1883 / 124 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 30 May 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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raslebenden Tagen nicht lange vorgehalten. Auf den Antrag der Fortscrittepartei ist der gesammte Etat an die Budgetkommission verwiesen und damit ten Obstrukiionskünsten der Linken ein sehr weiter Spielraum eröffnet worden

Statistische Nachrichten.

In dem kürzlih angezeigten zweiten Vierteljahrsheft XXXIII. Fahrgangs 1883 der „Zeitschrift für Bauwesen“, (heraus- gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten; Verlag von Ernst und Korn (Gropiussche Buch- und Kunsthandlung) hierselbst), werden die Statistischen Nachweisungen über die Preußischen Staatsbauten fortgesetzt, wele in ten Jahren 1871 bis ein- \{ließlid 1880 vollendet und abgerechnet worden sind. Die im Auftrage des Ministers der öffentlichen Ar’eiten von dem Regierungs- und Baurath Endell und dem Regierungs-Baumeister Frommann auf- gestellte Uebersicht läßt in dieser Fortsctzung zunächst eine Tabelle folgen, mit einzelnen Angaben über Neuk auten von Kirhthürmen, die gleichfalls in den Jahren 1871—1880 zur Ausführung gelangt sind. Daran reihen \sich sotann die Tabellen über die Pfarrhäuser-Neu- bauten. Die Zabl dieser Bauten betrug in Summa 109. Die meisten davon entfielen auf den Regierungsbezirk Marienwerder (16); dann folgen die Regierungébezirke Magdeburg (14), Potsdam (12), Cöslin (11), Franffurt a. O. (10), ferner Lanzig (6), Stettin, Liegniß und Oppeln (je 5), Breslau (4), Bromberg und Erfurt (je 3), Königsberg, Posen und Minden (je 2) 2c. Tie Kosten für diese 109 Bauten beliefen sich im Ganzen auf 2176 376 6 (gegen 2220 7294 im Anscblage). Die folgenden Tabellen, denen, wie bei den Pfarrhäuser-, kleine, sorgfältig ausgeführte instrufktive Grundrißskizzen eingedruckt sind, verzeichnen sodann die Schulhäuserbauten. Von dieser Kategorie sind in dem Jahrzehnt von 1871 bis einschließlich 1880 in Preußen 151 Bauten vollendet und abgerechnet worden. Diese vertheilen sich der Zahl nach auf die einzelnen Regierungs- bezirke bezw. Landdrosteien der Monarchie folgendermaßen : Oppeln 19, Marienwerder und Potsdam je 17, Danzig 15, Königsberg 14, Er- furt 13, Franffurt a. O. und Trier 8, Stettin vnd Cöslin je 7, Merseburg 5, Licgnit, Magdeburg und Düsseldorf je 4, Breslau 3, Gumbinnen, Stralsund, Bromberg, Hildesheim, Minden Cassel je 1. Die Kosten dieser 151 Schulhausbauten beanspruchten 2 374 526 M (gegen 2 421 699 K nach dem Anschlage).

Gewerbe und Handel.

Mittelst Cirkulars des Kaiserlich russischen Zolldepartements vom 12 April 1883 sind die Zollämter in Kenntniß geseßt worden, daß der Finanz-Minister in Abänderung des Art. 8 §. 2 der Bestimmun- gen über die Erhebung des Zolles in Gold sämmtlicen Zoll- ämtern gestattet hat, alle auéländiswen Goldmünzen, soweit die- selten bei Zollzahlungen zulässig und in Nr. 113 der Geseßz-Samm- lung de 1880 und in späteren Verfügungen bekannt gemacht sind, an- zunehmen, unter Beobachtung der hierfür geltenden Vorschriften.

Durch Cirkulare vem 22. und 28. März und 21. und 23. April 1883 hat das Kaiserlich russische Zolldepartement die Zollämter an- gewiesen :

A. Bet dex Veriollling von Tala Und Thran in Fässern und Kisten die Tara mit 9 %% des Bruttogewichts zu berechnen.

B. Die nacstehend benannten Handelsartikel bei Erhebung der Zollgebühren nah dem Tarif, wie folgt zu klassifiziren:

A Ma vtar, Mm Fassen mp outiet unter Artikel 65 Puukt 1 (4 Rub. vom Pud Brutto), :

b. Gereinigte Karbolsäure, krystallisirte sowohl, als auch in Form von farblo{er Flüssigkeit unter Ar- tikel 140 (2 Rub. vom Pud), Karbolsäure in jeder anderen Gestalt aber unter Art. 16 (5 Kop. vom Pud Brutto)

c. Geschliffene und polirte Kupfer- und Me\sing- ta feln unter Art. 161 (3 Rub. 30 Kop. vom Pud).

d, Gedruckte Transvyvarente zum Schreiben unter Art. 183, Punkt 4 (8 Rub. 80 Kop. vom Pud), dagegen Brist ol- papier, wenn es zu Visitenkarten zugeschnitten tft; unter Art. 183, Punkt 2 (3 Nub. 30 Kop. vom Pud). :

e. Seidene Spitenartikel in der Gestalt von Fihus unter Art. 215 (3 Rub. 30 Kop. vom Pfund). i

f. Leinene Bettlaken mit gestickten Merkzeichen, desgleihen baumwollene Taschentücher ebenfalls mit S Merkzeichen unter Art. 219 Punkt 2 (2 Rub. vom

fund).

g. Bekleidungsgegenstände mit Garnitur in der Gestalt gemusterten Besaßes aus Seidenband o'der E unter Art. 219 Punkt 7 (3 Rub. 50 Kop. vom

fund).

b, Shweißblätter aus verschiedenem Material auf Grund der zweiten Anmerkung zu Art. 219, je nah dem Haupt- material, aus welchem dieselben angefertigt sind.

i, Seidene Knövfe mit metallenen Reifen unter Art. 220, Punkt 1 (55 Kop. vom Pfund).

k. Zu Uhrwerken gehörige Glöckchen, die mit den Uhr- werken zusammen importirt sind, unter Art. 234, Punkt 6 (10 Kop. vom Pfund).

1, Pfropfenlack aus Kolophonium und Kreide wie Siegellack unter Art. 240 (2 Rub. 20 Kop. vom Pud).

m. Celluloid in Plättchen unter Art. 11 (2 Rub. vom Pud).

n. Lederband zum inreren Besaß von Hüten und Müßen, gesteppt oder mit geyreßten Rändern, desgleichen zu Fußbekleidung zugeschnittenes gestepptes Leder unter Art. 187, Purfkt 4 (45 Kop. vom Pfund).

