1904 / 93 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 Apr 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Großhaudelspreise vou Getreide an außerdeutschen Börseuplätzen

für die Woche vom 11. bis 16, April 1904 nebst entsprehenden Angaben für die Vorwoche.

Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistishen Amt.

1000 kg in Mark. (Preife für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)

Woche| Da-

11./16. | gegen April | Vor- 1904 | woe

118,46] 120,20 156,80| 159,42

98,00| 100,60 138,06| 138,11

W Roggen, Pester Bode Seen, Rhe e Hafer, ungarischer I. . Gerste, \lovakische Budapest.

Roggen, Miitelware 108,66 etzen, 2 138,91 Hafer, n 94,08 erste, Futter» 99,71

109,20 139,77 94,20 99,74

Odessa.

VLOOOeN, (L D 2 ke S Weizen, Ulka, 75 bis 76 kg das hl. .

Mtg:a.

Roggen, 71 bis 72 kg das hl ABEen, 0 G Paris. O

j F, |

lieferbare Ware des laufenden Monats | I Antweryen. |

Varna . 131,84/ Donau, mittel 135,89)

Ua 137,92) Weizen 4 Odessa .

89,58 116,96

91,89 119,81

102,50 130,10

102,16 130,34

120,15

Noggen | 180,06

Weizen

132,92 135,93 137,96 142,01 149,15 142,50 142,01

l 140,35| Californier . 148,06| Rana.

L 141,00 Bombay, Club weiß .

140,35) Amsterdam. | 107,21 116,08| 126,96) 143,18)

109,58 117,23 128,31 144,53

Roggen St. Petersburger

j

| L Odessa- Weizen i amerikanisher Winter- .

London. Produktenbörse (Mark Lane)

Weizen | A wes _ englisches Getreide,

Mittelpreis aus 196 Marktorten (Gazette averages)

Liverpool.

russischer Californier L Varier Kansas Nr. 2 Manitoba ¿ La Plata ( Kurrachee, 1: Kalkutta engl. weißer

143,05 137,47 130,26 117,95

126,73

143,05 138,58 130,65 118,55 126,27

afer

Weizen l erste J

154,91) 159, 13) 145,29 164,54 144,11) 141,29 145,52 | 131,43| 123,08|

96,22

154,91 159,13 147,39 166,17 146,23 141,54 145,98 131,43 123,08

96,22

Weizen

Hafer Z Gerste, Mahl- .

143,49] 133,70) 126,16

145,99 133,97 124,83

Weizen, Lieferungs8ware |

September Neu York. roter Winter- Ne. 2. j Mat Lieferungsware { Juli . | September Buenos Aires. Weizen, Durchschnittsware, ab Bord Rosario . .

164,06| 147,21 140,86) 130,91

162,46 148,48 141,93

Weizen | 129 96

117,60

Bemerkungen.

1 Imperial Quarter is für Weizen an der Londoner Pro- dukftenbörse = 504 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Umsäten an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durchschnittspreise für einheimisches Getreide (Gazette averages) is 1 Smperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. angeseßt. 1 Bushel Weizen = 60 Pfund engl.; 1 Pfund engl. = 453,6 g; 1 Last Noggen = 2100, Weizen = 2400 kg.

Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung find die aus den einzelnen Tagesangaben im „Neichsanzeiger“ ermittelten wöchentlihen Durchschnittswechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und Neu York die Kurse auf Neu York, für Odessa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurfe auf diese Pläye. Preise in Buenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie.

Dentscher Reichstag. 70. Sißung vom 19. April 1904. 1 Uhr.

Tagesordnung: Fortseßung der zweiten Beratung des Reichshaushaltsetats für 1904 bei dem Etat für das Auswärtige Amt ‘und dem zum ersten Ausgabetitel : „Ge- halt des Staatssekretärs“, gestellten, im Wortlaut bereits mit- geteilten Antrag des Abg. Münch-Ferber (nl.)

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet. Nah dem Antragsteller nimmt das Wort der

Abg. Dove (fr. Vgg.): Mit der allgemeinen Tendenz des An- trages, unseren Export im Auslande zu fördern und dazu gute Fnforma- tionen zu benußen, werden wir wohl alle einverstanden sein. Aber was der Antrag will, steht mit dessen Wortlaut in einem sehr geringen Zusammenhange. Wenn der Antragsteller auf Amerika verweist, so würde das eber für die Errihtung einer Zentralstelle \sprechen; und die Fragen der Handelsverträge wiederum liegen doch auf einem anderen Gebiete. Der Antrag nimmt in anderer Form den Ge- danken der R Cme im Auslanve wieder auf. Sein Hinweis auf die gleichartige Einrichtung Englands und Nordamerikas ist nicht so zugfräftig wie er glaubt ; denn die betreffenden Zahlen sind keines- wegs befonters impojant. Deutsche Handelskammern gibt es in Brüssel und Bukarest: was uns der Antragsteller von ihnen berihtet, spricht

118,49, |

eigentli nit für feinen Antrag. Beide Organisationen stehen auf eigenen Füßen, find frei von jeder amtlichen Bevormundung ; eine staatliche Unterstüßung würde diesen Charakter durchaus verändern. Immerhin ift der Wunsh des Antragstellers durchaus berechtigt, unsere Konsuln in engere Verbindung mit den Handelskreisen zu bringen, um die Beschaffung von Informationen zu erleihtern und zu erweitern. Dem Handelstage hat der Antrag in der heutigen elastisheren Form nicht vorgelegen. Es is gegen ihn nichts einzu- wenden, soweit er die Bedürfnisfrage als Bedingung stellt; es bleibt nur die Unklarheit, wer über diese Bedürfnisfrage entscheiden soll. Verständigerweise würde das Bedürfnis zu bejahen sein nur von denjenigen, die im Auslande selbst tätig find. Jedenfalls dürfte die Regierung nur zögernd auf diesem Gebiete vorgehen; ih kann mir auh nicht recht vorstellen, wie die Einstellung in den Etat geschehen foll. Unseren Export künstlich „groß zu ziehen, ist auch nicht ersprießlih; wir Eiben hon jeßt eine Menge Erxporteure, die besser die Finger davon ließen. Wenn der Antragsteller von dem Antrag auch eine Stärkung des Selbständigkeits- und Unabhängigkeitsgefühls N en im Auslande erwartet, so habe ich auch da meine leisen weifel.

