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St. „Koralle* als zweite ein. Zeit: 1 Minute 14 Sekunden. Werth des Rennens 1470 Æ für „Wanderlust“, 270 # für „Koralle“. — Um 4+ Uhr folgte dem Rennen: E
li. Union-Rennen. Staatépreis 10000 # Für 1880 ge- borene inländishe und österreihish-ungarishe Hengste und Stuten. 300 e Einsaß, 200 ( Reugeld, jedoh nur 100 # falls das erhöhete Reugeld bis 31. März 1883 nit nabgezahlt wird. Distanz 2800 m. Zu dem Rennen waren 72 Unterschriften eingegangen, von denen 35 das höhere Reugeld nacbgezahlt hatten. Von diesen erschienen jedo nur 6 am Pfosten, von denen nach einem überaus spannenden Lauf des Grafen H. Hendel sen. br. H. „Tortar“ sicher mit einer Länge des Königl. Hauptgestüts Graditz F.-H. „Botschafter 1.“ s{lug. Zeit 1 Minute 58 Sekunden. Werth des Rennens 19 500 Æ für „Tartar“, 1500 M für „Botschafter 1.“ — Um 5 Uhr folgte diesem Rennen:
Ill. Staatspreis 1IV. Klasse. 1500 # Für dreijährige in- ländische Hengste und Stuten, welche keinen Staatépreis 1, I1. oder IIT. Klasse gewonnen haben. 120 K Einsaß, halb Reugeld. Distanz 2000 m. Das Rennen hatte 11 Unterschriften, 7 Pferde zahlten Reugeld und 4 erschienen am Pfosten. Es fiegte nach cinem schar- fen Sclußgefecht sicher mit ciner Linge des Grafen M. Schmettow br. H. „Nifklot“ gegen des Kgl. Hauptgestüts Gradiß F. H. „Schnee- mann*. Zeit 1 Min. 45 Sek. Werth des Rennens 1950 für „Niklot*, 450 M für „Schneemann“, — Es folgte diesem Rennen um 5 Uhr: E
1IV, Silbernes Pferd von Sr. Majestät dem Hoch- seligen Könige als Kronprinz verliehen und Klubpreis 2000 Handicap für 3 jährige und ältere Pferde aller Linder. 150 4 Einf., §0 M Reugeld, doch nur 30 #, falls die Annahme bis 22. Mai nicht erklärt. Distarz 3200 m. Der Sieger erhält den Besitz des silbernen Pferdes auf ein Jahr und muß dasselbe im nächsten Jahre, auch bei veränderter Propof:tion vertheidigen oder 150 #4 als Reu- geld zahlen. Diese Pflicht fiel in diesem Jahre Hrn. Arthur Joë zu. Das Rennen hatte 24 Unterschriften, von denen 10 Pferde das Rennen angenommen hatten, aber zur 7 am Start erschienen. Des Trainer G. Johnson 4 jähr br. H. „Baccarat“ führte fast die ganze Babn hindur und siegte \{ließlid nach hartem Kampf mit einer Kopflänge gegen des Hrn. Arthur Joë 6 jähr. F. H. „Gildersbeck“. Zeit 2 Minuten 56 Sekurden. Werth des Neunens der Chrenpreis und 2780 M für „Baccarat“, 780 4 für „Gilderëbeck“. — Diesem Rennen \{lcß sich um 6 Uhr an: A
V, Verloosungs-Rennen: Sraditer Gestütspreis 2000 Für 2jährige und ältere inländische Pferde, 60 4 Einsaß, ganz Reu- geld. Distanz 800 m. Der Sieger wird unter die Mitglieder des ehemaligen Berliner Rennvereins verloost. 4 Pferde waren zu dem Rennen angemeldet, 3 erschienen am Ablauf, von denen des Hrn. O. Spiekermann 3 jähr. br. St. „Arbutus" leiht mit einer Länge gewann. Des Fürsten Hohenlohe-Ochringen 3 jähr. s{wbr. St. “Gerdur“ wurde zweites Pferd. Zeit: 54 Sekunden. Werth des Rennens 2429 M, welcbe der Siegerin zufielen. — Den Schluß des Tages bildeten um 64 Uhr:
VI, Sronie-Hürdenrennen. Staatspreis 1200 4 Herren- Reiten, Für 4jähr. und ältere inländische Hengste und Stuten. 30 4 Einsatz, 30 (4 Reugeld. Distanz 2800 m über 7 Hürden. Von den 7 Pferden, welche zu diesem Rennen genannt waren, erschienen nur drei am Pfosten. Es siegte nach langem Kampfe die 4jähr. br. St. „Alma 1.* des Hrn. Hiestrih v. Barometer“ a. d. „Palma.“