Eau Boe S aue Quer. legirungen, wit Ausnahme von Messing, wcnn sie im Stück weniger als 1 Pfund toiegen und weder vergoldet noch versilbert sind, unter Art. 160, Punkt 1 (13 Rub. 20 Kop. vom Pud).

p. Papierrüll jeder Art, unter Art. 214 (45 Kop. resp. 2 Rub. 20 Kop. vom Pfund), Dagegen Gewebe aus anderem Material, welche nah der Art der Herstellung Tüll imitiren, unter die entsprehenden Artikel je na dem Material.

Eine britishe Geheime-Raths-Verordnung vom 22. d. M. gestattet für die Zeit vom 2. Juni bis 31, Dezember d. I. die Landung von Vieh aus Schleswig-Holstein in den Foreign animals wharves von England, Woles und Schottland zum Zweck des Schlachtens.

Prag, 30, Mai, (W. T. B.) Die Generalversammlung der Aktionäre der Böhmischen Nordbahn beschloß, von dem Reingewinn, welcher 991 683 Fl. beträgt, 5/9 Dividende für das Aktienkapital zu vertheilen, von dem Rest 109% als Tantième für den Verwaltungsrath und von dem sodann verbleibenden Rest 15/10 9/6 als Superdividende zu verwenden und den {ließli verbleibenden Ueberrest von 138 224 Fl. für das nächste Jahr vorzuschreiben.

Verkehrs-Anstalten.

Been, 0M Q D De Dame Ves Norddeutschen Lloyd „Donau“ ist heute Morgen 3 Uhr in Southampton eingetroffen.

Hamburg, 30. Mai. (W. T. B.) Der Postdampfer „Westphalia“ der Hamburg-Amerikanishen Patet- fahrt-Aktiengesell\chaft ist heute früh, von New-York kommend, auf der Elbe eingetroffen. .

Berlin, 30. Mai 1883,

Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sißung der Veceinigten Kreiss\ynoden Berlins wurde die Etatsberathung dur folgende Beschlußfassung beendet: „Die vereinigten Berliner Kreissynoden be- {ließen 1) Zur theilweisen Deckung der in dem heute beschlossenen

Etat unter Ausgabe spezifizirter Bedürfnisse für das laufende Etats- jahr eine Umlage im Gesammtbetrage von 285000 Æ auszuschreiben. 2) Sie beschließen mit Aus\{hluß der Gemeinde Stralau von allen Mitgliedern der evangelischen Landeskirche, welche zu einer der in den 4 vereinigten Kreis\ynoden vertretenen Kircengemeinden gehören, 53% ihrer Einshäßung zu der an den Staat zu entrichtenden klassi- fizirten Einkommensteuer und Klassensteuer einzuziehen, dabei jedo diejenigen Personen, welche zu den 6 untersten Stufen der Klafsen- steuer veranlagt sind, gänzli frei zu lassen, und als Fälligkeitêtag den 1. Juli zu bestimmen.“ Es folgte hierauf die Berathung des folgenden Antrages des Vorstandes, die kirblihen Nothstände Berlins betreffend: „Die vereinigten Kreis\ynoden wollen beschließen: In Er- wägung der kirchli&en Nothstände, welcde si in der Stadt Berlin da- dur entwickelt haben, daß bei dem Wachsthum der Stadt von den damals allein für die entsprechenden Maßnahmen berechtigten und daher auch dazu verpflichteten fircenregimentlichen, ftaatlihen und städtischen Behörden nicht regelmäßig und rechtzeitig auf die Abgrenzung und Bildung neuer Parochien Bedacht genommen worden ist, erklären die- selben: T. Auch nah dem Inslebentreten der neuen Kirchenverfassung fann den vorhandenen Nothständen nur bei opferwilligem Zusammen- wirken der genannten Behörden, der verfassungsmäßigen fkirclichen Gemeindeorgane und der vereinigten Kreissynoden von Berlin abgeholfen werden. II. Die vereinigten Kreis\synoden sind bereit, bei folchem Zusammenwirken der genannten Bebörden kirhlibe Umlagen zum Zwecke der Abstellung jener Nothstände zu bewilligen, wenn 1) ihnen eine Mitwirkung bei der Bildung und Abgrenzung neuer Parocbien eingeräumt und 2) die als nothwengig zu erkennende Neu- bildung von Parochien und Dotation neuer geistlicher Stellen pa- tronatsfrei ins Leben gerufen werden. II]. Die vereinigten Kreis- synoden ermächtigen ihren Vorstand und ihren geschäftsführenden Ausschuß geeignetenfalls durch Deputirte an Berathungen Theil zu nehmen, welche etwa von den mehrgedahten Behörden zum Zweck der Abstellung der erwähnten Berliner Nothstände in der bezeichneten Richtung eingeleitet werden möchten, auch ihrerseits die Anregung zu solchen Berathungen zu geben, und erwarten einen Bericht über das desfalls Geschehene.“

Hierzu lagen viele Anträge vor, namentlich ein Gegrnantrag des Synodalen Bartsch und vieler Mitglieder der Rechten, welcher das gleiche Ziel wie der Antrac des Vorstands verfolgt, aber den in dem letzteren ausgesprochenen Tadel beseitigt und den Antrag in Bezug auf das Patronat u. \. w. juristisch richtig stellt. Das Resultat der schr eingehenden Diskussion war, daß alle Gegenanträge abgelehnt wurden und dagegen der Antrag des Vorstandes zunächst in feinen Erwägungen und sodann im Ganzen zur Annaktme gelangte. G8 folgte hierauf die Berathung über den Antrag des Superintendenten Buttmann: „Die vereinigten Kreissynoden wollen den geschäfts- führezden Ausschuß ermächtigen, auch Anträge auf Dotirung neuer geistliber Stellen an den bestehenden Kirben künftig bei Aufstellung des Etats mit in Erwägung zu ziehen.“ Bei der Abstimmung über diesen Antrag ergab sih die Beshlußunfähigkeit der Versammlung. Der Vorsitzende wird deshalb die Mitglieder zum Dienstag nächster Woche zu einer Exrtrasitzung zusammenberufen und {loß die Sißzung um 44 Uhr.

Von der Hygiene-Ausfstellün g.

Unter den Tausenden von Gegenständen, welche auf ver allge- meinen deutschen Hygiene-Ausstellung kundthun, wie rege in allen Kreisen das Bestreben ist, Leben und Gesundheit des Menschen gegen Krankheit und Unglücksfälle möglichst zu {hüßen, seien die von den Behörden ausgestellten zuerst erwähnt, weil sie beweisen, wie tief die Behörden von jenen humanen Grundsätzen durchdrungen sind, weil ferner diese von den Behörden ausgehenden Bestrebungen die größte v raktiscche Bedeutung haben und an: echesten auf Nacheiferung rechnen dürfen.

