1883 / 123 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 May 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Nichtamflliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 29. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König besihtigten heute Vormittag die 3. Garde-Jnfanterie-Brigade auf dem Erxerzierplay an der Tempelhofer Chaussee und hörten, naH dem Palais zurück- gekehrt, den Vortrag des General-Lieutenants von Albedyll.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin ist mit dem Gefolge gestern Abend 111/, Uhr von Baden-Baden mit- telst Extrazuges hier eingetroffen und rourde von Sr. Majestät dem Kaiser und Könige im Palais begrüßt.

Heute Vormittag empfing Jhre Majestät den Besuch Fhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin.

Jhre Majestät hat noch von Baden-Baden aus der Frei- frau von Bülow, geb. Freiin von Humboldt, den Ausdruck Allerhöchstihrer freudigen Theilnahme an der Feier der Ent- hüllung der Denkmäler der Gebrüder von Humboldt und des Bedauerns über Jhre Abwesenheit telegraphisch übermittelt.

Jhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin kamen gestern mit dem 9 Uhr-Zuge von Potsdam nah Berlin zur Besichti- gung der Hygione-Ausftellung.

Se. Kaiserlihe Hoheit der Kronprinz empfing um 11 Uhr in Höcstseinem Palais den Fürsten Heinri 1V. Reuß- Köstriß, nahm darauf Vorträge und militärishe Meldungen entgegen und wohnte um 12 Uhr mit Fhrer Kaiserlichen Hoheit der Kronprinzessin vom Kaiserlichen Palais aus der feierlihen Enthüllung der Humboldt-Denkmäler bei.

Mit dem 1 Uhr- bezw. 2 Uhr-Zuge kehrten sodann FJhre Kaiserlihe Hoheit die Kronprinzessin und Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz, Höchstwelher dem Museum noch einen B abstattete, nah dem Neuen Palois bei Potsdam zurück.

Unter dem Vorsiß des Staats-Ministers von Boetticher wurde am 28. Mai eine Plenarsißung des Bundesraths abgehalten. Der Vorsißende machte der Versammlung Mit- theilung von den Beschlüssen des Reichstags, betreffend den Geseßentwurf wegen Abänderung des Zolltarifs (Holzzölle) sowie über Petitionen wegen der Zolbefreiung der Nußholz- abfälle. Die Beschlüsse über diese Petitionen wur- den den zuständigen Ausschüssen zur Vorberathung Ubeiiviesen, Dn an 4 Yat d. Js unterzelWh- netcn Handels- und Schiffahrtsvertrage mit Jtalien und der am 19. April d. Js. unterzeichneten Uebereinkunft mit Frankreih wegen gegenseitigen Schußes der Rechte an Werken der Literatur und Kunst ertheilte die Versammlung ihre Zu- immung. Ablehnend beschieden wurden mehrere Einzaben von Privaten, betreffend: Zolltarifirung von Patentshmier- asen, Denaturirung von Branntwein zur Essigfabrikation, Abänderung des Regulativs über die Steuerfreiheit von dena- turirtem Spiritus, Erweiterung der Zoll- und Steuerkreditfrist für Tabak, Die Zustimmung dec Versammlung fanden die Ausschußanträge in Betreff: der Verwendung von Meliloten- blüthen bei der Herstelung von Tabackfabrikaten; der zoll- freien Ablassung der Embleme der diplomatishen Vert:eter und Konsuln fremder Staaten; der Ermächtigung einer Zoll- stelle zur Ausgangsabfertigung von Zucker; der Anwendung Des Gesetzes vom 1, Juli 1881 über die Erhebung der Reichs- Stempelabgaben; der Herstellung einer landwirthschaft- lien und gewerblihen VBetriebsstatistik. Die Berech- nung der nach dem Entwurf des Reichshaushalts : Etats für 1884/85 zur Deckung der Gesammtausgaben aufzubrin- genden Matrikularbeiträge wurde genehmigt. Nachdem für die Verhandlungen im Reichstage mehrere Kommissarien ge- wählt worden waren und nachdem der Vorsißende von der auf Grund früherer Beschlüsie erfolgten Ueberweisung zahl- reicher Eingaben an die Ausschüsse Mittheilung gemacht hatte, faßte die Versammlung chließlich Beschluß über die geschäft- liche Behandlung mehrerer weiterhin eingegangcnex Eingaben,

Der S@lußbericht über die gesirige Sitzung des Reichstages befindet sih in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (89,) Sigung des Reichstages, welcher der Staats-Minister von Scholz sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident von Leveßow zunächst den Eingang des Handels- und Schiffahrtsvertrages zwischen dem Deutschen Reich und Jtalien mit.

Hierauf seßte das Haus die dritte Berathung des Geseß- entwurfs, bctr. die Abändexung der Gewerbeordnung, mit §. 33€ forl.

Derselbe lautet nach den Beschlüssen in zweiter Lesung :

Die Abhaltung von Tanzlustbarkciten richtet sih nah den landesrecchtlichen Bestimmungen.

TII. An die Stelle des §. 40 der (Bewerbeordnung treten folgende Bestimmungen:

Die in den 88. 29 bis 33a und im §8. 34 erwähnten Ap- probationen und Genebmigungen dürfen weder auf Zeit ertheilt, noch vorbehaltlich der Bestimmungen in den 88, 33a, 53 und 143 widerrufen werden.

. Gegen Versagung der Genehmigung zum Betriebe cines der

in den §8. 30, 30a, 32, 33, 33a und 34, sowie gegen Untersagung

des Betriebes der in den §8. 33a, 35 und 37 erwähnten Gewerbe ist der Rekurs zulässig. Wegen des Verfahrens und der Behörden

gelten die Vorschriften der S. 20 und 21.

