1883 / 88 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Apr 1883 18:00:01 GMT) scan diff

und das Goldfieber alle Kreise und Verhältnisse ergriffen, die | Arbeiter hätten nicht allein gesündigt. Damals sei sehr ernst erwogen worden, ob man nicht den Kontraktbruh auc krimi- nell strafen könne; das sei gescheitert. Aber dafür sei nun die Jdee der Arbeitsbücher aufgetauht, und seit jener Zeit datire die Agitation für dieselben. Jett, da man der Arbeiter nicht mehr so bedürfe, glaube man, daß der Augenblick gekommen sei, um die Arbeiter nun zu unter- drücken - und es ihnen für immer unmöglich zu machen, \ih gegen die Autorität ihrer Brotherren aufzulehnen und etwa wieder den Tanz um das goldene Kalb mit- zumachen. Der Abg. Ackermann habe sih auf die sächsischen Gewerbevereine berufen ; der Reichstag dürfe sih aber niht durch die Organisationen der Arbeitgeber beeinflussen lassen, sondern müsse die Lage der weit größeren adl der arbeitenden Mit- bürger vor Allem berücksihtigen. Was wolle man denn mit den Arbeitsbühern? Die Arbeitskontrakte würden doch nur durch die Verhältnisse des Arbeitsmarktes bestimmt. Dagegen könnte mit den Arbeitsbüchern ein s{limmer Miß- brauch getrieben werden, troß aller dafür angedrohten Strafen. Dies hade schon die Erfahrung gezeigt und das werde sich auh in Zukunft nicht unterdrücken lassen. Jn Frankreih jeien allerdings die obligatorishen Arbeitsbücher eingeführt worden, aber sie sind völlig unbeachtet geblieben. Nur bei Sozialistenhegen und ähnlichen Gelegenheiten habe die Polizei rigoros auf die Eifüllung der Vorschriften ge- sehen. So etwas würde auch in Deutschland vorkommen ; durch die obligatorishen Arbeitsbüher würden die deutshen Arbeiter nicht nur materiell, sondern auch politisch verlegt. Die von dem Abg. Ackermann ange- führten Petitionen bewiesen nichts, da sie von Arbeitgebern ausgingen. Bezüglich der von ihm getadelten wüsten Agita- tion gegen die Arbeitsbücher verweise er ihn auf die hier in Berlin von gewissen Leuten abgehaltenen Versammlungen. Die geringe Zahl von 150 000 Arbeitern, die sih gegen die Arbeitsbücher ausgesprochen hätten, zeige nur, daß die unter dem Banne des Sozialistengeseßzes lebenden sozialistishen Arbeitermassen nicht wagen dürften, ihre Meinung auszusprehen. Warum höre man denn nicht die Arbeiter statt der Arbeitgeber, warum veranstalte man denn hier niht cine Enquete, wie bei der Zuckersteuer u. A.? Seine Freunde wollten nicht ein Gese, bei dem das Volk sich nur der Gewalt füge, sondern ein solhes, mit dem es zu- frieden sei. Die Rechte fürchte den Arbeiter und wolle ihn an die Kette der obligatorishen Arbeitsbücher legen, aber das werde ihr niht gelingen. Das werde der Abg. Windthorst nicht zugeben. Man habe alle Ursache, die hon erregten Arbeiter- klassen niht noch weiter zu beunruhigen.

Bei Schluß des Blattes ergriff der Bundeskommissar Geheime Regierungs-Rath Bödiker das Wort.

Bayern. München, 13. April. (W. T. B.) Der Herzog von Aosta, welchem ein General-Adjutant und ein Flügel-Adjutant des Königs entgegengereist waren, ist zur Theil- nahme an der Feier der Vermählung des Herzogs von Genua mit der Prinzessin Js\abella heute Nach- mittag 41/2 Uhr hier eingetroffen und am Bahnhof, wo eine Ehren-Compagnie mit der Fahne und Musik aufgestellt war, voin Prinzen Luitpold im Austrage des Königs empfangen worden. Der Herzog begab sih, von einer Schwadron Kavallerie geleitet, nah dem Wittelsbacher Palais.

Baden. Karlsruhe, 13. April, (W. T. B.) Der Großherzog und die Großherzogin cmpfingen heute den Besuch des von Baden-Baden hier eingetroffenen Groß- fürsten Nikolaus Nikolajewitsch von Rußland.

Meck&lenburg. Scwerin, 13. April. (Medckl. Anz.) Ueber das Vefinden des Großherzogs is heute Morgen 10 Uhr folgendes Bulletin ausgegeben worden :

Son am Abend des gestrigen Tages folgte auf die Steigerung des Fiebers, die Nachmittags eingetreten war, eine bedeutende Ab- nahme der Körpertemperatur, welle auch nach geringen Schwan- kungen in der Nacht heute Morgen noch zu konstatiren is. Indessen ist der entzündliche Prozeß in der ergriffenen Lunge noch keineswegs als abgelaufen anzusehen.

Im Uebrigen sind neue Symptome von Bedeutung nicht ein-

getreten. Dr. Mettenheimer. Dr. Thierfelder.

Aus Anlaß der Erkrankung Sr. Königlichen Hoheit ift der Geheime Medizinal-Rath, Professor Dr. Thierfelder aus Rostock hierher berufen worden und heute früh um 9 Uhr hier angekommen.

1383. April. Jn dem heute Abend 6 Uhr ver- öffentlihten Bulletin heißt es:

Die entzündliche Lungenaffcktion Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs ift seit gestern etwas trt ea, . Au hatte der Hohe Patient im Laufe des Tages von Schmerzen und Husten viel zu leiden. Nichtsdestoweniger erreichte das Fieber nicht die getrige Höhe, und cs begann die Temperaturabnahme \{chon früher als am gestrigen Tage. Se. Königliche Hoheit haben mit Appetit die dargereihte Nahrung zu sich genommen.

Oesterreich -Ungarn. Prag, 13. April. (W. T. B.) Von der Polizei wurde hier heute eine geheime Sozia- [listenversammlung überrashi, es wurden sozialistische Schriften, sowie Waffen und Munition vorgefunden und 5 Verhaftungen vorgenommen.