Beginnen wir bei dem Deutschen Reiche, so ist daselbe durch den Pavillon des Kaiserlichen Gesundheitsamt s würdig vertreten. Derselbe enthält zwei vollständig ausgestattete Labora- torien, das eine zu Untersuchungen von Nahrungs: und Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, das andere zu ÜUntersubungen über In- fektionskrankheiten und Desinfektion. Dort sind außer Barometern, Thermometern und anderen bekannteren Instcumenten der Laktobuty- rometer, der Sorxfletshe Apparat zur Fetthestimmung der Milch, der Abel\che Petrolcumprüfer, der Laktodensimeter, hier das Mikrotom, der Thermostat und zahlreiche andere Instrumente zu finden, deren Anwendung und Nutzen von anwesenden Beamten des Kaiserlichen Gefundheitsamts bereitwilligst erkläri werden.

Die Kaiserlihe Marine (Marinestation der Ostsee) hat Nettungsbojen von Kork und Kupfer, eine Korkshwimmwesce Sucher und Draggae, fernec (im Stadtbahnbogen 19) ein Schiffslazareth und eine Schiffsapotheke mit Einrichtung ausgestellt.

Das prevßische Kriegs-Ministerium zeigt (im Stadkt- bahnbogen 20 und im Freien) vollständig ausgestattete mustergültize Truppen-Medizinwagen und Felvlazarethe, Packroagen, Battiertes-, Medizin- und Bandagenkästen, Strohverbandmittel, Lagerung8appa".ate und Transporteinrichtungen nah Dr. Beck, Fußbekleidungsgegenstände, Gipsabgüsse von Füßen, Zeichnungen und Beschreibnngen vor Ka- fernen, Lazarethen, rmilitärischen Einrichtungen u. \. w., K'anken- trans8portwagen verschiedener Art, Kranken- und Verbindezel: mit Operationstish, Röderbahre u. f. w.

Im Stadtbahnbogen 18 ist auch eine Sammlung oon Hufeisen,

Beschlagwerkzeugen u. A. aufgestellt.

Das preußische Ministerium des Innern veransczau- ‘idt feine Fürsorge für die Strafgefangenen durch die Motelle, Pläne und Zeichnungen der Strafanstalt zu Herford. Das preußische Justiz-Ministerium hat aus seinem Ressort die Modelle, Pläne und Zeichnungen der Strafgefängnisse von Plößensce, des Kriminal- gerihts-Etablissements in Moabit und des Gerichts- und Gefängniß- geläudes in Flensburg, ferner im Gefängniß von Plößensee «nge- fertigte und gebrauchte Kleidungéstücke, sowie zwei Gefängnißzellen in vo:rkliher Größe und mit vollständiger Einrichtung ausgestellt,

Alle diese und die nächstfolgenden interessanten Gegenstände haben, soweit richt ein Anderes dabei bemerkt isc, gleih am Haupteingang des Gebäudes cinen bevorzugten Plat erhalten.

Das preußishe Ministerium für öffentliche Arbeiten stellt das Modell und die Zeichnungen des Ober- Präsidialgebäudes zu Danzig zur Schau, dann, was besonders anspricht, einen großen MKeliefplan der Hafenaulage von Swinemünde mit Modellen des Leuchtthurms, des Lootsenwartthurms, der Ösftmole, der Baaken, Boyen, Seetonnen 2c., evenso Pläne und Modelle vom Pillauer Hafen und dem Wester-Markelsdorfer Leuchtthurm, ferner eine statistishe Zusammenstellung über Centralheizungen, cine Küsten» farte der Ostsee mit sämmtlichen Levhtfeuern und Rettungsstationen und einen Apparat zur Rettung von Menschen innerhalb der Häfen. Hierhin gehört auch die ganze Gruppe 26: „Bergbau und Hütten- wesen“, welches alle Veranstaltungen und Einrichtungen veranschaulicht, die von der Königlichen Verwaltung für Leben und Gesundheit gegen die Gefahren des tehnischen Betriebes, dann aber auch diejenigen, die zur allgemeinen Förderung der Woÿlfahrt der Arbeiter in geistiger und leiblicher Hinsicht getroffen sin. Den für den Laien interessantesten Theil dieser Abtheilung bildet das bereits erwähnte Steinkohlenberg- werk in natürlicher Größe. Sebr reichhaltig ist die Ausstellung des vreußischen Ministeriums der geistlichen 2. Angelegen: heiten. Sie zeigt theils in Modellen, theils in Zeichnungen folgende Institute, theils vollständig, theils in einzelnen Anlagen- Königliche Charité, Universitätsinstitute Berlins, Astrophysikalisches Observatorium zu Potsdam, Joachimthalsches und Luisengymnasium, fowie Taubsturamenanstalt zu Berlin, Blindenanstalt zu Steglitz, Turnlehrer-Bildungsanfstalt, Lehrerseminar und Technishe Hochschule zu Berlin, Technishe Hochschule zu “achen, Universitätsinstitute von Bonn, Halle, Kiel, Königsberg und Marburg.

Das preußische Ministerium für Landwirthschafîi, Domänen und Forsten ist vertreten dur eine historisch-geo- graphische und moderne wissenschaftliche Hufeisensammlung der König- lichen Thierarzneischule zu Hannover; Zeichnungen über Eñt« und

Bewässerungsanlagen an der Erft und der Dr. reytags{en Ein- ribtungen zur Beseitigung der sc{ädliden Bestandtheile dcs Hütten- raus, beides von der Königlichen landwirthschaftliben Akademie in Poppelsorf; geographisbe Karten, Untergrundsprofile von Berlin und Umgegend, Bodenanalysen, Apparate u. f. w. von der land- wirthschaftlihen Hochschule und vom mineralogischen Institut (Berlin) ; 64 Wandtafeln in Aguarell, Pilze aller Art darstellend, vom Botanischen Institut; Nahrungsmittel und deren Verfälshungen, von dem Museum der landwirthscaftlihen Hocbschule und den Agrikultur- chemishen Versuchsstationen in Münster und Bonn; Apparate von der Königlichen Thierarzneischule in !Berlin, dem Agrikultur- chemischen Laboratorium in Kiel und dem Königlichen pomologischen Institut zu Proskau, ferner Zeichnungen und Beschreibungen von vershicdenen Meliorationsanlagen (z. B. der Caymen-Lablackencr Niederung), der Ems-Nivellements u. \. w.

