1883 / 79 p. 10 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Apr 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Regierungs-Affsessor Seydel, beschäftigt im Ministerium der r erm Arbeiten in Berlin, und der Eisenbahn-Maschinen- spektor Kl ooß in Breslau,

bei der Königlichen Eisenbahn-Direktion in Erfurt der Regierungs-Rath Kawerau, bisher 1n Kattowiß, der Ober- genieur, Baurath Wiedenfeld, bisher in Berlin, der ber-Betriebs-Jnspektor Mess5w, bisher in Berlin und der Dber-Maschinenmeister Loehner in Erfurt;

b, zu Betriebs- Direktoren :

bei dem Königlichen Fed Deteiedgate (Stettin- Stralsund) in Stettin der Eisendahn-Bau- und Betriebs-Jn- spektor, Baurath Lademann, bisher in Bromberg, _ bei dem Königlichen Eisenbahn-Betriebsamte (Direktions- bezirk Bromberg) in Stettin der Regierungs-Assessor Krah- Men E Q, i a ei dem Königlichen Eisenbahn-Betriebsamte in Harbur

der Eisenbahn - Bau- und Betriebs - Jnspektor Mel Di e bisher in Posen.

Bekanntmachungen auf Grund des Reihsgesezes vom 21. Oktober 1878.

Das durch meine Bekanntmachung vom 17. Januar 1879 {Reichs-Anzeiger Nr. 15) erlassene Verbot der vom kommu- nistishen Arbeiterbildungsverein in London herausgegebenen periodishen Druckschrift „Freiheit“ erstreckt sich auch auf die als Fortsezung dieses Blattes in New-York unter dem Titel : „Freiheit. Organ der revolutionären So- zialisten“ erscheinende Druckschrift.

Berlin, den 4. April 1883.

Der Reichskanzler. Jm Austrage: Bosse.

Nichtamkliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 5. April. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin ertheilte gestern dem bisherigen türkischen Botschafter die erbetene Abschiedsaudienz,

Gestern Abend war Jhre Majestät mit Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden und Jhrer Durchlaucht der Prinzessin Friedrich von Hohenzollern in der 17. General- versammlung des Vaterländishen Frauenvereins und der Landesvereine, welche dieses Mal im Königlihen Palais Aattfand, zugegen.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Mittag 12 Uhr militärische Meldungen entgegen und empfing darauf den Minister- Residenten bei den La Plata-Staaten, Dr, von Holleben sowie E E A L Hassel.

m 21/2 Uhr empfing Se. Kaiserliche Hoheit den türki- schen Botschafter Sadullah Pascha in Abschied8audienz.

—- Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für [- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr traten ute zu einer Sißung zusammen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Neichôtages befindet sih in der Ersten Beilage.

In der heutigen (58.) Sißung des Reichstages, welcher die Staats-Ministe: Dr, Lucius und Scholz sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kom- mifsarien desselben beiwohnten, stand zunächst auf der Tages- ordnung die erste Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Steuervergütung für Zucker, in Verbindung mit dem Antrage Ausfeld und Gen.

Der Gejetentwurf lautet :

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des

Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

_ An die Stelle der im §. 3 des E vom 26. Juni 1869, die Besteuerung des Zuckers betreffend (Bundes-Geseßblatt Seite 282), bestimmten Säße der Steuervergütung treten vom 1. August 1883 ab die nachstehenden Säße für je 50 kg:

a. für Rohzutker von mintestens 88 9/ Polarisation . 9,00 M., b. für Kandis und für Zucker in weißen, vollen, harten

Broden bis zu 12,5 Kilogramm Nettogewicht oder

in Gegenwart der Zollbehörde zerkleinert . . . ,

e. für allen übrigen harten Zucker, sowie für aile weiße

trockene (nit über 1 %/% Wasser enthaltende) Zuer,

in Krystall-, Krümel- und Mehlform vön mindestens

O0 Do E

Urkundlich 2c.

Gegeben 2c.

Hierzu lag folgender Antrag der Abgg. Ausfeld und

. Vor:

Der Reichstag wolle beschließen :

In Erwägung, daß dur die seit Erlaß des Rübensteuerge\etzes von 1869 veränderte Technik in der Zuckergewinnung die damals festgesetzte Ausfuhrvergütung sih zum Theil in eine Ausfuhcprämie verwandelt hat und eine Zuckergewinnung jeßt auch aus der Me- lasse ermöglicht ist;

in Erwägung, daß hierditrch ein großer von Jahr zu Jahr wacsender Steuerausfall jür die Reichskasse ohne Nuben für die deutschen Zukerkonsumenten entsteht, während in der Zuckerindustrie Jelbst eine zunehmende Ueberproduktion hervorgerufen wird,

den Herrn Reichskanzler aufzufordern, dem Reichstage noch in der gegenwärtigen Session einen Geseßentwurf vorzulegen, welcher unbeschadet einer demnächstigen umfassenden Reform der Zuer-

11,10 7

1040 ,„

er „„ 1) die Ausfuhrvergütung auf einen Betrag ermäßigt, welcher über die im Inlande gezahlte Steuer nit hinausgeht,

die Zuckergewinnung aus der Melasse einer angemessenen Besteuerung unterwirft.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staatssekretär des

Reichs-Schaßamts , Burchard, führte aus, daß der Zucker niht mehr in dem Maße belastet werde, wie in dem Gesetz von 1869 beabsichtigt gewesen sei. Es sei von der Regierung jeyt eine Prüfung dieser Steuerfrage durch ‘ine besondere Snquetekommission veranlaßt in Rücksicht darauf, daß es sih e um eine sehr bedeutende Jndustrie handle. Die

gierung wolle aber niht die Resultate dieser Enquete abwarten, sondern gehe schon jeßt mit einer Maßregel vor, die der Zuckerindustrie niht zum Schaden,

reude auch die Zustimmung der Zuckerindustriellen gefunden be. Eine Resorm der Zuckersteuer werde dann erfolgen, wenn die Resultate der Enquetekommission vorlägen.

