1904 / 94 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Apr 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Rang und Bezüge der Ersten Staatsanwälte zu verleihen. Diefer Antrag fand aber niht die Zustimmung des Landtags; vielmehr wurden damals vier Zulagen, wie sie auch jeßt wieder in Ausficht genommen sind, von 600 A für die Abteilungsvorsteher bewilligt. Bei Beratung der Regierungsvorlage über die Be- soldungserhöhung im Jahre 1897 stellte in der Kommission der Abg. Friedberg an die Staatsregierung die Frage, weshalb diefe Zulagen für die Abteilungsvorsteher für Berlin 1 nicht auch für die größeren Provinzialstaatsanwaltschaften bewikligt seien. Es wurde ihm darauf erwidert, die Regierung könne die Funktionszulagen nit für zweckmäßig erahten und habe deshalb davon abgesehen, diese Ein-

rihtung auf die Provinz zu übertragen. Dabei hat sich der Abg.“

Friedberg beruhigt.

Es geht aber aus seiner Anfrage hervor, daß er damals wenigstens wie ich annehme, als Vertreter der Partei, der er angehört, nicht abgeneigt war, eine Gleichstellung der Verhältnisse zwischen den großen Provinztalstaatsanwalts{aften und der Staatsanwaltschaft beim Landgericht 1 hier anzuerkennen, und das, was für die Staats- anwaltschaft beim Landgericht T hier damals galt, auch auszudehnen auf die großen Staatsanwaltschasten in der Provinz.

Im Jahre 1902 ift es nun der Königlichen Staatsregierung ge- lungen, den Landtag zu überzeugen, daß die bestehende Einrichtung beim Landgericht T den Bedürfnissen niht entsprach, daß hier eine wirksame Abhilfe nur dann geschaffen werden könne, wenn die Ab- teilungsvorsteher Rang und Bezüge der Ersten Staatsanwälte be- kämen. Seitdem sind hier befriedigende Zustände eingetreten: die Abteilungsvorsteher beim Landgericht T rangieren mit den leitenden Ersten Staatsanwälten bei den anderen Staatsanwaltschaften. Es ist gelungen, für die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht I einen bewährten Landgerichtsdirektor und einen bewährten Ersten Staats- anwalï aus der Provinz zu finden, die bereitwillig in diese Abteilungs vorsteherstellen eingetreten sind. Es hat seitdem kein Wechsel in den Personen der Abteilungsvorsteher stattgefunden, und es ist auch bisher noch von keinem der Herren der Wunsch an mi herangetreten, seine Stellung wieder mit einer anderen zu vertaushen. Es besteht seitdem Hier eine energishe, ges{lossene Leitung in den vers schiedenen Abteilungen, die dem Ersten Staatsanwalt, der bier den Titel Oberstaatêanwalt führt, die erforderliche Erleichterung bietet.

Meine Herren, bei Annahme des Antrages der Kommission würden fich zweifellos dieselben Verhältnisse in den Provinzen wieder- holen, die si bei dem Landgericht 1 als dem Zwecke nicht entsprehend gezeigt haben. Der Antrag würde nur zur Folge haben, daß die Staats- regierung in der Lage wäre, dem ältesten Beamten bei diesen großen Staattanwaltschaften, ganz gleihgültig, ob er von besonders hervor- ragender Tüchtigkeit wäre oder nicht, eine Zulage von 6€0 ( zu gewähren. Die Zulage allein würde aber nicht den Neiz ausüben das haben wir hier in Berlin erlebt —, daß die tüchtigsten Beamten der Staats- anwaltschaft sich um diese Stellungen bewerben, und auf keinen Fall würde sie, wenn man solche tüchtige Leute troß alledem gefunden hâtte, ausreichen, um diese Beamten in ihrer Stellung dauernd zu er- halten. Diese Herren würden vielmehr, sobald es sich um die Be förderung in die Stelle eines Ersten Staats8anwalts oder eines Land- geritédireftors oder eines Oberlandesgerichtêsrats handelt, fich darum bewerben, und diese Bewerbungsgesuche würde man nicht zurückweisen

Also damit erreichen wir nihts. Deshalb glaube id), daß nichts anderes übrig bleibt, wenn wir den greßen Staats8anwaltschaften helfen wollen, als es in derjenigen Form zu tun, twoie es hier bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht T geschehen ist, und wie es die Vorlage von Ihnen verlangt, also durch Bewilligung von Beamten mit dem Gehalte der Ersten Staatsanwälte als Abteilung8vorsteher.

Wenn der Herr Neferent bemerkt hat, daß in der Kommission hervorgehoben ist, die Verhältnisse auch bei den größten Provinzial- staatsanwaltschaften ließen sich doch immer noch nit mit denen von Berlin vergleichen, so ist das in gewissem Sinne richtig. Sie sind aber wohl zu vergleichen mit den Verhältnissen, wie sie vor Jahren hier in Berlin bestanden haben. Im übrigen wird der Berschiedenheit dadur Rechnung getragen, daß bei jeder von den fünf großen Staatsanwaltschaften, die hier in Frage kommen, nur ein einziger Abteilungsvorsteher von Ihnen verlangt wird, nicht, wie das hier in Verlin gesehen ift, von vornherein vier und jet fünf Abteilungs- vorsteher.

Die Bedeutung der Behörden, um die es ih handelt, und ihre Beamtenbesezung ist Ihnen aus der Uebersicht, die von dem Herrn Referenten vorgetragen worden ist, klar geworden. Sie sehen, um welchen umfassenden Beamtenkörper es sih handelt, und i glaube, es bedarf gar nit der Ausführung, daß dem Leiter dieser Behörde etwas Unmögliches zugemutet wird, wenn man von ihm verlangt, daß er allein die ganze Verantwortlichkeit für alles trägt, was unter seinem Namen in die Welt geht. Er bedarf zuveclässiger, älterer Staats- anwälte zu feiner Unterstützung; sonst kann er die Verantwortlichkeit niht tragen.