Hierzu lag von den Abgg. Büchtemann und Richter (Hagen) folgender Antrag vor:

Der Reichstag wolle bes{ließen : dem §8. 33 c die folgenden neuen Absäße hinzuzufügen:

„Jedoch find Beschränkungen der öffentlihen Tanzlustbarkeiten

für einzelne Volksklassen unzulässig.

In solchen Gemeinden, wo die öffentlichen Tanzlustbarkeiten auf bestimmte Tage des Jahres beschränkt sind, darf an diesen Tagen hinsichtlib der Erlaubniß zur Abhaltung solcher Lustbar- keiten oder in Bezug auf die erlaubte Dauer derselben zwischen den Gast- oder Schankwirthen der Gemeinde ein Unterschied nicht gemacht werden. *

__ Der Abg. Büchtemann motivirte diesen Antrag unter Hinweis namentlih auf eine Verfügung eines Landraths in der Ostprigniß, der in seinem Kreise bestimmte Tage sür Tanz- lustbarkeiten u. dergl. vorgeschrieben habe. Diese Versügung sei vom Minister des Jnnern bestätigt worden.

Der Bundeskommissar Geheime Regierungs - Rath Boediker erklärte, daß der vom Vorredner ?rwähnte Fall durch die besonderen Um}:ände vollkommen gerechtfertigt sei. Auch hätten sich ja in den Rheinlanden mehrere Bürgermeister dahin gecinigt, die Kirmesfeier an demselben Sonntag stattfinden zu

lassen, um die Bewohner zu verhindern, án verschiedenen Sonntagen verschiedene Kirmeßlustbarkeiten zu besuchen. Ferner bedauere er es, daß der Antrag erst ganz kürzli ein- gebracht sei, obwohl seit der zweiten Lesung mehrere Wochen vergangen seien. Dies sei ein System der Ueberrumpelung. Redner schilderte sodann die günstigen Wirkungen, welche die Annahme des fortschrittlihen Antrages haben würde. Am besien wäre es, den ganzen §. 33 c abzulehnen ; jedenfalls aber warne er davor, das Amendement Büchtemann anzunehmen.

Der Abg. Ackermann bekämpfte ebenfalls den Antrag Büchtemann.

Der Abga. Dr. Blum erklärte sich im Allgemeinen mit der Tendenz des Antrags einverstanden, da aber nach seiner Ans sicht diese Angelegenheit je nah den provinziellen Eigenthüm lihkeiten geregelt werden müßte, werde er gegen den Antrag stimmen.

Bei Schluß des Blattes wurde die Berathung über den 8. 33 c fortgeseßt.

Jn der heutigen (68.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher die Staats-Minister Dr. Lucius, Dr, Friedberg, von Boettiher und von Scholz sowie mehrere Kommissarien beiwohnten, theilte der Vize-Präsident Freiherr von Heereman zunächst mit, daß der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach, kraft eines längeren Urlaubs Sr. Majestät des Königs sih zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesundheit nah Italien begeben habe, Derselbe werde also in nächster Zeit den Sizungen des Hauses niht beiwohnen können.

Hierauf trat das Haus in die Tagesordnung ein.

Der exste Gegenstand derselben war die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen. Der erste Redner in der Generaldiskussion, der Abg. Dr. Bender (Königsberg), sprach sih gegen die Vorlage aus, da er mit den Wirkungen der gegenwärtigen Subhastationsordnung zufrieden sei, und be- kämpfte namentlich die Ausführungen des Abg. Seehusen.

Der Abg. Westerburg sprach si ebenfalls gegen die Vor- lage aus. Es sei charakteristisch, daß er im Anfange der Kommissionsberathungen der einzige Gegner des Geseßentwurfs gewesen sei, schließlich aber bei der Abstiwmung sechs andere Mitglieder noch auf feiner Seite gestanden häât- ten. ¡Er glaube, daß auch Diejenigen, welche für den Entwurf gestimmt hätten, dies nur mit s{werem Herzen gethan hätten. Troß der vorzüglicher. juristishen Ausarbei- tung müsse er doch gegen das Geseß stimmen, vor Allem, weil es einen integrirenden Bestandtheil des Civilrehts ausmace. Hier neues zu schaffen, sei aber unthunlich, angesihts des schon in der Au3arbeitung begriffenen allgemeinen deutschen Civilrehts. Ferner sei er entschieden der Ueberzeugung, daß der Gesezentwurs den Realkredit schädigen werde; dies müsse er vor Allem dem Abg. Seehusen gegenüber aufrecht erhalten, der von dem Geseßentwurs günstige Wirkungen für den mittleren und kleinen Grundbesiß erhoffe. Endlich werde das Gesey auch nit, wie man behaupte, den wucherischen Kredit zu beshränken im Stande sein. Er bitte deshalb, gegen das Geseß zu j1immen.

Der Abg. Simon von Zastrow vertheidigte die Vorlage gegen die von den Vorrednern dagegen erhobenen Bedenken. U sin Freude Tonne ex konstatiren, daß die überwiegende Mehrheit des Hauses die Spezialbestimmungen angenommen habe; er glaube, daß mehrere Mitglieder, die in der Kommission gegen die Vorlage gestimmt hätten, dies nachträglich als eine Uebereilung erkannt haben würden. Er bitte, den Geseßentwurf anzunehmen, damit die segensreichen O desselben ret bald zur allgemeincn Anwendung ämen,

Der Abg. von Ludwig erörterte mehrere einzelne Punkte der Vorlage.

Der Abg. Seehusen hielt dem Abg, Bender gegenüber seine Behauptungen, be¿. der Aussaugung der Landwirth- schast durch betrügerishe Wucherer aufrecht und wies nomentlich auf die Zustände Ostpreußens hin.