Jm Namen der Antragsteller erhielt der Abg. Büchte- mann das Wort. Derselbe erklärte, daß der Antrag Ausfeld und Genossen den Erlaß eines Nothstandsgeseßes bezwecke, so- wohl hinsihtlih der Ermäßigung der Exportbonifikation als der Reform der Melassesteuer. Der Regierungsvorschlag beschränke sih auf den ersteren Punkt. Wolle man die Resultate der Enquetekommission abwarten, so sei zweifelhaft, ob man schon in der näthsten Session zu einem HZuckersteuer- geseß gelangen werde, aber durh die Form der jeßigen KZuckerbesteuerung erleide der Fiskus einen Steuerausfall von 8!/; Millionen Mark. Ob die von der Regierung vorgeschlagene Ermäßigung der Exportbonifikation ausreihend sei, könne auch bestritten werden. Er bitte des- halb, den Gesegentwurf und den Antrag Ausfeld und Ge- nossen einer besondern Kommission zu überweisen.

__Der Abg. Dr. Reichensperger (Olpe) wünschte eine noch weitere Herabseßung der Exportbonifikation, als die Regierung vorschlage, und wies darauf hin, daß zur Herstellung desselben Quantums Zucker jeyt eine bedeutend geringere Quan- tität Rüben nothwendig sei als früher. Dies zeigten der un- gewöhnlih günstige Stand der Zuckerfabriken und die hohen Dividenden, welche dieselben zahlten. Namentlih müsse das Mißverhältniß beseitigt werden, daß der Melassezucker, für den nicht einmal Steuern bezahlt würden, Export- bonifikationen erhalte. Er bezweifele, daß, wie die Motive behaupten, dur die vorgeshlagenen Maßregeln der Reichskasse lährlih ein Vortheil von 21/, bis 3 Millionen erwachsen werde. Er hoffe, die Kommission werde auch den Melassezucker treffen. Ferner müsse er darauf aufmerksam machen, daß der jeßige Besteuerungêmodus des Rohmaterials in dir-ktem Gegen- saße zu den Interessen der Landwirthschaft stehe. Auch er schlage die Ueberweisung der Vorlage an eine besondere Kom- mission, und zwar von 21 Mitgliedern, vor.

Der Abg. Frhr. Göler von Ravensburg bestritt, daß ein Gegensatz zwischen den Interessen der Landwirthschaft und denen der Jndustrie, speziell der Zuckerind1:strie bestehe. Man dürfe nicht vergessen, daß die Gescßgebung selbst diese Jndustrie in die jet betretene Bahn getrieben und veranlaßt habe, einen möglihst hohen Prozentsay Zuder aus einem Quantum Rüben zu gewinnen. Sowohl die vorgeshlagene Er- mäßigung der Exportbonifikation von 9,40 auf 9 H, als auch der Termin, an dem das Geseß in Kraft treten solle, nämlich 1, August 1883, entsprehe der Sachlage voll- fommen. Seine Partei habe ecigentlih cine Berathung der Vorlage im Plenum gewünscht, aber wenn von anderer Seite dringend eine kommissarishe Berathung verlangt werde, werde seine Partei dem nicht widersprechen.

_ Der Staats-Minisier Dr. Lucius erklärte, daß die Aus- sührunger. des Abg. Reichensperger an einer zu abstrakten Behandlung der Frage litten ; dadur sei derselbe zu Mißver- ständnissen geführt worden. Die Entwicklung der deutschen Rübenzudckerindustrie _basire auf dem System der Rohsteuer. Ein Verlassen dieses Systems könnte unberechen- bare Folgen haben. Diese Jundustrie sei dur den Schußzoll o groß geworden und ein Beispiel für die wohlthätigen Wirkungen desselben. Wenn man der Re- ierung dilatorishe Behandlung der Frage vorwzrfe, o zeige dies nur, in welhem Maße die zih- tigkeit dieser Jndustrie von der Regierung berücksichtigt werde. Wollte man zur Fabrifatsteuer übergehen, so würde man dadurch die jegt vereinigten Jnteressen der Rübcn- fultivateure und der Zuckerfabrikanten trennen. Wie die Statistik beweise, habe sh die Zuckerindustrie er in den leßten zehn Jahren zu einer Export- industrie entwickelt. Man könne also den Behörden nicht dzn Mangel an Fiskalität vorwerfen, als ob sie etwa seit einem Menschenalter die Entwickelung dieser Jndustrie übersehen hätt zn. Die Erträge der Zuckerfabriken seien sehr s{chwantend; wenn dieselben in einem Jahre sehr hohe Dividenden ergödven, so müßten sie jeßt damit manhe Mißjahre decken. Daß in der Besteuerung des Zuckers ein Mißverhültniß bestehe, erkenne die Regierung vollkommen an; sie shlaze des- halb eine Uebergangsmaßregel vor, fowohl im Jnte&esse der Landwirthschaft als der Zuckecindustrie. Ob der vorgejhlagene Saß genüge, sei eine diskutable Frage. Es handele sih hier um ein Gebiet, auf dem die neuen Entdekungen und Fortschritte sich förmlich jagten, er glaube aber, daß in nächster eit die Vervollkommnung den möglichst hohen Grad und da- mit einen Abschluß erreichen werde. Deshalb sei augen"licklich die Einführung einer Melassesteuer unpraktisch. Die ver- bündeten Regierungen müßten berücksichtigen, daß es sich hier um eine landwirthschaftlihe und eine Export: industrie handele. Er hoffe, daß, die Ergebnisse der Enquetelommission niht zu einer Schädigung, sondern zu einer Förderung der Zuckerindustrie führen würden.

Der Gesegentwurf mit dem Antrage Ausfeld und Ge- L wurde einer Kommission oon 21 Mitgliedern über- wiesen.

Hierauf theilte der Präsident mit, daß folgendes Schreiben des Reichskanzlers eingegangen sei: „Nach telegraphischer Mittheilung des Ober-Staatsanwalts zu Kiel und Benach- rihtigung des preußischen Justiz-Ministers sind die Reichstags- Abgeordneten von Vollmar und Frohme in Polizeihaft ge- nommen, jedoch gleih am 3. wieder entlassen worden. Weitere Nachrichten liegen noch niht vor.“

Ferner wurde ein Schreiben des Reichskanzlers verlesen, welcher mittheilte, daß Se. Majestät der Kaiser den Staats- und Kriegs - Minister General - Lieutenant Bronsart von D zum Bevollmächtigten zum. Bundesrath ernannt aben.

