1854 / 42 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Am 13. Februar nahm die zweite belgishe Kammer ohne Berathung und einstimmig unter andern den zwischen Belgien und der Republik Uruguay abges{lossenen Handels = und Schiff= fahrtsverirag und den Gesebvorschlag an, welcher die Bestimmun= gen des Vertrags vom 1, September 1844 und der Zusat-Ueber= einkunft vom 18, Februar 1852 über den Transit der aus dem Zollverein kommenden und dahin gehenden Waaren aufrecht erhält.

Der pariser „Moniteur“ theilt in seinem Blatte oon 14, Februar das Schreiben mit, welches Se. Majestät der Kaijer Napoleon unterm 29. Januar d. I. an Se, Majestät den Kaiser

von Rußland gerichtet hatz es lautet folgendermaßen :

„Sire! Die Differenz, welhe zwischen Ew. Majestät und der otto- manischen Pforte entstanden is, hat eine so erne Wendung genommen, daß ih glaube, mich selbst direkt gegen Ew. Majestät üver den Antheil aussprehen zu müssen, den Frankreich an dieser Frage genommen, so wie über die Vorsorge, die ih getroffen habe, um die Gefahren abzuwenden, welche die Nuhe Europa's bedrohen.

„Die Note, welche Ew. Majestät an meine Regierung und diejenige der Königin Victoria hat übersenden lassen, sucht darzuthun, daß das von L!nfang an von den beiden Seemächten angenommene System des Druckes

-_.

allein die Frage verschlimmert habe. Es scheint mir im Gegentheil, daß

die Frage eine Kabinets-Frage geblieben sein würde, wenn sie niht dur |

die Occupation der Fürstenihümer aus dem Gebiete der Diskussion in das der Thatsachen verseßt worden wäre, Nachdem indeß die Truppen Ew. Majestät einmal in die Walachei wir denno die Pforte aufgefordert, diese Beschung nicht als einen Kriegsfall zu betrachten und legten auf dicse Weise unseren höchsten Wunsch ciner Versöhnung an den Tag. England, Oesterreich und Preußen verständigt, brachte ih eine Note an Ew. Majestät in Vorschlag, welche bestimmt war, eine gemeinsame Genug- thuung zun geben. Ew. Majestät nahm diesclbe an. Kaum aber hatte ich

diese gute Nachricht erhalien, als Jhr Minisker durch erläuternde Bemerx- |

fungen die versöhnliche Wirkung derselbeu zerstörte und uns verhinderte, in Konstantinopel auf die cinfahe Anaahme derselben zu drin- gen. Die Pforte ihrerseits hatte zu dem Noten - Entwurfe Mo- dificationen vorgeschlagen, welche die vier in Wien repräsentirten Mächte nicht unannehmbar fanden. Sie erhielten nicht die Zustimmung Ew. Majestät. Die Pforte, verlegt in ihrer Würde, bedroht in ihrer Un- abhängigkeit, bedrängt durch die Anstrengungen, welche fie bereits gemacht,

um eine Armee derjenigen Ew. Majestät entgegenstellen zu können, hielt |

es für besser, den Krieg zu erklären, als in diesem Zustande der Ungewiß-

\chwader erhielten Befehl, im Bosporus vor Anker zu gehen.