Der Abg. Dirichlet bestritt diese Behauptungen, die ge eignet seien, vou den Zuständen der Provinz Ostpreußen ein ganz falshes Bild zu geben. Nach seinen Erfahrungen hohe er im Allcemeinen mit den Gläubigern mehr sympathificen nissen a!s mit den Schuldnern.

Nach einigen persönlichen Bemerkungen der Abgg. Dr, Bender, Seehusen und Dirichlet {loß die Generaldebatte.

In der Spezialdiskussion wurden die §8. 1—21 ohne Debatte mit einigen vom Abg. Dr. Hartmann beantragen redakftionellen Aenderungen angenomniei.

8. 22 [autet nah den Beschlüssen in zweiter Lesung:

Ohne Uebernahme oder Befriedigung derjenigen Rechte, welche dem Rechte des Gläubigers vorgehen, darf der Verkauf des Grund- stüdcks nicht stattfinden. Die Feststellung des hiernach zulässigen geringsten Gebots erfolgt nach den Vorschriften der §8. 53 bis 56.

Dcs Grundstück wird durch den Verkauf von allen dinglichen Pechten, welche zur Wirksamkeit gegen Dritte der Eintragung im Grundbuche bedürfen, frei, soweit dieselben nicht von dem Ersteher übernommen werden.

Dingliche Lasten, welche dcr Eintragung im Grundbuch nicht bedürfen, gehen auf den Ersteher über, soweit nicht durch die Kauf- bedingungen etwas Anderes bestimmt ist oder die erfolgte Besczlag- nahme des Grundstücks (8. 16) der Geltendmachung entgegensteht. Rücksichtlich der Pacht und Miethe bleibt es bei der. bestehenden Vorschriften.

Hierzu lag vom Abg. Götting folgender Antrag vor :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

den ersten Sat, des &. 22 dahin ¿u fassen:

„Ohne Befriedigung derjenigen Rechte, roelche dem Rechte des Gläubigers vorgehen, oder Uebernahme der jenen Rechten untcr- cäegenden Verpflichtungen darf der Verkauf des Grundstücks nicht stattfinden.“ :

Der Antrag wurde abgelehnt.

8. 22 und die folgenden Paragraphen wurden nah den Beschlüssen in zweiter Lesung unverändert genehmigt und das Gesey im Ganzen angenommen,

Der Gesetzentwurf, betreffend die Gerichtskosten bei Zwangsversteigerungen und Zwaagsverwaltun- gen von Gegensiänden des unbeweglichen VBer- mögens, wurde auf Antrag des Abg. von Bismarck-Flatow in dritter Lesung ohne Debatte en bloc angenommen.

u n M vertagte fih das Haus um 12 Uhr auf Mittwoch

r.

Versichert ein Ehegatte sein Leben zu Gunsten seiner Frau und Kinder, so haben, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 18. April d. J., nah seinem Tode diese Hinterbliebeien ein unmittelbares Reht auf Empfangnahme der VBersicherungs- summe. Dieses Ret wird dadurch, daß der Versicherungs8- nehmer vor seinem Lode seine Rechte aus der Police einem

Gläubiger zur Sicherung der Shuldsumme cedirt hat, inso- weit alterirt, als die Hinterbliebenen nach der Befriedigung jenes Gläubigers aus der Versicherungssumm? nur auf den Rest derselben ein unmittelbares Forderungsrecht haben. Andere Gläubiger des verstorbenen Versicherungsnehmers aber haben auf diese Versiherungssumme keinen Anspruch.

Dem Wegeverbande des Amtes Emden, Provinz Han- nover, ist durch Allerhö(sten Erlaß vom 4. d. M. das Ent- eignungsrecht für die zum Bau einer Landstraße von Petfum nah Neermoor in der Erstreckung von Gandersum über Oldersum, Rorihum bis an die Grenze des Amtes Leer erforderlichen Grundstücke verliehen worden.

_ Erbach i. Rheingau, 29. Mai. (W. T. B) Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Marianne der Niederlande ist heute früh 53/4 Uyr gestorben.

Sachsen. Dresden, 28. Mai. (W. T. B.) Jn Gegenwart des Königs, der Königin, des Prinzen und der Prinzessin Georg sowie der Prinzessin Mathilde fand heute Mittag hier die feierlihe Eröffnung der Kunst- “ita des ersten hiesigen Kunstgewerbe-Vereins att.

Baden. Karlsruhe, 28. Mai. (W. T. B.) Der Großherzog ist heute Abend hierher zurüdckgekehrt.