Hierauf ging das Haus bei Schluß des Blattes zu dem folgenden Gegenftand der Tegesordnung, der zweiten Be- rathung des Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung über.

Troßÿ der Befugniß des Gläubigers sich mit Uebergehung des Hauptschuldners an den selbst schuldnerishen Bürgen ju halten, ist doch nach einem Urtheil des Reichsgerichts, . Civilsenats, vom 20. Januar d. J., im Geltungsbereich des Preuß. Allgemeinen Landrechts der Gläubiger zunächst gegen den Hauptshuldner oorzugehen verpflichtet, wenn er dur die Unterlassung dieses Vorgehens dem selbstshuldnerishen Bürgen die Möglichkeit vereitelt, sich, falls er seiner Pflicht gegen den Gläubiger genügt, aus dem Vermögen des Hauptschuldners Ersaß der zu jener Pflihhterfülung aufgewendeten Vermögens- werthe zu verschaffen, und wenn außerdem dem selbsishuld-

niht gegeben war. Unterläßl der Gläubiger in dem gedacht

Falle dieses unmittelbare Vorgehen ia den ewt, rar co

absihtlih oder in Folge einer groben Fahrlässigkeit, so steht

E E gegen den Gläubiger eine durchgreifende Arglists ede zu.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzogli mecklenburg-{werin se Ober-Zolldireklor Oldenb Gs A s hier wieder eingetroffen.

Der bisher im Kollegium der Generalkomniission zu Münster beschäftigt gewesene Gerichts-Assessor Pelzer ist als Spezialkommissarius in Lippstadt stationirt. Die Gericht2- Assessoren Bräutigam und Wißmann werden im Kol- legium der Generalfommission zu Münster beschäftigt. Der Vermessungs Revisor Kun ke zu Münster ist zum Vermessungs- Inspektor ernannt und demselben die bei der General- kommission zu Münster neu errichtete Stelle eines Vermessungs- Inspektors widerruflih übertragen worden.

Württemberg. Stuttgart, 3. April. (Allg. Ata. Der Minister des Jnnern wurde heute in der Bette Kammer wegen des Umbaues des Stuttgarter Ho f- theaters interpellirt, das wegen seiner labyrinthischen Bau- art im Falle eines Brandes zu den größten Besorg- nissen Anlaß geben muß. Der Minister theille mit, daß jeßt, nahdem die Einrichtung einer elektrischen Be- leuhtung des Theaters geplant ist, man, ohne die Sicher- heit des Publikums weiter in Frage zu stellen, ih auf weniger umfassende Umbauten, als ursprünglich geplant, beschränken könne. Die Kosten seien auf 160000 bis 170 000 M veranschlagt, die bei der württembergischen Brand- versiherungsanstalt, welhe die Prämien des Hoftheaters an- gesammelt habe, vorhanden seien. Man kann si denken, daß diese Erklärung große Befriedigung hervorrief; denn man hatte sih schon darauf gefaßt gemacht, daß der Theaterbau nicht ohne Opfer für das Land bewerkstelligt werden könne.

, Oesterreich - Ungarn. Wien, 4. April. (W. T. B. Wie die „Polit. Corresp.“ aus Belgrad meldet, hat i Sultan das Jrade unterzeichnet, in welchem Wrarja als Anshlußpunkt für die Orientbahnen bestimmt wird.

Pest, 4. April. (W. T. B.) Jm Unterhause brate heute der Abg. Helsy FJnterpellationen ein über die Mobalitäten der Rentenktonvertirung und über die Existenz und den Zweck einer Allianz mit Jtalien. Die Aner: pellationen wurden dem Minister-Präsidenten zugestellt. Das Haus berieth das Mittelschulgeseß und nahm den Paragraphen desselben an, wonach die griehishe Sprache in den Mittel- schulen obligatorisher Unterrichtsgegenstand sein soll.

Schweiz. Bern, 4. April. (Allg. Ztg.) Der Stän de- rath beschloß einstimmig, auf den Eisenbahnrückauf zur Zeit nit einzutreten.

, Niederlande. Haag, 2. April. (Köln. Ztg.) Der König, die Königin, die Prinzessin Wilhelmine und der Erbprinz von Waldeck sind nah London abgereist. Die Minister- krisis dauert fort und wird nicht vor der Rükkehr des Königs gelöst werden, welcher bis Ende des Monats in England zu bleiben beabsichtigt.

Großbritannien und Jrland. London, 3, April. (Allg. Corr.) Die Königin erholt sih nur langsam von dem Unfalle, von dem sie vor mehr als 14 Tagen betroffen wurde. Die Anschwellung am Knie hat wohl nachgelassen, allein Jhre Majestät ist noch niht im Stande zu gehen und vermag laum einige Minuten aufrecht zu stehen.

__ Die Regierung hat sich „im Hinblick auf die entschieden friedliche Lage in JFrland“ veranlaßt gefunden, die Wieder- aufnahme der Uebungen der irischen Miliz anzuordnen. Gestern meldeten sih bereits die Rekruten für fünf Regi- menter bei den zuständigen Hauptquartieren. Die Miliz war in Jrland seit 1881 nit einberufen worden.

