1883 / 85 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Apr 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Tit Gèmtres

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 11. April. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (62.) Sißung des Reihstags wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung derGewerbeordnung auf Grund der Berichte der VI. Kommission (Art. 10 §. 56b.) fortgeseßt. Der §. 56 b. lautet nach der Regierungsvorlage, der die Kom-

mission unverändert beigetreten war :

Der Bundesrath ift befugt, soweit ein Bedürfniß obwaltet, anzuordnen, daß und inwiefern der Ankauf oder das Feilbieten von einzelnen der im §8. 56 Absaß 2 ausgeshlossenen Waaren im

Umbherziehen geftattet sein soll.

Aus Gründen der öffentliten Sicherheit, sowie zur Abwehr oder Unterdrückung von Seuchea kann durch Beschluß des Bundes raths und in dringenden Fällen durch Anordnung des Reichskanzlers nah Einvernehmen mit dem Ausschuß des Bundesraths für Handel und Verkehr für den Umfang des Reichs oder für Theile desselben bestimmt werden, daß und inwiefern außer den in den §§. 56 und 56 a. aufgeführten Gegenständen und Leistungen auch noch andere Gegen “tände und Leistungen auf bestimmte Dauer von dem Ge- werbebetriebe im Umherziehen ausgeschlossen sein sollen. Aus den- selben Gründen kann die gleihe Bestimmung durch Anordnung der zuständigey Landesbehörden für den einzelnen Bundesstaat oder für

Theile desselben getroffen werden.

Dur die Landesregierungen kann das Umkherziehen mit Zucht- hengsten zur Deckung von Stuten untersagt, oder Beschränkungen

unterworfen werden.

Hierzu hatten die Abgg. Dr. Baumbach und Genossen fol-

genden Antrag eingebracht : Der Reichstag wolle beschließen : Zu Art. 10 §. 6b. Dèm zweiten Absay folgenden Bas zu geben : „Die Anordnung ist dem Reichstage so

die Zustimmung nicht ertheilt.“

Der Abg. Dr. Baumbach empfahl seinen Antrag, und motivirte denselben besonders mit der Analogie der Bestimmun-

gen des Nahrungsmittelgeseßes.

Hierauf ergriff der Bundeskommissar, Geheime Regierungs-

Rath Bödiker das Wort:

Meine Herren! Jh möchte Sie bitten, den Antrag abzulehnen. Die Vorlage stimmt bis auf die eine von dem Herrn Vorredner nicht angegriffene Aenderung, daß auc die Landesbehörden unter Um- ständen die Befugniß haben sollen, gewisse Gegenstände vom Hausir- Be auszuschließen, wörtlih überein mit der Gewerbeordnung vom

ahre 1869.

Eine prinzipielle Aenderung der Gewerbeordnung ift also keines- wegs beabsichtigt. Der Herr Vorredner hat dies auch nicht be- hauptet. Als die Gewerbeordnung im Jahre 1869 berathen wurde, haben die Bestimmungen, die heute nah dem Antrage modifizirt werden sollen, in diesem hohen Hause keine Anfechtung erfahren, weder bei der zweiten Lesung, noch bei der dritten Lesung. Der stenographische Bericht Seite 700 und 1094 weist nach, daß ohne Debatte die betreffenden Be- stimmungen damals hier im Hause angenommen worden sind. Meine Herren, daß ein Bedürfniß vorliege, dem Antrage gemäß die Bestimmung zu ändern wegen des Vorgehens, welches dem Bundes- rath gefallen haben möchte auf Grund der bisherigen Bestimmungen, bat der Herr Vorredner nicht behauptet und er ist auch nicht im Stande gewesen dies zu behaupten; cs sind Klagen über einen Miß- brauch der Bestimmungen Seitens des Bundesraths niht vorge- Tommen, aus dem einfahen Grunde, weil sie niht möglich waren. Jch kann ein Bedürfniß zur Aenderung des bestehenden Rechts daher

nicht anerkennen.

Ich füge dem aber hinzu, daß es sich hier lediglich um Anord- nungen vorübergehender Art, um Vorsichtsmaßregeln auf be- ftimmte Zeit handelt. * Meine Herren, Anordnungen dieser Art, die der Bundesrath bezw. die Landesbehörden, wohl - erwogen, aus Gründen der öffentlißen Sicherheit und Gesundheits- pflege, erlassen, solche vorübergehende Anordnungen erst nah der Kognition des hohen Reichstags zu unterbreiten, und von der nachträglichen Zustimmung des Reichstags abhängen zu lassen, zumal, wo es sih auch um Verordnungen handeln kann, die nuc für Theile des Reichs, für kleine Bezirke erlassen sind, ih glaube, das ift etwas zu weit gehend und greift in die Ausführungs- bezw. Verwaltungs- befugnifse des einen Theils, in das Refsortverhältniß der verschiedenen

Körperschaften ein.

Meine Herren! Auf Grund des Bedürfnisses, welches sich heraus- gestellt hat, {lagen die verbündeten Regierungen vor, die ent- \sprehende Befugniß unter Umständen auch den Landesbehörden zu ertheilen. Es hat sich in Oberschlesien der Fall ereignet, daß in kleinen Bezirken der Flecktyphus aufgetreten ist, die Cholera hat si an den Grenzen gezeigt, es handelte sih darum, ohne Verzug auf telegraphishem Wege das Hausiren mit Lumpen zu verbieten. Ich glaube nun nicht, daß dem hohen Hause daran gelegen sein kann, um seine Genehmigung angegangen zu werden, wenn die Landes- regierung aus solchem Anlaß in einem Bezirk Oberscblesiens oder fonsstt wo das Hausiren mit Lumpen 2c. wezen Cholera, Flecktyphus oder Menschenpocken verbieten will. Und nehmen Sie

einmal den Fall an, der Retchstag käme in die Lage, eine solcbe An-

ordnung des Bundesraths oder der Landesbehörde nicht gut heißen zu

wollen, weil vielleihti die Verhältnisse inzwischen sh geändert haben, der Reichstag beschlôsse: „die Anordnung wird meinerscits nicht rati- babirt.* Die Anordnung müßte dann aufgehoben wer- den, und nachdem dieser Besbluß kaum gefaßt wor- den, erkennt vielleibt die betreffende Lande8behörde bezw. der Bundesrath, daß die Verhältnisse sich wieder verschlimmert haben, oder sie beharren bei der Meinung, daß auch die ursprünglichen Ver- hältnisse dringender Art genug gewesen sind, daß sie es mit ihrem Gewissen nicht vereinigen können, troßdem die Verordnung nicht von Neuem in Kraft treten zu lassen im Interesse der Gesundheit und des Lebens der Mepyschen, um die es sich handelt, die doch gescbützt werden müssen, dann hätten wir aus kleinlihem Anlaß einen Konflikt der Landesbehörden bezw. des Bundesraths mit dem Reichstage, einen Konflikt, der nach keiner Seite irgendwie förderlich sein könnte.

