1904 / 54 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Mar 1904 18:00:01 GMT) scan diff

ualität f i;

Q mittel |

Marktort

gering

gut

Gezah

[lter Preis für 1 Doppelzentner

niedrigster

M.

bödhster M.

M

niedrigster

bödjster M

i.

niedrigster böchster

|

M

Verkaufte Menge

Doppelzentner

Durchschniits- prets für 1 Doppel- zentner

M.

Am vorigen Markttage

Durch- \chnitts- preis

M

dem

Außerdem wurden

am Marktt

a (Spalte D

nah übershläglide Schätzung Ea Doppelzentner (Preis unbekannt)

Frankenstein i. Schl. Lüben i. Sil. . d :

ScMhonau a. K.

MAIberitadt. .

Eilenburg .

Marie

Goslar

Duderstadt

Hakerborn

Net.

Dinkelsbühl.

Biberach . .

Ueberlingen . A L Daun O Mülhausen i. E. .

x N Bemerkungen. Die verkaufte

Menge wird

11,40 10,85 10,40 12,10 13,25 12,20 12,30 11,67 12,20 13,00 12,80

12,75 14,00

|

11,40 11/10 10,60 12,30 13 25 12,20 13,00 12,00

12,30 13,20 12,80

12,75 14,00

en en j D ird auf volle Doppelzentner und Ein liegender Stri (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung,

11,60 11.35 10,70 12,30 13,75

13,10 12.00

11,40 12,30 13,40 | 13,32 | 13,00 |

| 18/00 I 14 50

11,60 11,60 10,90 12,90 13,75

13,50 12,33

11,40 12,40 13 60 13,32 13,00 13,00 s 1450

11,85 11,10 12,50 14,29 12,40 14,00 12,33 13,10 12,40 12,50 13,80 14,00

13,25

Noch: Hafer.

|

12,10 11.20 12,70 14,29 12,40 15,00 12,67 13,60 12,40 12,60 14,00 14,00

13,25

der Verkaufswert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. Der Durchs daß der betreffende Preis niht vorgekommen ist, ein Punkt (.

. . .

12,30

12,13 13,33 12,00 12,32 13,46 13,30

43 14,33

12,20

12,18 13,27 12,00 12,24 13,60 13,04

14,00

|

D S

DODO O bobo E S

24 9.

DO DODO O O DO DO

chnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

) in den leßten sechs Spalten, daß entsprechender Det felt,

Deutscher Reichstag.

47. Sißung vom 2. März 1904. 1 Uhr.

Tagesordnung :

Etats der Reichs justizverwaltung.

Ueber den Anfang der Sizung wurde in der gestrigen Nah dem Abg. Dr. Müller-

¿ummer d. Bl. berichtet. Meiningen (fr. Volksp.) nimmt das Wort der

Staatssekretär des Neichsjustizamts Dr. Nieberding: Der Herr Vorredner hat zunähst nah dem Stande der Gesetz- Da liegt die Sache so: Die Herren wissen, und der Herr Vorredner hat das ja erwähnt, daß wir einen vorläufigen Entwurf, der unter Zuziehung eines größeren Kreises von Sachverständigen aufgestellt war, im vorigen Jahre der Unfer Wunsch ging damals dahin, da

gebung über den Versicherungsvertrag gefragt.

öffentlichen Kritik übergaben.

Fortseßung der zweiten Beratung des Reichshaushaltsetats für 1904 bei den Ausgaben des

Material aus der fich an diese Publikation knüpfenden Kritik bi

Weihnachten zu erhalten und dann an die Aufstellurg des definitiven Entwurfs zu gehen, dessen Beschleunigung mir ebenso am Herzen liegt Da waren €s nun gerade große Interessentenkreise, die bis zum Ende des Jahres #ch außerstande er- klärten, eine ausgiebige Kritik, die ihren Interessen gerecht würde, zu dem Entwurf zu liefern, und mit Rücksicht auf die uns von den Interessenten gewesen, den Abs{luß der eine

wte dem geehrten Herrn Abgeordneten.

zugegangenen Wünsche find wir genötigt Zwischenzeit bis Ostern zu verschieben.

Arbeit bereitet. JIch sage: wir {ind

sein dem Bundesrat die Vorlage zu machen: der danah noch im Laufe des Sommers mit dieser Arbeit ih befassen können, und ih denke, es

Jahres

Inzwischen {ind Herren, bereits an die Durcharbeitung des Materials gegangen, das sehr [chäßbare Anhaltspunkte für die Revision des Entwurfs catbält, das aber auh vermöge seiner breiten Anlage und weitläufigen Dar- stellung der Gedanken uns sehr viele, viclleiht vermeidbar gewesene an tie Durharbeitung des Materials {on herangetreten, und ich hofe, wir werden im nächsten Vierteljahr diese Arbeit auch zu Ende führen und dann in der Lage Bundesrat

gesctgeberischen wird fehr lange Zeit kostcn, nahdem die hohen Regierungen im Laufe des vorigen enntnis von den Vorverhandlungen genommen haben,

wir, m

nicht

Ke einer abs{ließenden Vorlage, die für den Reichstag bestimmt ist,

fommen.

Der Herr Vorredner hat sih dana der Frage der bedingten

gnadigung zugewandt und hat im Anschluß an einige

doch noch

den

hängig gemaht wurde. Ja, da muß ih dem redner erwidern, daß dieser Ruhepunkt treten angesehen werden kfann, wenn in die Zahl der definitiven Fälle, die vermöge dem Gefängnis entzogenen Persönlichkeiten Sie also im zweitvorlezten Jahre, um 17 9/6, 36 9%, und gegenwärtige, wie die dem Neichstage gemacht haben, ergibt, um 21 9/0,

stetig im und zu einem Nuhepurnkte gekommen sind.

fich ausdrückt in einer gewissen nisse der bedingten Begnadigung,

Gleihmäßigkeit aus8gedrüdkt

gegenüber zur Anwendung kommen.

weit von dieser Grenze entfernt sind, wir haben fie ak

erreicht.

der bedingten Begnadigung besteht.