„Unsere Stellung gegenüber der Türkei war die einer Schußmacht, aber passivy. Wir ermuthigten sie nicht zum Kriege. Wir ließen ungaus- geseht dem Sultan zum Frieden und zur Mäßigung rathen, in der Ueber- zeugung, daß dies das Mittel sei, um zu einer Verständigung zu gelangen, und die vier Mächte kamen aufs neue überein, an Ew, Majestät andere Vorschläge zu rihten. Ew. Majestät zeigte diejenige Ruhe, welche aus dem Bewußtsein der Macht entspringt, und beguügte sich, auf dem linken Donau-Ufer und in Asien die Angriffe der Türken zurückzuweisen, und mit der des Oberhauptes eines großen Reiches würdigen Mäßigung erklärten Sie, daß Sie sih auf der Defensive halten würden, Bis dahin waren wir, ich darf es sagen, nux cinfache Zuschauer des Kampfes, wenn wir ihn auch mit Interesse verfolgten, als die Affaire von Sinope uns zwarg, cíne be- stimmtere Stellung anzunehmen. FrankreiÞh und England hatten es nicht für zweckmäßig gehalten, Landungstruppen zur Unterstühung der Türkei abzusenden. Jhre Fahne war daher nicht bei dem Konflikt betheiligt, welher zu Lande stattfand. Allein auf dem Meere verhielt es sich anders. Es befanden sich an der Mündung des Bosporus dreitausend Feuerscblünde, deren Anwesenheit den Tür- ken ziemlich“ deutlich sagte, daß die beiden ersten Seemächie nicht ge- statten würden, daß man sie zur Sce angreife, Das Ercigniß von Sinope war für uns ebenso verleßzend, als unerwartet; denn es kommt wenig dar- auf an, ob die Türken Kiuegsmunition auf das russishe Gebiet ha- ben bringen wollen oder nicht, Jn der That die russischen Schiffe haben die türkischen Schisse in lürkishen Gewässern, wo sie in einem türkischen Hafen ruhig vor Anker lagen, angegriffen z sie haben dieselben zerstört ungeachtet der Versicherung, keinen Angriffskrieg zu führen und ungeachtet der Nähe unserer Geschwader. Es war nicht mehr unsere Politik, welche eine Niederlage erlitt, sondern un- sere militairishe Ehre. Die Kanonenschüsse von Sinope tönten auf \chmerzlihe Weise in den Herzen aller derjenigen wieder, die in Frankreich und England ein lebhaftes Gefühi für díe Nationalwürde besißen, Man rief einstimmig: Ueberall, wohin unsere Kanonen reichen können, müssen unsere Verbündeten geachtet werden. Deshalb erhielten unsere Geschwader den Befehl in das Schwarze Meer eiuzulaufen, und die Wiederholung eines ähnlichen Ereignisses nöthigenfalls mit Gewalt zu verhindern, Deshalb wurde dem Kabinette von St. Petersburg die Kollektiv - Note übersendet, um demselben anzuzeigen, daß, wenn wir die Türken abhielten, die russishen Küstenstrecken anzugreifen, die Verpro- viantirung ihrer Truppen auf ihrem eigenen Gebiete von uns beschüßt werden solle. Jundem wir der russishen Flotte die Befahrung des Schwar- zen Meeres untersagten , schrieben wir ihr verschiedene Bedingungen vor, weil es uns während der Dauer des Krieges tarum zu thun war, ein Unterpfand zu bewahren, welches den beseyten türkishen Gebietstheilen gm und den Abschluß des Friedens: ezleichterte, indem «s das

nrecht auf einen wünschenswerthen Austausch darböte.

„Dies, Sire! is die wirkliche Folge und Verkettung der Thatsachen ; es liegt klar vor, daß sie, auf diesen Punkt gelangt, rasch ein endliches Verständniß oder einen entschiedenen Bruch herbeiführen.

„Ew. Majestät haben so viele Beweise von Jhrer Fürsorge für die

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eingerückt waren, haben | \chafilich sein, auf denselben Absichten beruhen: auf Erhaltung der Ord-

Nachdem ich mich mit |

Nuhe Europas gegeben, Sie haben durch Jhren wohlthätigen Einfluß so mächtig gegen den Geist der Unordnung gewirkt, daß ih Jhren Entschluß bei der Alternative, die sich Jhrer Wahl darbieiet, kaum zu bezweifeln ver- mag. Wenn Ew. Majestät eben so sehr wie ih einen friedlichen Schluß wünschen, was is einfacher, als zu erklären, daß unverzüglich ein Wasffen- stillstaud unterzeichnet werden soll, daß die Angelegenheiten wieder ihren dip¡omatishen Verlauf uchmaen , daß jede Feindscligkcit aufhdre unv daß alle kriegsührenden Mächte sich von deu Orten entfernen, wohin sie aus kriegerischen Absichten sih begebez haben ? :