In Ermangelung also eines erwiesenen Bedürfnisses für die be- antragte Abänderung, Angesichts der unentbehrlichen Möglichkeit, vor- Äbergehende und dazu rein lokale Anordnungen dieser Art treffen zu Fönnen, und bei dem Verhältnisse des hohen Hauses zum Bundes- rath bezw. den Landesbehörden glaube ich bitten zu müssen, diesen Antrag ablehnen zu wollen. : e

Der Abg. Heydemann bat, mit Rücksicht auf in jüngster Zeit erst gesammelte Erfahrungen über vom Bundesrathe aus- gehende V:rbote den Antrag Baumbach anzunehmen.

Hierauf nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister Scholz das Wort:

Ich gebe dem Herrn Vorredner darin Recht, daß die Erfah- rungen der leßten Zeit zu Rathe gezogen werden sollen bei der Be- \{chlußfassung über den Antrag der Herren Dr. Baumbach und Genossen zu diesem Paragraphen. Aber ich glaube, Sie werden mir bei näherer Betrachtung vielleicht selbst genöthigt sein einigermaßen zuzustimmen, daß die Erfahrungen gerade fürs Gegentheil fsprehen. Der Antrag Baumbadw hat, wie ih anerkenne, das für sich, bal die Einschaltung einer solhen Bestimmung an si, abgesehen von besonderen Gründen, die hier, wo es sich wesentlih um vorütergehende Anordnungen und dergleichen handelt, cin anderes Uttheil in jedem Falle rechtfertigen Tönnten, daß, fage i, die Einschal:ung einer solben Bestimmung an sih in der Konsequenz eines gesetzgeberishen Gedankens liegt, der s{on an ciner anderen Stelle der Gewerbeordnung gegen den Vor- schlag der verbündeten Rezierungen und nanfeatlih in einem Para- graphen dcs Naßrungsmittelgesetes beschlossen und \chließliH Gesetz

i i 1t ort, oder, wenn der- selbe niht versammelt ist, bei seinem nächsten Zusammentritt mit- zutheilen. Dieselbe ist außer Kraft zu seßen, wenn der Reichstag

Gebrauch mehr zu m sein w

mehreren Gebieten des öffent

jeßt eine solche Ershwerung einzuführen.

regeln aus8zustatten. E

UB M IIT E EEE E E A I T E E E: S RA.

zieht, um fie zur Bede

Interesse der Pferdezuht eine sehr {ädlide Betriebsart einzu- \chränken, bezw. zu verbieten.

Reichstage nicht genehmigt würden, könne keinen Grund gegen die Annahme des Antrages Baumbach abzeben. Wenn die

weil die Genehmigung dur den Reichstag unwahrscheinlich sei, so erfülle sie ihre Pflicht nicht völlig. Auch werde, wenn eine Nothwendigreit vorliege, der Reichstag den Verordnungen gewiß beistimmen. Daß der Reichstag über Verordnungen von Einzelregierungen zu entscheiden haben würde, biete kein Hinderniß, denn auch nah dem Sozialistengesey müsse ja dem Reichstag über Verordnungen von Einzelregierungen Bericht erstattet werden. i

Der Abg. Frhr. von Minnigerode bemerkte, er stimme den Ausführungen des Ministers bei, und finde den Antrag Baum- bach sehr bedenklih. Es liege im Fnteresse des Reichstages, wie der Regierung, das Gebiet der Gesehgebung von dem der Verordnung getrennt zu halten. Bei der ersteren konkurrirten Reichstag und Bundesrath, bei der leßteren wirke der Bun- desrath resp. die Regierung allein. Das sei der alte gesunde Zustand, dessen Abänderung nur ungeordncte Verhältnisse erzeuge, die man gerade bei l[egislatorishen Akten vermeiden sollte. Er und seine politishen Freunde würden demgemäß nicht für den Antrag Baumbach stimmen.

Darauf nahm der Staats-Minister Scho lz das Wort:

Meine Herren! Es liegt mir daran, ein Mißverständniß zu beseitigen, das vielleiht nach dem Eingange der Rede des Hrn. Abg. Meibauer bestehen könnte, als ob ich einer Empfindlichkit der Bunde8regierungen Ausdruck gegeben hätte über die abweichen- den Beschlüsse des Reichstags zu der Auéeführung8verordnung be- treffend das Nahrungsmittelgesez. Einer solchen Empfindung Aus- druck geben zu wollen, hat mir fern gelegen; ih habe nur sagen wollen, die Annahme jener geseßliden Vorschrift hat do nur ecfolgen können in der Meinung, daß in der Regel die Genehmigung der Bundesrathsverordnung, als Dekorum gewissermaßen für diese ergänzende Gesetzgebung, hinzutreten soll; aber es hat nicht voraus- gescßt werden können, daß die Verordnungen, welche dem Bundeë- rathe bezw. dem Kaifer in Uebereinstimmung mit dem Bundesrathe übertragen sind, etwa gewöhnlich oder sebr käufig der Abänderung oder Aufhebung durch den Reichstag bedürfen würden; ic fann nur annehmen, daß wenigstens Seitens der ver- bündeten Regierungen, als sie einer fsolhen Bestimmung zu- stimmten, anzenomnea wurde, es werde dieses Zustimmungsre{t mit ciner folchen Diékretion geübt werden, daß auf einem Gebiete, wo so außerordentli vcrshiedene Ansihten möglih sind, man wirilich nur in einzelnen sehr hervorrageaden Fällen dazu übergehen würde, cine bereits erlafiene und in Vollzug geseßte Verordnung wieder außer Kraft zu seßea. Nun habe ih gesagt, daß die verbündeten iNe- gierungen angesich!8 der durch den leßten Beschluß des Reichstages praktisch belcuteten Situation si die Frage voriegert müssen, ob es zweckmäßig sein würde, von der Befugniß, die das Nahcungs- mittelgeseß gegeben hat, weiter Gebrau zu machen, und sie würden diese Frage verneinen müssen, nit aus Empfindlickeit darüber, daß eine ihrer Verordnungen vermöge der gescßlihen Zuständigkeit rom Reichstage außer Kraft geseßt worden ift, sondern weil sie nun an diesem Falle gesehen haben, wie auch in folhen ih möhte sagen: über die Bedeutung des Alitägliben kaum hinauëgehenden Fällen zu gewärtigen ift, daß über die Nüßlickeit und Zwo-ckmäßigkeit cine vielleiht nit sehr große Majorität des Hauses anders denkt, und