Pest, 13. April. (W. T. B.) Die wegen der Er- mordung Majlaths Verhafteten haben sich bei den mit ihnen angestellten Verhören zwar vielfah in Widersprüche verwickelt, bis jet aber durchaus kein Geständniß abgelegt. Der Untersuchungsrichter Toth und der Gerichtsnotar Gyuerki haben sih heute Nachmittag mit dem Courierzuge nah Preß- burg begeben, da man von dem Verhör des dort verhafteten Spanga weitere Ergebnisse erwartet.

14. April. (W. T. B.) Bei der heute im Abgeord- netenhause fortgeseßten Spezialdevdatte über die Mittel - shulvorlage kam 8§. 71 zur Berathung, welcher be- stimmt, daß Personen, die in fremden Staaten leben, nicht ungarische Bürger sind, oder ausländische Gesellschasten , Mittelschulen weder errihten noch unterstüßen dürfen. Nach- dem Wolff (Sachse) unter Berufung auf die geistlihen Orden, deren Obere im Auslande domiziliren, diese Bestimmung für unberechtigt exklärt hatte, lehnte das Haus den Para- graphen ab.

Schweiz. Bern, 13. April. (W. T. B.) Der A us- \Guß des National-Raths genehmigte heute mit acht egen eine Stimme (ein Mitglied des Ausschusses fehlte) den ntrag, betr. den Rückauf der Centraldahn und der Bonz-

bergbabhn durch den Staat.

(Alg. Zta.) Der National-Rath Aepli ist zum Ge- sandten in Wien ernannt wordocn.

Großbritannien und Jrland. London, 13. April. (W. T. B) In der heutigen Sißung des Unterhauses brahte der Premier Gladstone eine Königlihe Botschast ein, in welher eine Jahrespension von je 2000 Pfd. Sterl. für die Lords Wolseley und Alcester (Seymour) und deren nächste männlihe Erben sür ihre Verdienste wäh- rend des egyptischen Feldzuges beantragt wird.

(Allg. Corr.) Beide Häuser des Kirchenparla- ments traten am 11. in Westminster für die jährliche Session zusammen. Jm Oberhause wurde unter dem Vorsitß des neuen Erzbischofs von Canterbury die Frage der Förderung des Christen- quis in Egypten diskutirt. Jm Unterhause entspann \ih eine Debatte über die im Hause der Gemeinen von der Ne- gierung eingebrahte Angelobunasbill, welhe ein Bericht des parlamentarischen Ausschusses streng mißbilligt. Die Debatte wurde nah mehrstündiger Dauer vertagt.

Dublin, 13. April. (W. T. B.) Das Schwur- gericht hat den Angeklagten Josef Brady der Ermordung Burke's für shuldig erklärt und zum Tode verurtheilt.

Frankreich. Paris, 12. April. (Fr. Corr.) Ja dem heutigen Ministerrath sind die Ernennungen zu den vakanten hohen Posten in der Magisiratur, von denen bereits seit einiger Zeit die Rede gewesen is}, vollzogen worden. C2zot, Senator und ehemaliger Justiz - Minister, is zum ersten Präsidenten am Kassationshof als Nachfolger Mercié's, der die gesezlihe Altersgrenze erreiht hat ernannt worden; des “weiteren Larombière, erster Prä- sident am Pariser Appellhof, zum Senats - Präsidenten am Kassationshof; Varambon, Deputirter und ehemaliger Unter- Staatssekretär im Justiz-Ministerium, zum Rath am Kassations- hof ; Périvier, General-Prokurator am Pariser Appellhof, zum ersten Präsidenten desselben Gerichtshofes, und Loew, erster Staatsanwalt am Pariser Tribunal, zum General-Prokurator am ÄAppellhofe.

(Köln. Ztg.) Jm heutigen Ministerrath wurde auch die Eisenbahnfrage zur Sprache gebraht und, wie verlautet, infolge der \{lechten finanziellen Lage beschlossen, den Eisenbahngesellshasten Zugeständnisse zu machen und so die Umwandlung der Zsprozentigen Rente zu vermeiden, die im Lande nicht beliebt is. Die finanzielle Lage macht die Minisier überhaupt sehr besorgt, da die indirekten Steuern zurückgehen und sie im Monat März sogar um 6 Millionen hinter den Voranschlägen des Budgets zurück- geblieben sind. Die Frage betreffs der Erbauung der Arbeiter- wohnungen wurde auch erörtert und der Vertrag mit dem Crédit Foncier vorgelegt, in welchem sih dieser verpflichtet, unter der Bürgschast des Staats denen, welche Häuser bauen, die zwischen 3000 bis 9000 Franken jährlich abwerfen, 20 Millionen vorzuschießen.

14. April. (W. T. B.) Wie das „Journal officiel“ meldet, ist der Fregatten-Kapitän Kergaradec zum außer- ordentlihen Gesandten in Hue (Anam) ernannt worden. Kergaradec ist dem Vernehmen nah beauftragt, von dem Kaiser Tüdüc die sofortige Ausführung der Verträge von

1874 zu verlangen.

13. April, Abends. (W. T. B.) Unter Bezug- nahme auf eine vom „Voltaire“ gebrachte Mittheilung sagt der „Temps“:, die Konvertirungssrxage und. die Verständigung mit den Eisenbahngesellshaften hingen aufs Jnnigste zusammen ; die Verhandlungen mit den leß- teren seien auf gutem -Wege und ließen cine Verständigung erhoffen. Der Staat würde darauf verzichten, den Eisenbahn- gesellschaften in Bezug auf die Ermäßigung der Tarife rigorose Bedingungen aufzulegen, würde aber in dem Reglement für die Transit- und Einfuhrtarife, im Einvernehmen mit den Eisenbahngesellshaften, die französishe Jndustrie und den französishen Handel zu begünstigen suchen. Ein Theil der Einnahmeübershüse der Eisenbahngesellshasten würde zum Bau neuer E senbahnen verwendet werden. Die Stücke der 5prozentigen Anleihe würden nicht umgetauscht, sondern nur zu 41/,prozentigen abgestempelt; die Jnhaber würden auf die Dauer von 5 Jahren gegen jede neue Reduktion sicher gestellt werden. |

Marseille, 13. April. (W. T. B.) Heute konnten ca. 400 Arbeiter unter dem Schuße von Gensd'armen ihre Arbeit am Hafen wieder aufnehmen. Die übrigen Arbeiter seßen den Strike fort. Das Militär war genöthigt, gegen die Strikenden einzuschreiten und dieselben zu zerstreuen. Mehrere Personen wurden verhaftet. Man besorgt, daß auch die Schiffsarbeiter die Arbeit einstellen werden.

