1904 / 95 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Apr 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 72. Sißung vom 21. April 1904. 1 Uhr. Tagesordnung: Fortseßung der zweiten Beratung des Reichshaushaltsetats für 1904 bei dem Etat für die Expedition nah Ostasien.

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Bei der Geldverpflegung der Truppen, Etappen- '

und sonstigen Formationen hat die Kommission zwei von den 8 Bataillonskommandeuren und Stabsoffizieren und 3 Hauptleute von den geforderten 23, von den 32 Ober- leutnants 12 auf nur E ein halbes Jahr bewilligt. Die Anträge Spahn - Paasche und von Normann - von Richthofen-Damsdorf wollen die Zahl der Oberleutnants unverkürzt für das ganze Etatsjahrt 1904 bewilligt wissen.

Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von Einem genannt von Rothmaler:

Meine Herren! Es liegt zu dieser Position ein Antrag vor, die Forderungen der Regierung zu bewilligen bezw. wiederherzustellen. Ich möchte zunächst dem Herrn Antragsteller meinen Dank dafür aussprehen, da ih glaube, daß, wenn diese Anträge angenommen werden, die Besaßzungsbrigade in der Lage sein wird, den Dienst fo zu tun, wie es notwendig ist. Sinekuren werden dadur nit ge- schaffen, sondern bloß die Stellen, die ersprießlich wirken \ollen. Ich glaube, ich kann es mir versagen, des näheren auf die Begründung für die Wiederherstellung der Leutnanlsstellen hier einzugehen, weil in weiteftem Umfange in der Kommission hierüber gesprochen worden, aus dem Schoße der Parteien dieser Antrag hervorgegangen und seine Notwendigkeit somit anerkannt worden ist,

Da ich das Wort habe, möchte ih mir erlauben, glei hier noh einiges zu fagen über die anderen Anträge zu Tit. 12 und zu Tilt: 15:

Es handelt si in Tit. 12 um das Bekleidungsdepot. Ich be» merke, daß die verbündeten Regierungen verschiedene Anstalten und Institute, die beim Expeditionkorps bestanden, aufgelöst haben, na- dem das Expeditionskorps auf die Stärke einer Brigade zusammen- geshrumpft ist. Dies Bekleidungsdepot ist aber bestehen geblieben, weil es eine Notwendigkeit für die Brigade darstellt. Dies Befkleidungsdepot ist auch nicht etwa eine Institution, die nur für diese Brigade geschaffen ist, sondern Bekleidungsdepots werden wir im mobilen Verhältnis bei unserer Armee au haben. Sie liegen dann im eigenen Lande, bei ihnen wird die Bekleidung für die betreffende Armee gesammelt und von da aus verteilt. Ganz ähnlich verhält es {ic hier. Das Beklei- dungsdepot ift bestehen geblieben, weil wir eine Zentralstelle haben müssen, an die von hier aus die verschiedenen Sendungen geleitet werden. Wäre die Befaßungsbrigade näher gelegen, wären die Ver hältnisse immer ganz sicher, so würde ganz gewiß nichts dagegen eins zuwenden fein, daß man an die verschiedenen Garnisonen das, was dort gebraucht . wird, von hier aus versendete. Aber bei den großen Entfernungen, und da die Verhältnisse wechseln können, da es un- möglich feststeht, daß die Garnison sich auch später gerade an der Stelle befindet, fo ist es ausges{lo}en, derartige Versendungen mit Sicherheit an die einzelnen Stellen zu befördern; man muß die Zentralstelle haben. Desgleichen ist es notwendig, daß die Brigade bei dieser Zentralstelle einen gewissen Stamm von Befkleidungs- und Ausrüstungsstücken hat, dort verwaltet und von dort den einzelnen leinen Garnisonen übergibt. Man schafft dadur die Sicherheit, daß die Verwaltung eine bessere, einheitlihere ist; man ist auch gesichert gegen Feuersgefahr usw.

Ich glaube, daß dieses allein genügen könnte, um nachzuweisen, daß dies Bekleidungsdepot eine Notwendigkeit für die Besaßungs- brigade darstellt.

Es waren ferner von der Kommission erheblihe Streihungen vorgenommen bei det Bauleitung. Es ist {on in der Kommission hingewiesen worden auf die Schwierigkeiten, welche entstehen müßten bei der Unterbringung der Brigade, wenn diese Streichungen auf- recht erhalten würden. Nah Beendigung der Kommissionssitzungen ist der bisherige Leiter des Bauwesens hierhergekommen und hat nun, was ich den Herren vorlesen möchte, über die Verhältnisse in Ostasien bei der Besaßungsbrigade, das Bauwesen betreffend, folgendes ih kann wohl sagen zu Protokoll gegeben. Er hält also die Auf- rehterhaltung der mittleren Beamtenstellen das ist ein Bau- inspektor, ein Baurat, ein Bauschreiber; wir würden dann haben einen Bauinspektor, zwei Bauräte, einen Bauschreiber für durchaus ers forderlih und gibt folgendes an :

Die Arbeiterverhältnisse und die Baumaterialienbeshaffung liegen in Ostasien außerordentlih ungünstig. Die hinesishen Unter- nehmer sind nicht so zuverlässig, erprobt und ehrli}h wie unsere deutschGen Handwerksmeister, sondern bedürfen einer fortwährenden, genauen Kontrolle und Anleitung. Da sie fast durchweg mittellos sind, verlangen fie sofortige Bezahlung. Der Kuli muß jeden Tag bezahlt werden, weil er sonst nihts zu essen hat. Im Tage- lohn wird in China nicht mit dem notwendigen Eifer gearbeitet. Das Praktischste is ein Verdingen der einzelnen Arbeiten nach Maßeinheiten. Dies verdoppelt und verdreifaht aber die Arbeit der Beamten. Das Geleistete muß tägliÞh auf- gemessen und aufgerehnet werden, um einen Anhalt für die Zahlungen zu erhalten. Man darf den Chinesen in dieser Hinsicht nit warten lassen, weil sonst der Bau in Mißkredit kommt und die Arbeiter fernbleiben. Die Heranziehung deutsher Unternehmer hat fih nit als vorteilhaft erwiesen. Vorzuziehen ist die unmittelbare Ausführung der Bauarbeiten mit Chinesen. So wurden durch folche Ausführung bei ¿wei kleinen Gebäuden in Tientsin, allerdings unter den denfbarften Schwierigkeiten, gegenüber dem Angebot von europäishen Firmen allein gegen 70000 M erspart. Diese Summe ist hinreihend, um das ganze Personal der Bauverwaltung während eines Jahres zu besolden. Hierbei ist aber die Arbeitskraft der

Beamten von Morgens früh bis Abends \pât, und zwar im Sommer |

unter Temperatur- und Klimavecrhältnissen, die man in Deutschland nit kennt, ausgenugßt worden.