Das preußische Ministerium für Handel und Ge- werbe hat in Gruppe 25 eine schr umfangreiche Ausftellung von Vorrichtungen, die bci dem Gebrauch von Mascinen zum Schuß der Arbeiter zu verwenden, sowie von anderen Einrichtungen, die zum Wohle der Arbeiter zu treffen sind, in zahlreichen Zeichnungen und Modellen veranstaltet.

__ Von dem Königlichen Polizei-Präfidium zu Berlin sind die Modelle einer Normal-Feuerwache der Berliner Feuerwehr, von Fahrzeugen und Spriten derselben ausgestellt. An der Invaliden- straße, ganz im Nordwesten des Terrains ist ein Steigerhaus errichtet, an welchem die Berliner Feuerwehr ihre Grerzitien zeigt.

Das physiologishe Institut der Königlichen Uni- versität zeigt in Gruppe 1 verschiedene seiner feinen Apparate, die Königliche Porzellan-Manufaktur zu Berlin in Gruppe 16 cine Sammlung von Porzellangeschirren zu Lazareth- ausstatiungen; das Königliche landwirthschaftlihe In- stitut der. Universität Halle in Gruppe 20 geologische Profile, Bodenarten aus der Umaegend von Halle u. dgl.; die Königliche Eisenbahn-Direktion zu Berlin in Gruppe 28 (theils in der Eisenbahnhalle, theils im Freien) cinen Eisenbahn- wagen zum Buttertransport, Modelle verschiedener anderer Eisen- bahnwagen, Bekleidungégegenstände, zablreibe Maschinen, Apparate und Schußtzvorrichtungen, in derselben Gruppe die Kaiserliche General-Direktion der Eisenbahnen in Elsaß-Lothrin- gen, einen zum Transport von Verwundeten eingerichteten Personen- wagen III. Klasse u. A.; die deutsche Seewarte in Hamburg in Gruppe 30, ein Scbiffsmodell, Wetterberichte, Wetterkasten, Sturm- warnungskasten u. dgl.

__ Die Stadtverwaltung von Berlin hat ein übersibtliches Bild ihrer Gesammtleistungen auf allen Gebieten der öffentlihen Ges sundheitspflege geliefert und deshalb die Ausftellung8gegenstände nicht in die ecinzelyen Gruppen vertheilt, fondecn, soweit ihre Natur es zulief, auf einem Punkte, und zwar gleih am Haupteingang des Ge- bâudes vereinigt. Was die Stadt Berlin hier zu: Schau gestellt hat, bezeugt, daß die Verwaltung derselben von der Wichtigkeit ihrer Auf- gabe auf dem Gebicte der Hygiene durchdrungen ist und daß sie keine Kosten scheut, das auszuführen, was sie für heil- sam erahtet. Ein fehr sorgfältig ausgearbeiteter Spezial- katalog, der diese Ausftellung e-läutert, orientirt gleichzeitig über die Zwecke der veranschc ulichten Einrichtungen wie über die dadur ent- standenen Kosten. Zunächst finden wir reiches statifstishes Material in Plänen, graphiscen Darstellungen, Tabellen und Büchern über Bevölkerungsdichtigkeit, Sterblichkeit, Wohlhabenheit, Eheschließung, Geburten, Sterbefälle, Witterung, Grund- und Spreewasserstände, kurz über alle Grundlagen der Hygiene. Daran {ließt sich cin Plan von Berlin, auf welhem alle Krankenhäuser mit Farbe gekennzeichnet sind, Pläne und zablreiche Zeichnungen von dem 690 Betten um- fassenden städtischen Krankenhause im Friedrichshain, auch das Modell eines eiastöckigen Pavillons der chirurgischen Abthei- lung, ebenso Zeichnungen von dem auf 720 Betten berehneren städtischen Krankenhause Moabit, sowie Modelle einer Krankenbaracke und des Desinfizirungsapparates daselbst, enolich Zeichnungen von der Frauen-Siecbenanstalt in der Gitscinerstraße. Die städtische Fürsorge für die Irren und idiotishen Kinder veranschaulichen viele Pläne und Zeichnungen von der für 1020 Irre und 100 Kinder ein- gerichteten Irrenanstalt in Dalldorf, auch Modelle eines Dampf- Wasserheizkörpers, eines Pavillons einer Tobzelle find beigefügt, ebenso ein Kasten mit konservirten Gehirnen. Die Waisenhauspflege verdeutlihen Pläne, Zeichnungen und ein großes Modell (1 : 20) einer Häusergruype des Waisenhauses zu Rummelsburg mit 500 Kin- dern, sowie Photographien u, \. w. des Waisenhauses in der Alten Jakob- straße (Francke’se Stiftung, 150 Kinder). Auf der rechten Seite er- blickt man das auf 916 Köpfe berechnete Arbeitshaus zu Rummel8- burg in Vogelperspektive und neben Situations- und Bauzeichnungen auch das Modell von einen Theile des Pavillons für Korrigenden. Weiterhin in der Abtheilung für Schul- und Turnwesen inkl. Heizung (linker Hand) sind Photographien und Zeichnungen sämmtlicher städtis{ben Gymnasien, Real- und Töchterschulen und mehrerer Ge- meindeschulen, die Modelle ciner Lang- und einer Tiefklafsse (55 bzw. 53 qm groß und 4 bzw. 4,30 m hoch) mit der inneren Einrichtung, Normal- zcinungen zur Anlage von Schulklosets mit Gesammt-Wasserspülung, ein Plan von Berlin mit Einzeihnung sämmtlihec 83 Turnhallen, die Photographie und die Zeichnungen der städtischen Gentralhalle in der Prinzenstraße, das Modell der Turnhalle des Askanischen Gymna- siums mit der vollständigen inneren Einrichtung, einscließlih der Anordnung der Luftheizung und Ventilation und die Normalzeich- nung einer Turnhalle für Gemeindeschulen mit beweglichen Turn- gerüsten, endlich die Zeichnungen bezw. Modelle verschiedener Heiz- anlagen ausgestellt. Gegenüber (rechts) präsentirt sich der großartige Central-Viehmarkt und Scchlachthof in vogelperspektivischer Ansicht, in Photographien und Zeichnungen aller cinzelnen Gebäude und zwei Modellen von Schlachthäusern. Die Mikokroskope und sonst zur Fleishbeschau nothwendigen Jnstrumente und Utensilien sowie zahlreihe Präparate von Objekten der Fleishbeschau (Trichinen in den verschiedenen Stadien der Entwickelung, Finnenköpfe, Band- würmer, Strongylus paradoxus. Zuberfeln u. \. w.), die hier eben- falls gezcigt werden, bilden keinen zwar ästhetisch {önen, aber einen sehr werthvollen und lehrreichen Theil der städtishen Gesammtaus- stellung. Wohlthuender wirken die in der Nähe befindlichen Pläne der Gartenanlagen und des neuen städtischen Friedhofs bei Friedrichs- felde, denen eine historish interessante Karte der früheren und gegen- wärtigen Begräbnißstätten in und um Berlin, die mit der heid- nischen Zeit beginnt, beigefügt ist. Jn der dahinter liegenden Abthei- lung Straßenbau kann man von den Bebauungs-, Pflasterungs8- nd Baumpflanzungsplänen, Straßenprofilen, Grundwasserständen, Pflasterungsmethoden und Bedürfnißanstalten Einsicht nehmen. Die Einrichtungen der städtischen Wasserwerke (Pläne, Darstellung des Wafserverbrauchs, Bau- und Maschinenzeichnungen der Wasserwerke, Wassermesser, Hydranten, Hausleitungsanschlüsse u. A.) bilden auf dieser, die Kanalisation (Gesammtplan der Entwässerungs- und Be- rieselungsanlagen, Pläne der Entwässerungssystemen, und von Osdorf, zahlreiche Maschinen und Modelle) auf der anderen Seite den Ab- {luß dieser reichhaltigen Ausstellung. Außerdem sind im Stadt- bahnbogen Nr. 17 noch Kanalprofile in natürlicher Größe und anderer größerer Zubehör zum Kanal untergebracht, und nördlih der Stadt- bahn neben dem Kcsselhause is eine Filterregulirungskammer nebst einer Abtheilung der überwölbten Filter in Station Teyel in natür-

