1883 / 103 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 May 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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daß die Militärverwaltung an und für sich gar nit in der Lage if, derartige Bestimmungen einseitig obne die Allerböchste Genehmigung zu erlassen. Ih lege Werth darauf, meine Herren, diese Erklàä- rung, die ih damals abgegeben habe, hi:r im Haufe zu wiederholen. Der Herr Referent hat Ihnen die Erklärung vorgelesen, Sie sind also im Stande zu beurtheilen, wie weit nach dieser Richtung hin geganaen werden soll. B

Meine Herren! Die Erörterurgen în der Kommission haben aub, wie ich glaube, den {chr großen Vortheil ge- habt, naczuweisen und festzustellen, daß bisher überaus irrige Ansichten verbreitet gewesen sind über namentlich die staatliche Unterstüßung, die in dicsea Gewerbebetrieben stattge- funden hat. Ich habe diese irrigen Anschauungen bercits in der Kom- mission auf das rihtige Maß zurückgefübct und richtig gesteUt, lege aber Werth darauf und habe mir deshalb hier noch besonders das Wort crbeten —, auch im Plenum noch einmal einen kleinen Blick auf diese ganzen Verhältnisse unter Arführung von Zahlen zu werfen, damit allgemeine Klarheit über die Verbältniffe erzeugt wird und damit, wie ich boffe, cs ermöglicht wird, diese Angelegenheit, die uns nun {on dur mehrere Jahre bescbôftigt hat, endlih von der Tagescrdrung der Verhandlungen hier verschwinden zu machen.

Meine Herren! Die Frage des Gewerbebetriebs der Hand- werker, insbesondere also der Schuhmacher und Schneider, ist ange- griffen worden unter zwei Gesihtspunïten: einmal unter dem Gesichtspunkt der Konkurrenz überhaupt, melche den Civilhandwerkern dadurch gemacht würde, zweitens unter dem Gesichtspunkt einer Konkurrenz, welche eben nicht aufrecht zu erhalten fei, weil fie auf der einen Seite staatlich erheblich unterstüßt würde.

Nun, meine Herren, was die Konkurrenz überbaupt betrifft, Schneider und Schuhmacber, so existiren na den mir zugänglichen Resultaten der Volkszählung vom Jakre 1875 Schneider, Schuh- macher, Sattler, Riemer und Tapezierer im Deutschen Reich, männ- liche Personen, die sich mit diesen Berufen beschäftigen, 652793. Die Tapezierer sind nicht besonders aufgeführt gewesen; ich glaube, meine Herren, wenn ih davon 23 000 abrechne, so werde ih vielleit die Sattler, Schuhmacher und Schneider zusammen haben. Uebrigens, wenn ih mich hierin ein wenig irre, wenn ich alle Sattler, Riemer und Tapezierer, die ganze Zahl auf die Tapezierer renen soll, werden Sie schen an der weiteren Berecbnung, die ih geben werde, daß das nur einen sehr unerhebliden Einfluß hat. |

Also ih habe um mit runden Zahlen zu re{nen 23000 ctwa abgerechnet, dann bleiben 630000 männliche Personen, welche ih mit Schnciderei, Shuhmacherei und Sattlerei beschäftigen. Dieser Bal stehen gegenüber 10091 Oekonomie-Handwerker itn ganzen deutschen Bundesgebiet. Diese Zahl von 10091 ist aber nihti immer komplet vorhanden; indessen wenn wir auch renen, daß sie komplet da wäre, so ergiebt sib, daß für die Privatarbeit auf den Handwerk- stätten, die von diesen Leuten geleistet wird unter der Leitung der Regimentsschneiderneister u. |. w., wenn man annimmt, daß diese Leute nun {on eine Tagetarbei: hinter sich haben, fo ergiebt si, daß man doch von dieser täglichen Leistung nur einen fehr geringe: Bruchtheil anrechnen kann auf eine Konkurrenz, welche den (ivilarbeitern gemacht wird.

I sehe natürlich, meine Herren, bei dieser Berechnung ab von dem Betrieb der Hándwerksftätten auf Militärrechnung, das ift ja natürli; aber da bemerke ic nur, wenn wir die etwa aufhöben, ab- geschen von vielen anderen Gründen, die dagegen sprechen würden, so würden ja alle diese Personen der Konkurrenz im Civil wieder zurük- fallen, also es ivâre darin auh nichts gewonnen unter diescm Ge- cch1spunkte. .

Ich meine also, meine Herren, daß es sich nur darum "andelt, festzustellen: ja wie groß ist denn die Acbeitskleistung eines Dekonomie- handwerkers noch, nahdem der Mann nun {on 9 bis 10 Stunden im Dienst gearbeitet hat? Da habe ic in der Kommission ge?prochen von 1/6 oder 1/7 seiner wirklichen Arbeitsfähigkeit und Arbeitskraft. Diese Zahl muß iv allerdings zurücknehmen. Ich habe nämlich Er- mittelungen angestellt, in welchem Umfange überhaupt noch diese Offiziersbekleidung8anstalten gehalten werden, und da kin ich nun in den Stand geseßt aus den Berichten der Regiments-Com- mandeure, zu erklären, daß überhaupt in diefen Handrertg- flätten für die Offiziersbeklcidunzsanstalien c. im Jahre 180 Arbeits\ftunden stattgefunden haben, aifo täglih 7 Stunde im Durch- {chnitt. Nun, meine Herren, wenn Sie dieses annehmen und das gegenüber halten der amtlihen zehuftündigen Arbeitszeit, so kommen wir also auf das Zwanzigstel, also 1/3 mal weniger als ich in der Kommission angegeben hatte. Wenn Sie nun von den 10091 Deko- nomiehandwerkern 1/29 ihrer täglichen Arbeitszeit berechnen oder diese Zahl 10091 dur 20 theilen, so kommen Sie alfo auf etwas über 500, und wenn Sie diese nun wieder mit den 630 000 vergleichen, dann ergiebt sich also, daß etwa 1/1200 Konkurrenz dem einzelnea Civilarbeiter gemacht wird durch diese Arbeiten der Oekonomichand- werker, Meine Herren, da möchte ih allerdings die Frage auf- werfen, ob da überhaupt von einer sehr erbeblihen Konkurrenz, bie irgendwie den Einzelnen belastet, noch die Nede sein kann.