daß dann jedeêmal die Gefahr besteht, eine solhe Verordnung zu er- lafsen und sie in 14 Tagen, 4 Wogen oder in einem anderen kurzen Zeit-

| geworden ist. Aber, meine gerade die Erfahrungen, die die verbündeten Regierungen in Zeit gemawt haben, haben bereits zu dec Ueberzeugung geführt, daß von den Ermächtigungen des Nah-

rungsmittelgeseßes în den 5 und 6 finn wahrscbeinlih gar fein

rd. Die verbündeten Regie-

rungen werden angesihts der durch die Praxis nun beleudteten Situation, wie leiht jede eben von ihnen mit aller Sorgfalt und Mühe in Würdigung der thatsäblihen Umstände berathene und erlassene Verordnung durch ein Votum des hohen Hauses hier ein- seitig und ohne Weiteres wieder außer Wirksamkeit gesezt werden kann, do zu der Ueberzeugung gedrängt, daß eine derartige etwa auf j) ihen Lebens von Ihnen geübte Hand-

habung der Gewalt mit der guten Ordnung \ich nicht verträgt. Es kann nit dem Ansehen der Regierung, aub niht dem Ansehen des Reichstages entsprewen, wenn in dieser Weise ein förmliher Kampf etwa erfolgt über das, was als AusführungêEverordnung im Lande Geltung haben soll oder nicht. wie sich das kürzlich ergeben hat bezüglih des Nah- rung8mittelgeseßes. Es werden deshalb die verbündeten Regierungen vor- aussihtlih unter Verzicht auf die Befugniß, die ihnen das Geseh in dieser Bezichung einräumt, den viel umständlicheren, aber {ließli jeden Konflikt ausshließenden Weg beschreiten, Jhnen alles Material in Form vorx Geseßentwürfen vorzulegen, um dahin zu gelangen, daß nur Bestimmungen in das Land gehen, die niht vielleiht in den nächsten 14 Tagen wieder beseitigt werden. Jh kann deshalb, wie ih schon eingangs gesagt, dem leßten Herrn Redner nur darin Recht geben, cs ift gut. die Erfahrungen dieser leßten Zeit zu Rathe zu ziehen. Die Erfahrungen sprechen aber entschieden dafür, dieses sehr mangelhafte Mittel, den verbündeten Regierungen das Recht zu geben, „vorbehaltlich der nahträglihen Genehmigung des Reichstags" Aus- führung8verordnungen zu erlassen, niht weiter auezudtechnen. Und wenn Sie mir das geneigt wären zuzugeben, so würden die Gründe, die der Herr Kommissarius {hon erörtert hat, Sie am allerersten bestimmen müssen, hier, wo es sich nur um zumeist vorübergehende Anordnungen u. dergl. handelt, um {nelle Hülfen, die gar nit ent- behrt werden können, hier, wo bisher die Gewerbeordnung von 1869, die zuerst das Prinzip dieser nabträglihen Genehmigung des Reichs- tags eingeführt hat, niht daran gedaht hat, eine folhe Ershwerniß einzuführen, anzuerkennen, daß dazu wirkli kein Anlaß gegeben ift,

Ich kann Sie deshalb nur dringend bitten, den Antrag der Herren Abgg. Baumbach und Genossen abzulehnen. Es würde ziemli gleibbedeut-nd sein mit einer Negirung der Befugnisse zum Ein- 1chreiten, wo Gefahr im Verzuge und wo cs im Interesse des Ganzen erforderli wäre, die Regierungen mit der Befugniß folher Maß-

A2 E Demnächst ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königl ch bayerishe Ministerial-Rath Herrmann das Wort :

Ich bitte mir nur einige Worte zu gestatten zu §. 56 b. Abs. 3. Der Hr. Abg. Dr. Heydemann hat nämli diese Bestimmung zwar niht, wie ih ihn auffaßte, materiell bekämpft, jedo geglaubt, daß formell diese Bestimmung niht recht am Plaße sei, indem die fo- genannte Hengstreiterei nah den Begriffsbestimmungen des 8. 55 nicht wohl unter dem Gewerbebetriebe im Umberziehen wird aufgefaßt werden können. Jn dieser Beziehung möchte ih dem Herrn Abgeordneten erwidern, daß bisher {on niht allein in Bayern, sondecn auch in Preußen die sogenannte Hengstreiterei unter das Darbieten gewerblicher Leistungen subsummirt worden ift, welches im

55 Nr. 3 speziell aufgeführt wird. Die Gerichte und Verwaltungsbehörden haben bei uns angenommen, daß Derjenige, der mit seinen * vou von Dorf zu Dorf

1 1 ng der Stuten gebrauchen zu lassen, eine gewerblihe Leistung darbietet. Ich glaube daber allerdings, daß an dieser Stelle 8. 56 b. das Richtige trifft, um im

Der Abg. Meibauer erklärte, es scheine, als ob die Mei- nung verbreitet sei, daß hier ein neues Prinzip aufgestellt sei. Dies sei aber durhaus nicht der Fall, sondern dasselbe Prinzip finde sih {hon im §8. 16 der Gewerbeordnung ver- treten. Wenn die Regierung glaube, daß , Verordnungen niht mehr nöthig seién, so'*sei seine Partei ja damit sehr zu- frieden; aber der Umstand, daß die Verordnungen vom

Regierung eine ihr nöthig scheinende Verordnung nit erla}se,

nung, daß dadur der Rechtszustand des Landes perturbirt niht nüglid, Einrichtungen erst zu treffen, us S i

raum wieder aufzuheben. Die verbündeten Regierungen sind der Mei

ng d se daß sie in ein, zwei oder drei Punkten bcld wieder geänd ch glaube, damit dem Y PonndalE den Boden O haben, als handle es si hier um eine Empfindlichkeit und nidt vielmehr um die Erkenntniß eines Uebelftande8s, um eine raison.

