1883 / 98 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Apr 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Bei S@luß"des Blattes erhielt der Abo: Löwe (Berlin) | das Wort.

Jn der heutigen (58.) Sigung des Hauses der Abgeordneten, welher der Vize-Präsident des Staat3- Ministeriums, von Puttkamer, sowie mehrere Kommissarien beiwohnten, sehte das Haus die zweite Br des Gesebßz- entwurfs, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung vom 26. Juli 1880, fort.

Die Debatte wurde zunähst über §. 27 b, eröffnet. Der- selbe lautet nah den Beschlüssen der Kommission:

Den ernannten Mitgliedern darf eine Vertretung des Regie- rungs-Präsidenten oder eine Hülfsleistung in den diesem persönlich überwiesenen Geschäften nicht aufgetragen werden. Beide nehmen an den Plenarberathungen der Regierung nad Maßgabe der für die Regierungsmitglieder bestehenden Vorschriften Theil. Im Uebrizen ist ihnen die Führung eines anderen Amtes nur gestattet, wenn dasselbe ein rihhterliches ist oder ohne Vergütung geführt wird.

Hierzu beantragte der Abg. Dirichlet, im §. 27 þ. die S@lußworte: „oder ohne Vergütung geführt wird“, zu

reichen. f Der Referent Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa ersuhte um Ablehnung dieses Antrages; im Uebrigen wolle er abwarten, was gegen den Beschluß der Kommission vor- gebraht werden würde.

Der Abg. Hahn hielt die von der Kommission beschlossene Aenderung der Vorloge bezüglich der Thätigkeit der ernann- ten Mitglieder des Bezirksauss{husses für keine glüdliche, denno wolle er für den Paragraphen flimmen ; den Antrag Dirichlet müsse er ablehnen.

Der Abg. Dirichlet empfahl den von ihm gestellten An- trag; er wünsche die beiden ernannten Mitglieder möglichst unabhängig von dem Regierungs-Präjidenten gestellt zu jehen, nachdem ja derselbe durch den §. 27 neulich mit so großer Mehrheit in den Bezirk3aus\s{huß eingestellt worden sei.

Der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums von Putt- kamer erklärte, sich auf den zur Debatte gestellten Paragraphen beschränken zu wollen. Es lägen jeßt hier drei Systeme vor; das der Regierung, welches die Tendenz verfolge, die beiden ernannten Mitglicder, so weit es ihre Zeit gestatte, in ihrer Beschästigung noch etwas näher an die allgemeine Verwaltung anzuknüpfen. Zweitens das System der Kom- mission, welhes dasselbe Prinzip enthalte nur 1n eingeschränkterer Weise. Drittens der Antrag Dirichlet, der die Mitglieder von jeder Mitwirkung an der Verwaltung grund- säßlih ausschließen wolle. Es sei eine völlige Neuheit und eine Anomalie, daß einem Verwaltung2beamten die Uebernahme eines Nebenamtes verboten werden solle. Dies sei einzig und allein bei den Mitgliedern der Ober:Rehnungskammer der Fall. Er bitte, die Vorlage anzunehmen, es würde für die Regie- rung sehr unerwünscht sein, wenn sie niht mehr ‘Entgegen- fommen finde, als die Kommissionsbeschlüsse bekundeten.

Der Abg. Dr. Köhler bat, an dem Paragraphen, wie ihn die Kommission gestaltet habe, festzuhalten. Es sci ja die Frage aufgeworfen worden, ob die ernannten Mitglieder ausreichende Beschäftigung hätten, aber von diesem praktischen Bedürfniß dürfe man die ganze JFnstitution nicht abhängig machen. /

Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) wies darauf hin, daß na der neulichen Versicherung des Ministers von Puttkamer die exste Differenz und Schwierigkeit sich bei §. 45 heraus- fiellen werde ; jeßt scheine eine solhe schon bei §. 27 b, etnzu- treten. Jm Uebrigen trat Reduer für den Antrag Dirichlet ein; es müsse alles beseitigt werden, was geeignet scheine, die Mitglieder in ihrer Unabhängigkeit zu erschüttern, Der Abg. Dr. Brüel trat für die Kommissionsveschlüsse Er wünsche die Betheiligung der Mitgliedec an Verwal- tungssachen, aber da die Regiminalangelegenheiten nah An- weisung des Regierungë-Präsidenten erledigt würden, so sei die Theilnahme der ernannten Mitglieder an diesen auszu- ließen, um ihre Selbständigkeit nicht zu gefährden.

Der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums von Puttkamer erkiärte, daß auch die Regierung die ernannten Mitglieder von allen Geschäften auszuschließen wünsche, die sie nur nah Anweisung des Präsidenten erledigen würden. Der Abg.Brüel habeden Unter- \chied zwischen dem kollegialen und bureaukratishen System zu sehr betont. Der fähige Präsident werde stets die Mitglieder etwas beeinflussen, der unsähige si von ihnen beherrschen lassen. Die Plenarberathungen müßten ein Spiegelbild der gesammten Thätigkeit der Regierung darstellen; in wie weit das wirklih der Fall sein werde, hänge von der Tüchtigkeit des betreffenden Präsidenten ab. Daß auch die Kommission den ernannten Mitgliedern die Stellung von Regierungs- beamten anweise, erkenne er an. i

Der Antrag Dirichlet rourd? abgelehnt, und §. 27b. in der Fassung ber Kommission angenommen. Ebenso §. 27c.