Und die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft, meine Herren ih habe bereits bei der ersten Lesung darauf hingewiesen -, greift so tief in das Leben ein, und jeder Fehlgriff, den die Staatsanwaltschaft be- geht, ist von so unangenehmen Folgen, daß es wirklih gerechtfertigt wäre, sich nicht von fkleinlißen Gesichtspunkten in dieser Beziehung leiten zu laffen, sondern den Anträgen der Königlichen Staatsregierung stattzugeben. Wie die Herren ja wissen, ist vielfah die vorläufige Entscheidung über Freiheit und Ehre in die Hände der Staatsanwalt- [haft gelegt; sie ist in der Lage, Anklagen zu erheben, die vielleiht bei näherer Prüfung \sich nicht als haltbar erweisen; sie ist in der Lage, Verhaftungen vornehmen zu lassen, deren Berechtigung später in nit seltenen Fällen doch wohl mit Grund

angezweifelt wird. Das alles führt dahin, daß man im all- gemeinen Interesse nur tüchtige Beamte dort verwenten kann.

Meine Herren, es ist vielfah davon die Rede, daß die Staats- anwalts{chaft eine bevorzugte Stellung gegenüber den Verteidigern habe. Das ist unzweifelhaft richtig: soweit es ih lediglih um die Tätigkeit der Staatêanwaltschaft innerhalb des Gerichts\aales handelt. Anders ist es, meine Herren, sobald die Sache an den großen Bereich der Oeffentlichkeit kommt. Wenn einem Staatsanwalt einmal irgend eine Entgleisung passiert ist in einer einigermaßen sensationellen Sache, dann erhebt sich alébald eine große Bewegung in der Presse, dann hôrt die bevorzugte Stellung der Staatsanwaltschaft auf; sie vers- wandelt fich in ihr Gegenteil. Die Herren Rechtsanwälte haben es da viel besser. Denen passieren auch Entgleisungen; dana fkräht nicht Huhn noch Hahn, tas geht stillschweigend vorüber. Auch dieser Umstand führt dahin, daß man mit voller Vorsicht bei der Beseyung

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der Staatsanwaltschaft. vorgehen sollte, um sie auf ihrer Höhe zu erhalten. Es liegt aber die Gefahr vor und darin sind die sämt- lihen Oberstaatsanwälte, die ich zum Bericht über diese Frage aufs gefordert habe, einig —, daß \ich die Staatsanwaltschaft deshalb in einem gewissen Rückgange befindet, weil bei ihr die Aussichten auf Beförderung si sehr ungünstig gestaltet haben und weil die tüchtigsten jungen Elemente für den Nahwuchs bei der Staatsanwaltschaft nicht mehr immer zu haben sind. Wir verfügen augenblicklich noch aus den älteren Jahrgängen über eine große Zahl ganz bcsouders tüchtiger Staatsanwälte, die mit vollem Necht eine Beförderung erwarten und verlangen können. Die Verhältnisse liegen aber bei ihnen so, daß. die Hoffnung darauf eine recht geringe ist; und daß ih infolgedessen dieser Herren eine gewisse Mutlosigkeit, eine Unfreudigkeit im Amte bemächtigt hat, ist für die Führung der Geschäfte und für die ganze weitere Entwickelung unseres Strafverfahrens von entschicdenem Nach- teil. Falls etwa der Grundsay durchgeführt werden sollte, daß die Staatsanwälte nur in der Staatsanwaltschaft selbst zu befördern wären, während die höheren Stellen im Richteramte, Senats- und Landgerichtspräsidentenslellen lediglih den rihterlihen Beamten vor- zubehalten wären, so würde sich nach dem Ihnen vorliegenden Etats- entwurf ergeben, daß diese höheren Stellen für die Oberlandesgerichts- râte und Direktoren einen Prozentsaß von 24,13 ausmachen, dagegen für die Ersten Staatsanwälte, für die nur die Oberstaatsanwälte in Frage kommen würden, 12,73. Also die Chancen würden für die Ersten Staatsanwälte nur halb fo günstig sein, wie für die gedahten richterlihen Beamten. Das führt mit Notwendigkeit dazu, daß man auch Beamte der Staatsanwaltschaft in höhere Richterstellen berufen muß, taß man sie berücksichtigen muß bei der Beseßung der Präsidentenstekllen ebenso wie bei der Besetzung der Direktoren» und Oberlandesgerichtsratsstellen die Staatsanwält- unterer Ordnung. Das ist mehrfach gesehen. Da hat man dann von einer Bevorzugung der Staatsanwaltschaft bei diesen Be- förderungen gesprohen. Ich kann mit dem besten Wissen sagen, daß eine solhe Bevorzugung nicht eingetreten ist. Man sagt, Staatsanwälten sind so und soviel, von der Gesamtheit der Richter so und foviel befördert. Das ift kein rihtiger Maßstab. Für d!e Beförderung komat nicht die Gesamtheit in Betracht, sondern nur diejenigen Beamten, die sih durch besondere Qualifikation in ihrem Amt ausgezeihnet haben und deshalb von ibren Vorg seßten vors geschlagen werden. Das gilt für die Staatsanwaltschaft w!e für die richterlihen Beamten. Da wird nah Maßgabe Dienft alters dieser Beamten geprüft, wer die nächsten zu einer Beförderung hat, und ob bei ihm für die in Frage fommende Stelle die nötigen Borausfeßzungen b T Wenn diese Frage zu bejahen ift, dann kommt

anwalt ebenso gut an die Reihe wie ein richterlißer Beamter. Tatsächlich steht die Sahe so, daß zur Zeit der jüngste Oberlandesgerichtsrat ein rihterlihes Dienstalter hat von 18 Jahren l Monat 13 Tagen, der jüngste Landgerichtsdirektor von 19 Fahren [9 Tagen, der jüngste Erste Staatsanwalt ein Dienstalter

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19 Jahren 4 Monaten und 12 Tagen. Er steht also zurück l Jahr 3 Monate gegenüber den Oberlandesgerichtsräten und un 4 Monate gegenüber den Landgerichtsdirektoren. Die L erhältnifse bei der Staatsanwaltschaft sind aber noch in fortgeseßter Vershle{terung begriffen. Während richterlihe Beamte aus dem Jahre 1886 in größerer Zahl befördert sind, befinden {ih in der Staatsanwaltschafi bestens empfohlene tüchtige Staatsanwalischafteräte aus den Jahren 1884 und 1885, und wenn, wie ih beabsid zef i daß mir wieder eine Bevorzugung der i wurf gemacht wird, bei Beseßung der neuen Stellen an den Ober- erichten und den neuen Landgerichtsdirektorstellen auch eine mäßige Zahl von Stkaatsanwälten zur Berülsihtigung kommt, dann aus dem Jahrgang 1885 noch etwa ein Dutzend sehr Staattanwälte zurück, für die eine nabe Ausficht auf Beförderung kaum vorhanden ist. Das führt dazu, daß der Andrang zur Staatéanwaltschaft erheblich nahläßt, und daß be- sonders unsere tüchtigen Afsessoren schr wenig Neigung haben, bei der Staatsanwaltschaft einzutreten. Ich glaube, daß eine dringende Not wendigkeit, in der Nichtung Abhilfe zu \{affen, nicht bestritten werden kann. Eine gewisse Abhilfe würde erreiht werden, wenn den An- trägen, wie sie in der Etatévorlage der Regierung niedergelegt sind, seitens des Landtags stattgegeben würde.