Der Herr Abgeordnete hat dann und das möthte ih noh hinzufügen wie ih glaube, nit mit Recht, sib auf den S. 16 der Gewerbeordnung bezogen, denn bei diesem §. 16 handelt es si um dauernde Einrichtungen; für alle Zeiten ist das Gesetz und Recht, was E 8. 16 durch D E ergänzead zur Gewerbe: ordnung festgestellt worden ist, uad man kann wohl noch besondere Gründe dafür geltend macen, bei S. 16 eine solche Hinzufügung be- stehen zu lassen, die für den §. 56, wo es sich um ganz vorüber- gehende, {nell nothwendige und von selbst wieder wegfallende Verordnungen handelt, nur überflüssig und bedenklih wäre. Dann hat der Herr Regierungékommifsar auch nit darauf hinweisen wollen daß vielleiht, wenn der T O des Reichstags eine folhe Ver- ordnung außer Kraft gefcßt, das Pflichtgefühl des Bundesrathes oder der einzelnen Landeéregierungen dazu führen könnte, ohne alle verän- derten Umstände nun wieder sofort denselben Beschluß zu fassen. Jh glaube, das ist nicht der Sinn seiner Worte gewesen; es ift nur angedeutet worden, daß, wenn neue Thatsachen und Umstände hinzy- kämen, die viel {wierigere Frage berantritt: sind diese neuen Um- stände nun ausreihend, um eine bereits vom Rei&stage zurückgewiesene Bestimmung doch zu erlassen? Es wird dieses Gebiet, auf dem die Einzelregierung oder der Bunde*rath seine Thätigkeit eintreten lassen foll, auf eine Weise komplizirt und s{wierig gemacht, wie es M AUoayan der TeGru g tvas iat ay werden kann, und

arum wiederhole ich meine Bitte, ron der Genebmi i Amendements absehen zu wollen. vmigüng dieies

Der Abg. Dr. Rée erklärte, da über das so wichtige Ver- bot der Einfuhr von amerikanishem Schweinefleish noch immer dem Reichstage keine Erklärung zugegangen sei, müsse man fortan in entsprehende Geseße die Bestimmung aufnehmen, daß solche Erklärungen „sofort“ zu erfolgen hätten. Er frage zugleich die Regierung, warum über dieses erwähnte wichtige Verbot dem Reichstage keine Auskunft zugegangen sei.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, es handele sich hier nur um Angelegenheiten von geringer Tragweite, und er werde deshalb gegen den Antrag Baumbach stimmen, um so mehr, als er überhaupt gegen Ausdehnung des Hausirhandels auf Kosten des seßhaften sei. Allerdings müsse dem Reichstage eine Mitwirkung bei allen solhen Vorschriften bleiben, aber auh die Bedenken, die der Minister Scholz vorgebratt habe, seien sehr b:ahtenswerth. Dazu kamme, daß der Antrag Baumbah dem Reichstage eine Art Aufsichtsreht über die Einzelregierungen lasse, was er für unzulässig halte. Viel: leiht werde sih bis zur dritten Lesung ein Weg finden, diese verschiedenen Jnteressen zu vereinigen, heute werde er jeden- falls gegen den Antrag Baumbach stimmen.

Der Abg. Dr. Bamberger erklärte, der Abg. Windthorst habe doc sonst eine feine Empfindung für prinzipielle Fragen, diese scheine denselben jeut verlassen zu haben. Wenn er den Minister richtig verstanden habe, so bestreite derselve nit das Prinzip, daß gewisse von den Regierungen erlassene Verord- nungen natträglih dem Reihstag zur Gutheißung unter- breitet werden müßten, aber für die Zukunft möchte derselbe dieses Prinzip niht mehr in der Gescßgebung zur Anwendung gebraht sehen, denn die Erfahrung habe große Bedenken gegen dasselbe ergeben. Solcher Erklärung gegenüber habe der Reichstag allen Grund, vorsichtig zu sein. Es möge jz Umstände geben, bei denen der Reichstag wegen Dranges der Zeit der Regierung eine Verfügung anheimgeben müsse, aber der Reichstag müsse sih das Recht vorbehalten, daß der Bundes- rath seine Verordnung dem Reichstage nahträglih zur Gut- heißung unterbreite. Der Abg. von Minnigerode gehe sogar noh weiter als der Finanz-Minister. Derselbe wolle das Gebiet der Verordnungen noch erweitert wissen. Die bisherigen Erfahrungen ermunterten dazu niht. Jn der Anwendung des Zolltarifs seien Verordnungen erlassen, die fih als eine vollständige Denaturirung der gefezlihen Vorschriften herans- gestellt hätten. Ex erinnere an die Jnterpretationen der Holzzollbestimmungen, was gesägtes Holz sci, und was nit, Auslegungen, die dem gefunden Menschenverstand ins Gesicht s{hlügen. Oder sei es etwa eine Beeinträchtigung der Majestät der Regierungen, wenn nachträglih ihre Verordnung vom Reichstage aufgehoben werde? Das Zusammenwirken von den verbündeten Regierungen und dem Reichstag geschehe hier auf dem Fuße der Parität. Und was würden die Regierungen denken, wenn der Zteichstag sage, es entspreche niht der Würde dieses Hauses, wenn sie die aus seiner FJnitiative hervor- gegangenen Beschlüsse nit acceptirten? Es stehe ja jedem Wiitalied2 frei, seine Anträge zu wiederholen, und er glaube, der Abg. Windthorst werde dies auch mit seinem bekannten Antrage thun. Dasselbe Ret stehe au den verbündeten Regierungen zu. Wenn der Reichstag den verbündeten Regierungen aber die Pflicht auferlege, Verordnun- gen der Reichsregierungen zur nahträglihen Genehmi- gung dem Reichstag vorzulegen, so würden sie fi künftig bei dem Erlaß fsolcher Verordnungen wohl überlegen, ob sie auch im Sinne der Geseßzgebung handelten, Wenn die verbündeten Regierungen sich die Frage vorgelegt hätten, ob das Verbot der Einfuhr von amerikanishem Schweincfleish na&- träglih vom Reichstage genehmigt werde, so hätten fie die Verordnung vielleiht nicht erlassen. Um das Prinzip in dieser Frage außer Zweifel zu stellen, bitte er, den Antrag Baumbach anzunehmen.