liher Größe erbaut. (Scluß folgt.)

Nedacteur: Nied el.

Berlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Vier Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

M 124. Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 30. Mai. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (89.) Sibung des Reichstags wurde die dritte Berathung des Entwurfs eines Geseßes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, auf Grund der Zusammenstellung der in zweiter Berathung über den-

efaßten Besc{lüsse mit §. 33 c. fortgeseßt. : iben ae a Abg. Büchtemann ergriff der Bundeskommissar Geheime Regierungs-Nath Boediker das Wort: S Meine Herren, dem Herrn Vorredner möchte id zunächst er- widern, daß der in Frage stehende §. 30e. Seitens der Kommission des Reichstags nicht deshalb in die Vorlage cingefügt ist, um Zweifel darüber zu bescitigen, daß wie jet, fo au fortan die Tanzlustbar- feiten landesrechtlich geregelt werden Tönnen: dies Recht telt zweifel- los fest, sondern um etner allenfalls denkbaren Interpretation e contrario aus 8. 33a. Abs. 1 in der fommissionséseitig angenommenen Fassung der Regierungsvorlage entgegenzutreten, als ob die Tanzlusi- barfeiten nach der Negicrungsvorlage unter das Reichsgeseß gestellt wären. Der Reichstag hat in der zweiten Lesung den betreffenden Wortlaut der Regierungsvorlage beseitigt, d. h. das Wort „Lustbarkeit“ 1us dem 8, 33a. entfernt. Nachdem dics geschehen ist, kann ein Zweifel hin- sictlih der Tanzlustbarkeiten gar nicht mehr Plaß greifen, und der 8. 33e. hat nunmehr au keinen Zweck mehr. Streicben Sie den 8. 33 e. was das Beste sein wird —, so bleibt es beim Landes- recht ; denn wie gesagt im Absayß 1 des §8. 33 a. kommt das Wort „Lustbarkeit“ nicht mehr vor, und man kann e contrario nit mchr {cliefen, daß die Veranftaltung von Tanzlustbarkeiten, beziehungsweise die Hergabe der Lokale ¿u denselben unter den S 83a. falle, mithin als solche konzessionspflichtig sei. Dics hat auch der Herr Bericht- erstatter des hohen Hauses bei der zweiten Lesung ausdrücklich kon- statirt. Dann hat der Herr Vorredner einen Hall aus dem Kreise Prignitz hier vorgeführt zur Begründung seines Antrags =—— und vabei cin Reskript des preußischen Herrn Miniftecs des Innern an- gezogen, welces diesen horrenden Fall dee. s E Der preußische Herr Minister des Innern wird jehr wohl gewußt haben, was er thut, wenn er in dem betreffenden Falle, dessen Um- stände mir natürlich nit bekannt sind, die an sih_ durchaus he- gründete Unterscheidung zwischen den arbeitenden Klassen und den jonstigen Bevölkerungsschichten aufcecht erhielt. Ic provozire auf das allgemeine Urtheil, ob nit gewisse so;tale Unterschiede unter den Ständen, mit oder ohne die Anerkennung der Polizei bestehen, und ob nit diese Unterschiede mächtig genug sind, um im Leben ih Geltung zu verschaffen. Es kommt nicht darauf an, hier von Gleich- berechtigung vor dem Gesez zu sprechen, sondern darauf, den thatsächliben Zuständen, die in den verschiedenen Ge- genden sich schr verschieden gestalten, Rechnung zu tra- gen. In dieser Hinsicht möchte ich nun dem Herrn Vor- reckner ein recht s{lagendecs Beispiel aus der ihm und seinem Mitantragsteller näher bekannten Rheinprovinz vorführen, wo man unter Führung ‘ehr freisinniger Bürgermeister (Rufe: Namen nennen !), des Bürgermeis|tecs der Stadt Ddenkirhen im Kreise Gladbach und seiner Gesinnungsgenossen seit Jahren darar. gearbeitet, die foge- nannten Kirmessen möglichst auf dieselben Tage innerhalb desselben Kreises zu verlegen, damit der Fabrikarbeiter nicht womöglich jeden Sonntag Tanzlustbarkeiten in den benachbarten dicht gedrängten Orten vorfinzen und auf diese Weise sich übermäßig der Vergnügungssucht hingeben könne. Diese Bestrebungen werden von den dortigen freifinntgen Bürgermeistecn ich habe nur den Führer bezeichnet, die Andern stehen aber hinter ihm durchaus vertreten. Es wird allerdings von anderer Seite dagegen geltend gemacht, man möge dem Volke die Vergnügen nit zu sehr beschränken; Sie sehen aber, daß dort von freismnigen Luten im Wesentlichen dieselben Gesichtspunkte vertreten werden, die in dem Neskcipt des Herrn Ministers des Innern, soweit ich dessen Wortlaut habe vernehmen können, und zwar gewiß mit allem Recht zur Geltung gebracht sind. Der jetzige Antrag ist gestern während der Sißung, als der Gegenstand zur Berathung stand, handscbriftlich hier cingebra&t worden, ex abrupto, nachdem vor 7 bis 8 Wochen die zweite Lesung dieses Gesetzesparagraphen stattgefunden Mat DE Herr Vorredner i glaube, er war es, oder einer seiner Freunde bemängelte gestern die mangelhafte Vorbercitung der Reichsgesete. Ist denn das etwa cine gründlie Vorbereitung der Neichsgeseße, wenn in der Sitzung der 