ommt der geehrte Herr Vorredner und will aub bier wiederum inen Stein aus dem ganzen Gebäude berautbre{en. Wie gesagt, cinize Tage vorber bieß e3: die Gesetzgebung beweist eine Apathie, die in keiner Weise gerechtfertigt ist. Die verbündeten Regierungen ibrerseits aber wollen diesen Vorwurf sich im Lande nit wiederholt und des êfteren mawen lassen, und wo immer sie Gelegenheit haben, treten sie ibrerseits für die Grundsäge ein, welche übereinstimmen mit denen, welche diese Heeren in Caffel vertreten.
Meine Herren! Der Herr Vorredner und au der erfte Herr Redner baben so gethan, als cb die Vorlage einen ganzen Einbruch darstellte in unser bisheriges Ret der Gewerbeordnung. Meine Herren, wenn Sie die Geneigtbeit baben wollten, \sch einmal die Borlage dur&zukorrigiren an der Hand der Anträge, welche von Seiten der Herren Dr. Vaumba, Richter und Genossen gestellt ivorden sind, dann werden Sie sehen, eine wie große Anzahl funda- tnentaler Aenderungen, die die Vorlage enthält, die mit dem Be- ftecbenden brewen, Seiters der Herren anerkannt worden sind. Ih werde vielleit später im Einzelnen darauf eingehen können, id will Sie jeßt nit damit beläftiJen. Aber, meine Herren, ich konstatire bier vor Jbhn:n und vor dem Lande Angesibts des großen Geschreies, welces gezen dicie angeblih so reaktionäre Vorlage erhoben worden ist, daß aub die Herren auf der linken Seite des Hauses ganji wichtige Bestimmungen der Vorlage, die mehr nah rets bingeben, em mi kur; auszudrüden, als begründet anerkannt haben, daß wenig- stens ibre Anträge an diesen Bestimmungen nicht rütteln.
Der Herr Vorredner hat dann noch gesagt, es würden die Leute dure diese Bcstimmungen unter Polizeiaufsict gestellt. Meine Herren! Das Wort „Polizeiaufsiht*“ hat etwas Anrüchiges; es giebt ja eine ganz gemütbliche Polizeiaufsiht; z. B. wenn der Wächter der Nacht, mit dem Stabe in der Hand einhberschreitend, für Ruhe und Ordnung sorgt, so hat diese Pelizeiaufsiht Jedermann gern; aber die Polizeiaufsibt, die Sie hier meinen, if eine etwas weniger freundliche, und diese ist es, wle Sie meinen, wenn Sie auf den versbiedensten Gebieten von „Polizeiaufsicht"
\vrehen. Ih hake mib in der leßten Zeit mit einem anderen Gegen- Pan beschäftigen müssen, mit dem Feuerversicherung8we]en.
Es be- teht in Preußen das Vrinzip der Präventivkontrole; jeder, der seine Habe versichern will, muß sih den Antrag als unbedenklich von der Polizei bescheinigen lasen. Es geht diese Präventivkontrole von der Voraussetzung aus, es sollen Ueberversiherungen dadur vermieden werden zur Verhütung von Brandstiftungen. Nun sagen die Herren, die diese Präventivkontrole bekämpfen, es wird dadurd jeder einzelne Versiherer unter „Polizeiaufsibt ge- Sellt*. Nun kann man über den Werth dieser Kontrole ja denken, wie man will; aber fühlt sich Jemand in Preußen durch diese Prä- ventivfontrole unter Polizeiaufsiht gestellt, wie die Gegner glauben machen wollen? Das werden Sie kaum behaupten können. Und nit anders liegt die Sache hier. I glaube in der That, daß mit den mehr ins Allgemeine gehenden Vorwürfen die Sache nicht ab- gethan ist, wir müssen uns an die einzelnen Bestimmungen halten und fragen, ob diese Bestimmungen, wie sie konkret vorliegen, über den Rahmen des Erlaubten und Nöthigen hinausgehen oder nit.
Fch wiederhole, daß ih in der Lage bin, den Herren von der Linken fast für jeden Paragraphen noch weitergehende Anträge, die von freisinniger Seite ausgegangen sind, beizubringen, und deshalb bitte ib, daß man niht weiter mit allgemeinen Vorwürfen gegen untere Vorlage auftreten möge. Ich kann Sie nur bitten, den §. 55, um den es fch hier handelt, annehmen zu wollen.
Der Abg. Günther (Sachsen) erklärte, die Schrankenlosig- keit des Hausirhandels, die der Abg. Baumbach befürworte, habe sehr s{limme Wirkungen gehabt. Es sei keineswegs richtig, das Hausirgewerbe als gleihberehtigt mit dem stehen- den Gewerbe hinzustellen. Nur für wenige bestimmte Branchen habe der Hausirhandel Berechtigung. Die von der Kommis- sion vorge)chlagenen Beschränkungen des Hausirhandels seien noch lange nicht weitgehend genug. Der Hausirhandel sei fast überall zu einem wahren Unfug geworden. Der Abg. Richter habe neulich die Nothwendigkeit betont, das freie Handwerk zu {hüten gegen das Militärhandwerk; dur den Hausirhandel werde aber das ehrliche Handwerk weit {limmer getroffen als dur die Konkurrenz der Militärhandwerker. Der Abg. Richter könne jeßt zeigen, ob es ihm mit dem Schuß des Hand- werks Ernst sei. |
Der Abg. Dr. Meyer (Jena) bemerkte, wenn der Abg. Günther den Nationalliberalen vorwerfe, sie wollten einen \crankenlosen Hausirhandel, so sei das eine Verdächtigung, die er als durchaus unbegründet zurückweise. Auch seine Partei wolle, daß der Hausirhandel nur insoweit frei sei, als diese Freiheit niht zu einer Gefahr für die öffentlihen Jnter- essen werde. Die Vorschläge dieses Gesehes könnten die Na- tionalliberalen aber als zu weitgehend nit acceptiren. Die stehenden Gewerbetreibenden würden viel weniger durch die Hausirer als dur die Wanderlager und Wanderauktionen ge- schädigt. Zur Abhülfe dieser Mißstände bedürfe es einer an- gemessenen, womöglih durch das Reich zu regelnden Gewerbe- besteuerung dieser Wanderlager; mit Polizeimaßregeln sei
uch hier nichts zu erreichen.