Es werden viclfach andere Vorschläge gemaht, wie man der Staatsanwaltschaft aufhelfen kann. Die Tatsache selbst, daß die Ver- hâltnisse bei ihr ungünstig geworden sind, wird von niemand, der den Verhältnissen näher steht, bestritten. Gestern habe ich in dec „Ml - nischen Zeitung" einen Artikel gefunden, der sich mit dieser Frage befaßt. Er macht den Vorschlag, man möge doc) einige Titel- erhöhungen eintreten lassen, möge außerdem den sämtlichen Ober- staatêanwälten bei den Oberlandesgerihten den Rang zwischen der zweiten und dritten Nangklasse verleihen und den Ersten Staatsanwälten bei den Landgerihten den Rang zwischen der dritten und vierten Nangklasse. Mit solhen Nang- erhöhungen allein ist, glaube ih, nicht viel getan. Ich glaube nicht, daß im Kreife der Justizbeamten darauf so außerordentli viel Gewicht gelegt wird, daß das {hon für den jugendlichen Nachwuchs von irgend welcher erhebliGen Bedeuturg sein möchte; ih halte es aber auch für ausfichtslos, den Versuch zu machen, daß, wie dieser Vorschlag es will, die sämtlihen Oberstaatsanwälte höher gestellt würden wie die Landgerichtspräsidenten und die Senatspräsidenten, daß die sämtlichen Ersten Staatsanwälte einen höheren Nang bekämen wie die Lands gerihtsdirektoren und die Oberlandeszgerihtsräte. Ich glaube, es würde auch hier im Hause für derartige Anträge eine Mehrheit nit zu finden fein.

Dann is} gesagt worden, den Staatsanwälten sei geholfen, wenn man mit dem sehr wenig {önen Titelwesen aufräume und ihnen andere Titel gäbe. Ja, meine Herren, das ist eine Frage, die hier \chon fast jedes Jahr, solange ih mich in meinem Amte befinde, erörtert worden ist; aber es sind noch niemals brauchbare Vorschläge gemacht worden, wie man der Sache beikommen kann. Es ist ja ganz rihtig, wenn bei der ersten Lesung des Etats gesagt worden ist, die Verhältnisse bei der Staats- anwaltschaft seien fehr verzwickter Natur, und sie würden durch die jeßige Vorlage noch verzwickter. Ich gebe das ohne weiteres zu; aber diese verzwickten Zustände führen au dahin, daß es außerordentlich s{wierig, wenn nicht unmöglih gemacht ist, in der Titelfrage das- jenige zu erreichen, was vielfa gewünscht ist,

Die Vorschläge gehen in erster Reihe dahin, man möge den

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Oberstaatsanwälten bei den Oberlandesgerichten den Titel der Genergl, staatsanwälte verleihen, dem Ersten Staatsanwalt den Titel alz Oberstaatsanwalt und den Abteilungsvorstehern und Vertretern der Oberstaatsanwälte den Titel Erster Staatsanwalt belassen, der sh ja sonsi au keiner großen Beliebtheit erfreut. Dann würde der häßlichhe Staatsanwaltschaftsrat wegfallen, wie man annimmt. 5, so einfa ist die Sache nicht. Wir haben jeßt ses Kategorie von Staatsanwaltschastébeamten, und ihre Zahl würde si bei Annahme der Etatsvorschläge der Regierung auf sieben erhöhen, Wir haben zunächst die Oberstaatsanwälte bei den Oberlandes, gerihten. Neben diesen steht nun der Erste Staatsanwalt beim Land, geriht 1 hier, der gleichfalls den Titel und Nang der Oberstagts, anwälte hat, und wenn es an und für \ich vielleiht angängig wäre,

den Oberstaatsanwälten bei den Oberlandesgerihten den Titel alz E

Generalstaatsanwalt zu verleihen, so würde es doch kaum angängig sein, denselben Titel auch dem Ersten Staatsanwalt bei dem Land, gericht T zu verleihen, während doch vom Standpunkte der Justip, verwaltung im Interesse der Besetzung dieser außerordentlich wichtigen Stellung der größte Wert darauf gelegt werden muß, irgend eine Differenzierung zwischen dem Inhaber dieser Stellung und den leitenden Beamten der Staatsanmaltschaften bei ten Oberlandefgerichten nit eintreten zu lassen. |

Dann, meine Herren, kommen wir zu den Ersten Staatsanwüälten, Da sind zunächst die leitenden Beamten der Staatsanwaltschaft be; den Landgerichten, denen aber im Jahre 1902 noch die Ersten Staats, anwälte hinzugetreten sind, die als Verlreter der Oberstaats anwälte und als Abteilungsvorsteher bei dem Landgericht 1 hierselbst fungieren. Wenn man, wie ih gleihfalls an und für ih als möglich zugebe, den Ersten Staatétanwälten bei ten Landgerichten den Titel Oberstaatsanwalt verliehe, man könnte ihn do un- möglih den Abteilungsvorstehern geben. Die Sache liegt aber wiederum so, daß wir das allergrößte Gewicht darauf legen müssen, daß die Stellung der Ersten Staatsanwälte und der Abteilungsvorsteber vollkommen gleihwertig ist.