Abg. Blell (fr. N Ich stehe auf dem Standpunkt, daß deutsche Handelskammern im Ausland wünschenswert sind, daß man sie aber nit künstlih hervorrufen, sondern sie aus der Jnitiative der beteiligten Kaufleute entstehen lassen soll. Für ein möglichst freund- lihes Verhältnis zwishen ihnen und den beteiligten deutshen Be- hörden bin ih stets eingetreten; natürlich gehört dazu guter Wille auf beiden Seiten. Unsere Konsuln wenden fich selbstverständlich an die ihnen bekannten deutschen Kaufleute an ihrem Amtssißz, wenn sie Informationen über Handel und Verkehr einziehen wollen, und bis jeßt haben sie in dieser Beziehung freie Wahl. Daß jemals eine geforderte Auskunft verweigert worden wäre, ist mir niht bekannt. Wie sollen nun diese „Beiräte“ zustande kommen? Sollen sie ge- wählt werden, soll der Konsul sie selbständig zuziehen? Soll er au nah wie vor sich an andere Informationsquellen wenden dürfen ? Dann würden doch diese Beiräte eigentlich sofort wieder überflüssig sein. Wie der mir Morde a4 Grundgedanke des Antrages ver- wirkliht werden soll, ijt mir also nicht ganz deutlich.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen:

Ich möchte zunächst dem Herrn Abg. Dr. Dove Dank sagen für die Worte der Anerkennung, die er hier dem Konsularkorps des Deutschen Reichs gewidmet hat, und die im Gegensaß stehen zu einer Beurteilung, die dasselbe vor einigen Tagen in diesem hohen Hause, meines Erachtens, und wie der Herr Reichskanzler bereits ausgeführt hat, ohne ausreichende Begründung, erfahren hat. Wenn der Herr Abg. Münch-Férber uns als besonderes Vorbild für konsularische Tätigkeit die amerikanischen Konsuln vorführte, so will ih gewiß in keiner Weise die Verdienste verkleinern, die die amerikanischen Konsuln für ihr eigenes Land haben. Aber er wird mir zugeben, daß sie in einem Punkt, den er selbs besonders hervorgehoben hat, den amerikanischen Vertretungen überlegen sind, d. h. in dem Punkte der Stabilität. Denn unsere Konsuln bleiben im großen Durchschnitt immer länger auf ihren Posten als die amerikanischen Konsuln, deren Wechsel oft dur die politischen Verhältnisse hervorgerufen ist.

Außerdem is es merkwürdig, daß, wie uns hier der Herr Abg. Münch-Ferber die amerikanishen Konsuln als besonderes Beispiel vorgeführt hat, gerade in der amerikfanischen Presse wiederholt die deutshen Konsuln und die deutshen Konsulate als Muster vorgeführt worden find. (Hört, hört! Sehr richtig! links.) Meine Herren, das ist kein vereinzeltes Urteil; auch in anderen Ländern werden das deutshe Konsulats\ystem und die deutshen Konsuln als zu den besten in der ganzen konsularischen Vertretung gehörig bezeichnet. Ih habe hier ein französishes Blatt von diesem Jahre, L’Aurore, zur Hand, welches „eine längere Abhandlung über das Konsularwesen mit fol- genden Worten beginnt :

Es ist heute eine allgemein anerkannte Tatsache, die der fran zósishe Kaufmann bereits seit langem zum eigenen Schaden beobachten mußte, daß das seit 25 Jahren stetig zunehmende Blühen des

deutshen Handels und Hand in Hand damit der deutschen Jnduftrie

im Auslande auf die Tätigkeit der deutschen Konsuln zurückzuführen ist. Die deutschen Konsuln betrachten tatsählich die kaufmännische Seite als die wichtigste ihres Berufs. Sie halten sich über die Gebräuche und Bedürfnisse des ihrem Einfluß zugänglichen Gebiets auf dem Laufenden und sind so imftande, ihren Landsleuten in allen Handelsfragen nußtzbringende Auskunft zu erteilen.

Das ift die Beurteilung, die unsere Konsuln im Ausland erfabren. Aber au im Inland stehen wir niht ganz ohne Dank da, wie Sie aus einigen Aeußerungen auch in der Presse annehmen könnten. I habe hier z. B. einen Brief eines Fabrikanten aus einer mittleren Fa- brikstadt Deutschlands, welcher sagt :

Da der Inlandsmarkt seit vorigem Spätjahr sehr ruhig war in meiner Branche, so wandte ih mi in einem höflihen Schreiben an die hauptsächlichsten deutishen Konsulate des Auslands und der überseeischen Länder mit der Bitte um Auskunft über die jeweiligen Marktverhältnisse und um Aufgabe von kreditwürdigen Firmen der Juwelen-, Gold- und Silberwarenbranche, behufs Anknüpfung von Geschäftsverbindungen durch illustrierte Kataloge. Jun prompter und gefälliger Weise erhielt ih bereitwilligst von den 100 Konsulaten, an die ih mich gewandt hatte, jedmöglihe Auskunft. Jch ftatte daher gerne an dieser Stelle den Herren Konsuln meinen herzlichen Dank ab.

Dies im allgemeinen.