Griechenland. Athen, 13, April. (W. T. B.) Die Ernennung von Contostavlos zum Minister des Aus- wärtigen ist nunmehr erfolgt.

Türkei. Konstantinopel, 6. April. Der „Köln. Ztg.“ wird von hier berichtet :

Die Woche war nach außen fehr rubig, doch ist im Innern die Bewegung einigermaßen lebhast; es ist Vieles in Fluß, was längere Leit gestockt hatte. Zunächst der Anschluß über Wranja, den der

ultan am Montag Abend genehmigt hat. Wie ich höre, hatte der Sultan schon einmal im Anfange der vorigen Woche das JIrade er- lassen, welches den Anschluß über Wranja genehmigte. Aber der Ent- {luß erschien ihm so bedenklich, daß er nach einer Viertelstunde Ge- genbefehl gab urd das Jrade zurückzog. Diese Schwankungen nun waren, wie ich von glaubwürdiger Seite erfahre, der Grund zu dem Entlafsungägesule des Großvezirs Said, der mit aller Entschiedenheit auf der Genehmigung bestand. Er hat also einen wesentlichen Antheil an dem Verdienst der glück- lichen Lösung; doch sollen bei der Gelegenheit auch die Bemühungen der teutshen Beamten nicht unerwähnt bleiben, die Las Jahren im Palast und im Ministerium den Grundsatz vertreten haben, daß die Anshlußbahnen das wichtigste Element für die Aufbesserung der türkiscen Verhältnisse seien, und die dur ihre Vorstellungen der Erkenntniß des vorhandenen Bedürfnisses erst den Boden bereiteten. Die strategishen Bedenken, welche bisher das größte Hinderniß für die völlige Einigung mit Oesterreih waren, sind nunmehr aus dem Wege geräumt; es bleiben nun freilich noch die finanziellen Schwierigkeiten, insbesondere die Auseinandersezung mit Baron Hirs, zu überwinden ; doch darf man glauben, daß auch diese jeßt ernstlich in Angriff ge- nommen werden. Zweitens hat der Ministerrath am leßten Sonntag den Plan der Tabaregiie genehmigt, und zwar einstimmig; das be- treffende Protekoll ift am Mittwoch oder Donnerstag in den Palast befördert worden. Auch da hat der Großvezir das Verdienst, den leßten Gegner des Projekts, Subhi Pascha, bekehrt und die einstim- mige Annahme durchgeseßt zu haben. Derittens sind die Einzelheiten der Finanzreform in Fluß gekommen. Jh habe Jhnen vor 14 Tagen gemeldet, daß Agap Effendi und Wettendorf Bey vom Sultan be- auftragt waren, die Grundzüge der Finarzreform darzulegen, und daß der Sultan ihre Vorschläge im Grundsaß angenommen hat, vorbehaltlich der Auêcinandersezung über das Einzelne. Se. Majestät hat nun im An- fang der vorigen Woche einen neuen Aus\{uß ernannt, bestehend aus

Agap Effendi, Hussein Husni Pascha und Hrn. Wettendorf und

denselben beauftragt, die fraglihen Einzelheiten in einer E Denkschrift zu erörtern. Die Herren baben sech8 Tage [lang im Palast gearbeitct und das gewünschte Schriftstück am leßten März an den Palast abgeliefert. Die vorgesblagenen Reformen sind unsern Lesern in den Grundzügen bereits befannt. Dic: neue Arbeit des Aus- {usses seßt die Art, wie dieselben in Ausführung zu bringen seien, auseinander und beantragt insbesondere die Ernennung von Einzelausshüssen, deren jeder mit der Ausführung eines beftimmten Antheils der Reformen betraut wird. So soll z. B. ein Aus\huß die nöthigen Vollmachten erhalten, um den Ge- sammtstand der türkisben Finanzen an irgend einem Tage, z. B

1. Januar 1884, festzustellen und die Rehnungen der Vergangenheit abzuschließen ; ein anderer ges die Erhebung der Steuern neuge|talten

u. \ w. Der Sultan i : prüfen, und soll sih {on gürstig darüber geäußert haben ; eine Ents- Es war indessen bis gestern noch nicht erfolgt. Wir haben omit im Ganzen eine recht erfreulihe Bewegung auf dem Gebiete des okonomischen Fortschrittes zu verzeichnen.

Nußland und Polen. Odessa, 13. April. (W. T. B.) Der Herzog von Chartres is auf seiner Reise von Konstantinopel in Sebastopol angekommen und beabsichtigt, am 17, d. M. nah Batum weiter zu reisen.

Heitungsftimmen.

__ Das „Deutsche Handelsarchiv“ veröffentliht aus Königsberg im Februar einen Bericht, der folgendermaßen lautet : Die vorzüglichen Ernteergebnisse, die unsere Provinz und die an- grenzenden russischen Gouvernements im vorigen Jahre erzielt haben, haben wesentlich dazu beigetragen, den ersreulihen Aufschwung, den der Handel Königsberg8s bereits im Jahre 1881 genommen hat, weiter zu fördern und den Wohlstand unserer Provinz zu heben. Die großen Umsäte, die in den meisten Artikeln, die zum Lebensunterhalt dienen, im vorigen Jahre gemacht worden sind, liefern den besten Beweis dafür, daß die Konsumfähigkeit unserer Bevölkerung erheblich gestiegen ist. In Folge des belebteren Handels und Verkehrs und der im Allgemeinen regen Bauthätigkeit bat auch unsere hiesige Arbeiterbevölkerung während des ganzen vorigen Jahres recht lohnen- den Verdienst gehabt. i __ Für die erfreulihe Hebung unserer wirthschaftliben Verhältnisse dürfte auch die Thatsache sprehen, daß bei sämmtlichen Sparkassen und Vorschußvereinen die Spareinlagen und Depositen bedeutend gestiegen sind, und daß die Anzahl der kaufmännischen Konkurse in unserer Provinz im vorigen Jahre kaum nennenswerth is und darunter si vorzugsweise nur solche A befunden haben, die aub unter e allerbesten Zeitverhältnissen ihre Existenz niht hätten behaupten onnen. __ Auch der größeren Mehrzahl unserer Landwirthe ist es gelungen, einen Theil derjenigen Wechselverbindlichkeiten zu tilgen, die einzu- gehen sie in Folge der s{chlechten Ernten früherer Jahre gezwungen war, um die zur Hebung der Ertragsfähigkeit der Besißungen er- forderlihen größeren Meliorationen vornehmen und die zur Ver- besserung der Viehheerden nöthige Einführung von Rassevieh ermög- lichen zu können. 5 __ Der Getreidehandel hat Umsäße im vorigen Jahre aufzuweisen, wie sie bisher nur während des russish-türkishen Krieges in den Jahren 1877 und 1878 vorgekommen sind. ___ Die Zufuhr aus der Provinz hat die länger als seit 10 Jahren niht dagewesene Höhe von 158214 t zu 20 Ctr. erreicht. Jm e sind dem hiesigen Markte zugeführt worden 493 587 t zu In. Die Ausfuhr nach Deutschland betrug: 25138 t, nach dem Auslande 498 442 , zus. 523 580 t zu 20 Ctr., mithin Gesammtumsaß etwa 1017000, , 20 , welcher Umsaß von dem der beiden Jahre 1877 und 1878 nur wenig übertroffen wird, und zwar betrug derselbe 1877 etwa 1 245 000 t und : 1878 „, 1129000,