Mit Allerhöcbster Genehmigung Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin sind aus den stiftungsmäßig in diesem Fahre zur Vertheilung gelangenden Zinsen der Stiftung „Frauen- Trost“ nachstehende Beihülfen gewährt worden:
1) dem bayerischen Frauen-Ver-in zur Unterhaltung vcn Suppenanstalten im Kreise Würzburg 2) dem sächsischen Albert-Vercin zur Unterstüßung er- kfrankter Pflegerinnen C 3) dem patriotischen Institut der Frauen-Vereine im Großherzogthum Sachsen zur Errichtung von zwei Sea 4) den Zweig-Vereinen des preußisben Frauen-Vereins zu Pr.-Holland für das Rettungshaus in Neumark . 300 Colberg für die Kinderbewahranstalt. .. .. 200 Tilsit desgleichen O Wetzlar zur Bestreitung der* Armenpflege... 100 Delmenhorst (Großherzogthum Oldenburg) für : O, und Lebus für das Krankenhaus in Seelow ..___220_„ zusammen. . . 1920 M
Auf Grund des §. 7 der Urkunde über die Stiftung „Frauen- Trost* wird dies hiermit veröffentlicht.
Dresden, den 11. Juni 1883. :
Der Vorsitzende des Ausschusses für die Verwaltung der Stiftung „éFrauen - Trost.“ Dr. Hassel, Geheimer Regierungs-Rath.
In der Aula des Friedrih-Wilhelm-Gymnasiums (Kocstrafße 16 und 17) wurde heute Vormittag die Kreissynode Friedrih3- Werder mit Gesang und Gebet eröffnet. Nach Erledigung der ge- \cäftlichen Angelegenheiten erstattete der Vorsitzende, Superintendent Dryander, Bericht über die kir%lichen und sittlihen Zustände in der Diözese, In allen Gemeinden habe eine Vermehrung der Taufen und Trauungen, zum Theil in einem Maße, wie sie der wachsenden Zahl der Bevölkecung wohl nit entspreche, stattgefunden. Es sei aller- dings dabei zu erwägen, daß die 345 Taufen, welche die Christuskirche im Fahre 1881 verzei bnet, in Folge der Neuordnung der kirhlichen Kompe- tenzen des £rn. D. Cassel auf 25 herabgesunken sei. Von ungetauft ein- geschulten Kindern sind im Jahre 1882 inkl, der aus früheren Jahren unerledigt geblicbenen 7 Fälle, 70 zur Kenntniß gelangt. Davor war die Taufe bewirkt bei 14, zugesagt, aber noch nit vollzogen bei 14, die kirblihe Einwirkung noch fortdauernd bei 27. Eine faktische Weigerung sei nur bei 5 Kindern eingetreten, deren Eltern der freireligiösen Gemeinde angehören. Das Verhältniß zur Schule wird von chœllen Berichten hinsichtlib der besteh:nden Berührungen als eîn gutes harakterisirt. Geklagt wurde, daß die höheren Lehranstalten bezüg- lid der bäuéliben Arbciten den Sonntag als Arbeitêtag zu rechnen pflegen. In allen Gemeinden des Synodalkreises bestehen mehr oder weniger“ organisirte Armenpflege-Parochialvereine unter Mitwirkung von Frauen und Jungfrauen der Gemeinde mit Näh- und
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Strickshulen, Beschäftigungsvoereinei, Suppenvertheilung u. |. w. Neben den Frauenvereinen bestehe z. B. in der Dorotheenstadt ein, wie es scheine, sehr zweckmößig wirkender Herrenverein, der vom Gemeinde- Kircbenrath reihlich ait kirhlihen Armengeldern bedaht werde. In den meisten Gemeinden erfreue man sich dankbar der weiblichen Diakonie. Das Elisabeth-Krankenhaus habe im Jahre 1882 1477 Kranke beherbergt, 190 mehr als im Vorjahre. Die Zahl der Schwestern sei von 87 auf 90 gestiegen. Die Zahl der 11 Außen- stationen habe sich um das Asyl für Blöde bei Thale vermehrt. Die Diszese zählte im Jahre 1882 147700 Gemeindemitglicder. Die Gesammtzahl derTaufen betrug in demselben Jahre 4301, vie der Trauun- gen 1074, der Konfirmationen 