gnadigung in derselben

Iustizverwaltungen zu danken, die immer toieder

Mm «ch t

die ih die Ehre hatte, im vorigen Jahre hier im Hause zu machen darauf hingewiesen, daß doch jeßt wohl der Rubepunkt eingetreten fei, von dessen Eintritt die geseßlihe Regelung der Materie damals ab Bor nit einge- eßten vier Ja Begnadigz

b

der bedingten

in der der damit bedahten Personen, muß aber einmal fommen, da doch nah bestimmten gleichmäßigen Grundsäßen verfahren wird, die einer bestimmten Durchshnittszahl von Sträflingen oder Angeschuldigten Ich glaube nit, daß wir fehr ver noch nit Meine Herren, ih kann Jhnen nicht verhehlen, daß, wenn wir fie noch nit erreiht haben, dies zum Teil in der Abneigung be- ruht, die in manchen rihterlihen Kreisen gegenwärtig noch gegenüber Wenn sich die bedingte Be- Weise weiter entwickelt, wie das die erwähnten Zablen für die Vergangenheit kund tun, wie es uns allen, den ver- bündeten Regierungen wie dem Reichstage, zur Genugtuung gerciht, fo ist das großenteils den unauêsgesezten Bemühungen der deutschen und immer wieder darauf hingewiesen haben, wie es notwendiz sei, im möglichst großen

Zur

Herrn als

V

Jahre

ter

Umfange von der bedingten Begnadigung Gebrauch zu machen.

Zeit ist keineswegs die Meinung so allgemein wie wir es wünschen in Nichterkreisen vertreten, daß die bedingte Begnadigung allerdings Die Ziffern ergeben aber, daß auch nach dieser Richtung eine wohltätige Reaktion in richterlihen Kreisen sih geltend macht, und wir wollen hoffen, daß #fich auch in Zukunft | die Steigerung der Ziffern so zeigen wird, wie es in den leyten

eine wohltätige Institution sei.

Jahren der Fall gewesen ist.

Der Herr Vorredner hat einen mir unbekannten, nah seiner Dar- | stellung allerdings eigenartigen Fall erwähnt, der sich in Düsseldorf

N

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cmerkungçen,

wird

Lir on Lci

ist in dem ersten Jahre um 3 9/% gewachsen, im zweiten Jahre, vorletzten gedruckte Vorlage, die wenn

unt wir wir er- warten dürfen, daß diese Steigerung in den nähsien Jahren fh noch weiter fortsezen wird, fo, glaube ih, kann man nicht sagen, daß wir Ein folher Nubepurkt, der GSrgebs-

Zabl

4 Fi

5

Ing sich gesteigert hat.

So

bis now die einar beha!

nôtig Zwrois

bezogen hat. [afsen.

Der Herr Vorredner hat dann einen Mißstand berührt, der in der leßten Zeit mehrfah in der Presse zur Sprache gekommen ist und auch zu unserer Kenntnis gelangte. daß mannigfah Auszüge aus den Geburtêregistern gemacht und den Interessenten eingehändigt werden, in denen Mitteilungen enthalten find, die für die betreffenden Personen unbequem sind und die nah Meinung der Beschwerdeführer sehr wohl wegbleiben könnten. in dieser Beziehung den Wünschen Rechnung getragen werden kann, das unterliegt zur Zeit der Erwägung. merkung des Herrn Vorredners gery Veranlassung entnehmen, der Sache einen schnelleren Fortgang zu geben.

Dann hat der Herr Vorredner den Wunsch ausgesprochen, daß die Strafprozeßordrungskommission schneller arbeiten, wenigstens in Meine

Wünschen Sahlage

des

sieben endig,

in der beiten

deln

fie gründlich sein sollen,

haben,

chenraum

eingetreten. Wochen wenn nächsten Man kann derartige Dir alle acht Tage

wollen. und auch Konferenzen wenn ich kann nur wiederholen, was ih in dieser Beziehung gestern mir erlaubt habe, dem hohen Hause darzulegen die Verhandlungen auf Autorität gegenüber der Regierung müssen sie den Charakter der Gründlichkeit an sh tragen, und wenn muß den Berichterstattern und deren Mit- arbeitern Zeit gelassen werden, um sich in die Materie cinzuarbeiten. Meine Herren, die Zeit, die wir auf folhe Weise den Mit gliedern der i anders beschâftigt sind, um

Kommission,

2 zwi

ih den Herrn Nedner verstanden.

zusamme Herren Tagung

die

ihrer

jen déx

die

n, ‘Die

Zwischenzeit

entsprechende

kürzeren Intervallen arbeiten möge, als es zur Zeit geschieht. Herren, in dieser Beziehung ist bereits eine, wie ih annehme, den Herrn Vorredners

ih vollständig in

zur

in déêr

Kommission auch cin Wort mitzureden.

nächsten Session in __ Abg. Thiele (Soz.): Der Minister Schönstedt meinte neulich, die Justiz habe feine andere Aufgabe, alt Die Justiz soll ja in ihrer Amtétraht mit vzer-

also das Necht.

bundenen Augen herumgehen; aber wir finden, daf Binde ret bedenklih lüftet, daß si? doch die Personen ansi:ht, ß fie nah der Nationalität entscheidet, dana, ob der Angeklagte Pole, Man hört hier reden ron einem Minus an WBer- trau n, das die Richter beute in Deutschland genießen. Sehr viel Deutsche haben überha! pt fein Vertrauen mehr zu den Yichtern. temokraten stehen diesen Justizirrungen ebenso ruhig wie anderen wunderbaren Erschzinungen des heutigen Staates gegenüber. wissen, es ist eine Fabel, von dem gleichen Recht für alle zu \precken ; das Necht nur der Niederschlag der politischen und wirtshaftlichen Interessen der jeweils herrschenden Klassen ist. Die Gesetze werden in diesem Sinne ausgelegt. elfah irrtümlihe Urteile. eine Nolle.

rteile erster Instanz in der BVerufungs- und Nevisionsin Selbst bei dem \{wierigen is 1901 von 99 vollständig Wie viele Fälle ungerechtfertigter Verurteilung werden in erster

der Gerichtsfkollegien ! urteilungen erfolgt.