Die „National- Zeitung“ berichtet:

Auch in diesem Monat wider is der Zudrang zur (Berliner) Sparkasse sehr stark; tägli werden große Summen eingelegt, so daß das Gesfammt-Einlagekapital si in dem laufenden Jahre voraussichtlich wieder um fünf bis sechs Millionen vermehren wird, wie dies 1882 geschehen ist. In der nächsten Zeit wird das Kuratorium die Errich- tung der bereits beshlossenen fünften Zahlstelle ausführen.

Jn dem Jahresberichte des Großherzoglih sächsishen Fabrikinjpektors wird mitgetheilt, daß das die Agitation be- \chränkende Sozialistengeseß ganz außerordentlich zur Be- ruhigung und größeren Befriedigung der Arbeiter beigetragen haben soll, so daß ein besseres Einvernehmen zwischen den Besißern und Arbeitern vielfah gerühmt werde. Dazu be- merkt die „Weimarische Zeitung“:

Der Radikalismus, Fortschrittspartei, Sezessionisten versichern stets mit großem Nachdruck die völlige Nußlosigkeit des Sozialisten- geseßes. Hier wird nun aus dem Munde von Praktikern und Sach- verständigen das Gegentheil bekundet. Allerdings wird zuzugeben sein, daß in den Hochburgen der Sozialdemoktratie, in den großen Fabrikstädten, wo die Organisation der Partei leiht durchgeführt ist, das Sozialistengeseß noch keinen sehr großen Erfolg erzielt hat. Darauf hat indessen wohl auch Niemand gerechnet. Nur allmählih kann dur die Unterbindung der Organisation eine Shwäcung der Partei herbeigeführt werden. Die Erwartung aber, daß das Geseß in der Peripherie, da, wo die Sozialdemokratie nicht sestgeslofsene Körper bildet, wohl zu wirken vermag, wird durch obige Aeußerung in erfreuliher Weise bestätigt, Es wird später daran zu er- innern sein. : :

Jn der „Neuen Preußischen Zeitung“ lesen wir :

__ Aus ländlichen Distrikten wird wiederholt die Thatsache be- rihtet, daß der Viehbandel seit Beendigung der vorjährigen günstigen Ernte einen bedeutenden Aufshwung genommen hat, und daß die Landwirthe darauf bedacht sind, die im voraufgegangenen inter reduzirien Bestände wieder zu vervollständigen. Neuerdings entwidckelt sih vorzugsweise ein reger Handel mit Zugvieh und Schweinen. Es ist wohl niht zu bezweifeln, daß die Schweinezuht in Folge des Verbots der Cinfuhr von amerikanishem Schweinefleisch eine nit unwesentlihe Vermehrung erfahren wird.

Aus Pillau, 12. April \{hreibt man der „Nord- deutschen Allgemeinen Zeitung“:

Als Folge der neren Zollpolitik mußte ein empfindlicher Rü- gang unseres Scbiffsverkebrs eintreten, so lautete die \reihändlerischer- seits uns seiner Zeit zu Theil gewordene Prophezeiung. Glüdlicher- weise ist diese so wenig wie die übrigen eingetroffen, denn unser Sciffsverkehr hat nih1 abgenommen, sondern zeigt eine erfreuliche Steigerung. Im Jahre 1882 gingen 2484 SQife in unserem Hafen ein und 2422 aus, eine Zahl, die in früheren Jahren nur ein einziges Mal überschritten wurde und zwar in Folge der ganz ungewöhnlichen Frequenz des Ausnahmejchres 1878. Auch hier machen wir die Er- fahrung, daß _die Zahl der Dampfschiffe im Vergleich zur Frequenz der Segelschiffe regelmäßig zunimmt. . S

Jn Nr. 70 des „Reichs-Anzeigers“ hatten wir eine den Jahresbericht der Bielefelder Handelskammer betreffende Correspondenz des „Deutschen Tagebatts“ mitgetheilt. Mit Bezug auf jene Noti entnehmen wir dem genannten Blatt nunmehr auch folgende Berichtigung :

Die Bielefelder Handelskammer ersucht uns um Berichtigung einiger sie betreffenden Mittkbeilungen in Nr. 80 unseres Blattes, welche uns von unserem —(—-Correspondenten zugegangen waren. Nach der uns durch Abschriftea belegten Sachlage ist die darin ge-

t damit beschäftigt, diese Vorschläge zu .

mate Angabe, daß die {ußzöllnerishe Nähmaschinenfirma (Dür- kopp u. Co.) sih ‘überbaupt nicht in der Lage befunden habe, der andelskammer einen Bericht über das 1881 er Geschäftsjahr zu er- Prien, da deren Sekretariat sih geweigert habe, denselben völlig und fritiflos zu veröffentlichen, insofern einer Berichtigung bedürftig, als die Herren Dürkopp u. Co. dessenungeachtet einen kurzen Bericht erstatteten, aus dem aub die Fordecung eines höheren Scbuyzolles auf Nähmaschinen-Obertheile im Handelskammerbericht ebenso wie die Lohnerhöhung für die Arbeiter dieser Branche angeführt worden ist. Mir geben diese Berichtigung um so bereitwilliger, als damit ja ein, immerhin aber entshuldbarer, formeller Jrrthum unseres Korrespon- denten beseitigt wird. Was die Tendenz des Berichtes im Allgemeinen anlangt, jo müssen wir der Auffassung unseres Korrespondenten inso- ern beitreten, als zwar die Fafta einer Aufbesserung „einzelner“ Jn- dustriebranhen, wenn auch widerstrebend, kurz registrirt werden, während andererseits das entschiedenste Bestreben hervortritt, die Wirkung des Schußtzolls unter keinen Umständen als günstig zuzugeben, dagegen alles hervorzusuhen, was dieselbe un- ünstig beleuchten könnte. So wird z. B. ebenfalls aus dem