2244, die Zahl der Kommunikanten 20 422, der Begräbnisse mit geis{licher Begleitung 1349, — Realschuldirektor Dr. Simon erklärte, er müsse der Behauptung widersprechen, taß die höheren Lehranstalten bezüglih der häuélihen Arbeiten den Sonntag als Arbeitstag zu rechnen pflegten. Die Leiter der höheren Lchranstalten bezwedten dies keinetwegs. Die aufgegebenen häuslichen Arbeiten seien derartige, daß sie am Sonnabend gemacht werden können. Wenn der Sonntag dazu benüßt werde, so treffe die Eltern die Schuld, — Postor Wellmer sprach hierauf über die Vorlage des Königlichen Konsistoriums, betreffend die geistlihe Fürsorge für oie konfirmirte Jugend. Der Redner kleidete sein Referat in folgende Thesen: 1) der Konfirmationéunterricht in methodisher Weise, der die Konfir- manden in das fkirchlihe Leben einführt, i die zunächst erforderliche Fürsorge für die koafirmirte Jugend. 2) Wenn die geistlide Fürsorge von? bleibendem Werth sein oll, so
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ist die Mitwirkung des Hauses dringend erforderli. 3) Alle staat- lien, gewerbliden und gesellshaftlihen Einrichtungen, die die der Konfirmanden von dem Besuch des Gottesdienstes an Sonn- tagen abhalten, sind zu bekämpfen, und ist eine ‘Aenderung zu bewirken. Der Fortbildungsunterriht während des Gottesdienstes an den Sonn- tag-Vormittagea is cine Schmach für die Kirche und ein Aergerniß für die Jugend. 4) Die entlassenen Konfirmanden find zum Anschluß an die Jünglings- und Jungfrauenvereine hinzuweisen und zur Theilnahme an den Kindergottesdiensten aufzufordern. 5) So lange unsere Gemeinden solch ausgedehnte sind, daß eine ausreichende Seel- sorge s&lechterdings unmögli, sind alle diese Fragen lediglich akademische. Der Korreferent Syn. Pastor Vogel äußerte, es sei nothwendig, die Kon- firmationsfeier in ernsthafterer Weise als bisher zu begehen. Wenn, was nicht selten geschehe, die Konfirmation dur Tanz begangen werde, fo gehe dem Konfirmanden das Bewyßtsein von der Heiligkeit und dem Ernst der Konfirmation verloren. In erster Reihe sei es aber nothwendig, in allen Parochien Vereine zu bilden, in welhen am Sonntag Nach- mittag die entlassenen Konfirmanden, selbstverständlich nah Geschlecbtern getrennt, um ihren Geistlichen, sich sammeln können. In diesen Vereinen, an denen auch sehr wohl Laien in bester Weise mitwirken könnten, seien die jungen Leute in das Wort Gottes einzuführen, fie aber außerdem dur allerhand Anregungen, Spiele, Vorlesungen, Erzählungen 2c. zu unterhalten. Solche Einricbtungen seien dringend erforderlich, wenn man den angehenden Jüngling, die angehende Jungfrau vor den vielen sittliben Gefahren der Weltstadt bewahren wolle. Ganz be- sonders möge man dabei beachten, daß au Dienstmädchen und Handwerkélehclinge, vornehmlih aber Leute, die des Segens des Elternhauses entbehrcn, diese zu errichtenden Zusammenkünfte befucben. Sache der Gemeinde-Kirhenräthe sei cs, die Bildung solcher Vereine in die Hand zu nehmen. Der Redner proponirte eine Anzahl, seinen Ausführungen entsprehente Thesen, welbe angenommen wurden. Realschul-Direktor Dr. Simon referirte hierauf über die Vorlage des Konsistoriums, betreffend die 400 jährige Jubelfeier der Geburt Luthers, und beantragte: einen Aus\buß zu wählen, der beauftragt wird, cine würdige Lutherfeier im Synodalkreise vorz bereiten. — Auf Antrag des Syn. Previger Schmeidler wurde bescblossen: den