Elsasser, Däne ift

wir

vera! Gese

dage

Jedes

der l ist in dieser Beziehung sehr bezeichnend. Wiederaufnahmeverfhren vorgenommenen halten.

wissen, daß

laßt vi fe Iplelt

gen

Jahr

hierbei

erhalten

Berurteilungen Instanz

Wegen Achnli

wir ei

wurden

gefällt, Nötigung

yon nur

gerecht und

als

Verhandlung

Anspruch

1896

selbst find 1902 liegt es in Fällen des Mißbrauchs der Amisgewalt. Wenn alle dieje Fälle bestra\t wütden, so würden ganz andere Ziffern zum Vorschein kommen als die in der Statistik steben. Wie oft nehmen Gendarmen auf dem Lande Haussuchungen vor, ohne daß sie sich an die im Gese vorgeschriebenen Formen halten, ohne Zuziehung von Zeugen usw. welhes Meer von Unrecht wird jedes Jahr im Namen der Könige, Großherzöge usw. in Deutschland geübt! Z ne Unmenge sih über Rechtt verweigerungen und Rechtsverleßungen durch rihter- liche Beamte beschweren, und zwar aus allen Teilen Deutschlands. Wir haben gestern die Beshwerden der Polen gehört. engeren Heimat wurden mehrere Arbeiter angeklagt, daß sie die

¿weiten

Zwischenzeit gewähren, ist die mindeste, die die Herren Aufgabe ersten so, glaube i, wird cer fo erheblih nit sein.

werden. Lesung

die Wahrheit

na

von

Veränderung Die Kommission tritt jeßt etwa alle fünf ist absolut Materie, soll,

die kommen freilih sehr flüchtig abhalten ;

der pur 0

Petitionen,

ereignet habe; dort sollen nach dem Zeugnis eines Geistlichen Geld- strafen, die gegen Schüler verhängt worden waren und nit eingezogen werden konnten, dadurch zu ihrem Rechte gekommen sein, daß man sie in Gefängnisstrafe gegen die Schüler umgewandelt habe. So habe Ich halte das bis auf weiteres für unmöglich; ih nehme an, es handelt sich um ein Mißverständnis bei dem Berichterstatter, dessen Mitteilung der Vorredner gelesen hat. Es dürfte fi wohl um Versäumnisstrafen bezüglich der Schule handeln, die verhängt worden find über die Eltern und gegenüber den Eltern in der Form der Gefängnisstrafe zur Geltung gekommen sind. mir die Sache nicht erklären, würde aber dem Herrn Vorredner ver- bunden sein, wenn er mir die Notiz mitteilen wollte, auf die er \sih Ich will gern nähere Nachforshungen darüber eintreten

Anders kann ich

Es wird nämlich darüber geklagt,

Ich werde aber aus der Be-

nahen wollen,

dcch auch

Was

; fie manhmal die \ daf

Wir Sozial-

_ Das perfönlihe Moment Aber auch die Unklarheit der Die grokße Zahl der Aufhebung

aufrecht

In meiner

Ob

der

aber

den betrifft, Darüber hat ja die Ich kann mich in dieser Be- ziehung bestimmter niht auésprehen, aber ih habe allen Anlaß zu der Annahme, daß die Dispositionen seinerzeit so werden getroffen werden, daß der Herr Vorredner keine Veranlassung hat, in der dieser Beziehung Klage zu führen.

zu finden,

Wir

tanz

1000 er-

Meinung Vers

die

hätten. lung nicht aufgelöft,

Gefängnis verurteilt, eines D Zusatz gegeben hatte :

verurteilen !*

Die verschicdenen Senate de

Streikvergehen bekommen ° strafe verhängt.

würdigt.

nur sistiert worden sein. lassung. kann.

gezogen werden

eine Verschleierung konnte

Unterfuchungen nicht geseßt werden kann. viel Staub

zur Verhandlung verweigerung

Unverfolgbarkeit. nicht bestehen.

Meine Herren!

N of VTY

nehmen s\cheint, um

ing geführt, rweigerung sech8 ‘Monate Diese Auffassung widerspricht durhaus der Verf dem Abgeordneten während der Daver der

Daten, die er wünscht, enthält.

Versammlung troß der Aufforderun

sondern

Das führt eine Rechtsunsicherheit herbei, die da pflege ershüttern muß. Nach einer Notiz Erste Staatsanwalt in Hannover zirts angewiesen haben, in allen Freisprehung Das ift doch unglaublich. Was in Breslau an Bestrafungen wegen 1 hen geleistet wird, geht wirklih über die Hutschnur. Könnten wir nit eine Uebersicht über die Art und Höhe der S die im Laufe eines Jahres in den Einzel : Es werden jedes Jahr 50—60 000

!t T Der Artikel 31 des Reichsverfassung, mmunität der Abgeordneten, wird von den Gerichten nit voll ge- Ich felbst habe das an meinem eigenen Leibe erfahren. Redner schildert den Verlauf des Prozesses, in dem er im Januar während der Neichstagsferien, dann während der Situngsperiode des Reichstags zwangêweise verhaftet wurde. Der Richter habe einen Unterschied gemacht zwischen Verhaftung und Sistierung.

i t g der Gentarmen nicht verlassen Die Arbeiter entgegneten, der Gendarm hätte die erin, l __fondern nur geschlossen. meinte aber, das wäre ganz gleihgültig. sehr {chlimme Rechtsverletzung.

Der Staatsanwalt Darin liegt doch eine i Ein Kollege wurde zu sechs Wochen is weil er einem Bericht über die Verurteilung [iziers wegen Mißhandlung eines Burschen den :_ „Welche Humanitätsduselei, 1 __ Der Staalsanwalt hatte d Urteile der Gerihte widersy Streikpostenstebßen erlaubt if

ironischen den Offizier zu rei Monate beantragt. rechen einander in vielen Fällen. Was beim st und was nit, weiß heute kein Mensch. elben Gerichts widersprechen einander \ogar. s Zutrauen zur Hechts- i in den Zeitungen foll der sämtlihe Amtsgerichte seines Be- ca Berufung einzulegen.

