1926 / 109 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 12 May 1926 18:00:01 GMT) scan diff

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Oen Gipfel der Hebe Habe der Deutshnationale Studienrak Dr. Weisemann damit erreicht, daß er, ungenügend vom Prä- dium gerügt, die Reichsflagge eine Piratenfahne genannt habe. (Sroße Entrüstung links.) s E

Abg. Danidcke (Völk.) bezeichnet den Geldmangel für die böheren Schulen in der jeßigen Zeit, in der diese Schulen be- sonders nötig Geld brauchten, als Folge der Steuerpolitik Erz- bergers (Gelächter links) und der Uo Die Er- höhung des Schulgeldes sei kulturfeindlih, das Vorgehen gegen die Privatshulen unverständlich, weil sie dem Staat dur ihren Minderbedarf an Zuschüssen gegenüber den öffentlißen Schulen viel Geld sparten. Aber bei der Demokratie sei es immer so: „Der Staat mag zugrunde gehen, wenn nur die Demokratie erhalten bleibt“, (Zustimmung rets. Gelächter links.) Troß der Klagen über Geldmangel hätte man hunderitausende für jüdische Kultur- wede übrig, obwohl die Fuden über die reichsten Geldmittel in Deutschland verfügten. Auf solches Deutshtum verzichteten die Völkischen. Gegen die éráGiliGmad@er des Deutschhtums und des Christentums wie Lessing in Hannover und Shumann in Berlin sei man immer milde. Um so ungerechter sei man gegen alle Ver- fehter des wahren Deutschtums. Wir haben, so erklärt der Redner, den knochenerweichenden Locarno-Geist. Wir wollen deutsch bleiben und wollen keine völkerversöhnende jüdische Fdee vertreten. (Beifall rechts, höhnische Heilrufe links.)

Abg. Sch wen k- Oberhausen (Wirtschaftl. Vereinig.) stimmt der Regicrung zu, wenn sie allen Maßnahmen entgegentritt, die sich

egen die Grundschule richten. Für die Privatschule verlangt der Redner Konzessionen dort, wo es an öffentlihen Schulen mangelt. Sm übrigen seßt er sih für eine Herabseßung der Klassenfrequenz ein und wendet sich gegen den Standpunkt des Kommunisten Kilian, daz die Träger hoher Einkommen auch hohes Schulgeld zahlen könnten. Das hohe Einkommen würde ja entsprechend versteuert.

Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung D. Dr. Be cke x: Meine hohverehrtem Damen und Herren! Wie ich schon in meiner Rede zum allgemeinen Teil dieser Verhand- lungen ausgeführt habe, stehen sür mich die höheren Schulen im Mittelpunkt unseres gesamten Bildungsaufbaus. Deshalb habe ih auch Wert darauf gelegt, daß die Volkssc{ullehrer diese höheren Schulen nicht nur bis zu einex bestimmten Gurenze, sondern in ihrex Ganzheit durhmachen müssen. Fn diesem Fahre stechen nun feine großen grundsäbßlichen Fragen auf dem Gebiete des höheren Schulwesens zur Diskussion. Die Reform, über die wir im vorigen und vorvorigen Jahre ausführlich diskutiert haben, wird jeßt in der Praxis langsam in Wirklichkeit umgeseßt. Da ist es mir nun ein lebhaftes Bedürfnis, vor aller Oeffentlichkeit einmal unserer Philologenshaft meinen aufrihtigen Dank dafür auszusprechen, daß sie sich dieser ungemein schwierigen Auf- gabe, die sie unter besonders drücenden Verhältnissen hat in An- griff nehmen müssen, mit solcher Liebe und Hingebung unterzogen hat. (Bravo!) Wer weiß, welche geistige Umstellung namentlich die älteren Mitglieder der Lehrkörper notivendig hatten, um die neuen Gedankengänge nun in die Praxis umzuseben, der kann nur mit aller Anerkennung von den Männern sprechen, die im vor- gerückten Lebensalter diese Arbeit noch geleistet haben. Von den jungen Obevlehcern konnte man es gewiß erwarten, diese standen alle diesen Gedankengängen, die hiex in der Reform zum Ausdruck gekommen sind, ja auch von Hause aus näher, und sie sind es in erstex Linie, auf deren freudiges Mitgehen wir bei dieser Neu- gestaltung rechnen.

Jh gebe zu, daß noch nicht alle Vorbedingungen erfüllt sind, wie Frau Abgeordnete Thöne es hier hervorgehoben hat, die eine glatte und leichte Durchführung der Schulreform ermöglichen. Auch mir liegt es schwer auf dem Herzen, daß noch immer dieser unglückliche Zuschlag von 10% der Normalzahl der Schüler der einzelnen Klassen geduldet wird. Fh habe mich sehr lebhaft dafür eingeseßt, die Herabseßung dieser 10 % zu erveihen; aber leider ist diese Bemühung ja gerade in eine Zeit gefallen, wo auf dex ganzen Linie an unserm Etat so viel finanziell Belastendes vorgenommen werden mußte, daß es mix bisher es liegt ja auch erst ein halbes Fahr zwischen der heutigen und der lelzten Tagung in dieser kurzen Zeit leider noch nicht gelungen ist, diese Herabseyung durchzudrücken. Aber ih werde mich be- mühen, in diesem Sinne zu wirken; denn ih halte allerdings diese hohe Klassenfrequenz für einfah unerträglich.