Earl Granville richtete am 10. März eine Note

an die rumänische Regierung, worin dieselbe zum Beitritt zu den Beschlüssen der Londoner Donaukon- ferenz eingeladen wurde. Jn dem betreffenden Einladungspa}sus hieß es textuell, „vaß die Sitzungen der Konferenz noch nicht abgeschlossen (pas encore closes) seien, und daß der Termin von sechs Monaten der rumänischen Regierung gestatte, den Beschlüssen der Londoner Donaukonferenz beizutreten.“ Auf diese No:e ist nunmehr die Antwort des rumänischen Kabinets eingetroffen. Dieselbe nimmt die Granville’she Note zur Kenntniß, und zwar unter denselben Vorbehalten, welchen der rumänische Delegirte auf der Konferenz selbst Ausdruck gegeben hat. Jm Weiteren bestätigt die Antwort den Empfang dex Note im Allgemeinen, behält si jedoch die Beantwortung der einzelnen Punkte für eine spätere Note vor. Die Staatseinkünfte Großbritanniens in dem am 31. März abgelaufenen Finanzjahre 1882/83 beziffern si auf 89 004 456 Pfd. Sterl. gegen 85 822 282 Pfd. Sterl. im vorhergehenden Finanzjahre, d. i. 3 182174 Pfd. Sterl. mehr als im vorhergehenden Finanzjahre. An diesem Zuwachse sind die Zölle mit 370 000 Pfd. Sterl., die Stempelgebühren mit 457 483 Pfd. Sterl., die Gebäudesteuer mit 75 000 Pfd. Sterl. die Vermögens- und Einkommensteuer mit 1 955 000 Pfd. Sterl., die Post mit 300 000 Pfd. Sterl., der Telegraph mit 80 000 Pfd. Sterl. und verschiedene andere Einnahme- quellen mit 255 108 Pfd. Sterl. betheiligt. Dagegen blieb die Getränkesteuer um 310 000 Pfd. Sterl. hinter dem Er- trägniß des vorhergehenden Jahres zurück, während der Er- trag der Bodensteuer und der Kronländereien stationär blieb. Das Kanonenboot „Harrier“ von dem britischen Geschwader in den ostindishen Gewässern hat Befehl erhalten, auf der Höhe der Küste von Madagascar, hauptsächlich in dem Mozambique-: Kanal, zu kreuzen.

Frankreich. Paris, 4. April. (W. T. B.) Dem

Journal „Paris“ zufolge wurde heute früh zwishen dem

Minister-Präsidenten Jules Ferry und dem Kriegs-

Minister Thibaudin beschlossen, daß die großen Kavallerie- mandôver an der Grenze wegen budgetmäßiger Bedenken unter- bleiben sollen. Der Auftrag zur Abhaltung dieser Kavallerie- manöver bleibt dem General Galliffet für den nächsten Herbst vorbehalten.

__ Ferdinand von Lesseps ist, nahdem er Süd-Tunis bejuchte, in Biskra angekommen und glaubt konstatiren zu fönnen, daß der Herstellung eines nordafrikanishen Binnen-

meeres keinerlei erheblihe Schwierigkeit entgegenständen.

5, April. (W. T. B.) Gutein Vernehmen nah wird

Jondern zum Vortheil gereichen werde und die zu seiner

nerishen Bürgen die Möglichkeit sein Jnteresse zu sichern,

der Herzog von Aumale am 9. d. M.

mit dem Grafen

von Paris nach Jtalien abreisen "und, wie es heißt, Ende Mai zurückehren. s

General Gallifet erklärt in einem Schreiben die ihm von dem Journal „Soleil“ zugeshriebenen Aeußerungen über den Kriegs-Minister für unbegründet.

Der Kriegs-Minister hat unter dem 4. d. ein Rund- shreiben erlassen, in welhem mitgetheilt wird, daß die Manöver der zweiten Kavallerie- Division und die Rekognoszirungsübungen, wie sie durch das Rundschreiben vom 12, März angeordnet waren, nicht stattfinden werden.

Numänien. Bukarest, 4. April. (W. T. B.) Der zum Botschafter in Berlin ernannte Said Pascha ist heute Vormittag hier eingetroffen und hat Abends die Weiterreise

nah Berlin fortgeseßt.

_ Montenegro. Cettinje, 2. April. Der „Pol. Corr.“ wird berichtet: : E

An der albanesisch-montenegrinishen Grenze find in den leßten Tagen so viele blutige Zusammenstöße zwischen Monte- negrinern und Albanesen erfolgt, daß die Pforte sih zur Ent- senduna cines außerordentlichen Kommissärs entschlossen hat. Der- selbe, Muschir Mustafa Assym Pascha, ift am 30. März in Skutari angekommen und von der friedliebenden Bevölkerung, der musel- manischen sowohl wie der christlichen, mit Wärme begrüßt worden. Mustafa Affssym Pascha iff mit ausgedehnten Vollmachten ausgerüstet, um mit allen Mitteln die Ordnung aufreht- zuhalten und den unausgeseßten Fehden zwischen Albanesen und Montenegrinern ein Ende zu machen. Er hat seine Thätigkeit damit eröffnet, daß er genaue Nabforshungen nach den Mördern des am 21. März im Bazar getödteten Stewo_Vrbica einleiten ließ. Die Mehrzahl der Montenegriner, die in Skutari ihren berufs- mäßigen oder zeitweiligen Aufenthalt hatten, haben die Stadt ver- lassen. Die Cettinjer Regierung selbft war es, die den dort lebenden Montenegrinern den Rath ertheilt bat, im Interesse ihrer Sicherheit die Stadt Skutari und die albanesishen Gebiete überhaupt für einige Zeit zu meiden. | : i

In Montenegro ist die Erregung sehr groß. Die aus Skutari eingetroffene Hiobsbotschaft von der Ermordung des jungen, allgemein geabteten und am Hofe sehr geshäßten Stewo Vrbica hat în den Kreisen seiner Verwandten Bestürzung und Trauer, in allen anderen Zorn und Entrüstung erregt. Stewo pflegte den Markt vor. Skutari oft zu besuben, und es gab wenige Albanesen, die den Bruder des Wojwoden Mascha Vrbica nicht kannten. Der Mord war reiflih ersonnen und vorbereitet. 17 Malisoren erwarteten den nichts Arges Ahnenden in einer gedeckten Stellung, unmittelbar an der Bajanabrücke. Er wollte einen anderen Weg einschlagen als er die lauernden Albanesen erblicte; in diesein Momente knatter- ten aber auch |\chon 17 Gewehre, und Vrbica, tödtlich getroffen, stürzte zu Boden. Die Malisoren thaten nun noch ein Uebriges, in- dem sie aus mehreren Revolvern auf die Leiche hossen. Der Gou- verneur von Skutari, so lautet der türkische Bericht, hobe die Ver- folgung der Bande sofort angeordnet und eine Abtheilung Nizams sogar Feuer auf die Flüchtenden gegeben, ohne fie aber erreichen zu fönnen. Freitag Mittags wurde die Leiche des Ermordeten hierher gebraht und im Hause des gewesenen Ministers Vrbica aufgebahrt. Dem Leichenzuge, welber nah Njegusch, dem Familiensiße der Vrbi- ca’s, dirigirt worden i}t, gab die ganze Bevölkerung von Cettinje bis zum Weichbilde der Stadt das Geleite. e :