Die Beschwerden, meine Herren, gehen natürlich von Konkurren- ten aus und keinem Menschen if ein Konkurrent angenehm. Möglicherweise denkt sich so Einer, der gegen die Militär- handwerker angeht: ja, wenn der die Arbeit nicht hätte, dann würde ih sie bekommen. Das ift aber doch fehr die Frage ; die Arbeit würde si vertheilen. e :

Nun habe ich Ihnen die Verhältnisse für das ganze Deutsche Reich gesagt, ih würde aber ein Unrecht begehen, wenn ib Ihnen vit die Verhältnisse angäbe für eine Garnifon, und zwar für einen Gatnifonsort mit besonders starker Garnison; denn da stellen sich die Berhältnisse anders. Dieses Exempel will ih Jhnen jeßt machen mit der Garnison Potsdam. Potsdam ift gerade diejenige Gar- nison, welhe in Bezug auf die Handwerksstätten ungünstig ficht im Verhältniß zur Bevölkerung8ziffer. Jedenfalls werden Sie mir zugeben, daß id ba der Auswahl dieses Ortes 1 Jnfanterieregiment, 4 Kavallerieregimenter mit ihren Handwerksstätten, 1 Unteroffizierschule, 1 Jägerbataillon, das alles im Verhältniß zu der Zahl ver Cinwohner, wenn Sie etwa Berlin gegenüberstellen eine Garnison gewählt babe, welce für die Beweisführung für mich recht ungünstig ist. Da stellt fch die Sache folgendermaßen. : |

Es sind augenblicklich in Potsdam 924 männliche Personen beim Schneider- und Schuhmachergewerbe betheiligt, denen etwa 150 Schnci- der und Schuhmacher unter den Dekonomiehandwerkern entgegenstehen, Rechnen Sie da wieder 1/20 Arbeitstag, so kommen gegen diese 924 Schneider und Schuhmacher 73re chunungsmäßig in Frage rechnungsmäßig natürlich für dies (Frempcl, Das ergiebt also, daß Jeder Civilschhneider und Schuhmacher, weuu wir uns gleichortig die Arbeitsleistung der Oekonomiearbeiter vertheilt denken, etwa um 1/123 geschädigt wird. Das ift etwas erheblich. Aber diese in einem ipeziellen Orte in einem echebliden Maße fich ergebende Beschädi- gung und Beeinträchtigung véershwindet ganz, wenn Sie sich yergegenwärtigen wollcn, daß die Dekonomichandwerker nur mit ihrem Truppentheile da find. Und wenn Sie nun, wie hier beabsichtigt worden ist, die Privatthätigkeit der Oekonomichandwerker auf den Kreis der Truppentheile beschränken, verstcht es sich von selbst, daß in dem Momente, wo der Truppentheil weggeht, au die Oekonomie- handwerker mit weggehen, und wenn sie nur für Angebörige der Lruppentheile arbeiten, entsteht eine Schädigung der dort noch Lebenden Civilarbeiter eigentli gar nit.

Außerdem, meine Herren, bleibt noch zu bemerken, daß cin sehr geoper Theil der bei den betreffenden Truppentheilen nothwendigen

rbeiten den Civilhandwerkern verbleibt. Es ist die Masse der Offiziere z. B., an denen am meisten zu verdienen ist, welche bei den A erieen und nicht bei den Militärhandwerkern arbeiten afen.

Was nun den Punkt anbetifft, inwieweit Offizierbekleidungs- onstalten noch existiren, da wollte ich Ihnen auch nech eine Zu- fatnmenstellung geben, welc;e zeigt, daß dies auch nur noch in sehr mi- nimaler Weise stattfindet. Einrichtungen zur Beschaffung billiger

Bekleidungsgegensiände für Offiziere bestehen unter den 294 in Ve- tracht kommenden Truppentheilen des unter preußisher Verwaltung sehenden Militärckontingentes nur noch bei 18. Von diesen 18 würden zunäst 9 gar nit in Betrocbt zu zichen sein, weil es si& bei denselben autscließlih um Anfertigung in außerfiskalischen Räumen, also Civilräumen handelt, wo nur Civilperfonen beschäftigt werden. Es bleiben also 9 übrig. Von diesen 9 werden aber 3 nicht in fiskalischen Räumen betrieben, sondern außerhalb durch Vermitt- lung eincs Civilschncidermeisters, und cs sind au dort Civi!arbciter wie auch Militärarbeiter, und zwar dicse aushülfsweise be- schäftigt. Es verbleiben also rur noch 6 Truppentkeilc, bei denen Offizierbekleidungsgegenftände innerhalb fiskaliscer Räume angeferligt werden, und unter diesen 6 Truppentheilen be- finden sich wiederum nur 2, bei denen die Arbeit aus\c{ließlih von Militärhandwerkern ausgeführt wird. Ein solcher Veriht gerade von einem folcen Regiment, wie es hier in Vetracht kommt, sagt nun, nacbdem ausgeführt, daß also überhaupt nur 180 Arbeits\tun- den ih habe, ofen gesagt, na diesen Dingen gar nicht gefragt, der Regiments-Commandeur hat selbst einen sehr umfangreichen Bericht gemabt im Laufe cines Jahres dort gearbeitet ist. Es steht dann außerdem noch darin wonach ih auch gar nicht gefragt hatte, aber der Commandeur scheint der Anficht zu scin, daß ih ein besonderes Interesse daran nehme —, daß es nit angängig sei, die Dekonomie- bandwerker in einem erbebliheren Maße dazu heranzuziehen, da die Leute {on 9 bis 10 Stunden zu arbeiten hätten, und es nit an- gängig sei, wenn man den Leuten die auêreicente Arbeitskraft zu dienstlichen Angelegenheiten erhalten will, ihnen eine länger währende Privatarbeit zu gestatten. Sie sehen, meine Herren, diefer Punkt roird auch nicht aus dem Auge gelassen.

Außerdem sagt der betreffende Commandeur das wird für den Herrn Abgeordnetcn, der vorhin gesprohcn hat, von besonderem Interesse sein die Oekonomiebandwerker lassen sich auch gar niht bereit finden, außerhalh der Dienststunden so viel zu arbeiten. Wenn das der NRegiments-Commandcur sagt, fo sollte ih do meinen, daß das, was in den untercn Instanzen sich etwa abspielen foll, daß da ein gewisser Zwang stattfinden sollte, nit ein offizieller, aber ennen toh wohl hier aus der Betrachtung ausscheiden müßte. Nun kommt die Frage der Begünstigung durch den Staat. Da find auch irrige Anschauungen verbreitet von Unterstüßungen durch Feuerung, Licht u. f. w. Auch da ist Ihnen ja gesagt, daß das gar nicht statt- findet, sondern die Benutzung der fiskalisden Haudwerksstätten ift seit dem Jahre 1870 {on derartig einges{chräuklt, daß die volle Ent- schädigung dafür gewährt wird.

Nun sagt man ferner, der Ockonomießandwerker bcfindei \ich {on im Staatsdienst, der Staat forgt für ihn, er wird gelöhnt, verpfleat, er hat Unterkunft, Beklcidung u. #. w. Das ist richtig, da- für leistet der Mann auch dem Staat Dienste. Ich bin ter Ueter- zeugung, daß ein Privatarbeiter, der tägli 10 Stunden ordentlich arbeitet, dem Ockl'onomiehandwerker gegenüber in Bezug auf die weitere Erwerb8gelegenheit sich in nicht sc{hlehterer Lage befindet, das ist ganz dasselbe, beide sind in der Lage, noch in ihren Ueberfstuncken etwas zu leisten. Also ih glavbe, daß in dieser Beziehung eine Unter- ütung durÞh den Staat in keiner Weise nachgewiesen ift, aud selbst wenn der Staat noch den Oekonomichandwerker steuerfrei inacht, denn die Steuer, die der Mann nah scinen in- fommensverbältnifsen zu tragen hätte, wenn er sich im Civil- vcrhältniß befände, wäre do eine außerordentli geringe.