Auch die Frage der Ausbildung der Lehrer haben wir ja im Ausschuß schon gestreift, Jh kann nux versichern, daß wir uns mit den Hochschullehrern zusammentun wollen, um dieses ganze Problem einmal durhzusprechen. Wenn sih heute einer- seits die Hochschullehrer darüber beklagen, daß sie Abiturienten bekommen, die ißre Anfangsvorlesungen schon nicht richtig mit- machen könuen, und wenn sih andererseits nachher wieder die Schulen beklagen, daß sie von der Universität unzureichend vor- gebildete Lehrer bekommen, dann muß hier irgendwo etwas nicht stimmen (sehr richtig!), und ih werde dafür sorgen, daß es in den nächsten Jahren stimmen wird.

Der Herr Abgeordnete Weisemann hat nun in seiner Kritik an der Reform drei Punkte hervorgehoben, die er für besonders verhängnisvoll und gefährlih ansieht: den Avbeitsunterricht, die Frage der Humanität und die Frage des Europäismus. Es ist mir sehr lieb, hier auch über den Arbeitsunterriht ein- mal einiges zu sagen. Denn ih weiß, daß in manchen Kreisen doch ganz eigentümlih irrige Vorstellungen darüber bestehen, was der Arbeitsunterribt denn eigentli ist. Daß er niht nur die Methode Gaudig ist, ist ganz selbstverständlih, Daß der Schüler sich nun nicht sozusagen ganz allein unterrichtet, auch das ist selbstverständ- lich, Das, worauf es uns anïommt, ist, daß neben der rezeptiven Methode des Unterrichts die produktive Methode, die Selbstarbeit des Kindes ganz anders als bisher in den Vordergrund gestellt wird, daß der Lehrer in jedem Augenblick sih bewußt ist, welche spezifishe Eigenschaft des Kindes, ob das Gedächtnis, die Phantasie oder welche andere geistige Kraft im Augenblick nun angeregt, in Schwingung verseßt werden soll, daß er sich jeden Augenblick in seinem Unterricht dessen bewußt ist und dementsprehend seine Methode wählt und seinen Unterricht gestaltet. Wir haben neulich hier auf dem Zentralinstitut einmal einen solch2en Versuch erlebt, wo an einem griechishen Text, der dem Schüler nicht bekannt war, die Methode des strengsten Arbeitsunterrihts angewandt wurde. Das vollzog sih in einer für das Publikum geradezu überraschend glänzenden Weise, wie die Schüler aus dem Stoff selbst den Unter- rit zn gestalten vermochten, so daß der Lehrer kaum das eine oder das andere Mal eingreifen mußte. Gewiß wird dadurh der Lehrer nicht überflüssig; denn es ist gerade die geistige Leistung des Lehrers, daß er die Schüler zu dieser Selbsttätigkeit bringt, und es gibt Gebiete, wie zum. Beispiel die Gedächtnisstärkung, die natürlich niemals durch den Selbstunterricht in dieser Form geübt werden können. Es wird auch hier und da einmal das

Pauken in alter Form, wenn es sich um Uebung des Gedächtnisses handelt, durhaus voll berechtigten Wert im Arbeitsunterricht haben. So also sassen wir im weitesten Sinne den Arbeitsunter- riht auf. Jch glaube, der Herr Abgeordnete Weisemann wird sich wohl auch mit dieser Erklärung einverstanden erklären können. Uebrigens ist der Arbeitsunterricht nicht erst mit dieser Beelißschen Reform erfunden worden, sondern er ist eine alte Methode, die, da sie zu den bedeutendsten Erzeugnissen der neueren Pädagogik gehört, selbstverständlich in die Richtlinien für diese große Schul- veform hineingestellt werden mußte.

Was nun die von dem Herrn Abgeordneten Weisemann kritisierte Humanität angeht, so muß ih sagen, daß Humanität gewiß niht von vornherein mit Pazifismus identish ist. Huma- nität ja, muß man es eigentlich noch erklären, was Humanität ist! (Zurufe links.) Humanität ist für uns das, was Kant darunter verstanden hat, nämlich, daß wir den Menschen in uns und in anderen bejahen, nicht etwa nur den intellektuellen Deutschen oder nicht etwa ein besonderes Fah oder eine besondere Ausbildung, eineit besonderen Stand, eine besondere Tradition, sondern den Menschen shlechthin. Wir wollen doch nicht dazu kommen, daß wir Deutschen uns außerhalb der Menschheit stellen. Daß wir auf diesem Gebiete in der Entwickélung des deutschen Menschen der allgemeinen Menschheit dienen, ist sowohl ein Ziel wie aber auch eine ganz selbstverständliche Frucht dieses Unter- richts, Wir werden der Menschheit nur dienen, wenn wir wirklich den deutschen Menschen in uns in erster Linie entwickeln.