Der Abg. Kochhann (Landsberg) erklärte den Hau.sir- handel in mancher Hinsicht für nothwendig; das Publikum sei niht so dumm, \sich von jedem Hausirer béschwindeln zu lassen; auch die Leute auf dem Lande sähen sih die Sachen genau an, die sie kauften. Man scheine die Hausirer in der That mit den Vagabonden zu verwecsein ; der überhand- nehmenden Vagabondage möge man mit allen Mitteln ent- gegentreten, den Hausirer aber, der mühevoll mit \{chwerer Last auf dem Rücken von Ort zu Ort ziehe, und redlih Han- del treibe, auch ferner, soweit es sih mit den öffentlichen Interessen vertrage, gewähren lassen.
Der Abg. Dr. Baumbach protestirte gegen den ihm von Günther gemachten Vorwurf, als habe er für shrankenlose Hauf:rfreiheit plaidirt.
Die Diskussion wurde hierauf geshlossen; §. 55 nah dem Vorschlag der Kommission angenommen.
8, 56 lautet .nach dem Kommissionsbeshlufse :
Bescränkungen, vermöge deren gewisse Waaren von dem Feil- balten im stehenden Gewerbebetriebe ganz oder theilweise aus8- geschlossen sind, gelten auc für deren Feilbieten im Umberzieben.
Ausgescblossen vom Ankauf oder Feilbieten im Umberziehen find:
1) geistige Getränke, soweit nit das Feilbieten derselben von der Ortépolizeibehörde im Falle besonderen Bedürfnisses vorüber- gchend gestattet ist;
2) gebraubte Kleider, gebrau&te Wäscbe, gebrauchte Betten und gebrauchte Bettftücke, insbesondere Bettfedern, Menscenbaare, Garnabfälle, Enden und Dräumen von Seide, Wolle, Æinen oder Baumwolle ;
___3) Golde und Silberwaaren, Bruchgold und Bruhfilber, sowie Taswenubren ;
4) Spielkarten ; :
5) Staats- und sonstige Wertbpapiere, Lotterieloose, Bezugs- und Antheilsheine auf Wertbpapiere und Lotterieloose;
6) erplosive Stoffe, insbesondere Fcuerwerkskörper, Scbieß- pulver und Dvnamit ;
7) fol&e mineralis%e und andere Oele, welche leibt entzüundlih ind, insbesondere Petroleum, sowie Spiritus;
8) Stoß-, Hieb- und Schußwaffen ;
9) Gifte und giftéaltige Waaren, Arznel- und Gebeimmittel.
Ausgescblofsen vom Feilbieten im Umberzieben sind ferner :
10) Druckscriften, andere Schriften und Bildroerke, insofern sie die Grundlagen des Staats und der Gesellschaft zu untergraben,
oder in sittlicher oder religiöser Beziehung Aergerniß zu geben ge- eignet sind, oder welde mittelst Zusiberung von Prämien -der Gewinnen vertrieben werden.
Wer Druckschriften, audere S{riften oder Bildwerke im Um- berziehen feilbieten will, hat ein Verzeichniß derselben der zustän- digen Verwa tungsbehörde seines Wohnortes zur Genehmigung vor- zulegen. Die Genehmigung is nur zu versagen, soweit das Ver- zeichniß Druckschriften, andere Striften oder Bildwerke der vor- bezeichneten Art enthält. Der Gewerbetreibende darf nur die in dem genehmigten Verzeichnisse enthaltenen Druckschriften, anderen Schriften und Bildwerke bei si führen, und ift vervflihtet, das Verzeichniß während der Ausübung des Gewerbebetriebes bei si zu führen, auf Erfordern der zuständigen Bebörden oder Beamten vorzuzeigen und, sofern er hierzu niht im Stande ist, auf deren G den Betrieb bis zur Herbeishaffung des Berzeichnisses ein- zusteuen.
Die Abgg. Dr. Baumbah und Kochhann (Landsberg) be- antragten :
a. Ziffer 10 in folgender Fassung anzunehmen :
„Druckschriften, andere Schciften und Bildwerke, welche mittels Zusicherung von Gewinnen oder Prämien vertrieben werden, sofern diese Gewinne oder Prämien nit in Schriften oder BVild- werken bestehen ;“
b. den leßten Absay zu streichen.
Für den Fall der Annahme des Antrages Baumbah sub a. beantragten die Abgg. Dr. Blum und Dr. Meyer (Jena), den leßten Absatz des 8. 56 zu fassen, wie folgt :
„Wer Druckschriften, andere Shriften oder Bildwerke im Umbherziehen feilbieten will. bai der für die Ertheilung des Wandergewerbesceins zuständigen Verwaltungsbehörde ein Ver- zeihniß derselben einzureichen. Dieses Verzeibniß ift ihm mit einer Bescheinigung über die geshehene Einreibung spätestens am näbsten Tage zurüczugeben. Dasselbe fann in gleider Weise bei jeder anderen zur Er- theilung eines Wandergewerbes{eines zuständigen Behörde ergänzt werden. Der Gewerbetreibende darf nur die in dem Verzeichnisse enthaltenen Schriften und Bildwerke feilhalten. Er ift verpflichtet, das Verzeichniß während der Auëübung des Gewerbebetriebs bei si zu führen und auf Erfordern der zuständigen Bebörden oder Beamten vorzuzeigen. *
Der Abg. Dr. Frhr. von Hertling beantragte, Ziffer 10 ganz allgemein zu fassen: „Druckschriften und andere Schriften und Bildwerke“ (damit wird die Kolportage ganz verboten), event. die Regierungsvorlage wieder herzustellen, jeckoch unter Streichung der Worte: „Schriften und Bildwerken patriotischen, religiösen oder erbaulihen Jnhalts“/, sowie des Wortes „Landesüblichen““. :
Zu Ziffer 3 beantragten die Abgg. Dr. Baumbach u. Gen. die Streihung der Worte: „Gold- und Silberwaaren, sowie Taschenuhren“; zu Ziffer 7 wünschte der Abg. Heyde- mann folgende Fassung:
„folhe mineralisce und andere Oele, wele leit entzündlih sind, insbesondere solhes Petroleum, dessen gewerbêtmäßiges Ver- faufen und Feilhaltung nur in Gefäßen mit der Inschrift „Feuer- gefährlih* gestattet ist, sowie Spiritus. * i i