Zu der großen Menge der laufenden baulichen Unterhaltungs3- arbeiten, die sih aus der mangelhaften Bauart der meist aus L hm hergestellten, viele Reparaturen erfordernden Gebäude ergeben, kommt noch die Dringlichkeit, mit der sie im Interesse des Wohls der Truppe auêgeführt werden müssen, und der Umstand, daß die ver- schiedenen Lagerpläte eines Ortes bei ungünstigster Verbindung von einander entfernt liegen. Außer in Tientsin sind geeignete Handwerker an Ort und Stelle nit zu haben. Dieselben müssen in Tientsin an-

genommen und von den Beamten nah den einzelnen Standorten mit- genommen werden. Einen Unternehmer für die laufenden Reparaturen in den übrigen Standorten zu erhalten, wie es in Deutschland mit den Vertragsmeistern der Fall ist, ist undenkbar.

Ferner erfordern die Arbeiten für Wasserversorgung und Ent- wässerung eine erhebliße Fnanspruhnahme der Beamten der Bau“ verwaltung, weil gerade bei diesen Anlagen fortwährende Aende- rungen notwendig find und keine regelmäßigen Zustände geschaffen werden Tönnen.

Wie die Beamten -im einzelnen Verwendung finden, wird im

nachstehenden ausgeführt:

1) Technisher Sekretär bei der Jntendantur. Demselben liegt die Hilfeleistung bei Prüfung der Baurehnungen, der Kostenanshläge und Entwürfe in technisher Beziehung ob. Er muß die vielen Rechnungen vor der Anweisung in kürzester Frist feststellen. Die Unternehmer und Lieferanten find wenig kapitalfähig und nicht im- stande, einige Zeit auf Bezahlung zu warten, zumal der Zinsfuß sehr ho ist. Bei einer durch Versehen erfolgten Mehrzahlung ist nih!1s von ihnen zurückzuerhalten. Der technishe Sekretär ist der einzige Beamte der Intendantur, der technisch ausgebildet ist.

Auch zur Beaufsichtigung von Bauarbeiten muß er in aus- giebigem Maße mit herangezogen werden, namentli zur Vertretung der Bauwarcte bei Erkrankungen, die bei dem Klima häufig und plöulih einzutreten pflegen.

2) Zweiter Bauwart der Bauverwaltung. Bei der großen Fülle von Bauarbeiten, wo die einfachsten eine ständige Kontrolle erfordern, und bei der großen Entfernung der einzelnen Standorte von einander, sind die beiden Bauwarte den größten Teil des Tages außerhalb tätig und müssen daneben noch die vielen \chriftlißen Arbeiten erledigen. Die einzelnen Lagerpläße in Tientsin, Tsienkiew-san, Yangtsun, Langfang, Peking, Tangku, Schanhaikwan, Peitaiho, Tsinkwangtau und Syfang liegen weit voneinander ent- fernt. Die Eisenbahnfahrt von Langfang bis Schanhaikwan dauert allein 12 Stunden, sodaß schon die Reise nah den einzelnen Orten einen großen Zeitaufwand bedingt.

Der Neubau des Lazaretts in Peking nimmt einen Bauwart fast auêschließlich in Anspruch, dazu kommen Bauten von Schieß- ständen, Pferdeställen, Kammergebäuden, Beschlags\hmieden, not- wendige Ersaßbauten, Wasserversorgungs- und Entwässerungs- arbeiten usw.

3) Der Bauschreiber. Bei den Hunderten von Rechnungen, die rechnerisch vorgeprüft werden müssen, den zahlreihen Dienst- {reiben der Intendantur und der Truppen usw. ist der Bau- schreiber zur Aufrechterhaltung des Bureaudienstes unmöglih zu entbehren. Eine geeignete Schreib- und Arbeitskraft von der Truppe zu erhalten, is ausgeschlossen, da für den Bauschreiberdienst große Vorkenntnisse verlangt werden müssen. Der Bauschreiber dient dem Bauinspektor nicht allein als Negistrator, Expedient und Kalkulator, er muß auch im Anfertigen von Zeißnungen, Skizzen und Pausen bewandert sein und so viele bauteGnishe Kenntnisse besißen, daß er imstande ist, kleinere Bauausführungen felbständig zu überwachen. Wenn schon in den geregelten Friedensverhältnissen jedem Garnisonbaubeamten ein Garnisonbauschreiber als etats- mäßiger Beamter beigegeben it, so kann dem Bauinspektor in China ein Bauschreiber unter keinen Umständen versagt werden.

Es kann \{ließlich nur betont werden, daß falshe Sparsam- keit am Personal das Zehnfache an materiellen Mehrausgaben nach fich zieht.

Meine Herren, ih habe mir erlaubt, dies zu verlesen, weil das

von einem Manne stammt, der unmittelbar aus China gekommen ist, die Verhältnisse genau kennt, an deren Spiße er gestanden hat, und auf dessen Worte man etwas geben kann. Ih mötte also dringend bitten, im Interesse der Besatungsbrigade diese Kosten zu bewilligen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ih noch ein Wort sagen über das,

was gestern hier vorgebracht ist, und ein Wort an den Herrn Abg. Südekum rihten. Der Herr Abg. Südekum hat darauf hingewiesen, daß es eigentlih undenkbar ist, daß bei einer mobilen Truppe, als die die Brigade anzusehen sei, die Familien nachgeholt würden, daß es Offizieren und Beamten erlaubt sei, dort ihre Familien zu haben. Nun, ich will niht weiter darauf

hinweisen, daß während der französishen Okkupation die fran-

zösishen Damen massenhaft Deutschland überschwemmt haben, und Napoleon, dem man doch wahrhaftig keine Sentimentalität

nachsagen konnte, doch genau wußte, was einer Truppe zukomme oder

nicht. Aber, meine Herren, ganz das\elbe war bei unserer Okkupations- armee in Frankreih der Fall. Sie war mobil. Der Kaiser

Wilhelm 1. gestattete, daß die Offiziere, Beamten und Unteroffiziere ihre Familien heranholten. Nun handelt es \sich hier um freiwillig

sich meldende Offiziere, Beamte, Unteroffiziere usw., und da meine ich,

ist es wohl einzusehen, daß man ihnen, die dort in fremdem Lande für Deutschland unter \{chwierigen Verhältnissen ihre Dienste tun, das Familienleben gestatten will und kann. Wie wenig im übrigen davon Gebrau gemacht ist, mag daraus hervorgehen, daß im ganzen nur vier Offiziere ihre Familien herangeholt haben, und daß im ganzen nur fünf Beamte und Unterbeamte von dieser Erlaubnis Gebrauch gemacht haben. Daß dieser Punkt zur Agitation dienen kann, vermag ih meinerseits nit einzusehen.