_,So würden die russischen Truppen die Fürstenthümer und unsere Geschwader das Schwarze Meer räumen. Wenn Ew. Majestät eine direkte Unterhandlung mit dec Türkei vorzieht, so könnten Sie einen Gesandten ernennen, welcher mit einem Bevollmächtigten des Sultans über cine der Konferenz der vier Mächte vorzulegende Uebereinkunft unterhandelte, Mögen Ew. Majestäi diesen Plan annehmen, über welchen die Königin von England mit mir vollkommen einverstanden iz dann is die Ruhe wiederhergestellt und vie Welt befriedigt. Jn diesem Plan is nichts Ew Majestät Unwürdiges , verlegt nih!s Jhre Ehre. Sollten Ew. Majestät aus einem schwer begreiflichen Beweggrunde sich weigern, so würden Frank- reich wie England dem Loofe der Waffen und den Wechselsällen des Krieges das anheimstellen, was jegt durch Vernunft und Gerechtigkeit entschieden werden fann, :

O Majestät mögen überzeugt scin, daß mein Herz nicht im minde- sten von Animosität besceit ist, es hegt vielmehr dieselben Gefühle, welche Ei, Majestät in Jhrem Briefe vom 17, Januar 1853 ausdrückten, als Sie mir sch{hricbent „Unsere Bezichungen zu einauder müssen aufiihtig freund- nung, Liebe zum Frieden, Achtung vor den Verträgen und weselseitigem Wohlwollen,“ Dieses Programm i “des Herrschers würdig, der cs ent-

worsen und ih meinerseits bin ihm in der That geireu geblieben, „Mögen Ew. Majestät an die Aufrichtigkeit meiner Gefühle glauben mit denen ih verbleibe, Ew. Majestät guter Freund S C L E L om ; _Datjelbe Blatt enthält in seinem nichtamtlichen Theil einen Artikel über die näheren Umstände der Besibnahme von Neu- Caledonien im Oroßen Ocean, welche am 24. und 29, Sep- tember 1853 durch den Contre-Admiral Febvrier-Despointes im Namen Sr. Majestät des Kaisers Napoleon Il. stattgefunden

| hat. Es ist die Absicht der französischen Regierung, dort eine

Strafkolonie zu gründen. Ql Portal de Debutirtenfgammer hat “vas

Ms ; Anleihen gutgehei D Aus Str M Sa E heit und Erniedrigung zu verharren, Sie hatte unseren Beistand ange- | ven gutgeheißen, vas zum Ausbau der Straßen in den nörd-

rufen; ihre Sache schien uns gerecht; die euglishen und französischen Ge- | c, | y j (C SIjE E e 1d) R 9 Î entschieden, indem die englischen Kapitalisten Anstand nehmen, ohne

lichen Provinzen Noth thut. Die Eisenbahnfrage is noch nicht

| bessere Garantie als die gebotenen, ihre Gelder vorzuschießen.

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Das dánische Volksthing hat am 10. Februar den

Geseßvorschlag in Betreff der Aufhebung des Handelsmonopols

nach den Fär öern in der Schlußberathung angenommen. Bei den beiden ersten Berathungen hatte sich der Minister des Junern, Oersted, der Annchme des Vorschlags lebhaft widerseßt, bei der dritten war kein Minister zugegen...“

Oa Wrloff 1 am 13. Het? von Wars@au na St, Petepsburg abgereist;