Hierauf ergriff wiederum der Staats-Minister Scholz das Wort:

Es ift niGts s{werer, als ein Mißverständniß zu beseitigen. Der Hecr Akgeordnete bat die Güte gehabt, au2zusprechen, ih bâtte dagegen protestirt, daß ih einer Empfindlichkeit der verbündetea Regierungen Auëdruck gegeben habe, und er glaube gewiß, daß es so fei. Dennoch hat sein ganzes Plaidoyer darin bestanden, nachzu- weisen, daß eine solchWe Empfindlibkeit unberechtigt sei, er hat also doch implicite wiederum der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß Empfindlichkeit der EScundzug der Stellungnahme sei, die i ausgedrückt habe. Er sagt, die Regierungen möchten sich an den Gedanken gewöhnen, daß ihr Zusammenwirken mit dem Reichstage auf tem Fuße der Parität stattfinde. Jh kann nur s\agen, von diesem Gedanken ist gar nicht abgewichen roorden, im Gegentheil, wenn ich gesagt habe, die Regierungen baben bei dem Nahrungsmittel- gese die Absicht, das, was ihnen bisher allein nach dem Gese zuitand, nicht allein zu thun, fondern in Form von Gesegentwürfen Ihnen vorzulegen und mit Jhnen zusammen festzustellen, so glaube ih, man kann si nicht deutlicher zu dieser Mitwirkung auf dem Fuße der Parität bekennen, als es bei foliem Vorgehen der Fall if. Der Herc Abgeordnete glaubt mi nun aber darauf verwcisen zu können, daß jede Resolution des Reichétags ja au das Schicksa! baben fönne, von den Regierungen nicht angenommen zu werden. Wie weit entfernt sih der Herr Abgeordnete da von dem Thema!

dem Gang der Dinge mit großer Wahrscbcinlikeit voraussehen ne en.

Meine Herren, es handelt si ja nicht um Resolutionen der Re- gierungen, die vielleicht hier keinen Beifall finden, denn alle Geseh *

e, die Ihnen gemacht werden, find Resolutionen der verbün- entwürf erungen, und wenn Sie daran ändern, dann ändern Sie chlüfsen der verbündeten Regierungen, sondern es handelt Ausführung gekommene ß denselben bestehende Recht des Landes.

olution des Reichstags gefaßt, die darum au {on ein Theil Auch nicht einen Augen- habe ih aber gerade deduzirt und Sie gebeten, es handelt sch nach der Auffassung verbündeten Regierungen um fortgeseßte Perturbirung Rechtszustandes; das ist doch etwas Anderes, als eine beahtung einer Resolution. Gerade aus diesem Gesichtspunkt rie Entgegr ung des Herrn Abgeordneten, wie ih glaube, voll-

en Reai p. den Bes

des Rechts des Lan eworden wäre ?

zu fassen:

r hat dann aber gesagt, und das ift troß der außerordentlich ichen Form, in der es gesagt ist, do nit berechtigt gewesen, igstens erscheint es unberecbtigt der von ihm befürwortet werde,

—, er hat gesagt, die Absicht, den Vorbehalt in das Gesetz en, sei hauptsächlich die, daß die verbündeten Regierungen es fie eine derartige Verordnung diesen Gedanken muß ob die verbündeten Regierungen sich Falle ernst und gewissenhaft überlegten, ob sie das Nicht die Frage, ob der Reichstag , ist ihnen entscheidend, sondern die Würdigung seltst und ihr cigenes pflichtmäßiges Urtheil darüber. te deshalb auch ganz entschicden, wenn die verbündeten ch dem Geseß verpflibtet wären, was sie nicht sind, t über die Einfuhr amerikanishen Schweinefleisbes dem (träglihen Genehmigung vorzulegen, daß sie einen faßt haben würden, als den sie thatsächlich gefaßt bestreite ebenso , daß die allgemeinen Ausführungen, die n Bezug auf die Verordnungen zur Anwendung irgend begründet sind. Meine Herren, ih weiß cht verstanden habe, daß das in Beziehung auf aber wenn er sagte, wir ß dem Zolltarif Auslegungen gegeben sind, die dem nverstande ins Gesicht \{lagen, so ist das ein schr les der Herr Abgeordnete gefällt hat, aber er wird daß dieses Urtheil irgend eine überzeugende Kraft eten Regierungen hatz sie sind bei jeder Autführungs- ist bier, wie

recht überlegen sollen, ob Ja, meine H zurlidweisen,

thun sollen, was hinter ihne

Fch bestrei

Reichstage zur na anderen Bes

der Herr Vorredner i des Zolltarifs mah nicht, ob ih ihn re die verbündeten Re haben cs erlebt, esunden Mensche

arfes Urtheil, we nicht glauben

r die verbun t nd Ee zum Zolltarif sie können ja irren, das eben von der Ueberzeugung auêgegangen, | innerhalb der gesetzlihen Besugniß gegeben und zweck- o haben sie ihres Amtes zu walten, und so haben sie

gierungen gemeint war,

überall, zuzug Verordnung mäßig ist. S dasselbe verwaltet Jch glaube über die Sache derselben sei, und dec Herren Dr.

Der Abg. Dr. Hänel erklärte, Volksvertrelung als ihres Rathes zu be j rrihümern möglichst bewahrt bleibe und damit, wei! irrten, die Verantwortlichkeit gemeinsam getragen werden Verordnungen, wie die in Rede stehende, nähmen ergänzende und abändernde Bedeutung der Bundesrath aber die Befugniß für ße zu ändern und zu ergänzen, 0 müsse nd einer Weise verantwortlih dafür sein. ntwortlichkeit sei es, die der Antrag und der Bundesrath sei

lso, daß das, was der Hr. Abg. Dr. Bamberger hier auLgeführt bat, in der That keine Unterstüßurg fomme um so mehr zu meiner Bitte, den Antrag Baumbach und Genossen abzulehnen.

die Regierung habe si der dienen, damit sie vor

eine die Geseßgebung in Arispruch. Nehme fih in Anspruch, Gese derselbe auch in irge Gerade eine Art von Vera Baumbach hier s\tatuirt habe, empfindlich. derartige Befugniß nung übertragen.

und sie seien na Nun frage er, wer raths? Der Reichskanzl des Kaisers. Für die Ve Reichskanzler nur v netenhause für \ bevollmächtigter. dem ganzen Gefüge gegangen, daß der wie sie der Abg. Ba Stelle gesucht habe.