8. 274. lautet nach dem Kommissionsbeschlusse: ;

Der Bezirksausshuß ift bei Anwesenheit von fünf Mit- gliedern, in Streitsachen unter Armenverbänden bei Anwesenheit von drei Mitgliedern beslußfähig, unter denen sich in allen Fällen mit Einschluß des Vorsitzenden mindestens zwei ernannte, darunter ein zum Richteramte befähigtes, und ein gewähltes Mit- glied befinden muß. i ; :

Die Beschlüsse werden nad Stimmenmehrheit gefaßt. Bei gerader Stimmenzahl scheidet, wenn außer dem Vorsitzenden zwei ernannte Mitgliedec anwesend sind, das dem Dienstalter nach jüngste ernannte, wenn außer dem Vorfißenden nur ein crnanntes Mit- glied anwesend ist, das dem Lebensalter nah jüngste gewählte Mit- glied mit der Maßgabe aus, daß dem Berichterstatter vorzugsweise das Stimmrecht verbleibt.

Hierzu lagen zwei Anträge vor : Von dem Abg. Dr. Brüel und Gen.: Das Haus der Abgeordneten wolle bes{ließen: Im §. 27 d., 2. Absay die Swlußwerte nah, mit der Mafß- gabe aus" dahin zu fassen: Á „daß das Stimmrecht vorzugêwei]e i i 1) unter den ernannten Mitgliedern einen zum Richteramte befähigten, sofern es dessen zur Beschlußfähigkeit bedarf, 2) im Uebrigen dem Berichterstatter verbleibt. * ferner von dem Abg. von Bismarck (Flatow) : Das Haus der Abgeordneten wolle beschließer. : h Jap 2 des §. 27d. dahin zu fassen: : ie Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefaßt. Bei gerader Stimmenzahl scheidet, wenn außer dem Vorsißenden zwet ernannte Mitglieder anwesend sind, von den leßteren das dem Dienstalter nach jüngste, oder wenn dies von beiden allein zum Richteramt befähigt ist, das ander? aus; wenn außer dem Vor- sitenden nur ein ernanntes Mitglied anwesend e das jüngste ge- wählte Mitglied, welbes nicht Berichterstatter L Der Abg. von Bismardck (Flatow) motivirte seinen Antrag,

ein.

nur das, was die Kommission wolle, klarer zum Ausdruck

bringe. :

__Der Ministerial-Direktor von Zastrow \spra sih gegen diesen Antrag und für den Antrag Brüel aus, der die forrekteste Fassung enthalte.

Unter Ablehnung des Antrags von Bismarck (Flatow) wurde der Antrag Brüel, und mit diesem Zusaß der Para- graph angenommen. EGbenso wurden die folgenden Para- graphen bis 8. 28 incl. unverändert nah dem Kommissions3- vorshlage angenommen, sodann die 88. 1—3.

Zu 8. 4, welcher nah dem Kommissionsvorschlage lautet :

Zur P nag bei den Geschäften der allgemeinen Landes- verwaltung nah näherer Vorschrift der Geseße bestehen für die Provinz am Amtssiße des Ober-Präsidenten der Provinzialrath, v den Regierungsbezirk am Amts}ihße des Regierungs-Präsidenten

er Bezirksaus\shuß, für den Kreis am Amtssiße des Landraths der Kreisaus\{chuß.

An die Stelle des Kreisaus\{chu}ses tritt in den durch die Ge- seße vorgesehenen Fällen in den Stadtkreisen, in welchen ein Kreis- aus\{uß nicht besteht, der Stadtausschuß, in den einem Landkreise angehörigen Städten- mit mehr als 10000 Einwohnern der Ma- gistrat (follegialishe Gemeindevorstand).

In Stadtgemeinden, in welchen der Bürgermeister allein den Gemeindevorstand bildet, treten für die in dem zweiten Absaßze bezeichneten Fälle an die Stelle des Magistrats der Bürgermeister und die Beigeordneten als Kollegium. i bemerkte der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, von Puttkamer, die Regierung sei davon ausgegangen, daß der Provinzialrath in der Selbstverwaltungsmaschine Preußens ein überflüssiges Rad sei. Derselbe seizu einer Zeit entstanden, wo man sih über die Bedeutung des Unterschieds zwischen Provinzial- und Bezirksinstanz nit klar gewesen sei. Die Regierung habe si gefragt, ob es nüglicher sei, den Provinzialrath beî- zubehalten, und damit eine volle Jnstanz füc die städtischen Angelegenheiten in Beschlußsachen, oder ihn aufzuheben und einen Theil seiner Obliegenheiten auf den Provinzialaus\{uß zu übertragen, die Entscheidung über die städtishen Sachen aber dem Ober-Präsidenten, eventuell, wenn derselbe das Urtheil der Unterinstanz ändere, unter Zuziehung des Pro- vinzialausschu}ses. Eine volle Jnstanz liege dann aller- dings niht vor. Die Kommission habe si für die Bei- behaltung des Provinzialraths entschieden. Auch wenn das Haus dem beitrete, werde dies keine grundsäglihe Ab- weihung von dem Standpunkt der Regierung sein, und dem Zustandekommen des Gesehes keine Schwierig- keiten bereiten. Nachdem der Abg. Dr, Brüel und der Referent Abg. Dr, von Heydebrand und der Lasa für den Antrag der Kommission cingetreten waren, wurde der- selbe mit großer Mehrheit angenommen ; desgleichen unver- ändert nah dem Kommissionsvorschlage ohne Diskussion die folgenden Paragraphen bis einschließli §. 7. / Hierauf vertagte das Haus um 12 Uhr die weitere Be-

rathung auf Sonnabend 9 Uhr.

Die im Reiths-Eisenbahn-Amte auf- gestellte, in Nr. 97 des „Reichs - Anzeigers“ veröffent- lichte Uebersiht der Betriebs-Ergebnisse deut- scher Eisenbahnen für den Monat März Di J: ergiebt für die 53 Bahnen, welche au hon im entsprechenden Monate des Vorjahres im Betriebe waren und zur Vergleichung gezogen werden konnten, nachstehende Daten:

(Die preußischen Staatsbahnen und vom Staate für eigene Rechnung verwalteten "Bahnen sind dabei ‘als ein Bahn- komplex+ betrachtet, weil durch die inzwishen eingetretene veränderte Bezirkseintheilung ein Vergleich bei den einzelnen Verwaltungsbezirken nicht durhweg zu ermöglichen war.)

Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war im März d. J.: a, beim Vergleiche der provisorisch er- mittelten Ergebnisse des laufenden Jahres mit dem Definitivum des Vorjahres: im Ganze (mit 29 757,41 km Betriebslänge) bei 38 Bahnen mit zusammen 11 507,52 km höher und bei 15Bahnen mit zusammen 18249,89 km niedriger als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer Betricbslänge bei 36 Bahnen mit zusammen 10 936,83 km höher und bei 17 Bahnen mit zusammen 18 820,58km (darunter 6 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) niedriger, als in demselben Monaie des Vorjahres; b. beim Vergleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse des laufenden Jahres mit den im Vorjahre ermittelten provisorischen Angaben: im Ganzen (mit 29757,41 km Bétriebslänge) bei 47 Bahnen mit zusammen 28 770,38 km höher und bei 6 Bahnen mit zusammen 987,03 km niedriger, als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 45 Bahnen mit zusammen 28 199,69 km höher und bei 8 Bahnen mit zusammen 1567,72 km (darunter 4 Bahnen mit vermehrter Betriebs- länge) geringer, als in demselben Monate des Vorjahres.

Die Einnahme aus allen Verkchréèzweigen war vom 1. Ja - nuar bis Ende März d. J.: A. beim Vergleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse des lau- fendenJahres mit dem Definitivumdes Vorjahres: im Ganzen (mit 29 757,41 km Betriebslänge) bei 39 Bahnen mit zusammen 26 362,64 km höher und bei 14 Bahnen mit zusammen 3394,77 km geringer, als in dem- selben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilo- meter Betriebslänge bei 36 Bahnen mit zusammen 25 732,06 km höher und bei 17 Bahnen mit zusammen 4025,36 km (darunter 7 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) geringer, als in demselben Zeitraume des orjahres; b. beim

Vergleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse mit den im Vorjahre ermittelten provisorischen Angaben: im Ganzen (mit 29 75741 km Be- triebslänge) bei 46 Bahnen mit zusammen 28 837,57 km höher und bei 7 Bahnen mit zusammen 919,84 km ge- ringer, als in demselben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 42 Bahnen mit zusam- men 28 076,56 km höher und bei 11 Bahnen mit zusanimen 1680,85 km (darunter 5 Bahnen mit vermehrter Betriebs- länge) geringer, als in demselben Zeitraume des Vorjahres. Bei den unter Staatsverwaltung stehenden

Privatbahnen, aus\{ließlih der voin Staate für eigene Rech- nung verwalteten Bahnen, betrug Ende März d. J. das ge- sammte konzessionirte Anlagekapital 607 335 600 M (192 157 900 Stammaktien, 55 395 000 Prioritäts-Stamm- aktien und 359782 700 Prioritäts-Obligationen) und die Län ge derjenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 2704,94 km, so daß auf je 1 km 224 528 M entfallen.

Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privatbahnen betrug Ende März d. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 1046196 843 Ab

und die Länge derjenigen Strecken, ür welche dieses Kapi- tal b mmt ist, 6667,22 km, so daß auf je 1 km 184 605 enttaLen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzogli salsen-meiningis e Staats-Minister Freiherr von Giseke ist von Berlin wieder abgereist.

Se. Hoheit der Erbprinz Leopold von An- halt, Premier-Lieutenant im 1. Garde-Dragoner-Regimeut und à la suite des Anhaltischen aaa Nr. 93, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Der General-Lieutenant von Lüderiß, Commandeur der 18. Division, ist zu einem mehrwöchentlichen Aufenthalt aus Flensburg hier eingetroffen.

Wiesbaden, 24. April. Der Kommunal-Landtag beshloß in seiner heutigen 5. Sißung auf die Berichte der Eingabenkommission: 1) eine Eingabe des Central- vorstandes des Gewerbevereins für Nassau dem ständischen Verwaltungsausshusse zur Berücksichtigung bei Revision der Brandversiherungsvorschriflen zu übergeben ; 2) eine Ein- gabe desselben, die Bewilligung einer nochmaligen Beihülfe für den Lokalgewerbeverein zu Limburg betr., ebenfalls dem stän- dischen Verwaltungsausshusse zur möglisten Berücksichtigung bei dem nächstjährigen Etat zu überweisen. 3) Der Jahres- beriht der Handelskammer zu Dillenburg 1881 wurde dankend entgegen genommen und der Bibliothek ein- verleibt. Auf den Bericht der Finanzkommission wurde hin- fihtlih der Vorlage, betr. die Regulirung der Nidda, beschlossen den 4 betheiligten Gemeinden Darlehen aus der Hülfskasse zu billigem Zinsfuße zu gewähren, dabei aber die bestimmte Er- wartung auszusprehen, daß die Gemcinden nun auch mit der Regulirung des Niddaflusses vorangehen werden. Auf die Berichte der Wegebaukommission wurde a. zu der Vorlage des ständischen Verwaltungsaus\{hu}ses, betreffend die Erbreiterung der Biebrich - Rüdesheimer Bezirks3straße im Eingange von Geisenheim, beshlossen zur Tagesordnung überzugehen. b. Eine Beschwerde der Gemeinderäthe zu Ober- brechen und Weyer gegen den ablehnenden Bescheid des Aus- \husses, die Gewährung einer natträglihen Beihülfe zu den Kosten des Baues der Straße von Oberbrechen nah Weyer betreffend, wurde abgewiesen, dagegen beschlossen, denselben 75 Proz. der ganzen Bausumme nah geschehener Nah- weisung zu bewilligen. c. Ueber das Gesuch der Ortsvor- stände von Holzappel u. s. w. um Erbauung einer Straße von Laurenburg über Horhausen nah Montabaur ging der Landtag zur Tagesordnung über. d. Das Gesuch des Ge- meinderaths zu Buchenau um Bewilligung einer Beihülfe zu den Kosten des Baues einer Brücke über die Bahn bei BugGenau wurde an den ständishen Auss{huß zur Versügung abgegeben. e. Das wiederholte Gesuch des Peter Schneider zu Ketternshwalbach um Ersaß des ihm durch die Anlage x. eines fiskalishen Steinbruchs entstandenen Schadens ward an den ständischen Verwaltungsaus\{uß zur Versügung überwiesen. f. Das Gesuch des Gemeindevorstandes zu Weiskirhen um Uebernahme der Unterhaltung der neu ausgebauten Wege- strecke nah Niederuxsel in der Gemarkung Weiskircen auf Kosten des Kommunalverbandes wurde ebenfalls an den ständishen Kommunalauss{uß zur Verfügung abgegeben.

