1883 / 115 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 May 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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angestellten Lehrkräften überwacht und je nah der Witterung über Mittag spazieren geführt, auch ist in diesen Lokalen für nüßlihe Beschäftigung und für Spiele gesorgt. Der Mün- ener Knabenhort hat also für die Mittagszeit keine An- ordnungen zu treffen und bezahlt nur für einzelne seiner öglinge, welche, weil sie niht nah München gehören, keine Suppe erhalten, die Suppenbillete. Das Brod in den An- stalten des Knabenhorts bezahlt der Verein ; die Eltern haben weder hierfür noch überhaupt Beiträge zu leisten. Ob und welche von diesen Einrichtungen sich zur Nach- ahmung eignen, wird selbstverständlih oon den lokalen Ver- hältnissen an den einzelnen Orten abhängen.“

An Zöllen und gemeinshaftlihen Ver- brauchssteuern sowie anderen Einnahmen sind im Reiche für die Zeit vom 1. April 1883 bis zum Schlusse des Monats April 1883, einschließlich der kreditirten Beträge (verglichen mit der Einnchme in demselben

eitraum des Vorjahres), zur Anschreibung gelangt : Bólle 15403548 M (4+ 792 33E ÆM), Tabacksteuer 60487 M. (— 36196 6), Rübenzuckersteuer 10 465 936 M (— 1426 845 M6), Salzsteuer 2465 285 4 (+ 183978 M), Branntweinsteuer 1 118747 4 (+ 154 670 M), Ueber- gangsabgaben von Branntwein 8881 4 (+ 2004 4/6), Brau- jteuer 2027 267 M (+ 121 117 46), Uebergangs8abgaben von Bier 115 654 M (+ 13131 #);, Sunme 10733 933 M (— 365 805 A). Spielkartenstempel 65 405 6 (+ 4435 M), Wechselstempelsteuer 564 121 M. (+ 36 432 M4), Stempel-

abgabe für Werthpapiere, Schlußnoten, Rechnungen und |

Lotterieloose 979 687M (+ 262 723 M).

Die zur Reichskasse gelangte Fs - Einnahme, ab- züglich der Bonifikationen und Verwaltungskosten, be- trägt bei den nachbezeihneten Einnahmen bis Ende April 1883: Zölle 13770420 Æ (+ 904422 6), Taback- euer 27163 Æff (— 20429 M), Rübenzuckersteuer 10 795 662 M (+4 85428 6), Salzsieuer 3204700 M, (+ 112028 A), Branntweinsteuer und Lebergangsabgabe von Branntwein 2 787 177 M (— 293 714 4M), Brausteuer und Uebergangasabgabe von Bier 1 822 082 M6 (+ 113 726 46); Summe 32 407 204 M (+ 901 461 M). Spielkartenstempel 104 295 M (+ 5343 M).

Na der im Neichs-Eisenbahn-Amt auzgestellten, in der Erslen Beilage veröffentlihten Nahweisun über die im Monat Mäcz 1883 auf deutshen Bahnen (aus- \chließlih der bayerischen) beförderten Züge und deren Verspätungen wurden auf 46 größeren Bahnen beziehungs- weise Bahnkomplexen mit einer Gesammtbetriebslänge von 29 996 03 km befördert an fahrplanmäßigen Zügen: 12 823 Courier- und Schnellzüge, 98585 Personenzüge, 56 104 gemischte Züge und 92 964 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen : 1378 Courier-, Schnell-, Personen- und gemischte Züge und 27 769 Güter-, Materialien- und Arbeitszüge. Jm Ganzen wurben 706 945 046 Achskilometer bewegt, von denen 200 167 236 Achskilometer auf die fahrplanmößigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. Es verspäteten von den 157 512 fahrplanmäßigen Courier-, Schnell-, Personen- und gemischten Zügen im Ganzen 1523 oder 0,91 pCt., (gegen 0,34 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, unò 0,46 pCt. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 610 dur das Abwarten verjpäteter Anschlußzüge hervorgeru?en, so daß den aufgeführten Bahnen nur 918 Verspätungen (= 0,55 pCt.) zur Laji fallen (gegen 0,32 pCt. im Vormonat). In demselben Monat des Borjahres verspäteten auf den eigenen Strecken der in Vergleich zu ziehenden Bahnen von 156 103 beförderten fahrplanmäßigen Zügen mit Personen: beförderung 409, oder 0,26 pCt., mithin 0,29 pCt, weniger. Fn Folge der Verspätungen wurden 475 Auschlüsse versäumt (gegen 125 in demselven Mona: des Vorjahres und 233 im Vor- monat). Wird eine Gruppirung der Verwaltungen nah dem Verhältniß der auf je eine Anschlußversäumniß ent- fallenden Zugverspätungen vorgenommen, so kommt in erster Reihe die Posen-Creuzburger Eisenbahn (3 Auschluß-Vec- säumnisse auf 2 Verspätungen) mit 0,67, während die Hessische Ludwigs-Eisenbahn (12 Anschluß-Versäumnisse auf 112 Ver- spätungen) mit 9,33, die Vadishen Staats-Eisenbahnen (14 Anshluß-Versäumnisse auf 147 Verspätungen) mit 10,50, die Königliche Eisenbahn-Direktion Erfurt (3 Anschluß-Ver- \äumnisse auf 36 Verspätungen) mit 12,00, und die Württem- bergischen Staats-Eisenbahnen (6 Anschluß: Versäumnisse auf 99 Verspätungen) mit 16,50 die leßten Stellen einnehmen und bei 6 Eiseïbahnen, welhe im Ganzen 54 Zugverspätungen gemeldet haben, Anschluß-Versäumnisse Überhaupt niht vorge- fommen sind.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Staats- Minister Graf von Haßfeldt-Wildenburg hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Derselbe wird während seiner Abwesenheit durch den Unter-Staats- O Wirklichen Geheimen Legations-Rath Dr. Busch vertreten.

Der Chef der Admiralität, General-Lieutenant von Caprivi, hat sih behufs Fnspizirung nah Wilhelmshaven und Kiel begeben.

Der Königlich rumänische Gesandte Liteano ist vom Urlaube nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte dec Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Kaiserliche Minister-Resident in Mexiko, Freiherr vonWaedcker-Gotter, hat einex ihm hewilligten Urlaub nah

Europa angetreten.