Surrogat für das

Reichstag leider nach dem best konstruiren könne. hebung sein es. Was

Königlichen oder Ministerialverord- Wer zeichne aber denn da? Die Minister, ch Maßgabe der Verfassung verantwortlich. zeihne diese Verordnung des Bundes- er sei nur verantwortlich für die Akte rordnungen des Bundesraths sei der preußishen Abgeord- Stimmenabgabe als preußisher Bundes- Darum sei es nit zufällig, sondern aus

der Stellung des Bundesraths hervor- Reichstag nach ciner derartigen Klausel, umbach vorschlage, bereits an anderer Diese Klausel sei weiter nihts als ein verantwortliche Verhältniß, welhes der ehenden Recht anders nicht käme durch die Auf- dnung in eine eigenthümliche Lage, heiße sich der König von Preußen und Staats-Ministerium gefallen lassen müsse, Bundesrath von Seiten des Reichstages gef Verordnungsrecht des Bundesraths lasse Derselbe gehe nur zu gedacht, daß der Bundesrath von Befugniß einen so weitgehenden Geb es bei dem Verbot der Einführung ameri

erantwortlih dem

Der Bundesrath

das gesammte e sih auch der allen lafsen. sich ja nicht be- Niemand hâtte seiner gesundheitspolizeilichen rauh machen würde, wie kanishen Schweine- Um dergleichen zu verhüten, müsse der sich sihern. Jm Nahrungsm freigebig dem

Es sei begreiflih, daß

legère vor.

isches geschehen sei. eihstag seine Rechte der Reichstag Verordnungsrecht müßten geseßlih gerege Bundesrat

lt werden. ( chwierigen Materien ,

weitgehende i Verantwortlichkeit . übernehmen si nicht um verwickelte Dinge, nistrative Maßregeln, um eine innerhalb der Grenzen des Ge- lassen sei oder nit. Ob die einzelnen Landesregierungen Ergänzungen von Grenze richtig eîin- ür müsse die Kontrole nicht par- . dem Reichstag zustehen. Bundesrath darauf aufmerksam zu Verordnung nit erlassen dürfe, Dasür scheine dieser

möze. Hier aber handele es sondern um eigentlich admiîi Kontrole des Reichstags, ob seßes die betreffende Verord das Vetoreht auch gegen | rtikular sein solle? Es handele sich um ihsgeseßen, um die Entscheidung, ob die gehalten worden sei, und daf tikular, sondern central se Es fomme darauf an, den machen, daß derselbe eine rdn1 ohne entsprehende Verantwortlichkeit. Fall durchaus geeignet.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, lafse derartige Verordnungen bereits zu, ständen, und nirgend sei gesagt, daß di vorgelegt werden sollten. etwas vom bisherigen Zustand außer Acht gelassen werden. li, ob der Reichstag wohl daran thue, seßgebungsbefugnisse der Land verbündeten Regierungen zu legen. ( müßten vor jeder Einmishung des Reich

Der Abg. Dr. Bamberger er regierungen derartige B Maßregeln zu ergreisen, wi | eingeräumt seien, dann müßten sie

die Gewerbeordnung wie sie hier in Frage e Veroroönungen h nba enthalte also Abweichendes ; das dürfe nicht Aber €s sei überhaupt bedenk- einen Theil der Ge- n in die Hand der Die Landesregierungen ¿tags sichergestellt

Der Antrag Bau1

esregierunge

klärte, wenn die Landes- eihstage annähmen,

ugnisse vom R esugni}s graphen ihnen

wie sie in diesem Para sich auch gefalle

es gekostet habe, in der Zollsrage die Maßregeln zu redressiren, welhe der Bundesrath auf dem Verordnungswege er- griffen habe.

Der Abg. Dr. Windthorst betonte, die Souveränität liege

noch heute bei den Einzelstaaten, so weit sie nit: in einzel- ny n Dingen auf das Reih übertragen i. Jeder Versuch, der von der Reichsgewalt gemacht würde, würde eine Verlegung der Reichsverfassung sein. Eine solche Be- fugniß des Reichstages könne er nit acceptiren; dadur würden die Landesregierungen-Verordnungen in den Bereich des Reichstages gezogen werden.

Der Abg. Baumbach beantragte, dem Absaß in §. 56 b.,

welcher lautet : „Aus denselben Gründen kann die gleiche Be- stimmung dur Anordnung der zuständigen Landesbehörden für den einzelnen Bundesstaat oder für Theile desselben ge- troffen werden“, zu streichen.

Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, der Abg. Windthorst

uhe geschickt in einem Augenblick, wo das parlamentarische Nett gina fa der Negierung stehe, die Sache hinzuspielen auf die Rechtsverhältaisse der Einzelstaaten zum Reich. Der- selbe suche von partikularistishem Standpunk:e aus gewisse Bedenken zu erregen, um der Reichsregierung zu Hülfe zu kommen. Um das einfach abzusneiden, bitte er das Haus, eben den Passus des §8. 56b., welcher die Einzelstaaten be- treffe, überhaupt wegzulassen. Der Abg. Windthorst habe zunächst die schwersten Bedenken gegen den Paragraphen an- geführt. Derselbe habe unter Anderem bemängelt, daß man nicht wisse, ob man von dem bisherigen Reht Gebrauch machen könne. Um so weniger habe man Veranlassung, rein theoretisch ein solches Verordnungsrecht auszudehnen.

1869 bei dem Zollvercinsgeseß habe er niht gedacht, daß von

dem Verordnungsrccht im Interesse der öffentlichen Sicherheit ein solher Gebrau gemacht werden würde, wie es in dem