Baden. Karlsruhe, 26. April. (W. T. B.) Großherzog hatte sih heute nah Baden-Baden begeben und Jhren Majestäten der Kaiserin Augusta und der Kaiserin von Oesterreich vor seiner bevorstehenden Ab- reise nah Kissingen einen Abschiedsbesuh abgestattet.

Meck(lenburg. S{chwerin, 26. April. (Mel. Anz.) Einem aus Nizza, 25. April, 7 Uhr 5 Minuten Abends, hierher aufgegebenen Telegramm zufolge hat der Groß- herzog den dortselbst angelangten Deputirten der Residenz- stadt Schwerin, dem Bürgermeister Hofrath Bade und dem Vorsitzenden des Bürgeraus\{husses, Rechtsanwalt Kirchner, gestern Audienz gewährt. Die Deputation hatte sih Seitens Sr. Königlichen Hoheit der huldvollsten und gnädigsten Auf- nahme zu erfreuen. Der Landesherr hat für das programn!- mäßige Zustandekommen der Mecklenburgischen Landes-Aus- stellung das lebhafteste und wärmste Juteresse geäußert und genehmigt, daß der in Ausficht genommene Eröffnungstermin, 1. Juni, aufreht erhalten bleibe.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 27. April. (W. T. B.) Der Landesaus schuß hat gestern Abend, nah mehrstündi- ger Debatte über die Denkschrift, betreffend die Tabadck- manufaktur, mit allen gegen eine Stimme den Antrag der Kommission auf Beibehaltung der Manufaktur ange- nommen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 26. April. (W. T. B.) Wie der „Pol. Corr.“ aus Skutari gemeldet wird, is der bisherige Gouverneur von Skutari, Abdi Pascha, seines Postens enthoben und der in außerordentlicher Mission dort- hin entsandte Mu stafa Assim mit der provisorischen Leitung der Verwaltung beaustragt worden.

27. April. (W. T. B.) Prinz Wilhelm von Preußen ist heute früh hier eingetroffen und am Bahnhofe von dem Kaiser auf das Herzlichste begrüßt worden ; zum Empfange war au der deutsche Botschafter anwesend. Auf dem Perron war eine Ehrencompagntie des Regiments „Deutscher Kaiser“ mit der Fahne und der Regimentsmusil, welhe beim Eintreffen des Zuges die preußische National- hymne intonirte, ausgestellt. Der Prinz, welcher die dster- reichishe Uniform mit dem Stephans-Orden trug, {ritt die Front der Ehrencompagnie ab und fuhr dann gemeinschaftlih Sof s Kaiser im offenen zweispännigen Wagen nach der

ofburg. i

Prinz Leopold von Bayern ist heute Vormittag aus Münden hier eingetroffen und vom Kaiser am Bahn- hof empfangen worden.

Agram, 23. April. Ueber das Resultat der Landtags- wahlen in der ehemaligen Militärgrenze bringt die „Agramer Zeitung“ folgende Mittheilung: „Die nationale Regierungspartei hat dur die Wahlen eine efffektive Verstär- kung von 25 Abgeordneten gewonnen ; ein Bezirk ist ihr noŸ sicher, einer fällt entweder ihr oder der unabhängigen serbischen Partei zu. Jhr zunähst hat die sogenannte Rechtspartei (die Radikalen) fünf Siße gewonnen. Diese leßtere Partei wird demnach im nächsten Landtage dur 13 Stimmen vertreten

(405 194 850 Stammaktien, 155 556 900 Prioritäts-

der nit von den Kommissionsbeschlüssen abweiche, sondern

Stammaktien und 485 445 093 Prioritäts-Obligationen)

sein und daher in dieser nunmehr aus 129 Mitgliedern be- stehenden Körperschaft ein Zehntel ausmachen. Die unab-

Der

hängige Nationalpartei hat nur zwei Stimmen gewonnen;

ck das Gleiche gilt von der unabhängigen serbischen Partei ; fie

in dem zur Hälfte von ihren Glaubensge Lenne ne nigen Eg qu erten (geen ut ie un ene Mer Die Hail ter -cusechlb jede neten wird im ebenfalls zwei betragen.“ rd im nächsten Landtage