Die

i, trafen, staaten verhängt werden, C er ta Jahre an Gefängnis- betreffend die

ie Ich foll, fährt der Redner fort, L worden | Diesen Unterschied kann ih nit gelten lasjupg. Die Verfassung schreibt vor, daß während der Sessionsdauer letn Abgeordneter ohne Genehmigung des Reichstags zur Untersuchung J V Die Gerichte und Staatsanwalte klammern ih nun an dieses „zur Untersuhung ziehen“. Zweifellos hat der Geseßgeber diesen Begriff im weitesten Sinne aufgefaßt und verhüten wollen, daß „das Hauptverfahren während der Verhandlungen des Reichstages eingeleitet werden kann. |

Mein Prozeß \{chwebt seit 1892;

daß

durh das Nuhen des Prozesses nicht ein- treten. Na dem Gefeß ruht die Verjährung Su YE: E wo begonnen oder die Strafverfolgung nicht fort- n. Meine zwangsweise Vorführung hat seinerzeit L ub aufgewirbelt. Man ist fast allgemein der Meinung, wenn hon die Eröffnung des Hauptverfahrens zulässig wäre, dies auf feinen Fall bezüglih meiner zwangéweifen Vorführung der Fall sei. Der Geheime Kriegsrat Nomen hat im „T0g" die Meinung ver- treten, daß, wenn gegen einen Abgeordneten vor Beginn der Session Strafantrag gestellt sei, dieser Abgeordnete niht nur zwangsweise er auch wegen Zeugnis-

im Gefängnis behalten werden könne.

die

Nur zwei Bemerkungen. Ausführungen hat der Herr Abgeordnete, der soeben seinen Platz ver- ließ, den Wunsch ausgesprochen, daß die Neichsjuîtizverwaltung doch einmal eine Statistik aufstellen möge, welche ersehen lasse, wie häufig in jedem Oberlandeëgerichtsbezirk gestraft werde und wie hoh die Strafen für die einzelnen Arten von Straftaten seien. mir, den Herra Abgeordneten hinzuweisen auf die Kriminalstatistik Deutschen Reichs, die jedes Jahr erscheint und die alle die Es handelt si nicht, wie er anzu-

Justizstatistik , statistik ist ein anderes Werk; die Justizstatistik ersheint bloß alle zwei Jahre, die Kriminalstatistik aber alle Jahre und ist eine viel

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

die

assung. Sie gewährleistet l De r der Sißungspericte völlige Bei der jetzigen Klassenjustiz kann die Gerechtigkeit

Im ersten Teil seiner

Ich erlaube

Kriminal-

umfangreihere Bearbeitung über die jährliche Strafrehtépflege. Der Herr Abgeordnete hat dabei die Absicht ausgesprochen, die statistischen Zahlen zu verwenden, um einmal zu beweisen, auf wie boch der Gesamtbetrag der Gefängnisstrafen sich beläuft, die jährlih im Deutschen

Reich über Staatébürger verhängt werden.

scheinlih auh aus der Statistik entnehmen

sachlich nicht

als erspricßlich,

Er kann das ja wahr- ih betrahte das aber folch2 Zusammenstellungen können

höcstens einen agitatoris{hen Zweck erfüllen und werden dann in der dessenungeachtet will ih den Herrn Abgeordneten doch darauf aufmerksam machen, daß er die Zahlen, die er wünscht, in den jährlihen Publikationen der Reichs-

Beyölkerung mißverstanden werden

justizverwaltung finden kann.

Dann komme ich zu

Darstellung in diesem

dem

Winter

aller Interpretationskunst spotte.

,

persönlichen Herrn Abgeordneten nach seiner im wesentlihen wohl zutreffenden Gegen den Herrn Abgordneten ist vor Eröffnung der Session ein Strafverfahren einge- [leitet worden, dieses Strafverfahren dauerte fort während der Session, während der Session ging dem Herrn Abgeordneten eine Vorlabung zum Verhandlungstermine zu, der Herr Abgeordnete weigerte sich, der Vorladung des Gerichts zu folgen, oder vielmehr er beanstandete zu- nächst die Vorladung, folgte aber dennoch, nachdem ihm der betreffende Beamte klargemacht hatte, daß andernfalls gegen ihn mit Zwang vor- gegangen werden würde, tamit er den Befehl des Gerichts respektiere. Der Herr Abgeordnete behauptet, dies widersprehe dem Artikel 31 der Reichsverfassung, und er bemerkte dabei, dieser Artikel sei so klar, daß er Der leßteren Ansicht bin ih auch, ih komme aber zu einem umgekehrten Resultat, zu dem Resultat,

begegnet ist.

Erlebnisse,

das dem

daß die Vorführung des Herrn Abgecrdneten, nachtem er ih ge- weigert hatte, dem gerichtlißen Befehl, was ihm übrigens leicht ge- wesen wäre, Folge zu leisten, im Geseß begründet ersheint, daß das Gericht im Recht war, und keine Bestimmung der Reichsverfassung, insbesondere auch nicht Artikel 31 dem Vorgehen des Gerichts ent- gegenstand. Der Artikel 31 enthält zwei Bestimmungen, die uns hier interessieren. Jn seinem ersten Absaße sagt er, daß während der Sessicn des Reichstags über keinen Abgcordneten ein Unter- fuchungsverfahren cingeleitet werden fann und fein Ab- geordneter in Haft genommen werden darf, es sei denn, daß der Neichstag seine Genehmigung dazu erteilt, Und in einem weiteren Absatz sagt er, daß cin {chwebendes Untersuungsverfahren, das heißt also ein vor der Eröffnung der Session eingeleitetes Untersuhungs- verfahren auf Ve‘cchluß des Ncichstags eingestellt werden muß. Diese leßtere Beslimmung kat den Zneck und sie wäre sinnlos, wenn sie diesen Zweck nicht hätte —, ein Verfahren, das vor Beginn der Session erêffnet worden ist, während des Laufes der Sesfion zur Ein- stellung zu bringen. Der Neichëtag hat tarüber zu bestimmen, ob während der Session ein Verfahren gegen einen Abgeordneten foctdauern soll oder nicht ; will er das nit, so kann er die Einstellung des Verfahrens berbeiführen. Lag es also in den Wünscken des Herrn Abgeordneten, ein Verfabren, das vor Beginn der Session gegen ihn eingeleitet worden war, während der Session ruhen zu lassen, so hatte er es fehr einfa, es bedurfte nur eines Antrages beim NReistag. (Sehr richtig! rechts.) Der Reichstag häite, wie ih die Praxis des hohen Hauses kenne, zweifellos diesem Antrage entsprocken, und dann war dem Wunsche des Herrn Abgeordneten Genüge geschehen, ohne daß es der Bezeugung ciner Respektlosigkeit gegenüber dem Gerichtshofe be- durfte.