Was die Frage betrifft, die hier augenblicklich den Gegenstand der Beratung bildet, so wissen Sie, daß vom Auswärtigen Amt Stellung gegen die Errichtung von deutshen Handelskammern im Ausland genommen worden ist. Dies beruhte nihi \o sehr auf sac- lichen, als auf formellen Motiven. Ein Staat hat das Recht, in anderen Staaten amtliche Behörden zu errichten, nur insoweit, als es sich um Gesandtschaften handelt, die also dur Uebergabe der Akkredi- tive des Chefs die Anerkennung des Staats finden, oder auch dur Errichtung von Konsulaten, bei denen die Anerkennung dur das Exe- quatur erfolgt. Eine weitergehende Berechtigung hat ein fremder Staat nicht, es sei denn, daß besondere Verträge ihm dazu das Recht geben. Wenn also wirklihe Handelskammern im Auslande gebildet würden, so wäre das ein Eingriff in die Nehte des Staats, wo die Handels- kammern ihren Siß haben. Der Name Handelskammer ist in vielen Ländern verknüpft mit einem amtlihen Charakter solher Behörden, und es ist, wenn Handelskammern im Auslande mit nichtamtlicher Qualität gebildet werden, gewissermaßen eine falsche Flagge, unter der gesegelt wird, weil das Publikum denkt, daß es sih da um fremde Behörden im eigenen Lande handelt.

Das ift einer der Gründe, warum wir“ uns immer gegen die Errichtung von Handelskammern im Auslande ausgesprochen haben, weil damit in dem fremden Lande der Glaube erweckt würde, es sei da eine deutshe Behörde gebildet, und wir trügen die Verant-

wortung für alles, was von der Handelskammer geschieht. Wenn pu in Deutschland selbst fremde sogenannte Handelskammern gehi "1 haben, so haben wir darüber hinweggesehen, aber unsererseits amtl z Beziehungen zu ihnen nicht aufgenommen, vielmehr die Behörde, nad in Verkehr mit ihnen treten lassen. 4

Der zweite Grund ist auch formeller Natur. Aber ex qr tief hinein in das Konsulatswesen. Das .ist die Gefahr, ‘daß nad i Erfahrungen, die mit vielen Handelekammern im Auslande gem p sind, sehr leiht ein Gegensaß geschaffen wird zwischen derart Handelskammern und der amtlihen Konsularvertretung der Gend staaten. Derartige Differenzen wachsen sich sehr leiht aus, und t lig uns daher sehr viel daran, die Möglichkeit solcher Differenzen V vornherein zu beseitigen. Daß diese Gefahren selbst bei den wer Handelskammern, die bisher von deutscher Seite errichtet wothy sind, nicht ausgeblieben sind, zeigt Ihnen {hon ein Bli auf hy leßten Jahresberiht der Brüsseler Handelskammer, in welchem f; eine sehr scharfe und meiner Ansicht nah dort fehr unangebrzy Kritisierung der deutshen Konsuln befindet. J Münch-Ferber in wesentlich veränderter Gestalt vor. Die jy Hauptbedenken, welche wir gegen den früheren Antrag hatten, fut beseitigt. Der Name „Handelskammer“ ist fallen gelassen, y

jeßige „Beirat“ soll dem Konsul beigegeben, also unterstellt wet

fi

damit ist die Möglihkeit von Differenzen zwischen Beirat und §1 f - edenen ge Mi Ih stimme yy], ständig überein mit den beiden leßten Rednern, den Herren Abgg. D, F und Blell, daß man sich nicht allzuviel davon versprechen darf. 9, was die Handelskammern bisher getan haben, das wird von einem qul N

beseitigt. Infolgedessen werden von uns wesentliche Bedenken diesen Antrag Münch-Ferber niht mehr erhoben.

Konsul auch geleistet werden. Aber auf ter anderen Seite möhte ih mij

dem nicht verschließen, daß der Wunsch in weiteren Kreisen dahin gelt unsere Informationéquellen im Auslande möglihs\t zu stärken, und ü j will in keiner Weise bestreiten, daß an einzelnen Orten geeignet M

Elemente \ich finden werden, um in einem derartigen Beirgt dn

Konsul zur Seite zu stehen und dem Konsul vielleicht die Möglichkt :

zu geben, sich noch mehr Informationen zu verschaffen, als es biöhn der Fall war. Vom Standpunkte des Auswärtigen Amts würde alis gegen die Bereitstellung einer kleinen Summe kein Bedenken erhobn

werden, um in geeigneten Fällen die Funktionen eines sol{en Beirat E zu erleihtern. Falls der Reichstag also den Wünschen zahlrei E

Handelskammern in dieser Beziehung sh anschließen sollte, würd wir versuchen, das Institut lebensfähig zu machen.

stimmen. i 3 ( 1 ziehung vom Auslande nicht überflügeln zu lassen.

niht vorliegen. Der Staatssekretär meinte, man solle von ter T; keit dieser Beirâte nit allzuviel erwarten. Ich glaube immer daß diese Einrichtung das Einvernehmen zwishen uns und dem As

[ande verbessern und die Konsuln in den Stand setzen wird, uns Wi darauf Gewi legen, daß wir zu angemessenen Handelsbeziehungen zu Amerifa w i Wir haben nicht einmal ein Meistbegünstigungsverhältnit Wi

sondere Informationen zu schaffen. Wir müssen langen. Amerika.

Abg. Dsel (Zentr.): Die Tätigkeit unserer Konsuln u Handel8attahés war bisher nit zu verachten, und der Naridtm

apparat darf nicht zu schr kompliziert werden. Leider fehlt es 14

in unserer Handelsfstatistik an Nachrichten über den indirete Warenaustaush zwischen Deutshland und dem Auslande. Di Konsuln und Attachés sollten der Frage nachgehen, welche War indirekt durch den Zwischenhandel eingeführt werden. Wenn wit darüber zuverlässige Nachrichten erhielten, könnten wir dien Zwischenhandel aushalten. Wie steht es eigentlich um die Rechtélazt zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten? Eine Handel vertragésdebatte will ih nicht heraufbeschwören. boden ist eigentliß immer noch der alte preußis-amerikanish Vertrag vom Jahre 1828, Die Gültigkeit diefes Vertrages if wiederholt von der Union bestritten worden. Grund, auf einen siheren Nechtsboden zu kommen. seits wurde bestritten, daß der Vertrag Anwendung finde auf q

1 : : L U Z gat Ï Deutschland. Die Artikel 5 und 9 sichern Deutschland nit einn

die Meistbegünstigung. Ih Frage den Staatésekretär, ob diese lu sicherheit nicht in Zukunft beseitigt werden kann. Die Landwirlsdut hat das größte Interesse, über die Getreidepreise mögli umfa reiche und schnelle Auskunft zu erhalten, um dana ihren eigent Umsatz regeln zu können. Die bisherigen anmtlihen Autkünft reihen nicht aus, auch nicht die des Getreidemarktes. Vielleidt könnten die betreffenden Gelehrten ihre Tätigkeit au einmal in da Dienst einer anderen Nichtung als der freihändlerischen stellen.

Siaatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. von Nichthofen:

Der Herr Vorredner hat uns einige Aufgaben gestellt, von dena

ih sagen muß, daß fie niht ganz leiht zu erfüllen sind. Zunitt

hat er den Wunsch geäußert, daß wir doch Ermittelungen über indirekten Export und Import anstellen sollen. Versuche in ditt Richtung sind {hon in weitem Umfang gemacht worden, zu eint greifbaren Resultat aber haben sie bisher niht geführt, und i fürhte, daß au, wenn unsere Konsuln dazu noch mehr herangezo! werden, es doh nicht gelingt, den indirekten Export und Jm genau festzustellen. Aber ih gebe dem Herrn Vorredner vollstän

recht darin, daß ohne den Mangel einer derartigen Statistif

Statistik für Import und Export im ganzen, besonders aber al die jeßige Feststellung der Handelsbilanz noch bedeutend wertbell sein würde.

Die zweite Aufgabe, die er uns gestellt hat, ist die Berit i.

erstattung über Getreidepreise, die au für die Zukunft gelten sollt Das, muß ih sagen, ist eine sehr s{chwere Aufgabe. Aber wenn l eine bessere Berichterstattung über die Getreidepreise der Vergangt heit meint, so werde ih nicht unterlassen, mich mit dem Herrn Stad sekretär des Innern und dem Herrn preußischen Landwirtschaftsminill in Verbindung zu seßen.

Was die Nechtslage gegenüber Amerika betrifft, so möchte mich bloß auf die Erklärung beziehen, die der Herr Graf von P dowsky im vorigen Jahre an dieser Stelle abgegeben hat.

Abg. Kaempf (fr. Volksp.): Am 19. Januar d. J.

U handelten wir hier die Interpellation wegen der Tätigkeit der Poli

agenten in Deutschland; damals wurde auch die Behandlung Stan angehöriger jüdishen Glaubens in Rußland besprohen. Diese A handlung hat in weiten Kreisen Aeegang und Erbitterung her gerufen. So schr vom Standpunkt der Menschlichkeit bedauert! verurteilt werden muß, wie die russishe Regierung ihre eigenen jüdi[W Untertanen behändelt, wir können uns hier nicht darüber auéla}! weil der Staatssekretär sich sofort auf seine Inkompetenz zurüzit könnte. Die Mangelhastigkeit der E Judengeseßgebl wird neuerdings felbst von den russischen Behörden anerkannt, „bis zur Beendigung des Krieges" ift eine mildere Praxis empfotl

Jeßt liegt der Anti i

(Bravo!) V E es uns gelingen wird, kann ich allerdings nicht unbedingt versyre«, W ( Predi, M Abg. Graf von Kaniß (d. kons.): Die Bedenken, die wir frülg i gegen diesen Antrag hatten, sind geschwunden, und wir werden für j W Wir müssen alles daran seßen, um uns in dieser L, 1 J Die Gefahr eiu Wi Bureaukratisierung würde nah unserer Meinung bei diesem Bein

Der jetzige Reh M

Wir haben dana all Amerikanisde Mi

‘Freiherr M

. Aber die Behandlung deutscher Staatsangehöriger in Nuß- E auf einem anderen Blatte. Da kommen die Verfassung und der Handelsvertrag mit Rußland in Betracht. Die deutsche Reichsverfassung gewährleistet allen Reichsangehörigen dem Auslande gegenüber den gleihen Shuß, und der Handelsvertrag kennt keinen Unterschied des Glaubens. Kommt aber ein Jude, der nah Rußland reisen will, auf das russishe Konsulat, um *\ich den Paß visieren zu lassen, so wird auf diesen das russishe Wort für Hebräer oder Fude geschrieben, und wehe dem deutschen Juden, der \ich mit solhem Paß der russishen Grenze nähert! Für ihn gilt das Wort, das Dante über das Höllentor geschrieben hat: Lasciate ogni speranza!’! Der deutsche Jude muß dort sür die Erlaubnis, kaufmännische Ge- häftsreisen zu machen, 800 statt 300 Rubel zahlen, und dabet ist ihm noch eine ganze Reihe russischer Provinzen verschlossen. So werden einfach die Bestimmungen des Handelsvertrages illusorisch gemacht. Feder Unbill, jeder Schmach, jeder Demütigung ist er ausgeseßt von dem Augenblick an, wo er die Grenze überschritten hat, bis er das gastlihe Land wieder verläßt. In Kiew darf er nur in Hotels vierten Ranges logieren. Die s{chlimmsten Beispiele von Polizeischikanen werden aus Warschau und aus anderen russischen Städten gemeldet. (Redner trägt einige davon im Einzelnen vor.) Ganz besondere Verhältnisse bestehen in Südrußland im Gebiet der Don-Kosaken; ¡bér die Behandlung, die dort dem deutshen Judeu zu teil wird, scheinen selbst unsere Konsularbehörden nicht ausreichend unterrichtet zu sein. Ein deutsher Großkaufmann aus München erkundigte sich heim deutshen Konsul in Rostow, ob er sich ohne Fährlichkeit zum MWolleinkauf nah Rostow begeben könne. Der Konsul antwortet aug- weichend und verweist an das Generalkonsulat in St. Petersburg, das nach München erwidert, daß es nit rätlich scheine, {hon zu dem ange- gebenen Termin dorthin zu reisen; die Kosaken hätten zunächst ein Gutachten abzugeben und der Kriegsminister entsheide dann end- gültig. Die Sache brachte noch weitere unglaublihe Scherereien mit ih. Wenn einer s{ließlich als einer der größten Wolleinkäufer die Aufenthaltserlaubnis erhält, fo geht es denen, die das niht von sich sagen können, weit {limmer. Bekanntlich sind auch schon vielfach Fälle vorgekommen, wo nach Nußland engagierte Erzieherinnen ihre Stelle nit antreten konnten. Selbst deutshe Gelehrte sind nicht in der Lage, nah Rußland zu reisen, weil ihnen das Paß- visum nicht erteilt wird, wenn sie jüdisher Religion sind. Zu dem Aerztekongreß in Moskau war ursprünglich nur nichtjüdishen Aerzten der Zutritt gestattet ; erst auf Druck vom Auslande wurde diese Regel durchbrochen. Nun wird man uns ent- gegenhalten, die-deutschen Juden könnten niht erwarten, in Nußland bcsser behandelt zu werden als die russishen Juden; man verweist ja sogar auf eine analoge Bestimmung des Völkerrehts. Alle diese Einwürfe halte ich für unberehtigt nach der Verfassung und dem Handelsvertrag; wie Rußland seine Juden behandelt, mag [eine Sache setn. Im Verhältnis zum Ausland gibt es bei uns nur Deutsche, niht deutshe Christen und deutshe Juden. Jch hoffe, daß bei den