Dann, meine Herren, kommen die den Ersten Staattanwälte unterstellten Beamten, also die Staatsanwälte kei den Landge ichten, und aus denen heben sich nun wieder diejenigen älteren Herren hervor,

: durch Verleihung des Natstitels den Stellenrang der Näte 4. Klass Tommen haben. Dieser Stellenrang muß, wenn die Herren etwas aben sollen, auch in ihrem Titel zum Ausdru ommen, und dahin geführt, für sie den Titel Staatsanwaltshaftêrat zu erfinden, der ja nicht geschmackvoll scin mag, für den aber cin besserer noch nicht vorgeshlagen ist. Wenn ih nun sebe wie es in anderen Staaten bisher gemacht ift, so finde id nirgendwo einen Vorgang, nach dem wir uns rihten könnten. Man inz nah französishem Muster bei der

L} «ph Fo non (R R F 7 A î 7 h nord Bs UpPppeUlhöken etnen Eeneralprokurator gehabt, und die ihm beigeordnetez

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hat früher in der Nheinprovinz

ianwälte hießen Generaladvokaten. Meine Herren, diese Fremt wörter wieder einzuführen, ist vollständig ausges{lossen, und sprehende deute Ausdrücke an ihrer Stelle zu finden, würde, ih glaube, recht s{wierig sein. Wir haben früber fn Preußen jüngeren Staattanwälte, die den leitenden Beamten beigeordnet wz den Titel Staatsanwaltschaftsgehilfe g noch unbeliebter

gegenwärtig der Titel für die elwas3 Titel Erster Staatsanwalt damit die dem Ersten Staatsanwalt Staatéanwalishaft nun wenigstens einfad valtêgebilfen man anderswo, namentlich in Muster gebildet sind, die 1bstituts „Stellvertreter“ machen können: glaube laum Anklang finden, wenn ich vors{lage! Teil der Beamten, die einem anderen unterstellt sind vertreter oder Oberstaatsanwaltsstellvertreter zu sagen. man den Staatsanwaltschaftsrat dadurch umgangen erscheidet zwischen Staatsanwalt erster und zweiter uns würde der Gedanke, die jüngeren Staatsanwält

Staat?anwälte zweiter Klasse zu bezeichnen, wohl kaum Beifall findèn.

Also, meine Herren, mit der Titelfrage ist bei allem gute Willen nichts zu machen. Jch habe wiederholt die Bitte aus- gesprochen, man möge mir doch Vorschläge machen, die besser seie: Sie find mir nicht gebracht worden, und deshalb bekenne id mi nah wie vor außerstande, nah dieser Richtung irgend etwas zu tun was Befriedigung schafft.

Meine Herren, einen besseren Erfolg verspriht fich die Staats- regierung und speziell die Justizverwaltung von denjenigen Vor- {lägen, die der Kommissionéberatung unterlegen, dort aber nur be- shränkte Zustimmung gefunden haben. Jch kann heute nihts tun, als an das hohe Haus die Bitte richten, daß Sie sih auf den Stant- punkt der YNegierungévorlage stellen und die Vorlage annehmen, so wie sie ist. Ich will dabei nur noch das eine bemerken, daß, wenn für die Abteilungsvorsteher die Stellung der Ersten Staatsanwälte verlaygt wird, daß es dann eine, wie ih meine, \elbstyersländlice Folgerung ift, für ihren Vorgesetzten, also für den leitenden Beamten dieser Staats8anwaltschaften, nun au eine Hebung eintreten zu lassen. Denn daß ein Beamter Vorgeseßter anderer ihm in jeder Beziehung in Nang und Gehalt vollkommen gleichstehender Beamten sein soll, ist ein Fall, der meines Wissens innerhalb der preußischen Staats- verwaltung bei ein und derselben Behörde nicht vorkommt. Ich meine also, aus dem einen ergibt sich das andere; wenn das eine bewilligt wird, muß auch das andere bewilligt werden. Und dann, meine ih, dürften Sie sich auch niht daran stoßen, daß in unserem großen Beamtenkörper fünf Erste Staatsanwälte mit besonders s{chwierigen Aufgaben eine etwas höhere Stellung und ein paar hundert Mark mehr Einkommen haben wie die Direktoren und Oberlandeb- gerihtsräte, mit denen im übrigen das Gros der Ersten Staatsanwälte nah wie vor pari passu gehen wird.

Ich bitte Ste, meine Herren, die Vorlage der Staatsregierung anzunehmen.

Abg. Viereck (freikons:): Meine Freunde teilen die Auffassung der Regierung und zichen die Regierungsvorlage dem Kommissions- antrage vor. Es muß der Justizverwaltung gerade an der dauernden Festhaltung der Abteilungsvorsteher und Stellvertreter der Ersten Staat?anwälte in ihrem Amt gelegen sein, da cine gute Schulung darin erforderli ist. Meine Freunde werden deshalb für die Wieder- herstellung der Regierungsvorlage stimmen.

Abg. Peltasohn (fr. Vag.): Ich stimme dem Kommissions- antrage zu. Eigentlich halte ih es für das Beste, die Sache zu ver-

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tagen, bis die Verwaltung in der Lage ift, auch die Richter in bezug auf Titel und Rang auf derselben Stufe zu behandeln. Solange

iht bevorzugte Nichterstellen gibt, lönnen auch die Staats- es n ; i: ; anwälte nicht bevorzugt werden. Wenn den Landgerichtsdirektoren und Oberlandesgerihtsräten der Nang der Oberregierungsräte gegeben würde, würde sich alles andere leicht ordnen lassen. Ich glaube, daß wir am besten die Sache vorläufig noch beim alten lassen.

Abg. Gyßling (fr. Volksp.) befürwortet die Ablehnung der Regierungêvorlage und die Annahme des Kommissionsbeshlusses. Dem Minister kônne er niht zugeben, daß in der Oeffentlichkeit die Ver- teidiger günstiger daständen als die Staatsanwälte; auch über Ent- gleisungen der Verteidiger werde in der Oeffentlichkeit viel gesprochen. Der Wunsch, die Nichter und Staatsanwälte zu heben, sei berechtigt, werde aber nit erfüllt dur die halbe Arbeit, welche die Regierungs- vorlage mache. ; , E

Abg. Dr. Ke il (nl.) spricht sih namens feiner Freunde für den Kommisfionsantrag aus. Solange nicht die Richter den Verwaltungs- heamten gleichgestellt würden, könne nicht zugegeben werden, daß eine Klasse der Justizbeamten herausgehoben werde. :

Abg. von Loebell (konf.): Meine Freunde verkennen nit, daß dur den Vorschlag der Negierung die Organisation der Staats- anwälte nicht vereinfaht, sondern noch mehr kompliziert werden würde; aber fie erkennen an, daß ein Bedürfnis, den verantwort- lihen Leitern der großen Staatsanwaltschaften eine geeignete, erst- flassige Hilfe zu geben, nachgewiesen ist, und werden daher für die Regierungsvorlage stimmen. Der Vertreter muß das Ge- halt des Ersten Staatsanwalts haben, und deshalb können wir uns niht gegen die 900 „6 Zulage erklären. Den Antrag der Kommission halten wir niht für glücklich; dieser Weg ist beim Landgericht 1 in Berlin wieder aufgegeben worden, weil sich Mißstände herausgestellt haben. Die Abteilungsvorsteher sollen möglichst lange in dieser Stellung erhalten werden ; das wird aber nicht erreiht werden, wenn sie nur eine Funktionszulage von 600 Æ erhalten. Deshalb stimmen wir für die Regierungsvorlage.