Der Herr Abgeordnete beruft sch nun allerdings darauf, dag die Snlerpellation, dié ex entgegen meiner hier dar- gelegten Auffassung dem Artikel 31 der Reichsverfassung gibt, der biéherigen Praxis des bohen Hauscs enisprecke. Dies bestreite ih (sehr rihtig! rechts) und erwarte den Beweis. Wir haben einen Fall in den Geschäfteordnengéverhandlungen des Reichstags aus dem íSahre 1874, wo cine ähnlicke Frage behandelt wurde, wo es sih zwar nicht um eine Vorführung, aber doch um ein Zwangs8verfahren gegen einen Abgeordneten handelte; damals hat die Eeschäâfte- ordnungsfommission des Reichstags ausgesprocen, daß nur Unter- suhungsverfahren im gerihtliden oder disziplinaren Wege der Be- stimmung des Art. 31 der Reichsverfassung unterliegen, daß aber die geseßlider Zroangêsmittel nicht unter tie Bestimmungen dieses Artikels falle. Meine Herrcn, ich glaube, diese Auffassung, die tamals die Geschäfts8ordnungs- kommission des Reichstags vertreten hat, die, soviel mir bekannt, bitber au kcinen Widerspru im Haufe selbst erfahren hat, ist durchaus begründet, wenn man die Geschichte dieses Artikels sich ansieht. Ich gehe tarauf nicht weiter ein; die Zeit des hoben Hauses gestattet mir das niht. Ich konstatiere nur: die Geschichte dieses Artikels und die Fassung dieses Artikels, wenn seine Formulierung überhaupt eincn Sinn haken fol, die Geschichte der cnt- sprechenden Bestimmungen der preußishen Verfassungsurkunde, die Auélegung des Artikels der Ve1fassungsurkunde Preußens und der Neichsverfassung in der Wissenschaft, die Praxis des Kammergerichts, die noch fkürzlih durch ein Urteil festgestellt worten ift, und die Praxis des Meichsgerihts, für die zu dieser Frage ebenfalls einige Urteile verlicgen, stimmen darin überein, daß das Verfahren des Gerichts, tas der Herr Abgeordnete hier angegriffen hat, ein gesetlihes gewe"en ist, daß keine Veranlassung vorliegt, Hier eine Beschwerde zu erheben.

Glaubt zer Herr Abgeordnete aber denncch, daß die Sache weiterer Beachtung und Prüfung wert sei, fo ist dies ja leicht zu laben: das hohe Haus brau@t nur zu beschließen, daß es die Frage der Geshäfts- ordnungésfommission überweisen wolle; daun wird die Sache zur erneuten Verhandlung kommen und wird die bisber hon immer klar gewesene und nah meiner Meinung unbestrceittare Sachlage nur nochmals durch den Beschluß des Reichstags festgestellt werden.

Anwendung

L A

ferne

Lai

Nbg. Baramann (fr. Volkêpy.): Ih will über den Fall Thiele ein abscließendes Urteil nicht abgeben, es scheint aber, taß die Frage der Geschäftsordnungéfkommissson überwiesen werden muff, da wir alle das gleiche Interesse an der Kla:stelung haben. Der Abg. Thiele erhielt die Vorladung zu einer Zeit, wo der Reichstag nicht versammelt, er also nit in der Lage war, einen Antrag an das Haus zu stellen. Jh will niht bestreiten, daß die Frage der Ueber- 6 0h des Neichégerihts niht ohne Bedeutung ist, eine gewisse Entlc\tung würde {on dann eintreten, wenn die Berufung egen die Urteile ter Strafkammer wieder eingeführt würde. s gitt aber doch andere Fragen, die die Volksscele viel liefer erregen als diese. Dahin gehört vor allen Dingen die Fesselung gerihiliher Gefangener. Unstreitig findet fh ein großer Uebereifer in der Anwendung der Fesselung da, wo sie durhaus nit nötig und angebracht ist. Dasselbe gilt von dem Tranêport durh die Straßen. Der Minister von Hammerstein hat zwar erklärt, wenn die Fesselung einigermaßen geshickt vorgenommen werde, so könne sie kein Mensch sehen, er hat sie als eine der harmlosesten Sachen von der Welt hingestellt, die sozusagen nur zum Spaß geschehe. In Wirklichkeit aber ift sie eine Demütigung allerärgster Art. Der Minister teilte mit, daß für sämtliche Tranéporte neue Bestimmungen getroffen seien, namentlich nach der PNichtung, daß die Transporktzettel die Polizisten sofort erkennen lassen follen, mit wem sie es zu tun hätten, und daß namentli nit folche Perfonen, die im Besig der bürgerlihen Ehrenrehte seien, mit fsolhen zusammen- gefesselt werden, denen die bürgerlichen GChrenrechte aberkannt seten. Mie aber ist gegen den oldenburgishen Landtagsabgeordneten Schmidt verfahzen worden? Redner schildert im einzelnen an der Hand von Zeitungéberichten die Behandlung, die dem Sozialdemokraten Schmidt zuteil geworden sei. Als er dem Polizisten gesagt habe, daß er Mit- glied einer gesetzgebenden Körperschaft sei, habe dieser geantwortet: So, Sie sind Abgeordneter, dann kommen Sie erft recht mit.“ Aller- dings sei dem Abg. Schmidt nacträglih cine Art Chrenerklärung zu- teil geworden, indem man ihm gesagt habe, daß der betreffende Beamte, wenn er es niht vorgezogen hätte, den Dienst zu quittieren, zur Verantwortung gezogen worden wäre. Jn ähnlich scharfer Weise fei auf Veranlaffung des Landrats von Weißenfels durch einen Wacht- meister Matthias in ganz unerhörter Weite gegen einen ganz un- besholtenen Staatébürger, der unwissentlich eine kleine Geseßcs- übertretung begangen habe, verfahren worden. Hinsichtlih der Kriminalität der jugendlichen Verbreher sei zu bezweifeln, daß die angeführten Ziffern cine so große Bewciékraft hätten, und ob nicht eine genaue Einteilung dieser nah den einzelnen Jahrgängen cin anderes Bild von den \{chweren Verbrechen durch Jugcndliche liefern würde. Die Verlangsamung der Prozeßentscheidung bei den Gerichten erkläre sh vor allem daraus, daß der Umfang der gerihtlihen Geschäfte so- wobl in Zivil- wie in Strafsachen seit Jahren über die Bevölkerungs- zunahme hinaus anwahse; es könne also nur mit Vermehrung des Richterpersonals dauernde Abhilfe geschafft werden. Von der Prügel- strafe ist es in diesem Hause, fährt der Nedner fort, seit wir nicht mehr das Vergnügen haben, den Träger der weißen Weste unter uns