ürkopp’shen Bericht besonders hervorgehoben, daß der Absatz von Nähmaschinen im Inlande im Jahre 1881 nicht zugenommen habe, vielmehr nur der Export und zwar um 5094 gestiegen sei. Wo es sons möglich ist, wird nun fortwährend betont, daß der Scußzoll den Export \chwer s{ädigen müsse, daß folgt ja aus dem Nähma- \chinenbeispiel auch ganz natürlich, wenn man nur ein in der Wolle gefärbter Freihändler ist. Fine Berichtigung hat ferner Play zu greifen insofern, als iz dem Bericht von Dürkopp u. Co. nichts von einer Nichtvertheuerung des für die Nähmaschinenindustrie angeb- lih unentbehrlichen englischen Stahls dur den Zoll enthalten ift, was von unserem Korrespondenten behauptet worden war. Neben der Betonung des Stagnirens in der heimischen Absatziffer bleibt aber für die von uns hervorgehobene Tendenz des Handelskammer- beribts das Verschweigen des Vergleis des jeßigen deutshen Zolles auf Nähmischinen mit dem 35 °/ betragenden amerikanischen Zoll

(harafteristi]sch.

Amtsblatt des Reih8-Postamts. Nr. 17. Inhalt: Verfügungen: vöm 9. April 1883. Fortfall der Auszeichnung der Bestellgebühr auf Postanweisungen.

Justiz-Ministerial-Blatt. Nr. 15. Inhalt: Beschluß des Kammergerichts vom 5. Januar 1883.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

München, 13. April. (W. T. B.) Der Maler, Direktor Franz von Seit, ist gestorben.

Gewerbe und Handel.

In einer unter den Zeitungsstimmen \. Z. mitgetheilten Cor- respondenz war dem „Deutschen Wollengewerbe“ (Nr. 22) aus Grün- berg i. Sl. berichtet worden, daß der Verfasser des städtisGen Verwaltungsberichts, um den Geschäftsgang Grünbergs möglist trübseliz darzustellen, nur die ehemaligen Grünberger Artikel, \{warze Satins und wollblaue Tuche, die nur von kleineren Etablisse- ments angefertigt werden, im Auge gehabt, aber zugegeben babe, daß die aroßen Etablissements, welche sich mit Doubles und halbwollenen Stoffen beschäftigen, guten Absatz haben. Hiergegen wird von einem Einsender des Blattes in Nr. 25 der Einwand erhoben, er habe ver- kleinernd von der althergebrachten Grünberger Industrie der Satins und Wollblauen und etwas übertreibend von den Halbwollenen ge- sprochen. Darauf entgegnet der erstgenannte Correspondent:

Den Vorwurf, ohne Grund verkleinernd von der Fabrikation der „Satins und Wollblauen“ und dagegen übertreibend von der Halb- wollenfabrifation Grünbergs gesprohen zu haben, müssen wir eben- falls ablehnen. Wenn der Herr Einsender als Gegenbeweis anführt, daß neuerdings eins der hiesigen 6 großen Etablissements der Halbs wollenbranche wieder zur reinwollenen Fabrikation zurückehrt, jo ist diese Umgestaltung der Neuzeit doch keineswegs rücckwirkend auf das ver- flossene Geschäftsjahr 1882, über welhes wir in Nr. 22 berichteten. Darin stimmen wir mit dem Herrn Einsender indeß völlig überein, daß auch wir eine allgemeine Rückkehr unserer Ortsindustrie zur Ganz- wollenfabrikation mit Freuden begrüßen würden; als Mitarbeiter des «Deutschen Wollengewerbes und der Ztg. für Schafz. und Woll- produktion“ begeistern wir uns weit lieber für gute reine Wolle, als für Surrogate. Vorläufig heißt es hier aber immer noch, „mit gegebenen Zahlen renen“, resp. den momentanen Verhältnissen Reh- nung tragen! Wenn der nähste Grünberger Verwaltungsberit den Wiederaufschwung der Wollenindustrie melden wird, welchen der Herr Einsender in Aussicht stellt, so werden wir dies mit noch größerer Genugthuung in diesen Spalten konstatiren, als wir bisher das Auf- blühen der Halbwollenindustrie des Plaßes konstatirt. Uns, wie sicher- lih auch dem Herrn Einsender, liegt in erster Reihe daran, über- haupt das Blühen unserer Ortsindustrie nach jahrelangem {weren Darniederliegen nah außen hin unter Beweis zu tellen und ten- A Verkleinerung der jeweiligen blühenden Branchen zurück- zuweisen!

Um Mißverständnissen Seitens der mit den Ortsverhältnissen weniger bekannten N vorzubeugen, bemerken wir, daß das von der Grünberger Tuhmacher-Innung im Augenblick in Angriff genom- mene neue Fabrikgebäude gewissermaßen nur als ein kleinerer Ersaß für das zur englischen Fabrikation umgewandelte große Etablisse- went der einstigen „Vereinsfabrik“ zu gelten hat, und daß solches nur zu Walk- und Appreturzwecken eingerichtet wird. Eine event. weitere Ausdehnung desselben zu Spinnerei- und Webereizwecken wird von der Zukunft ter Orts -Wollenindustrie abhängig ge- macht! Zum Schluß des vorstehenden Eingesandt sagt nun der Herr Verfasser, daß von der Anzahl der vorhandenen Kraft- stühle 4 auf die Wollenwaaren-, F auf die Halbwollen- waarenfabrikation entfiele. Der Herr Einsender vergißt hierbei aber anzugeben, welcher Bruchtheil von ersterem cinen Drittel speziell auf die den gegenwärtigen Streit heraufbeschworen habenden „Satins und Wollblauen“ kommt und wie viel Stühle dagegen von demselben Drittel auf die feineren Qualitäten reinwollener Waaren kommen, die wir in unserem Artikel in Nr. 22 ausdrücklich als hervorhebens- werth bezeichneten. Wenn der Herr Einsender diese sicberlih wesent- lih kleinere Zahl (als der Gesammtkraftstühle des Ortes) für das Betriebsjahr 1882 eruiren wollte, so sind wir überzeugt, daß er uns eine absihtlihe und gar ungerechtfertigte Ver- Tleinerung, speziell der „Satins und Wollblauen“ nicht weiter imputiren wird. Andernfalls würde ja der Herr Eiñsender mit si selbst in offenen Widerspruch geratben indem der von ibm vertheidigte städtishe Verwaltungsbericht selbst die „Satins und Wollblauen*“ als „ehemalig“ und damit also zur Zeit des Be- rihts als nicht mehr tonangebend für den Play bezeichnet! Nicht wir, sondern die (nad Ansicht des Herrn Cinsenders von einander verschiedenen) Verfasser der Notiz im städtishen Verwaltungsbericht und des Artikels im Görlißer Anzeiger haben beide übereinstimmend das Wort „ehemalig® zuerst angewandt und damit doch deutlich fti ausgesprochen, was der Herr Einsender uns als ungerecht- ertigten Ausspruch vorwirft: Daß nämlih „Satins und Wollblaue“ niht mehr Ae des Orts sind, wenigstens zur Zeit der be- treffenden Berichte und Notizen nicht waren. /