Die Fürstlihe Regierung fühlt \sich natürlih durch die hoch- gradige Gereiztheit, welche zwishen Montenegrinern und Albanesen berrscht, nicht wenig beunruhigt und erließ an die Kapitäne die ge- messensten Befehle, die Ruhe in den ihnen unterstehenden Nahijen mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten. Ob aber die Serdare die Macht haben werden, diesen Weisungen gerecht zu werden, muß be- zweifelt werden.

Nußland und Polen. St. Peter3burg, 4. April. (W. T. B.) General-Lieutenant Komaroff, Chef der kauka- sishen militärishen Volksverwaltung, ist an Stelle des Gene- rals Röhrberg zum Chef des transfkaukasishen Ge- biets ernannt worden. 2

Die Tekkinzen werden zur Krönung des Kaisers eine Deputation mit Tikma Sardar an der Spiß2 nah Moskau entsenden.

E „Regierungs- Anzeiger“ veröffentliht die Bi- lanz des Eisenbahnfonds vom 1. Januar 1883. Zur Deckung der Vorschüsse, welche Seitens der Regierung dem Eisenbahnfonds gemacht worden sind, sollen die verschiedenen Eisenbahngeselschaften Dbligationen im Betrage von 137 Mil- lionen Rubel emittiren ; andernfalls wird die Regierung selbst solhe Obligationen emittiren.

(W. T. B.)

Dänemark. Kopenhagen, 4, April. : An dem hier abgehaltenen Kongreß deutscher Sozial- demokraten haben u. A. auch die Neichstag2abgeordnéiten Blos, Liebknecht, von Vollmar, L Kräcker, Kayser, Geyser, Giillenberger, Frohme, Dieß und Stolle theilgenom- men; ferner waren Auer, Bebel und Viereck anwesend. Die Verhandlungen des Kongresses betrafen dem Vernehmen nah die Stellung der Partei zu den Reichstagswahlen im Jahre 1884,

Amerika. Washington, 4. April. (W. T. B.,) Walter Gresham von Jndiana ist zum Minister der Posten ernannt worden. i

Bis jeyt sind in Folge der lehten Bekanntmachung des Schaßsekretärs Folger 3 064 000 Dollars Obligationen zur Amortisirung offerirt worden. :

New-York, 3. April. (Allg. Corr.) Daß der Kongreß die Vorlage anzunehmen unterlassen hat, welche die Anlegung eines Schiffskanals mittelst Durchstehung der Landenge von Nicaragua bezweckt, scheint die Urheber dieses Projekts keineswegs entmuthigt zu haben. Dieselben haben ihre Thätigkeit wieder aufgenommen und hoffen die schwebenden Unterhandlungen behuss Aufbringung der zur Ausführung des Projekts nothwendigen Geldmittel binnen 14 Tagen zum Abschluß zu bringen, worauf die Vors arbeiten sofort in Angriff genommen werden sollen. Der Kanal soll binnen 5 Jahren fertig sein.

Afrika. Egypten. Kairo, 4. April. (W. T. B.) Jn Beantwortung eincr Anzahl Petitionen einflußreicher europäischer Einwohner verschiedener Städte zu Gunsten einer permanenten englishen Okkupation erklärte Lord Dufferin, er könne auf eine permanente Okkupation keine Hoffnung machen. Die Verminderung der Okfkupations- truppen in dem von der englischen Regierung für geeignet erachteten Maße implizire unter den gegenwärtigen Umständen s eine definitive Zurückziehung der gesammten Truppen- macht.

Zeitungsftimmen.

Jn der „Pos“ veröffentliht der Forstmeister Wagener in Castell bei Würzburg folgenden Mahnruf zur Rettung des deutshen Waldes:

Die elfte Versammlung der deutschen Forstwirthe, welche August v. I. in Coburg tagte, hat fast einstimmig (mit über 200 gegen 6 bis 8 Stimmen) eine Erhöhung des Einfuhrzolles auf rohes und vor- gearbeitetes Bau-, Werk- und Nußbolz aus den Ländern Europas als im Interesse der deutshen Forstwirthschaft dringend wünschens- werth erklärt. Der gesammte einheimische Bedarf an europäishem Nuzbolz kann nach der einhelligen Ansicht der versammelten Forst- wirthe quantitativ und qualitativ aus den deutshen Waldungen ge- deckt werden. E

Bei dem wirren, zerseßenden Parteigetriebe im neu geeinten Deutsshen Neih wird man, wie ich befürchte, alsbald versuchen, diesen Beschluß als den unzeitgemäßen Wunsch einer Interessenten-Versamm- lung darzustellen. Zwar stehen sicherlih die praktischen Pfleger des shöônen deutshen Waldes in ihrer hingebenden Fürsorge für die dauernde Erhaliung und die volle Entfaltung der volklswirthschaft- lichen Leistungskraft dieses unschäßbaren Nationalgutes „auf einer höheren Warte, als auf der Zinne der Partei“. Die Abstimmenden nit etwa Waldbesiger, sondern fast ledigli Forstbeamte mit fest normirten Besoldungsbezügen wollen ohne jeg! ien persönlichen Nußen \hwereund arbeitsvolleAufgaben Übernehmen. DieForstwirthe wenden si ausnahmélos an alle Parteien, indem sie lediglih objektive Würdi- gung der praktishen Wirkungen des beantragten Waldscbußes vom deutsben Standpunkte beanspruhen. Wenn in allen Schichten der Bevölkerung die sacliche Begründung und die volkswirthschaftliche Tragweite eines wirksamen Schußes der einheimischen Holzproduktion klar erkannt und vorurtheilsfrei gewürdigt wird, so wird man nicht wagen, diesen Beschluz zu einem Zankapfel zwischen der Freihandels- und Schußzollpatrtei zu erniedrigen.