bevorstehenden Handel8vertrags8verhandlungen der Staatssekretär diese

Grundsätze zur Geltung bringen wird, damit das stolze Wort von der Saalburg: Civis Germanus sum, nit Halt zu machen brauche vor der Grenze des russischen Reichs.

Abg. von Böhlendorff-Kölpin (d. kons.): Ein Angehöriger meines Wahlkreises is im Burenkriege in Südafrika \echs E in englischer Haft gehalten worden, obwohl ihm nicht nachgewiesen werden konnte, daß er den Buren Hilfe geleistet hatte. Sein Schadensersaßanspruch ist abgewiesen worden, weil der betreffende Besißer der Farm sich seiner niht erinnerte. Das Auswärtige Amt wird hoffentlich in eine wohlwollende Prüfung der ihm von neuem unterbreiteten Sache eintreten; ih bitte, sich energisch der Interessen dieses Reichsangehörigen anzunehmen. H

Abg. Dr. Müller - Meiningen (fr. Volksp.): Diese Fnts shädigungsfrage ist seit drei Jahren niht vom Fleck gerückt. Die deutshen ReichLangehörigen, die absolut neutral geblieben sind, können noch immer niht zu ihrem Rechte kommen. Ein Artikel der „Kölnischen Zeitung“ hat behauptet, daß diefe Ansprüche vor einer Kommission zum Austrag gekommen und teilweise anerkannt worden find; es scheint, daß diejenigen, die ihre Ansprüche be- weisen konnten, zufriedengestellt worden scien. Diese Zeitungs- nachriht ist niht erwartet worden; ih behaupte ihr gegenüber, daß von 12 Millionen Ansprüchen nur 850000 Æ oder 99/9 oder noch weniger anerkannt worden sind, dèr Rest aber ist ohne Angabe von Gründen abgewiesen worden. Ein Rechtsanwalt Alfred Lach- mann aus Berlin war wegen s{werer Krankheit nah Südafrika ge- gangen und hatte sich dort als Rechtsanwalt niedergelassen. Er wurde gemein behandelt, von einem Offizier wegen seines Deutsch- tums verhöhnt, in Kapstadt zweiFahre interniert, kam um sein ganzes 11 000 #6 betragendes Hab und Gut und hat durch das Generalkonsulat keinen roten Heller bekommen. Jh empfehle diesen Fall der besonderen Aufmerksamkeit des Staatssekretärs. Wider alles Staats- und Völkerreht sind die Deutshen im Oranjestaat über- haupt nicht ents{chädigt worden, und zwar in ihrer Eigenschaft als Orangeburen wie als Deutsche. Auch dagegen follte das Auswärtige Amt eintreten. Ferner sind die Ansprüche der Evangelischen Missions- gesellshaft Berlin T ohne irgend welhe Angabe von Gründen abge- wiesen worden. Die streng loyale und neutrale Haltung unseres Auêwärtigen Amts sollte die englishe Regierung doch vor einer ein- seitigen Behandlung der Sache bewahren. Vielleiht \{hickt das Auswärtige Amt einen Spezialkommissar nah London, um die Ent- s{ädigungsansprüche unserer Landsleute zu vertreten, und zwar nicht allein in Südafrika. Wir sind Gegner eines krankhaften Chauvinismus, aber in Vertretung deutscher Interessen lassen wir uns von keiner Partei übertreffen.

Freiherr

Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr.

von Nichthofen:

Meine Herren! Wenn ih zunächst die Frage wegen Samoa be- antworte, so ist es ja bekannt, daß Seine Majestät dec König von Schweden und Norwegen, welcher das Schiedsrihteramt über diese zwishen Deutschland einerseits und England und Amerika ander- seits \{chwebende Streitfrage übernommen hatte, die Frage in thesîi zu Gunsten des Deutschen Reichs entschieden hat. Seine Majestät der König Oscar hat jedoch die einzelnen Schadensersaßansprüche nicht festgestellt, sondern diese Frage einer etwaigen zukünftigen Ent- scheidung vorbehalten. Es sind darauf ‘Verhandlungen von uns mit den beiden anderen Mächten geführt worden, um, wenn mögli, zu einem Arrangement über die Höhe der uns von leßteren zu zahlenden Entschädigung zu gelangen. Die Gesamtsumme der deutschen Entschädigungsansprüche betrug 112 000 Dollars. Bisher haben sich die englishe und die amerikanische Negierung auf Grund ihrer Berechnung bereit erklärt, zusammen die Summe von 25 000 Dollars zu zahlen. Dieses Angebot is von unserer Seite als nicht ausreichend erahtet worden, und dies ist den beiden anderen Mächten mitgeteilt worden. Wenn wir auf diesem direkten Wege nicht zu einer Lösung der Frage kommen sollten, würden wir noch einmal Seine Majestät den König von Schweden und Norwegen anzugehen haben. Es hat sich übrigens hierbei wieder gezeigt, daß das Schieds8gerichtsverfahren zu einer s{hnellen Erledigung der Fälle niht beiträgt; es ermögliht zwar eine friedlihe und s{ließlich auch zu allseitiger Beruhigung ausfallende Lösung, niht aber eine {nelle Lösung.