Justizminister Dr. Schönstedt:

Meine Herren! Ich bitte um wenige Minuten Gehör, um auf einige Cinwendungen, die gegen die Regierungsvorlage erhoben sind, etwas zu erwidern. Ich darf zunähst nahholen, daß ih mich vorhin eines Irrtums s{uldig gemacht habe, indem ih bei dem Dienstalters- untershied zwischen den Landgerichtsdirektoren, den Oberlandesgerichts- räten und den Ersten Staatsanwälten von dem Dienstalter des jüngsten Beamten der betreffenden Kategorie gesprohen habe. In Virklihkeit bezieht sih der Unterschied auf das Durchschnittsdienst- alter der im Jahre 1903 beförderten Beamten und erhält dadur noh eine größere Bedeutung, als es bei meiner vorherigen irrtüm- lihen Angabe der Fall gewesen sein würde. Der Herr Abg. Pelta- sohn nickt mir zu, ist also damit einverstanden.

Dann is von einem der Herren Abgeordneten hervorgehoben worden, man habe in der Kommission die Anträge deshalb abgelehnt, weil man eine Gleichstellung ähnliher gehobener Stellen in Richter- ämtern gleichzeitig erzielen wolle. Die Tatsache ist richtig, daß darüber au in der Kommission Erörterungen stattgefunden haben, und man hat sich bemüht, zu suchen, wo wohl ähnliche Stellungen in Richterämtern zu finden wären. Dabei ist man auf den Stellvertreter des Präsidenten des hiesigen Landgerichts 1 in Moabit gekommen : aber es war nur eine Art Notbehelf. Auf den Erfolg weiterer Nach- sorshungen in dieser Richtung kann man hier, wo es \ich um eine

rf; ntmondtao Won Kanu dolt 4A ton »onfsnmont ; wirklich notwendige Reform handelt, niht warten, ebensowenig wie

j L auf die von dem Herrn Referenten in Aussicht gestellte Aenderung der

Strafprozeßordnung, die uns über die augenblickliße Verlegenheit nit hinrwoeghilft, und von deren Einfluß auf i der Staatsanwalt\ haft wir noch keine Ahnung

Es ist von dem vorleßten Herrn Redner gesagt worden dem ältesten Beamten zu gek möchte den tüchtigsten herausfuchen. Ich bin einigermaßen

3 E) A PPE ck a S (D n A egenüber der gleichen Frage

1144 vont Sto "ino nit noTroendig, dieje Zzulage

über den Widerspruch, der hier Amtsgerihten hervorgetreten ist. a Mat man S _JeBt

im Jahre 1891, für absolut unzulässig erklärt, ‘daß ein jüngerer Beamter einem älteren Beamten der gleihen Kategorie vorgeseßt würde, und der Abg. hat dabei das lassishe Wort gebraucht: das kehrt die Welt um, das geht nicht. Ctwas anderes ift es bei Beförderungen. Wenn ein jüngerer Beamter herausgegriffen und wegen seiner besonderen Tüchtigkeit befördert wird, dann kommt er in die Stellung eines Vorgeseßten und dann kann er die Autorität für sich in Anspru nehmen; er wird sie aber nicht leiht finden gegenüber denjenigen Kollegen, die sich mit ihm in gleicher Stellung befinden, und vor denen er nur eine Funktionszulage voraus hat. Bezüglich der Funktionszulagen hat seinerzeit der Oberstaats- anwalt beim Landgericht T Berlin erklärt, daß die Abteilungévorsteher, die solche Funktionszulagen bezogen hätten, ihm nur ganz geringe Dienste geleistet Hätten, und zwar deshalb, weil sie keine Autorität gegenüber den Mitgliedern der Abteilung gehabt und ihn deshalb nit aus- reihend erleihtert hätten.

Es ist ferner hervorgehoben worden, es sei ein Uebelstand, wenn die tüchtigen Herren, die in die Staatsanwaltschaften übergehen wollen, durh die zukünftigen Beförderungsaussihten \sich in ihren Ent- \hließungen bestimmen lassen. Meine Herren, ih meine, das kann man do einem tüchtigen jungen Manne nicht übelnehmen, daß er, wenn er fich für die eine oder andere Laufbahn entscheidet, si "fragt, welhe Aussichten er für die Zukunft hat. Zugeben will ih, daß dieser Grund nicht allcin aus\{chlaggebend i}, sondern daß noch andere mitspielen, was der Herr Abg. Peltasohn {on hervorgehoben hat: die abhängige Stellung der Staatsanwälte, die Tatsache, daß sie viel- fah mehr in Anspru genommen werden, als das beim Amtsrichter der Fall ift. Aber von wesentliher Bedeutung is der Umstand und ih meine, den kann man ihnen niht zum Vorwurf mahen —, daß sie sich sagen müssen : sie haden ihrer eigenen Zukunft.