zu sehen, ill geworden; ich Foffe, dieses Thema ist sür urs jetzt endgültig begraben. Was das Duell betrifft, fo hört man immer noch nichts von der Erfüllung des Reichstagswunsches auf seine strengere Bestrafung. Eine Reihe von Fällen, wie Hildebrandt-Blaskowit, von Ben- nigsen-Falkenhagen, batte die Bevölkerung in Aufregung verseßt und zu diesem Verlangen gefüh1t. Unfer leider verstorbener Kollege Munel meinte damals in der ihm eigenen ironishen Weise, es würde viel- leiht besser werden, wenn das Duell in die niederen Klassen ver- rflanzt würde, dann nürde es in den oberen sehr bald aufhören. Inzwischen haben \sich die Fälle des Duells wieder vermehrt, namentlich in militärishen Kreisen. Ich bitte den Staatssekretär um Auskunft über den Stand der Dinge. Dem Abg. Schöpflin muß dahin beigetreten werden, taß bei dem erwähnten Erlaß der Haft- befehle gegen die Redakteure und den Metteur sehr wenig vorsichtig ver- fahren worden ist; auch ih halte den Fall für typisch, wenn es sich um eine Entschädigung für uxshuldig erlittene Untersuhungshaft handeln wird.

Staatssekretär des Neichsjustizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Es is mir nicht bekannt, daß die verbündeten Negierungen die Absicht hätten, {on vor der neuen Kodifikation unseres Strafrechts ein besonderes Geseß zu erlassen über die Be- strafung des Duells. Ueber die Verhältnisse auf dem Gebiete des Militärwesens, von dem der Herr Abgeordnete behauptet, daß dort eine fehr starke Zunahme des Duellunmesens stattgefunden habe, bin ih nit urterrihtet. Wenn er diese seine Behauptung aber auch auf tie Zivilbevölkerung ausdehnen will, er hat sih darüber nicht ausgesprochen, schien aber auch für die Verhältnisse des bürgerlichen Lebens eine gcseßliche Regelung als dringlich rechtfertigen zu wollen —, so muß ih sagen, daß niht eine Zunahme des Duellunwesens in den leßten Jakbren eingetreten ist, sondern auf diesem Gebiete entshieden die Neigung zu einer Abnahme be- mera l De Q de uns in dieser Beztehung unsere Justizstatistik gibt, sind folgende: In der Zivilbevölkerurg find in den leßten 10 Jahren jährlich an Duellen vorgekommen 107, 110, 140, 154 die Zahlen der ersten ò Jahre —, in dem zweiten Jahrfünft sinkt die Zahl auf 299, 88, 91, 74. Meine Herren, tas ist eine schr erheblihe und erfreulihe Abnahme des Duellunwesen®- wie ich vem Herrn Vorredner gegenüber konstatieren muß. Dies Be- deutung diefer Zahlen zeigt sich aber dann erst recht, wenn nan in Betcacht zieht, daß diese Zahlen auch die Schlägermensuren im Studentenleben unter sich begreifen. Frühere statistische Aufzeihnungen aus dem Anfange des vorigen Jahr- zehnts berechtigen zu der Annahme, daß von sämtlichen in einem Jahre zur Bestrafung gelangten Duellen etwa auf das Studentenleben fallen, und daß von diesen drei Fünfteln etwa wieder 2/; auf die bekannten Mensurcn zu rechnen sind. Wir können also, ohne der Wahrheit Eintrag zu tun, annehmen, daß, abgesehen von dem Studentenleben, die Zahl der Fälle, jedes Jahr zur kriminalstatistishen Fesistellung gelangen, nur die Hälfte der Ziffern ausmacht, die ih die Ehre gehabt habe, Ihnen hier vorzutragen. Ich fonstatiere, das zu unser aller Genugtuung, glaube aber auh daraus den Schluß ziehen zu können, daß wir nicht nötig haben, diese straf- rechtlihe Frage aus dem allgemcinen Nahmen unserer Reformgesetz- gebung heraus- und vorwegzunechmen.