Baden. Karlsruhe, 1s. Mai. Prinz Carl ist heute Mittag von hier nah Moskau abgereist. :

Der Gesammtauswand unserer Staatsbahnen seit dexen Erbauung bis heute ist folgender: 1) Anlagekapital 355 292 000 M, 2) Bauzinsen 23 075 000 #, 3) Rabatte abzüglih des Agios 15 181 000 M, zusammen 393 548 000 # Davon beträgt der Aufwand für Betriebsmittel und E1weiterungsbauten 82703000 # Die Main-Neckar- bahn forderte 8340 000 6, dazu kommt Ersay wegen des Staatstelegraphen 470 000 H, somit Geiammtsunme 402 358 000 ff Ohne die fortgeseßten Zuschüsse der Post (zusammen 21 243 000 6) und des Staates (zur Zeit 5 250 000 M) und ohne die früher aus den Erträgen mög- lien Tilgungen wäre die Eisenbahn eine für den Staat fast unerträglihe Last in Folge einer Reihe neuer, s{lecht rentirender, oft sehr fkostspieliger Bauten geworden. Fm Jahre 1882 sind an die Staatskasse abgeliesert worden : von den Staatsbahnen rund 14579 000 41, mehr gegen den Voranschlag rund 2860 000 4; von der Bodensee-:Dampf-

mehr gegen den Voranschlag 147 000 (4 Die Ablieferungen betragen daher 15 255 000 # oder 3008000 F über den Voranschlag. Die Passivzinsen betrugen 13 252 000 , dazu 60 000 M Verwaltungékosi:n, zusammen 13 312000 M Es fommen somit auf BVauaufwand, bezw. Schuldentilgung 1943000 # Dazu treten die Postgefälle mit 390 000 M und der Staatszushuß für 1882 mit 1750000 F, mithin verfügbare Summe 4083 000 #4 Der reine Schuldenstand hat abzüglich des Aktivvermögens betragen am 31. Dezember 1881 328 626 000 Æ, am 31. Dezember 1882 326 347 000 M und sih somit um 2 279 000 6 gemindert.

Hesterreich-Ungarn. Wien, 18. Mai. (W. T. B.) Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Däne- m d) haben heute Abend die Nückreise nah Kopenhagen an- getreten.

18. Mai. (W. T. B.) Nachdem das Herrenhaus die vom Unterhause bes{(lossenen Geseßentwürfe endgültig ge- nehmigt und die Delegationswahlen vorgenommen, erklärte der Minister-Präsident Graf Taaffe im Kaiserlihen Auftrage den Reichsrath für vertagt.

Schweiz. Bern, 18. Mai. (W. T. B.) Der Bischof Mermillod hat dem Bundespräsidenten und den Mitgliedern des Bundesraths einen Besuch abgestattet und dabei, wiewohl erfolalos, diz Wiedererrihtung einer p st- lihen Nuntiatur in Anregung gebracht.

Niederlande. Haag, 18, Mai. (W. T. B.) Die Zweite Kammer genehmigte die internationale Kon- vention in Betreff der Ausübung der Fischereipolizei auf der Nordsce und cr!heilte der Vorlage bezüglich der Verlängerung der Wirksamkeit der egyptischen ge- mischten Gerichtshöfe ihre Zustimmung.

Frankreich. Paris, 17. Mai. (Fr. C.) Das „TrFour- nal officiel“ bringt heute einen Bericht des Handels- Ministers Hérisson an den Präsidenten der Republik mit dem Vorschlag, eine Kommission mit dem Studium der Frage der Einrichtung von französischen Handels- kammern im Auslande zu betrauen. Ein gleichzeitig veröffentlichtes Decret gieöt bereits die Zusammenseßung der Kommission, in welcher sih, unter dem Borsitß des Senators und Großindustriellen Claude, Mitglieder des Senats, der Kammer, des Jnstituts der Handelskammern, mehrere hohe Ministerialbeamte und auch der Nationalökonom Leroy- Beaulieu vereinig: finden,

(Köln. Ztg.) Der Kriegs-Minister Thibaudin hat an den Armeeausschuß dec Deputirienktammer ein Schreiben gerichtet, in welchem er die Gründe aus- einanderseßt, weshalb er das von ihm ausgearbeitete Nekru- tirungsgeseß niht vorlegen wird. Er thut es nicht, um die Berathung über diese Frage niht zu verzögern. Der Minister giebt scine Meinung über die drei Hauptprinzipien ab, welche die Grundlagen des von dem Ausschuß ausgearbei- teten Geseßcn!wurfes bilden. Der Minister ertheilt den beiden ersten, der Einheit des Kontingents und der Verminderung des Militärdienstes von fünf auf drei Fahre, seine volle Zustimmung : der dreijährige Dienst sei genügend zur Ausbildung eines Sol- daten, ja selbst sür einen Actilleristen. Derselbe wünscht auch, daß die gesammte Mannschaft die vorgeschriebene Zeit diene und iht mehr in zwei Theile zerfalle, vön denen der eine nur 6 bis 12 Monate diene. Eine solhe Rekrutirung gebe keine aleihmäßige Armee und habe auch den Nachtheil, daß Frankreich nicht über 1 200 000 Mann wohlgeübier Truppen, fondern ur über 800000 Mann versüge. Der Minister will jedoh, daß zu Gunsten derer, welhe sih den sogenannten liberalen Laufbahnen widmen, eine Aus- nahme gemacht werde und diese niht drei Jahre zu dienen brauchen ; falls man diese ebenfalls drei Fahre diener lasse, würde cs für dic Urmee von großem Nußten jein; die Regie- rung müsse aber für alle Staatsdienste sorgen und sei des- halb genöthiat, gegen die vollständige Abschaffung der Ein: jährig-Freiwilligen Einspruch zu erheben. Der Minister weist auch den Antrag zurück, das für den Soidaten nothwend‘ge Maß von 154 m auf 1,55 m zu erhöhen, da man sonst jährlih 2000 Mann veriieren würde. Dieses Schreiben des Kriegs-Ministers wird dem Bericht Ballues über das neue Rekrutirungsgeseß angefügt werden.

18, Mai. (W. T. B.) Die Budgetkommission beschloß die Aufrechterhaltung des Kultusbudgets, seßte ab:r den Betrag desselben um 540 000 Fres. herab. Tie vorgencmuweien Absiriche betreffen hauptsächlih die für die Bischöfe ausgeworfenen Beträge.

18. Mai. (W. T. B.) Der „Temps“ sagt: es sei möglich, daß der Regierung von Madagaskar durh den franzóôsish2zn Admiral eine Note zugestell; werde, welche die Rechte bestätige, die Frankreih an der Nordwestküste von Madagaskar in Anspruch nehme ; er glaube indeß zu wissen, daß diese Note nicht die Bedeutung eines Ultimatums haben werde.