Abg. Dr. Südekum (Soz.): Die Worte des Kriegsministers haben mich nit yon der Unrichtigkeit meiner gestrigen Darlegungen überzeugen fönnen. Er hat darauf hingewiesen, daß die Offiziere und Beamten dort Freiwillige seien. Wer die Trennung von seiner Familie nicht aushalten kann, brau&;t sich ja niht nach China kommandieren zu lassen. Wenn es {hon richtig sein mag, daß 1870/71 den deutschen Truppen, die das Land nah Beendigung des eigentlichen Feldzuges beseßt hielten, gestattet wurde, ihre Frauen nahkommen zu lassen, fo hat man doch auch {on in der Klipp\hule die s{chône Geschichte ge- hört von dem großen Troß des französishen Heeres, das unter Soubise bei Noßbach geschlagen worden ist. Eben hat der Kriegs- minister auseinandergeseßzt, wie außerordentlich notwendig eine kotpli- zierte Bauverwaltung in China set, weil die Soldaten in den Häusern keine entsprehende Unterkunft finden könnten. Jch bin überzeugt, daß durch die Heranziehung der Samilten in China es nit bei den 40 000 J Transportkosten bleiben wird, sondern nun au für die Unterkunft dieser Familien wird gesorgt werden müssen. Es ist meinem Ermessen nah durchaus angebracht, gegen diese Forderungen

Widerspruch zu erheben. Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von Einem

| genannt von Nothmaler:

Ich möchte nur ein Wort bemerken, um allen Mißdeutungen vorzubeugen. Es ist ausdrücklich vorgesehen, daß wverbeiratete Offiziere, Beamte und Unteroffiziere, wenn sie ihre Familien heran-

ziehen, keine Quartiere auf Staatskoslen bekommen, und es wird auch von den Beträgen, die hier ausgeworfen sind, für solche Quartiere nihts gebraucht.

Abg. von Kardorff (Np.): Ich habe die geschichtlihen Kennt. nisse des Herrn Dr. Südekum doch etwas höher veranschlagt. Bej Roßbach haben die franzöfishen Offiziere keine Familien mitgchabt, Ein großes Damenpersonal war da, aber dies kann man nicht als „Familien“ bezeihnen.

Hierauf wird die Regierungsvorlage abgelehnt und die Anträge Spahn und von Normann angenommen.

Nach dem Kommissionsantrage soll das Bekleidungs- depot der Besaßungsbrigade nur bis zum“ 30. Sep- tember 1904 bestehen bleiben; der Antrag von Normann- von Nichthofen will es für das ganze Etatsjahr unverändert beibehalten wissen.

Abg. Freiherr von Nihthofen-Damsdorf (d. kons.): Unfer 2 ist von dem Herrn Kriegsminister \chon ausreihend begründet worden.

Der Antrag wird abgelehnt und der Kommissionsvorschlag zum Beschluß erhoben. Auch die bei der Intendantur und Bauverwaltung von der Kommission beantragten Abstriche werden entgegen dem Antrage von Normann von der Mehr: heit gutgeheißen. Der Nest des Etats gelangt gleichfalls nach den Kommissionsanträgen ohne Diskussion zur Annahme.

Es folgt die nachstehende Jnterpellation der Abgg. Auer (Soz.) und Genossen:

«Welche Maßnahmen gedenkt der Herr Reichskanzler zu ergreifen, um die durch Bergwerksgesellshaften, Mitglieder des Kohlensyndikats, im Nuhrrevier veranlaßte R von Kohlengruben und die dadur hervorgerufene Arbeitslosigkeit unter den Bergarbeitern zu beseitigen, sowie die damit verknüpfte Eristenzvernihtung von Bauern, Handwerkern und Geschäftslcuten jener Gegend zu verhindern ?“

Auf die Frage des Präsidenten erklärt der

Staatssekretär des Jnnern , Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Der Herr Reichskanzler lehnt die Beantwortung der Inter- pellation ab, weil diejenigen Maßregeln, welche gegen die Stillegung von Nuhrkohlenzehen ergriffen werden können, sich nur auf das preußische Berggeseß in seiner gegenwärtigen oder künftigen Fassung stüßen können, und weil ferner diejenigen Maßregeln, welche gegen die sozialpolitishen Folgen der Stillegung von Zechen zu ergreifen sind, nur von der zuständigen Landesregierung ergriffen werden können.

Abg. Singer (Soz.) weist auf die Bestimmung der Geschäfts- ordnung hin, nach der auch an die Ablehnung der Beantwortung i eine Besprechung knüpfen kann, und stellt einen dahin gebenden Antrag.

Dieser Antrag findet die geschäftsordnungsmäßige Unter- stüßung von 50 Mitgliedern, da außer. den Sozialdemokraten fich auh die Mitglieder der Nationalliberalen Partei, des Zentrums und der Wirtschaftlihen Vereinigung dafür erheben.