Der Herr Vorredner hat dann den Wunsch ausgesprochen, daß

ih auch ferner im Auge behalten möchte die Verhältnisse der jugend- lihen Delinquenten. Jch versprehe ihm das gern, es ift eigentlich selbstverständlich, daß eine \trafrehtlich und sozialpolitisch so wichtige Frage nit durch eine Erklärung, die ich gelegentliÞh in Neichstag abgegeben habe, erledigt ift, sondern fortdauernd von uns verfolgt werden muß. Dann endlich, meine Heiren, nötigen mich Herrn Vorredners über die Fesselung, die Aufmerksamkeit des Hauses noch auf einige Augenblicke in Anspruch zu nehmen. Ich kfonsiatiere zunäd st, daß die Grundsäße, die vermöge der Verständigung der Bundesregierungen untercinander, seit einigen Monaten zur An- wendung kommen, sih nit nur, wie der Herr Vorredner anzunehmen schien, auf die Fesselurig bei größeren Transportén beziehen, sondern auf alle Fesselungen, die im gerihtlihen Verfahren vorkommen fönnen. Die Grundsätze sind in einer einheitlichen Verordnung nit enthalten, weil die ganze Negelung außerhalb der Kompetenz des Bundesrats liegen würde. Es handelt sich um ein Einverständnis, das jede Regierung in ihrer Art, die meisten freilich übereinstimmend in der Form, aber doch jede Negierung nah ihren Bedüfnissen publiziert hat, die also nicht vom Reich publiziert sind, scntern die sich, soweit dazu in dem einzelnen Lande überhaupt Anlaß gegeben war, in den Gefeß- und Ver- waltungsblättern der verschiedenen Staaten vorfinden werden. Der Herr Vorredner wird sih in seiner Heimat ja über die einschlägigen Publikationen sehr leicht orientieren können. Ist ihm das s{hchwer, fo verweise ih für Preußen auf das preußPe Justizministerialblatt, da finden sich die Bestimmungen abgedruckt, der Herr Abgeordnete fann sih also da über die sahlich mit den in Oldenburg maß- gebenden Vorschriften übereinstimmenden Grundsäße {nell orientieren. Der Herr Vorredncr hat es dann für nötig gehalten, roch über die Art und Weise, wie die Fesselurg ¿ur Autführurg kommt, sich zu verbreiten und dabei zu bemerken, daß die Fesselung eine andere sei, wie sie Fitclio gegenüber angewandt wurde. Das ift ja ganz richtig; ih wüns{te nur, daß der Herr Vorredner auh dabei hinzugefügt hätte, daß nicht alle Leute, bei denen tie Behörden leider zur Fesse- lung genötigt sind, Fidelios sind. (Zuruf links.) Wir würden sehr glücklih sein, wenn uns durch das bessere Verhalten der Gefangenen geholfen werden könnte. Leider liegen die Verhältnisse aber doch nit so günstig, und wenn der Herr Vorredner dur seine Bemerkung ein unfreundlihes Licht auf unsere desfallsigen Einrihtungen werfen wollte, so glaube ich sagen zu dürfen, daß die leider notwendigen und in allen Ländern unentbehrlihen Einrichtungen gewiß nirgends bumaner sind als in Deutschland.

Der Herr Vorredner ist dann im Anschluß an diese stimmungen über die Fesselung der gerihtlihen Gefangenen über- gegangen auf die Fesselung der polizcilihen Gefangenen, die uns ja hier nichts angehen das ist Landessache, ih kann also na der Nichtung auch nicht Rede stehen. Er hat sih damit einen Weg ge- bahnt, um noh einige polizeilihe Willkürakte um in seiner Sprache zu reden hier vorzutragen. Ich gehe natürlih auf die Fälle nicht ein. Es ist das eben die Art und Weise, die ih {hon so oft mir hier erlaubt habe zu kennzeichnen, daß uns Dinge vorgetragen werden, die nur von einer Seite beleuhtet sind, daß also nur ein einseitiges Bild dem Reichstage dargeboten wird. (Sehr richtig! rechts.) Ich sollte meinen, ein Mann wie der Herr Vor- redner bätte keine Veranlassung, einseitige Darstellungen zu begünstigen. Aber aus dem, was der Herr Vorredner bezüglich der

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die Bemerkungen

des

Be-

beiden von ihm ges{ilderten Fälle hervorhob, crgibt sich dcch \o viel, daß die Reichsverwaltung mit den Dingen überhaupt nichts zu tun hat. Der eine Fall in Oldenburg bezieht sih auf eine Auseinander- seßung zwischen einem Polizeibeamten und einem Herrn, der gleich- zeitig Mitglied des oldenburgischen Landtags ist. Der Fall ist aber zur gerichtlihen Kognition nach seiner Darstellung gar niht gekommen. Nun, ich glaube, tem Herrn Abgeordneten keinen besseren Weg empfehlen zu können, als daß er sich mit seinen Vorstellungen an den oldenburgishen Landtag wentet. (Sehr gut! rechts.) Dieser wird doch für den Mangel an Respekt, der von seiten einer Behörde bekundet wird gegenüber seinen Mitgliedern, am ersten die rihtige Empfindung haben. Hierher gehört die Sache jedenfalls nicht. Ich kann mich darauf nicht weiter einlassen.

Aehnlich liegt es im zweiten Falle, in dem des Landrats in Weißenfels. Was in aller Welt hat. denn dieser Vorgang mit dem preußishen Landrat in Weißenfels zu tun mit der Reichsjustiz- verwaltung Wie foll sich denn der Reichstag mit einem solchen Fall beschäftigen können? Ih muß also au hier ein Eingeben auf die Sache wegen vollständiger Inkompetenz ablehnen und kann dem Herrn Abgeordneten nur empfehlen, mit seinen Beschwerden sich an die richtige preußische Stelle zu wenden. Wenn der Landrat nicht rihtig gehandelt hat, wird ihm jedenfalls das in zutreffender Weise von der zustäntigen Behörde bedeutet werden.

Abg. Stadthagen (Soz.): Es ift rihtig, daß Oldenburg nit in Preußen liegt, aber Oldenburg und Preußen gen im Deutschen Neihe. Jeder Fall, in dem zu Unrecht vorgegangen ift, in dem Neich8gesetze verleßt find oder das Recht des einzeluen verleßt ist, gehört zur Kompetenz des Deutschen Reichs, und diese Kom- petenz wid schon durch die Eingangsworte zur Reichsverfafsung aanz unwiderleglih festgestellt. Wenn also irgendwelhe Beamten, Landräte usw. in einem Einzelstaate die Geseßze übertreten, \o verlangen wir hier im Neichstage, daß dem Verlezten Recht und Genugtuung wird. Da kann kein Minister kommen un #ich weigern, vor dem Neichstage Rede zu stehen. Wenn ein preußischer Landrat unrecht getan, das Recht verleßt hat, so gehört dieser Fall ebenfalls vor unser Forum, denn wir find dazu da, dafür zu forgen, daß solche Rechtsverlezungen in Zukunft verhindert werden. Auf dem Gebiete des Duells, das geseßlich verboten ist, gesciecht in der Mißachtung des Gesetzes dasselbe, was man auf dem Gebiete des Bandendiebstähle nennt. Die anderen zu verständig, um zum Duell

Diebstahls gewohnheitsmäßige Bevölkerungsklassen halte ih für viel

überzugehen; aber gerade die Kreise, die dem Duell huldigen, sind dieselben, die über die Nobeitéverbrehen în den unteren Klassen zetern. Die Duelle werden nur verschwinden, wenn das Duell einfach als Totshlag oder Mordversuch bestraft wird. Herr Spahn bittet um Entlastung des NReichsgerichts; ih hoffe, daß die Mehrheit des Hauses und auch des Zentrums mit uns wie früher die Heraufsetzung der Revisionssumme ablehnen wird. Sonst wäre ja das Necht eine Ware, die nur dem Zahlungsfähigen zu Gebote stände. Wir würden einen großen Fortschritt darin sehen, wenn alle Nechtsfragen, die aus dem Arbeitsvertrag entstehen, von einem obersten Gericht einheitlich entshieden werden. Mögen doch mehr Richter, namentlich für Zivil- sachen, ernannt werden, oder möge man statt der heutigen obersien Instanz, die nod dazu an die tatsächliche Feststellung gebunden ist, Richter aus dem Volke einschen! Anderseits kann das Reich8geriht sehr wohl entlastet werden, wenn man das höchst scädlihe und Üüberflüssige Anklagemonovol der Staatsanwaltschaft einshränkte oder au

auf sie ein- wirkie, die Erhebung ungerechtfertigter Anklagen zu unterlassen.