Der „Univer3“ will wissen: dec Regierung sei ein in der Form zwar gemößigter, sahlid aber sehr energischer Protest des Papstes gegen die wiederholten Akte von Verfolgung zugegangen, denen der Klerus ausgeseßt sei; dex Protest richte sih namentlih gegen die gehässige Interpellation, deren Gegenstand das Konkordat gewesen sei.

Marseille, 18. Mai. (W. T. B.) Der Dampfer „Garonne“ ist nah Algier beordert und hat dort zur Ve-stärkung der Mission Brazza's Truppen nah hem Congo eingeschif}fft.

Portugal. Lissabon, 16. Mai. (Allg. Corr.) Jn der heutigen Sißung der Abgeordnetenkammer erklärte de: Minister-Präsident, daß die Regierung keine Jnfor- mation besige bezüglich der Haltung des Königs von Dahomey, welcher gegen die beabsitigte Abtretung von Whydah seitens Portugals an Großbritannien Einspruch erhoben haben soll

Italien. Nom, 18. Mai. (W. T. B.) Jn der heu- tigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde wit der Be- gründung der verschiedenen, zu dem Antrage Nicoteras gestellten Tagesordnungsanträge, deren bis j.ßgt 18 eingebracht worden sind, begonnen. Man hofft damit morgen zu Ende zu kommen uno auch morgen noch die Abstimmung

vornehmen zu können. Turin, 18. Mai. (W. T. B.) Der Herzog von

Florenz, 18. Mai. (W. T. B.) Jhre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin und Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Victoria sind von hier nah Genua abgereist.

Türkei. Konstantinopel, 18. Mai. (W. T. B.) Wie verlautet, ist R uste m Pascha zum türkischen Votschaste am italienischen Hofe designirt. Die Pforte hat den Bot- schaftern angezeigt, sie habe beschlossen, bei den ausländi- schen Postämtern Zollbeamte anzustellen, damit die Annahme oder Absendung von zollpflihtigen Werthgegen- ständen verhindert werde. Ferner wurde denjenigen Mächten, deren Zolltarifverträge erloschen sind, von der Pfcrte mitgetheilt, daß nunmehr die Zölle mit 8 Proz. ad valorem erhoben werden würden.

NußHland uud Polen. St. Petersburg, 19, Mai. (W. T. B.) Wie die „Nowo sti“ erfährt, ist dem in Ja- roslaw wohnenden, früheren katholishen Erzbischof von Warschau, Felinski, freigestellt worden, sich in das Aus- land zu begeben. Fn Folge dessen wird Felinski am 25, Mai Jaroslaw verlassen. Die Regierung hat für denselben eine jährlihe Pension von 5000 Rubel ausgeworfen.

Moskau, 18, Mai. (W. T. B.) Laut amtlicher Be- kanntmachung ist der General-Gouverneur Fürst Dolgoru- fow zum Dberstmarschall bei der Kaiserkrönung ernannt worden. Jm Laufe des heutigen Tages sind die Großfürsten Nikolaus und Michael mit ihren Söh- nen, fowie die von dem Großherzoglih mecklenburgischen Hose in Schwerin, von der Türkei, von Rumänien, Brasilien, Japan und den Vercinigten Staaten von Nordamerika zur Theilnahme an der Krönungsfeier abgeordneten Ver- treter hier eingetroffen.

Schweden und Norwegen. Christiania, 19. Mai. (W. T. B.) Jn der Anklagesache gegen die Mit- glieder des Staatsraths hielt das Reichsgericht gestern die erste Sißung ab; in derselben wurde indeß nur über Formalien verhandelt. Die Verhandlung über die An- klage wird heute fortgeseßt.

Amerika. Chicago, 18. Mai. (W.T. B.) Von dem Kon greßdeputirten Finerty, welher der jüngst in Phila- delphia abgehaltenen irishen Konvention beiwohnte, wicd in einem Zeitungsartifel das vom Papst an die irischen Bischöfe erlassene R undschreiben als ein unerträglicher Schritt päpslliher Einmischung bezeihnet. Zugleich wird zur Abhaltung von Mectings in Jrland, welche gegen das Vor- gehen des Papstes orotejtiren, und zur Einstellung der Zah- lung von Peterspfennigbeiträgen aufgefordert.

Zeitung®2ftimmen.

Einem Artitel der „Elsaß - Lothringischen Zeitung“ „Unsere Neichstagsabaeordneten bei der Ab- stimmung über die Holzzölle“ entnehmen wir folgende Säßze:

Der ftenographishe Bericht über die 82. Sitzung des Reichs- tages vom 8. d. Mts., in welcher die Holzzollvorlage zur Ent- scheidung stand, liegt vor Das Verhalten der Reichs8tag8abgeord- neten unseres Landes zu ver für Elsaß-Lothringen so hochwichtigen Frage der Erhöhung der Holzzölle ift bereits Gegenstand einiger Be- merkungen gewesen; die Bedeutung der Sache läßt es jedoch wünschenswerth erscheinen, now einmal darauf zurückzukommen.

Bon den fünfzehn Abgeordneten unseres Landes stimmten für die Vorlage dite Abg.: Grad, Winterer und Freiherr Zorn von Bulach (3); :

Gegen die Vorlage: Freiherr von Dietrich, Kablé, Lang, Quirin (4);

Ohne Eniscbuldigung fehlten: Antoine, Dollfus, Germain, (Boldenberg, Guerber, Jaunez, D-. Simonis, von Wendel (8).

Die Herren Grad, Winterer und von Bulach haben mit ihrer Abstimmung das Interesse des Landcs so wahrgenommen, wie es von allen einsidtigen Männern verstanden wird, und wie der Landes- aus\huß sich selbs noch neuerdings ausgesprochen hat. Die drei Ab- geordneten sind selbs Mitglieder des Landesausschusses, dessen Ver- handlungen den BVlick für das, was Elsaß-Lothringen nußzt und frommt, ersichtlich gescbärft haben. :

Unter den vier Abgeordneten, welche gegen die Vorlage, d. h. also gegen die bessere Verwerthung des Holzes in den Wäldern unseres Landes gestimmt hoben, sind erstlih zwei Fabrikbesizer, die Herren von Dietrich und Lang. . :

Wir kennen die Motive nicht, von welchen die beiden Herren Fabrikbesitzer bei ihrer Abstimmung geleitet wurden, wohl aber sind wir der Meinung, daß gerade die Großindustriellen alle Ursache hätten, die Wirth!chaftspolitik des Reichskanzlers, die so schr den Interessen unseres Landes entspricht und von der Bevölkerung fast ausnahmslos gebilligt wird, nah Kräften zu unterstützen. Diese Politik ist ein Ganzes; der Einzelne kann fih aus derselben niht herausnehmen, was er gerade gebrauchen fann und die Fabrikanten, denen die Zölle auf Eisen und Eisenwaaren zu Gute kommen, haben kein Recht, die Holzzölle abzulehnen. : S

Die Abstimmung des Herrn Kablé kann nicht weiter Wunder nehmen. Der Herr Abgeordnete stimmt, unbekümmert um die Interessen von Elsaß-Lothringen gegen Alles, woas irgend zur Kon- folidirung und zur Wohlfahrt des Reiches dienen könnte. . Seinen Abstimmungen nach wäre Herr Kablés ein vollständiger Manhestermann und repräsentirte somit als solcher gerade den Gegen- sat der Ideen, welche die Mehrzahl seiner Wähler erfüllen.