zu wählenden Aussbuß mit dem zu gleichem Zweck gewählten auf der Kreis\ynode Berlin-Köln-Stadt in Verbindung zu treten und die in den Thesen des Syn. Dx. Simon cnthaltenen Punkte soweit als möglich zu verwertben. — Ferner wurde beschlossen: die Synode tritt den Thesen des Syn. Dr. Simon in summarischer Weise bei. — In den Auëschuß wurden gewählt: Konsistorial-Rath Prediger Stabn, Prediger Dr. Lisco, Mealscbul-Direktor Dr. Simon, Präsident Köontg und Kaufmann Albert Kobhann. — Syn. Realschul-Direftor Dr Simon wurde alédann au) zum Vertreter des Synodalkreises für die Sache der innercn Mission gewählt. Der Antrag des Konsistoriums auf Eingliederung der neugegründeten Anstalts-Parochie des Joachims- thalshen Gymnasiums in die Synode Friedribs-Werder gelangte nach einem längeren Referat des Syn. Geheimen Ohber-Regierungs- Raths Dr. Bartsch zur Annahme. — Es wurden alsdann noch einige Rechnungssachen erledigt. Syn. Konsistorial-Rath Stahn spra das Gebet, worauf die Synode gegen 2 Uhr Nachmittazgs geschlossen wurde. :
In dem Juni-Heft, 17. Jahrgangs 1883, der Zeitschrift des Bayerischen Gewerbe-Museums inNürnberg (,„Kurst und Gewerbe“, Zeitschrift zur Förderung deutscer Kunst-Industrie, redigirt von Dr. Otto von Schorn, Druck und Verlag von G. P. J. Bieling [G. Dick] in Nürnberg) findet der Kunstfreund einen anziehenden, mit mehreren Abbildungen ausgestatteten Abschnitt über die Holz- architiftur der alten fränkischen Reichsstadt, vom Direktor Karl Lachner, und sodann einen Bericht über die Scidengewebe-Aussrellung des Museums s{lesis{er Alterthümer in Breslau, von Emil Bahr- feldt. Daran reihen sid ferner kleinere interessante Mittheilungen, z. B. über die in der Königlichen Hofglasmalerci- Anstalt von Zettler in Nürnberg in Ausführung begriffenen prächtigen Glasmalereieu für das neue Scbloß des kuastsinnigen Königs von Rumänien, über die Großherzogliche Landes-Gewerbehalle und Kunstgewerbeschule in Karls- ruhe, über die Holz- und Spielwaaren-Jndustrie in Viechtau 2c. — Von den drei Kunftblättern des Hefts zeigt das erste in schönem Farbendruck (aus der lithographischen Anstalt von J. F. Herr) ein präcbtiges italienishes Renaissance-Kapitäl aus istrianischem Kalkstein, welches Direktor Dr. Brinckmann für das Hanburgische Museum für Kunst und Eewerbe in Padua erworben hat. Das zweite Blatt reproduzirt ebenfalls cin #{8nes Muster italienis{en Kunst- fleißes aus der Menaissancezeit, nämlich einen Chorfstuhl aus der Kirche S. Spiritu in Florenz. Auf dem leßten Blatt fehen wir, von F. O. Stbulze gezeichnet, eine Anzahl gra- zióser Ornamente, deren Motiv der Delphi«n bildet. — Die gleichzcitig als Beiblatt zu der Zeitschrift ausgegebenen Nunimern 10 und 11 ter „Mittheilungen des Bayerischen Gcwerbe- Museums zu Nürnberg“ v: röffentlihen das Statut des Verbandes bayerischer Gewerbe-Vereine sowie das Protokoll über die am 14. Mai abgehaltene Landesausschußsizung und Generalversamm!ung des Mu’cums. — Dem Jahresbericht für 1882 zufolge betrugen die Einnahmen 101 219 A 68 4, welche Summe gegen den Vor- arschlag eine Mehreinnahme von 3837 46 68 4 ergiebt; die Aus- gaben 92 296 M 55 ß, oder dem Voranschlage gegenüber weniger 5085 6 45 S, der Aktivüberschuß also 8923 #4 13 K. Die Ver- sammlung ertheilte der Verwaltung Decharge und billigte den neuen Etat, welcher mit 125 547 M 99 „5 Einnahme und Ausgabe bilanzirk. — Das Jahr 1882 war, wie wir dem