3. Lesung, wo die Frage zur Berathung steht, cine so weitgehende Bestimmung in das Gesetz lancirt werden soll, eine Entscheidung über Dinge, die ganz naturgemäß im Reich, ja in den Einzelstaaten kalcidoskopisch verschieden liegen, über die ein Urtheil zu gewinnen, welches zu einer Entscheidung berechtigt, nur möglich is auf Grund umfassender Erhebungen? Gs wird aber hier in der Sitzung selbst ich kann nur sagen zur NUeberrumpelung ein solher Antrag gestellt. (Oho! links. Unruhe. Sehr ritig! rechts. Gloe des Präsidenten. Rufe links: Unterschiebung.) Unter- \chiebung? Sic haben es gerade so gemabt bei der Frage der Mi- litärkfantinen und der Beschäftigung der Militärpersonen; in dem Augenblick, wo die Sache hier zur Spracve stand, sollte hier die Militärverwaltung Überrascht werden. (Unruhe. Ruf: Hier wird nit überrumpelt! Glocke des Präsidenten.) Indeß, meine Herren, wie \sich unser Militär niht überrumpeln läßt, so lernen wir Andern davon; denn daß Sie uns wirklich überrumpelt hätten, werden Sie doch nicht annehmen. Ï Wie denken denn die Herren über die Wirksamkeit eines folcen Paraçraphen? Wie soll der Absay 1 gehandhabt werden in See- pläten, in den an den Häfen liegenden Straßen, in den Matrosen- quartieren? Sie binden hier der Polizei den Arm gegenüber von Orgien und Schlägereien, die dort bekanntlich sehr leiht vorkommen. Nach diesem Absatz 1 ist es nicht, möglich, für die Matrofenquartiere irgendwelche Ausnahmebestimmungen in der hier fragliden Hinsicht ergehen zu lassen. Nach Absatz 2 des Antrages sollen in den Ge- meinden alle Gast- und Schankwirthe glei behandelt werden, Es würde «lso niht mehr mögli scin, demnächst einem Gastwirth, auf dessen Tanzboden wiederholt Schlägeceien, vielleicht mit tödtlichem Ausgange, stattgefunden haben ich spreche aus Erfahrung also einem solchen Manne, der keine Ordnung hält, vielleicht niht einmal halten will, die Konzession zu einer Tanzlustbarkeit für cinen einzelnen Abend zu versagen. Der Schutz des Lehens und der Gesundheit der Ein- wohner, welcher eine Pflicht der Polizei ist, „erheischt es aber einfach, die Möglichkeit zu haben, in solchen Fällen energisch vorzugehen und einem solch2n Wirthe die Tanzerlaubniß zeitweise zu entziehen, was mit bestem Erfolge wiederholt geschehen ist im Interesse Aller, denen daran legt, daß die Ordnung aurreht erhalten wird. Es heißt in dem Antrage: innerhalb der einzelnen Gemeinden sollen alle Gast- und Schankwirthe gleihmäßig behandelt werden. In der Rheinprovinz giebt es Gemeinden, die aus ciner Stadt und 10 bis 20 fkleinen ländlicen Ortschaften bestehen. Sollen nun die großen Städte gerade so behandelt werden, wie alle die kleinen zu ihnen gehörenden ländlihen Ortschaften? Wenn die Ober-Vürgermeister, Bürgermeister und Gastwirthe in den Städten diese Bestimmung im Abjsay 2 lesen werden, wetden sie sagen: „Was soll denn das? es liegt keine Veranlassung zu folcher Vniformirung vor.“ Soll z. B, Düsseldorf behandelt werden, wie das zu ihm gehörende Dörfhen Hamm oder Volmerswerth? Ih glaube, der Unterschied zwisGen großen Städten und solchen kleinen Dörfern, die mit ihnen einen Gemeindeverband bilden, in denen

Erfte Veilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Auzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 30. Mai

20 bis 30 Gemüscbauern wohnen, ist nicht zu verkennen und verlangt die Möglichkeit der Berücksichtigung.

Auch hier wieder zeigt es sid, wie ohne die nöthige Berück- siétigung der thatsächliwen Verhältnisse von einseitigen Gesichts- punkten aus Anträge von dort aus (links) geftellt werden. Jn Bayern baben überbaupt die Schankwirthe regelmäßig gar nicht die Befugniß, Tanzlustbarkeiten abzuhalten; in dem Antrage heißt es: Gast- und Scankwirthe sollen jeßt gleich behandelt werden. Sie stoßen mit Ihrem Antrage also die bayerische Verordnung von 1868 und den darauf beruhenven Rechtszustand, ohne ibn zu fennen, über den Haufen. Acehnlih liegen die Ver- hältnisse au in anderen Staaten. Ich wiederhole, meine Herren, am besten wird es sein, den 8. 33e. ganz abzulehnen, weil er eine Ruine innerhalb des Gesetzentwurfs jeßt geworden ift, nahdem Sie den Wortlaut des §. 33 a., an welchen dieser Paragraph sih anlchnte, beseitigt haben. Wollen Sie das nit, so bitte ih jedenfalls, den Antrag der Herren Büchtemann und Richter, welcher in dieser Form für die verbündeten Regierungen aus den angeführten Gründen unan- nebmbar ift, abzulehnen.

Der Abg. Ackermann bekämpfte ebenfalls den Antrag Büchtemann.

Der Abg. Dr. Blum erklärte sih im Allgemeinen mit der Tendenz des Antrags einverstanden, da aber nah seiner An- sicht diese Angelegenheit je nah den provinziellen Eigenthüm- lichkeiten geregelt werden müßte, werde er gegen den Antcag stimmen.