Was die Frage der Kantinen anlangt, so ist da auch die Ansicht verbreitet gewesen, daß der Staat ihnen Feucrung, Beleuchtung u. \. w. gebe. Das ist alles nicht der Fall, es wird den Kantinen, welche von den Truppentheilen geführt werden, neiter niGts gewährt, als cin sehr gering bemessener Raum, meistentheils im Keller- geshoß des Kasernements, der also für andere Zwecke weiter nit verwendbar ist; wenn aber eine Verpachtung an Privatpersonen eintritt, dann müssen diese noch sogar die entsprechende Miethe zahlen.

Nun hat in Beziehung auf die Kantinen der Hr. Abg. Ricbter hervorgehoben, daß cs dod eigentlih nit zweckmäßig wäre, diese Wirthschzften zu fördern, soweit dadurh dem Vertrieb geistiger Ge- tränke innerhalb der Armee Vorschub geleistet wird. Meine Herren, ich glaube, wir haben in der Armee ein sebr naßeliegendns Inlercfsse daran, daß ein niht zu weit gehender Verbrauch geistiger Getränke stattfindet. Das erweist sich schon daraus, daß, trotzdem das Militär- strafaeseßbuch die Truakenheit außer Dienst gar nicht unter Strafe fellt, wir dennoch für Trunkenheit außer Dienst im Dis-

ziplincirwege Strafe eintreten lassen. Jch glaube also, daß nach der |

Richtung wirklich eine Aufforderung nicht nöthig ist, dax mehr zu thun, als bisher geschehen ist in Bezug auf die Aufsiht uad das Entgegentreten gegen dieses allerdings immer weiter sich verbreitente Laster der Neigung zum Trunk. y

Außerdem glaube ih do, daß, wenn wir eiwa die Kantiner abshafften und den Leuten die Gelegenl\eit vollständig freilicßen oder sie dazu rötlbigten, in den öffentlichen Schänkeun ihren Bedür f- nissen nach dieser Richtung hin gerecht zu werden, daß dann die Auf- sicht für uns erheblich erschwert werden würde, denn in der Kaf-rne können wir die Aufsicht viel besser üben, alé in den Privatschä-ken ; E soll denn dahin gehen und sehen, daß die Leute nicht ?u viel trinken.

Dann ist angeregt, daß die Militärkantinen grundsäßlih die Ve- stimmung haben, daß der Genuß nur au? dcr Stelle stattfinde, und dabei sind in Parallele gezogen andere d:rartige Privaiwirthschasten, wo derartige Bedingungen bestehen. Meine Herren, das ist nich: zu vermeiden, daß der Mann, der sih eir. Glas Bier kauft, es uh «lci avstrinft, ohne sih niederzuseßen. Hier handelt es sich nur um das Niederseßcüu an Ort und Stelle und das fogenannte Zechen, das finder natürlich garnicht statt, sondern dec Mann darf bloë fein Glas Vier austrinkeu, ohne sih dabei niederzuseten ; aber ein Nieder- segen zum Zechen, das gesciecht gar nit.

Dann, meine Herren, hat der Hr. Abg. Richter das Mitbringen der Gäste bemängelt, unter dem Gesichtépynkte, daß diese Kantinen do gewissermaßen wie Konsumvereine zu. betrachten seien und in Folge dessen auch keine Steuer bezahlen, Ja, meine Herren, ich weiß nit, ob in den Konsumvereinen die Bedingung besteht, daß Jemand mit den Gegenständen, die er sich aus den Konsumvereinen beschafft, nicht auch feine Gâste bewirihen fkann. In den meisten Fällen wird es der Fall szin, daf LantbEleute der Soldaten in die Kaserne kommen, um ihre Angehörigen zu be- suchen. Der Soldat geht mit ihnen in die Kantine. Das können wir nicht verbieten lassen, ein folches Verbot wünschen wir auch nicht, und d«s wünschen Sie, glaube ich, selktst nit. j

Dann sind die Stcuerverhältnisse der Garnisonen in dem Vlsaß zur Sprache gebracht worden. Diese Sache ist mir neu. Jch habe davon noch nits gehört, ich glaube aber, daß wenn die Städte sich beshwert fühlen, daß sie in dcr Vertheilung der Steuern auf ihre Finwohnerzahl gestellt seien und daß bei dieser Gelegenheit die Garnison mitgerehnet würde, und daß, da der Kantinen- kFonsum der innerhalb der Truppentheile betrieben würde, nun nicht den Verdienst für die Civilbevölkerung ergebe, die doch die Steuern bezahlen müsse, si die Sache doc) aub noch anders absflellen ließe, als dadur, daß wir die Kantinen ganz einfach verbieten,

Nun hat bei der Frage der Konkurrenz, wenn ih dacauf noch einmal zurückonmmen darf, der Herr Abgeordnete auch davon ges sprochen, daß der Staat mit unbeschränkten finanziellen Kräften arbeitet gegenüber anderen Konkurrenten. Aber ich habe, glauve ich, nachgewiesen, daß hier wirkli zur Erörterung gar keine finanziellen Leistungen des Staates kommen; €s fei denn die geringe bauliche Unterhaltung der Kantinen. Da, meine Herren, glaube id, kann wohl von unbeschränkten finanziellen Mitteln, die der Staat auf dieses Gebiet etwa zu legen hätte, nicht die Rede sein. :

Der Herr Abgeordnete hat dann gemeint in Bezug auf die Thätigkeit ver Handwerker, entweder müßten die Leute so in den Dienst herangenommen werden, daß sie keine Möglichkeit häiten, eine Privatarbeit zu leisten, weil er darin auch cine unerlaubte Kenkurrenz

sieht und eine Verkürzung der Dienftzeit verlangt. Nui, meine Herren, tas Maß der Leiftungen ist bei den einzelnen Menscen ein ganz verschiedenes, der körperlichen Leistungéfähigkeit au, was hier in Betracht kommt. Warum soll nun, wenn wir an die Aufstellung vnserer Maße geben und den Maßstab an die Minimalleistung legen müssen, ein Handwerker, der leistungsfäbiger is, und der von einer Leistung von 9 oder 10 Stunden no nicht ers{chöpft ift, nicht eine halbe oder eine Stunde weiter arbeiten? Wir können derartige Dinge nicht so reglementiren. Das findet doch auch nit in ¿ec Civilbevölkerung ftatt. Da wird auch nicht gesagt, man darf ni&t länger als 10 Stunden arbeiten, sondern es wird dies jedem nach Maßgabe seiner Kräfte gestattet.