Nach Berichten des „Wanderers“/ aus Krajova vom ten Februar is der rechte Flügel des russishen Cernirungs = Corps am 1sten * abermals eine Strecke weit gegen Kalasfat vorgerückt, wobei es zu einem kleinen Kavalleriegesehte kam, das auf der Straße zwischen Golenza und Purkari stattsaud. Golenza is von den Türken stark beseßt und gut verschanzt. Die russischen Avant- garden stehen seit dem 1sten d. M. in dieser Richtung in unmittel- barer Nähe der Außenwerke des verschanzten Lagers von Kalafat. Die BVorwärtsbewegungen, welche die Russen seit der Schlacht bei Cetate auf der von Cetate nah Kalafat führenden Straße gemacht haben, umfassen beinahe 27 Meilen Weges.

Nach einem Berichte aus Orsova vom 7ten ist das walachi- he Dorf Pojana nächst Kalafat dur das Infanterie-Regiment Katharinenburg, das Jäger - Regiment Odessa mit zwei Batte- rieen und den dazu gehörigen Kosaken-Abtheilungen beseßt wor- den. In Maglavit steht das Jnfanterie = Regiment Tobolsk und das Jäger=Regiment Ukraine. Die über Dretschen gegen Kalafat führende Hauptstraße ist vurch zwei Kavallerie -= Regimenter besest. Das Hauptquartier des Cernirungs-Corps ist in Boleschti.

Vom Kriegsschauplaße an der Donau reichen die Nachrichten £t's zum 10. Es sind in den lehten Tagen keine Kriegsereignisse von Bedeutung vorgekommen. Den türkischen Truppen - Komman- danten ist aus dem Hauptquartier der Befehl zugekommen, Sorge zu tragen, daß die Raub- und Plünderungszüge der Arnauten über die Donau eingestellt werden, da derlei Vorgänge nicht ge- eignet sind, den Türken in den Fürstenthümern Sympathieen zu erwerben. Bei Ruscuk werden noch immer Truppen konzentrirt z auch die türkishe Donauflotille liegt zum großen Theile derzeit im dortigen Hafen. Eine neue 36pfündige Batterie wird bei Ruscuk aufgeworfen. Jn Krajova wurde das Kasino in ein Spital um- gestaltet. Die Communicationen zwischen der Position der Cerni- rungstruppen und dem rückwärtigen Theile des Landes sind ganz abgesperrt. General Liprandi befindet sich in Pojana,.

Die „Pr, C.“ erhält Nachrichten aus Konstantinopel vom 3, Februar, welche nähere Mittheilungen über die jüngste

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Modification des türkischen Kabinets bringen. Bekanntlich is der bisherige Flotten-Minister Riza Pascha an Stelle Mehmed-Ali Pascha's zum Seriasker erhoben worden. Ueber die Bedeutung diefes Ereignisses sind zu Konstautinopel zwei verschiedene Auffassun= gen im Umlaufe, Während die Einen Riza Pascha eine bejondere Hinneigung zur österreichischen und russischen Diplomatie zu- {chreiben, welhe auf das Vorwalten einer friedlicheren Stim- mung im Rathe der Pforte von Einfluß sein könnte, wird von anderer Seite versichert, daß der Fall Mehmed Ali's “die Stellung Reschid Pascha?s wesentlich befestige und den Wider= {pruch beseitige, welcher von dem bisherigen Seriasker gegen die Theilnahme eines französisch - englischen Expeditions-Corps an dem Landkriege erhoben worden war. Jm Allgemeinen genießt NRiza Pascha einer großen Achtung. Er steht noch in der Vollkraft des männlichen Alters und wird als ein energisher Charakter ge- schildert, dem es jedoch keineswegs an Besonnenheit fehlt, Die allgemein anerkannte Besserung im Bildungsstande der türkischen Armee isst zum großen Theile sein Werk. Auch der neu ernannte Kapudan Pascha, dessen Namen der Korrespondent Mehmed Köprülü (nicht Kaiserli) Pascha schreibt, wird als ein verständiger und un= terrichteter Mann bezeichnet. Die Stimmung der türkischen Bevöl- ferung soll fortdauernd ‘eine kriegerische fein:

Korrespondenzen aus Konstantinopel vom 2, Februar, welche dem „Wanderer“ zugegangen sind, enthalten Folgendes:

Der Pascha von Adrianopel hat 3000 Reiter, die sich auf eigene Unkosten equipirt hatten, bereits zur Armee abgeschickt, und ein zweites Corps, welches eben im Bilden begriffen ist, ebenfalls aus Freiwilligen besteht uad 3000 Mann betragen soll, wird in Kürze denselben Weg nehmcn. Die am 23. Januar daselbst ange=- fommenen Kosaken wurden sehr gut aufgenommen, Der Enthu= siasmus für dén Krieg dauert noch immer fort, und man sendet Omer Pascha Alles zu, was er verlangt. . 300 Packwagen, 15,000 Hammel und Munition wurden ihm neuerdings zugeschickt. Geld ist hinreichend da. Man befindet sich in dieser Hinsicht im Lager Omer Pascha?s besser als in Konstantinopel, wo die Theuerung be= deutend is, wiewohl sie seit der Ernennung Riza Paschas zum Kriegsminister etwas nachgelassen hat. , F

Die Entsendung polnischer Offiziere zu der türkischen Armee in Asien, die Graf Zamoyski bevorwortet, ist zeitweilig durch die Ausscheidung Mehmed Ali?s eingestellt. S

Am 2. Februar sollen 10 türkische Dampfschiffe, worunter auch

der gemicthete französische Dampfer „Egyptien““ ist, unter der Be-

deckung dreier französischen und dreier englischen Kriegsdampfschiffe |

nach Batum mit Truppen und Munitionsvorräthen auslaufen.

Telegraphish e Depeschen.

Der Eisenbahn-Schnellzug aus Berlin hat am 15. Februar in Breslau den Anschluß an den Zug nach Wien nicht erreicht.

Der Schnellzug von Bromberg erreichte nicht den Anschluß |

an den Mittagszug nach Berlin.

CREN - S n E ( Pr / C O Triest, Mittwoch, 15. Februar. (Tel. Dep. d. C, B

Sebastopol eingetroffene Privatbriefe melden: Am 30sten © fei ein englischer Dampfer bei Jenikale gestrandet und von den zur Hülfe herbeigerufenen Russen als gute Prise aufgebracht worden, weil türkische Mannschaft sih an Bord desselben befand.

Par is, Mittwoch, 15. Februar. (Tel. Dep. d. C. B.) Der

4A ) Aus N

heutige „Moniteur“ dementirt eine Nachricht der „Patrie,““ daß der |

Kaiser von Rußland das Handschreiben des Kaisers von Frankreich bereits beantwortet habe. Die Regierung erwarte vielmehr die Antwort nach Verlauf von einigen Tagen.

Die'3 pCt. wurden gestern Abend zu 67, 90 gemacht.

London, Mittwoch, 15. Februar. (Tel. Dep. d. C. B.) Im

Verlaufe der gestrigen Nachtsibung des Oberhauses antwortete Graf Clarendon dem Marquis von Clanricarde: Oesterreich hat befriedigende Zusicherungen gegeben und seßt 80,000 Mann in Bewegung, um die Türkei auf der serbischen Seite zu {chüßen, Graf Grey verdammt die Kriegspolitik ; christliche Nationen sollten feine Muhamedaner unterstüßen, Graf Derby ist der Meinung, der Krieg würde vermieden worden sein, wenn England früher Maßregeln ergriffen hätte, dem Angrisse zu widerstehen. Graf Aberdeen betrachtet den Krieg noch nit als unmittelbar bevor- stehend. Sollte er ausbrechen, so sei England in vollem Maße gerüstet, um ihn mit Kraft zu führen,