Abg. Hue (Soz.): Hier handelt es fich gar nicht um eine bergrehtlihe Frage, sondern um eine Folge der modernen Syndikats- politik, über die gerade im Neihhsamt des Innern kontradiktorisch verhandelt woorden ist. Auf Grund der Neichéverfassung ist die Reichsregierung verpflichtet, für die Wohlfahrt der Bürger einzutreten, in diesem Fall für den Shuyß des dur das Kohlen- syndikat in seinem Cigentum bedrohten Kleinbürgertums usw. Im Landtage wurde gesagt, was da im Ruhrgebiet geshah, wäre ein natürliher Vorgang, der sih, wer weiß wie oft, {on vollzogen hätte. Allerdings sind hon häufig Gruben stillgelegt worden wegen Unrentabilität, oder weil der Besißer weitere Anlagen nit maden wollte. Hat man aber jemals gehört, daß dort wegen folcher Stillegung eine derartige Aufregung wie jeßt aufgetreten wäre ? Das ist der beste Beweis dafür, daß es sich nicht um eine natür- liche, jondern um eine unnatürlihe Erscheinung handelt. Die Be- völkerung ist durch die Stillegung in ihrer ganzen Eristenz, in ihrem ganzen Eigentum bedroht: Im Landtage ist gesagt worden, die Aufregung der Leute fei eine Folge der ultramontanen und sozialdemokratishen Heterei. Es sind aber nit in erster Linie die Arbeiter, sondern die Kleinbürger, die Handwerker, die Amtskeute und Landräte, die von der Aufregung ergriffen sind. Zahlreihe An- gehörige jener Gruppen sind früher veranlaßt worden, ihr Vermögen in diesen Bergwerksdistrikten anzulegen, die nun vor ihrem Ruin stehen. Sobald eine Grubenverwaltung si in ihrer Allmacht glaubt gekränkt fühlen zu müssen, dann wird von Heyerei und dergleichen geredet. Die Herren Hilbck und Beumer leugneten, daß das Kohlen- syndikat die treibende Kraft fei, hon früher fei gleiches geschehen, als das Syndikat noh nicht existierte. Jh weise auf die Werkberichte und Generalversammlungen hin. Es handelt si nit um bergtechnische oder bergpolizeilihe Fragen, sondern um „Auswüchse", wie man sagt, um notwendige Folgen, wie ih sage, des Kapitalismus. MNedner erinnert an die Transaktion des Kohlensyndikats in bezug auf die Gruben „Konstantin“ und „Bickefeld-Tiefbau“. Den Fort- besfland unrentabler Gruben wollten seine Freunde nit, wie er, Nedncr, gar nicht ein Gegner des Syndikats an sih sei. Er sei der Ueberzeugung, daß, wenn nicht dem Syndikat infolge des Pro- testes der Bevölkerung und der Besprechung des Parlaments das Herz gebebt hätte, es längst alle auf der Proskriptionéliste stehenden Zechen till gelegt Hätte. Jhm fei ein Syndikatsherr bekannt, der im Privatleben ein selten guter Mensch sei, sih aber nit sch{eue, mit cinem Federstrih ganze Gegenden zu veröden. Es handle ih im ganzen um 66 Zechen mit einer Förderung von 114 Millionen Tonnen. Das Syndikat biete in seiner Zusammenseßung gar nicht die Garantie, daß es die Interessen des öffentlißen Gemeinwobls wahrnehme. Die fogenannten kleinen Kapitalisten hätten im Syndikat nichts zu - sagen, denn von den 104 Werken hätten 16 große die Majorität, sie hätten 373 Stimmen, während die absolute Mehrheit 366 Stimmen betrage. Die kleinen Kurxebesißer seien allmählih durch Zubußenausschreibungen aus- gepowert worden, was ein Herr Schmidt in einer Broschüre nach- gewiesen habe. Den kleinen Kuxebesißern würden durch allerhand Machinationen die Aktien verekelt, um sie zum Verkauf geneigt zu machen. Die Zeche „Concordia“ habe die Zehe „Steingatt“ 1902 an- gekauft und Jjofort stillgelegt; dieser Kauf habe sih als durchaus vorteilhaft erwiesen, was gegen Herrn Hilbck gesagt werden müsse. Die Zehe „Ewald“ habe „Eiberg“ gekauft und erklärt, fie habe in einem Jahr 800 000 A Gewinn gehabt, und die Aussicht, in wenigen Jahren alles das herauszuwirtshaften, was sie hineingesteckt habe. Von einer Zubuße könne also gar nicht die Nede sein. So dumm würden die Zechen auch gar nit sein, Zehen zu kaufen, von denen sie im voraus wüßten, daß sie unrentabel scien. Wenn der Abg. Hilbck dem Abg. Siöytel gesagt habe, er würte ihm keine Arbeitslofen nennen können tnfolge der Stillegung, so erinnere er ihn an den vertraulihen Erlaß des Knappschaftsvereins, in dem die Knappschafts- ärzte auf die Erwerbslosen aufmerksam gemaht werden, die krank feiern fönnten. Den Erwerbslosen werde also noch dazu der Vor- wurf der Simulation gemacht. Der Abg. Hilbck habe über die Arbeitszeit und das Krankengeld der Bergarbeiter ganz falsche Angaben hier im Reichstage gemaht. Könne man einen folehen Bergbau- verständigen noh ernst nehmen ? Derselbe Herr habe auch behauptet, daß nur die Zehe „Noland“ bei Oberhausen weit entfernt vom Arbeits- plaß liege. Dabei stehe fest, daß noch mindestens zwei bis drei andere Zechen, u. a. auch „Mathias Stinnes" bei Cromay, mindestens ebenso weit entfernt liege, daß die Leute, wenn sie zu Fuß dorthin gingen mindestens zwei Stunden gebrauhen. Der Minister Möller babe im

S hin

E gele(

M Leute, die in der Nâbe der Zechen sih ans

eußishen Abgeordnetenhause die ganze Erregung eine Theate1 panik ait Es handele ih nach dessen Meinung um 32 Zechen mit E ur“ 20 000 Mann Belegschaft. So fasse ein Minister die Er- einung auf, daß 20 000 Bergleute fortgejagt werden, weil es dem Kapital so gefalle. Es, set gesagt worden, es fei diesen Leuten nicht gekündigt worden; aber“ die Zechenverwaltungen bâtten die Gedinge derartig heruntergeseßt, hätten die Leute mit einem solchen Akkordsaßz ¡estellt, daß sie vor lauter Angst, bei shwerer Arbeit zu verhungern,

É sre Kündigung genommen hätten. Das sei natürlich keine „Kündigung“! 7 sei gesagt worden, daß die Zeche vGiberg“, die 7,89) Dividende verteilt habe, nicht ftillgelegt, fondern weiter betrieben werde. Es ei eine Mitteilung des Grubenvorstands verlesen worden, aus der dies hervorging. Auf derartige Mitteilungen eines Grubenvorstands Br nihts zu geben. „Alstaden" und „Julius Philipp“ sollten ja D uh nit stillgelegt werden, und eines Tages seien sie doch ftill- E gelegt worden. Als „Steingatt“ stillgelegt werden sollte, bin ich, N fährt der Nedner fort, im Revier zu den Leuten gegangen und habe N ihnen gesagt, siz_ möchten sih an das Oberbergamt wenden. Die N Leute haben den Ernst der Situation jedoh verkannt. Wo sollen die / Nähe „ansässig gemacht haben, bleiben ? N Was steht den Geschäftsleuten dort für eine Zukunft bevor; ist eine N folhe Politik, eine folhe Mittelstandspolitik vom nationalen Stand- N punkt zu billigen? Und wie gehen die Zechenbesißer dabei um? Als

N 1900 die Zeche _ „Arenberg“ nur 75% Dividende verteilte, da M flagie cin Aktionär in der Generalversammlung noch über die hohen E Arbeiterlöhne. Bei uns sind die Dividenden der Zechen höher wie D die in einer ganzen Reihe von anderen Ländern. Es kann sich also gar nicht darum handeln, daß die Zeche nichts einbringt. B s gibt noch Millionen Tonnen abbaufähiger Kohlen, und es ist M einfah unverantwortlih, es wäre ein Frevel, wenn das Volk H dulden würde, daß dieser unendlihe Neichtum vecdirbt, weil es den N Herren paßt, eine wertvollere Grube anzukaufen und die andere \till-