Wenn der Herr Abgeordnete meint, wir wären verpflichtet, alle Zeit des Mannes für den Dienst in Anjpruch zu nehmen, so jage ih: wir müssen uns an die Minimalleistungsfähbigkeit halten. Der eine fühlt sid ermüdet, während der andere noch leistungsfähig ist. Das it ein Prinzip, was durch alle Anordnungen des Dienstes hindurch geht, und was wir auf diesem Gebiete niht zu veranlassen brauen. Wenn das mit der zwei- oder dreijährigen Dienstzeit in Zusammenhang gebract ift, so müssen wir sagen: viel mehr Zeit als auf die über etatémäßige und über diensimäßige Beschäftigung der Oekonomichandwerker verwendet wird. geht verloren durch die große Masse Vergünftigungen, die wir den Mannschaften gewähren, durch die Beurlaubung u. st.w. Es müßte, um die zweijährige Dienstzeit durch- zusetzen, gesagt werden: fo lange die Leute noch beurlaubt werden, wollen wir doch erft mal die Dienstzeit verkürzen. Warum soll, wenn bei der Beurlaubung eiwas im Interesse ver Mannscaft aus wohlwollendem Herzen im Ressort der Militärverwaltung gestattet ist, die Militär- verwaltung auf anderen Gebieten cin ganz hartes Herz zeigen ?

Was die Billigkeit der Ertraanzüge betrifft, so will ih nur be- merken: es ist mögli, daß heute ein Privathandwerker sich bereit erklärt, die Sachen billiger zu machen, als man sie in den Militärhandwerkésstätten bckommt; aber wenn diese Arbeiten Seitens der QOekoromiehandwerker auf- Fören, dann wollen wir mal sehen, was die Civilhandwerker für Preise stellen roerden. Außerdem sind die Leute nicht sicher, daß sie nicht dort mangelhaftes Material bekommen, während sie hier hin- gehen und selbft sehen, was der Hantwerker für Material nimmt, sie sind in der Lage, unausgesett die Arbeiten selbst zu beaufsichtigen.

Jch habe in der Sitzung vom 5. April gesagt, daß ih die Be- stimmung, daß die Leute sich das sollten beim Militärschneider arbei- ten laßen, für zwedmäßig halte mit Rücksicht auf die Probemäßigkeit. Der Herr Abgeordnete hat nun wie- der im Zusammenhang zwisben Wachtmeister und Schneidermeister konstruirt und gemeint, das wäre ganz natürlih, daß solche von dem Schneidermeister besorgte Anzüge überhaupt nur probemäßig kefunden würden. Meine Herren! Glaubt denn der Herc Abgeordnete wirk- lich, daß die Wachtmeister oder Feldwebel ent!{eiden, ob der Mann einen probemäßigen Nock trägt? Da kennt er den Dienst wirklich wenig, und ih möchte den Herrn Abgeordneten bitten, sich bei den- jenigen Herren, die seiner Partei angehören und die in der Armee ge- dient haben, zu erkundigen, ob nicht der Rittmeister oder Hauzp:!!leute si darum befürrmern, die den inneren Dienst der Truppen in erster N überwachen, und das ift nit der Wachtmeister und Feld- webel.

Ich komme nun, meine Herren, zu den Schmieden. Wir haben bereits in der Kommission auseinandergeseßt, welches erheblich militärische Interesse darin wäre, möglichst viele Schmiede auszu- bilden und daß wir {hon unter diesea Gesichtspunkten ein Verbot der Privatarbeit aut tcn Militärshmieden nicht zugestehen können. íäFch will noch bemerken, meine Herren, die Miiitärverwaltung ist auf sehr vielen Gebieten in der Lage, die Bedürfnisse für den Kricgsfall feststellen zu müssen, und wir müssen für terartige Spezialfächer nicht nur auf dem Gebiete der Schmiede, sondern au auf anderen Fächern ene erheblih färkere Zahl ausbilden, cinmal weil dec Bedarf im Kriege überhaupt ein viel hößerer is und zwar viel höher als in der Differenz der Fricdent- zux Krîiegs- stärke sid überhaupt ergiebt; dann aber, meine Herren, weil wir uns nicht der Möglichkeit aussetzen können diese Leute find dcch alle Kombattanten —, daß durch zufällig größeren Abgang in derartigen Spezialitäten wir in Verlegenheit gerathen, Wir müssen also alle diefe Spezialtlätigkeiten, deren wir im Kriege bedürfen, erheblich reicher gestalten, als bas rechnungëmäßige Bedürfniß, damit wir ficher find, nicht in Verlegenheit zu kommen.

Unter diesen Gesichit punkten, meine Herren, rechtfertigt fich auc meiner Meinuna nach die vollständige Abkommandirung einer großen Anzahl! von Mannschaften zur Ausbildung in den Schmieden, weiterachend als unmittelbar geboten wäre, wenn man den Leuten ihre Arbeitszeit nur anre&net, welhe nothwendig wäre, um den Be- {lag der Militärpferde in Ordnung zu halten.

Was die Vüchsenmacber und Sattler anbetrifft, so hat, wie ich verstanden habe, dec Herr Abgeordnete selbst gemeint, daß auf diesem Gr- biete wirklih nichts Wesentliches zu thun wäre, fondern im Ganzen genoinmen die Verhältnisse fich in tem Zustande befinden, welcher seinen Wünschen entspricht. i

Nun sind noc die Krümperpferde zur Spra@e gekommen. Der Herr Abgeordnete sagt, es gingen Beschwerden von allen Seiten ein, daß diese Krüm»erpferde benußt würden zu allen möglichen Zwecken, die zu dem Dienst in keiner Beziehung ständen. Meine Herren, die Bestimmung über die Benußung der Krümperpferde sind auch bereits erlassen und ¡war vor längerer Zeit, und damit ist ganz entschieden den Gesittêpunkten Rechnung getragen, daß diese Krümperpferde nit in einer Weise verwendet werden sollen, von der man sagen Fönnte, es fände cin Lohnfuhrgewerbe statt. Es sind auch gerade auf diesem Gebiete mehrfach Beschwerden der betheiligten Personen, Fonkurrenten u. \. w., die fich in ihrem Gewerbe beeinträchtigt glau- ben, an die Kriegsverwaltung gekommen, und da ist aud Remedur eingetreten. Eine Nothwendigkeit diese Sache aber allgemein neu zu regeln existirt niht. Der Herr Abgeordnete hat gesagt, da litte ge- wissermaßen die Schlagfertigkeit der Kavallerie darunter, indem für diese Pferde etatsmäßig kein Futter vorhanden wäre, und diese Pferde o gefüttert werden müßten auf die vorbändene Zahl der sonstigen Kavalleriepserde, und da hätte im „Militärwochenblatte gestanden, unsere Kavallericpferde bätten übechaupt nicht genug Futter. Der Wunsch der Kavallerie, mehc Fuîlter zu erhalten, ist ein allgemeiner, und es ist gar keine Frage, wenn wir das durch- seten könnten und wenn der Herr Abgeordnete dazu die Hand bieten wollte, wir sehr gern dazu bereit wären, eine Erhöhung der Rationen- sätze bei der Kavallerie herbeizuführen. Wenn ec aber glaubt, daß durch die Krümperpferde das Futter für die andcren Pferde that- fählih erheblich beeinträchtigt würde, dann möchte ih doch sagen, gerade tadurch, daß diese Krümperpferde verwendet werden, um also z. B. den Dünger vom ersten Garde-Ulanen-Regiment in Potsdam nit in Potsdam, sondern in Werder abzuseßen nd dadurh einen höheren Preis zu Gunsten des Wirthschafttfonds zu erzielen, so ift das sehr gut, denn die Negimenter sind in der Lage, au aus solchen Fonds Futter zu beschaffen. Das ist im allereigensten Interesse der Truppe, und wenn ein Regiments-Commandeur nun die Krümper- pferde so benußt, daß er dodurd natürlich in den von mir ange« deuteten erlaubten Grenzen —- cinen höheren Betrag ergiebt, dann thut er ja das Beste, was er ihun kann, und das ist eine verständige und gute Wirthschaft.