Die Diskussion über §8. 56 wurde derartig getheilt, daß zuerst die Nummern 1—9 zur Debatte stehen ; über Nummer 10 (Kolportage) werde besonders diskutirt werden. :
Nachdem der Referent Abg. Dr. Hartmann die Beschlüsse der Kommission in einigen Worten empfohlen hatte, wandte sh der Abg. Fritzen gegen den Antrag Baumbach, welcher Gold- und Silberwaaren und Taschenuhren von dem Verbot ausschließen wolle. Gerade bei Gold- und Silbersahen und Uhren liege die größte Gefahr vor, daß das Publikum von den Hausirern betrogen werde. Die Käufer, namentli auf dem Lande, könnten meist gar-niht beurtheilen, ob es wirklih Gold und Silber sei, was sie kauften. Auch erleictere der Hausir- handel mit solhen Sachen den Vertrieb geftohlener Werth- gegenstände außerordentlih. Namentlih aus den Fabriken vershwänden häufig derartige Dinge spurlos, und es könne wohl sein, daß die Hausirer diese Dinge vertrieben. Un- besireitbar gebe der Hausirhandel häufig Anlaß zu Vergehen und Verbrechen. Bezeichnend sei es, daß schon, wo zum ersten Mal umbherziehende Kaufleute aufgetreten seien, im alten Testament, ihre Thätigkeit mit einem Verbrechen verknüpft sei; sie hätten den Joseph seinen Brüdern abgekauft, um ihn nah Egypten zu s{hleppen. i e
Der Abg. Heydemann erklärte, er wolle die Bestimmung des 8. 56 über die leiht entzündlihen Dele dahin ändern, daß vom Verbot nur betroffen werden sollten „die minera- lishen und anderen leicht entzündlichen Dele. insbesondere solhes Petroleum, dessen gewerbsmäßiges Verkaufen und Feilhandel nur in Gefäßen mit der Jnschrift „feuergefährlih“ gestattet sei, sowie Spiritus“.
Der Abg. Kochhann (Landsberg) empfahl die Anträge Baumbach und Heydemann zur Annahme für den Fall, daß das Haus dem §. 56 überhaupt zustimmen wolle.
Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, die Art, wie der Abg. Frizen den Antrag Baumbach bekämpfe, sei charakteristisch für die Art, wie man überhaupt den Hausirhandel beschränken wolle. Derselbe sage, es würden in den Fabriken Werthsachen gestohlen; doch sei gar nihl nachgewiesen, daß die Haufirer diese Werthsachen vertrieben hätten, das gebe der Abg. Frißen zu, aber shon wegen der bloßen Möglichkeit wolle der Abg. Frigen vom E Gold-, Silberwaaren und Uhren ausschließen. Noch charakteristisher sei, daß der an 2 Frizen sh für die Paragraphen auf die Bibel berufe. Derselbe sage, gleih wo der Hausirhandel zum ersten Mal in der Bibel auf- getreten sei, sei ein Verbrehen passirt. Die Brüder hätten die vorüberziehenden Hausirer benußt, um den Joseph nah Egypten zu verkaufen. Wie verhalte fih nun die Sache in Wirklichkeit? Der Kollege Frizen könne den An- trag der Fortschrittspartei ganz ruhig annehmen, es würde sich doch der mit Joseph und seinen Brüdern passirte Fall niht wiederholen. Jm §. 61 heiße es ja: „Wer beim
ewerbebetrieb im Umherziehen andere Personen mit si führen wolle, bedürfe der Erlaubniß derjenigen Behörde, welche den Wandergewerbeschein ertheilt have, oder in deren Bezirk ih der Nachsuhende befinde. Die Erlaubniß werde im Wandergewerbeschein unter näherer Bezeichnung dieser Personen vermerkt.“ Unter den §. 62 würde Joseph gefallen sein. Die vorüberziehenden Kaufleute hätten dann eine Person mit sih geführt, die in dem Wandergewerbeschein nicht erwähnt sei. Hätten sie thn gleihwohl mit sh führen wollen, so hätten fie bei der Behörde, in deren Bezirk fie fih befunden hätten, einkommen müssen. Diese Behörde würde sofort die Geschichte gemerkt, die Mitglieder und den Joseph vorgeladen, und die Erlaubniß nit ertheilt haben. Also dieser Fall sei \{on vorgesehen. Er müsse bemerken, daß man in 8. 56 bei einem Paragraphen ftehe, der den Handel mit Gold- und Silberwaaren , und nitt den mit Menschen. Die vorüberziehenden Leute seien auch gar keine Haufirer gewesen, sondern Aufkäufer, die nach Egypten gezogen seien, um durch einen ganz legitimen Getreide ndel
der Hungersnoth abzuhelfen. Nebenbei wolle er ncch bemerken, daß au Joseph nach konservativer Auff¿ßung jedenfalls das Verdienst gehabt habe, daß derselbe für die Verstaatlihung des Getreidehandeis in Egypten gewirkt gabe.
Der Kommissar Geheime Regierungs-Rath Boediker wen- dete sih gegen den Antrag Heydemann, der keine Sicherheit dagegen biete, daß die Hausirer nit do feuergefährliches Petroleum mit sich \ührten. Auch den Antrag Baumbat, betreffend das Gold und Silber und die Taschenuhren, mdge das Haus ablehnen, und der Regierungsvorlage unverändert zustimmen. Die Bestimmung, daß der Hausirhandel mit Taschenuhren untersagt werden solle, sei getroffen worden auf Grund eines Antrags der Gewerbekammern in Hamburg, unterstüßt vom dortigen Senat. Das sei wohl eine fompetente und vertrauenswerthe Seite.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte sih ebenfalls gegen den An- trag Baumbach. Man müsse darauf hinwirken, daß auf dem Lande wieder der Sinn für größere Einfachheit plaßgreife. Durch das Feilbieten von Gold- und Silbersahen in den Dörfern würden die Landleute aber häufig zu unnüßen Luxusausgaben veranlaßt.