Mecklenburg - Schwerin. Schwerin, 26. Mai. Mit dem heutigen Tage endigt in unserem Lande die f echs- wöchentliche Landestrauer. Wenn aber auch das Groß- herzogthum jeßt die äußeren Trauerzeichen ablegt, so wird es doch damit niht auch des Herzens Trauer {hon abthun. Viel- mehr is das ganze Land des Dankes eingedenk, welchen es noh auf lange Jahre hinaus dem hochseligen Großherzoge schuldet. Diesem Gefühle verlieh vor einigen Tagen bei der Gedächtnißfeier, welche der vereinigte Krieger- und Militär- Verein hierselbst zur Ecinnerung an den erlauchten Protektor veranstaltete, der Vorsißende des Vereins, der vortragende Rath im WMinistecium des Aeußern und des Fnnern, Ministerial-Nath von Blücher, beredten Ausdruck. Der Großherzog, der seine Krone vor Gottes Gnaden und von Gott dem Herrn zu Lehn getragen, so etwa hieß es in der trefflihen Rede hat seine ernsten und s{hweren Pflichten stets auf das Treueste und Gewissenhafteste erfüllt. Unbe- grenzte Hingabe und begeisterie Liebe zum großen Vaterlande, unbezwingbarer und heiliger Muth beseelten ihn. Gern opferte er von seinen Fürstlichen Rechter, was Deutschlands neue Macht- und Ehyrenstelung forderte, und freudig seßte er sein und seiner Mecklenburger Gut und Blut ein für Deutschlands Ehre und Unabhängigkeit. Unausgeseßt war er bestrebt, unserem Volke das {wer errungene theuere Gut der nationalen Einheit zu crchalten, Allen seinen Unterthanen hinterließ er als Vermächtniß die unentwegte unermüdliche Liehe und Treue, mit welcher er wie das Wohl und Wehe seines ganzen Landes, so auch das Geschick des ärmsten und niedrigsten seiner Unterthanen auf dem Herzen getragen hat, so daß er felbst von sich das Bekenntniß ablegen durste: „Mein ganzes Herz s{lägt meinem geliebten Lande und dem ganzen deutschen Vaterlande seit 40 Jahren, und fo soll es hleiben bis zum leßten Athemzuge.“ Die Herzenseigenschaft des Dahingeschiedenen, we!che die eigentliche Quelle und Grund- lage war für alle anderen strahlenden Regenientugenden, die seinen Thron und sein Leben zierten, ist ohne Zweifel fein felsenfester und doch so demüthiger Gottesglaube, sein herrliher Christenfond. Durh ihn gewann der Sterbende Kraft und Freudigkeit, und sein Todtenbett ist mit einem Segen umgeben gewesen, der unvergessen bleiben wird, so lange Gottes Wort in Mecklenburg noch seine Stätte haben wird. Ja, Friedrich Franz 11. war ein Fürst nah dem Herzen Gottes, als welcher er auch neulich in einem gehalt- vollen und tiefempfsundenen Nachrufe , den die „Evanga.-lulherishe Kirchen - Zeitung“ brachte, charakterisirt wurde: ein edler, ganzer Mann, ein gerehter Herrscher, ein treuer Landesoater, ein tüchtiger Feldherr, Alles in Allem ein echter deutscher Fürst, ein leuhtendes Vorbild für alle Deutschen im Leben und im Sterben.

__ Sachsen - Coburg - Gotha. Coburg, 24. Mai. (Goth. Ztg.) Der Herzog ist heute Morgen von Nizza wieder hier eingetcoîfen.

T T. T I AEAE E S LES A D G N

Hesterreih-Ungarn. Pest, 28. Mai. (W. T. B.) Die zweite Session des ungarishen Reichstages ist heute mittelst Königlichen Reskriptes geschlossen worden. Zur dritten Session wurde der Reichstag für den 27. Sep- tember d. J. einberufen.

Schweiz. Zürich, 28. Mai. (W. T. B.) Bei der stattgehabten Volksabstimmung ist der Antrag auf Auf- hebung des Jmpfzwangs mit großer Stimmenmehrheit angenummen worden ; ebenso wurde mit einer kleinen Stimmenmehrheit die Wiedereinführung der Todes- strafe beschlossen.

Lausanne, 28. Mai. (W. T. B.) Bei den sämmt- lihen 6 Wahlen zum Nationalrath wurden die Kandi- baten der Radikalen gewählt.

Großbritannien und Jrland. London, 28. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Unterhauses erklärte der Unter-Staatssekretär, Lord Fißmaurice, auf eine Anfrage Cowens: er habe Grund zu glauben, daß die Nachricht von einer Konoention zwishen Chile und dem Genera! Jglesias korrekt sei, indeß habe die Regierung eine amtlihe Nachricht hierüber noch nicht erhalten. Uebrigens dürfte die Annahme wverfsrüht sein, daß der Friede dadurch herbeigeführt werde. Jur weiteren Verlaufe der Sißung theilte Dod- son in Beantwortung mehrerer Fnterpellationen mit: die französishe Regierung habe in Folge des Verbots der Einfuhr von Vieh aus Frankreich erklärt, daß sie die strengsten Vorsichtsmaßregeln einführen werde. Das Verbot werde indessen so lange in Kraft bleiben, bis sich die Wirksam- keit jener Maßregeln erkennen lasse. Die Einfuhr von Rind- vieh aus Deutschland sei gleihjalls verboten ; bezüglich der Einsuhr von Schafen stehe die Regierung jeßt mit Deutschland in Verhandlung.

Dem „Reutershez Bureau“ wird aus Shanghai vom heutigen Tage gemeldet, daß Lee-Hung Chang, welcher kürzlih zum Ober-Befehlshaber der Truppen in det vier südlihen Provinzen Chinas ernannt wurde, in Shanghai angekommen sei und daselbst einen Monat lang verbleiben werde. um die nöthigen Vorbereitungen zu treffen, bevor er sih auf seinen Posten begiebt,

rankreich. Paris, 28. Mai. (W. T. B.) Der néu ét- E österreihish-ungarisc e Botschafter Graf Hoyos überreichte hzute in feierlicher Audienz dem Präsi- denten Grévy fein Beglaubigungsschreiben. Der Böt- schafter versicherte den Präsidenten der freundschaftlichen Ge- finnungen des Kaisers und erklärte: er schäße sih ¿lüdcklih, zur Aufrehthaltung und Befestigung der guten Beziehungen zwischen beiden Ländern beitragen zu dürfen. Präsident Grévy erwiderte dem Grafen Hoyos : derselbe werde zur Erfüllung dieser Aufgabe die loyalste Mitwirkung aller aufrihtig Gesinnten finden und stets dem vollsten Vertrauen begegnen. - Nach dem offiziellen Empfange unterhielt sih der Präsident noch längere Zeit mit dem Botschafter in freund- lichem Gespräch. Graf Hoyos fuhr sodann zum Ministerium des Auswärtigen und konferirte dort eine Zeitlang mit Hrn. Challemel-Lacour. / : :

Der „Temps“ schäßt die Zahl der unverzüglih von Cochin- dhina nah Tonkin gesandten Verstärkungstruppen auf 1200 Mann, mit deren Hülfe es dem General Bonnet gelingen werde, sich in Hanoi und Namdineh bis zur Ankunft der am 10, Juli zu erwartenden französischen Streitkräfte zu halten.