M zulegen. Wir haben dasselbe Schauspiel zu erwarten bei den Kali-

E werken. Wenn sich der preußische Staat das Kalisalzabbaureht nicht F vorbehält, dann wird dite Ueberführung des Kaliabbaues an aus- ländische Gesellshaften noch weiter vor sih gehen. Schon heute be- R sigen französische, englische, belgishe Kapitalisten erhebliche Anteile Bam Kaliabbau. Das „Mheinish-Westfälishe Tageblatt“ äußert sich N in warnenden, mahnenden Worten über und gegen die Folgen dieser N eigennüßigen Maßregel; dasselbe ist gesehen seitens des „Fvyan- Ÿ gelischen Arbeiterboten“, dem man doh keine Antipathie gegen die E Regierung nacsagen wird; fräftige Worte findet die „Essener Volks- N zeitung“ und das Organ des christlihen Bergarbeitervereins : letzteres sagt bei der Stillegung von „Steingatt" habe man sih das Fell über die Ohren ziehen lassen. Das sind also alles niht etwa M sozialdemokratishe Preßstimmen. Dieselbe Tonart wird angeschlagen D in den Bolksversammlungen, wo die Handwerker und Geschäftsleute sogar gewissermaßen den Spieß umkehren und den Arbeitern N Saumigkeit und Lauheit vorwerfen, weil sie \sih nit energisch genug ur Wehre seßen, wo angesehene Führer der nationalen Fauel in E Hörde in denselben Ton einstimmen; ja, die Anhänger des Bundes der Eandwirte fordern mit dürren Worten die Verstaatlihung der Gruben, B denn es bleibe nihts anderes übrig, wenn man nicht den Nuin über E das ganze Gebtet kommen lassen wolle. Nicht die Arbeiter, sondern Q

Bdie Blirger sind es, die in erster Linie die Aufregung in die Oeffent-

licfeit tragen und mich veranlaßt haben, hier au für ihre Interessen einzutreten. Was ist gegenüber dieser Politik der Syndikate zu tun? E Mir haben es niht nur mit den „Aus8wüchsen* des cinen Syndikats Bu tun; mit dem Stahlwerksverband werden wir dasselbe erleben, Fdenn er hat in seinem Gesellschaftsvertrage genau dieselben Be- Üstimmungen über die Beteiligtngs8ziffer der einzelnen Werke und die FBerechtigung dec Verschiebung der Ziffer eines Werkes auf das andere. Auf einem Eisenwerke werden bereits Anstalten getroffen, um eine

ey

dort seit Jahrzehnten betriebene Fabrikation nah einem anderen in

Lothringen belegenen Werke überzuführen. Der Stahlwerksverband besteht aus Besigern, die durhweg auch Erzgruben besitzen. Shließlih werden wir uns nit wundern dürfen, wenn eines \{önen

Tages die Herren vom Stahlwerksverbande eine Neibe von Werken |

Estillegen und die Betriebe nah einem anderen Revier verlegen, wo große. Kohlen- oder Erzshäße vorhanden sind. Dieser gewaltige Verband wird genau dieselben Wege wandeln, wie Ndas Kohlensyndikat. Was hat mit diesem allen der § 65 des Epreußishen Berggeseßes, was die Frage, ob Landes- -oder Neichss Bangelegenbeit, zu tun? Wir haben zu fragen, ob unsere Gesetze aus- freien, um der Vergeudung dieses Bestandteils des National- jreihtums, dieses Erbteils der Natur zu steuern. Oder sind wir {on fso weit gekommen, daß wir diesen Syndikaten gegenüber machtlos ind und die Dinge gehen lassen müssen, wie sie gehen, unermeßliche [Werte verderben und verkommen lassen müssen, weil es den Syndikaten

so gefällt? Wir erblicken das L eilmittel einzig und allein in der |

FVerstaatlihung der Grdschäge. Aber wir brauchen nicht so lange zu warten, bis sih dieses Zukunftsideal verwirkliht, sondern wir müssen unbeschadet aller Gesetze aus\prehen, daß es sich um unermeßlihe National- güter handelt, die niht dem Belieben einiger Großkapital8repräsentanten jauêgeantwortet werden dürfen, die vor solchen Ausschreitungen ges{hütt werden müssen. Sollte der Reichstag meinen, es stehe ihm fein Mittel Pagegen zu Gebote, und wir müßten mit gebundenen Händen dastehen, dann ibt es freilih feinen anderen Weg, als die Produktionsmittel ins- gesamt in den Dienst der Gesamtheit zu stellen. Mindestens baben jvir keine Veranlassung, der bitteren Schädigung so vieler Existenzen in Ruhrrevier ruhig zuzusehen; das wäre eine vollständige Kapitulation Vor dem Kohlensyndikat, vor der Organisation des Kapitals. Ich Witte Sie, nehmen Sie sich mit uns der © nteressen des kleinen Mannes pa unten an, dann wird die Regierung niht umhin können, auf Mittel und Wege zu sinnen, dieser wüsten Ausbeutungspolitik einen Damm ntgegenzusetzen. 2 Abg. Graf v'on Kaniß (d. kons.): Die Frage der Zuständigkeit ves Reichstags ist für mich nah Artikel 4 der Verfassung niht ganz nzwetselhaft. Der Bergbau gehört in gewissem Sinne zum Ge- verbebetrieb, für den die Zuständigkeit dort ausdrücklich begründet ist. Lraf bon Posadowsky hat nun gesagt, die Mittel zur Abhilfe würden U dem Wege der Landesgeseßgebung erfolgen können. Wir geben hm darin reht, haben auch gegen die Besprehung gestimmt; da 1e aber doh stattfindet, lege auch ih meinen Standpunkt dar. Ver Vorredner \{chloß mit der Perspektive auf die Verstaatlicbung. h frage, wer foll verstaatlien, Preußen oder das Deutsche Reich, nd wo follen die Millionen herkommen, die dazu erforderli sein wurden? Jch komme nachher auf die Verstaatlihung noch zurü. ver Vorredner hat recht, daß die gegenwärtigen Kalamitäten zurück- uführen sind auf das neue Statut des Kohlensyndikats. Die drei jrößten Zechen „Gelsenkirchen“, „Harpe“ und „Hibernia“ haben allein in Viertel sämtlicher Stimmen. Ebenso ungleich wie die Verteilung nd auh die NReinerträge der Zehen. Eine ganze Neihe von Zechen n Nuhrrevier arbeitet seit geraumer Zeit mit Verlust. Das hat der Dorredner nicht bestritten und der Minister Möller hatte mit seiner ckuuptung ganz recht. Interessant war mir ein Vortrag des Abg. uz: Bochum, nah welchem eine Zehe „Marianne und Steinbank“ in jem Jahre 7 Millionen Mark Zuschüsse erforderte. 16 Zechen da- egen hatten in den leßten Jahren einen Neingervin von rund K die Tonne. Darin liegt der Schlüssel des Geheimnisses. Wenn fue Gesellschaft ihr Föcderquantum erhöhen kann, fo erhöht fie auh ren Mehrgewinn. Der Prozeß des Ankaufs \hreitet weiter fort. “er Vorredner hat den Ankauf der Zeche „Alstaden“ dur „Hibernia“ n der Zee „Glückwinkelburg*“ durch „Krustenstein" für 3 Millionen Prdhnt, Die ankaufenden Zechen haben dabei ein glänzendes Ge- puit gemacht. Was kann dabei die Gefeßgebung tun? Vom ge- Niftlihen Standpunkt aus läßt sih eigentlich dagegen nihts ein- enden. Es is au hier das „freie Spiel der Kräfte* wirksam, n manhesterlihen Standpunkte aus. Im Nuhrgebiet betrug die l der Arbeiter 1902 244 000. Es ist begreiflih, wenn man nun n Arbeitskräften zu sparen versucht. Es müssen doch aber auch die en Gesichtspunkte mitsprehen, die ich über die wirtschaftlichen Erle. Jh beklage die Vernichtung zahlreicher kleiner Eristenzen, ; Konzentration des Bergbaues in wenig Händen, die \wierigê Lage mancher Kommunalyerbände infolge ihrer Auf-