Meine Herren! Ich komme nun zu dem Antrage, welcher jeßt von dem Hrn. Abg. Richter nachträgliÞh noch hier eingebracht ift. Mcine Herren, ih bekenne ganz ofen, daß als der Antrag mir ge- stern vorgelegt wurde, ih au Zweifel gehabt habe über die Rich- tigkeit der Adresse, Zweifel, die bestätigt worden sind durch das Schreiben des Herrn Reichskanzlers, welches ja vorhin vorgelesen worden ist. Jch habe mir sagen müssen, eine Neichs-Militärverwal- tung, an welche der Neichs8tag ein Ersuchen richtet, die existirt eigent- lich nit, foudern es sind selbständige Militärverwaltungen von Preußen mit den dazu verbundenenKontingenten von Bayern, vonWürttemberg, von Sachsen. Darum glaube ih, daß wirklich, wenn man die thatsä@- lichen und verfassangsmäßigen Verhältnisse betrachtet, sehr wohl cin Zweifel in Bezug auf die Adresse möglich ift, und da würde ja, wenn

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man an dieses formelle Bedenken si hielte, sür mi die Frage ent- stehen, ob ich im Stande môre, zu diesem Antrage nun auch zu \precea. Meine Herren! Der Herr Abgeordnete hat ja {on erklärt, er würde das in einer Weise umändern, wel@e diese Frage aut- ließt, und i bin daher in der Lage, mih au über diesen Antrag zun gaufésprecen zu können. Jch bemerke, meine Herren, daß hier gesagt ist: die Militärverwaltung oder also den Herrn Reiche- kanzler aufzufordern, das und das zu thun. Meine Herren, im Moment befremdet mi ter Auétdruck „auffordern“ etwas; ich weiß nit, nach allgemeinem Sprachgebraucb, wenigstens innerhalb der Verhältnisse, in denen ih bisher gelebt habe, find wir von der Ansicht immer auégegangen, daß, wenn man Jemanden auffordert Etwas zu thun, daß man dann eigentli ein Net hat zu verlangen, daß es gescicht. Das ist, glaube i, wobl allgemein Regel. Ic glaube daber, daß es zweifelhaft ist, ob es opportun ift, diesen Ausdruck überßaupt zu wählen in einem Falle, wo toch eine Verpflichtung, der Aufforderung nazukommen, nicht bestimmt vorliegt.

Nun, meine Herren, glaube ih aber, daß noch unter einem an- deren Gesichtspunkte cs si empfohlen hätte, gerade bei diesem An- trage auch in der Wabl dieses Autdrucks recht vorsichtig zu sein. Das zwingt mich, meine Herren, noch zurückzukommen darauf, wenn id in Anfange meines Vortrages gesproden babe, daß näm- lih die Militärverwaltung gar nicht in der Lage ift, derartige Be- stimmungen, wie Sie sie hier verlangen, einseitig und ohne die Aller- Höchste Zustimmung zu erlassen. Jh muß also sagen, meine Herren, daß, nah der Cebatte in der Kommission, welcher auch der Hr. Abg. Richter ja beigewohnt hat, der auch wohl, wie ih glaube, diese Er- klärung von mir gehört hat, es mich da um fo mehr befremdet hat, den Ausdruck zu finden, weil, wenn auch formell die Militär- verwaltung aufgefordert wird, die Aufforderung thatsächlih“an eine antere Stelle gerichtet ist, und ich hatte bereits erklärt, wie diese Stelle nach dieser Richtung hin zu befehlen entschlossen gewesen ist. Meine erren: Es liegt also hier nach meiner Reberzeugung abermals ein Eingriff in die Kommandogewalt des Kriegsherrn vor. (Heiterkeit links; Rufe rechts: sehr richtig!) Meine Herren! Sie lachen, ih werde Ihnen das nachweisen. Für uns ift die Sache schr ernst. Son bei der Sitzung am 5. April bin ich genöthigt gewesen, diese Mrade zu streifen, insofern damals der Versuch gemacht wurde im

cge der Gesetzgebung, also tur einen Antrag zu dem Gesetze, vas biéher bestehende und geseßliÞh feststehende Kommando- recht Sr. Majestät des Kaisers und Königs dahin einzuschränken, daß nit nur, wie das Reihs8-Militärgeseß es sagt, die Viilitärrorgeseßten eine gewisse Aufsicht üben sollen oder cine gewisse Ermächtigung zu ertheilen haben, sondern daß diese Ermächtigung an bestimmte Klassen von Militärvorgeseßten gewiesen werden solle. Meine Herren! Ich erklärte das beiläufig gesagt erst im zweiten Vortrage, den ich bielt; darauf hat mir der Hr. Abg. Richter nachher in einer persönlihen Bemerkung entgegnet, ja, das läge doch vihi vor, denn es läge ja nur cin Antrag zum Gesetze vor, und wenn dieser Antrag zum Gesehe erhoben werden sollte, daß er Geselz würde. dann würde das Geseh ja proklamirt mit der Namens- unterschrift Sr. Majestät des Kaisers und Königs, und dann wäre es Se. Majestät selbft, die fich beschränkt; meine Herren, ich habe aus Rücksicht auf den Meich®tag, welcher dic Diskussion geschlossen hat, niht noch einmal das Wort ergrissen, da aber jetzt zum zweiten Male die Frage an mich herantritt, will ih doch auch noch darauf antworten.