Großbritannien und Jrland. London, 26. Apri (W. T. B.) Jn der heutigen Sigung des Unterhauses erwiderte der Unterstaats-Sekretär des Auswärtigen, Lord Fiß- maurice, auf eine an ihn gerihtete Anfrage: die englische Regierung begünstige für den Posten eines Gouver- neurs des Libanon keinen besonderen Kandidaten und sei bereit, die Befähigung einer jeden von der Pforte sür den Posten vorgeschlagenen Persönlihkeit zu prüfen, falls der Sultan das dem jeßigen Gouverneur Rustem Pascha, ertheilte Mandat zurückziehen sollte; die Quali- fikation Bib Doda's sei aber der Regierung zweifelhaft er- schienen. Lord Fißmaurice bestätigte ferner, daß von der egyptischen Regierung prinzipiell die Vertiefung der Hafen- einfahrt von Alexandrien beshloscn worden sei. Jn Beantwortung der von Bourke am vorigen Montag an- gekündigten Anfrage erklärte der Premier Gladstone: er wisse niht, ob eine Konvention zwischen Deutschland, Oesterreich und Jtalien bestehe. Jm Uebrigen verwies Gladstone den Anfragesteller auf die hierauf bezüglichen Kammerreden der österreichish-ungarishen und italienischen Minister und fügte hinzu: er glaube niht, daß die Tran s- aftionen sih auf eine spezielle Frage oder auf eine Reihe von Fragen bezögen. Vom Premier wurde hierauf noch die

ittheilung gemacht, daß die Errichtung des AdLerbau- Comités unter der Vize-Präsidentschaft des Kanzlers des Herzogthums Lancaster mittels Kabinetsordre der Königin morgen erfolgen werde. Das Unterhaus seyte so- dann die Berathung der - Eidesbill fort. Der Premier Gladstone befürwortete die Annahme der- selben und bemerkte: es sei Zeit, die Kontroverse über den Fall Bradlaugh zu schließen. Jn dem nicht nach- denkenden Volke religiöse Vorurtheile zu wecken, sei für die Opposition leicht ; solhe Vorurtheile hätten auch bestanden gegen die Emanzipation der Katholiken und Juden und deren Zulassung zum Parlament. Pflicht ver Parteiführer aber sei es, in solhen Fällen der öffentlihen Meinung voraufzugehen, wenn sie au darunter zu leiden hätten. Die Annahme dér Bill liege im Jnteresse der Religion und der bürgerlichen Freiheit, denn es sei das größte Unglück für den Einzelnen wie für die Nation, wenn unter dem Deckmantel der Religion Ungerechtigkeit geübt werde. Die Debatte wurde \chlicßlich auf Montag vertagt. Bei der zweiten Lesung des Einnahmebudgets beantracte Ecroyd eine Resolution, in welcher ausgesprochen wird, daß es Angesichts des wachsenden Nachtheils, welher sür die englishe Jndustrie aus dem Tarif des Auslandes entstehe, zweckmäßig sei, baldigst die Fesseln der Handelsverträge abzulegen, die Zölle für Roh- stoffe aus den englischen Kolonien aufzuheben und auf die Erzeugnisse des Auslands Eingangszölle zu legen, welche auf- hören sollen, sobald die auswärtigen Nationen die englischen Fabrikate zollfrei zulassen. Der Schaßkanzler Childers be- ämpft diese Resolution und vertheidigt das Freihandelssystem. Northcote erklärte: er könne die Ansichten Ecroyd’'s zwar nicht ganz theilen, meinte aber, daß die Vorschläge diskutirt zu werden verdienten. Die Resolution wurde chließlih ohne Abstimmung abgelehnt und das Einnahmebudget in zweiter Lesung genehmigt.

Bei der heute in dem Dynamitprozeß vor dem Po- lizeigeriht von Bowstreet stattgehabten gerichtlichen Verhandlung bezeugten die Vertreter von vier Fabrikanten- firmen, daß Whitehead sehr große Quantitäten Salpeter- säure, Schwefelsäure und Glyzerin von ihnen gekauft habe.

27. April, Morgens. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, Lord Granville, empfing gestern eine Deputation von Handelskammern, welche die Anlegung eines neuen Suezkfanals verlangten. Der Mi- nister antwortete der Deputation mit großer Zurückhaltung und erklärte: das Kabinet habe diese Frage wohl schon be- rathen, glaube aber nit, daß die von der Regierung in Egypten übernommenen Verantwortlichkeiten es rechtfertigen dürften, sih in Unternehmungen einzulassen, welhe andern-

falls vermieden sein würden. : : Dublin, 26. April. (W. T. B.) Die gerichtliche Verhandlung gegen Fagan, den vierten der wegen des Mordes im Phönixpark Angeklagten, wurde heute fortgeseßt. Mehrere der heute vernommenen Zeugen deponirten, daß der Angeklagte zu der Zeit, wo der Mord stattgefunden habe, nidt im Phönixpark gewesen sei, Der dritte Prozeß gegen Timothy Kelly, bezüglich dessen die Geschworenen \chon zweimal über den Wahrspruch sih nicht einigen konnten,

beginnt am nächsten Montag.

Frankreich. Paris, 26. April. b General-Sefkretär der Präsidentschaft und Chef des Mikitär- staats des Präsidenten Grévy, General Pittié, welcher den Präsidenten Grévy bei den Krönungsfeierlihkeiten in Moskau vertreten wird, ist zum Divif ions: General ernannt worden.

Der Präsident des Senats, Le Royer, hat si estern beim Herabsteigen von der Treppe des Palais Luxem- ourg durch einen Sturz einige Verlezungen zugezogen ; die

lehteren sind zwar nicht erheblih, jedoh wird sich Präsident Le Royer mehrere Tage Ruhe auferlegen müssen. :

Nach einer Meldung aus Moulins hat das dortige Assisenger icht die Anarchisten Guesdes, Lafargue und Dormoy der Aufreizung zum Aufruhr und zum Morde für [ues erklärt und zu sech8monatlihem Gefängniß ver- urtheilt. | /

426. April, Abends. (W. T. B.) Bei der heutigen Berathung der Konvertirungsvorlage im Senat erklärte Chesnelon g (Legitimist): er wolle die Legalität der Konvertirung nicht bestreiten, halte für die Vornahme der- selben aber den gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für geeignet ; au sei zur Deckung des Defizits die Konvertirung nicht aus: reihend. Der Finanz-Minister Tirard gab zu, daß die Ausgaben übertrieben hohe gewesen seien, und daß die Bud- gets von 1882 und 1883 Defizits aufwiesen; deshalb eben aber müsse man Ersparnisse herbeizuführen suhen dur die Konvertirung. Er werde sich bemühen, die Lasten des Budgets zu mindern; die Verhandlungen mit den großen isenbahngesellschaften würden zum Ziele führen und eine Erleichterung der Jahresautgaben ermöglichen. Jm Uebrigen sei die finanzielle Lage keine ungünstige es werde