»

wendungen

Grundstücken den Maßregeln preußishen Berggeseßes.

für Shulzwecke 2c., die Entwertung von Häusern, von rd aber sehr {wer sein, hier die rihtigen Mittel Man fsprict von einer Aenderung Ih gestehe offen, daß r Aenderung keinen großen Nutzen versprehe. Auch aragraph geändert würde, würde er nicht ausreichen, weil iszierten Bergwerken geschehen sersahren kann unter ÜUraständen drei Jahre dauern. Bergwerkfsbesißer sein Eigentum, was dann? Soll Verlust be-

ih mir von diese

e offen bleibt, was mit den konf | Das ganze L Verliert nun der L übernehmen u beschäftigen? man dem Staat zumuten kann, absolut unrentable Staat täte L dafür zu yerwenden, Situation zu bringen. wle es der Minister / den Bergwerksbesiger zu enteignen, kann aber au t zumuten, ein unreutables Werk zu betreiben. ist die Verstaatlichung. Da fragt es verstaatliht werden? Die preußishe Regierung ge Zechen im Nuhrrevier erworben. und in den Syndikatsizungen mit- so versprehe ich mir davon keinen Erfolg, denn ih willenlos und das Kohlensyndikat erst großgezogen.

anzunehmen. um die Arbeiter in eine Man könnte ja den §65 so inter- / ¡ller getan hat, aber. man fann nit weiter gehen, dem Staate nic anderer Bors nur einige Zechen hat ja schon eini 1o und so viele \prehen könnte,

i Aber wenn sie Zechen dort hâtte

Die preußische Eine andere Form der Aenderung wäre diejenige, daß der ganze Kohlenbergbau verstaatl sämtliche Zehen anzukaufe . Ich vermisse eine Berstaatlihung denkt. preußische Staat, bergbau erwerben. fah der Wert der Kohle erpropritert

demokraten zu fein.

fahren eine Mehrhei i Da würde es ja die Kohlenbergwerke recht hohen Erträge des Kohlenbergbaues frachttarif, der ja

n sein, au die in Bayern, Sachsen und Angabe, wie sich der Vorredner die Soviel ih verstanden habe, soll nit der sondern das Deutsche Reich den gesamten Kohblen- wie bei der Eisenbahnver nzechen festgestellt und die Zechen in dieser werden? Das scheint der Wunsh der Sozial- Ich glaube aber kaum, daß für ein derartiges L in irgend einer geseßgebenden Körperschaft sein doch ein einfaheres Mittel geben. erst billiger machen, man braucht ja nur die etwas herabzumindern. Diese ganzen Erträge beruhen hauptsächlich auf unserem Eisenbahn- einer Revision unterzogen werden könnte. Sie darauf, daß die Staats- und Neichsbehörden ihren den sie ja auch ebenfogut außerhalb des Syndikats _von dem Syndikat beziehen. e Lieferungen nehmen, so würden die ten eine fo rigorose Ich kann mich mit solcher recht befreunden. wie ich sie andeutet werde, seine Haltung etwas Bestimmungen aus dem Kalamität, die wir jetzt er Mahnung an das Syndikat, verbun würde nicht ohne Wirkung sein. können wir darüber einig sein: werden im Julande hochgehalte1 im Februar v. F. zweitägige Sitzung gehabt teilgenommen haben, boten war, si über die Einrichtungen und Auch die Frage der billigen Auslandsverkäufe wurde aber glei bei Eingang der Verhandlung sagte ein Teil- es sei das ein Geschäftsgeheimnis, bezüglihßen Ausführungen aus dem Steno sie niht veröffentlißt würden, verkäufen niht in die Oeffentl

staatlihung, ein-

ganzen Bedarf, deden Fönnten, Syndikat dies und wir brau

Preise bald sinken, Maßregel wie die Expropriierung Verstaatlihung überhaupt nicht te wünschen, daß durch derartige Maß- e, dem Kohlensyndikat der Anlaß gegeben zu ändern und insbesondere die neuen Synditatsvertrag örtern, herbeigeführt Haben. den mit dem gehörigen Nachdruck, In der Hauptsache, glaube i, es finden Mißbräuche statt, die Preise i, im Auslande wird billig verkauft. des Innern eine , an der die Vertreter des Kohlensyndikats gste Gelegenheit ge- Mängel dieser Institution

Eine solche

im MNeichsamt

und in der thnen ausgiebi

auszusprechen.

er behalte sih vor, seine gramm zu \streihen, damit und so sind die Preise bei Auslands- In Frankreich z. B. Stadt Paris die Kohle zu so billigem Preise ab- daß man in Frankreih den Verdacht hat, der preuf gewähre der westfälishen Kohle Nefaktien. fondern die für den Export nah en von den Zechen ganz außerordentlich Ein französisher Fahmann berechnete neulich, daß die Kohle ab Grube 6,88 4 koste, das ist ein Preis, für den der Deutschen Reichs unter keinen Umständen auch nur In welhem Grade das Kohlen- die einheitlihe Preisgestaltung der Koblen zu ergibt sich daraus, daß eine* Zehe vom Kohlensyndikat eine Abfindung von 36 000 4 bekam, f 36 000 Tonnen Kohlen weniger für das Ausland zu fördern. Es ergibt sih daraus, daß die Zehe niht mehr, wahrsheinlich noch weniger als 1 Æ für die Tonne verdient. Beim ausgeschriebenen Bau ometers konnte eine englische Firma die deutschen fo unter- bieten, daß sie den Zuschlag bekam, und das Fall ist, daß sie den Gasometer mit deutschen wird es der deutshen Industrie immer s{hwerer, mit dem Ausland zu Die neueste Erscheinung auf diesem Gebiet ist ein Ab- fommen zwishen dem Kohlensynvikat und dem Stahlwerkverband, das am 1. April in Kraft getreten ist, daß das Kohlensyndikat die Erport- Einvernehmen

, ( ihkeit gelangt. wird an die

Eisenbahnfiskus werden bekanntlich nicht gegeben, Paris bestimmten Kohlen werd billig abgegeben.