Bericht entnehmen, eines der beveutsamiten in ver Geschichte des Bayerischen Gewerbemuseu:ns. Die mit Slanz und zu allgemeiner Befriedigung verlaufene Bayerische Landes-, Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung zu Nürr.berg war in ihrer Ausführung ein Werk des Bayerischen Gewerbemuseums; seinc erste zehnjährige Thätigkeitsperiode lonnte niht besser abge- schlossen werden. Ein bereits für den Druck vorbereitetec Bericht über die Landesausftellung wird die Geschichte derselben enthalien und Zeugniß ablegen von der allaemeinen Theilnahme, welche die Aus- stellung fand, sowie von den allseitigen Bemühungen im ganzen Lande, dieselbe würdig zu Stande zu bringen und zum Eelinger. zu führen. Die finanzielle Lage der Anstalt war jedoch im Jahre 1882 ebenso ungünstig wie im Vorjahre und nur dadurb, daß das Königliche Staats-Ministerium des Innern, Abtheilung für Landwirth- schaft, Gewerbe und Handel, 2000 Æ als Zuschuß zu den Kosten der Lehrvorträge bewilliote und durch die Murifizenz der Herren Frhr. v. Cramer-Klet und Frhr. v. Faber 8800 4A zur Deckung ter nothwendizen Ausgaben bewilligt wurden, konnte der Etat für dieses Jahr in Ausgaben und Einnahnen sih ausgleihen. Die Zinsen für das Ankaufskapital tes Nonnengartens wurden glei{falls von den genannten Herren und zwar, der früher gemacten Zusage entsprechend, in diesem Jahre zum leßten Male gedeckt. Das finan- ziell günstige Ergebniß der Ausstellung, die wohlwollenden Zuwen- durgen sehr namhafter Beträge der Garantiefondszeichner, im Ge- fammtbetrage von mehr als 52 000 4, sowie die zu erhoffende Er- höhung des Staatébeitrazes werden es in den kommenden Jah- ren ermöglichen, die Finanznoth für seinen Betrieb wohl zu beseitigen. Um so fühlbarer stellt sich die Ungunst der Räume des Gebäudes heraus. — Die Mustersammlung konnte sich in diesem Jahre aur weaig vermehren, da Zeit und Geld fehlten, um die wünschenswerthen Gegenstände zu erlangen. Das Inventar weist im Ganzen 100 neue Nummern auf. Einige werthvolle Seidenstoffe, dann vortreffliche Stickereien von ven griecwischen Inseln, böhmische Weißstikereien und einige Webarbeiten kamen als Zuwachs zur Tertil- abtheilung In der Lederabtheilung sind einige Buchdeckel, in der Abtheilung der graphischen Künste zwei Bücher als Geschenke zu ver- zeihnen. Die Glasfabrik Schliersee schenkte ein interessantes Muster- fenster von Kathedralglas, sowie zahlreiche Einzelmuster von farbigem Glas; jene von Theresienthal einen großen LTafelussaß unv einen Pokal. Für die Gruppe der Thonwaaren wurden kunstzolle, technisch vollendete Porzellangefäße aus China und, durch Lausch gegen Üüberzähliges, altspanishe Fayencen erworben; aus Ungarn kamen als Geschenke Gegenstände der dortigen Haus- und Kunft- töpferei. Die Saargemünder Fabrik schenkte gleichfalls verschiedene
Gegenstände, darunter zwei prächtige Vasen. Die Metallabtheilung vermehrte sch um eine Sammlung silberner Knöpfe aus dem baye- rishen Hochgebirge, cinen Medaillenstempel, Wachsabdrücke von Aar agen, Buchbeschläge und einige Werkzeuge. Die Kostüms- abtheilung empfing eine Sammlung chinesisher Spielwaaren. Jn der Anordnung der Sammlung konnte wenig çeshehen; zu einer übersichtlichen, leiht belehrenden und anregenden Aufstellung feblt der Raum und mangelt die richtige Beleuchtung. Welchen Einfluß die Mustersammlung ides Bayerischen Gewerbemuseums auf das Gedeihen der heimischen Gewerbe