(W. T. B.) Der

genügen, die Ausgaben einzuschränken. Bocher (rehtes Cen- trum) sprach si tadelnd über die Finanzpolitik der Regierung aus; dur die Konvert:rung werde die Aufnahme einer An- leihe nicht verhindert werden; auf die Amortifirung werde man verzichten müssen. Der Finanz-Minister erwiderte: eine Anleihe sei nur für das Jahr 1884 nothwendig zur Fort- sezung der öffentlichen Arbeiten. Oscar de Vallée griff die Regierung heftig an, weil sie durch Jndiekretionen den Börsenmanövern Vorschub geleistet habe. Der Finanz- Minister wies diesen Vorwurf auf das Bestimmteste zurü. Die Konvertirungsvorlage wurde \{ließlih mit 200 gegen 71 Stimmen angenommen.

27. April. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht das Gesez über die Rentenkonvertirung.

‘Der Staatsrath hat fih dahin ausgesprochen, daß die Regierung das Recht habe, die Gehalte für sämmtliche o aaa id die Bischöfe niht ausgenommen, zu be- eitigen.

Spanien. Madrid, 26. April. (W. T. B.) Der Kriegs-Minister, der wegen der von der Budgetkommisfion beantragten Reduktionen in seinem Budget demissioniren wollte, hat diese Absicht in Folge der ihm von den anderen Ministern gemachten Vorstellungen wieder aufgegeben.

Rumänien. Bukares, 26. April. (W. T. B.) Der König und der Minister des Auswärtigen beabsichtigen, nah hier eingegangenen Meldungen, am nä@{hsten Mittwoch hierher zurückzukehren. Mit denjelben werden der zweite und der dritte Sohn des Erbprinzen von Hohenzollern hier eintreffen.

Rußland und Poleu. St. Petersburg, 27. April. (W. T. B.) Durch Kaiserlichen Befehl an den dirigiren- den Senat wird angeordnet, daß sih ein Theil desselben zeitweilig nah Moskau verlegen soll, um während der Krönungszeit zur Promulgirung von Manifesten, Ufasen und Allerhöchsten Anordnungen wie auch zur Erledigung der laufenden Angelegenheiten anwesend zu sein.

Batum, 26. April. (W. T. B.) Die Besichtigung der Batumer Eisenbahn strecke durch die damit beauftragte Regierungskommission ist heute beendet worden ; wie verlautet, wird dec Verkehr auf derselben gegen Ende dieses Monats eröffnet werden.

Tiflis, 26. April. (W. T. B.) Chartres ift gestern hier eingetroffen.

Amerika. Philadelphia, 26. April. (W. T. B.) Der neu gegründete irländische Nationalkonvent hat sih heute konstituirt. Madame Parnell und mehrere Geistliche, darunter zwei aus Australien, wohnten der Versammlung bei. Pater Dorney wurde zum provisorischen Vorsigenden gewählt. Nach lebhaften Diskussionen über die Reglements wurde die Sizung vertagt.

(Allg. Corr.) Dor neuesten Auflage der amerikanischen „Navy List“ zufolge besien die Vereinigten Staaten 40 hölzerne Schiffe und 13 für den aftiven Dienst equipirte Monitors, außerdem ein Dußend Dampfer und Segelschiffe, die aber für unverzüglihe Verwendung niht geeignet sind. Der „Tennessee“, eine hölzerne Fregatte, das Flaggshif des das atlaniishe Geschwader befehligenden Admirals ist das einzige Schiff 1. Klasse. Die übrigen Schiffe besißen eine Tragfähigkeit von weniger als 200 Tonnen und gehören der 4. Klasse an. Das Off iziercorps der amerikanischen Marine um- faßt 1 Admiral, 1 Vize:Admiral, 10 Contre-Admirale, 24 Commodore, 49 Kapitäne, 90 Kommandanten, 80 Lieutenant-Kommandanten und 277 Lieutenants, außerdem 13 Ober- Zahlmeister, 10 Inspektoren, 43 Zahlmeister, 30 Hülfs- Zahlmeister und 42 Contrc-Admirale außer Dienst. Der neueste Zuwachs der amerikanischen Flotte ist der Monitor „Terror“, der im vorigen Monat vom Stapel lief und 800 000 Doll. gekojet hat. Das Fahrzeug ist 250 Fuß lang, 56 Fuß breit, und die Thürme sind mit Stahlkanonen armirt. Der Admiralitätsrath hat au den Bau mehrerer Kreuzer autorifirt, die in der Tragfähigkeit von 2750 bis 4300 Tonnen variiren, 270 Fuß lang und 42 Fuß breit sein und jeder mit neun 6zölligen Kanonen armirt sein sollen.

_ Affrika. Egypten, Kairo, 26. April. (W. T. B.) Rie verlautet, wird der englishe General-Konsul Malet noch etwa 2 Monate auf seinem hiesigen Posten verbleiben und voraussihtlich sodann als englischer Gesandter nah Brüsßsel verseßt werden. Die für Egypten aus3gearbeitete Verfassung, für welhe man die Bezeihnung „Charte Egyptienne“ aufgegeben hat, weil Egypten kein unabhängiger Staat ist, soll in der nächsten Woche veröffentlicht werden, wenn niht noch Schwierigkeiten entstehen, die dadur her- vorgerufen werden könnten, daß der Khedive die Prärogative verlangt, den geseßgebenden Rath durch Dekret einzuberufen und zu vertagen, während Lord Dufferin diese Jnitiative dem Ministerrathe belassen will. 0

Der Herzog von

Zeitungsstimmen.