Aus Saigon wird unter dem 27. Mai gemeldet : Der

Kommandant der französishen Truppen in Saigon, Ker- garadec, erwartet dort neue Instruktionen, bevor er nah Que geht. s Toulon, 28. Mai. (W. T. B.) Für die Expedi- tion nah Tonkin sind heute 300 Mann Marinetr uppen aus Brest hier eingetroffen ; weitere 700 Mann werden noch aus dem Norden erwartet.

Nachrichten, welhe aus Hongkong vou 27. d. vor- liegen, versichern: die chinesische Regierung sei von versöhnlihen Gesinnungen beseelt, wolle aber die Suzeränetätsrehte Chinas auf Tonkin aufrecht erhalten, Sie erkläre den von dem früheren Gesandten Frankreichs in Peking, Bourrée, entworfenen Vertrag für unannehm- bar, weil er zu große Konzessionen an Frankreich enthaite Ebenso wirò in Abrede ge|tellt, daß chinesishe Truppen gegen die Franzosen zu Hanoi 1nitgefohten hätten, aber man glaube, daß zahlreiche Chinesen unter den Fahnen der Schwarzen e, aus denen die regulären anamitishen Truppen be- tehen. China werde zwar in dem jeßigen Konflikt zwischen Frankreich und Anam nicht interveniren, aber es werde auch eine Eroberung Tonkins durch Frankreich nicht zulassen. Der neue französishe Gesandte für Peking, Tricou, wird in nächster Zeit daselbsi erwartet. Die cinesishe Gesandtschast in Paris hat auf Wunsch des Ministers Challemel-Lacour an die chinesische Regierung telegraphisch das Ersuchen gerichtet, sie möge Tricou noch vor der Ueberreichung seines Beglaubi- gungsschreibens empfangen.

Griechenland. Athen, 28. Mai. (W. T. B.) Das französishe Geschwader, welches im Piräus angekommen ist, wird heute vom König besichtigt und geht dann nah Korfu. Admiral Comte begleitet das Geschwader auf der Freç.atte „Lriomphante“.

Numänien. Bukarest, 28. Mai. (W. T. B.) Die Kammer wählte einstimmig Rosetti zum Präsidenten. Derse!be beabsichtigt aber an der Debatte über die von ihm jelbst angeregte Wahlreform thätigen Antheil zu neh.nen und hat deëwegen die Annahme des Präsidiums abgelehnt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 28. Mai. (W. T. B.) Der „Russische Jnvalide“ veröffezutlicht auf 92 Druéfseiten heute die aus Anlaß der Krönungsfeier er‘olgten Ernennungen, Beförderungen und Orden s- verleihungen, welche das militärische Ressort betreffen. Außer den bereits gemeldeten Verleihungen ist mit dem Wla- dimir-Orden 1. Klasse noch der Großfürst Wladimir dekorirt worden, mit dem Wladimir-Orden 111. Klasse der russi]che Militär-Bevollmächtigte in Berlin, Oberst von Dahler, mit der Lv. Klasse die Großsürsten Sergius, Konstantin Kon- siantinowilsh und Demetrius. Die Brillanten zum Alexander- Newski-Orden erhielten der Militär-Gouverneur von Moskau, General de Lagardie, und General Ganeßky, Commandeur des Grenadier-Corps, 27 General-Lieutenants, darunter der Kriegs-Minister Wannowsky, sind zu vollen Generalen, der Großfürst Alexis zum General-Admiral befördert worden.

—- Aus der Krönungsstadt liegen folgende weitere Telegramme des „W. T. B.“ vor:

Moskau, 28. Mai, Vormittags 11 Uhr. Dem gestrigen Bankeut wohnte auch der katholische Erzbischof7und zwar an der nämlichen Tafel mit dem hohen russischen Klerus bei. Für die nicht zu dem Fürstlichen Gefolge oder den Diplomaten ge- hörenden Persönlichkeiten waren während des Bankets auf den Höfen des Kremls zwei Zelte ausges{hlagen; in dem einen speisten 200, in dem anderen 600 Personen. Die gestrige SFllumination gab zu wiederholten enthusiastishen Kund - gebungen unter den Fenstern des Kaiserlihen Palastes Veranlassung.

98. Mai, Nahm. 3 Uhr 50 Min. Heute Vormittag 11 Uhr empfing der Kaiser im Thronsaal des Kremlpalais den türktishen Krönungsbotschafter, Server Pascha, so- wie die japanische und persische Gesandtschaft in Audienz und nahm sodann die Beglückwünschungen der Gouvernements- Adelsmarschälle, des hohen Adels, der Präsidenten der Gou- vernements:Landschaften, der Deputationen von Finnland, der Kosaken und der asiatishen Völker, welche leßtere Salz und Brod darbrachten, entgegen. Die Kosaken überreichten Heiligen- bilder. Der feierlihe Empfang fand in Gegenwart aller Großfürsten und Großfürstinnen sowie der Herzogin von Edinburg statt. Der Kaiser unterhielt sich dabei auf das Huldreichste mit den einzelnen, Personen. Um 1 Uhr er- schienen das diplomatische Corps, die außerordentlichen Ver- treter fremder Höfe, die hohe Geistlichkeit und die Mitglieder des Reichsraths zur Gratulation bei den Majestäten.