Der Herr Abg. Gyßling hat vorgeschlagen, diesen Ausgleih da- dur zu finden, daß man einen Wechsel stattfinden läßt, die Staats- anwälte zu Richtern maht und die Nichter zu Staatsanwälten. Das läßt sich in wirklih durchgreifender Weise nicht ausführen; denn ältere Nichter, die geneigt sind, noch zur Staatsanwaltschaft überzugehen, findet man niht. Es kann immer nur ein einseitiger Wechsel fein; es kann sich hauptsäh nur darum handeln, Staatsanwälte zeitig in Richterämter hinüberzunehmen. Mit dieser Auffassung steht die Justizverwaltung an ih nicht in Widerspru. Jch halte es auch für vorteilhaft und suche, dahin zu wirken, daß tüchtige Staatsanwälte in mittleren Jahren in Richterämter übertreten, um sich auf dem Gebiete der rihterlihen Tätigkeit zu bewähren und ihre Qualifikation für höhere Richterämtr darzulegen. Immer läßt sich die Sache aber auh nicht durchführen. Außerdem würde es eine Zurückseßung der Staatsanwälte sein, wenn sie auf eine Beförderung nur zu hoffen bâtten, sofern sie sih eine ihnen vielleicht unerwünshte Verseßung in

eine Richterstelle gefallen ließen, während der Nichter ruhig sitzen bleiben kann, wo er ist, um die künftige Beförderung abzuwarten.

Einer der Herren Redner hat vorhin die Aeußerung getan, daß auch die mit Zulagen ausgestatteten Staatsanwälte dauernd gern in ihrer Stellung bleiben würden, weil sie \ich bei einer Ernennung zum Ersten Staatsanwalt vershlechtern würden. Die Tatsache ist an und für fich richtig: sie vershlechtern sih im ersten Augenblick, wenn fie zu Ersten Staatsanwälten ernannt werden. Aber je länger sie in der nur mit einer Zulage bedahten Staatsanwaltsstelle bleiben, desto s{lechter werden ihre Aussichten auf das Aufrücken im Gehalte nah einer späteren Beförderung. Sie werden immer das Interesse haben, daß sie möglichst frühzeitig das Besoldungsdienstalter als Erster Staatsanwalt erwerben, und das können sie nur erreichen, wenn fie sih bemühen, so bald wie möglich in eine wirklihe Erste Staats- anwaltsstelle hineinzukommen.

Was endlich den vor 15 Jahren gemachten Vergleich zwischen der Staatsanwaltschaft des Landgerichts Berlin 1 und den Staats- anwaltschaften in den Provinzen anlangt, \o kann darauf heute nicht mehr ohne weiteres zurüdgegriffen werden, weil sich auh bei den Staatsanwaltschaften in der Provinz die Verhältnisse wesentli ge- ändert haben, und einzelne der hier in Betracht kommenden Staats- anwaltschaften ebenso groß, andere annähernd so groß sind wie die Staatsanwaltschaft beim Landgericht 1 im Jahre 1889, für die damals übrigens, wie bereits erwähnt, gleih vier Abteilungsvorsteher bewilligt worden find, während wir jeßt für die andern Staatsanwaltschaften nur je eine einzige folhe Stelle verlangen.

Abg. de Witt (Zentr.) erklärt für seine Freunde die Zustimmung zum Kommnissionsantrag.

Bei der Abstimmung bleiben Probe und Gegenprobe zweifelhaft, bei der Auszählung stimmen 98 Mitglieder für, (1 gegen den Kommissionsantrag. Das Haus isst also nicht beshlußfähig.

Präsident von Kröcher bergumt um 31/4 Uhr die nächste Sißung auf Donnerstag, 11 Uhr, an. (Etats der allgemeinen Finanzverwaltung und des Finanzministeriuums; Etatsgeseß.)

Land- und Forfstwirtschaft. L

Der Saatenstand in Preußen um die Mitte des Monats April 1904.

Nach den im Königlichen Statistishen Bureau zusammengestellten Ergebnissen der Erhebungen über den Saatenstand in Preußen berehtigte dieser um die Mitte des Monats April zu folgenden Erwartungen (Note 1 bedeutet: fehr gute, 2: gute, 3: mittlere [durchscnittliche], 4: geringe, 5: sehr geringe Ernte): Winterweizen 2,5 (im April 1903 3 3), Winter spelz 2,2 (2,5), Winterroggen 2,5 (3,0), Klee 2,8 (2,5), Luzerne 2,7 (2,7), Wiesen 2,9 (2,7). Wegen Auswinterung, Mäuseschadens Schneckenfraßes u. dergl. umgepflügt wurden bis Mitte April Hundertteile der Anbaufläche von: Winterweizen 0,41 (im Fchre 1903 17,09), Winterspelz 007 (—), Winterroggen 0,30 (2,16), Klee 1,58 (1,02), Luzerne 0,59 (1,02).

Zur Erläuterung dieser Zahlen wird in der „Stat. Korr." folgendes bemerkt:

Der Winter verlief meist trübe, naß und mild. Nur die Monate

ind Januar sowie einige Tage im Anfange des März brachten

[ Schnee bekamen in größeren Mengen nur die Gebirge,

chland; hier fiel davon erst Ende Februar und Anfang die Felder auf kurze Dauer bedeckt waren. Sehr vec- ie Witterung des März tin den einzelnen Landesteilen. ährend auf die kalten Tage in den meisten Gegenden mildes, sogar ziemlih warmes, trockenes Wetter folgte, besonders trocken im Nord- osten fowie in einigen Strichen zwischen Oder und Elbe, wurde die Rheinprovinz, hervorragend die Moselgegend, von übermäßigen Nieder- {lägen betroffen. Mit dem April trat allerorten raubes Wetter mit Nachtfröften ein, welche leßteren sich in den Provinzen Oft- und West- preußen am ftärksten fühlbar machten. Es folgten dann die den April kennzeihnenden kurzen Regenschauer bei starkem Westwinde.

Troß der mangelnden Schneedeckte hat der nur in den nördlicen und nordöstlichen Gebieten etwas strenger aufgetretene Kahblfrost keinen bedeutenden Schaden angerichtet. Mit verhältnismäßig wenigen Aus- nahmen wird berichtet, daß die Saaten gut durch den Winter gekommen seien. Daß sich das Wachstum bisher nur recht mäßig, in den mehr von dem rauhen Wetter der leßten Tage heimgesuchten Strichen fast gar nicht zeigt, hat Besorgnis kaum erregt, da, wie man allgemein erwartet, mit dem Eintritte wärmeren Wetters alles gut gedethen werde.