__ Die in München erscheinende „Allgemeine Zeitung“ bringt eine Reihe von Artikeln über das Thema „Staat und Gefellschast“. Dem neunten dieser Artikel entnehmen wir folgende Stellen:

_,_._. Auch die Pariser, überhaupt die französischen Arbeiter, haben ihre Hülfs-, Kranken- und Unterstützungskassen in manchen Gewerben, gerade wie in Deutscland, wo die Knappschaftskassen der Montan- arbeiter das älteste Muster bilden. Auf die Verallgemeinerung dieser Solidarität, mit Hinzuziehung der Arbeitgeber und des Staats, dem jedenfalls die Oberaufsicht zukommen soll, arbeiten gegenwärtig Frank- reih wie Italien hin. Das große Wort ist indessen in Deutschland ausgesvrochen worden: „Versiherung!* Zwei Geseyzentwürfe wurden dem Reichstag vorgelegt, einer über die Krankenversicherung, der andere über Unfallunterstüßung. Der erstere ist jet seit einigen Tagen im Plenum Gegenstand der Berathung, der leßtere soll j bald als mögli in dasselbe Stadium gebracht werden. Nachher steht die Invaliden- und Altersversorgung in Aussicht. Fürst Bismark besteht mit der ihm eigenthümlichen Entschiedenheit auf Erledigung der beiden ersten Vorlagen in nächster Zeit. Man mag da von Hintergedanken, von dem Treffen zweier Fliegen mit einer Klappe, reden so viel man Lust hat; man kann namentlich das Steuerideal des Reichskanzlers kritisch bemängeln immerhin ist da taatlicherseits ein Finger oder eine Hand geboten, welche man er- greifen sollte, um die on oder den Arm nachzuziehen 7

Auch die Sozialdemokraten haben Unrecht, wenn es ih bestätigt, daß sie in Kopenhagen beschlossen, auf die \ozialpolitishen Vorlagen des Reichskanzlers nicht einzugehen. Was thâte man im Reichstage, wenn man solce Vorlagen kurzweg von der Hand wiese, anstatt sie zu dehnen und zu strecken, selbst auf die Gefahr hin, das Mehr vorläufig niht zu erreihen. In solchen Fällen sext man die

Zauderer einfa ins Unré§t, àppellirt an die Zukunft, sagt wenigstens was man wolle.

Wir nannten die „Versicherung® ein „großes Wort.“ Und hier vorab die Begründung dieses Ausdrucks. In der Forderung der „Versicherung“ von Hunderttausenden liegt das Bekenntniß ein- geschlofsen, daß diese Hunderttausende niht im Stande sind, sh für Gegenwart und Zukunft selbst sicherzustellen, daß das gutmüthige Arxiom der stationâren Oekonomik: der Lohn der Arbeit muß aus- reihen zur Erhaltung des Arbeiters und seiner Familie, sowie zur Ansammlung eines Sparpfennigs für seine alten Tage, einfach eine Unwahrheit ausspricht. Mit den Fällen der Vers{wendung oder do der Nichtsparsamkeit, der mögliben und doch unterlassenen gemein- samen Selbsthülfe verhält es sih auf ökonomishem Gebiet gerade so, wie mit dem Leichtsinn und der Liederlichkeit auf fittlibem. .

Die „Deutsche Konsulats-Zeitung“ vom 25. d. M. berichtet vom deutshen Waarenmarkt:

Im niederrheinish-westfälischen Industriebezirk sind die Be- stellungen in Baueisen zum Frühjahcsbedarf in so großem Maße eingegangen, daß verschiedene der betreffenden Etablissements für längere Zeit voUlbeseßt sind und neue Aufträge nur bei Bewilligung ausgedehnter Lieferfristen zu übernebmen in der Lage sind. Auch in Stabeisen macht sich eine von Woche zu Woche steigende Nah- frage bemerkbar und niht minder in Blechen aller Art. Die Walzeisenpreise sind zwar fest, aber leider zu niedrig, als das ein befriedigendec Gewinn verbliebe. SFn Walzdraht liegen bedeutende Ordres für den Erport zur Erledigung vor, die den betreffenden Drahtwalzwerken für mehrere Monate ausreichende Beschäftigung bieten, Doch sind die Exportpreise wegen der ausländischen Konkur- renz sehr gedrücdt. Das deutsche Fabrikat gewinnt im Auslande immer mehr an Beliebtheit und finden si daber auch in englischen Bericbten immer häufiger die Klagen über Verdrängung der eng- lishen Produkte dur deutsche Werke von Märkten, die von England bisher au3\ch{ließlid beherrsdt wurden. Die Stahlindustrie ist fort- dauernd flott beschäftigt und wegen umfangreiher Bestellungen au in der Lage, den bestehenden Betrieb bis in den Spätsommer fortzu- seßen. In leßter Zeit sind auch wieder na längerer Pause Sub- mission2ausschreibungen von Bedeutung Seitens verschiedener Cisen- bahnen erfolgt. Die Maschinenfabriken erfreuen ih fortdauernd einer reichlichen Beschäftigung, au zumeist lohnender Preise, und rentiren daher besser wie seit Jahren. Kesselshmieden und Gießereien sind ebenfalls befriedigend beschäftigt, doch klagen leßtere andauernd über geringe Preise. Die Waggonfabriken haben noch reiblibe Bestellungen in Händen, cbenso die Etablissements, die si mit der Herstellung von Waggonbeslägen beschäftigen.

S E „Baugewerkszeitung“, das Organ der Ber- liner Baugewerksmeister, schreibt : Die Straßen der alten

Die Bautbätigkeit ist in vollem Gange.