Mts. |

| Professor Dr. Alexander von Leugerke, | Königl. Landes - Oekonomie - Rath, Mitglied und General -Secretair ces Königlichen Landes - Oekonomie - Kollegiums,

Am 23, Dezember v. J, wurde uach kurzem, aber schwerem Kran- fenlager bem Facze der Verwaltung unserer landwirthschaftlichen Angelegen- heiten ras und mitten in der Blüthe seiner Jahre ein Mann entrissen, der si zwar durch seine zahlreichen fahsriftstellerishen Arbeiten schon frühzeitig ein dleibendes, höchst eh:envolles Denkmal selbst errichtet hat, dessen ungewöhnliche Tüchtigkeit und Thätigkcit auf der, amtlih von ihm bekleideten Stelle aber, nah der allgemeinen Lage der Dinge in Beireff amtlicher Wirksamkeit, jedenfalls bei Weitem nicht in dem Grade allge- mein bekannt geworden sind und füglih werden konnten, wie sie dies ihrem Werthe näch verdienten, So sihr ihuen daher cine warme Aner- kennung stets von den ihm zunächst stehenden Kreisen bereitwillig zu Theil geworden ist: so wird es doch, zumal bei der Wichtigkeit der Landwirth- ¡haft sür die Wohlfahrt Preußens, nur billig erscheinen, scinem Andenken auch vor einem größeren Publikum cinige Worte der Erinnerung zu widmen.

Alexander von Lengerke, zu Hamburg im Jahre 1802 geboren, daher bri seinem Tore eist 51 Jahre alt, hatte vor Allem den seltenen, für scin Fach überhaupt so wichtigen, ganz besonders aber für seine beiden späteren amilichen Stellungen unschäßbaren Vonug, in der ausgedehn- testen Weise Theorie und Praxis, gründliche Erfahrung und ge- lehrte wissenfchastlihe Sachkenntniß, mit einander zu ver- cinigen, Dazu kamen; eine mehr als gewöhnliche Schärfe des Urtheils 5 rashe Anwendung des Allgemeinen auf das Besondere, und umgetehit, bei jeder Fragez desgleichen eine große Vorsicht im Zusammenhalien ähulicher Verhältuisse, wie in vem Unterscheiden zwar verwandier, aber doch verschiedener ; und ein höchst zuverlässiges, bewunde- rungswürdiges Gedächtniß, Diese Eigenschaften seßten ihn in den Stand, sich auf dem cinen Filde, wie auf dem anderen mit einer Schnelligkeit und Sicherheit zu bewegen und zu orientiren, die schwer thres Gleichen finden. Uleidings lag dies großentheils mit an seinem gesammten Lebens- und fachlichea, wie allgemeinen Bildungsgangez (denn er war so vielseitig un- tercichtet, daß erx sogar als vorzüglicher Kenner der {hönwissenschafilichen Literatur gelten konnte.) Mindestens eben so schr aber war es zugleich die Folge sowohl eigenthümlicher, glücklicher Begabung, wie ciner konsequenten Entwicke- | lung und Benuzung der legteren, unter Mitwirkung des unermütlichsten Fleißes, | der stets mit vollster Liebe dem so wohlgewählten Berufe zugewendet war | und blieb, Sein Geist und Sinn waren, tehnisch gesprochen, ein „Boden | | |

von seltener Güte“ und „in gleich-vortresslicher Kultur ““.