Was die für den Aprilberiht in Frage kommenden Frucharten an- langt, so muß allerdings gesagt werden, daß die Weizen- saaten, welhe zum größeren Teile wegen später Bestellung mangelhaft in den Winter gekommen sind, strichweise einigen Schaden durch den Kahlfrost davongetragen haben. Der geringere Befund in den östlihen Gegenden wird aber durch besseren in der westlichen Staatshälfte ausgeglichen. Dagegen haben die Roggensaaten, welche infolge zeitigerer Bestellung meist kräftig entwickelt sind, weniger durch den Frost als dur tierishe Schäd- linge, besonders durch Mäuse, Krähen und Schnecken, fowie im Ne- gierung8sbezirk Merseburg au dur Kaninchen gelitten. Schnecken sind namentlih in dem von der Feuchtigkeit mehr betroffenen Rheinlande, aber auh in den Regierungsbezirken Aurich, Münster und Arnsberg recht zahlreich vorhanden. Das Wintergetreide soll indes zu den besten Hoffnungen berechtigen. Die Begutachtungs8ziffern ergaben beim Weizen im Staatsdurhschnitt den gleihen Stand wie im November v. I., näm- [ih 2,5. Unter dem Mittel (3,0), welches {ih für die Negierungsbezirke Köslin und Aurich ergab, wurde keine Ziffer ermittelt ; die beste Note erhielt Merseburg mit 2,2. Beim Noggen, welcher im ganzen gegen den November um 0,1 geringer geschäßt wurde, stellte fih die Ziffer gleihfalls auf 2,5. Von diesem Staatsdur{chschnitt weichen die Ergeb nisse in den einzelnen Landesteilen nur unbedeutend ab; fie s{chwanken zwishen 2,1 für Merseburg und 2,8 für Kösliy, Bromberg und Schleswig. Der bedeutend ungünstigere Stand der beiden Halm- frühte im vorjährigen April, nämlich 3,3 beim Weizen und 3,0 beim Noggen, war auf starke Auswinterungen zurückzuführen. i

Weniger günstig als die Halmfrüchte wurde der Klee beurteilt. Auch seine Abnahme während des Winters ist _niht allein durch den Kahlfroft, sondern mehr durch Mäusefraß verursacht ; außerdem jollen die dünnen Stellen hier und da vom Lagern der Deckfrucht herrühren. Die Gesamtshäßung mit 2,8 steht gegen November um 0,4 und gegen den gleihen Monat im Vorjahre um 0,3 {lechter. Besonders zurüd- gegangen ist der Stand des Klees in den Regierungsbezirken Posen, Bromberg, Breslau und Liegnitz, für welche |ih die Noten auf 3,4 bezw. 3,2, 3,2 und 3,1 beredneten. Gerade das Mittel (3,0) wurde für Potsdam, als günstigste Ziffer 2,3 für Wiesbaden gefunden.

Auch die Luzerne hat etwas dur die Mäuse gelitten, behauptete aber im allgemeinen ihren Stand vom November, alfo 2,7. Unter dem Mittel ergab die Berehnung für Gumbinnen und Posen mit 3,2, für Königsberg und Bromberg mit 3,1; genau das V ittel (3,0) erhielten Breslau, Schleswig und Hannover. Am besten fiel die Schäßung in Aurih aus, wo ih die Note auf 2,0 gegen 3,0 im November stellte. Im vorjährigen April wurde die Luzerne im Staatsdurchschnitte gleichfalls mit 2,7 beziffert. _

Ueber die Wies en wird zumeist berichtet, daß sie noch kein Wachstum besäßen, das Gras vielmehr noch eine graue Farbe zeige. Vielfach stehen sie unter Wasser und sind îim nordöst-

lihen Staatsgebiet stellenweise noch niht schneefrei. So wurde denn auch von vielen Vertrauensmännern keine Begutachtungs- ziffer abgegeben. Jedoch ist dieser Zustand kein ungewöhnlicher, und die Schäßung der Ertragsausfichten darum noch nicht mans Gegen den gleihen Monat des Vorjahres berehnete fh die Note für den Staat um 0,2 geringer, d. h. auf 2,9 im Berichtsmonat. Am ungünstigsten wurde der Stand der Wiesen im Regierungsbezirk Köslin befunden, für welchen er 3,4 ergab. Die günstigste Ziffer erhielten Wiesbaden und Trier mit 2,3; es folgen Aurich, Koblenz und Sigmaringen mit 2,4. i

Die Sommerbestellung ift infolge der nassen Witterung der leßten Wochen im allgemeinen pr im Nückstande, in den Provinzen Ost- und Westpreußen kaum begonnen; nur in Brandenburg, Schlesien und Sachsen ist man mit wenig Ausnahmen bis auf die Hack- früchte fertig. ;

Aus demselben Grunde konnten die meisten ausgewinterten Flächen noch nicht umgeackert werden. Der Umfang der Neu- bestellungen wird sich mit einiger Sicherheit erst im nähsten Monat feststellen lassen; bis dahin dürften sich, sofern bald wärmere Witterung eintritt, manche [heinbar abgestorbene Pflanzen wieder erholen. Von den bis Mitte April eingegangenen 4625 Berichten gab nur ein kleiner Teil Umpflügungszahlen an; auch das Gesamtergebnis wird kein bedeutendes sein. Hervorzuheben ist die auf 13,58 Hundertteile des Weizenbaues im Regierungsbezirk Aurich berehnete Umpflügungsziffer; sie bedeutet etne Neubestellung von 518 ha und soll zum großen Teil auf Schnecken- und Mäusefraß, weniger auf Frost zurückzuführen sein. Auf gleicher Ur- sache beruht die beim Winterroggen vorläufig ermittelte höchste Ziffer von 3,14 Hundertteilen für Hildesheim, welche einer Fläche vou 1431 ha entfyrit.

Saatenstand in Oesterreich.

(Bericht des Ackerbauministeriums nach dem Stande um Mitte April.)