Nun der Europäismus ! Der Europäismus, vor deni auch der vorgenannte Herr Abgeordnete warnt, weil er meint, daß wir uns mit fremder Geisteskultur überlasten könnten. Er sprach von der Angst vor dem fremden Geist, dem fremden Geistestum, die ihn hier- bei bewege. Meine Damen und Herren, Europäismus ist dech der Ausdruck dafür, daß wir Deutschen nicht auf einer isolierten Insel fißen, sondern daß wir einmal in Europa wohnen und daß unsere deutsche Kultur sih im wesentlichen herausgebildet hat, teilweise im Vebernchmen von Ideen, die vom Westen kamen, teilweise im Kampf mit diesen Ideen. Dadurh hat sih unser selbständiges deutsches Geistesleben entwidelt, Gerade die Herren von der Nechten, die vor diesem Europäismus Angst haben, möchte ih darauf hinweisen, daß es eigentlih beinen repräsentativeren und glänzenderen Vertreter dieses Europäismus in diesem höheren Bildungssinne gibt als Friedrih den Großen. Er hat keine Angst vor dem fremden Geisteseigentum gehabt, (Sehr richtig! links.) Jch glaube, wir können so fest in unserer deutschen Kultur stehen, daß rir auch gar keine Angst davor zu haben brauchen (sehr richtig! links), daß wir uns nicht zu schämen brauchen, ebensowenig wie Friedrich der Große, unsere Kinder ordentlih Französish und Englisch zu lehren, damit fie naher in diesem Europa, das sih immer mehr zu einer Einheit zusammensc{ließt, gerade auf Grund guter Kenntnisse von der Mentalität der anderen Staaten unseren s\pezifisch deutschen Stand- punkt zur Geltung bringen können. (Sehr wahr! links und im Zentrum.)

Weiter ist bemängelt worden, daß unser Schulwesen sich in so viele Typen zergliedere, Herr Abg. Weisemann hat 16 Typen auf- gezählt und in jedem Einzelfalle immer wieder auf die Bariation des Anfangs mit Französisch oder Englisch hingewiesen. Jch muß nun zugeben, daß hier allerdings ein erheblicher Schönheitsfehler vor- liegt. Daß das höhere Schulwesen bei der Disferengiertheit der Bedürfnisse des modernen Lebens vielgestaltig sein muß und seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts immer gewesea ist, diese Tatsache werden wir nit mehr rücwärts revidieren können, Ob es aller- dings nolwendig gewesen ist, nun noch die neue Schwierigkeit hin- einzubringen, jeweils frei zu stellen, ob mit Französisch oder Englisch begonnen werden soll, das ist allerdings eine Frage, die man 1oirklich aufwerfen kann. Unter dem Druck dey öffentlichen Meinung ist es unter den leßten Ministern so gehandhabt. worden, daß man es den einzelnen Schulen freistellte, ob sie mit Französish oder Englisch anfangen wollten. Man hat sich keine unnötigen Schwierigkeiten machen wollen, und man hat auch befürchtet, daß man auf gewisse Stimmungen stoßen und gewisse unnötige Widerstände auslösen würde, wenn man einseitig irgendeine dieser beiden Fremdsprachen von oben herab diktierte. Jcdenfalls ist das ein Problem, das meiner Meinung nach noch einmal ganz genau durchgeprüft werden muß, ob wir es uns wirkli auf die Dauer leisten können, das ganz frei zu lassen. (Sehr richtig!) Jch will heute nicht sagen, daß ih so oder so entscheiden möchte; ih will nur darauf hinweisen, daß hier ein Problem liegt, durch dessen Lösung eine gewisse Vereinfachung in unserem Schulsystem und eine Erleichterung des Ueberganges von einer Schule auf die andere herbeigeführt werden kann. (Sehr richtig!) Wir müssen, wenn wir uns nach der Prüfung dann für irgendeine Sprache entschließen, naturgemäß auf gewisse lokale Be- dürfnisse Nücksicht nehmen; wir dürfen aber meiner Meinung nah unter leinen Umständen nah anderen als nach Bildungsgrundsäßen vorgehen und müssen uns fragen, welche Sprache für unsere fulturelle Entwicklbung, für unsere Bildungsziele die wichtigere ist Wir müssen uns vor allem von irgend welbem Commis voyageur oder Kellnerstantvunkt freimahen und vor allen Dingen von jedem außenpolitishen Nessentiment; denn wenn wir derartige Ent- scheidungen unter irgendeinem außenpolitishen Ressentiment fällen, dann schaden wir damit nicht dem Auslande, sondern nur uns. (Sehr ritig! bei der Sozialdemokratishen Partei.) Wir nehmen uns die Möglichkeit, uns im Kampfe gerade mit denjenigen durczuseßen, denen wir etwas anzutun glauben, wenn wir auf ihre Sprache im Unterricht verzichten.