Wir kommen nun zu Herrn Quirin, Vürgermeister: von Stuß- heim, dem Abgeordneten des Landkreises Straßburg. Sein Votum gegen die Holzzölle ist bei Weitem das auffälligste. .

Die Wähler des Hrn. Quirin verlangen das Tabackmonopol, verlangen die Holzzölle ; sie werden \ih daher bei einer Erneuerung der Mandate zum Reichstage das Verhalten ihres Abgeordneten zu vergegenwärtigen baben.

Dasselbe gilt, mit leider nur geringen Ausnahmen, von fast allea übrigen Mandaten, deren Träger entweder dem Reichstage fern ge- blieben sind oder ihre Stimmen bei den wichtigsten Fragen in einem, dem Interesse des Landes zuwiderlaufenden Sinne abgegeben haben.

Clsaß-Lotk,ringens Interessen im Reichstage gipfeln in erster L-nie in ten wirthschaftlicben Fragen; die wirtbschaftlihe Politik des Reichskanzlers ift gerade dicjenige, wele das Land verlangt, Unzäh- lige Kundgebungen, nicht zum wenigsten die Aeußerungen und Be- schlüsse des Landesaus\hu}es, belassen darüber keinen Zweifel: Es is daher widersinnig, wenn die Reichstagsabgeordneten des Landes zu den Anschauungen der Landesvertretung in einem direkten Gegensaße stehen. Bei den kommenden Reichs- tagswahlen werden die Wähler den Kandidaten rund die Frage vorzulegen haben: Wie ftehst Du zu unseren wirthschaftlichen Wünschen und Interessen ? und sie werden ihr Vertrauen nur solchen Männern zuwenden dürfen, wel? durch ihren Charakter die Bürgschaft gewähren, daß sie si dieser Interessen mit Fleiß und Treue an- zunehmen fähig und gewillt sind. i

Der „Schwäbische Merkur“ theilt aus dem Jahresberichte der Handels- und Gewerbekammer zu Stuttgart für 1882 folgende Aeußerungen über die Ergebnisse der

cinzelnen Jndustiriezweige mit:

Aosta reist morgen inkognito und ohne Aufenthalt über

\chiffahrt 28 000 6, vor: der Main-Neck&arbahn 648 000 #,

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Wien und Warschau nach St. Petersburg.

In der Baumwollenindustrie, {reibt die Eßlinger Baumwoll- spinnerei und Weberei, hat die Besscrung der Lage im verflossenen

Jahre weitere Fortschritte cemaht. Die neue Zollgesetgebung übt andauernd den wohlthuendsten Einfluß aus. Aebnlid günstig spriht \sich troß der durch die egyptischen Wirren vorübergehend eingetretenen Vreidfcwankungen der Makogarne die Eßlinger Nähfadenfabrik aus, die ihre Betriebskraft- und Arbeitsmaschinen durch Neuanschaffungen erweitern und ihre Arbeiterzahl erhöhen fonnte. Sie konnte auch etwas die Arbeitslöhne, die sich im Allge- meinen glei blieben, erhöhen. Die Jacquardweberei der Württem- bergischen Handelsgesellshaft berihtet von einem etwas vermehrten Absatz nach dem Auslande, fühlt sich jedo dur den hohen Eingangs- zoll auf Halbfabrikate, wie Garne beengt. Ihre Arbeiterzahl konnte sie um 15% vermehren. Eine Hauptklage richtet si gegen das Kopiren ihrer neuen Dessins durch kleinere Geschäfte, gegen welhe sich das Mustersbußgeseß als ungenügend erwe: se. In der Wollindustrie war auch für die Kammgarnspinnerei der Absapy ein befriedigender ; nicht so die Verkaufepreise. Die Eßlinger Tuchfabrik (1830 gegründet) hatte einen zufriedenstellenden Geschäfts- gang und bei flotterem Betrieh s{lanken Absaz. Die Wirkung der neuen Zollpolitik auf die Tuchbranhe wird als günstig be- zeihnet, für die feine und hocfeine Waare aber ein glei hoher Schuß wie für die geringere verlangt. Der Ge- \chäftsgang der Leinenindustrie verlief bis zum Sommer günstig, hernach weniger befriedigend. Leinengarne urrd die da- von fabrizirten Waaren siud etwas billiger geworden. Die neuen Zölle haben sich als nüßlih erwiesen. Der kunftgewerbliche Fortschritt erzeugte in der Jacquardweberei neue stilgerechte Dessins und eröffnete dem Fabrikanten ein weites Feld in der Anwendung der mannig- faltigsten Farben. Auch der Hausindustrie wird das Wort ge- redet und am S@&lusse bemerkt, die Regierung habe alle Ur- fache, die Leinenhandweberei in Gegenden, wo solche noch so eigentlih einen Theil des Familienlebens bilde und als Grund- lage des Volfkswohlstandes angesehen werden müsse, auf dem ein- ge\chlagenen Wege zu erhalten und zu fördern. Für Trikot- waaren (Hemden, Unterjacken, Hofen, Unterröcke u. \. w. in Seide, Halbseide, Wolle, Halbwolle und Baumwolle) is Stuttgart mit nächster Umgebung ein Hauptproduktionsplaß. Die Berichte in dieser Branche weichen von den vorjährigen wenig ab. Die Erxportoerbin- dungen fonntea troß der Erhöhung des österreichischen und französi- \cen Zolltarifs weiter ausgedehnt werden. Die Arbeitslöhne blieben die gleichen wie im Vorjahr. In Korsetten wurde 1882 ein größerer Umsatz erzielt und in Folge dessen auch die Arbeiterzabl vermehrt, Die Berichte aus sämmtlichen Spezialitäten der Leder- Bereitung, «Verarbeitung und Gerberei stimmen in der Ansiht überein, daß eine Besserung entschieden und nachweisbar mit der Ein- führung des neuen Zolltarifs eingetreten sei. Dem entspre{end trat auch cine Echöhung der Arbeiterzahl ein. Die Prcife der Roh» materialien, vor Allem Häute, im Anfang des Jahres die gleichen, wie im vorhergehenden, wurden im Laufe des Sommers und Herbstes durch Händler künstlich hinaufgetrieben und erweckten den Wunsh nach eiaem Ausfuhrzoll auf Rohwaaren (als Aequi- valent für den Rindenzoll). Die Arbeitslöhne blieben fich gleich. Den Stuttgarter Ledermärkten wird Dank der günstigen cen- tralen Lage eine weitere Gatwicklung vorauégesagt. In der Schuh- waarenfabrikation, die das Schuhmachergewerbe immer mehr zucück- drängt, ging das Geschäft in den beiden leßten Jahren ziemli flott ; doch war dics mitunter nur auf Kosten der Preise, die theilweise aub im Berich1éjahre einbüßten, zu erreichen, zudem waren houpt- \fähli) immer nur billige Artikcl gesucht. Jn den Hülfsftoffen gingen die Preise für Gummizüge, Roßleder bedeutend, für Kidleder eiwas in die Höhe, für Vacheleder und Brand1ohlleder etwas zurück. Be- züglih des Eingangs8zolls auf fertige Schuhwaaren wird eine be- stimmtere Unterscheidung von groben und feinen S{wuhwaaren verlangt.