Beute flagt der Staatsanwalt an ohne Gründe, er kann troy aller ihm ungün- stigen Gerichtsents{heidungen immer wieder dasselbe Delikt vor die Ge- ridte bringen; damit wird eine Unmasse Zeit den Gerichten genommen. Die Legende von der Unabhängigkeit der Richter muß dadurch zer- stört werden, daß die Richter wirklich unabhängig gemahi werden, au nach oben und in der Richtung, daß fie niht politische Streberei - treiben. Der Redakteur Zander der „Frankfurter Volks- stimme“ wurde wegen Beleidigung zu 300 ( Geldstrafe verurteilt. In dem Erkenntnis heißt es: Von Freiheitsstrafe sei mit Nüksicht auf bisherige Unbescholtenbeit des Angeklagten und die Leicht- fertigkeit, die in der von ihm vertretenen Partei üblich sei, abgesehen worden. Politishe Befangenheit liegt auch vor in einem Urteil, dur das ein Schlosser wegen groben Unfugs zu 4 Wochen Gefängnis verurteilt wurde, weil er in einem Wirtshause den Fürsten Bismarck mit Nücksicht auf die Emser Depesche beleidigt und dadurch das anständige zußörende Publikum in seinem Gefühl verleßt hätte. Das Urteil beruft sich an Stelle weiterer Gründe auf eine Rede des Neichskanzlers Grafen von Caprivi über diese Frage und meint, daß das, was dieser gesazt habe, unumstößliben geschihtlihen Wert habe. Wer, o sagt il weiter, Bismarck des Massenmords und der Depeschenfälshung bezichtige, müsse von blindem politischen Aberglauben beherrscht oder ein unfähiger Tor sein. Der Angeklagte verdiene wegen seiner niedrigen und ehrlofen Gefinnung und feiner böswilligen Verleumdungssuht eine exemplarishe Strafe. Solche Urtcile müssen das Volk mit berehtigatem Mißtrauen nicht nur gegen cinzelne Richter, sondern gegen unsere ganze Nechtsprehung erfüllen. Die Urteile einer großen Zahl unserer Richter zeigen einen auf- fallenden Mangel an juristischer Legik und Denkfähigkeit. Ih möchte den Staatssekretär bitten, darüber nadzudenken, ob den Forderungen der Strafprozeßordnung über: ll Rechnung getragen wurde, und ob die Urteile nit vielfah cine Unreife zeigen, die mit der Wifsen- schaftlichkeit, die man von ihnen verlangen kann, nicht vereinbar sind. Jene Richter, von denen ih gesprochen habe, haben ten innerlihen Drang, sh nach oben hin bemerkbar zu machen, wo- möglich ans Neichsgericht zu kommen. Von 100 Urieilen in Straf fammersachen mögen 90 ungercchtfertigt sein. Besonders im Osten gewinnt man den Eindruck, daß die dortigen Urteile einer direkten politischen Befangenheit entspringen. Es wird nicht nur die Unab- hängigkeit der Nichter angegriffen, sondern au die der Nechtsanwälte. Im vorigen Jahre wurde ein Rechtsanwalt von der Anwaltskammer zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er in einer Novelle einen Staats- anwalt verächilih) gemacht haben sollte, der in dem in der Novelle behandelten Mordprozeß eine Nolle gespielt haben foll.

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Die Ver- urteilung erfolgte, obgleih der Anwalt feinen Namen genannt hatte und der Staatsanwalt längst verstorben war, und obgleich es ich niht um einen Prozeßberiht, sondern um ein literarishes Kunstwerk handelte. Es ist unbegreifli, wenn gegen cin solches Urteil nicht in der Anwaltschaft sch ein Sturm der Entrüstung erboben hat. Der Staatssekretär sheint anzunehmen, daß, wenn das Gesinde die Herrschaft haut, dies verboten sei, wenn aber die Herrschaft das Gesinde haut, es erlaubt sei. Es kommen s{amlose, niederträchtige und gemeine Bestrafungen vor, wie ein Fall zeigt, der im vorigen Jahre passiert ist, wo ein junges Mädchen von 18 Jahren sih über einen Stuhl legen mußte. Der Gutsbesitzer {lug auf ihren nackten Körper und sagte dann zu seiner Frau: fo, ih kann nit mehr, nun {lage du. Schließlih bekam sie noch einen Schlag über den Kopf. Das Dienstmädhen entfloh. Sie erhielt einen Strafbefehl über 3 A und kehrte leider in den Dienst zurü, wurde abermals mißhandelt und entfloh wteder. Gegen den Guts- besißer wurde Strafantrag gestellt und er wurde wegen jener \hamlosen Hantlung zu 6 # verurteilt. Der Gutsbesiger klagte nun das Mädchen wegen Diebstahls an, fie follte einer armen Frau etwas Saz usw. gegeben haben. Das Mädchen wurde zu dret Tagen Gefängnis verurteilt, in der zweiten Instanz aber natürlich freigesprochen. Natürlich toben die Konservativen gegen den Vater, der sih in seiner Not an die Sozialdemokraten um Nat gewendet hatte, was er zu tun habe. Daher der infernalishe Haß gegen die Sozialdemokraten. Wenn es so weiter gebt, dann kann die Em- pôrung nur einen Grad erreichen, daß das Züchtigungsreht au ein- mal umgekehrt und sogar gegen s{huldlose Besißer angewendet wird. Was dem einen recht ist, t dem andern billig. Entgegen der