Dann ist mir weiter nahegelegt worden, mich besonders um die Aufbauschulen zu kümmern, Jch darf wohl sagen, es ver- steht sih nah dem, was ih in früheren Reden ausgeführt habe, eigentlich ganz von selbst, daß uns die Aufbauschulen besonders am Herzen liegen. Gewiß, es gibt hier Schwierigkeiten; aber wir werden sie überwinden, und ih bin überzeugt, daß wir, wenn die Aufbau- \chulen einmal bis zu Ende durchgeführt sein werden, ganz vollgültige Abiturieaten, sei es den höheren Schulen, sei es den pädagogischen Akademien oder dem freien Wirischaftsleben werden zuführen können. (Zuruf.) Gewiß, Erzichungsbetihilfen würde ih sicherlih gern noch sehr viel mehr verteilen, als ih es jeßt kann, Jch bin dem Reiche sehr dankbar, daß es uns in dieser Beziehung unterstüßt, und ih würde mich freuen, wenn wir hier aub mit preußischen Mitteln etwas mehr tun könnten als bisher.

Dann is der Gedanke der Parität im höheren Schulwesen und vor allem im Rheinlande hier angeshnitten worden. Jh möchte dazu bemerken, daß wir, was das Rheinland betrifft, auf die Parität natürlich nur dann einen Einfluß haben, wenn es sich um plan-

mäßige Stellen an Staatss{ulen handelt; auf die städtischen Schulen fann ih in dieser Hinsicht nicht einwirken, das liegt außerhalb meiner Kompetenz. Wer" dadurch also die allgemeirc Parität im Rheinlande viellciht irgendwo gestört zu sein scheint, so kann die Negierung daran nichts ändern. Was nun aber die Parität an den grundständigen staatlichen höheren Lehranstalten der Rheinprovinz angeht, 9 ist diese im Schuljahr 1924, für das nunmehr die Zahlen vor- liegen, vollkommen gewahrt, Die Feststellungen, die das Provinzial- c{ulkollegium gemacht hat, sind nah denselben Gesichtspunkten er- folgt, die für die vielzitierte Schrift des Stutienrats Dr. Görbig „Die Parität an den höheren Schulen der Rheinlande im Schul- jahre 1924" maßgebend gewesen sind. Danah entspricht die Fonfessionelle Zusammenseßung der festes angestellten akademischen Lehrkräfte im wesent- lichen dem konfessionellen Verhälinis ter Schülerzahl, nämlich 31,8 97 evangelische Studienräte und 68,2 % fkatholische Studien- räte, dementsprechend 28,6 % evangelische Schüler, 68,7 2s katholische Schüler und 2,7 % jüdische und dissidentishe Schüler an den staat- lichen Knabenanstalten. Nechnet man noch die zwei staatlichen höheren Mädchenanstalten hinzu, so ergibt sich ein Verhälinis von 329 95 zu 67,1 % bei den Lehrkräften und von 30,1% zu 66,3 %' und 3,1 % bei den Schülern und Schülerinnen. Das Ergebnis dev Gesamtrechnung ist, daß die evangelische Seite zwölf Stellen zuviel hat. Demnach ist meiner Meinung nah ein berechtigter Grund zur Klage nicht vorhanden. (Hört, hört!)

Dann hat der Herr Abgeordnete Dr. Boelit bei der Gencral- debatte auch Schulpforta genannt und die Regierung gefragt, wie sie sih zu der von den alten Pförtnern ausgehenden Heye gegen Pforta stelle. Auch er hat schon die Erklärung des Lehrkörpers von Pforta erwähnt, die zu den Reformen und Veränderungen, die sich in Schulpforta vollzogen haben, positiv Stellung nimmt. Fa, meine Damen und Herren, es handelt sih bei den Nefermen, die in Pforta durchgeführt worden sind, nicht, wie es in der Oeffentlich- keit dargestellt wurde, um willkürliche Maßnahmen irgendeines Ne- ferenten, sondern bei den Reformen, die sih dort vollzogen haben, war das ganze Ministerium in seiner vielfältigen Parteigliederung und au, soweit weltanshaulihe Anschauungen dabei mitsprechen, vellfommen einer Meinung, und auch Herr Minister Dr. Boeliß und ih haben vollkommen auf dem Standpunkt gestanden, daß diese Ver- änderungen in Pforta si vollziehen mußten. Wir freuen uns außer- ordentlich, daß diese gar niht einmal den Kern und das Wesen der Anstalt betreffenden Veränderungen reibungslos durchgescht sind, daß weiter in Schulpforba sich auch die allgemeine Schulreform aufs beste einführt, daß harmonishe Bezichungen zwischen dem Lehrkörper und den Schülern bestehen und daß das Ministerium wie das Provinzial- \culkollegium hinsichtlih Schulpfortas einer Meinung ist. Die einzigen, die noch etwas grollen, sind eben die alten Pförtner, und ih muß sagen, daß ih es nicht gerade als einen psörtnerischen Geist be- zeichnen kann, wenn man die alte, aber doch immer noch geliebte An- stalt, nachdem sie si in neuerer Zeit etwas verändert hat, in Bausch und Bogen verdammt. Jch möchte bitten, daß au die alten Por- tenser sih auf die alten Traditionen zurückbesinnen und ihr Wohl- wollen und ihre uns wertvolle Freundschaft ihrer alten Mutteranstalt wieder zuwenden möchten.