„W. T. B.“ versendet folgendes Telegramm: Die Bekannt- machung bezügli der Konvertirung des Betrages der ungarischen 6% Goldrente wird heute erscheinen. In Deutschland beträgt der Anrehnungêcours der 6 °%/% Goldrente 102,30 9% und der Cours der dagegen zu gewährenden 4 9/9 Goldrente 76,50%. ö

Rom, 14. April. (W. T. B.) Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, wurden gestern 1700000 Frcs. Papier gegen Metall

Umgewechselt. /

New-York, 13. April. (W. T. B) Baumwosllen- Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 72 000 B. Ausfuhr nah Großbritannien 39 000 B., Ausfuhr nah dem Konti-

nent 60 000 B., Vorrath 778 000 B.

Berlin, 14. April 1883.

Nachtrag

zu den Mittheilungen über den gegenwärtigen Stand der Saaten in der preußishen Monarchie.

Reg. Bez. Marienwerder: Ein sicheres Urtheil darüber, wie die Saaten den Winter überstanden haben, läßt sih zur Zeit noch nit abgeben, doch ist anzunehmen, daß dieselben durch die späten Nachtfröste erheblih gelitten haben.

Die Frühjahrsbestellung konnte bisher niht in Angriff genommen werden, es is daher eine sehr späte Ernte zu erwarten.

R Vielfah wird über starkes Auftreten der Feldmäuse geklagt. Éa 2E Zustand des Viehs und der Pferde wird als gut ezeihnet.

Rega. Bez. Potsdam : Die Saaten, welche nur mäßig stark in den Winter gekommen sind, haben dur die empfindliche Kälte der leßten Zeit erheblih gelitten, besonders Delfrüchte, En und Klee, auch die Roggensaat steht fast durhgehend

ünn.

Jn der Havel- und Elbniederung sind die Saaten in Folge des Hochwassers und gleih darauf eingetretenen starken FFrostes wochenlang mit Eis bedeckt gewesen, so daß von einem Ertrage dort wenig zu erwarten ist und die Felder theilweise von Neuem mit Sommersaat bestellt werden müssen.

Die Frühjahrsbestellung is vielfah zurückgeblieben.

E alle Kreise des Bezirks haben unter der Mäuseplage zu leiden. Reg. Bez. Liegniß: Die Witterung in dem leßten Viertel- jahre ist ebensowohl für die Entwickelung der Wintersaaten, als auch für die Frühjahrsbestelung höchst ungünstig gewesen. Der Mangel einer Schneedecke, ganz besonders aber die lange andauernde trockene Kälte im März haben die Entwickelungs- fähigkeit der Pflanzen erheblih beeinträchtigt.

Reg. Bez, Oppeln: Der strenge Nachwinter hat den Saaten hauptsählich auf lockerem Boden erheblich geschadet, so daß deren Stand zur Zeit als ein ungünstiger bezeichnet werden muß. Besonders Weizen und Raps haben stark ge- litten, Roggen weniger. E i

_ Wegen des harten Frostes im März ist die Frühjahrs- bestelung schr zurückgeblieben.

Fast in allen Kreisen wird über Mäusefraß geklagt.

Die Viehstämme sind im Allgemeinen gesund geblieben.

Reg. Bez. Erfurt: Ueber den Stand der Saaten läßt sih gegenwärtig etwas Positives nicht sagen, doch sind dieselben meistens dürstig in den Winter gekommen.

Durch die außergewöhnlihe Kälte im März mußten die N Februar begonnenen Feldarbeiten wieder eingestellt werden.

Fast in allen Kreisen wird über Mäusefraß geklagt.

Die Getreidepreise sind gewichen. L

"l Viehpreise steigen fortgeseßt, ebenso die Kartoffel- preise.

Rig. Bez. Münster: Der Stand der Wintersaaten ist im Allgemeinen ein guter und verspriht eine gute Mittelernte, ebenso die Futterkräuter. : A

Die Frühjahrsbestelung ist durch die strenge Kälte im März sehr verzögert worden. : E

ist in Folge reichlichen

Der Nährzustand des Viehs Futtervorraths meistens gut. i E

Reg. Bez. Trier: Der Stand der Wintersaaten ist in Folge der verderblichen Witterungseinflüsse der leßten Monate durhgehends nicht befriedigend, die Saaten haben sich un- genügend entwickelt, besonders Roggen.

Die bereits im Februar begonnenen Feldarbeiten mußten in Folge der Märzfröfte einen längeren Aufschub erleiden, sind jedo augenblicklich überall in vollem Gange.

Die Wiesen und Kleefelder haben \sih gut entwickelt und versprechen einen reithlichen ersten Schnitt. : :

Der Stand der Weinberge ift im Allgemeinen gut, die Rebstöcke zeigen gesundes und kräftiges Tragholz.

Die Obstbäume haben gut überwintert und stellen eine günstige Ernte in, Aussicht. i

Die Preise der Kartoffeln sind bebeudend gestiegen.

Die Viehpreise stehen hoch.