Angehörige des Zentner Kohle bekommt. syndikat bemüht ist, verhindern, ür die die Zeche ih vèr-

nteressanteste an diesem 1 Material baute.

konkurrieren.

Stahlwerke Das heißt Stahlwerkvetband

(Zuruf von den Sozialdemokraten: Terrorismus.) Alles das führt zu der

Stahlwerkverband

kommt nidts. Ja, das ist alles „freies Spiel der Kräfte". | Notwendigkeit, Entwickelungsgang zu hemmen. Auch von seiten der verbündeten Regierungen ist die Notwendigkeit eines geseßgeberishen Eingreifens Die Verhandlungen des preußischen Ab- geordnetenhaufes haben die Frage noch nit geklärt, und ih befürchte auch, daß die heutigen Verhandlungen diese Klärung nit herbeiführen werden, denn der Vorschlag, der von seiten der Interpellanten gemacht ist, daß der ganze Kohlenbergbau verstaatlißt werden foll, wird in praxi doch nicht durchzuführen set. Ausficht genommenen Enqueté abzuwarten haben, ehe wir positive Vorschläge mahen. Ich hoffe, daß Sie mir die Anerkennung nicht versagen, daß ih mi der größten Sachlichkeit in diefer sehr wichtigen Frage befleißigt habe. Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Die im Nuhrrevier hervorgerufen hat, wird wohl von allen Seiten be- Ich will im einzelnen niht \{ildern, wie es dort politischen Freunde Nicht das Stillegen von Zechen

bereits anerkannt worden.

Wir werden das Ergebnis der in

iefe Erregung, die diese Frage

griffen werden. j im preußischen Abgeordnetenhause bereits getan. an sih stiht dabei ins Auge dieser Vorgang ist ganz natür- lich —, s\ondern das plötzliche, unerhört rasche Tempo der Nieder- man au Zechen niedergelegt hat, um ihr Förderquantum einer anderen Stelle zu übertragen. Der Abg. Beumer hat von Gruben gesprochen, die ersoffen sind, wie die Gruben geringe Arbeiter- zahl beschäftigen, während jeßt Gruben niedergelegt werden, die eine beträchtlihe Zahl von Arbeilern beschäftigen Arbeitern werden, was aus den Gemeinden? Was dem Berggesez unterliegt und was die Ge- meinden betrifft, gehört zur Kompetenz des Landtags. 1 sih aber um die Aufsicht handelt, ist das Reich nah der Verfassung Wir haben gefordert, daß die verschiedenen partikularen Gesepgebungen erseßt werden follen dur eine einheitlihe Neichs- feßgebung. Es müßte dabei eine anderweitige Formulierung der Befugnisse stattfinden, die der § 65 des preußischen er Staat muß auch dann eingreifen dürfen, wenn dur das Stillegen solche sozialen Formen -eintreten, wie wir sie im Nuhr- revier sehen. Zur Kompetenz des Rei Syndikate. Bisher fehlt es an einer i Politik treiben, so gedeiht das Ganze; treib litik, so leidet das Ganze. Syndikate darf nicht weiter bestehen.

legung von Zechen, und und „Henriette“,

t Die Kompetenzfrage ist niht \{wierig.

hörden bietet hen Berggeseßzes den Be- Orden DIeCtet.

s gehört au die Gesetzgebung der Wenn sie eine vernünftige en fie eine verfehlte Po- Geschäftsgebarung der

Die unbeschränkte Der Staat muß auf die Ge-

{chäftsgebarung einen Einfluß haben. Es könnte z. B. ein Kommissar ernannt werden, mit der Bestimmung, daß keinerlei Geschäft rehts- gültig ist, wenn ex es nicht begutachtet hat, und daß er gewisse soziale Gesichtspunkte in die Syndikatsbestimmungen hineinbringt. Der Kernpunkt der ganzen Frage wäre, daß das Förderquantum viel ges rechter auf alle Zechen verteilt würde. Der Staatskommissar könnte darauf hinwirken, daß die Schäße untec Tage nicht verschleudert werden. Ferner müßte der Kommissar vermeiden, daß die Kohlen und Srze zu billigeren Preisen nah dem Auslande geworfen werden, und dies unserer Industrie cine gefährliche Konkurrenz maht. Man sollte da lieber nit so viel Kohle fördern und dazu galizische Arbeiter verwenden, wenn die Kohlen billiger na dem Autlande verkaust werden müssen. Wird das Förderquantum auf alle Zechen verteilt, so fällt der Anreiz zum Stillegen fort. Das Still- legen einer Zehe ist nicht ein unabweisbares Fatum. Wir müssen uns an das Syndikat als Ganzes halten, wenn es sih um Beseitigung von sozialen Schäden handelt. Die Zeche „Fulius Philipp“ hat sich bereit erklärt, auf fünf Jahre die gesamten Kommunalsteuern zu zählen. Das ist erfreulih, aber es ist ein einzelner Fall. Man vermißt“ bei dem Koblensyndikat den fozialen Geist, den wir bei einzelnen Aktiengesellschaften sehen. Der Staats- tommissar müßte diesem Geiste Geltung verschaffen. Die verbündeten