Dann noch ein Wort über das, was der Herr Abgeordnete Dr. Weisemann am Schluß seiner Rede gesagt hat, Wenn ih ihn recht verstanden habe, hat er ausgeführt, daß heutigenlags eigen t- lih nur noch Vertreter der Regierungsparteien angestellt würden und daß diejenigen, die nicht diesen Parteien angehörten er gebrauchte das Wort —, nahezu vogelfrei wären. (Zuruf links: Ex meinte wohl den Vogel von Potsdam!) Jch darf dazu sagen: Wenn Sie die Akten des Kultusministeriums Tkennten, würden Sie daraus entnehmen, daß es eine ganze Reihe von demo- Fratischen, sozialdemokratishen und auch dem Zentrum zugehörigen Lehrern und Direktoren gibt, bei denen man wahrhaft von einem Martyrium sprechen kann, das diese Leute im Rahmen ihres Schul- lebens haben durhmacben müssen. (Sehr wahr! links und im Zen- irum. Zuruf links: Davon weiß Herr Dr. Weisemann nichts!) Wenn diese Leute, zerquält und gehebt, s{chlicßlih einmal eine Dum» heit gemacht haben, dann fällt erst recht alles über sie her, und sie haben nocher außer dem inneren Schaden, unter dem sie in der ganzen Zeit gelitten haben, auch den äußeren Schaden zu tragei, Meine Damen und Herren, gegenüber diesen Tragödien, die hiér ich kann sagen publice iuris sind und die jedenfalls nit darauf {ließen lasscn, daß diese Kreise in unserem öffenilihen Schulwesen die herrscheaden sind, kann ih die Bemerkung nicht unterdrücken, daß mir von cinem Martiyrium eines deutschnationalen Studienrats noch niemals etwas bekannt geworden ist. (Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten, bei den Demokraten und im Zentrum.)

Jm einzelnen wird von einem Regierungsvertreter noch erklärt, daß das Ministerium alle Härten bei der Schul- gelderhöhung vermeiden und besonders die Begabten unterstützen verde. Die Erkenntnis von der Wichtigkeit der Mädchenbildung habe sih erst durchseßen müssen, sei aber bei Ministerium und

lternschast jeßt wohl allgemein. |

Abg. Anna Oventrop t verlangt gerechten Anteil der Frauen im Lehrkörper der oshule für Letbesübungen für die Ausbilduag dec Mädchen und e Richtlinien für das Turnen. Der Turnunterricht werde leider heute nicht so gewertet, ivie es sein müsse. Man habe den Eindruck, daß die Turnstunde ein Hindernis für die Aufstellung des Lehrplanes sei. Vor allem verde das Mädchenturnen stark vernachlässigt.

Abg. Annagrete P: Nat.) meint, ihr Fraktions- freund Dr. WVelsemann habe sih nur deshalb mit dem Begriff „Humanität“ beschäftigt, um eine Stellungnahme des Ministers zu diesem vieldeutigen Wort herbeizuführen. Die Erziehung zum deutschen Menschen könne natürlich nicht allein durch die Schule, sondern müsse namentlich auch durch das Elternhaus erfolgen. Die Richtlinien für die Reformen des Hochshulunterrichts könnten in vielen Dingen brauchbar für die Erziehung zum deutschen Menschen sein. Bei aller Anerkennung der Gleich- berechtigung müsse doch die Verschiedenheit der Geschlehter ün der Schulbildung so gewürdigt werden, daß die Mädchen recht- zeitig Gelegenheit erhielten, sih für ihre häuslichen Pflichten vor- zubereitén.

(Fortseßung in der Ersten Veilage.)

Verantwortlicher Shriftleiter: Direktor Dr. Tyr ol, Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rehnungsdirektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstr. 32.

Fünf Beilagen (einshließlih Börsen-Beilage) und Erste bis Dritte Zentral-Handelsregister-Beilage,

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in, Mittwoch, den 12. Mai, abends. Poftschecttonto: Berlin 41821. 19G

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fVRierau.amane N I EANT A Raa 2e A: Led

Junhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich. Bekanntmachung über den Londoner Goldpreis.

Bekanntmachung, betreffend den frühzeitigen Schluß der Büros und Kassen der Reicyshauptbank am 22. d. M.

Preußen. Zündmitielzulassungsbescheid.

Amiliches. Deutsches Reich.

Bekanntmachung

über den Londoner Goldpreis gemäß § 2 der Ver- ordnung zur Ausführung des Geseßes über wert- beständige Hypotheken vom 29. Juni 1928, (NGBU.I1 S, 482.) Der Londoner Goldpreis beträgt sür eine Unze Feingold ..... . 84 sh 10 4a, für ein Gramm Feingold demnah . 32.7294 pence. Vorstehender Preis gilt für den Tag, an dem diese Bekannt- machung im Neichéanzeiger in Berlin erscheint, bis einschließlich des Tages, der einer im Neichéanzeiger erfolgten Neuveröffentlichung vorausgeht. Berlin, den 11. Mai 1926.

Devisenbeschaffungsstelle, Gesellschaft mit beshränkter Haftung. Seck el. ppa. Goldschmidt.

——

Bekanntmachung.

Die BVüros und Kassen der Reichshauptbank werden Sonnabend, ten 22. Mai d. J.,, von 12 Uhr mittags ab geschlossen sein.

