit gehabt, die Bescheidenheit des' Herrn von Zedliy kennen zu lernen. Wenn es ihm wirklih nur darum zu tun war, sein Gewissen zu erleichtern, so hâttz cr besser getan, dieses Parteigezänk niht erst anzutangen, und wenn wir nicht dazu gezwungen wetden, fühlen wir au nit den Beruf in uns, dieses Gezänt fortzu!\eßen, welches sehr gegen das nteresse des Landes verstößt. E i A Abg. Dr. Irmer (kons.): Wir sind gern bereit, an der Ne- fonstruftion des Liberalismus mitzuarbeiten; denn er il mir lieber als die Sozialdemokratie. Aber es hat uns ret ges{chmerzt, daß der hodbetagte Herr von Voß nicht mehr auf seinen Posten als Alters- präsident zurückgekehrt ist, und dies durch die Schuld der National- liberalen. Die Formen in dem Parteikampfe zwischen Fernerstehenden sind meist angenehmer als zwischen solchen, die einander nahe standen. Zum Swhluß hat Herr Friedberg Bezug genommen auf eine Aeußerung von Gerla&s, daß ih einen Artikel verfaßt hätte „Der

eht von dem Grundsay aus: das Man scheint feine Ahnung

Aber Macht geht vor Recht.

werde erst verschwinden, wenn es feine

Polen mehr gebe, sondern nur nech Polnisch sprechende preußische Üntertanen. Nun, alle die Ministec jeit buntert Jahren find ge-

eben. Und nacz diesem Minister wird , der cs niht für richtig hält, den b des Stoates zu shüren. Auch Land (Widerspruch rets), che Bevölkerung. Aus unserer eigenen zur Stärkung des Deutschtums Nur

Phrasen hat man als Gründe gegen uns anzuführen, Phrasen aber sind frivol, wenn es s um das Wohl von 3 Millionen Staats- „Tod den Polen“ is die Devise der preußischen

he Versündigung: an der Sprache, an Gut.

i die benswürdig gewesen. Auf die übrigen

brauche ich nicht einzugehen ; denn diese haben immer eine gewisse Aechnlichteit

mit einander, sie find tmnmer diesclben außerordentlichen Üeber-

die unerwiesere Behauptung auf- rauf ausgehe, aus Polen Deutsche oder en zu machen. Das ift schon oft genug ntwort auf diese Reden ist immer

dieselbe, daß die Regierung in ihrer Polenpolitif unbeirrt fortfahren wird, und wenn roir dazu noch einer Auftorderung bedürften, so würde

gehört haben.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Es ist unerhört, wenn man einem

(t, daß seine Devise sci: Tod den Polen! ebe und Achtung für unsere polnischen ist \{chon bestraft worden, weil er mit der Devise: Tod den Deutschen!

Die Behaupturg, daß ‘die Polenpolitik sich dreifachz versündige, an

und an Hab und Gut, kann hier keinen verlangen weiter nichts, als daß die

Kinder in der Schule Deutsch lernen, was für sie selbst ein Vorteil

legt man auf die zweispracige Er- Auch die

und wundern muß man sich über die

angebliche Verjündigung an Hab und Gut angesibts des Umstandes, daß den Polen auf Grund des Ansiedelungsgeseßes ihre Güter zu hohen Preisen abgekauft werden. Aber sih weiter damit zu beschäftigen, würde

n, die die Herren Polen hier im Hause Irmer, daß wir die Debatte

fo muß ih sagen, wir fassen als solche

Jhre Haltung in der Verkehrs- und in der Schulfrage auf. Und

anern, daß nach der Aussage des Herrn

von Gerlah gerade Herr Irmer etnen Artikel geschrieben hat, der

das Schwein und die freisinnige ch komme nun zum begann damit, zu sagen, er müsse der} Richtung hin falvieren, daß er hâlt. Herr cht zu wissen, dey es oft besser ift, zu hier sein Sewissen nur- entdeckt, weil

Schnaps, das Schwein und die freisinnige Partei“. Es ist sonst nicht üblich, Verfasser von Artikeln zu nennen. Aber da die Sache erwähnt ist, will ih gern Rede und Antwort stehen. Ob i den Artikel geschrieben habe, weiß ih nicht. Aber ih weiß, daß der Artikel 1889 geschrieben wurde. Ich weiß ferner ganz genau, daß ich die Ueberschrift erfunden habe, und ih s{äme mi dieser nicht. Ih erfand sie als Gegenstük zu den freisinnigen Séhlagwörtern „Die | Schnaps- und Schweinepolitik der Junker“. Ich meine, Dr. Fried- berg hat mit dieser Erwähnung Teinen neuen Freunden und Ver- bündeten keinen guten Dienst getan. :