28, Mai, Nachmittags 4 Uhr. Der Kaiser machte gestern_ Abend ohne jedes Geleit eine Rundfsahrt durch die Stadt, um die Jllumination in Augenschein zu nehmen. Der päpstlihe Krönungsbotschafter Vanutelli ist gestern Abend angekommen; der Kaiser wird denselben heute Nahmittag empfangen. Seit 10 Uyr Vormittags empfingen der Kaiser und die Kaiserin, auf dem Throne im St. Andreassaale sigend, Glückwünsche. Alle Botschaster begaben sich in großer Gala nah dem Palast ; die einheimischen Deputationen überreichten zahl- reiche Geschenke, die besonders aus russishen Gold- und Silber- arbeiten bestehen. Die Fllumination beginnt heuie Abend von Neuem. Morgen ist Soiree und Ball im Krenill. __— 29, M0, Abends 7 Uhr. Alle Souveräne und Staatsoberhäupter haben anläßliÞh der Krönung Glückwunsch-Telegramme an den Kaiser Alexander ges

rihtet; in besonders herzliher Weise gratulirte Kaiser Wilhelm, dem der Kaiser Alexander alsbald, die alten guten Gefinnungen betonend, telegraphisch dankte.

29. Mai, früh 1 Uhr. Das gestern Abend in der Granowitaja Palata ftattgehabte Ballfest war äußerst glänzend. Der Kaiser und die Kaiserin erschienen um 9/2, Uhr und verweilten bis 11 Uhr. Bei der Polonaise führte der Kaiser zunächst die Kaiserin ; dann folgte eine Tour des Kaisers mit der Königin von Griechenland, der Gemahlin des Botschafters Waddington und der Gemahlin des Botschafters Jaurès, während die Kaiserin zunächst mit dem deutshen Botschafter von Schweiniß und dann mit den Botschaftern Waddington und Jaurès tanzte. Jm Saale waren die dem Kaiserpaar heute dargebrahhten Geschenke, nah mehreren Hunderten zählend und von hohem fkünstlerisben Werthe und ganz außerordent- liher Pracht, aufgestellt. Der Kreml war feenhaft illuminirt. Morgen Abend findet ein großes Diner bei dem deutschen Botschafter von Schweinihß statt. . j

29, Mai, Vormittags 11 Uhr 30 Minuten. (W. T. B.) An dem gestrigen Balle in der Granowitaja Palata nahmen gegen 2500 Personen Theil. Zu dem am Freitag bei dem deutshen Botschafter, General-Lieutenant von Schwei- niß, stattfindenden Ballfest, welhem das Kaiserpaar und sämmtlihe Mitglieder der Kaiserlihen Familie beiwohnen werden, sind über 700 Einladungen ergangen: an die fremden Fürstlichkeiten, das divlomatishe Corps, die hohen Würdenträger, an die Generalität und die ersten Familien der St. Petersburger und Moskauer Gesellschaft, sowie an Vertreter der hiesigen deutschen Kolonie. Heute findet eine größere Soirée bei dem General- Gouverneur von Moskau statt. Der Kaiser hat dem Ober-Polizeimeister von Moskau, General Koslow, seine besondere Anerkennung ‘wegen der bei den Feierlichkeiten ge- wahrten musterhaften Ordnung auszesprochen.

Dänemark. Kopenhagen, 29. Mai, (W. T. B.) Der König hat heute jrüh 5 Uhr über Lübeck die Reise nah Wiesbaden angetreten.

Amerika. Washington, 26. Mai. (W. T. B.) Hier eingegangenen Nahrichter zufolge is in dem Friedens- vertrage zwischen Chile und Peru bestimmt, daß Ta- rapaca an Chile abgetreten und von demjenigen Staate, in dessen Besiß shließlich Tacna und Arica übergehen, dem anderen kontrahirenden Staate die Summe von 10 000 000 Dollars gezahlt werden soil.

Zeitungsstimmen.

In der „Norddeutschen Allgemeinen Zei:ung“ lesen wir Folgendes:

Zum Beweise unserer Behauptung, daß unter der neuen Wirth- \haftspolitik die Arbeitslöhne nicht nuc absolut gestiegen seien, indem mehr Arbeit3gelegenheit geboten und in Folçe dessen der Gesammt- betrag der verdienten Löhne gewachsen sei, sondern auch relativ, indem für dieselbe Arbeitsleistung ein höherer Lohnbetrag gewährt werde, haben wir kürzlih auf die „Concordia“ Statistik bezüglih der Pro- vinz Brandenburg uns berufen. In der uns vorliegenden Statistik der oberschlesishen Berg- und Hüttenwerke pro 1882, herausgegeben vom Berg- und hüttenmännischen Verein unter Verantwortung seines Sekretärs, des Hrn. Dr. Joh. B. Meyer, wird uns neues Material zur Vervollständigung des in dieser Beziehung von uns angetretenen Be- weises geboten. Da es hier nicht darauf ankommt, wie oiele Arbeiter mehc beschäftigt wurdea, wieviel an Whnen absolut mehr gezahlt, oder Tonnen Eisen, Kohlen :c. mehr produzirt wurden, so haben wir die angegebenen Zahlen in übersichtlihe Verhältnißzahlen um- gerecbnet.

Seten wir nun die betreffenden Werthe des Jahres 1878 gleich 100, so stellen sich bei der. Steinkohlengraben

Arbeiterzahl Lohnsumm?z Jahreslohn Leistungsfähigkeit eines Arbeiters. 1879 101 112 110 107 1880 708 125 116 8 1881 112 186 121 114 1882 122 143 118 109

Die Steigerung der Arbeiterzahl von 100 in 1878 auf 122 in 1882, verglichen mit der Steigerung der Löhne von 100 auf 143, er- giebt {hon an si, a der einzelne Arbeiter im Durchschnitt 1882 21% mehr vervient hat als 1878. Es könnte jedoch diescs Mehr auf einer längeren Arbeitszeit oder einer größeren Arbeitsleistung be- ruhen; vergleihen wir jedoch die Entwikelung der Verhältnißzahlen für die Dur@schnitts löhne mit derjenigen für die Leistungsfähigkeit eines Arbeitzrs, so schen wir, daß der Durcbschnitt der Löhne ftets höher steht, ais die Leistungsfähigkeit. Die Differenz zwischen beiden Berhältnißzahlen ergiebt aber, um wie viel die Löhne qualitativ sich gehoben haben ; für dieselbe Leistung im Vergleiche zu 1878 = 100 betrug al’o 1879 der Lohn 103, 1880 und 1881 ftieg er auf 107 und 1882 auf 109. i E :