Berlin, den 11, Mai 1926.

__ Reichsbankdirekiortum. Dr. Hjalmar Schacht. Kauffmanu,

Preußszen.

Zündmittelzulassungsb escheid.

Der Fabrik elektrisher Zünder G. m. b. H. zu Köln-Niehl werden hiermit für den Bezirk des unterzeichneten Oberbergamts zum Gebrauche in allen der Aufsicht der Berg- behörde unterstehenden Betrieben die folgenden Zündmittel zugelassen, soweit niht bergpolizeiliche Vorschriften ent- gegenstehen :

a) Bezeichnung der Zündmittel : 1, E Zeitzünder mit Messinghülse und Guttapercha- zündichnur,

_2. Glektrisher Vulkan-Zeitzünder mit Papphülse;

b) Ort der Herstellung: Fabriken in Porz (Rhein), Hochkreuz bei Köln und Kamen (Westfalen); c) Beschaffenheit der Zündmittel:

__zu a 1: Zeitzünder mit Zündshnur. Der elektrische Zünder ist als Brückenglühzünder mit festem Zündkopf ausgebildet, der mit den anschließenden Zünderdrähten in der Zünderhülse auf etwa 20 mm Die, mit einer Schwefelmasse fest vergossen ist, Die aus Messing bestehende Hül)e hat eine Lnge von 69 mm und einen äußeren Durchmesser von 6,7 mm. Zum besseren Halt der Verqußmasse in der glatten Messinghülse hat die Hülse zwei ring{örmige Einschnürungen. Zum Schuße gegen Feuchtigkeit find beide Hüljenenden mit einer teerartigen Masse überzogen. Zur Zeitzündung dient ein die Brenndauer regelndes Stück einer doppelten, blanken Guttaperchazünd|chnur von 5 mm Durchmesser und bestimmter Länge, das etwa 30 mm tief tin der Messinghülse figt und mit dieser durch eine teerartige Masse verklebt ist. Die Hülse ist zum besseren Festhalten der Schnur am Zünd- \hnurende einseitig fla zusammengepreßt und mit 4 doppel- teitigen Einfkerbungen versehen. Besondere Evtgafüngs- öffnungen besißt die Hülse nicht. Der Pulvershlauch der Zündichnur besteht aus 10 dicken Fäden Jutegarn, die erste Umjpinnung aus 7 Fäden Jutegarn, die zweite aus 8 Fäden Baumwolle. Die erste Umspinnung ist geteert, die zweite mit Guttapercha überzozen;

zu a2: BZeitzünder mit Zündshnur. Der elektrische Zünder ist als Brückenglühzünder mit testem Zündkopt aus- gebildet, der mit den anschließenden Zünderdrähten in der Zünderhülse auf etwa 20 mm Länge mit einer Shwefelmasse test vergossen ist. Die aus Pappe bestehende My hat eine Länge von 65 mm und einen äußeren Durchmesser von 8 mm. Zum Schuße gegen Feuchtigkeit ist die Hülje in Paraffin

einschließlich des Portos abgegeben.

beiden Enden mit einer teerartigen asse überzogen. Zur Zeitzündung dient ein die Brenndauer regelndes Stück dreita geleimter Zünd- shnur von 47 wmm Durchmesser und bestimmter Länge, das etwa 30 mm tief in der Papphülfe fißt und mit diejer dur eine teerartige Masse verklebt ist, Zum besseren O der Schnur am Zündschnurende ist die Hülse ein- eitig flach zusammengedrückt und mit einer 5 mm breiten Eisenkiammer versehen. Befondere Entgasungsöffnungen besitzt die Hülse nicht. Der Pulvershlauch der Zünd|chnur besteht aus 10 Fäden Jutegarn, die erste Umspinnung aus 7, die zweite und die dritte aus je 10 Fäden Baumwollgarn, Die Schnur ist mit Leim imprägniert ; zua und zu a 2:

Den Seelenfaden der Zündshnur bildet ein aus einem weißen und einem grünen Baumwollfaden hergestelltes Garn. Die Zünderdrähte bestehen aus verzinktem Eisen und haben cine Stärke von 0,6 mm. Zur Ifsolierung sind sie mit zwei 3 mm breiten Papierstreifen umwickelt, die zum Schutze pegen Feuchtigkeit mit Teeröl imprägniert sind ;

d) besondere Bedingungen : zu al und a2: Zur Verwendung in Schlagwettergruben find die Zünder nicht geeignet.

Breslau, den 4. Mai 1926. Preußisches Oberbergamt, Fischer.

ggtause und an

Nichtamtliches.

Deutsches Neich.

Die Vollsizung des Reichsrats im Reichstagsgebäude am Freitag, den 14, Mai 1926, ist auf 6 Uhr nachmittags verlegt.

Deutscher Reichstag. 199. Sißung vom 11. Mai 1926, nahmiitags 2 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ®.)

Am Regierungstishe: Reichskanzler Dr. Minister des Auswärtigen Dr. Stresemann, Reichs minister des Fnnern Dr. Külz, Reichsjustizminister Dr. Marx und die anderen Mitglieder des Kabinetts. bes P Tribünen sind stark, das Haus dagegen nux s{hwach

ejept.