Der Abg. Heydemann antwortete dem Regierungskommissar, daß man gutes und schlechtes Petroleum durch den Apelschen Apparat wohl unterscheiden könne. Da solhe Apparate aber niht überall zu beschaffen seien, so möge man, wie sein An- trag wolle, doch gleih alles Petroleum s{lechter Qualität ent- fernen und nur das gute zum Hausirhandel zulassen.
Der Abg. Dr. Baumbach bemerkte, der vorliegende Para- graph finde au Anwendung auf die Handelsreisenden, welche doch ganz zuverlässige Leute seien. Man solle doch einfa bestimmen, nur mit ächten Glas- und Silberwaaren dürfe hausirt werden und den Betrieb mit unähtem Gold, Talmi und anderen Jmitationen möge man bestrafen. Auf dem vor- geshlagenen Wege könne man nit weitergehen.
Der Bundeskommissar Geh. Regierungs-Rath Bödiker er- widerte dem Abg. Heydemann, daß es doch ein Unterschied sei, ob ein stehendes Gewerbe mit Petroleum handle oder ein Hausirer. Beim stehenden Händler könne die Verwaltung zu- weilen Petroleum zur Untersuhung holen. Nicht fo beim vorüberziehenden Händler. Dem Abg. Baumbach erwidere er, daß es nicht zulässig sei, dem Hausirer die Verantwortlichkeit dafür zu überlassen, ob das Angebotene eht oder uneht sei.
Der Abg. Büchtemann entgegnete, wenn die Landleute ihre Ersparnisse in Gold und Silber anlegen würden, sei es besser, als wenn sie dieselben für Vergnügen 2c. ausgäben.
Der Antrag Baumbach wurde darauf bei einer Zählung mit 141 gegen 122 Stimmen abgelehnt; auch den Antrag Heydemann lehnte das Haus ab, und genehmigte die Kom- missionsvorshläge unverändert. i
Es begann nunmehr die Debatte über den zweiten Theil des S. 56, die Bestimmungen über die Kolportage von Druck- \hristen u. \. w. i /
Der Abg. Frhr. von Hertling befürwortete seinen An- trag. Auch er wisse, daß sich die Bestimmungen dieses Paragraphen zum Theil gegen seine Partei wenden würden, aber er wähle von zwei Uebeln das kleinere, um der unmo- ralishen Kolportage zu steuern. Es handele sih niht darum, die gute Literatur zu beseitigen; der große Absaß der Fir- men Cotta, Brockhaus u. \. w. habe mit dem Hausirhandel gar nichts zu thun, sondern entstamme den Subskribenten- sammlungen, über welche man ja bei den späteren Paragra- phen noch sprechen werde. Die Kolportage wende sih in den meisten Fällen nicht an die gebildeten, sondern an die weniger gebildeten Klassen der Gesellschaft, an Dienstboten, an Bauern, an Schüler. Andererseits sei der Vertrieb der guten Literatur in leßter Zeit durch alle möglichen Erleichterungen begünstigt worden, sie bedürfe also der Kolportage nicht. Die Wahrung der Sittlichkeit des deutschen Volks aber erfordere drin- gend das Verbot der Kolportage. Ein großer Theil dieser Literatur wende si direkt an die Lüsternheit und Sinnlih- keit, an die niedrigsten Leidenschaften der Menschen ; hier liege die große Aufgabe des Staates, seine Angehörigen vor der Verderbniß zu shüßen. Die unsittlihen Romane und Bild- werke hätten durch das Strafgesezbuh bisher niht genügend getroffen werden können; im Gegentheil sei der Absaß und die Auflage dieser unsittlihen Schriften in dauerndem Steigen. Hier könne also nur ein absolutes Verbot helfen, jedenfalls kämen so hohen sitlihen Beweggründen gegenüber etwaige wirthschastlihe niht in Betracht. Einer der leßteren sollte das Haus gerade bewegen, seinen Antrag anzunehmen, es sei der unaufhaltsame Untergang des Sortiments-Buchhandels (Abg. Richter: Jstt auch ein wahrer Segen !). Das fei kein Segen! Der deutshe Buchhandel sei zu seiner jeßigen Größe empor- gewachsen auf Grund dieser Organisation! Wenn sein Antrag aber niht angenommen werden sollte, so empfehle er seinen Eventualantrag, der vor allem die dehnbare Bestimmung des Sozialistengesezes bezüglih der „Untergrabung“ aus dem Kommissionsantrag auêmerzen wolle. Der leßte Absaßg des 8, 56 werde, wie er fürchte, wirkungslos bleiben, da die Ueberproduktion an Schand- und Schundliteratur in Deutsch- land zu groß sei. Er bitte, seinen Antrag anzunehmen, und dadurch gegen die Gefährdung der sittlichen Elemente des Staates einzutreten. E E
Der Abg. Dr. Kapp {loß sich im Wesentlichen den Aus- führungen des Abg. Baumbach an. Die Art und Weise, wie die Regierung an die so shwierige und verwickelte Frage der Kolportage herangetreten sei, heine ihm sehr leiht und be- quem; denn statt sich allein gegen die sogenannte Schund- literatur zu wenden, lege die Regierung die Axt an den ganzen Kolportagehandel und damit an den Buchhandel selbst. Bei der ängstlihen Ueberwachung aber, unter welcher in Deutschland die Presse stehe, sei es doh nie hwer geworden, ihrer etwaigen Auswüchse Herr zu werden, und so werde es auch Mittel zur Bändigung der gegen die Moral verstoßenden Literatur geben, welhe niht blos auf eine L E polizeilichen Machtapparats Sn und den ganzen ud- handel treffe. Es lägen auch, foviel er wisse, der Regierung durä- aus keine Materialien vor, welhe zur Begrlündun ihres Vorhabens dienen könnten. Der Volkswirth\aftsra aller- dings habe den ganzen Kolportagehandel in Bausch und Bogen verurtheilt, allein dieses Urtheil bedeute doch ungefähr
erade so viel, wie ein Beshluß des Pickwicklubs. Anderer= seits seien von Sachverständigen begründete Eingaben an den Reichstag gelangt, und auch dur die öffentliche Presse vor= bereitet worden. So von dem Leipziger Börsenverein, der ca 6000 Mitglieder ‘zähle, und von anderen, theils größerer, theils kleineren Vereinigungen. Alle diese hätten sich dahin ausgesprochen, daß das Verbot des Kolportagehandels au zugleih ein Todesftreih für den deutshen Buch- handel sein würde. Die Bibel wolle der Abge-
dem 1, BVezember 1872 von
ordnete von Hertling der Kolportage s\reigeben: Es sei unnöthig, denn die Bibel werde auf Tae Tes der Kolportage so gut wie gar nit verbreitet, weil sie überall besser und wohlfeiler zu haben sei. Ebenso verhalte es sih mit den Schulbüchern. Also den Kolportagehandel unter- drüden heiße eins der blühendsten Gewerbe in ganz Deutsch- land, den Buchh1ndel, vernichten. Nach dem leßten Meßkataloge habe man in Deutshland 5846 Buchhandlungen gezählt, wovon 1079, also fast ein Fünftel, Kolportagebuhhandlungen seien, die sich durhaus nicht blos auf die Sundliteratur de-
ränkten, sondern ihre Wirksamkeit auch auf die große, flassishe Literatur ausdehnten. Weiter komme in Betracht, daß dur Unterdrückung der Kolportage mehr als 100 000 Menschen, die in irgend einer Weise dabei beschäftigt seien, deshäftigungslos würden. Auchdie Schriftsteller hätten ein Jnter- esse daran, daß die Kolportaae bleibe, denn wenn die Buhbändler gute Geshäfte maten, so würden auch die Honorare höher. Er wundere si, daß ein Mann, wie Abg. von Hertling, der an einer deutschen Hochshule angestellt sei, einen das ganze geistige Leben Deutschlands so untergrabenden Vorschlag machen könne. Er glaube au, der Abg. von Hertling werde von seiner cigenen Partei niht unterstüßt werden, wenigstens sei dies nah den Abstimmungen in der Kommission zu er- warten. Er bitte, den Kommissioneantrag mit dem Amende- ment Baumbach anzunehmen.