Von der Bevölkerung des waldreihen_ Deutschlands ist in dem Zeitraum von 1868 bis 1881 die enorme Summe von 1372 Millio- nen Mark lediglih für Mehreinfuhr von curopäishem Nuyholz an den deutschen Grenzen bezahlt worden (berechnet nah dem Dur()- schnitt der vom Statistishen Reichsamte genau ermittelten Ankaufs- ree pro 1873 und pro 1880). Die Nußholzmasse, welche diesen Mehrimport erseßt haben würde, war in den deut|chen Waldungen, die 2456 Quadratmeilen bedecken, ausreichend vorhanden ; seit Mitte des vorigen Jahrhunderts werden die Wälder in unserem Vaterlande zumeist im Hochwaldbetriebe mit über 100jährigen Umtriebszeiten pfleelih und haushälterish bewirthschaftet; die Forstwirthe waren ängstlih bemüht, möglichst große Holzverräthe einzusammeln und zu bewahren. Aber man hat der hervorraç.enden Leistungskraft des deutschen Waldes für die Erhöhung des Volkswohlstandes künstlih die Adern unterktunden. Während früher der irländische Holzbedarf fast ausschließlich aus den inländischen Waldungen bezogen wurde und sogar noch eine Mehrausfuhr das Volkseinkommen in Deutschland erhöhte, wurden die Bezug8wege bald nach dem Beginn der neucn Wirthschaftspolitik gründlich verändert. In den Jahren nah Beendigung des franzöfischen Krieges stieg der Nuzholzverbrauch durch die krankhaft emporstrebende Bau- und Gewerbe- thâtigkcit in ungeahnter Progre!sion, während die dentscbe Forstwirth- schaft die ergänzende, auf Raubbau hinauslaufende Mehrfäliung nicht zulassen konnte. Deutschland ist im Norden, Osten und Südosten umringt von waldreichen, dünn bevölkerten und wenig Ckultivirten Läntern; namentlich im östliheu Galizien, in der Bukowina, in Slavonien, im nördlichen und mittleren Rußland findet man auf Tausenden von Quadratmeilen eine fast menschenleere Laumwildniß; urwaldähnliche Holzvorräthe fanden fast ledigli dur Potasche- Bereitung eine kaum nennen8werthe Benußung. Aus diesen Länder- strichen ziehen flößbare Bäche und Flüsse zur Ostsee und bis weit hinein in das nordöstlihe Deutschland, auf denen sich alsbald ein reger Rohholzverkehr entwickclte. Die Donau-Dampfschiffahrtsgefell- schaft brachte massenhafte Cichenholztransporte aus den unabsehbaren Eichen-Altholzbeständen in Südungarn und Slavonien. Als vollends der Eisenbahnbau in die genannten Grenzländer vorgedrungen war und die deutschen Bahnen in der Fracbtherabsezung glüdcklih die äußerste Grenze erreiht hatten, da schossen in diesen Ländern die Dampfsägewerke mit den besien Konstruktionen der Neuzeit wie Pilze aus dem Boden. Deutschland wurde bis in die westlihen Provinzen mit Nadelholzbrettera und Bohlen vor Allem aus Galizien âberschwemmt. |

Die deutschen Forstwirthe betrahteten diesen Wechsel der Bezugs3- wege viele Jahre obne tiefer greifende Besorgnisse. Man konnte immerhin, namentlid während der Blüthezeit der Gründerperiode, das deutshe Nußholz mit seh: zufriedenstellenden Preisen absetzen ; man hoffte au, daß die Waldz-rtrümmerung in den Nachbarländern die sauberen Holzbestônde bald aufzehren werde. Aber bald sahen die Forstwirthe ein, daß sie ch einer verhängnißvollen Tärschung hin- gegeben hatten. Als der Verbra:1ch fast ebenso rasch sank, als er ge- stiegen war, da hatte sich das Ausland breite, stark benußte Han- delswege namentlich in den industriellen und gewerbsreiben Gebiet8- theilen Deutshlanvs ?coberi, von Rußland, Ungarn und Galizien bis nah Rheinland und Westfalen. Unterstüßt durch kaum ncnnens- werthe Holz-Ankausspreise, billige Arbeits- und Fuhrlöhne und die ehr nicdrig gestellten Schiffs- und Eisenbahnfrachten, konnte das Ausland der deuishen Konkurrenz mit Leichtigkett die Spitze bieten. Die Meinung, daß die Abnüßung in den Nachbarländern kurze Dauer haben werde, erwies sch bei näherer Forshung als weitaus unzu- treffend. In den deutshen Waldungen waren alsbald nur noch die besseren Nugtholzsouten um sehr ermäßigte Preise zu ver- werthen; das gesammte Holzquantum, welches bei Fortdauer der früberen Verhältnisse an die Stelle der Mehreinfuhr getreten sein würde, mußte als Brennholz aufgearbeitet werden oder wurde, wie der Forstmann sagt, „anbrüchig“, zumal in den deutschen Gebirgs- waldungen. Jeßt ift nichi mehr zu bezweifeln, daß in der begonnenen Periode des Weltverkehrs die deutschen Waldungen, deren Werth noch vor kurzer Zeit auf 10—12 Milliarden Mark veranschlagt werden konnte, in der näcbsten Zeit auf dieselbe Stufe herabsinken werden, auf welcher die Nahbar-Waldungen standen, als man dort Potasche braante. Jch werde die Richtigkeit dieser Behauptung später ziffern- mäßig nachweisen.