Die „Berliner Politishen Nachrichten“ er- achten es für wünschenswerth, baß troß der drängenden ge- schäftlichen Lage des Reichstags alsbald nah Pfingsten auch noch der Geschentwurf, betreffend die Abwehr und Unter- drückung der Ret lauskrankheit den Reichëtag passire.

In den Weinbau treibenden Kreisen, befonders im Rheingau und in Rheinhessen, weiß man, wie die verschiedenen, an maßzebender Stelle bekannten Kundgebungen zeigen, die Bedeutung des Gescßes vollständig zv würdigen. Auch die überwiegende Mehrzahl der Handelsgärtner wird mit dem Gesetz cinverstar.den sein können, da sie, wenn auch der Rebenhandel wird aufgegeben werden müssen,“ avf der anderen Seite in ihren viel wichtigeren anderweitigen Geschäftébetrieben wesentliche Erleichterungen finden

Durch das Auftreten der Reblaus an der Ahr, wo sie allerdings erst nach cinem längeren Zeitraum, als sie zu ihrer Zerstörung im südlichen Frankreich braucht, aber doch ganz zweifellos auch für unser Klima nachgewiesen hat, daß unsere Reben durch das Infekt \{chließ- lih vernichtet werden, ist der unwiderlegliche Beweis geliefert, daß die Gefahr für uns eine chbenso große is, wie für jedes andere Land. Wenn man darnach das Interesse des ganzen deutschen Weinbaues, um dessen Erhaliung cs sich handelt, dem Interesse der wenigen Rebschulenbesißer gegenüberftellt, fo kann es ja gax nicht zweifelhaft sein, daß die Nücisicht auf den Weinbau obsiegen muß. Am allerwenigsten aber können die Liebhabcereien einzelner Weinbergsbesißer, mit neuen Rebsorten zu experimentiren, zu laren Bestimmungen Veranlassung geben, wenn cs sih darum A ihren Besitz und den threr ganzen Gegend vor Vernichtung zu \cchüter.

Die Existenz der Reblaus im Ahrgau war trotz der großen Ver- breitung des Insektes dort vor kurzer Zeit noch gänzli unbekannt. Wie leiht lâtte es ein Zufall veranlasscn können, daß aus den infizirten Weinbergen wurzeltreibende Reben nah anveren weinhau- treibenden Gebieten gekommen wären und nach diefen zweifellos das Insekt verpflanzt hätten.

Die Frage liegt jeßt einfach so, daß es nicht mehr genügt, uns von Bezügen aus dem Auslande zu {üßen. Wir müssen leider au die inlöndishen Neben für verdächtig halten. Der verständige Winzer wird nah den schrecklichen Erfahrungen in Frankreich, dessen durch das Insekt angerichteter Schaden die Höhe der Kriegskosten - Kontribution weit übersteigt, dem Reiche nur dankbar sein, wenn dburch diese Verkehrsbeschränkungen die größte Gefahr dec Vernichtung seines Besitzes durh die Reblaus zurücgedrängt wird. Da die Ausbreitung der Reblaus in nördlichen Bezirken langsamer vor stich geht, dürfen wir hoffen, daß, wenn keine Verschleppung durch den Verkehr, clso besonders den mit Reben, stattfindet, wir die Infektion von unseren Weinbergen noch lange und vielleicht für immer ferne halten.

Statistische Nachrichten.

„Finem an den König erstatteten und in dem „St.-A. f. W.“ veröffentlichten Berichte des Königlich Württembergischen Justiz- Ministeriums, betreffend die Verwaltung der Rechtspflege im Königreih Württemberg vom 1. Januar bis 31, Dezember 1881 entnehmen wir Folgendes:

In der Organisation der Behörden und in dem Verfahren im Jahre 1881 sind keine Aendcrungen eingetreten. Der etatämäßige Personalstand der Beamten ist im Ganzen derselbe geblieben, wie im vorigen Jahre. Von der den Ortsvorstehern geseßlih eingeräumten Befugniß, die Uebernahme oder Fortführung des denselben durh das Geseß übertragenen Gerichtsvollzieherdienstes mit Zustimmung der bürgerlichen Kollegien abzulehnen, ist im Jahre 1881 noch in weiterem Umfang als bisher Gebrauh gemacht worden. In den 1911 Ge- meinden des Landes haben den Gerichtsvollzieherdienst besorgt am 31, Dezember 1880: 1487, am 31. Dezember 1881 : 1374 Ortsvorsteher, von den Gemeindebehörden gewählte Beamte 420, 534, gerichtlich bestellte Beamte 4, 3. Rechtsanwälte sind zugelassen gewesen am 31. Dezember 1880: 159, am 31. Dezember 1881: 160. Vie Anwaltskammer war i. J. 1881 2 mal versammelt; der Vor- stand der Anwaltskammer trat 4 mal zusammen und hatte außer-