Der Abg. Stolle bemerkte, Unsittlichkeiten kämen nicht allein bei den niederen Klassen bei Tanzlustbarkeiten vor, sondern auch bei den höheren Klassen. Als er in der zweiten Lesung das Treiben in den ODffizierkasinos beleuchtet habe, sei er von fkonservativer Seite hestig angegriffen und auf- gefordert worden, seine Behauptungen zu beweisen. Er sei jezt bereit, den Bewzis anzutreten, daß das, was er vor- getragen habe, durch Dußende von Beispielen bestätigt werde. Er möchte hier ganz ausdrüdcklih konstatiren, daß er nicht daran gedacht habe, den ehrenwerthen Osfizierstand anzu- greifen. Wenn er dessen Auswüchse bekämpfe, fo handele er als dessen Freund und nicht als dessen Feind.

Der Präsident von Leveßow erklärte, er vermöge einen unmittelbaren Zusammenhang dieses Themas mit der Ange- gelegenheit, welche tas Haus beschäftige, niht zu erkennen. (s habe mit biesem Antrage absolut nichts zu thun, ob ein Offizier oder ein anderer Mensch irgend einmal die Sittlich- keit gefährdet habe.

Der Abg. Stolle (fortfahrend): Er gebe das zu, aber der Bundeskommissar habe auf die Unsittlichkeit der niederen Volksklassen hingewiesen, und e: habe sih deshalb für berech- tigt gehalten, auch von den höheren Ständen zu sprechen.

Der Präsident von Levetow entgegnete, der Bundes- fommifsar habe nicht die Absiczt gehabt, von der Unsittlichkeit bei Tanzlusibarkeiten zu sprehen. Niemand im Haufe werde bezweifeln, daß die Moral unter Umständen gefährdet werde nit blos von Seiten der niederen Bevölkerung, sondern auch von der höheren.

Der Abg. Stolle (fortfaÿrend): Dann müsse er sih die Sache für eine andere Gelegenheit vorbehalten. Er erlaube sich das ihm zugegangene Material auf den Tisch des Hauses niederzulegen.

Der Abg. Dr. Braun (Wiesbaden) erklärte, es handele sich hier nit um eine Beschränkung dex bürgerlihen Gesellschaft, fondern um eine Beshränkung der Polizeiwillkür, wie sie im Interesse der Nation liege. Wenn eine solche Willkür in Baden, dem Heimathlande des Abg. Blum, nicht vorhanden sci, so möchten die Budenser sih dazu gratuliren, möchten. aber auch den andern Mitbürgern im Reich gestatten, daß ihnen die- selben Wohlthaten z1: Theil würden. Sein Antrag habe den weck, zu verhindecn, daß Tanzbelustigungen nicht der einen Klasse des Volkes gestattet, und der anderen verboten würden, daß die Reichen tanzen dürften und die Armen nicht. Er wolle für Alle gleiches Recht ! Wenn es sih um die Beschrän- kung der bürgerlichen und wirthschaftlihen Gesellschaft handele da seien die Herren von der Rechten mit ihrem Votum \chnell bei der Hand, sollte aber au cinmal gegen die Polizei- willkür vorgegangen werden, dann heiße es: „Nur um Gottes- willen keine Uniformirung!“ Was habe es denn für einen Sinn, daß man die Neichen und Vornehmen tanzen lafser wolle, die Armen aber nicht? Es follten do Diejenigen, die mit ihrem Loos zufrieden seien, die heilige Pflicht haven, auch Denjenigen zu helfen, die von der Natur weniger mit Glüf und Zufriedenheit bedacht worden seien. Er bitte, den Antrag anzunehmen.

Der Abg. Nichter (Hagen) bemerkte, der Geheime Rath Boediker habe sich Namens der verbündeten Regierungen auf den Standpuukt gestellt, daß man für die niederen Klassen andere Bestimmungen treffen müsse für die Tanzlustbarkeiten als für die höheren. Damit sei die hlechte Behandlung der arbeitenden Klassen geradezu als Grundsay der Reichsregie- rung proklamirt. Dem gegenüber fühle er si veranlaßt, einen Antrag auf namentliche Abstimmung zu stellen. Der Ge- heime Nath Boedikex habe eines freisinnigen Bürgermeisters am Nhein Erwähnung gethan. Er kenne dessen Liberalismus nicht, aber so weit wäre derselbe den Nheinländern gegenüber sicherlich nicht oegangen, wie derLandrath inOstpriegniß es gethan. Man müsse sich in die Lage dieser Klassen verjsegen. Es ständen ihnen keine Vergnügungsreisen, Badereisen, Theater und Concerte zu Gebote wie den Wohlhabenden. Die Tanzlustbarkeiten seien das einzige Vergnügen, auf das sie während der saueren Arbeit der Woche als auf ein srohes Fest hofften. Wenn man wirkli für die Sozialdemokraten arbeiten wolle, so müsse man eine solche Verordnung erlassen. Wem verdanke man denn jenes Verwaltungsprinzip, daß nur an einzelnen Tagen getanzt werden könne? Wem anders als dem Abg. von Kleist- Neyow in den 50er Jahren? Dessen Verwaltung sei typisch geworden für solchze Polizeiverordnungen. Derselbe habe als Ober-Präsident sür die Rheinprovinz verordnet, daß die Tanz- lustbarkeiten auf 3 Tage im Jahre beschränkt werden sollten, um den verderblihen Einfluß öffentliher Tanzmusik auf die unteren Volksklassen zu verhüten. Am Königs-Geburtstag sei die Unsitte des Tanzes zu dulden. (Große Heiterkeit.) Da- mals habe das Centrum eine andere Stellung eingenommen. Heute wolle das Centcum die Polizeiwirthschaft zurücksühren ; firhenpolitishe Zwecke ständen dem Centrum ja höher.

1883.

Er achte und liebe die Geisilihen, und wolle ihnen jeden Rechts\huß gewähren, es gebe aber auch andere Menschen als Geistliche, die auch Anspruch auf Nechtsshuß hätten. 1859 habe der Abg. Reichensperger geholfen, daß jene Verorznung aus dec Welt geschafft sei. Graf von Schw2rin daran mödhte er die National!iberalen erinnern, habe die Kleistsche Verordnung als eine verderbliche Polizeimaßregel bezeichnet, dazu geeignet, die Sittlichkeit zu gefährden. Man erziehe dadur eine Nation von Kopfhängern und rufe Erbitterung gegen die Regierung hervor. Er meine, es wäre richtig, wenn die Re- gierung mit dem System brehe, wonach die Tanzvergnügungen nur ausnahmsweise stattfinden dürften, und zu dem alten Grundsay zurückehrte, daß dieselben, wo nicht gewichtige

ründe dagegen sprächen, zu erlauben seien. Er bitte wenig- stens feinen Antrag anzunehmen, und damit der Polizeiwillkür die Svitze abzubrechen.