Der Abg. Günther (Sachsen) erklärte fich gegen alle Amendements und bat, pure den Kommissionsvorshlag anzu- nehmen.
Der Abg. Mundckel bemerkte, au diese Bestimmung sei aus Furcht vor einem Mißbrauch de“ Gewerbefreiheit gegeben, seine Partei habe dagegen Furt vor der Polizeimaht. Das Verbot einer Druckscrift werde st¿ts eine Reklame für den betreffenden Verleger sein, cbenso werde man dur das Ver- bot der Kolportage dieselbe eher vermehren, als vermindern. Die Polizei werde die Moralität nit heben, auß wenn man jedem thörihten Menschen 2 Gensd'armen an die Seite stelle.
Mie solle ein gewöhnliher Polizeibeamter kontroliren, ob !
Stiller oder Lessing staats- oder religionsgefährlich sei ? Viel-
leiht halte sogar mancher hier im Hause Lessing für die Re-
ligion gefährdend, und auch seine Partei halte gewiß mancher Herr auf der Rechten für staatsgefährlih. Das thue die
Rechte und nun solle ein Polizist die Unterscheidung treffen ? !
Er bitte, den Antrag Baumbach anzunehrnien !
Der Abg. Schott erklärte sfich gegen den Kommissions- vorshlag und für den Antrag Baumbach. Trotz der Mah- | nung, man solle nicht erstaunen, hätte er es doch kaum für |
möglich gehalten, daß aus der Mitte der Volkévertretung cin E wie das des Abg. von Hertling gestelt werden würde. lage, wie es scheine, die ungeheuere Bedeutung der Kolportage no§ niht ganz erkannt. Die Schundliteratur habe nah sach- verständigem Zeugnisse bereits abgenommen, wohl infolge der Wohlfeilheit der deutshen Klassiker. Man möge doch Mitleid haben mit den Tausenden von armen Menschen, die aufs Pflaster geseßt würden. Bezüglich des Verbots von Gewinnen und Prämien frage er, warum dringe man denn immer nur auf verbesserte Tugendhasftigkeit der unteren Stände? Warum beginne man niht mit dem Verbot der Staatslotterien ? Warum solle man denn kein Bild des Kaisers, keine Madonna als Prämie ausbieten dürfen? Sei denn das deutshe Erwert s- leben so ins Kraut geschossen, daß man es überall bes{hneiden müsse? Die Bemutterung werde immer ärger. Der Abg. von Kleist:Reßow habe neulih angeführt, wie die Biederkeit der alten Deutshen von den Römern belobt worden fei; derselbe Tacitus stelle aber den Sag auf: Je faulerc es in einem Gemeindewesen aussehe, desto mehr Gesege. Man sei jezt im besten Zuge, dieses Wahrzeichen Deutschland anzuheften.
Hierauf nahm der Bundeskommisar Geheime Regierungs- Rath Bödiker das Wort:
4 Meine Herren! So sebr aub die Gegner der Vorlage den Inhalt derselben im Einzelnen bekämpft baben, so glaube ic nitt — id babe es wenigstens nidt gehört —, daß einer von denselben die Vorlage für gänzlich unberectigt erklärt hat. Daß Schäden vorliegen, beweist au der Antrag, welber am weitesten von der Vorlage sib entfernt. Keine Seite will die Megierungsvorlage [lediglich _ablebnen, alle bemühen sib, dieselbe zu amendiren. Es bandelt si also um eine Frage, die in der That von den verbündeten Regierungen angeregt werden mußte, um hier im Hause ihre Ent- scheidung zu finden.
. Meine Herren! Die Frage ist keine ganz neue; es ist \@on schr Eâufig über dieselbe in öffentliden Versammlungen und in der Prefse verhandelt worden, und ih kann nicht zugeben, wenn einer der Herren Vorredner glaubte, cs seien die verbündeten Regierungen nicht ge- nügend informirt gewesen, oder es müsse, wie der leßte Herr Redner sih ausdrüdckte, von einer s{le{t informirten Regierung an eine besser zu informirende appellirt werden.