YNegierungen haben alle Veranlassung, mit Nachdruck dafür zu f\orgen, daß möglichst bald ein Syndikatsgeseß uns vorgelegt wird.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Dem Abg. Hue gegenüber möchte ich bemerken, daß mein Freund Beumer im Abgeordnetenhause nur ver- lesen hat, daß die Zehe „Julius Philipp“ von der Zeche „Prosper“ aufgekauft sei, und daß diese den Arbeitern von „Zulius Philipp“ bei sich Arbeit zu ihren Löhnen angeboten habe. (Zuruf des Abg. Que: Mehrere Stunden entfernt!) Das kann i nit beurteilen. Ferner möchte ih hervorheben, daß von den 18 Zechen, die mein Freund Beumer angeführt hat, von 1870 bis ¿ur Gründun des Syndikats 10 \stillg-elegt worden sind. Es handelt fi da um Betriebseinftellungen vor der Gründung des Syndikats. Ferner hat der Abg. Hue dem Dr. Beumer zum Vorwurf gemacht, daß er die ganze Schädigung, die durch diese Entwickelung herbei- geführt sei, von oben herab behandelt habe. Mein Freund Beumer hat im Gegenteil betont, wie bedauerli es sei, daß gerade eine Klasse besonders tüchtiger Arbeiter davon betroffen wird. (Redner verliest den betreffenden Passus der Nede des Abg. Dr. Beumer im preußischen Abgeordnetenhause.) Jh freue mich, daß die Einsicht jeßt bei den Sozialdemokraten eingekehrt ist, daß die Arbeiter seßhaft gemacht und in die Lage verscßt werden müssen, ein Grundstück ihr eigen zu nennen. Es ist befonders bedauerlih, daß gerade in dieser Gegend eine Wendung eintritt, die einen großen Teil der kleinen Besißer wieder aus ihrem Besiß herauszudrängen vermag. Auch die Gemeinden werden große Schwierigkeiten haben, und es ist daher das große Interesse verständlih, das {ih bei dieser Entwickelung geltend macht. Es ist ja ganz unzweifelhaft, daß das Kohlensyndikat auf die Bergwerke eingewirkt hat, und zwar im günstigen und im ungünstigen Sinne; in günstigem Sinne, weil es im Widerspru zu den Ver- tretern gewisser Zehen die Preise ausgeglichen hat, und der starke Einfluß, den die Kohlenhändler früher hatten, niht allzu weit geht. Selbstverständlih hat eine solhe Gntwickelung auch zu ungünstigen Folgen geführt. Ein neues Gesetz würde die jeßige Kalamität nicht mindern können, denn bei der Langsamkeit, mit der Gesetze zu stande kommen, ist dies ausgeschlossen. Jh glaube daher, daß der Weg, den die preußische Regierung einge\chlagen hat, der richtige ist, indem sie versucht, ihren Einfluß dahin geltend zu machen, daß die Schäden sowohl für die Gemeinden wie die einzelnen möglichst gemildert werden, und die Staatsregierung hat auch ohne ein neues Gesetz gegenwärtig Mittel dazu. Ich glaube, daß es durch die Ausfendung von Kommissarien gelingen wird, die beteiligten Zehen und Witrtschaftskreise dahin zu bringen, daß “au ihrerseits das möglichste geschieht. Ein anderes afktives Mittel liegt gegenwärtig nicht vor, das plöglich wirken könnte. Eine reih8- geseßliche Regelung des Syndikatswesens halte ih nicht für an- gebracht. Unsere wirtshaftlihe Entwickelung zeigt allerdings eine starke Tendenz, bestimmte Zweige der Produktion in eine Hand zu bringen, um dadurch größere wirtschaftlihe und auch technische Vor- teile zu erreihen. Solhe Bildungen haben aber auch die größten Gefahren. Wir waren zwar Anhänger der Berstaatlihung des Eisen- bahnwesens, aber eine Verstaatlichung des Bergbaues würde nach unserer Ansicht außerordentli bedenklih sein. Wollten wir auch die Bergwerke verstaatlichen; so würde unser ganzes Volksleben vom Bureaukratismus durhseßt werden. Eine Besserung hängt wesentlich von der Leitung der Syndikate ab: wir hoffen, daß sie vernünftig sein und fich gemäßigt verhalten werden.

Abg. Gothein (fr. Vgg.): Ich glaube, daß- der preußische Landtag das Forum ist, vor das diese Sahe gehört. Wäre die Sozialdemokratische Partei dort vertreten, so würde sie wohl auch dori ihre Stimme erhoben haben. Leider ist die Sozialdemokratische Partei infolge unseres s{lechten Wahlgeseßes dort niht vorhanden. Die Hauptursahe der Kalamität beruht in der Uebervroduktion, die das Syndikat ins Leben gerufen hat. Auch früber sind Zechen stillgelegt worden, die nit mehr lobnten. Das Syndikat hat einzelne Zehen noch künst am Leben erhalten. Unbesttitten ist, daß. diese kleinen s\tiligeleztea Zehen im Syndikat diejenigen gewesen sind, die stets di Hochhaltung der Preise verlangt hatten. Ih bin ja kein befonderer Freund der Syndikate, aber ih bemühe mih do, die Sache objektiv zu betrahten. Es ift eine Neihe von Zechen stillgelegt worden, um die Förderziffer anderer billiger produzierender Zehen zu vermehren. Beim Kalibergbau haben wir genau dieselben Verhältnisse. Wir würden zum halben Preise verkaufen können, wenn die Gruben richtig aus- genußgt werden fönnten. Uebrigens beruhen die boben Ge- winne der Kaliwerke mehr auf dem Sodazoll. Mit welchen Mitteln will nun der Staat der Stillegung entgegentreten? Der Minister Möller will auf Grund des § 65 des Berggeseßes einschreiten. Wer aber die Motive dieses Geseyes prüft, wird wissen, daß man unter öffentlihem Interesse ledigli das Interesse der öffentlichen Sicherheit verstanden hat, niht au den Fall, der bier in Frage stebt. Aber auch abgesehen davon, ift der Paragraph ein Versu mit un- tauglihen Mitteln, er ist bisher niemals wirksam geworden. Das Bergwerkseigentum würde nur aufgehoben werden, und jeder bätte das Necht, von neuem zu muten. Sämtliche Realinteressenten würden wiederum den öffentlihen Verkauf des Berzwerks - verlangen können, und ebe es dazu kommt, könnte der Berg- werksbesizer die Schienen usw. entfernen, also den Berg- bau unmögli) machen. Dazu “kommt dann noch die se{smonatlice Frist. Dann bat man die allgemeine Verstaatlihung der Bergwerke oder die Verstaatlihung einzelner Gruben vorzeshlagen. Der leßtere Borschlag ist unpraktisch, weil die meisten Betriebe unrentabel find. Eine allgemeine Verstaatlihung wünsche ich als Bergmann am aller- wenigsten. Der tehnishe Fortschritt wird überall von den privaten Betrieben getragen, die staatlichen hinken {chwerfällig nad. Auch die Grfahrungen mit der Verstaatlihung der Eisenbahnen sind nicht er mutigend. Was ist von dem Versprehen geblieben, daß man nicht fisfalish, sondern im Interesse des wirtschaftlichen Verkehrs arbeiten wolle. So würde es auch bei den Bergwerken sein. Der Fiskus hat in der Tat d Syndikate aufs höchste unterstüßt, er ist von einer Mitshuld nicht frei zu sprehen. (Zuruf des Abg. Grafen von Kaniß.) Herr Graf von Kaniß, Sie find doch nicht der Staat! Der Staat hat die preishochhaltende Politik der Syndikate immer unterstüyt, stellenweise ist er sogar mit der Erhöhung der Preise vorangegangen. Herr Bachem hat einen tiefea Blick in den Schreib- tisch seines Freundes Spahn getan, in dem seit 2 Jahren der Geseßz- entwurf, betreffend die Regelung des Syndikatswesens, fir und fertig liegt. Was er aber daraus mitgeteilt hat, ist nit geeignet, um allzu viel davon zu erwarten. Es soll ein Staatskommissar ernannt werden mit einem Vetoreht. Nach bisherigen Erfahrungen wird das nicht sehr viel helfen. Die Syndikate haben ihre guten Freunde in den Ministerien. Die Weisheit der Syndikate ist ja von dem Finan minister warm gepriesen worden. Es ist zu befürchten, daß an die Stelle der Syndikate die Trusts treten. Das Verbot des billigen Verkaufs

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