Organisation und Thätigkeit des Vaterländischen Frauenvereins vom Rothen Kreuz im Jahre 1882,

Der in der Generalversammlung vom 4. April 1883 in Gegen- wart Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin Namens des Haupt- vorstandes des Vaterländishen Frauenvereins von dem Geh. Legations- Rath Dr. Hepke erstattete Generalberiht giebt, auf der Grundlage der Jahresberichte der Provinzial-, Bezirks- und Ortsvereine, ein um- fassendes Bild von der Gesammtthätigkeit des großen Vereinswesens. Derselbe lautet wie folgt : : e

Was uns aus den Jahresberihten zunächst entgegentritt, ist die \dlagfertige Hülfsthätigkeit, welhe unsere Vereine auf den Ruf Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin bei der rohen Heimsuchung im Stromgebiete des Rheins aufs Neue bewährt haben. Nur wenige derselben nahmen keinen Antheil daran, die meisten haben dur Sammlungen und aus vorhandenen eigenen Mitteln Außerordentlihes geleistet. So zwar, daß sie oft dringende Anforderungen in ihrer Nähe in zweite Linie seßten und ihren eigenen Wohlthätigkeitsanstal- ten mit jenen Sammlungen Hülfsquellen entzogen.

Der Gesammtbetrag der von den Zweigvereinen unmittelbar oder durch Vermittelung des Hauptvereins gewährten Unterstüßungen läßt A niht genau bestimmen, ebensowenig der Werth der Natural- eistungen.

Die Sammlung unseres Hauptvereins, welbe auf den Nothstand in der Eifel ausgedehnt worden, belief sih in der zweiten Hälfte des März auf über 400 000 A Sie war \chon zu Ende des vorigen Jahres so bedeutend, daß sehr bald große Beihülfen gewährt werden konnten, deren Höhe zum Theil in Konferenzen beschlossen wurde, zu denen Ihre Majestät die Kaiserin und Königin einzelne Mitglieder des Vorstandes wiederholt zu befehlen en

Die Beihülfen erstrecktea sich auf die Landesvercine in Baden, Bayern, Hessen, die Reichslande, die Regierungsbezirke Cöln, Düssel- dorf, Coblenz, Trier, wohin sie sowohl an die Vereine, wie an die Behörden flossen. Zur genaueren Ermittelung der Nothlage in der Eifel geruhten Jhre Majestät cinen eigenen Delegirten zu entsenden, nach dessen Bericht sodann beträchtliche Summen unseren dortigen Zweigvereinen, sowie insbesondere auch den Königlichen Landraths- ämtern für zweckmäßige Vorkehrungen zur Verfügung gestellt wurden.

Bei den von allen Seiten den nothleidenden Gegenden zuströmen- den Hülfsquellen und dem {nell eintretenden Beistande der Staats- regierungen ist bisher nur ein Theil der im Hauptverein zusammen- gekommenen Summen zur Mun gelangt, obwohl alle unsere Organe am Rhein und in den Eifelgegenden von hier aus aufs reihlihste mit Mitteln ausgestattet worden sind. .

Der Vorstand hat daher auf Antrag seines Geschäftsausscbusses bes{lo}sen, aus cinem Theil des Ueberschusses der Sammlungen einen A zur Unterstüßung der durch örtliche Nothstände betroffenen ewohner der Stromgebiete des Rheins zu gründen.

Es ift zu diesem Zwecke ein Statut entworfen worden, in wel- chem vorgesehen ist, daß, wenn in den betreffenden Theilen der Rhein- provinz, der Provinz Hessen-Nassau und der Reicbslande Elsaß- Lothringen die beftehenden Vaterländischen Frauenvereine zu größeren Verbänden zusammentreten, diesen Verbänden Theile des zu gründen- den Fonds zur eigenen Verwaltung überwiesen werden sollen.

So weit der Uebershuß der Sammlungen nicht zu dem auf 120 000 A bemessenen Fonds verwendet wird, bleibt er dem Haupt- verein zur Bestreitung der Ausgaben reservirt, welhe aus den jetzigen Nothständen \ich für die Folge ergeben werden.

_Der Vorstand beehrt si, hiermit die Zustimmung der General- versammlung zu diesem Beschlusse zu erbitten, und bemerkt, daß der Statutenentwurf bereits zur Kenntniß der sämmtliben Zweigvereine der oben gedachten Provinzen und Lande, sowie der Bezirks- und Provinzialvereine der anderen Provinzen gebracht und in der gestrigen Delegirtenversammlung im Prinzip genehmigt worden ift.

___ Im Fall sich gegen den Beschluß des Vorstandes kein Wider- sprucb erhebt, werden wir auch die Genehmigung der Generalver- sammlung als ertheilt ansehen. .… . Jh konstatire dieselbe hiermit.

__ Ebe ich diesen Gegenstand der außerordentlihen Vereinsthätig- keit verlasse, will noch darauf aufmerksam machen, daß das Organ des Vaterländishen Frauenvereins, die „Frauenverband-Zeitung*“, mehrmals übersichtlihe Darstellungen der Uebershwemmungsnoth im Rheingebiet und der dakei entwickelten umfassenden Hülfsthätigkeit gebracht hat.

_ Die Jahresberichte der Zweigvereine ergeben, daß die regelmäßige Thâtigkeit, welhe von ihnen auf den verschiedensten Gebieten der Wohlthätigkeit geübt wird, an Ausdehnung wie an innerer Erstar- kung au im verflossenen Jahre weitere Fortschritte gemacht hat.

__ Wir verdanken dies ganz insbesondere der Beachtung und Unter- stüßung, welche die Organe der Staatsregierung wie diejenigen der Selbstverwaltung unseren Vereinen angedeihen lassen. Es lehnt si namentlich die Armen- und Krankenpflege derselben immer mehr an jene Organe an, ohne daß dabei die eigene Selständigkeit beein- trächtigt wird.

Die Rubrik unserer Jahresberichte, welhe die Frage enthält, ob die Vereine mit staatlichen, kirchlihen oder Kommunalbehörden r iee Zwecke in Verbindung stehen, und ob und welche Unter- stüßÜngen ihnen zu Theil werden, ist diesmal von etwa 200 Zweigvereinen in verscbiedenster Form bejahend beantwortet worden. Die Unterstüßung trifft neben den Krankenanstalten vorzüglich die Kinderpflege, deren Gebiet in unserer Vereinsthätigkeit sih ganz außerordentlich ausgedehnt hat. Wir zählen nit weniger als 177 Waisen- und Rettungshäuser, Kinderbewahranstalten, Heil- und Er- holungéstationen, welche von den Vereinen unterhaltea oder unterstüyt werden, abgesehen von den Kleinkinderschulen. /

_ Gleich erfreulich steht es mit der Entwickelung der Krankenpflege. Hier aber ist unsere Wirksamkeit nicht blos die eines großartigen Wohlthätigkeitsvereines, sondern sie gestaltet sich zugleich zum wich- tigsten Momente der vorbereitenden Thätigkeit für den Krieg.