Wenn die Nuzholzstämme, welhe zum Ersay des Jmports geeignet sind, vornehmlich in den deutschen Privatwaldungen gefunden würden und hier mit wesentlich höheren Preisen als an den deutschen Grenzen erwerben werden müßten, so könnte man S über dieFolgen, welche hohe Nutholzzölle haben werden, verschiedener Ansicht sein. Man könnte die Vertheuerung dieser, auch den Armen unentbehrlichen Baus-, Werk- und Nußhölzer betonen, auf die Bereicherung einzelner Bevölkerungsklassen und andererseits auf die Verminderung der Geld- ausgabe für die zahlreihen Holzkonsumenten bei Fortbestand des Jm- ports hinweisen, man könnte die unausbleiblichen Repressalien der Nawbarländer hervorheben u. . w. Aber diese Nuytholzstämme finden sih fast ledigli, sicherlih mit mehr als zwei Drittheile: in den Staatswaldungen, deren Rente gewöhnlih in die Staats- kasse fließt, und können hier auch nah völliger Absperrung der Einfuhr um billigere Preise erworben worden als bither an unsern Reichsgrenzen. Diz deutschen Gemeinde- und Privatwaldun- gen werden in der Regel niht wie die Staatswaldungen mit so lan- gen Hochwald-Umtriebszeiten bewirthschaftet, daß die stärkeren, für den Handel geeigneten Nutholzsorten heranwachsen können, vielmehr findet man hier außer den für den Vielbedarf Len \chwäche- ren Nuzholzstämmen vorwiegend Brennholzbestände, die dem Mittel- und Niederwaldbetrieb unterstehen. S

Die deutschen Staatswaldungen waren vor _cinigen. Jahrhunderten zumeist Markwaldungen. Wenn eine mit Schulden und kaum er- \hwinglihen Steuern überlastete Markgenossenschast, die reichhaltigen und besonders nuvfähigen Holzvorräthe im Markwalde verfaulen lassen würde, weil die Markgenossen dem Freihandel huldigen und

eit ihrer Bekehrung zu diesem Wirthschaft8prinzip das benöthigte

ußzholz bei den Nachbarn ankaufen, jedoþh um höhere Preise, als sie früher im Markwalde bezahlt haben und fortdauernd zahlen würden, wenn hierauf diese sonderbaren Freihändler das erweiterte Defizit in der Kasse viele Jahre lang dur erhöhte Steuerbelastung ergänzen und dabei, in Folge der widersinnigen Doppelzahlung, verarmen würden, so würde sicherlih eine derartige Markgenossenschaft \{on lange von unserem Volke für würdig befunden sein, Theil zu nehmen an dem

Ruhme, den die gute Stadt Schilda scit alten Zeiten in Deutsh- * unter \i

land genießt. Aber finden wir nicht im wohlgeordneten Deutscheu Reibe das getreue Spiegelbild diefer Genossenschaft. Jeder Staats- angehörige partizipirt am Reinertrag der Staatswaldungen seines Landes nah Maßgabe seines Steuerfußes, denn die Verringe- rung dieses Réeinertrags wird, wie wir leider genugsam erfabren haben, alsbald durch Steuer - Erhöhung ausgeglichen. Das- bei ift der Nuyzholzverbrauh der Staatsangehörigen im Eroßen und Ganzen dem Steuerfuße gleichfalls adäquat, denn die reicheren Bevölkerungsklassen, die industriellen und gewerbthätigen Landestheile 2c, welche auf den höchsten Steuerstufen stehen, konsumiren den weitaus größten Theil. Aber aub beträchtlichere Unterschiede würden niht in die Wagschale fallen, da die Rük- wirkung auf den Wohlstand der Gesammtheit maßgebend is. Man fann somit dur feine wohltönenden Phrasez die offenkundige That- sache verdunkeln, daß hier eine völlig unverantwortliwe Auéraubung des deutschen Volk8vermögens dur eine zwar freiwillige, aber ebenso unnöthige als sinnlose Kontribution an unsere Nachbarn vors- zugsweise an die Slaven und Magyaren vorliegt, die im Durch- \{chnitt ca. 100 Millionen Mark per Jahr betragen hat. Die in volkswirthschaftlichhen Fragen theoretisch gut informirte deutshe Na- tion hat fast die gleihe Summe nochmals in Form von Steuern an die Staatskassen gezahlt, denn der sehr unbeträchtlide Reinerlôös, welcher bei der Verwerthung der fragliben Holzquantität als Brenn- holz verbleibt, fällt gesammtwirthscchaftlih niht in Betracht, da der Brennstoffverbrauch im Deutschen Reich mit dem geringsten Kosten- aufwand durch die Förderung von Mineralkohlen befriedigt werden kann, d. h, zumeist mit Ausgaben für Bahnfracht und Arbeitélohn. Man darf wohl sckÜüchtern fragen, welche freiwilligen Gegenleistungen unsere dankbaren Nachbarn (etwa dur Zoliermäßigungen für Produkte und Fabrikate deutschen Ursprungs) gewährt haben und ob dieselben die oben bezifferte Jahressumme ausgleichen ? E Son vor langer Zeit haben die Forstwirthe erkannt, daß bei dem ans{wellenden Verbrauch der fossilen Kohlen, die große Brenn- fraft haben und von den Eisenbahnen überaus billig transportirt werden, die bisher vorherrshende Benutzung des Holzes zum Heizen immer mehr verdrängt werden wird. An der Spite der forstlihen Wirthschaftszwecke steht seit vielen Jahren die intensive Nußholzzucht. Der Nutkolzverbrauch ist im Inlande beträhtlich gewachsen. Deuts(&land wird im Westen begrenzt von den waldarmen, hoch- kultivirten Ländern Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Bel- gien und der Schweiz ; die Nußholz-Mehbr-Einfuhr dieser Länder hat (exkl. der Niederlande) 1876 circa 521 Millionen Mark betragen, Gute Wasserstraßen münden in die Nord- und Ostsee und zahlreiche Scienenwege laufen westwärts. Aber die wunderbare Wirthschafts- politik, welche die redegewandten Gelehrten im deutshen Reichstag siegreich zu vertheidigen wußten, hat die deutsche Forstwirthschaft nicht einmal zur Befriedigung des inländishen Nugholzverbraucbes zuge- lassen wir stehen der traurigen Thatsache einer völlig sinnlojen Vergeudung von mehr als tausend Millionen Mark gegenüber. Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ wird aus Pyriß, 30. März berichtet : z i Die hiesige Stellmacher- und Böttcher-Jnnung hat sih auf Grund des Reichëgeseßes vom 18. Juli 1881 umgestaltet und nah Bestätigung des neuen Jnnungéstatuts durch den Bezirksrath die Neuwahl des Innungsvorstandes vorgenommen.