Was nun Südafrika betrifft, so verstehe ich volllommen die Schmerzen, die {on hier ausgesprohen worden sind. Ihr Urgrund liegt in der Auffassung der englishen Regierung von dém Nechts- standpunkt, die wesentlich abweiht von der, die die Herren Redner hier vertreten haben, Die englische Regierung ist der Ansicht,

nicht zu irgend einer Ent-

daß sie völkerrehtlih überhaupt daß sie daher ihre Leistung

schädigung verpflichtet sei, und lediglich ex gratia erfolgen lasse. Dementsprehend hat sie eine Anzahl von Grundsäßen für die Bemessung der Ent- shädigungen festgestellt. Sie hat von der Entschädigung aus- geschlossen erstens alle diejenigen Fremden, die Bürger des Transbvaal- staates oder der Oranjerepublik gewesen sind, gleichviel, ob sie daneben eine andere Staatsangehörigkeit besessen haben oder nit, zweitens alle, die sich nah Ansicht der englischen Regierung irgendwie cines Neutralitätsbruchs \huldig gemacht haben, und drittens alle Aktien- gesellschaften und Gesellshaften überhaupt. Unter diese leßte Kategorie fallen die eben erwähnten Schäden, die den Missionsgesellschaften er- wachsen sind; dagegen haben die einzelnen Missionare, wo die Sache danach lag, Entschädigungen erhalten.

Es sind im ganzen 532 deutsche Ansprüche angemeldet worden, wovon 283 durch die zuständige britische Kommission in Pretoria ab- gewiesen worden sind. Abgewiesen sind unter den 283 u. a. wegen Neutralitätsbruchßs 68 und wegen niht genügenden Nachweises der Reichsangehörigkeit 55. Andere Neklamanten sind wesentlih deshalb abgewiesen worden, weil sie den Burenstaaten als Bürger angehört haben. Der Geldwert der gesamten deutshen Forderungen belief ih auf 11 Millionen Mark. Hiervon sind einschließlich der auf die britishen Militärempfangs\ceine gezahlten Beträge 1832 000 M zu- gebilligt worden, also rund 16 9/6. Hierauf sind bisher etroa F ange- zahlt worden, das leßte Drittel steht noch aus.

Nun ist in einer der vorigen Sitzungen behauptet worden, daß die anderen Länder ganz andere Resultate erlangt hätten. Demgegen- über möchte ih konstatieren, daß Italien 16 °/, Frankrei 9 9/6, Ruß- land 2, Holland 8, die Türkei 11, die Schweiz etwas mehr, nämlich 209% fie war durch unseren Bevollmächtigten mitvertreten —, erlangt hat. Wir haben selbstverständlich im Interesse der deutschen Reklamationen getan, was in unseren Kräften stand. Einer derjenigen Fälle, - in denen es nicht möglich war, die Forderung durchzusetzen, ist einer von denen, die der Herr Abg. Graf RNeventlow letzthin hier erwähnt hat, nämli der Fall Diehl. Diehl war zunächst beschuldigt, einen Burendepeschenreiter beherbergt zu haben; er wurde verhaftet, aber gegen eine Kaution von 50 Pfund freigelassen; diese Kaution ist ihm nicht, wie Herr Graf Reventlow hier sagte, einbehalten, sondern dur Vermittelung des Kaiserlichen Generalkonfuls in Kapstadt zurüd- gezahlt worden. Diehl ist von der Kommission, soweit fich hat fest- stellen lassen, abgewiesen worden, weil er seit mehr als 10 Jahren Transvaalbürger gewesen ist. Nach ihrer vorhin erwähnten Rechts- auffassung hat die englishe Regierung den Schadensersatz abgelehnt.

Etwas anders liegt der Fall Tilemann, den der Herr Graf NReventlow ebenfalls erwähnt hat. In diesem Falle behauptet die englische Negierung, Dr. Tilemann, der als Arzt bei der deutsch- belgischen Ambulanz tätig gewesen is, habe {ih eines Neutralitäts- bruchs dadur s{uldig gemacht, daß er bezahlter Burenarzt gewesen sei. Außerdem habe er eine Zeitlang zwei englische Ambulanzwagen geführt, die den Engländern von den Buren fortgenominen worden waren, und im allgemeinen ist vielleicht noch nachteilig für den Ne- flamanten in die Wagschale gefallen, daß im südafrikanischen Kriege mit dem Noten Kreuz Mißbräuche getrieben worden sind, die bei den Engländern ein gewisses Vorurteil gegen einzelne Ambulanzen be- gründet haben. Jedenfalls glauben wir, daß, da Dr. Tilemann die tatsählichhen Vorgänge bestreitet, in diesem Fall noH na Möglichkeit versuchi werden muß, eine Abänderung der Entscheidung herbeizu- führen, welche die Central Judicial Commission in Pretoria ge- fällt hat.

Gbenfo liegt der Fall Nadmann, der soeben vom Herrn Abg. von Böhlendorff erwähnt wurde. Auch da ist angenommen worden, daß Nadmann sih eines Neutralitätsbruchs \{huldig gemaht Hat, Man hat ihn verhaftet und später auf Kosten der englishen Regierung nach Deutschland geschafft. Wir werden versuchen, au diese An- gelegenheit weiter zu betreiben.