dem als Ehbrengeriht 3 Sitzungen. Das ehrengeri{tlihe Ver- fahren findet ftatt gegenüber von Rechtsanwälten, E pee Verleßung ihrer Berufspflichten diszivlinäre Bestrafung verwirkt haben. Von den 5 Anträgen der Ober-Staatsanwaltscaft auf Einleitung des ehrengerihtlihen Verfahrens sind 3 bei dem Scluß des Jabres no anhängig gewesen. Vor dem EGhrengericht als erfcnnendem Geriht fanden 2 Hauptverhandlungen statt. In beiden Fällen wurde entsprehend dem Antrag der Ober-Staats- anwaltschaft auf Verweis, bezw. Wornung erkannt. Die Zabl der im- matrifulirten Notare betrug am 31. Dezember 1881: 10, am 31. De- zember 1880: 11. Bei dem Justiz-Ministerium fanden, die zahl- reichen durchlaufenden Gegenstände nicht gerechnet, 10 756 Aktenein- lâufe statt, welbe sämmtlich erledigt worden sind. Bei den Vor- ständen der Gemeindegerihte waren anhêngig Schuldklagsachen 59 630. Bei den Gemeindegerichten waren bürgerliche Rechtsstreitigkeiten an- hängig 9448, wurden beendet durch Entscheidung 2719, auf andere Weise 6418, blieben unbeendet 411. Geschäfte bei den Anwaltschaf- ten für die gemeinen Strafsachen waren im Ganzen anhängig über- jährige 644, diesjährige 10340, wurden beendet 10 368, blieben unbeendet 616. Die von den Amtsanwälten für Forstrügesachen, für Zollstraffachen, für Steuerstrafsaen und für Poststrafsachen erfor- derten Nachweisungen beschränken sih auf die Angabe der Zahl der Fâlle, in welchen das Hauptverfahren eröffn?t, bezw. ein Strafbefehl erlassen worden ist, Für die Amtsanwälte sür Forstrügesachen wurde die Zahl von 12 861 Fällen ermittelt. Jn Steuerstrafsachen wurde das Hauptverfahren in 61 Fällen eröffnet. Jn Zoll- und Poststraf- sachen wurde kein Hauptvecfahren eröffnet. Bei den Amtsgerichten sind in Civilsachen anhängig geworden: Mahnsacben 82334, Zahlungs- befehle wurden ertheilt 80174, gewöhnliche Prozesse, Urkundenprozesse, Gntmündigungêverfahren, Aufgebotsverfahren, Arreste und einstweilige Verfügungen 22987, Zwangsversteigerunçen von Gegenständen des unbeweglichen Vermögens 2752. Konkurssahen waren anhängig : überjährige 431, diesjährige 692, wurden beendet 812, blieben un- beendet 311, Konkursverfahren sind im laufenden Jahre „eröffnet“ worden 568. Strafsachen: Strafbefehle in Forstrügesachen ergingen 11895. Es waren anhängig: Privatklagsachen überjährige 398, dies- jährige 4649. Anträge auf Erlaß von Strafbefehlen mit Ausschluß der Forstrügesachen 4972, Anklagesachen wegen Vergehen und Ucber- tretungen 11 797, Voruntersuchungen 967, Einzelne richterlihe An- ordnungen, insbefondere in Folge von Anträgen der Staatsanwalt- {aft auf Vornahme richterliber Untersuhungshandlungen, wacen zu treffen 11337. Durch die Amts- und Swhöffengerichte wurden abgesehen von denjenigen Verurtheilungen, bezüglich deren es bei der Crlassung der Strafbefehle bewendete, in erster Instanz Per- fonen verurthcilt 11 798, freigesprohen 2864. Jn den bei den Amts- und Schöffengerichten durch Strafbefehl oder Urtheil in der Instanz erledigten Strafsachen haben sih Beschuldigte in Untersuchungshaft befunden in der Dauer von mehc als 30 Tagen 146, mehr als 60 Tagen 15, mehr als 90 Tagen 7. Bei den Landgerichten wurden in Civilsachen anhängig bürgerliche Rechtsstreitigkeiten in erster Instanz vor den Civilkammern: gewöhnlihe Prozesse, Urkunden- prozesse, Arreste und einstweilige Verfügungen 2589, Ehe- und Ent- mündigungésachen 244, vor der Kammer für Handelsfachen in Stuttaart : gewöhnlide Prozesse, Urkundenprozesse, Arreste und einstweilige Verfügungen 299, bürgerlibe Rechtsstreitigkeiten in der Berufungéinstanz : gewöhnliche Prozesse und Urkundenpro- zesse 563. Strafsachen: Anträge und Anzeigen wurden von der Staatsanwaltschaft ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen oder an die zuständigen Behörden abgegeben 3051. Vorverfahren waren an- bängig überjährige 2283, darunter Voruntersuchungen 697, diesjäh- rige 19 678, darunter Voruntersuchungen 2325, wurden beendet 19 764, Voruntersuchungen 2606, blieben unbeendet 2197, Vorunter- fubungen 416, Hauptverfahren in 1. Jnstanz vor den Schwur- geribten waren anhängig 296, wurden beendet 285, blieben un- beendet 11, Vor den Strafkammern waren anhängig 2679, wurden beendet 3046, blieben unbeendet 633. Berufungen waren anhängig 733, wurden beendet 670, blieben unbeendet 63. Personen wurden von den Schtourgerichten 265 verurtheilt, 56 freige- \procen, von den Strafkammern in 1. Instanz 3439 verurtheilt, 338 sreigesproden, Es wurden 2 Todesurtheile gefällt; beide wegen Mords, in beiden Fällen warde die erkannte Todesstrafe in leben8länglihes Zuchthaus verwandelt, In den bei den Land- gericten durch Urtheil 1, Instanz erledigten Strafsachen befanden sich Beschuldigte in Untersuchungsh,aft in der Dauer von mehr als 30 Tagen 740, mehr alz 60 Tagen 214, mehr als 90 Tagen 179, mehr als 180 Tagen 39, mehr als | Jahr 6, von den leßteren 5 bei dem Landgericht Ulm. Bei den Ober-Landesgerichten wurden in Civilsactea, und ¿war in der Berufungsinfstanz gewöhnliche Pro- zesse, Urkundenprozesse und Ehe- und Entmündigungssachen anhängig 233. Beschwerden in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Konkurs- verfahren 34. _Straffachen: Revisionen warcn anhängig 20, wurden erledigt 19, bliebcn unerledigt 1. Urtheile ergingen auf Aufhebung des vorinstanzlichen Urtheils 4, auf Verwerfung der Revision 10, Be- schwerden waren anhäugig 54, wurden beendet 48, blieben unkeendet 6. Von der Zahl der dur Entscheidung erledigten Beschwerden wurden für begocündet erklärt 10, für unbegründet erklärt 36. Anträge auf Echebung der öffentlichen Klage (8. 170 der Straf- prozeßordnung) wurden gestellt 5, welche sämmtlich für nicht begründet crachtet worden sind. Die Gerichts- und Amtênotare hatten vom 1. Dezember 1880 bis 31. Dezember 1881 zu erledigen 46 083 Inventuren und Theilungen, 21 735 Vormundschaftsrehnungen, 111 Gantgeschäfte des früheren Rechts, erledigt wurden 44039, 21 684, 11], unerledigt blieben 2044, 51, -—. Der Aufwand auf die Notariate betrug in dem Etatsjahre vom 1, Mai 1880 bis 31. März 1881: Be- soldungen 340259 K 74 S, Kanzlei- und Reisekosten 187 185 4.45 4, ssistenzklosten 12305 A 10 &, Notariatsunterrichtskurs 8575 6, zusammea 548 325 M 29 F. Dagegen beliefen fsih die Notariats- sporteln (auss{ließlih der 56 447 Æ 48 H betragenden Erbschafts- und Vermächtnißsporteln alien Rechts) auf 604 624 ( 8 „. Die- {elben haben somit den zur Deckung des Gesammtaufwands auf No- tariate erforderlichen Betrag überschritten um 56 298 4 79 Z. Bei den Amtsgerichten waren vom 1. Januar bis 31, Dezember 1881 Vormundschafis8re{nungen zu revidiren 22726, wurden revidirt 19 880, blieben rüdständig 2846, abzuhören 25 922, wurden abgehört 20 758, blieben rückständig 5164. Die Civilkammer der Land- gerichte hatten vom 1, Januar bis 31. Dezember 1881 zu erledigen 10 Inventuren und E 20 Theilungen, erledigt wurden 8, 12, rüdständig blieben 2, 8. Von den zu beaufsihtigenden 61 Kuratelen und Administrationen hörten 7 auf. Kuratelen und Administrations- rechnungen waren zu revidiren 56, wurden revidirt 46, blieben zu revidiren 10, abzuhören 73, abgehört 56, abzuhören 17. Aus einer vergleihenden Uebersicht über die Geschäftsthätigkeit der Gerichte in Bezug auf eigentlihe Prozeßsacben, Civilprozesse zuzüglih der Ent- mündigung8-, Konkurs-Strafprozeßsachen, während der leßten zehn Jahre geht hervor, daß im Jahre 1881 bei den Amtsgerichten und bei den Land- gerihten der Geschäftsanfall im Fivilfach und im Straffach zugenommen, dagegen die Zahl der angesallenen Konkursverfahren gegenüber der- jenigen des Vorjahrs abermals namhaft abgenommen hat. Bei den Staatsanwaltschaften der Landgerichte, sowie bei dem Ober-Landes- gericht, und zwar bei diesen in beiden Hauptfächern, ist der Geschäfts- anfall feiner geworden. Die Erledigungen und die Rückstände im Konkursverfahren und im Strafverfahren stehen im Allgemeinen im normalen Verkbältniß zu dem Anfall. Im Civilfah is zufolge der im Reichs-Justizamt für die cinshläaige Statistik aufgestellten For- mulare die Zahl der Erledigungen und dec Rückstände nit erhoben, Der Bericht bemerkt, es habe dies feinen Grund zunächst darin, daß, nacbdem durh die Reichs-Civilprozeßordnung der Prozeß- betrieb in die Hände der Partien gelegt worden sei, aus der Zahl der unerledigten Recbtssachen ein Maßstab für die \pontane Thätig- keit der Gerichte niht mehr entnommen werden könne. Sachen älteren Rechts seien in das Jahr 1881 nur noch in kleiner Anzahl Übergegangen. Dieselben gäben zu keiner besonderen Bemerkung An- laß. Auch für das Jahr 1881 wird die Thätigkeit der Gerichte und der Staatsanwaltschaft im Allgemeinen mit Anerkennung hervor-