Amtsblatt des Reichs Verfügungen: vom 2. April 188 land.

«Postamts. Nr. 16. Inhalt : 3, Postvacketverkehr mit Nieder-

Statistische Nachrichten.

Das letzte Heft der „Zeitschrift des Königlich sächsischen statisti- \{chen Bureaus" enthält u. A. auch eine ausführlihe Abhandlung „Über Armenwesen und Armenstatistik, mit besonderer Rück- licht auf die sächsische Erhebung für das Jahr 1880*, der wir fol- gende Daten entnehmen : : :

Es wurden für das Königreich Sachsen, das am 1. Dezem- ber 1880 2972805 Einwohner zählte, als der öffentlihen Armen- pflege Anheimgefallene für das ganze Jahr 1880 ermittelt : 22087 männliche, 24 943 weiblihe erwachsene Personen, sowie 6642 Kinder ; zusammen 53 672 Parteien (d. i. Personen ohne Angehörige).

An der Unterstüßung dieser Personen nohmen außerdem Theil 40 027 Angehörige, so daß die Gesammtzahl alier der Armenpflege Anheimgefallenen im Ganzen 93 699 Personen, d. î. 2,15% der Be- völkerung, beträgt. l

Nach der Art der Unterstützung, ob dauernd oder vorübergehend, gruppiren sih die erwähnten 93 699 Personen folgendermaßen. Dauernd unterstüßt waren: 9941 Männer, 20488 Frauen, 5872 Kinder, 25968 Angehörige; zusammen 62 269 Personen. Vorüber- gehend unterstüßt waren: 12 146 Männer, 4455 Frauen, 770 Kinder, 14 059 Angehörige; zusammen 31 430 Personen. Die Mehrzahl der Unterstüßungsbedürftigen mußte mit dauernder Unterstüßung versehen werden. Von 109 überhaupt unterstüßten Personen erhielten 66,469/o dauernde und 33,54 "/9 vorübergehende Unterstüßung. Auf 100 Ein- wohner kommen 2,09 dauernd und 1,06 vorübergehend unterstützte Persoren (inkl. Angebörige). :

Nach offener und geschlo}sener Pflege gruppiren {ih die 93 699 Unterstüßten, wie folgt: 32260 Parteien mit 35 583 Angehörigen wurden in offener Pflege und 21 412 Parteien mit 4444 Angehörigen wurden in geschlossener Pflege unterstüßt. Die Mehrzahl kommt also auf die offene Pflege. : 5

Nah Unterstüßungsvohnsiß und Landarmeneigenscaft klafsi- fiziren sich die Unterstüßten wie folgt: Es wurden gezählt 73 525 Unterstüßte und Angehörige mit Unterstüßungswohnsiz am Wohn- orte, die übrigen 20174 Unterstüßten mit Angehörigen hatten den Unterstüßungswohnsig außerhalb des Wohn- oder Auf- enthaltsortes. Davon hatten 8527 Personen den Unter- stüßungéwohnsiß in anderen sächsischen Gemeinden, 8034 waren sähsishe Landarme, 2280 hatten den Unterstüßungswohr.sit in Gemeinden änderer deutsher Staaten (aufer Bayern), 140 waren bayerische Staatsangehörige, 88 wurden von Landarmenverbänden anderer deutser Staaten unterstüßt, 678 waren Reichsauslär.der, 427 waren Unterstüßte mit streitigem oder zur Zeit noch nicht er- mitteltemm Unterstüßungswohnsiz. Es hatten also 78,47 °/ aller Unterstütßten den Unterstüßungswohnsiy am Wohnort, 9,10 9% hatten ihren Unterstüßungswohnsiß außerhalb des Wohn- oder Aufenthalts- ortes in anderen sächsischen Gemeinden, 2,43 9% hatten den Unter- stüßungswohnsit in anderen deutschen Staaten, 8,58 9/9 wurden vom sächsishen Landarmenverbande unterstüßt. Die übrigen waren Bayern, Reichsausländer oder Unterstüßte mit streitigem oder zur Zeit der Zählung noch nicht ermitteltem Unterstüßungswohnsiß. Die Kosten für die sähsishen Landarmen betrugen 1872 21 €04 M 79 s, E 215071 M 17 A, 1880 401 649 M 54 „S, 1881 448322 M

Von besonderem Intercsse ist die örtliche t ie A der sächsishen Armen. Wie man von vornherein erwartet hatte, stellen sih im Königreiche Sachsen wie überall die größeren Städte mix ihren gut eingerihteten Wohlthätigkeits- und Verpflegungsanstalten, mit ihrer ershwerten Armenaufsicht und Armenpolizei als die Hauptheerde der Armuth dar. Es giebt in Sabsen 22 Gemeinden mit über 10 000 Einwohnern mit zusommen 803 505 Einwohnern. Diese Bevölkerungs- mittelpunkte enthalten allein 46253 Arme, d. i. die Hälfte aller Armen des Königsreichs, so daß für die übrigen Gemeinden mit 2 169 300 Einwohnern nur 47 446 Arme übrig bleiben. Während auf 100 Einwohner der Gemeinden mit über 10000 Einwohnern 5,76 Arme entfallen, kommen auf 100 Einwokner sämmtlicher Ge- meinden mit unter 10 000 Einwohnern nur 2,19 Arme.

Die 22 sächsischen Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern, unter denen sih auch die drei volkreichen Vorstadtdörfer Leipzigs

(Reudnitz, Linderiau und Sa befinden, zeigen aber wiederum die größten Verschiedenheiten. Es hatten nämlich Arme

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