Stadttheile füllen sich mit Baugerüsten zum Abpuß und Umbau der Häuser, denn im Innern der Stadt werden hauptsächlih die Häuser neu bekleidet und angestrihen, auch wohl Umbauten vorgenommen, welche den gesteigerten Ansprüchen der Miether Rechnung tragen sollen. Hier und da wird auh ein Neubau vorgenommen, der nah Einführung der_neuen Bauordnung nicht mehr gestattet sein würde, in den neueren Straßen, besonders im Westen, giebt es da- gegen fast nur Neubauten, welche mit wenigen Ausnahmen allen An- forderungen in Bezug auf Lit, Luft, Wasser und Eleganz ent- sprechen. Ist sona die Privat-Bauthätigkeit gegen die Vorjahre eine entschieden gehobene zu nennen, so tritt die öffentliche Bau- thätigkeit gegen früher zurück. Dem ist es au wohl zuzuschreiben, daß ein Mangel an Arbeitskräften und ein Oöbergehen der Bau- materialien nirgend bemerkbar ist, und Strikes sich glückliher Weise nicht gezeigt haben.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ hat E d 24. April, eine Zuschrift erhalten, in welcher es heißt:

Wiederholt wurde von mir auf die rege Bewegung hingedeutet, welche in Sachsen für die Wiederauflebung des Janung®8wesens herrs{cht. Bisher konnte ih nur über einzelne Fälle der Neubegrün- dung bezw. Reorganisation von Innungen berichten, heute liegen mir jedo summarishe Zahlen vor, welche zeigen, wie bedeutend diese Bewegung in den Handwerkskreisen is. Auf Anregung des Reichsamts des Innern in Berlin veranstalteten die höheren sächsischen Verwaltungsbehörden Erhebungen über die Zahl der bis zum 1, Dezember 1882 im Königreich Sachsen neu errichteten, reorganisirten, in der Neuerrichtung und in der Reorganisation begriffenen Innungen nach dem Gesez vom Juli 1881, Diese Erhebungen haben ergeben, daß bis zum 1. Dezember 1882 in Satsen 13 Innungen neu errichtet waren, von 29 neu zu errichtenden lagen die Statuten bereits den Verwaltungsbehörden zur Bestätigung vor, 8 Innungen waren reorganisirt, 32 hatten noch die Statuten zum Zwecke der Reorganisation ein- gereiht. In Verhandlungen mit den Behörden waren getreten zum Zweke der Neuerrichtung 14, zum Zwecke der Reorganisation 91. Bei 56 Innungen war demnach die Neueinrichtung, bei 131 die Re- organisation in Angriff genommen worden. Seitdem ist aber die Bewegung zu Gunsten der Innungsbildung im Sinne des oben er- wähnten Geseßes- noch bedeutend fortgeschritten. Was sagen die Gegner des Geseßes vom 12. Juli 1881 bez. der Zwangsinnungen gegenüber den vorstehenden Zahlen. Es sollte ihnen doch wohl eîin- leudten, daß diese Bewegung nicht mehr zurückzuhalten ist.

Statistische Nachrichten.

Na Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 15. April bis inkl. 21. April cr. zur Anmeldung gekommen: s Enden, 789 L2ebendgeborene, 38 Todtgeborene, 641

erbefälle.

O Dem LXVIII. Bande der preußischen Statistik entnehmen wir über die Sterbefälle im preußishen Staate, daß sih die allgemeine Sterbeziffer im Jahre 1881 auf 26,5 vom Tausend der Bevölkerung stellte. Unter 1009 Gestorbenen befanden fi 523,7 männliche und 57,7 Todtgeborene, sowie 228,3 Knaben und 198,8 Mädchen von 0 bis 5 Jahren. Der Antheil der Männer an der Sterblichkeit (1867: 521 pro Mille) stieg im Kriegs- jahr 1870 bis auf 5392 und dann von 1872—76 von 516,2 auf 531,1, fiel demnähst aber bis 1881 f\tetig auf 523,7. Dementsprecbend sank die Ziffer der Frauensterblihkeit von 479 in 1867 auf 460,8 in 1870, stieg bis 1872 auf 483,8, sank dann bis 1876 auf 468,9 und steigerte ih dann bis 1881 allmählih wieder auf 476,3 pro Mille. Seit dem Jahre 1874 bis 1880 bestand mehr als die Hâlfte aller Verstorbenen aus Todtgeborenen oder vor Voll- endung des fünften Lebensjahrs verstorbenen Kindern, während in den Jahren 1867—73 und 1881 die Zahl der erwachsenen Verstorbenen die größere war. Unter je 1000 im Jahre 1881 Todtgeborenen waren durscnittlich 561,48 männlichen und 438,52 weiblihen Geschlechts, unter je 1000 nach der Geburt, aber vor Vollendung ihres fünften Fahrs Verstorbenen waren 534,62 Knaben und 465,38 Mädchen. Unter den Gestorbenen befinden si verhältnißmäßig mehr männliche Personen als unter den . Geborenen, und namentlich in den ersten fünf Lebenéjahren sowie vor der Geburt fällt ein sehr starker An- theil der Gestorbenen auf das männlihe Ges{lecht. Bei den ver- heiratheten und geschiedenen Männern trifft die stärkste Sterblichkeit das Alter von über 40 bis 50 Jahren, bei den verwittweten das Alter über 80 Jahre; bei den verheiratheten Frauen bilden die im Alter von 30 bis 40 Jahren verstorbenen, bei den Wittwen die mehr als 80 Jahre alten, und von den Dae die 40 bis 50 Jahre alten den stärksten Antheil an der Sterblichkeit. Bei denjenigen Ghen, die im Jahre 1881 in den ersten 5 Jahren ihres Bestehens dur den Tod gelöst wurden, starb in der Mehrzahl der Fälle die

Frau zuerst, hogegen starb in der 5 bis 20 jährigen Ehe, die der Tod trennte, der Mann zuerst, und mit größerer Wahrscheinlichkeit, je