Zuerst mehrere Jahre hindurch als praktischer Landwirih selbst wirkend und schafsend, nachdem er sich hierzu speziell in jeder Hinsicht bestens vor- | gebildet hatie, unternahm er späterhin zu gleichem weiterem Behuse auch | Reisen, die sich für einige Zeit bis nah Amerika erstreckten. Bald wurde ex dann als Prosessor an das Kollegium Cagrolinum zu Braun- \chw eig, auf den Lehrstuhl für Landwirthschaft, berufen: eine Stelle, die er, mit gleichem Erfolge durch das lebendige, gesprochene, wie durh das | gedrudte Wort unterweisend, bis zum Jahre 1842 bekleidete. Denn {hon damals gab er sein, von ihm allein verfaßtes „landwirnhschaftliches Con- - versations - Lexicon‘“ heraus. Bei der Errichtunç des Königlich preußischen Landes - Oeko nomie- Kollegiums im Jahre 1842 wurde er sofort, in Folge seines bereits erworbenen Rufes und der hohen, auf den Ver- sammlungen deutscher Land- und Forstwirthe ihm zu Theil gewordenen Anerkennung, zum General-Secretair dieser neuen „technischen De- putation für die Verwaltung der landwirthschaftlichen Angelegenheiten im

preußischen Staate‘ gewähit,

Uad in der That: eine glücklihere Wahl der Person für vas Amit, | oder des Amies für die Persod je nach dem innersten eigenen Sinne, der | Befähigung und dem Thätigkfeitstriebe der leßteren, hätte nicht getroffen werden können, Denn, was er hierzu bereits in hoher Vollendung mit- | |

brachte, war: eine sehr ausgebreitete, auf reicher Erfahrung und sonstiger eigener, durch seine Neisen gewonnener Anschauung beruhende Einsicht in alle Zweige des Landbaues z eine Kenntniß, die sich ebenso auf die speziellsten | Einzelnheiten desselben erstceckte, wie sie mit sicherm Blicke deren Zusammenhang mit dem Ganzen erfaßte und lezteres selbst überschautez genaue Bekanntschaft mit den dahin cinshlageuden Verhältnissen des Jn- und Auslandes, zum steten, gründlichen Vergleichez ferner, was ganz besoude1s für ein Amt, wie das ihm hier übertragene, fast unshägbar war: eine Vertrautheit mit der gesammten, allgemeinen und speziellen Fach - Literatur, die ihn bei seinem höchst glücflihen Gedächtnisse und seinem unezmüdlichen Sammlersleiße gleichsam wie cin lebendes „Repertorium“ alles dessen erscheinen ließ, was | in den Hauptsprachen Europas Wissenswerthes in landtoirthschaftlicher Hinsicht vorhauden if. , k as M sofort gleichfalls bewies, war: etne große Geschästsgewandi- heit, Schnelligkeit und mithin Arbeitsfähigkeit. Es war jene wahre, ich nie selbst genügende „Arbeitsfreudigkeit“", die vor leinem „Uktenberg Ie rüdschrack, vielmehr bei dessen Anblicke nur um so lebhafterxrn Drang fühlte, | ihn so rasch und gleichwohl so gründlich wie möglich zu bewältigen und „plan“ abzutragen, Endlich, was er sich, auf solchen Grundlagen fort- bagend, schr {nell erwarb, war + eine gleich spezielle Bekanntschaft mit den einzelnen Theilen seines neueu Vaterlandes. Es handelte sich um die, fürs Erste nur "zum fleinsten Theile aus dem son vorliegenden Materiale zu \chöpfende, soudern meistens erst dur) herbeizuschassendes neues zu ermöglichende, oder durch eigene Bereisung zu crlangende Kenntniß von den, vefannitlich sehr | yershiedenartigen Verhältnissen und Bedürfnissen unserer verschiedenen Pr0o- vinzen, Das Gewinnen einer solchen vergleichenden Spezial-Cinsicht mochte ihm zwar sahlich eben so anziehend sein, wie es für seine Stellung und für die Wirksamkeit des Kollegiums von größter Wichtigkeit blieb; es war aber jedenfalls cine schr s{chwierige, mühsame Aufgabe, Judeß wußte er die dahin führenden Mittel und Wege so gut zu benußen, daß er bereits nah einer kleinen Reihe von Jahren dahin gelangte , in besonderen Schriften die speziellen Verhältnisse mehrerer Provinzen nah all' ihren Richtungen in landwirthschaftlicher Beziehung eben so speziell zu schildern.