Meine Herren! Das Argument, welches der Hr. Abg. Richter damals aussprach, das ist ja an und für sich richtig, aber, meine Herren, ist anzuwenden auch in dem Falle, wenn etwa, was ich ja allerdings gar nicht erwarte i nehme hier einen ganz außer- gewöhnlichen Fall an, um daran das Prinzip klar zu siellen, wenn hier der Antrag gestellt würde: „Se. Majestät der Kaiser und König wird seiner särmmtliwen Kommandorecte ent- Tieidet.“ Ja, meine Herren, das Argument is auch dafür -— wirkli angenommen, es unterschriebe Se. Majestät die Sache =— anzuwenden, aber es besteht in beiden Fäüen, meine Herren, die tbatsächliche Tendenz, das Kommandorechi Sr. Majestät einzuschrän- ken, in dem cinen Falle in ciner weniger crheblichen Weise, im an- deren Falle in einer sehr starken Weise. Nun, meine Herren, wie steht es mit diesem Antrage? Ich hatte also in der Kommission er- kUârt, ih dürfte derartige Erklärurgen gar nicht ohne die Genehmi- gung Sr. Majestät abgeben, weil ganz entscbieden die Bestim- muncen darüber, ob das MNecht, das geseßlich fonst feststehe, das Mecht der Militärpersonen s{ch am ESGerwoerbebetrieb zu betheiligen, einzushränken sei, daß diese Frage, ob mai dies zu beschränken habe, überhaupt von der Militärverwaltung einseitig gar nit gelöst werden könnte, sondern es ist Se. Majestät, welche darüber bestimmt und sich die Frage vorlegt, in wie weit ist eine Beschränkung des allgemein geseßlich bestehenden Rechtes im Interesse der Diéziplin, im militärishen Interesse Überhaupt, erfor- verlich, und das ist eine Kommandofrage in der vollsten Bedeutung. Die Verwaltung tritt nachher erst ein, sobald diescc Aller- Höhste Befehl gegeben ist, sobald die Direktiven erlassen find, dann ist es Sache der Verwaltung nachher an der Ausführung wirksam zu fein. Also, meine Herren, es ist gar leine Frage der Herr Abgeordnete hat es vielleicht nicht beabsichtigt aber es ift Teine Frage, daß wie der Antrag hier gestellt ist, Se. Majestät auf- gefordert wicd, anderweitig nach dieser Richtung hin vorzugehen, als wie ih es in den Kommissionen gesagt habe, wie cs beute hier von dem Herrn Referenten gesagt worden ist. J kann dahcr nur bitten, daß auch aus diesen Gründen der neue Antrag tes Herrn Abgeord- neten abgelehnt wird.

_Der Abg. Richter (Hagen) hatte scine Resolution in- zwischen, wie beabsichtigt, modifizirt.

Der Abg. Dr. Windthorst betonte, der Whg. Ri®ter habe gemeint, er sei militärsromm. Allerdings fei er wohl nicht von so ungezähnter Natur, wie manchmal der Abg. Richter. Wenn der Abg. Richter ihm, wie auch gestern hon, vorge- worfen habe, er nähme seine Stellung nach diplomatischen Rück- sichten, so möge derselbe Überzeugt sein, daß Anzapfungen dieser Art auf ihn und seine politishen Freunde niht den geringsien Eindruck machten. Das Centrum handele zu jeder Zeit lediglich nach seiner Ueberzeugung. Der Abg. Nichter möge doch so allgemeine Redensarten lassen, und lieber sahlich sprechen. «Jm Parlament, wo verschiedene Parteien seien, sci cinmal nichts zu erreichen, wenn nit Einer oder der Andere nach- gebe. Auch die sogenannte große liberale Partei werde die Nothwendigkeit zeitweiligen Nachgebens aus eigener Erfahrung kennen. Er verstehe überhaupt nicht die Vorwürfe des Abg. Richter. Die preußishen Katholiken seien an Händen und Füßen gebunden; sie könnten sich durchaus niht unbändig

eberden, und der Abg. Nichter sollte lieber behülflih ein, die Fesseln der Katholiken zu lösen, statt ihnen un- begründete Vorwürfe machen. Er wiederhole übrigens, das Centrum wisse, was es thue, und werde sein Votum durchaus nah eigenem Ermessen abgeben. Jn vorliegendem Fall werde das Centrum gegen den Antrag Richter stim- men, weil seiner (des Redners) Partei die vom Kriegs - Minister in der Kommission abgegebene, und heute hier wiederholte Erklärung genüge, daß die über unberechtigte Konkurrenz der Militärpersonen mit Privaten erhobenen Beschwerden eingehend geprüft werden sollten. Die staaisrehtlihe Frage sei seines Erachtens ohne Noth in diese Debatte hineingetragen worden; er glaube, man thue gut, diese Frage hier möglihf|t unerörtert zu lassen; man könnte sonst zu leicht in Konflikte hineingerathen, die der Förderung der Geschäfte nicht dienlih seien. Die Frage, wie die Volks- vertretung zu der Militärverwaltung stehe, sei eine der aller- delikatesten; der Neichstag müsse sich hier der äußersten

Mäßigung bedienen. Allerdings nehme er aber für den Reichstag das Recht in Anspru, auch über MWilitärfragen seine Wünsche zum Ausdruck zu bringen. Dies Recht gestehe deri Hause ja auch der Reichskanzler zu; der Kanzler ver- spreche in scinem heutigen Schreiben, daß derselbe die bezüg- lihen, an ihn zu adressirenden Wünscte des Hauses eventuell Sr. Majeftät dem Kaiser vortragen werde. Er lehne also sür beute die Resolution Richter ab, und beruhige sich kei den Erklärungen des Kriegs-Ministers.

Der Abg. Goldschmidt erklärte, in den Reihen der Linken seien viele Herren, welhe den Feldzug mitgemaht hätten, und ein größeres oder geringeres Maß der Beurtheilung über militärishe Angelegenheiten für fih in Anspruch nehmen könnten. Er halte diese Frage nur für eine wirthscaftliche Frage, die nicht in die Befugnisse der Kommandobchörde ein- greife. Sie frishe nur die Bestimmungen auf, die im Laufe der Zeit niht mehr in dem Sinne, wie sie crlafsen seien, ausgeführt würden. Als er sein Jahr abgedient habe, seien die Einjährig: Freiwilligen zur Verantwortung gezogen worden, als sie thre Anzüge nicht dei dem Militärhandwerker hätten mathen lassen, und seine einzige Strafe habe er sich deshalb zuge- zogen, weil er feine Privatbüchse eim Privatbüchsenmacher habe repatriren lassen. Die Zeiten kämen und gingen, und Befehle, die erlassen würden, würden mit der Zeit aaders ge- handhabt und ausgeführt, als fie ursprünglich bezweckt seien. Die Resolution seze nun ein- für allemal die Grenze fest, welche den Militärwerkflätlen gezogen würde in Bezug auf eine unberehtigte Konkurrenz gegen die freien

Handwerker. Der Kriegs-Minister habe die Steuer- frage berührt und gesagt, 2aß die Militärhand- werker zur Gewerbesleuer vzrpfäichtet seien, Dies sei

zweifellos rihtig. Aber er glaube nicht, daß der Minister wenn auch nur eine kleine Anzahl von Militärhandwerkern angeben fönne, welche Steuern zablten. Er glaube, daß die Nesolution im Stande scin werde, den Handwerker vor folcher unberechtigter Konkurrenz zu s{hüßen. Sie enthalte kein Miß- trauen gegen die Militärverwaltungen. Er bitte, dieselbe an- zunehmen.