Einfuhrverbot des amerikanishen Schweinefleishes geschehen sei. Der Reichstag sei dieser Verordnung gegenüber absolut wehrlos. Auf eine Interpellation habe die Regierung materiell nicht geantwortet ; so lange der Reichstag versammelt gewesen sei, habe die Reichsregierung das Verbot nicht erlassen, sondern erst, als der Reichstag si vertag! habe, sei es publizirt. Den An- trag jeßt einzubringen, habe keinen Zweck dei der Geschästs- lage des Hauses, deshalb sei es angezeigt, die Sache nun end- lich festzustellen, wie es hier geschehe. 5 Demnäc;st nahm wiederum der Staats-Minifter Scholz das Wort: j S Meine Herren! Bis vor wenigen Minuten war also die Veber- zeugung Überall dieselbe, daß aus Gcünden der öffentlichen Sicherheit, fowie zur Abwehr oder Unterdrückung von Seucven au das Bedürf- niß bestehen könne, die Regierungen der Einzelstaaten mit denjenizen Vollmachten zu versehen, die hier in dem ersten Theil des zweiten Atsatzes dem Bundesrath gegeben werden. Alle Theile des Hauses, au die Herren Artragsteller selbs, müssen von dieser Ueberzeugung ausgegangen sein, dean sie haben den ursprünglihen Ergänzungsan- trag nur dazu gestellt. Ich kann also wohl konstatiren, daß es die allseitige Ueberzeugung war, die Bedürfnisse des Volkes und des Landes gehen dabin, eine solche Bestimmung zu treffen. Da auf einmal kommt nach ciner langen staatsrechtliden De- batte hier die Macht des Parlaments ins Spiel und nun verschwinden die Bedürfnisse des Landes und fofort ist cin Anirag da, welcher alle gehörten Bedenken, die doch rein formellen Bedenken beseitigen soll und Sie einladet, nun das Gesetz nit so zu machen, wie es den Bedürfnissen des Landes entsprict, sondern wie es dem Interesse des Parlaments entspricht. Meine Herren! Jch kann Sie nur dringend bitten, von diesem Wege abzulassen, der ist ja un- möglich gut und heilsam. Wenn wir die Gejeßgebung so führen, wenn wir nur die gegenseitigen Macbtinteressen wahren, fommen wir vielleiGt in eine parlamentarische Situation, die uns oder Ihnen mehr oter weniger bequem und einflußreib erscheinen mag, dann ver- nachlässigen wir aber die wahren Bedürfnisse des Landes. Ih bitte Sie deéhalb, den Antrag Baumbach auch în dieser veränderten Fassung zzulehnen. N Z M Dee Abg. Dr. Hänel erklärte, der vom Minister erwähnte Gegensaß zwischen den Bedürfnissen des Landes und dem An- sehen des Reichstages bestehe niht. Die Bedürfnisse des Landes könnten nicht befriedigt werden, wenn dîe berechtigten Befugnisse des Reichstages beschränkt würden. Gerade den Bestrebungen gegenüber, welche das Ansehen des Parlaments herabzuseßen suchten, sei es ein wahrhaftcs Bedürfniß des Landes, daß der Reichstag aufmerksam sei, und fein Mißtrauen verdoppele gegen alle Dinge, welche in die Befugnisse des Reichétages eingriffen. Die Reichsregierung könne es dem Reichstage niht verdenken, wenn derselbe jede denkbare Kauteln annehme, um die verfassungsmäßigen Rechte zu behaupten. Wenn der Reichstag derartige Kautelen einem Verordnungsrecht des Bundesraths gegenüber feststelle, so halte derselbe sich völlig innerhalb der Grenzen der ver- fassungsmäßigen Befugnisse. Die vorgeschlagene Aenderung, ven Landesregierungen ein solches Verordnungsreht nit zu gewähren, sei durchaus nicht plöglih erfunden; eine solche Bestimmung, wie sie in der Vorlage gewährt sei, sei über- haupt praktisch nit nothwendig. Wenn der Bundesrath frei beschließen könne ohne Mitwirkung des Reichstages, warum solle man dann in den Landesregterungen noch ein kon- furrirendes Necht geben? Der preußische Bevollmächtigte hätte do, statt allgemeine Redewéndungen vorzubringen, nachweisen sollen, inwiefern ein praktishes Bedürfniß des Landes vorliege, den Einzelregierungen in dieser Beziehung esondere Befugnisse einzuräumen. iti Dcr Lak de von Minnigerode machte darauf auf- merksam, daß der ursprüngliche Antrag Baunibah si gar nicht gegen die in Aussiczt genommenen Befugnisse der Landes- regierungen wende. Es sei aber nothwendig, denselben der- ortige Befugnisse zu geben, weil einmal die Einzelregierungen eine bessere Kenntniß der Lokalverhältnisse hätten, und weil zweitens durhaus nicht angezeigt sei, den Bundesrath mit derartigen Anordnungen zu belästigen. :

Der Advg. Dirichlet beantragte Streichung der auf die Körordnung (Absatz 3) bezüglichen Bestimmungen des 8. 56b., wonach durch die Landesregierungen das Umher- ziehen mit Zuchthengsten zur Deckung der Stuten untersagt oder beshränkt werden könne. Diese Bestimmungen gehörten nicht in diesen Paragraphen, er bitte daher, diesen Passus zu

en. , . ,

did Köniolih bayerishe Ministerial - Rath Herrmann empfahl die fragliche Bestimmung als im nteresse der A zucht wünschenswerth, er halte die Bestimmungen des A - saßes 3 des §8, 56þ. für vollständig niotivirt, und bat um An- ne desselben. n L e kurzen Bemerkung des Abg. Pr. Blum wurde die Debatte geschlossen und nach einigen persönlichen Bemer- kungen der Abgg. Pr. Bamberger, Dirichlet, Richter und

cht würden wie der Reichs-

daß ihnen sol wie viel Mühe

regierung.

he Vorhaltungen gema en Minister erinnere er daran,

rhrn. von Minnigerode wurde der Antrag Baumbach mit s gegen 135 Stimmen angenommen, Desgleichen wurde

lautet:

dieselben versteigert oder im Wege des Glückipiels oder der Aus- spielung (Lotterie) abgeseßt werden, ist nit gestattet. Aus- nahmen von diesem Verbote dürfen von der zuständigen Behörde

zugelassen werden.

der andere Antrag Baumbach angenommen, dem Antrag Di- rihlet entsprehend, wurde der Passus über die Hengste gestrichen und dann der §. 56b. in der so veränderten Fassung ange-

nommen.

Der 8. 56c., welher nach dem Kommissionsbeshlusse

„Das Feilbieten von Waaren im Umberzieben in der Art, daß

Oeffentliche Ankündigungen des Gemwerkbébetriebs dürfen unter

dem Namen des Gewerbetreibenden mit Hinzufügung feines Wohn- ortes erlassen werden. Wird für den Gewerbebetrieb eine Ver- faufsstelle benutt, so muß an derselben în etner für Jedermann erkennbaren Weise ein den Namen und Wohnort des Gewerbe- treibenden angebender Aushang angebracht werden. Dies gilt ins- besondere von den Wanderlagern“ L. : : wurde ohne Diskussion vom Hause unverändert angencmmen;

ebenso der § 56 d,; welcher lautet:

Ausländern kann der Gewerbebetrieb im Umherziehen ge-

stattet werden. Der Bundesrath is befugt, die deshalb nöthigen Bestimmungen zu treffen.“

Der 8. 57 der Regierungsvorlage, welchem die Kommission

unverändert zugestimmt hatte, lautet :

„Der Wandergewerbeschein ist zu versagen:

1) wenn der Nacbsuende mit ciner abschreckenden oder ansteckenden Krankheit behaftet oder in ciner abshreckenden Weise enistellt ift ; i ie