Es ist ferner vor einigen Tagen hier gesagt worden, daß wir in der Wahl der Vertreter wenig glücklich gewesen wären. Wir haben zunächst einen recht tüchtigen Juristen nah Südafrika abgesandt, um die deutschen Ansprüche sowohl in tatsähliGer Beziehung als auch juristisch im einzelnen vorbereiten zu lassen. Nach allem, was wir gehört haben, ist diese sehr mühsame Arbeit gut und zweckentsprehend durchgeführt worden. Wir haben dann mit der Vertretung der Reklamationen den Vizekonsul Neimer beauftragt, und da möchte ih gerade für diesen außerordentlich fleißigen und tüchtigen Beamten noch besonders be- merken, daß nah unserer Ansicht sein Auftreten vor der Kommission in Pretoria sehr geschickt und sahgemäß war. Wir haben auch von privater Seite Urteile darüber. So liegt mir hier ein Schreiben vor, das der Vertreter einer großen Kammgarnspinnerei, der sih lange in Südafrika aufgehalten hat und au geshäftlich dort tätig war, dessen Neklamation übrigens nur zum Teil anerkannt worden ift, an uns gerichtet hat. Jn diesem Schreiben heißt es :

Ich habe Gelegenheit gehabt, den Herrn Konsul Reimer in Natal persönlih kennen zu lernen, und bin erstaunt gewesen, in welhem Grade besagter Herr beim ersten zufälligen Zusamme n- treffen auf der Straße und Erwähnung meines Namens mit meiner Angelegenheit und der von mir vertretenen Kammgarn- spinnerei vertraut gewesen ift.

Herr Konsul Reimer hat mir seinerzeit die gewünschten Aus- fünfte, soweit es in seiner Macht lag, in liebenswürdigster und sahlicher Weise gegeben und Nat erteilt, und glaube ih annehmen zu dürfen, daß die Bearbeitung der Shaden®8ersattansprüche momentan niht in besseren Händen liegen könnte,

Das ist das Urteil eines Interessenten. Nach allem, was wir über die Tätigkeit des Konsuls Reimer gehört haben, glauben wir das als gut verbürgen zu können, was er getan hat. Im übrigen werden einzelne Fälle noch an Ort und Stelle aufzuklären und die von Neklamanten eingereihten Beschwerden gegebenen Falls vor die etwa zu shaffende Appellinstanz in Südafrika zu bringen sein. Diejenigen Fälle, die auch auf diesem Wege keine befriedigende Lösung finden, werden wir auch der Anregung des Herrn Vorredners entsprechend, diplomatisch in London weiter zu betreiben versuhen. Es ist zweifel- los, daß in diesen Dingen die unmittelbar Betroffenen schwer zu leiden haben, aber eine {nelle Erledizung solher Schadenersatzangelegen- heiten hat sich leider fast niemals erzielen lassen, weder von uns, noch au von anderen Staaten.

Ih möchte bei dieser Gelegenheit noch einen Punkt berühren, nämlih einen Vorwurf, den der Herr Abg. Graf Reventlorw hier in Form einer persönlißen Bemerkung am Schlusse einer der leßten

Sizungen ausgesprochen hat. Er hat von einem „traurigen Verhalten“ des Konsuls Nels gesprochen und gesagt, der Herr Reichskanzler würde wohl wissen, worum es sich dabei handle. Wir haben uns erst fragen müssen, welcher Vorfall wohl in Frage stehen könnte, und sind {ließlich auf nichts anderes gestoßen, als auf eine Verhandlung, die im De- zember 1900 hier: stattgefunden hat, und in der Konsul Nels beschuldigt wurde, daß er im Juli 1900 bei der Massenausweisung von Aus- ländern aus Pretoria nit genügend in Tätigkeit getreten wäre. Jh habe damals folgendes gesagt:

Die Massenausweisung hat am 13. Juli Abends stattgefunden ; am 14. Juli früh hat der Konsul Nachricht erhalten; er hat sich sofort ins Gefängnis begeben, viele der Leute vernommen und alle Ermittelungen angestellt, damit die Bürgschaft, welche der Konsul übernehmen follte, daß die Leute einwandsfrei und mit genügenden Existenzmitteln versehen seien, in möglichst vielen Fällen von ihm gegeben werden konnte. Am 15. Juli bekam er die Nachricht, daß der ganze Transport Nachmittags 2 Uhr abzugehen habe. Es haben ihm also nur 30 Stunden zu Gebote gestanden mit einem geringen Personal, und wenn Sie das in Betracht ziehen, werden Sie die Leistung des Konsuls nach den Ziffern, die ih Ihnen mitteilen werde, als besonders befriedigend betraten.

Diese Ziffern sind folgende: Es sind freigegeben worden von 46 damals verhafteten Deutschen 26. Ferner hatte der Konsul Oesterreih-Ungarn, die Schweiz und Italien zu vertreten. Von 73 verhafteten Oesterreihern und Ungarn hat er 12 frei bekommen, von 2 Schweizern 1, von 75 Ftalienern 20, im ganzen von 196 Festgenommenen 59, Auf Veranlassung des französischen Konsuls waren von 6 verhafteten Franzosen 4, von 80 Russen 4, von 15 Griechen 5 freigelassen, im ganzen von 101 Verhafteten 13. Auf Veranlassung des Konsuls der Vereinigten Staaten von Amerika wurden von 8 Verhafteten 2 freigelassen. Von 12 Niederländern wurde keiner freigelassen, weil der nieder- ländische Konsul von der Militärbehörde niht rechtzeitig benachrichtigt wurde. Abgesehen von dieser danach nicht in Betracht kommenden Ziffer find durch die Bemühungen des deutschen Konsuls freigekommen 569% der verhafteten Deutschen, 30 0/4 aller sciner Schutbefohlenen, durch die des französishen 12 und des Konsuls der Vereinigten Staaten 25 9%.