Für die Cisenerzgruben finden wir ein ähnliches Verhält- niß; hic-r müssen wir jedo, da die Angaben für 1878 nit vollstän- dig sin, die Werthe für 1879 gleich 100 seßen; dann ergeben si als Verbältnißzahlen : :

1880 l 168 98 36

1881 138 130 95 88 1882 140 131 94 85 Die Arbeiterzahl stieg von 1879 = 100 für 1882 auf 140, der Lohnbetrag auf 131. Dem entsprehend sank der Durchschniltslohn auf 94; da jedoch die Leistung noch mehr sank, so baben wir hier den Fall, daß, troßdem der beschäftigte Arbeiter quantitativ weniger verdiente, der Lohn qualitativ auf 112, 107 resp. 109 : 109 sih tellte. | Ungünstiger stellten si die Zink- und Bleierzgruben hinsichtlich des qualitativen Lohnes: F 1880 103 199 107 95 1881 102 110 107 110 1882 102 0 10 119 Hier stellt fich das Jahr 1880 am günstigsten und hat die größte Steigerung der Arbeiterzahl, und die Differenz zwischen Ducchschnitts- lohn und Leistungsfähigkeit stellt sih im Vergleich mit 1879 auf 112, wogegen letztere 1881 auf 97 und 1882 auf 88 herabsinkt, : Bei den Hochöfenbetrieben stellte sich im Verglei mit 1879

= O08 Arbeiterzahl Lohnbetrag Produktion 1880 119 123 116 1881 109 135 111 1882 149 184 E Da die Verhältnißzahl für den Lohnbetrag um se viel mehr ge- stiegen ist, als diejenigen für Arbeiterzahl und Produktion, so ift der Lohn für den Arbeiter sowohl relativ als absolut gestiegen. Die Eisengießereibetriebe ergeben : 1880 103 116 116 1881 106 117 107 18829 116 128 126 Auth hier zeigt sich neben der absoluten Steigerung der Löhne eine geringe relative. ; : Fassen wir nun die Gesammtmontanindustrie Oberschlesiens zu- sammen, \o ergiebt sich, die Werthe pro 1879 gleich 100 gesetzt:

Durh- : Arbeiter- Lohn- s{chnitts-lohn Lag E De

¡adl summe eines y Arbeiters duktion duktion

1830 103 111 105 110 118 1881 11} 118 106 116 118 1882 119 131 109 122 130 Der Gesammtlohnbetrag steigt schneller als Arbeiterzahl und Produktion, dem entsprebend verhält sib der Durschnittslohn eines Arbeiters ebenfalls dauernd steigend. Aus beiden ergiebt fich, daß die Löhne sowohl absolut als relativ, d. h. für dieselbe Leistung gestiegen sind. Im Vergleibe der Verhältnißzahlen des Gesammt- lohnbetrages mit dem der Werthe der Produktion dürfte sih aber ergeben, daß zwischen Unternehmern und Arbeitern eine fast gleich- mäßige Vertheilung der gesteigerten Rentabilität stattgefunden hat. Halten wir uns gegenwärtig, daß im Vergleiche von 1879 = 100 die Arbeiterzahl sih 1882 stellt auf 119, der Gesammtlehnbetrag auf 131, der Durhschnittslohn eines Arbeiters auf 109, die Masse der Produktion auf 122 und der Werth derselben auf 130, so wird man füglih doch zu feinem anderen Schlusse kommen können, als daß seit 1879 die Gesammtmontanindustrie Oberscblesiens sich in sehr erfreu- licher und für den Arbeiterstand ersprießlicher Weise entwidckelt hat. Um nun s{ließlich einen Begriff von der wirthschaftlichen Be- deutung der hier angezogenen Verhältnisse zu geben, stellen wir für die Gesammtmontanindustrie Oberschlesiens folgende absolute Zahlen nebeneinander. 1879 1882

Gesammiproduktion. . . . . t 10659 497 12 952 981 Werth der Produktion . M 120 603 646 157 045 253 Arbeiterzahl A 61 884 73 804 Fahresbeitrag der Arbeitslöhne . 30731 043 40 104171 Durchschnittslohn eines Arbeiters

a 186 496,50 543 39

Unter den 73 804 im Jahre 1882 beschäftigten Arbeitern be- fanden sid 9453 Frauen (12,8%) und 1661 jugendlibe Arbeiter beiderlei Geschlechts unter 16 Jahren (2,1 9/6), was bei Würdigung des JIahres-Durchschnittslohns der Arbeiter in Betracht gezogen werden muß.

Die industrielle Thätigkeit in den westlichen Provinzen erhält fich fortdauernd auf erfreulicher Höhe. Aus Westfalen liegen der „Bonner Zt g.* rebt günstige Privatberichte über einzelne áIndustriezweige vor. Ueberall ift reide Nachfrage nah Arbeitskräften. Die Kalkindustrie bei Lengerich wird gegenwärtig mit vermehrten Arbeitskräften und gutem Absatz betrieben. Die mecharnishen Webereien in Warendorf und die Streichgarnfabrik in Sassenberg stehen in Blüthe. Die Handplüschweberei in Freckenhorst hat sich emporgearbeitet, es stehen dort jetzt 50 bis 60 Stühle in Betrieb. Die mechanischen Webereien zu Kösfeld, Dülmen und Gescher haben flotten Absaß. Die Spinnereien und Webereien zu Rocholl waren andauernd mit voller Arbeitskraft in Thätigkeit. Es ist daselbst mit dem Bau einer neuen mecbanishen Weberei, die im August eröffnet werden soll, be- gonnen, In Ahaus soll eine neue Fabrik gebaut werden.