__ Meine Herren! Die Thatsachen, um die es sib hier handelt,
Die verbündeten Regierungen hätten bei ihrer Vor- | | liben Druschriften darkietet.
find ni#t nur notoris&, fie sind au§ bimmelsHreiend. NotorifLes bedarf aber befanntlid nit mcbr der Aufklärung oder des Bew-ises. Ebenso aub können die verbündeten Regierungen den Vorwurf des Hrn. Abg. Dr. Kapp nit gelten laffen, es fei die Vorlage in leiter Weise zu Stande gebraHt obne Anhörung von Sathrer- ständigen. __ Meine Herren! Die vorliegende Frage ift eine sol&e, worin \{ließlid - jeder Einzelne sabverftändig ist, der nur die bciden Thatfacten fennt, daß einerseits in dem Kolportagebandel cin sebr großes Kapital investirt ist, bezw. daß sebr vielc Leute davon leben und andererseits die Thatsache, daß dur den Kolportagebandel großer Schaden geschieht. Daß dieser Schaden angeri%tei wird, metne Herren, geben alle Petitionen, weldbe so zahlreib für und gegen die Vorlage eingegangen sind, zu, — ich meine, für die Vorlage inso- weit eingelaufen sind, a8 eine große Anzabl von Petitionen das Kolportiren von sittlich anstößigen, von religiös anftêößigen, vo Sriften, die durH Prämienversprebung vertrieben werden tollen, überbaupt verbieten will. Auch erlaube id mir, mib auf den Kommissonsberiht zu berufen, welber konstatirt, da5 einer der Herren Abgeordneten den Antrag gestellt bat, alle in sittliber Be- ziehung Aergerniß gebenden Scriften auszui&@ließen. Es war dies der Hr. Ag. Meibauer, welcher in der Kommission ausführte — und er tf als Jurist besonders in der Lage, es zu wissen — daß man mit den ftrafre4tliden Bestimmungen auf diesem Gebiete ni&dt auékommen könne. Ebenso wie in diescm Punkt war die Kom-
| misfion einstimmig binsidtlid der Beseitizung aller Präwienwerke.
I kann darum mein Erftaunen über die gegen die Bundesregie- rungen gerichteten Ausführungen der Herren Redner ribt unterdrüdcken. Meine Herrex! Hr. Dr. Kapp sagt, die Vorlage lege die Art an den Buchhandel. Meine Herren! Jf denn unser Bubbandel erst seit 1869 groß geworden? Hat es denn vorber in Deutschland keine bubbändlerisden Firmen allerersten Ranges gegeben? Und den Kolportagebandel mit Druckichristen baben wir dot erst ‘cit 1869! Ich glaube, daß der Kolvortagebucbbandel, die Hausirwirtbschaft sehr
| wenig zur Hebung des deutsben Buwbhandels beigetragen baben. Es | | ist ein Urtbeil ron dem Hrn. Dr. Baumbaw,
C
Firmen den großen Absay nit anders gefunten baben würden, als nur mit Hülfe der Hausirer. I glaube, daß aub auf einem anderen Wege die Firmen mit ibren großen Werken reussirt baben würden. Meine Herren! Einer der Herren Abgeordneten hat gesagt, das Urtheil Volfswirtbs@aftsratbs ift in dieser Bezicbung werthlos. Meine en! Wenn der Volkswirthscaftsraihß allein für sich dastände, es gegen ibn wäre, mödte der Herr Ret baben, aber ih babe , daß von vielen anderen Sciten dieselbe Meinung
n dem Volkswirtbscaftärath sind entschieden
è treten, und aub diese find pure für die Ge- ge eingetreten. Jh will das Haus nit ermüden, um das i dand der Protofolle nawzuweisea ; es ist aber so, meine Herren, er Hr. Abg. Murdckel sagte, die Freiheit könne allerdings gemiß- braubt werden von Seiten der Kolportage, es könnte aber auch die Freideit von Seite der Polizei agemißsbraubt werden.
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| aber die Polizei, die die Freiheit mißbraucht, sbädiat böcbstens Jeman-
den in seinen finanziellea Interessen, die s{le&te Kolportage aber sckchädigt das gcistige und fittlihe Wobl derer, dexen sie ibre verderb- Hier stet der Geldpunkt gegenüber der Moral, das materielle Gut gegenüber den geistigen Gütern, und id glaube, daß leitere den Vorzug verdienen. Der Hr. Abg Wundckel
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| sagt außerdem: alüdlih der Verleger, dem ein Bub bes&lagnahmt
wird dur den Staatzanwalt. Ja, meine Herren, s{lagender fonnte der Herr Abgeordnete Foch gar nicht für die Vorlage spreten. Gr wüns%t do% niSt, daß die mit Besblag belegten Büdber erst recht vertrieben werden. Aber er beweist mit seinem Saße allerdings, daß gerade das S{lecbte begierig auf- aenommen werde, und gerade dem will tie Vorlage entgegentreten. Mit diesem Argument bat also der Herr Abgeordnete nach meiner Meinung die Gesezes8vorlage aufs Cklatanteste vertheidigt. Er hat dargethan, daß \chledte Eigenschaften in einem Theile des Volkes vertreten find, und dagegen kämvft die Vorlage.
Meine Herren! Es ist Bezug genommen worden auf den Hiesigen Bucbbändlerverein. Der Vorstand desselben hat im vorigen Jahre die Satte beratben und ift dabei zum Theil weit über die Vorlage hinausgegangen. Der Vorstand desselben bat nict mchr und niÞt weniger beantragt, als, um dem Uebel wirfsam abzuhelfen, das Be- fäbigungézeugniß für den Bucbbändler wieder cinzuführen. Was ist das für ein Standpunkt gegenüber dem der Vorlage? Ich kann mib bierauf wieder als auf einen Beleg berufen, daß die Vorlage nibt fo weit geht, wie es auf manchen Seiten gewünscht wird. Im Uebrigen beziebe id mib auf die Motive und dic von den früberen Herren Rednern zur Vertheidigung der Borlage beigebrachten Gründe, aub auf den Kommissionsberiht, woraus erhellt, daß ih die von dem Abg. Frhrn." von Hertling berührte Entstehungs- und Vorgescbichte der Vorlage seit dem Jaßre 1868 in der Kommission entwickelt habe. :
Mcine Herren! Es liegt nun eine Reihe von Anträgen ¿u unserer Vorlage vor. Der Antrag Baumbacb-Richter — i habe das {on vorher gesagt — geht nicht einmal scweit wie die Herren, die jeßt
* den Antrag mitunterzeihnet haben, in der Kommission einstimmig
gehen wollten. Von hier aus kann der Antrag nur auf das Leb- hafteste bekämpft werden.