Daran möchte ih erinnern, andererseits aber auch bemerken, daß diese meine Aeußerungen aus Kreisen des AlldeutsWen Verbandes selbst Zustimmung erhalten haben, von dem damals die Klagen aus- gegangen waren. Denn die Ortsgruppe Johannesburg hat dem Konsul Nels eine Chrenerklärung ausgestellt, in der es ausdrück:ich heißt :

Daß der Konsul in der Zeit vom 14. zum 15. Juli 1900 alles getan hat, was in seiner Macht stand, und daß es ihm ge- lungen sei, von allen dortigen Konsuln den höchsten Prozentsaß von Schutzbefohlenen vor der Ausweisung zu bewahren.

Das isstt der Fall, den der Herr Abg. Graf zu Neventlow als ein „trauriges Verhalten" des Konsuls dargestellt hat.

Ich möchte bei diesem Anlasse folgendes herorheben : Das Ansehen der Konsuln draußen und unserer Vertreter im allgemeinen wirkt zurü auf die Stellung jedes einzelnen Deutschen im Auslande, und ih möchte auch diesem hohen Hause anheimgeben, die Stellung unserer ausländischen Landsleute niht dadur zu s{hädigen, daß grundlos ein Vertreter des Deutschen Reichs beshuldigt wird, seine Pflicht vernah- lâssigt zu haben.

Abg. Graf von Kaniß: Ih möchte Beshwerde führen über die Paßvorschriften für den Verkehr auf dem Niemen von Memel bis Kowno. Früher durfte eine ganze Schiffsmannschaft auf einen Pas die Grenze überschreiten. Im vorigen Jahre wurde verordnet, daß jeder Schiffer für fi allein einen Paß haben muß Diese Vor- rift ist um fo beshwerliher, als der Paß recht kostspielig ist, nämlich vier Rubel kostet. Bei der jeßigen Leutenot fällt diese Belästigung durch das Paßwesen fehr ins Gewicht. Es findet auch eine Differenzierung insofern statt, als die russisßen Schiffer bei uns solcher Belästigung nicht unterworfen sind. Viel- leiht würde es wirken, wenn den Russen dieselbe Belästigung an- gekündigt würde, zumal da jährlich 40- bis 42 000 rufsishe Schiffer die Grenze passieren. Meine zweite Beschwerde bezieht ih auf die Ershwerung unserer Wareneinfuhr nach Rußland. Mit den Befug- nissen der russischen Zollämter ist es außerordentli verschieden best: llt, es gibt fechs verschiedene Arten. In unseren Verhandlungen mit Nukland sollte dem Bedürfnis des Grenzverkehrs mehr echnung getragen werden. Für die deutshen Erporteure ist es sehr mißlich, daß sie ihre Waren nur an wenigen Punkten über die Grenze bringen können, während den Ruffen unsere ganze Grenze offen steht.

Stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrat, Direktor im Auswärtigen Amt von Frantzius: Meine Herren! Jch erlaube mir, auf die südafrikanishe Angelegenheit noch einmal zurückzukommen, um auch den Fall Lahmann zu besprechen, den der Herr Staatssekretär zur Sprache zu bringen übersehen hat, und er hat mih beauftragt, ibn noch zu erwähnen. Der Fall Lahmann genießt unsere vollste Sympathie. Wir nehmen an, daß hier niht bloß ex gratia, sondern auhch völkerrehtlich die englishe Regierung zu einem Ersaß verpflichtet ist, weil in diesem Fall die Festnahme und die Abführung des Herrn Lachmann in die Kriegsgefangenschaft ohne jede militärische Notwendigkeit geshah. Wir haben der großbritannishen Regierung keinen Zweifel darüber gelassen, wie wir die Sache auffassen. Die Verhandlungen {weben indefsen nock, und wir bofen, daß, wenn wir ihr noch weiter die Umstände des Falles und wie die Sache liegt, auseinandersezen, es uns gelingen wird, fie noch zu einer Anerkennung der Ansprüche zu bewegen. Sodann find von einigen Herren russische Paßbeshwerden zur Sprache gebraht. Was zunächst die Paß- beshwerde betrifft, die Herr Abg. Graf von Kaniß besprach, fo ist mir diese neu; ih habe heute zum ersten Male von ihr gehört, und soweit ich im Augenblicke feststellen konnte, ift sie uns völlig un- bekannt. Wir werden natürlih bemüht fein, sofort festzustellen, was ihr zu Grunde liegt, und Abhilfe zu schaffen, soweit es möglich ift, um diesen braven Schiffern den Verkehr und den Betrieb ihres Ge- werbes nah Möglichkeit zu erleichtern. Was die andere Paßs angelegenheit betrifft, nämlich die Behandlung der Juden in Rußland, so kann ih niht das Gleiche bebaupten, daß wir nichts von diefen Be \shwerten wüßten : sie find sehr häufig und regelmäßig eingegangen. Der Herr Abg. Kaempf hat mir die Erwiderung infofern erleichtert, als er bereits die Bestimmungen des Handelsvertrags verlesen hat, auf die es ankommt. Jh möchte von diesen Bestimmungen nur eine etwas mehr be« tonen als er; das ift Artikel 1, Absay 2, des Vertrags, worin es beißt, daß durch die vertragsmäßigen Bestimmungen die besonderen G. seze, Erlasse und Verordnungen auf dem Gebiete des Handels, der Gewérbe und der Polizei nicht berührt werden, die in jedem der beiden vertrags schließenden Länder gelten oder gelten werden und auf alle Ausländer Anwendung finden. Zu diesen Bestimmungen rechnet die russi Regierung auch die Gesehgebung über die Juden. Der Herr A geordnete hat bereits erwähnt, daß die Juden in Rußland nicht die gleichen Rechte genießen wie die Nichtjuden, und daß fie mannig} faltigen Aufenthaltsbes{ränkungen unterworfen sind. __ Diese Bes schränkungen gelten in gleiher Weise für die ausländischen wie die inländischen Juden, und zwar für alle. Es ist gelegentlih wohl einmal behauptet worden, daß England oder Amerika ih folche {lehtere