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 28. Inhalt: Verfügungen: vom 21. Mai 1883, Poftnachnahme- und Postauftrags- verfahren im Verkehr mit Oesterreih-Ungarn. Vom 22. Mai 1883. Eröffnung der Eisenbahnstrecken Diedenhofen—Kedingen und Wadgassen— Völklingen. Vom 23. Mai 1883. Postdampfsciff- Verbindungen mit Dänemark und Schweden.

Gewerbe und Handel.

Nach den fltatistishen Ermittelungen des Vereins deutscher Eitjen- und Stahlindustrieller belief sih die Roheisen- produktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Monat April 1883 auf 279 706 t, darunter 169 034 t Puddel- roheisen, 10503 t Spiegeleisen, 43 367 t Bessemer-, 28 646 t Thomas8- roheisen und 25 056 t Gießerciroheisen. Die Produktion im April 1882 betrug 241 890 t. Vom 1. Januar bis 30, April 1883 wur- den produzirt 1113 457 & gegen 1025 144 t im Vorjahre.

Rontiasbers L V, 2 Mi Œ S V) Di heutige Generalversammlung der Ostpreußishen Südbahn war von 19 Aktionären mit 1239 Stimmen besuchi und wurde in Vertretung des durch Unwohlsein verhinderten Grafen Lehn- dor} durch den stellvertretenden Vorsißenden, Geh. Kommerzien- Rath Simon eröffnet. Die Dividende wurde auf 11 % festgesczt, und zwar 95% für die Stamm - Prioritäts- ta 40 i e Con E E 2E die älteren Rückstände. Der Antrag Schünemann (Berlin), vom näcbsten Jahre ab die Rüdllagen in den Erneuerungsfonds, dessen jeßige Höhe 3 Millionen Mark beträgt, erheblich zu reduziren, wurde einstimmig angenommer: und eine dahingehende Petition an den Mi- nister Maybach beschlossen. Aus den Betriebs8einnahmen pro 1882 wurden 426 975 4 28 .Z§ dem Erneuerungsfonds überwiesen. Bei der Ergänzungswahl in den Aufsichtsrath wurden von Kalkstein und Baron von der Golt; wiedergewählt und an Stelle des Baron Rom- berg Franz Brodtmann (Berlin) neu gewählt. .

Ereslau, 26. Mai. În der heute abgehaltenen General- ver’ammlung der Schlesischen Lebensversicherungs-Aktien- Gesellschaft roaren 255 Aktien mit der gleihen Anzahl Stim- men verxreten. Die beantragte Decharge wurde einstimmig ertheilt und die ausgeschiedenen Verwaltungsraths-Mitglieder wiedergewählt. Dem G-schäfisberiht entnchmen wir Folgendes: Es gelangten während des Jabres 1882 zum Abschluß: 678 Kapitalversicherungen auf den Todesfall über eine Summe von 2 132 700 #, 142 Kapital- versicherungezn auf den Lebensfall über eine Summe von 313 600 #, 4 Rentenversicherungen auf 1559 # 46 „Z jährlihe Rente. Hier- durb war am S{lasse des Jahres nach Abzug aller während desselben erloschenen Versicherungen der Bestand auf 3549 Kapitalversiherungen auf den Todesfall über 11075 873 H, 550 Kapitalversicheruncen auf den Lebensfall über 1 122726 4, 29 Rentenversicherungen auf 25 160 4 45 A jährliche Rente gewasen. Der Bestand der Sterbekassen-Versicherungen betrug ultimo 1882 234 Versicherungen über 114 300 # Gegen Unfall waren anm Schlusse des Iahres 1882: kollektiv: 106 776 Personen mit einer Summe von 952 569 031 4, individuell: 1908 Personen mit einer Summe von 21 354 568 und 23 000 Æ jährliche Rente, auf Reisen: 175 Personen mit ciner Summe von 2694000 # versichert. Die Gesammt-Prämicneinnahme betrug 1112 920,93 #, hie Gesammt - Einnahme 3048 489,66 4, die Gesammt - Ausgabe 3015 577,14 Æ, der Gewinn also 32912,52 #Æ, welcher leßtere folgendermaßen zur Vertheilung kam: zum Kapital-Rejervefonds 3991 M 25 S, zu TIantièmen 5258 4 20 43, zur Dividende 4 9/0 oder 12 M pre Aktie 24 000 #4, Vortrag auf neue Rechnung 363 4 Den mit An‘pruch auf Gewinn Versicherten wurde eine Gewinnrate von 15475 #4 überwiesen, was die Vertheilung einer Dividende von über 16 °/6 in Aussicht stellt, welche im Jahre 1886 zur Auszahlung

elangt.

5 Neu mühlen bei Kiel, 26. Mai. In der heutigen General- versammlung dex Baltishen Mühlen-Gesellschaft wurde die Dividende für das Geschästsjahr 1882/85 auf 11°%/6 festgeseßt und das na dem Turnus ausscheidende Mitglied des Vecwaltungsraths ein- stimmig wiedergewählt. Dem Jahresberiht entnehmen wir folgende Daten: Im Jahre vom 1 April 1882 bis 1, Apcil 1883 sind im Neumühler Etablissement 76023 t Weizen und 387 t Roggen à 1000 kg verarbeitet, d. i. circa 120%/9 mehr als im Jahre 1881/82, Bei der s{önen und großen Ernte von Weizen tin

den Herzogthümern unv allen an die Ostsee grenzenden Ländern, aus

| denen das Neumüh1cr Ctablissement importirt, ist der Bedarf desselben

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