Abg. Dr. Arendt (freikons.): Friedberg hat recht, wenn er Parteigezänk nicht {ön findet, und ih antworte nur, weil mir persönlih vorgeworfen ist, ih sei den Nationallibecalen in den Rücken gefallen bei Erörterungen mit dem Bund der Landwirte. Damals wurde die Agitation des Bundes mik der der Sozial- demokratie auf eine Stufe gestellt. Dem sind wir entgegens getreten. Aber einen Frieden mit dem Bunde haben wir nit ges{lossen. Zu unjerer Freude hat sich herausgestellt, daß die feindicastlihe Haltung der Führcr des Bundes gegen uns in unseren Wakblkreiszu keinen Anklang gefunden hat. Derr von, Zedliß hat immer dieselbe Richtung in seiner Politik gehabt und wird sie weiter irnebalten. Die Kanalfrage ist für uns keine politische, sondeen cine wirtschaftliche Fräge, unter uns sind vershiedene Meinungen darüber. Aber die Nationalliberalen, die sonst immer in wirtschaftlichen Fragen gespalten sind, maheu mit cinem Male eine politishe Frage daraus. Berkehréfeindlih kann man un!ere Stellung- nabme nit nennen. Freiherr ¿von Zedliß hat sogar immer in dieser Frage eine vermintelnde Stellung eingenommen, er ist mit Unrecht Berschlerpungskommissar genannt worden, denn er hat bei der leyten Beratung der Kanalvorlage nah einem Auêweg gesucht. Wünschens- wert wäre es uns, wieder mit den Nationalliberalen zusammengehen zu können, weil wir aufeinander angewiesen sind im. gemeinjamen Kampf gegen den Umsturz. Hoffentlich tragen diese Aus8einander- setzunge:: zu einer Klärung und zur Anbahnung des Versiändnisses bef.

Abg. von Eynecn (nl.): Wir haben eine weit größere Wüähler- zahl aufgebracht als die Freikonservativen. Das steht im Wider«- \pruch mit der Siegeszuversiht des Herrn von Zedliß, der keine Ver- | anlassung hat, so hohe Tône anzushlagen. Die Freikonfervativen reollen uns nur als Sturmbcck gegen den Umsturz benußen. Die Kreuzzeitungspartei hat keine Ursace, uns so ins Gesicht zu springen, als ob wir in der Journalistik eine besondere Stellung einnähmen.

aber die Konservativen haben keine Ursache, uns Begünstigung der Sozialdemokraten vorzuwerfen, wenn wir sehen, was fie selbst gemacht: haben. (Rufe rechts: Wo denn? Nuf links: Remscheid!) Die Konservativen haben den Grafen Hoensbroeh niht gegen den Sozial- demokraten unterstüßt. Die Zügel der konservativen Partei und der Kreuzzeitung scheinen am Boden geschleift zu haben. Wer im -Glas- hause fit, soll niht mit Steinen werfen. Die Konservativen fahren fort, die wirtshaftlihe Entwikelung durch den Ausbau der Wasser- straßen zu lähmen, deshalb ist dies auch eine politische Frage, eine Frage des materiellen und geistigen Wohlstands unseres Landes. “Wenn dte Konservativen fortfahren, rückständig bis aufs äußerste zu sein in Schule und Kirche, wenn sie in dieser Weise den konser- vativen Gedanken neu aufleben lassen, wie er lange Zeit ges{wunden war in der Zeit des Kartells waren sie wenigstens miteinem Tropfen demokcatis{en Oels gesalbt —, wenn sie fortfahren, die Extreme zur Herrschaft kommen zu lassen, wenn dadurch die gemäßigten Parteien ihres politischen Cinflusses verlustig gehen, wenn die Konser- vativen.den Boden des Fortschreitens auf geiltigem Gebiete, den sie früher mit Bizmaick eingenommen haben, verlassen, dann ist es kein Wunder, wenn sie nah dem tiarken Mann rufen müssen. Herr Arendt hat in Barmen eine große Rede über Bimetallismus gehalten, und die Folçe ist, daß sein Freund Weyerbusch nicht wiedergewählt ist. Machen Sie uns also keine Vorwürfe. Ich hoffe, diese Aktion ist jeßt abgeschlossen. Wir werden uns gegen letia weder dur Vors» würfe noch dur Liebenswürdigkeiten freundlicher gesinnt machen, die politishen Anschauungen sind: eben verscbiedenartig und haben zu Gegensäyen geführt, aber es ist unsere Aufgabe hier im Ländtage,

Graf Limburg hat im Ton väterliher Ermahnung zu uns gesprochen.