gehoben. Den hin und wieder wahrgenommenen Verzögerungen bei

Führung von Voruntersuchungen werde mittelst der in dieser Rich- tung eingeführten weiteren Kontrolmaßregeln in Zukunft wirksamer begegnet werden können.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Von der Sammlung „Uebers Meer, Taschenbibliothek für deutshe Auswanderer“, sind 3 neue Bände: V. Argentinien, von Beck- Bernard, VI. Kanada, von Rob. S. Arndt und IX. Oregon, von Heinrih Semler, ausgegeben (je 1 geb., Leipzig, Weltpostverlag). Die sachkundigen Verfasser \s{ildern in interessanter Weise die be- treffenden Staaten in geschichtliher, geographisher und politischer Beziehung, ihre Bevölkerung und Städte, Klima und Gesundheits- verhältnisse, natürlichen Hülfsquellen, Produkte, ihren Handel, ihre Industrie und Verkehrsmittel, Farmbetrieb, und geben Auskunft über Pen Münzen, Reisegelegenheit und alle Verhältnisse, welhe in- onderheit für Auswanderer von Interesse find. Dabei enthalten si die Bücher, was besonders anzuerkennen ift, jeder Verlockung zur Auswanderung, sie befleißigen fich der möalichsten Objektivität und verhehlen dem Auswanderungslustigen die Schwierigkeiten nit, die er bei Ausführung seines Vorhabens zu überwinden hat. Jedem Bande sind auch Landkarten und einzelne Jllustrationen beigefügt.

Von der 13., vollständig umgearbeiteten und mit Abbildungen und Karten auf 400 Tafeln und im Texte ausgestatteten Auflage des Brockhaus'schen Konversations-Lexikons, die in 16 Bänden oder 240 Heften erscheint, sind soeben wiederum 5 Hefte, Heft 66—70, ausgegeben worden. Dieselben führen den Text von „Diebsinseln“ bis „Dunciad" fort, enthalten eine Menge interessanter und lehr- reiber Artikel des mannigfachsten Inhalts aus den verschiedenen Wissensgebieten, und bringen außerdem 3 Bildertafeln (Diamanten, Drehbänke, Dreshmaschinen) und 2 kolorirte Karten (Verkehrskarte von Deutschland und den Nacbbarländern, und historische Karte von Deutschland II., enthaltend: Deutschland zur Zeit der Reformation und die Kreiseintheilung, Deutschland nah dem westfälishen Frieden 1648, Deutschland zur Zeit Friedrihs des Großen und bis zum Reichsdeputationshauptshluß 1803, und Deutschland zur Zeit des deutschen Bundes 1815—1866). Aus den Illustrationen im Texte heben wir hervor: Dresden und Umgegend, Topographische Lage von Dublin, und die Abbildung cines bereits ausgestorbenen Vogels (Dodo).