2) wenn er unter Polizeiaufsicht steht; ;

3) wenn Thatsacben vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Nabsuchende den Gewerbebetrieb zu Handlungen, welche den Gesetzen oder den guten Sitten zuwiderlaufen oder zu \hwindel- haften Zwecken benutzen wird; : /

4) wenn Thatsachen vorliegen, welche die Annahme retfertigen, daß der Nachsuchende der Arbeitscheu, der Bettelei, der Landstreichereî, dem Trunke oder cinem liederlihen Lebenswandel ergeben ift ;

5) in dem Falle des §. 55 Ziffer 4, sobald der den Ver- bâltnissen des Verwaltungébezicks der zuständigen Verwaltung3- behörde entspreenden Anzahl von Personen Wandergewerbe|chele ertheilt oder auêgedehnt sind.“ |

Zu diesem Paragraphen hatten die Abgg. Dr. Baumbach

und Genossen folgende drei Anträge gestellt :

Der Reichstag wolle beschließen :

a. In der ersten Zeile zu seßen:

„Der Gewerbescein darf nur versagt werden“ ;

b_ an Stelle der Nr. 3 und 4, der Gewerbeordnung von 1869

sprechend, folgende Nummern zu seßen: : a4 3) N wegen strafbarer Handlungen aus Gewinnsuht, gegen das Eigenthum, gegen die Sittlichkeit, wegen vorsätlicher Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Menschen, wegen vorsäßlicer Brandstiftung, wegen Zuwiderbandlungea gegen Ver- bote oder Sicherungëmaßregeln, bctreffend Einführung oder Ver- breitung ansteckender Krankheiten oder Viehseudben, zu Gefängniß von mindestens 3 Monaten verurtheilt ist, und seit Verbüßung der Strafe 3 Jahre noch nicht verflossen sind. l :

(Nr. 2) oder wegen gewobnheitsmäßiger Arbeits\cheu, Bettelei, Landstreicherei, Trunksucht übel berüchtigt ift.

c. Dem §. 57 den Zusaß zu geb,

„Auf die nicht gewerbèmäßige öffentliche Verbreitung von Druds{riften (§. 5 des Preßgesetzes) finden diese Beschränkungen keine Anwendung. ;

Der Abg. Dr. Baumbach befürwortete seinen Antrag.

Sein Antrag wolle verhüten, daß in §. 57, wie es nah den Kommissionébeschlüssen der Fall sei, ein wichliges Prinzip der Gewerbeordnung durchbrohen werde. Nach der bisherigen Geseßgebung dürfe der Gewerbeschein nur aus gewissen be- stimmten Gründen versagt werden. Jeßt nun wolle man Gründe festseßen, aus denen der Gewerbeschein versagt wer- den solle, ferner solche, aus denen derselbe in der Regel ver- sagt werden solle, und endlich solhe, aus denen der Gewerbe- schein versagt werden könne oder dürfe. Ec halte diese Tri- logie denn doch für zu komplizirt, warum wolle man nicht stalt dessen einfa, wie es sein Antrag vorschlage, die Ver- sagung des Wandergewerbe!cheines fafultativ und von be- stimmten thatsächlichen Verhältnissen abhängig machen. Auch die in 8. 57 aufgenommenen Begriffe „\chwindelhafte Zweckde

und „liederliher Lebenswandel“ seien juristish nicht faßbar.

Der Abg. von Köller entgegnete, der Abg. Baumbach

flage sonst immer, daß der Reichstag im Geseß zu viel Ent- E von dem freien Ecmessen der Behörden abhängig machen wolle; bei §. 57 nun “habe man den Behörden be- stimmte Kriterien gegeben, wie sie entscheiden sollten; der Abg. Baumbach aber wolle die Entscheidungen ganz allgemein fakultativ machen, d. h. dem sreien Ermessen der Polizei einen viel weiteren Spielraum geben. Wie wollte die Linke dae mit ihren sonstigen Prinzipien vereinigen ? Auch die Begriffe „Schwindel“ und „liederlicher Lebenswandel“ seien unbedenk- lich; die Behörden wüßten wohl, was sie darunter zu ver: stehen hätten. Wolle der Abg. Baumbach dem Hause prâg- nantere Ausdrücke dafür vorschlagen, so acceptire seine Partei dieselben gern. Den vorliegenden Antrag Baumbach bitte er

abzulehnen.

Der Abg. Sonnemann erklärte, der Schwerpunkt in

i ngeleaenheit liege darin, daß die Vorlage ein kom- alia Recht Pre das die Verwaltungsbehörden selbft nit auseinanderhalten könnten. Es würde dadur alles verwisht werden und eine Mausefalle geschaffen. Werde dieser Paragraph angenommen, so werde die Auslegung des 3. Absaßes von Seiten der Verwaltungsbehörde in allen Theilen Deutschlands verschieden geschehen, und das wolle man doch selbst nicht haben. Ein solches komplizirtes System, wie es hier ausgestellt sei, gehe doch zu weit. Rehne man noch dazu, daß die Bestimmungen aufgehoben werden sollten, wona ein jeder, der sih um einen Gewerbeschein bewerbe, innerhalb vie rzehn Tagen Antwort haben solle, so würden viele in der Unge- wißheit bleiben, ob sie die Zustimmung zum Wandergewerbe- ein erhalten hätten. Die Bestimmungen des S. 57 würden nicht die Noth beben, sondern sie vermehren. Nobersehe man nicht, daß in §. 43 der Gewerbeordnung ausdrüdcklih auf 8. 57 hingewiesen sei, wonach also zugleih die Zeitungs: kolportiage beschränkt werde. Wenn man aber den Zeitungs: verkauf beschränke, so stelle man Deuischland weit zurü binter jene Länder, die in der Kultur mehr zurück seien, als Deutschland. Er empfehle deshalb bei dem bestehenden Rechte zu bleiben, und er bitte das Amendement Baumba®

anzunehmen.

Der Bundeskommissar, Geheime Regierungs - Rath

Bödiker entgegnete:

Meine Herren! Ich werde Ihre Geduld nit lange ia Anspru

nehmen, aber ih kann do die von zweien der Herren Redner aegen die Vorlage und deren Fassung erhobenen Vorwürfe nicht Jo obne Weiteres hingehen lassen. Der leßte Herr Redner sagte, die Vorlage wäre die reine Mausefalle für die Hausirer. Meine Horren. Mauje» fallen stellt man auf gegen Ungeztieser. Daß die Hausirer ata Art gehören, anerkennen wir nit. Die Vorlage will einem orden