Nach tem fo eben vertheilten Antrage der Herren Abgg. Dr. Blum und Dr. Meyer, — ic weiß nit, ob i ibn vollständig richtig ver- stehe — aber c83 [eint so, als sollte nah diesem Antrag das Druck- s(riftenverzeichniß unter allen Umständen von der Polizeibehörde visirt werden müssen. Also die Bücher, die im Verzeichniß aufgeführt
nit eine als fest- | lage vorgeben. _
| stehend zuzugebende Thatsache, daß diese von ibm genannten großen
[ sint, sind gewissermaßen polizeiliH autorisirk. Aber c8 können naŒ der Fafsung dieses Antrages allerhand möglie lebte Bücher in das Verzeichniß aufzenommen werden, und die Polizei müste nod sogar den autoritativen Gencbroigungsstempel darauf seten. Das würde entshieden eine Vershlecbterung des jetizen Zuftandes sein, insofern fortan jeder Colporteur sib auf das Visum der Polizei be- rufen könnte tei Leuten, die auf das Visum etwas geben.
Dann kommt der ebenfalls soeben erst vertkecilte Antrag des Hrn. Abg. Frhrn. von Hertling. Meine Herren! der Prinzipalantrag gebt entschieden zu weit. Jch glaube nit, daß es woblgethan ift, diesen Prinzipalantrag anzunehmen. Der Erventualantrag gebt aller- dings aub über die Vorlage binaus, es wird Mantes aus der Vor- lage berau8gestriden, was die Vorlage fkonzediren will, aber, meine Herren, das fann i erklären, wenn ih aub selbstver- ftändlid nit befugt bin, meinerseits die Regierungsvorlage fallen zu laffen, daß diefer Eventualantrag viel mebr in der Linie der Ab- sidten der verbündeten Regierungen liegt, ais die anderen Anträge. Das Uckel ift eben so groß geworden, daß mit einem Radikalmittel vorgegangen werden muß, und ein solche2 Radikalmittel ift au \{on die Vorlage.
Meine Herren! Es bandelt si keineëwegs in erster Linie oder aub nur bauptsäbli% um die Beschränkung armer Hausirer, die ihr Brot sauer in dieser Weise verdienen. Hier handelt es sib um einen Kampf nit gegen diese niederen Leute, sondern um einen Kampf gegen das zwedtbewußt vorgehende, mit der Intelliaenz verbündete Kapital. Meine Herren! Ich babe bier font keine Reden zu balten über Kapitaliëmus und Kavital üterbauvt; aber, wenn ih Jhnen anfübre, daß aus den Handelsfammermittheilungen bervorgeht, daß, abgeseben von den Verlagsbucbhandlungen, einzelne Bucbhandlungen 29, 39, ja aus einer größeren Stadt wird berihtet, sogar 39 derartige Kolporteure auêlaufen laffen, so werden Sie mir zugeben, daß es G um einen Betrieb im großen Maßstabe handelt, der mit Geld und Intelligenz geführt wird. Und gegenüber diesem Betriebe, der sid nidt scheut, Geld zu zieben aus der Vergiftung des Volkes nab der Devise „non olet“, diesem Betrieb gegenüber will die Vor- Ori Dabei bedauerten es die verbündeten Regierungen, wenn infolgedefsen notbgedrungen aub eine Schädigung berectigter Interefsen eintreten muß, die sib leider nit vermeiden läßt. Meine Herren! Es bandelt sid ni&t nur um jene kaltherzigen Menschen, die keinen Anstand nebmen, um des Gewinns willen die Leidenschaften des Volkes zu mißbraucben, es bandelt fib aub um ein bewußtes Hineindringen in die Swlecbtigkeit des Volkes, um den Einfluß des zielbewußten absolut Swlechten auf daffelke. Ih kann nur sagen, die Höhe des sittliben Ernstes, der durch die ganze Vorlage bindurgebt, bier crreidt fe ihren Springpunkt. Jh bitte Sie, die Regierungen bier nit verlassen zu wollen.
Der Abg. von Kleist-Rezow wies darauf hin, daß alle Parteien darin einig seien, daß in den jeßigen Zuständen etwas gebessert werden müsse. Da die Konservativen aber von der hohen Schädlihkeit des augentlicklihen Zustandes völlig überzeugt seien, und deshalb um jeden Preis etwas zu Stande bringen möchten, so würden sie für den Antrag des Abg. von Hertling stimmen, der nur die Kolportage von Bibeln, Bibeltheilen, Shulbüchern, Landkarten und Kalendern zulasse. Damit werde auf jeden Fall die |hlechte Literatur dem Volke fern gehalten. Redner erklärte fih gegen den Antrag Baumbah., Man wolle Prämien ausschließen, aber nur sofern es sich um seidene Kleider, Shmudwsachen u. st. w. handele. Prämien, die in Bildwerken oder Büchern beitänden, wolle man auh ferner zulassen. Das set niht richtig. Jedes folportirte Werk müsse sich selbst loben, so decke die Prämie nur die Shundwaare, welche dem Volke aufgedrängt werde. Es sei merkwürdig, daß in diesem Para- graphen die Kolportage unmittelbar hinter dem Gift komme, aber es liege darin au eine gewisse Anerkennung, daß dem Volke wirklich Gift eingeflößt werde.
Die Diskussion wurde geschlossen.
Der Abg. Dr. Meyer (Fena) vemerkte persönlich, daß die Begründung des nationallideralen Antrages ihm durch den beliebten Schluß der Debatte verwehrt worden sei.
Die Anträge des Abg. Frhrn. von Hertling, sowohl der prinzipielle als der eventuelle, wurden abgelehnt. Dagegen wurde der Antrag Baumbach) in namentliher Abstimmung mit 141 gegen 127 Stimmen angenommen, womit der Kom= missionsantrag beseitigt war.
Das Amendement Blum zum Absatz 2 vereinigte auf si nur die Stimmen der Nationalliberalen, auch die Kommif- sionsbeshlüsse zum Absay 2 und der Absatz 2 der Negierungs= vorlage wurden abgelehnt.
Damit war der 8§. 56 erledigt.