hatte, das zeigte in klarer und überrashender Weise die Nürnberger Landesausstellung. — Mit dem Jahre 1882 {ließt zuglei das 10. Jahr des B estehens der Anstalt. „Ohne unbescheiden zu sein,“ sagt der Bericht, „kann versichert werden, daß kein Institut ähnlicher Art unter den gleichen Verhältnissen, mit den gleichen Mitteln, in der gleichen Zeit und mit so beschränkten Räumen einen so tüchtigen Ecfolg aufzuweisen, ein solches Ansehen gewonnen hat und im Besiß des vollen Vertrauens vieler Tausende ist. Die allerhöchste Huld, höchste An- erkennung und Unterstüßung, die wohlwollende und die werk- thätige Theilnahme sind erworben durhch das einmüthige Ar- beiten der Organe des Bayerischen Gewerbe-Museums. Der Ver- waltungsrath, der Landesaus\chuß, die Beamten und Bediensteten haben während der zehnjährigen Periode nur die Sache und die In- tentionen der Gründer und Wokblthäter dcs Bayerischen Gewerbe- Museums, als welce in erster Reihe Frhr. von Cramer- Klett, Frhr. von Faber und die Stadt Nürnberg zu nennen sind, im Auge gehabt. Alle haben mit Ausbietung der besten Kräfte dem idealen Ziele nachgestrebt, dem Ge- werbe und der Industrie eine Veredelungëstätte zu bereiten." — Statistishe Aufzeichnungen ergeben, daß in dem verflossenen De- zennium die Anstalt von 506 348 Personen besucht worden ist, wobei jedoch dicienigen Besucher, welche in den Lehrwerkstätten thätig waren oder sih Raths erholten nicht mitgezählt worden sind. — Das Ver- mögen des Museums betrug am Ende des Jahres1872: 8090 000 4, am 31, Dezember 1882: 1437 029 # 8 s, welche an Grundstücken, Sammlungs- undInventarwerth, abzüglich derAbschreibungen, vorhanden sind. Diesem Betrage stehen als Passiva gegenüber 770 920 Æ 71 4 für 4497 Antheilscheine, 72000 A für Hypothek auf den Bauplatz 2c. und 37 510 f für verschiedene ungedeckte Forderungen, zusammen alfo 880 430 A 89 „F. Der Ueberschuß beziffert sich demna auf 556 598 M 19 5, wobei zu bemerken is, daß von den Ueber- \{üssen der Landesauéstellung nur 100 000 4 karin eingestellt sind. Die Mustersammlung ist auf 6377 Inventarnummern angewachsen, wovon 4642 durch Ankauf, 1735 ducch Geschenk erworben worden find. Sie umfassen im Ganzen ca. 25 000 Gegenstände im Werthe von beinahe 384000 (4 Die Vorbildersaminlung zählt gegenwärtig 715 Nummern (darunter 107 Geschenke), elche einen Gesammt- werth von 24000 M darstellen. Die Bibliothek zeigt aber, dem Bericht zufolge, noch mancherlei Lücken. — Die seit dem Jahre 1872 veranstalteten internationalen Awsftellungen gaben dem Museum niht nur Gelegenheit, sich daran zu betheiligen, sondern „stellten an daselbe noch ganz andere An- forderungen, da sowohl Seitens des Reichskanzler-Amtes, als auch Seitens der Königlichen Staatsregierung die Leitung der Bethei- ligung Bayerns demselben übertragen wurde. Sowohl als Auê- steller, als auch in der zweiten Cigenschaft blieb die Anerkennung nicht aus. Während der Pariser Ausstellung des Jahres 1878, bei welcher das Deutsche Reih als Aussteller fern blieb, hatte das Bayerische Gewerbe-Museum daselbst ein ständiges Bureau etablirt “und es war Bayern der einzige Staat, der in dieser Weise vertreten war.