Im Verlage von Alexius Kießling in Berlin 8,, Branden- burgstraße 64, erschien soeben in achter Auflage: Kießlings Berliner Baedecer, praktisber Führer durchÞ Berlin und Potsdam nebst Umgebungen, 136 Seiten gr. Oftav, nebst Plan von Berlin in Farbendruck, eleg. cacton. 1 4, eleg. gebunden 14 M In diesem Führer durch Berlin, welcher alljährlich im Mai in durchweg neuer Bearbeitung erscheint, ist das reichhaltige Material logish geordnet und die Darstellung kurz und bündig. Der über- sichtlihe Druck ermöglicht eine {nelle Orientirung. Ausfühbrliche Verkehrsnotizen, wie Angaben über die Besuchszeiten aller Sehens- würdigkeiten und ein Stadtplan von Berlin sind beigefügt. Jn demselben Verlage erschien in sauberem Farbendruck: Kießlings Situationsplan der Hygiene-Ausstellung mit begleitendem Tert, die für den Besuber wichtigsten Notizen und Angabe der in der Ausstellung vertretenen Gruppen enthaltend. Preis 50 4. Dieser dur seine Farben sehr übersichtlibe Plan wird dem Besucher, der seine Wanderungen durch die Ausstellung nach bestimmten Prin- ziplen zu unternehmen gedenkt, ein zuverlässiger Führer dur die Baulichkeiten und Anlagen des ausgedehnten Terrains sein,

Gewerbe und Handel.

London, 18. Mai. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll - auktion waren die Eröffnungspreise behauptet.

Berlin, 19. Mai 1883.

Der Vorstand der landwirthschaftlihen Aus- stellung in Lissabon hat aus zwingenden Gründen die Eröffnung der Ausstellung auf den 2. September D L verschieben müssen.

Se. Majestät der König voa Sachsen war gestern früh auf dem Terrain der Hygiene-Ausftellunç und nahm unter WSuhrung des zweiten Vorsißenden, Civil-Ingenieurs Rietschel, und des dritten Vorsißzenden, General-Arztes Dr. Roth, sowie mehrerer Auss{ußmitglieder eine weitere eingehende Besichtigung der Aus- stellung vor.

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin- zessin Wilhelm gedenken am nächsten Montag, den 21, Mai, Mittags 12 Uhr, im Elisabeth-Saale des Königlihen Schlosses das nunmehr fertiggestellte Ho hz eits ge\ch enk entgegenzunehmen, welches dem EGrlauchten Paare von sechsundneunzig preußishen Städten zum Tage der Vermählung gewidmet worden ist.

: Bet dem allseitig gehegten Wunsche, sih an den Festgaben zu betheiligen, lag im Jahre 1880 die Gefahr nahe, daß einerseits ver- schiedene O dasselbe schenken könnten und daß anderer- seits die Versciedenheit im Style und in der Ausführung der Ge- schenke, insbesondere der Silbersachen, eine gleichzeitige Benußung bei festlichen Gelegeneiten nicht gestatten würde. So ergab si der Wuns von selbst, daß cine größere Anzahl von Korporationen sib zu ciner gemeinsamen ¿gestgabe vereinigen möchten. Dieser Ge- danfe, zuerst vom Ober-Bürgermeister von Danzig, Geheimen Regie- rungé-Rath von Winter, gefaßt, fand bei dem Ober-Bürgermeister von Berlin, von Forctenbeck, dem Stadtverordneten - Vorsteher Dr. Straßmann in Berlin, dem Ober-Bürgermeister von Cöln Dr. Becker und dem Ober-Bürgermeister von Frankfurt a. M. Dr. Miquel bereitwillige Aufnahme, und auf ihren gemeinschaftlihen Aufruf hin vereinigten sh 96 preußische Städte mit nahezu 5 Millio- aen Einwohnern, um dem Erlauwten Paare ein künstlerisch ausge- siattetes Hausgeräth zum Gegenstand der Festgabe zu machen, dessen Kosten im Betrage von 400 000 4 na dem Verhältniß der Ein- wohnerzahl auf die einzelnen Städte vertheilt werden sollte. Nachdem now der Erste Direktor des Kunstgewerbe-Museums, Grunow, dem aus oben genannten Herren gebildeten Ausschusse beigetreten war, wurde der Baurath Adolf Heyden in Berlin mit der künstlerischen Leitung des Ganzen betraut. Die von demselben vorgelegten Ent- würfe fanden die volle Zustimmung der Beurtheilungskommission, in welcher der inzwischen verstorbene Professor Martin Gropius, der Direktor Grunow und der Professor Dr. Lessing saßen. Alle frisch- gescbulten Kräfte des Kunstgewerbe-Museums wurden herangezogen, tüchtige Künstler der Stadt arbeiteten an einzelnen Stücken, und #9 konnten denn am zweiten Tage nach der Hochzeitsfeier bereits die Modelle der Hauptstücke in stolzem Aufbau von einer gemeinsamen Deputation vorgeführt werden.

Zwei Jahre und einige Monate sind seitdem verflossen, und das Festgeschenk stebt vollendet da. Drei der größten Werkstätten Berlins und eine in Frankfurt a. M. waren unausgeseßt thätig, um die Silberarbeiten zu vollenden; hierzu treten noch die kunstvoll ausge- führten Gläser und der mächtige für fünfzig Personen berechnete Tisch. Für diese nunmehr gelöste Aufgabe war nit der gegenwärtige Bedarf des jungen prinzliGen Paares maßgebend : es sollte vielmehr ein Tafelsilber geshafffen werden, das auch der einstigen Stellung des Erben der deutschen und preußischen Krone entspriht. Dieser weitere Umfang, den das Geschenk auëzufüllen hat, verhindert nit, daß einzelne Grupven des Tafelsilbers auch für die engeren Anordnungen eines Prinzlicben Palais verwendet werden können. Die Eintheilung des Tafelsilbers ist fo getroffen, daß bei einer Galatafel von fünfzig Gedecken das Scbiff mit den zwei Kandelabern das Mittelstück bilden und die beiden großen Aufsäße in der Mitte je einer Hälfte aufgestellt werden. Die Breite der Tafel gestattet es, den Mittel- streifen in voller Länge 1mit Schaugeräthen zu beseyen, hohe und niedere Siüdke wechseln hierbei ab; und die Dur(sichtigkeit der