Der verflossene Winter nahm einen milden Verlauf und brachte nur Küälteperioden von kurzer Dauer. Die wenigen ausgiebigeren Schneefälle bildeten keine ständige ges{chlofsene Schneedecke, da der ge- fallene Neuschnee nicht lange liegen blieb. Um die Mitte des Monats März wurde der Anbau der Sommersaaten aufgenommen, da die Witte- rung ein baldiges Erwachen des Frühlings erwarten ließ. Zu Ende des Monats mußten jedoch die Feldbestellungsarbeiten infolge eines Witterungsrücks{hlages, der von bedeutender Temperaturabnahme und andauerndem Regenwetter im Gebirge von starken Schneefällen begleitet war, wieder eingestellt werden. Auch in Galizien trat der Winter weniger streng als gewöhnlih auf, doch ist der Frühjahrs- anbau dort gegen normale Jahre im Rückstande, da in der letzten Märzwohe und Anfang April andauernde eisige Nord- und heftige Ostwinde sowie starke Nachtfröste die kaum erwachte Vegetation vollständig Hhemmten. Hierdurh wurden auch die Wintersaaten geschädigt. Erst um den 11. April stellte fich in den meisten Ländern günstiges, mildes Wetter ein, welches gegen- wärtig noch andauert. Die Bodenfeuchtigkeit ist (Galizien aus- genommen, wo im März und April verhältnismäßig geringe Regen- mengen fielen und heftige Winde den Boden austrockneten) infolge des niedershlagsreihen Spätherbstes und der Regenfälle in den Monaten Januar und Februar, dann Ende März eine hohe. Mit Ausnahme der nördlihen Länderzone war der Boden nicht oder nur wenig gefroren, was verschiedene Nachteile und in den Alpenländern (besonders in Kärnten) häufig ein starkes Auftreten der Feldmäuse zur Folge hatte. Es sind jedoch auch einige Gegenden Galiziens und Schlesiens von bedeutenden Schäden durch Feldmäuse nicht verschont geblieben.

Troßdem die Wintersaaten der {ütßenden Schneedecke ent- behrten, überwinterten sie dank der Milde des Wetters in den meisten

| Ländern recht günstig und berehtigen, zum weitaus größten Teile zu

den besten Hoffnungen. Auch jene Saaten, die wegen des ungünstigen Herbstwetters bedeutend verspätet in den Boden gebracht wurden, haben verhältinismäßig wenig gelitten. Die Saaten {ind zumeist \chôn bestceckt, zeia eine \rishe, gesunde Farbe und gute, mits- unter zu e Entwickelung. Schäden durch Auswinterung und in der letzten Zeit durch übermäßige Nässe sind in Böhmen und ( Bterem Lande waren die Niedershlags8mengen |eit dem besonders groß) in nicht bedeutendem Maße und vorgekommen. Auch läßt der Saatenstand in jenen und Schlesiens, wo im vergangenen Herbst lage herrschte, zu wünschen übrig. In höheren Lagen der niht gefrorene Boden längere Zeit von einer iht bedeckt war, faulten die Saaten nit selten aus. iden können jedoch das günstige Gesamtbild, das die gegenwärtig bieten, nur wenig beeinträchtigen. Bloß ist der Saatenstand im allgemeinen nicht so befricdigend, da in vielen Bezirken die Saaten durch die kalten Winde und die häufigen Nachtfröste mehr oder weniger ungünstig beeinflußt wurden oder au stark gelitten haben. Wenn sich au der Umfang der leßteren Schäden noch nicht sicher beurteilen läßt, kann mit Rücksicht auf die eingetretene Besserang «:!f eine Erholung der gefährdeten Saaten gerechnet werden. Raps hat größtenteils gut überwintert und zeigt einen überwiegend befriedigenden Stand Größere Frostshäden sind bloß in Galizien und in einigen Gegenden Mährens und Schlesiens vorgekommen. Der teilweise um die Mitte des Monats März begonnene und später unterbroßene Anbau der Sommersaaten konnte in den leßten Tagen überall fortgeseßt werden und ist in Nieder- und Oberösterreih dem Abschluß nahe. Dagegen befindet ih die Ausfaat in den Sudetenländern wegen der Bodennässe vielfah noch stark im Rütstande und wurde erst zum geringen Teil beendet. In Galizien konnte der Anbau dort, wo seine Jnangriffnahme frühzeitig möglich war, begünstigt dur die trockene Märzwitterung, rasch durchgeführt werden. In den Alpenländern hat die Ausfaat auf \\cattenseitigen Lehnen noch nicht begonnen. Sonst ist sie dort im vollen Zuge. Die früh gebauten Sommersaaten find gut aufgelaufen, während die Keimung der knapp vor Eintritt der ungünstigen Witterung in den Boden gebrachten Saaten in den Sudetenländern häufig infolge zu großer Nässe und in den Ostländern infolge Mangels an Wärme erschwert war. Falls das gegenwärtig herrs{ende \{chöne, trockene Wetter noch kurze Zeit andauert, wird der Anbau bald beendet fein, und es kann bei der vorhandenen Bodenfeuchtigkeit ein guter Aufgang und eine gedeihlihe Entwickelung der Sommersaaten erwartet werden. Der Maisbau wurde bisher in günstigen Lagen - der Alpen- und Karstländer in Angriff genommen und in kTlimatisch bevorzugten Gegenden auch fchon beendet. In den übrigen Ländern hat man mit der Ausfaat erst begonnen. Der Klee hat größtenteils gut überwintert, und es sind Auswinterungen nur auf nassen Böden in nit erhebliGhem Maße vorgekommen. Dagegen haben die Spätfröste in den Sudeten- und den Ostländern mitunter ziemliden Schaden verursaht. Auch über starkes Auftreten der Feld- mäuse wird niht selten geklagt. In jenen Gegenden Böhmens, wo im vergangenen Jahre dur längere Zeit große Trockenheit herrschte, steht der Klee häufig chwach und schütter. Die Niederschläge der leßten Zeit förderten die Entwickelung der Kleeschläge, und es steht troß der besprohenen Schäden eine gute Futterernte in Aussicht. Die Wiesen beginnen zu grünen und zeigen infolge der reihlihen Boden- feuhtigkeiteinen kräftigen Grastrieb. Bloßin Schlesien und Galizien, wo sih die Vegetation noch stark im Rückstande befindet, sind die Wiesen- gründe zumeist noch kahl. Mit dem Legen der Kartoffeln wurde în der leßten Märzwoche teilweise begonnen, do erlitt der Anbau wegen des nassen Wetters eine Unterbrehung und er kann erst jeßt wieder fortgeseßt werden. In nassen Lagen muß man mit dem Legen der Kartoffeln noch warten. In den südlihen Gebieten wird das Aus seßen der Kartoffeln bald beendet sein. Der in der leßten Märzwoche in Angriff genommene Anbau der Zuckerrüben ist wegen des in der Folge eingetretenen regnerischen Wetters gegenwärtig noch wenig vorgeschritten. Auf nassen Böden konnte er noch garniht beginnen. (Wiener Zeitung.)

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