Der Abg. von Kleist-Neßow bemerkte, auf die Angriffe des Aba. Richter gegen die Militärverwaltung, insbesondere was die heute zur Debatte stehende Frage betreffe, passe so recht das Wort: Parturiunt montes, nascetur ridiculus mus. Auch dem Abg. Richter selbst habe man es an den! Ton, in welchem derselbe heute gesprochen habe, angemerkt, daß der Abg. Richter felbst diesmal nicht recht von der Stichhaltigkeit seiner Gründe überzeugt sei. Die Form dex Refolution selbst halte auch er für unzulässig, und theile die verfassungs- mäßigen Vedenken des Kriegs-Ministers. Was den Sinn der Nejsolution betreffe, so habe ja der Minister erk!ärt, ex (der Minister) werde allen berechtigten Bcshwerden der Gewerbe- treibenden abhelfen. Das genüge ihm volllomæwen, Er werde gegen die Resolution Richter stimmen, \{hon weil die in der- Jelben enthaltenen Ausdrüde ihm unpassend erschienen feien. Resolutionen folcher Form könnten wohl von einer Bolksver- sammlung, niht aber vom deutschen Reichstage beschlossen werden. i

Der Abg. Heydemann erklärte im Namen seiner politi- schen Freunde, daß auch seine Partei gegen die Resolution

Jiidtex stimmen werde. Nicht als ob durch diese Resolution etwa eingegrifsen werden fönnte in die Kommandogewalt des Kaisers; daß man auf den Gedanken überhaupt have fonmen können, hatte er nit vermuthet. Auch die Form der Refo- lution finde er keineswegs unpassend. Woll aber seien für feine Partei mchßgebend die sachlihen Erklärungen des Ministers. Er halte es für einen guten Erfolg der Anregungen des Abg. Nichier, daß dicse Erklärungen über- haupt abgegeben seien. Die leßteren seien der Art, daß man sich dabei fürs Erste beruhicen könne, und die Annahme der Resolution vorläufig überflüssig erscheine, Letiglih aus diesem Grunde werde seine Partei gegen die Nefolution stimmen.

Der Abg. Nichter (Hagen) bemerkte, der Abg. Windthorst scheine ibm heute schr übler Laune zu sein, indeß könne der Abg. Windthorst sich niht wundern, wenn demselben, da er fo oft andere Mitglieder anzapfe, dies auch einmal ihm seibst passire. Bielleicht habe er (Redner) beim Abg. Windthorst eine Stelle getroffen, die mebr wund sci, als er geglaubt habe. Der Abg. Windthorst meine, die Katholiken seien an Händen und Füßen so gebunden, daß sie sich nicht fo unbändig wehren fönnten wie die Fortshrittspartei. Davon Habe er in früheren Jahren, wo das Centrum in Militärfragen sich oft in energischer Opposition befunden habe, nihts gemerkt. Jn leßter Zeit habe er in der Sache, um die es sich heute han- dele, häufig Veshwerden aus ultramontanen Wählerkreisen erhalten. Er habe die Briefschreiber an ihre eigenen Abgeord- neter. von der Centrumsparieti gewiesen. Darauf habe er die Antwort erhalten, die Centrumspartei behandle die Militär- fragen nit derartig sochlich und selbständig, weil, wie ein Briessteller ihm es drastish bezeihnet habe, beim Centrum der Papst allem anderen vorgehe. Der Kriegs: Viinister habe sachlich das von ihm (dem Redner) vorgebrachte Material durhaus nicht widerlegt. Der Minister stelle in seiner Statistik die Militär- schneider den Schneidern im ganzen Lande gegenüber. Die Konkurrenz finde aber nur in Garnifonorten statt; und außer- dem hätten doch z. B. von der Statijik die Damenschneider, die hier gewiß niht in Frage kämen, ausges{lo}sen werden müssen. Der Minister führe ferner aus, daß es bei den Tnappen etatsmäßigen Futterrationen richtig sei, wenn das Militär sich durch Lohnfuhren Geld verdiene, um reihlicheres Pserdefutter anzuschaffen, als der Etat gewähre. Ein fsolher Grundsay sei do von der bedenklichsten Art. Wohin solle man kommen, wenn bei sparsamer Be- messung des Etats die dienstpflihtigen Soldaten ver- anlaßt würden, mit dem Dienstmaterial zur reich- lieren Dotirung noch Geld hinzu zu verdienen? Einen solhen Standpunkt habe bisher noch kein Kriegs-Minister eingenommen. Was nun die staatsrehtlichen Fragen betreffe, fo hätte er die Aufwerfung derselben niemal3 weniger als beute erwartet. Es sei dazu auf der linken Seite nicht das mindeste Bedürfniß vorhanden. Wolle aber derx Reichskanzler einerseits und der Kriegs-Minister andererseits hier staats- rechilihe Fragen aufwerfen, so möchte ex doch bitten, daß die Herren sih künftig vorher darüber besprächen, damit sie nich: gerade in entgegengeseßter Richtung hier ihre Ausführungen machten. Der Reichskanzler verlange, daß der Reichstag sich an seine Adresse wende. Der Kriegs-Mistister bezeihne Se. Majestät den Kaiser als die richtige Adresse. Dann betone der Krieos-Minister scharf, daß er (der Minister) von dem Kaiser cine Ermächtigung zu Erklärungen auf einen ihm gehaltenen Vortrag bekommen hade. Wenn aber, roie der