Der Abg. von Kleist-Rezow bemerkte, der Abg. Richter habe in einem ganz ungewöhnlichen Tone gesprochen, und fei so aufgeregt gewesen, daß er aus der Rede des Abg. Richter von dem, was ihn betroffen habe, fast nur seinen Namen verstanden have. Die Ausführungen des Abg. Richter über die Erlaubniß dec Tanzlustbarkeiten gehörten eigentlih gar niht in die Gewerbeordnungenovelle. Wenn ein einzelner Landrath eine dem Abg. Nichter nicht rihtig erscheinende Ver- fügung erlasse, so sei do das Aufnehmen einer besonderen Bestimmung dagegen in die Reichs-Gewerbeordnung nicht das richtige Mittel dec Bekämpfung. Man müsse bei der Er- laubniß der Tanzvergnügungen niht nur auf die Wünsche der Tanzlustigen Nückctsicht nehmen, sondern besonders auh auf die Förderung des Familienlebens das Tanzvergnügen dürfe niht in zu weitem Umfange gestattet werden sonst fördere es das Saufen, Prügeln u. #. w. An jedem Sonntag, an jedem kirchlihen Feiertag solle das Tanzvergnügen gestattet sein das sei nicht die richtige Art der Feier, sondern das sei nur eine Begünstigung der Aus= beutung der Bevölkerung dur die Selbstsucht der Wirthe.

Der Abg. Dr. Blum erwiderte dem Abg. Braun, daß die Süddeutschen, speziell er, auf die preußischen V:rhältnisse, wo es irgend zulässig sci, jede Nüksicht nehmen ; diese Fragen aber gehörten niht vor den Reichstag, sondern, wenn die Preußen ähnlih günstige Zustände wünschten wie die Badener, so sollten sie sich an das preußische Abgeordnetenhaus wenden. Außerdem möge man bedenken, daß, je mehr man schablonen- mäßig Einrichtungen träfe, ohne zu bedenken, wie sie auf die Einzelnen wirkten, um so mehr würden die partikularistishen Neigungen gestärkt.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er ergreife schr ungern das Wort; aber die Methode, die der Abg. Richter neuerdings gegen ihn und seine Fraktionsgenossen anwende, zwinge ihn, Einiges zu erwidern. Wenn man den Abg. Richter heute hörte, sollte man glauben, es handele sih hier um Bestim- mungen, kraft deren man jede Tanzlustbarkeit ohne Weiteres beseitigen könnte, in Wirklichkeit solle aber über diese Frage hier gar nit entschieden werden, weil diese ganze Materie der Landesgeseßgebung überwiesen bleibe. Das halte er au für ganz zweckmäßig, weil die Gewohnheiten der Deutschen glüdckliczer Weise noh nit uniformirt seien. Er wundere si über dies Vorgehen d2s Abg. Richter um so mehr, als der- selbe in Hamburg kürzlich gesagt habe, er wünsche keine Reichs- Tanzordnung hier aber erstrebe derselbe eine soiche. Es handele sich in der That um Wahlangelegenheiien, und ev wisse schr wohl, wacum man sich jeßt schon auf der linken Seite mit der Wahl so intensiv beschäftige, daß er fürhten müsse, die Freude eines ruhigen Sommers und einer Schonzeit werde ihm diesmal nit zu Theil werden. Der Abg. Nichter sage, es seien ihm aus Centrumsfkreisen Zuschriften zugegangen, wonach das Verhalten des Centrums hier den Wunsch rege machte, das Centrum müßte selbst einmal von einer Konzession abhängig gemacht werden, um die ganze Bedeutung der Sache zu erkennen wenn der Abg. Richter aber auf dem jegt be- tretenen Wege fortfaÿhre, so könne derselbe vielleiht aus den ganzen Lande Zuschriften erhalten, ob es nicht besser wäre, wenn ver Abg. Richter selbst von einer Konzession abhängig gemacht würde, Das Centrum sei niht bemüht, die Polizeigewalt zu stärken, aber nachdem rie Maigesege, bei denen die Fortschritts- partei lebhaft mitgewirkt habe, die Zügelung der Volksaus- schreitungen durch die Kirche vernichtet habe, müsse man die Polizeigewa!lt eben vermehren. Er sei überzeugt, daß aus diesem Grunde die Gewerbeordnungsnovelle allen Menschen, die auf Ordnung und Sitte hielten, willkommen sei. (Wider- spruch links.) Er wisse wohl, daß es Theile der Bevölkerung gebe, die sich unangenehm betroffen davon fühlten, denn Jeder, der gezügelt werden folle, empfinde das Unangenehme der Zügeliuntg, Also gebe die Linke der Kirche die ihr ge- noinimene Macht und seinetwegen möge dann Feder tanzen, wo und so oft er wolle aber immer unter Assistenz einer geistlihen Aufsicht. Die Gewerbeordnung kenne auch j-ßt schon Volizeibestimmungen, und es sei merkwürdig, daß dent Abg. Richter immer gerade die Bestimmung am unangenehm- sten sei, die gerade zur Verhandlung stehe. A‘so weil das Centrum gegen die Zügellosigkeit sei, sei das Centrum für die Vorlage für die Freiheit aber sei auch scine Partei, aber Zügellosigkeit und Freiheit sei nicht dasselbe.

Der Abg. Nittinghausen sprach sich für den Antrag Büchtemann aus, indem er ausjührte, daß eine allzu große Polizeigewalt sd@ädlihe Wirkungen hervorrufen könnte. So sei es gekommen, daß ia der Rheinprovinz sehr vizle ruhige Leute wegen der großen Polizeigewalt in das sozialdemokra- tishe Lager übergegangen seien.

Hierauf ergriff der Bundeskommissar, Geheime Regierungs- Rath Boediker das Wort:

Der geehrte Her: Vorredner hat seine Rede begonnen mit einer Darlegung von Mißhräuchen, die vorgekommen seiea. Ich bin nicht in der Lage, die einzelnen Fälle prüfen zu können, das Material dazu liegt nicht vor; ih kann aber auch hier nur sagen: wenn solche Mißbräuche vorkommen, dann möge man sih beschweren bei den vor- geseßten Behörden, und es wird Remedur eintceten. Den gleichen Einwand habe ich bercits vor einiger Zeit einem Parteigenossen des geehrten Herrn Vorredners zu macben gehabt, der sh über eine Vers fügung einer Königlich sächsischen Behörde beschwerte. Ich habe thm