Der Abg. Richter (Hagen) beantragte nunmehr über den 8. 56, über dessen Theile getrennt abgestimmt worden sei, eine gemeinsame Abstimmung vorzunehmen. Gegen die nohmalige Gesammtabstimmung über den 8. 56 protestirten die Abgg. Dr, Windthorst und Frhr. von Minnigerode.
Der Präsident war bereit die Abstimmung vornehmen zu. lassen. Auf Grund des Protestes befragte er aber das Haus, welches die nohmalige definitive Abstimmung ablehnte.
Darauf vertagte sich das Haus um 6 Uhr auf Dienstag 11 Uhr. :
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t Inserate für den Deutshen Reihs- und Königl | Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handels- register nimmt an: die Königliche Expedition
des Deutschen Reihs-Anzeigers und Königlich Preußischen Staats-Anzeigers: Berlin 8W., Wilhelm-Straße Nr. 32.
1. Steckbriefe“und Untersuchungs-Sachen.
2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl,
3. Verkäufe, Verpachtungen, Sbmissionen etc.
4. Verloosung,
L u. s. w. von öffentlichen Papieren.
5, Industrielle Etablissements , und Grosshandel,
7, Literarische Anzeigen.
Amortisation Zinszahlung 9, Familien-Nachriehten.
6, Verschiedene Bekanntmachungen.
a p i rar r erten emr E E
Deffentlich É Anzeiger. a nehmen an: die Annoncen-Erpeditionen a l
„Juvalidendank“, Rudolf Mosse, Haasensteiu
& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Stchlotte,
Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen - Bureaux.
Fabriken
8, Theater-Anzeigen. | In der Börsen- beilage. 6
— — —
Subhastationen, Aufgebote, Vor- ladungen n. dergl.
A Oeffentliche Ladung. Emil Trosselt von Oberhammer, welcher nah Amerika ausgewandert und defsen Aufenthaltsort un- bekannt ist, wird hiermit geladen,
den 10. Angust d. J
Vormittags 10 Uhr, : 2 entweder in Person oder dur einen gehörig legiti- mirten Bevollmächtigten bei Fürstl. Amtsgerichte ler zu erscheinen, um in einer Zuschreibungssache gebôrt zu werden, widrigenfalls ihm ein Abwesen- beitsvormund bestellt werden wird. Oberweißbach, den 20. März 1883.
Fürstl. Spwarzb. Amtsgericht. Wißmann.
[15975]
durch Zusa druck in den
[15774] Aufgebot.
Der als Sohn des Kutshers Johann Gottlob Hentschel in Groß-Haenchen und defsen Ehefrau i orothea Elisabeth, geb. Hermann, am 6. November S ¡u Groß-Haenchen, Kreis Freystadt, geborene tbeiter Johann Carl August Hentlya welcher seit 4 ier polizeilich abge- meldet it und seitdem verschollen sein soll, wird
auf Antraa seines Vormundes, des Schankwirths Gottlieb Rauch hier, hierdurch aufgefordert, späte- stens in dem auf
den 5. Februar 1884, Vormittags 11 Uhr, vor dem unterzeihneten Gerichte, Jüdenstraße 58, Amts hierselbst, Saal 21, anberaumten Aufgebotstermine c persönlich oder s{riftlich zu melden, widrigen- falls er für todt erklärt werden wird.
Berlin, den 22. März 1883. :
Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 54.
Na heute erlafsenem, seinem ganzen Inhalte nah an die Gerichtstafel und durch Ab- edcklenburgischen Anzeigen bekannt ge- machtem Proklam finden zur der den Erben des wail. Häuslers Koch zu Heidhof
p, deu 2. Juli 1883, ag
Dömigz, den 28, März 1883.
—
Ae [15771] Proclama.
Zwangsversteigerung
aus dem Dien in dem am
3 11 Uhr, statt.
Großherzoglih Mecklenburg-Schwerinsches
ericht. Zur Beglaubigung: Der Gerichtsschreiber : Kiecksee, Act.-Geh.
Auf Antrag des Königlichen Ober-Landesgerichts- Präsidenten und des Königlichen Ober-Staats8anwalts zu Breslau wird hierdurch die von dem Königlichen Gerichtsvollzieher Balduin Körber zu Neumarkt i. Schl. hinterlegte auf 700 A sih hbelaufende Avitskaution, nachdem der 2c. Körber verstorben ift,
ehöôrenden fleinen Kavel Nr. 1526 auf Dömig'er hierdurch aufgeboten und werden sämmtliche unbe-
eldmark Termine: ; annten Zutressenten aufgefordert, etwaige Ansprüche 1) zum Verkaufe na zuvoriger endlicher Regu« lirung der Verkaufsbedingungen am Montag, den 11. Juni 1883, 2) zum Ueberbot am Mouta jedesmal Bormit
verhältnisse des 2c. Körber \pätesters
21. Juni 1883, Vormittags 10 Uhr, an Gerichtsstelle, Zimmer 11., anstehenden anzumelden, widrigenfalls die sich nit Meldenden ihres Anspruches an die Kaution verlustig gehen und
Auslage der Verkaufsbedingungen vom 25. Mai | nur an den Nachlaß des 2c. Körber fih zu halten 1883 an auf der Gerichtsschreiberei.
befugt sind. Ö
Neumarkt i. Sl, den 5. April 1883.
Königliches Amtsgericht. Büchner. [15777 Aufo,ebot.
Fr, Wirth vou Stutto,art, früherer Besißer vaa Kaltenberg, O. A. Tettv.ang, hat das Aufgebot des Pfandscheins vom 3. April 1850 über eine Schald des Josef Anton Krav (er von Kaltenberg gegen die Aa Te*.tnang von dreihundert Guäden, für welche die Parz.’ Nr. 1615/1 und 484 auf Tett- nanger Markung verpfändet sind, beantragt. Dex Inhaber der Urky.nde wird aufgefordert, \spätesteus in dem auf /
Freite¿g, den 15. Juni 1883, ormittags 95 Uhr, ; vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumten Aufs gebotstermine. seine Rechte anzumelden und die Ur+ kunde vorzwY.egen, widrigenfalls die Kraftloserklärung dex Urkun!,e erfolen wird. Tettwang, den 19. März 1883. Königliches E H. R. Goll. Z. B.: Gerichtös reiber Lum Þp.
ermine