Präsident Löbe eröffnet die Sißung um 2 Uhr 20 Minuten und spricht dem Abgeordneten Dietrich-Prenzlau (D. Nat.) zu seinem 70. Geburtstag herzliche Glüctwünsche aus. (Beifall)

Auf der Tagesordnung steht die sozialdemo- kratishe Futerpellation zux Flaggenfrage. Verbunden damit sind ein sozialdemotratisdes Miß- trauensvotum gegen den Reichskanzler und ein völkishes motiviertes Mißtrauensvotum gegen das Reichskabinett.

Abg. Dr. Breitsche id (Soz.) begründet die Interpellation. Die Gerüchte, die bie das Haus gehen, erweden auf den ersten Blick den Eindruck, als ob unsere Interpellation und unser Miß- trauengantrag gegen den Reichskanzler gegenstandslos geworden wäre. Der Meichskanzler verzeihe, wenn ih aus seiner Rede eine Pointe vorwegnehme. Der ler wird ankündigen, M der Erlaß des S E O Bee en nicht in Kraft treten joll. (Hört, hört! rets.) Er soll nicht Sterl eren, er bleibt de facto und de jure in Kraft, aber dur Rene soll Sorge getragen werden, daß er faktisch vor dem 1. O eine Geltung erlangt. (Hört, hört! rets.) Jch zweifle, ob die Regierung und die MNegierungsparteien sehr stolz sind auf das Ei, das sie hier ausgebrütet haben, und ob dadurch die- Situation tatsächlich verbessert ist. Bis a 1. August ist beabsichtigt ein Geseß zu machen, das die gen- rage endgültig regeln sol. Wir sehen noch nicht, wie dieses Gese aussehen wird. Es bedarf jedenfalls der Zweidrittelmehrheit in diesem ause, denn es ändert wesentlih den Artikel 3 der Reichsverfassung. it Genugfuung sehen wir, daß der Reichskanzler wenigstens einen gewissen Nückzug antreten will. Wir ne Mes nach dem strate- gishen Grundsaß, den [aehenten Feind goldene Brücken zu bauen zu verfahren, aber wenn der Reichskanzler dem neuen Kompromiß nicht eine andeve Auslegung gibt, bleibt der Erlaß faktisch und juristi\ in Kraft. Wir warten ab, wie die Erklärung des Reichskanzlers au die Parteien wirken. wird, die bisher mit uns den Standpunkt ver- traten, daß der Erlaß unerträglih und bedauerlich sei und daß man alles tun Ee, um ihn wieder außer Kraft zu seßen. Sowohl der Inhalt des Erlasses wie die Art und Weise, in der er zustande- fenen, vorbereitet und an die Oeffentlichkeit gebracht ist, bleibt et und die berechtigte Grregung im Volke (Lachen und Zwischen- rufe rechts) hat uns geradezu verpflichtet, die Interpellation einzu- *) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