Brief ves Reichskanzlers ausführé, der Reichëkanzler ber für diesen Gegenstand verantwortlihe Minisier sei, dann wäre es Sache des Reichskanzlers Vortrag zu halten und eine Er- mächtigung aufzusuhen. Warum sei denn der Reichskanzler vom Kriegs-Minister übergangen worden, als3 derselbe die Er- mächtigung des Monarchen eingeholt habe ? Jett freilich ersheine ihzz die Bedeutung des Reskripts des Reichskanzlers in einem ganz andern Lichte. Es sei ihm doch aufgefallen, daß, als cs fich um die Ernennung des Krieas-Ministers gehandelt habe, die betreffende Kabinetsordre der Unterschrift des Reichs- fanzlers entbehrt habe. Ec könne si sehr wohl denken, daß der Reichskanzler durch ein Reskript, daß in der Form zwar an den Reichstag adressirt sei, in Wahrheit aber an den Kriegs-Minister selbst, daran erinnern wolle, daß er (der Reichskanzler) auch noch da sci und daß nicht Erklärungen hier vorgetragen würden, als dem Willen des Kaisers ent- sprechend, für die nit als allein verantworilihe Person er einzutreten in der Lage sei; dann habe der Kriegs-Minister diese Hefolution als einen Eingriff in die Kommandogewakt bezeichnet. Die Kommandogewalt abícr habe cine verfafungs- mäßige Grenze da wo das Geldbewilligungsrechßt des Reichs- tags anfange, und dieses Recht werde verletzt, sobald die Gelder mißbraucht würden zu Zwecken, für tie sie nit be- stimmt scien. Seine Resolution wolle aber gerade Mißbräuche absielien in Bezug auf von Neichs8miiteln utiterhaltene Pferde und Handwerkerstätten. Wie weit der Kriegs - Minister für seine Verwaltung der Zuslimmung des Monarchen versihe:t sei, sei eine militärisch interne Sache, Er verlange, daß die Kommandogewalt sich in den Schranken halte, wozu die Gelder bewilligt scien. Die Form der Refo!ution sei unwesentlih. Der Ausruck „auffordern“ werde gewöhnli) gebraucht, wenn man zu ciner Verwaltung spreche. Der Neichêtag gebrauhe damit sein Recht gegenüber der Veranwortlicßkeit der Minisier. Heut freilich empfange wan mituiter den Einoruck, als ob die Herren glaubten, der Reichstag sei ihnen verantwortlih. JFhm fei es übrigens febr angenehm, daß die Regierung selbst die Verantwortlich- kfeitsfrage in Bezug au} die Militärvecwaltung angeregt habe, weil hier sehr dunftle Stellen seien. Der Abg. Windthorst habe das große Verdienst, in dec Pensionsïommission die Frage gestellt zu haben, wer denn eigentlich für die Pensionen veraniwortlih fei, und wer die Pensionirungéordres gegen- zrihne. Troy wiederholter Aufforderung auch von anderer Seite sei dec Kriegs-Minister hierauf die Antwort \{huldig geblieben. Der Kriegs-Minister habe dann fast bei den Haaren eine andere Rechtsfrage herveigezogen, indem derselbe auf einen bei der ersten Verathung gestellten Antrag zurückge- kommen sci, der heut gar nicht mehr vorliege. Der Minister bade es einen Eingriff in die Kommando- gewalt genannt, daß er vorslage, in einem Geseße an Stelle des Ausdrucks „vorgeseßzte Dienstbeh3:d:“ eine be- stimmte Behörde zu bezeichnen. Fhm scheire bei der Militär- behörde bie Kommandogewalt in staatsrehtlichzer Beziehung etwas mystisher Natur zu sein. Die Geseßgebung bezeihne in Civil- und Militärfragen bald eine bestimmte Behörde für gewisse Funktionen, balb spreche sie von den Behöcden im All- gemeiien, und überlasse die Bestimmung der einzelnen Ver- walitunasvehörde. Alsdann hätten Viele im Lande die Ex- nennung des gegenwärtigen Kriegs-Ministers aufgefaßt als die Anstellung eines Konflikts-Ministers. Man werde ja sehen, ob sih die Annahme rechtfertige. Vorläufig enthalte er sih eines Urtheils darüber. Nur glaube er, es fei falsch, in ein- fahen, sahlich niht besonders wichtigen Fragen derartige staatsrectliche Dinge hineinzuzichen, wie es heute geschehen sei. Aber die Nußanwendung ziehe er schon heute: würden in dieser Gestalt die Befugnisse der Verwaltung auf die Spiße getrieben und betont, jo liege darin für den Neichstag die Aufforderuna, um so wacsamer zu sein in der Geltendmachung der eigenen Verfassungsrechte, und dem neuen Kriegs-Mirister gegenüber um fo vorsichtiger zu sein, wenn cs sich um irgend eine neue Geldbewilligung, insbesondere auf dem Gebiete der Militärpensionen, handele.

Hierauf nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minisier Bronsart von Sqchellendorff, wie folgt, das Wort:

Meine Herren! Jch möchte zunächst der Auffassung entgegen- treten, welche bier ausgesprochen worden ift, daß vor den Erklärungen, die ih in der Kommission abgegeben habe, erhebliche Mißstände auf btesem Gebiete bestanden hätten. Meine Herren, damit würde ic dem Andenken meines Herrn Amt8vorgängers in höchst ungerecht- feriigter Weise zu nahe treten. Die Verordnung, welhe Ihnen gegeben worden ist vom Jahre 1870, geht noch über die Amtstiätig- keit meines lezten Amtsrorgängers hinaus, und alle die anderen Dinge, die ih) zur Sprache gebracht, im Sreziellen also die Regelung dez Kantinenwesens, sind von ihm bereits in Angriff genommen worden, sodaß also im Interesse der Verwaltung, welche mein Herr Amtsvorgänger dur viele Jahre geführt hat, ich ganz bestimmt erflären muff, was ih auc bereits in der Kommission erklärt habe: J bewege mich abfolut in denselben Bahnen, in denen er gegangen ist. s

&Serner ist zur SpraZe gebrat worden, ob es von mir riGtig gewe}en wäre, hier die Frage dec Kommandogewsalt aufzuwerfen. Der Herr Abgeordnete, der eben gesprochen hat, sagte, das scheine so ein geroisser mystisher Begriff zu sein, das ift sehr leiht möglich, daf er das für den Herrn Abgeordneten ist; uns erscheint er gar richt „mystisch“, uns ift er fehr klar. wir tehen in der Intakthaltung der Kaiserliclzn und Kömglichen Gewalt das troesentlichste Mitt.l, die Armce auf der Slufe zu erbalten, auf w:lchcr se steht.

Meine Herren, der Herr Abgeordnete Dr. Windhorst hat ge'agt, der Reicbstag müßte doch das Necht haben, scine Wünsche bei (eder Gelegenheit zur Sprache zu bringen. Ganz gewiß! das bestreite i ihm auc nit im allergeringsten; ih sage aber in Änlehnung an das andere Wort, das der Herr Abgeordnete Dr. Windthorst gesprochen hat, inden er gesagt hat, das wären delikate Fragen, und man möchte doch mit Borfibt von Sciten des Reichstages an dieselben heran- treten; die Vorsicht ist in diesem Falle verleßt, nacbdem ih in der Kommission erklärt habe, daß ih auf Allerhöcbsten Befehl und mit Allerhöchster Zustimmung diese Erklärungen hier abgêbe, daß dann hier gesagt wird, es fei die Militärverwaltung aufzufordern, das und das zu verbieten. Mcine Herren, ih wiederhole e3, wenn es auch der Herr Abgeordnete nicht fo gemeint hat: diese Aufforderung ist thatsächlich an die Adresse der Krone gerichtet.

Meine Herren, dann hat der Hr. Abg. Richter gezlaubt, aus dem Briefe den der Herr Reichskanzler an den Herrn Präsidenten des Neichstags gescrieben hat, hier gewissermaßen einen Widerspruch zwischen der Ansicht des Herrn Neichskanzlers und meiner Ansicht zu fonstruiren, er hat gewissermaßen die Mecinung ausgesprochen, der Herr Meichskanzler würde in einem an den Hercn Präsidenten des Reichstags gerichteten Brief mich zur Ordnunrg rufen. Da haben Sie doch einen sehr falschen Begriff von der Stellung des Herrn Reichs fanzlers zu mir. Wenn der Herr Reichskanzler mir etwas zu schreiben oder zu sagen hat, dann sagt er es mir perfönlich und er benüktt dazu nicht die Vermittelung des Reichstags oder gar die Person des Hrn. Abg. Ricter.

Der Hr. Abg. Richter hat dann in Bezug auf die Berechnung,