Zwei Punkte kommen dabei in Betracht. Erstens die Erhaltung, Verwaltung und Unterstüßung von Krankenhäusern und Kranken- stationen. An dieser Aufgabe sind etwa 160 Vereine betheiligt und etwa 85 Krankenanstalten verzeihnet. Zweitens die Ausbildung von Krankenpflegerinnen in Vereinsinstituten und ihre Verwendung in den Krankenhäusern oder auf Stationen als Pflegerinnen und Ge- meindeschwestern.

__ Eine namhafte Zahl von Vereinen ist in der Lage gewesen, auf die Frage, „welche Leistung von ihnen im Fall der Mobilmacbung zu erwarten stünde“, Krankenhäuser oder Krankenstationen zur Ver- fügung zu stellen, die Einrichtung von Reservelazarethen, die Stellung von Krankenpflegerinnen oder die Lieferung von Sanitätsmaterial zu- zusagen. Zahlreiche Vereine haben auch Reservefonds für den Kriegs- fall gebildet. Eine genaue Statistik des Sanitätspersonals, welches aus den mit den Männervereinen gemeinschaftlich gegründeten oder unterstützten Krankenpflegerinnen-Instituten und aus den Diakonissen- häusern für den Dienst des Rothen Kreuzes hervorgeht, is zur Zeit niht möglich. *)

Es werden dafür nothwendig gemeinschaftlihe Vorkehrungen mit den Männervereinen zu treffen und ein einheitlihes Zusammenfassen und regelmäßiges Nachweisen des Materials durch ein gemeinsames Organ zu bewerkstelligen sein. Ueber eine solche Einrichtung shwe- % ‘ania Verhandlungen mit dem preußishen Central-

omité.

Aus unseren Jahresberichten ergiebt sich nun mit einiger Genauigkeit die Zahl der von unseren Zweigvereinen beschäftigten Krankenpflegerinnen und Diakonissen, Es sind deren nicht weniger als 423, also eine Vermehrung in der Verwendung um 51 Pflege- rinnen gegen das Vorjahr, wobei zu bemerken ist, daß auch die Für- ler e für dieselben im Fall der Erkrankung oder Invalidität von

ibn zu Jahr si steigert.

Die beiden Fragen in dem Schema unseres Jahresberichts, „ob der einzelne Verein sih im Besiße einer Mustersammlung von Ver- band- und Lazarethgegenständen befinde, und ob und welche Leistungen derselbe im Kriegsfall zu übernehmen bereit ist,“ konnten von einer großen Anzahl von Vereinen günstig beantwortet werden ; die leßtere Frage von etwa 200 Vereinen. i

Im Besitze von. Mustersammlungen sind über 40 Vereine und die weitere Beschaffung solcher nimmt ihren Fortgang. Da unerahtet unserer mehrfachen Mittheilungen noch an vielen Stellen Unklarheit darüber herrscht, wie diese Beschaffung am leichtesten zu bewerk- stelligen sei, so wiederholen wir darüber Folgendes : :

Der wichtigste Bestandtheil**) einer Mustersammlung, auf welchen sich der bei weitem größeste Theil der Vereine für den Frie- den füglih beschränken kann, besteht in den von Frauenhand ange- fertigten Verband- und Lazarethgegenständen. Die vorsißenden Damen des Hauptvereins lassen diese Muster sehr gern den Zweigvereinen zum Kostenpreise herstellen, oder leihen solbe denselben zur Selbst- anfertigung dar. Es bedarf dafür nur eines Anschreibens an den Hauptvorstand. E

Die Provinzialvereine für Hannover und für Brandenburg haben in dankenëwerther Weise den unter ihnen vereinigten Zweigvereinen diese Mustersammlung zur Selbstanfertigung hergeliehen. Es wäre wünschenéwerth, daß zur Erleibterung der Aufaabe andere Provinzial- und Bezirksverbände sich der gleihen Mühewaltung unterzögen. Doch befinden sih zu unserem lebhaften Bedauern noch mehrere derselben selbst niht im Besiße ciner folchen beschränkten Mustersammlung, deren Kosten nur gering sind. : .

Wir können die Förderung dieser Angelegenheit nit genug anempfehlen; denn eine Muslersammlung von Frauenhand anzufertt- gender Verbandmittel und Lazarethwäsche bietet au dem kleinsten Verein Gelegenheit zu einer werthvollen Leistung für den Kricgsfall und im Frieden erwünschtes Material für die Krankenpflege.

Die Jahresberichte weisen ferner na, daß die „Frauenverband- Zeitung“, das Organ des Vaterländischen Frauenvereins, noch von einer sehr großen Anzahl unserer Zweigvereine nit gehalten wird. Es giebt Provinzen und darunter fole, die zu den woblbabendsten zählen, in welchen fast die Hälfte der Vereinävorstände kein Erem- plar des Blattes bezieht. Sie berauben si dadur felbst des Mittels, über die Vorgänge unseres Vereinslebens auf dem Laufen den zu blciben, und es gelangt auc cine beträcbtlide Zabl amilicer Veröffentlichungen nicht an sie. Wir begegnen daber in den Jabres- berihten häufig der Bemerkung, daß dies oder jenes Cirkular dem Verein nicht bekannt worden sei!

*) Nach einer vom preußisben Ceuntralcomits gemachten Zu- sammenstellung beläuft sich die Anzahl der aus den Krankenpflegerinnen- Instituten und einigen vom Rothen Kreuz unterstüßten Diakonissen- häusern hervorgegangenen und für den Kriegsfall bereiten PKegerinnen und Diakonissen gegenwärtig auf etwa 500.

**) Der amtlide Nachweis der vollständigen Mustersammlung ist in dem Handbuch für die Vaterländiscben Frauecnvereine und in dem Handbuch für die sreiwillige Krankenpflege von Hrn. von Kriegern (gekrönte Preisschrist) abgedruckt,