Luther,

die juristischen Kapazitäten

bringen. (Rufe rechts: Nache.) Was die Art des Zustandekommens betrifft, so hätte es näher gelegen, daß die Regierungsparteien odet wenigstens ein Teil von ibnen die Jnitiative zum Protest ergrises hätten, denn das Zentrum und die Demokraten hatten darauf Ans spruch, zuerst vom Reichskanzler über seine Absichten unterrichtet zu werden, und sie haben ja in ihrer Viole sehr starke und lebha Töne angeschlagen. Wir wären in diejem Falle gern und bereit- N in die zweite Linie getreten, und wir rücken in dieser Frage nur deswegen vor, weil Sie sih Zurückhaltung auferlegen, eine Zus rückhaltung allerdings, deren Gründe wir, Teveit Zentrum uns Demokratie in Betracht kommen, begreifen, und A füge s auch bedauern. Es is wahrhaftig keine erbauliche Fe iftelfiri, ß die Herren Dr, Külz und Marx fd mit diesem Erlaß und den Absichten des Reichskanzlers einverstanden erklärt haben und daß sie thre Parteien mit einer Verantwortung belasteten, die nur durch die in- zwischen erfolgte Desavouierung der beiden Minister verringert werden kann. Der Reichskanzler und verschiedene andere Minister des Kabinetts haben bei O Gelegenheiten in den lebten Tagen erklärt, daß die Verordnung vollständig harmlos sei. Jn dev offiziósen Kundgebung, mit der die Verordnung begleitet wurde, hieß es, sie habe gar feine politische, sondern nur eine rein praktische Bedeutung und man bverstände nicht die Erregung, die deswegen in den republikanishen Parteien und republikanishen Gruppen im Lande entstanden sei. (Nuf rechts: Weil es Mache ist!) Man könnte bielleiht zu dem Schluß kommen, daß die Maßregel, gerade wenn sie für harmlos und politis unwichtig gehalten wurde, mit den Parteien, zum mindesten den Regierungsparteien, vorher hätte besprochen werden können und müssen. Jh glaube, man stellt sich auch auf seiten der Linken auf den Standpunkt, daß es sich doch um Fragen gehandelt hat, die das Parlament, die Vertretung des Volkes, den Reichstag im Grunde gar nichts angehen, ja, wenn das richtig ist: Sie haben doch mit allen möglichen anderen Leuten vorher Fühlung enommen Gespräche und Unterredungen gepflogen. Sie berufen fb auch au Ihre G RN Uo mit: den“ Auslandsdeutschen, worunter natürli in erster Linie zu verstehen sind die Honoratiorenklubs. (Sehr wahrk bei den Sozialdemokraten). Sie berufen si auch auf Wünsche der Hamburger Großkaufleute und Senatoren, Sie berufen sih darauf, daß Sie mit diesen Fühlung und Nücksprache genommen hätten, ja, die Initiative in diesem Falle sei zum Teil auf Anregung von deutschen Vertretern im Auslande gekommen. Vielfach n gesagt worden, ‘aß unter den diplomatischen Vertretern im Ausland, die diese NRege!ung der Flaggenfrage befürwortet hätten, si auch Mitglieder der Sozial- demokratischen Partei befunden hätten. (Zuruf rechts: Rauscher!) Jch wäre schr dankbar, wenn der Neichsaußenminister Gelegenheit nähme, diese Behauptung entweder zu bekräftigen oder aber richtig zu stellen. (Abg. von Gräfe ruf: abermals: Rauscher!) PY abe bisher nicht gewußt, daß Sie (zu Herrn von Gräfe) um Geheimnisse des Gesandten Rauscher wußten. (Große Heiterkeit.) Jch wäre also dem Außenminister sehr dankbar für nähere Mitteilungen. Wenn E wovon wir nickts wissen, sich irgendwie in diefer Nichtung geäußert hätie, so würde das unseren Standpunkt zu dieser Frage nicht im allergeringsten ändern. Sie (zur Regierung) haben M mit Auslandsdeutschen, mil Hamburger Großkaufleuten und In in Verbindun aeb und mit ihnen gesprochen über die Notwendig- Feit und ZweEmäßiokeit Ihres Vorgehens, nur nicht mit den Parteien, nur nicht mit dem deutshen Reichstag. Das ist eine sehr merkwürdige Vergeßlichkeit, die durch nichis gerechtfertigt werden kann. Wir können uns nicht ganz des Eindruckes er- wehren, daß die Praxis der Regierung in leßter Zeit dahin geht, das Parlament mehr und mehr in den Hintergrund zu drängen und mit einer beabsichtigten oder nichtbeabsichtigten Gering- Cum zu. behandeln, So war es auch bei dem Bustandekdmumen es deutsch-russischen Vertrages. Sie wissen, daß meine Fraktion ihn billigt. Eigentümlih aber war: die Art, wie alle möglichen anderen Leute und cFnstanzen von der Vorbereitung des Vertrages untervichtet waven, während weder das Parlament noch der Aus- wärtige Ausschuß offizielle Fnformationen erhielten und wir darauf angewiesen waren, aus der ausländischen und inländischen Presse unsere Nachrichten zu holen. Auch diese Art war stark danach angetan, den Verdacht zu erwecken, als ob man gui! sei, das Via S als eine Art von Quantits négligeable zu betrachten. bg. e H besonders ruft: Es war das Recht der Regie- run) Es ist besonders interessant festzustellen, daß der Führer der Deutschnationalen erklärt hat, das viel mehr. (Lebhafte Hört, hört!-Rufe links.) Gerade die jezige Regievung, der eichsfanzter Dr. Luther, hätte allen Anlaß, sih vorher mit den Parteien zu verständigen; denn ex weiß, er steht an der Spiye einer Minderheitsregierung, er weiß, wie er es doppelt notwendig hat, in seinen Maßregeln vorsichtig zu sein, wie doppelt notwendig er es hat, de der Zustimmung „einer Regie=- rungsparteien zu versihern, ehe er einen solhen Schritt unter- nimmt. Ueber das, was mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist, pflegt es ja immer starke Meinungsverschiedenheiten zu geben. Wir haben es ja eben wieder erlebt bei den Geseßen Uber die Fürstenabfindung. Fch hüte mih natürli zu sagen, daß der Re ierung ein weites Gewissen besißen; aber bewundern muß ih doch die erfo ihrer FJnier-

arlament sei auch nicht

pretation. Der Wortlaut des Artikels 3 der Verfa rieg ais nicht verleßt, er enthält aber hon ein sehr böjes Kompromi durch die Fes ung der Reichsflagge Schwarz-Rot-Gold und der Handelsflagge Schwarg-Weiß-Rot mit der \chwarz-rot-goldenen Gösh. Jede Verordnung muß im Einklang mit Wortlaut und Sinn der Verfassung sein. Für jeden vernünftig Denkenden ist es elbstverständlih, daß die shwarz-rot-goldenen Farben zu wehen aben auf den staatlichen Gebäuden des Reiches und im Ausland. ie Handelsflagge ist freilih auch verfassungsmäßig, aber doch nur für HandelZinstitutionen. Das sind nach der Auslegung D nah rechts) nahestehender Juristen die regelmäßigen andelsschiffe der deutshen Nation. Einige Gesandte, wie der

Vats: E E E