“ — Die Finanznoth, in der sich die Anstalt früher befand, ist zwar, soweit sie den Bestand betrifft, dem Veischwinden nahe, indessen bc- steht auch jeßt der Uebelstand bezüglih der ungenügenden Räum- lichkeiten immer r.och fort. Bereits im Jahre 1877, sagt der Be- riht, hatte das Bayerishe Gewerde-Museum einen Noth- \hrei dieserhalb an die Kammern gerihtet, und dic ganze Saclage in einer umfangreichen Denkschrift dar- gelegt, welchwe die Forderung von 2 Millionen begründete. Trotz der wohlwollenden Gesinnung der Kammern und des Entgegen- kommens der Königlichen Staatsregierunz und troß der Anerkennung des nachgewiesenen Bedürfnisses gestatteten jedoh damals die Finanz- verhältnisse des Landes nicht, dem Nothstand abzuhelfen, und der Landtag konnte die eingereichte Petition an die Staatsregierunçc nur zur Würdigung überweisen. Der Bericht wiederholt deshalb das Gesuch um Genehmigung der Mittel zu einem Neubau. — Zu Mitgliedern des Verwaltungsraths wurden die ausscheidenden Herren Lothar Frhr. von Faber aus Stein und die Rechtsanwälte Dr. Pecmsel aus München und W. Frankenburger wiedergewählt. -— Wie ein dem Bericht angehängtes Verzeichniß ergiebt, wurde daë Museum von ciner großen Zahl von Mignern zum Garantiefonds der bayerischen Landesautstellung bei Rückerstattung ihrer Beträge mit Schenkung dieser letzteren bedaht. Der Gesammtbetrag in Höhe von 52 622 M. 50 S hat die Bestimmung, bei der Aufstellung des Kunstpavillons der Landesausstelung auf seinem neuen Plage Ver- wendung zu finden.
Paris, 11. Juni. (W. T. B.) Gestern stieß auf der hiesigen Ringbahn in dem Tunnel bei den Buttes de Chaumont cin Per- sonenzug mit einem Güterzuge zusammen ; 5 Paffagiere wurden schwer verleßt.
Ueber dem Wallner-Theater und den beiden Novitäten, dic es brachte, leuhtete am Sonnabend Abend ein freundlicher Stern. Das heiße Wetter mochte recht Viele vom Besuche abgehalten haben ; um jo herzlicher lachten die, welche die kleine Unbequemlichkeit einer zeitweiligen tropischen Atmosphäre im Theater nicht scheuten. „Kleine Hände“ nannte sih das erste dreiaktige Lustspiel, das Franz von Scönthan nah dem Französischen des Labiche bearbeitet hat. Es ist mehr ein Scchwank als ein Lustspiel; heitere Verwechselungen, kleine Mißverständnisse und ein liebenswürdiger Humor füllen die drei Akte und täuschen den Zuschauer über das lose Gefüge und manche innere Unwahrscheinlichkeit hinweg. Dic
abel des Stückes ift kurz die, daß der Himmel dic Leute mit kleinen
änden zum Genießen, die mit großen Si zum Arbeiten ge- schaffen habe. Der Besißer der lekteren, Hr. Thomas, spielte seine Rolle mit ausgezeichneter Komik; Hr. Blenke hatte als vornchmer Müßiggänger, Hr. Guthery als Börsenspekulant die Lacher auf seiner Seite. Frl. Meyer verstand dur ihr gewinnendes, reizendes Spiel ihre Rolle, die vom Verfasser etwas stiefmütterlich behanbelt ift, zu heben; nur Schade, daß \o viel liebenswürdiges Können ih an so kleinen Aufgaben versuchen muß. Als Liebhaber trat uns zum ersten Male Hr. Egon _ gegenüber; er gefiel, doch möchte über den sehr jungen Schauspieler ein Urtheil erst nach wiederholtem Auftreten in umfangreicherea Rollen abzugeben sein. — Die Posse „Ein verdächtiger Schwiegersohn" von Alexander Bisson batte sich einer gleich freundlihen Aufnahme wie die „Kleinen Hände“ zu erfreuen; doch dürfte sich für bevorstchende Wiederholung manche Kürzung des Stoffes empfehlen. Jn diesem Stück trat Hr. Alexander zum ersten Male auf, der Hrn. Kadelbucsg erseßen soll; der Künstler gewann dur seine vornehme Erschel- nung und durch sein sicheres launiges Spiel bald die Sympathie des Publikums, so daß nur zu wünschen ist, daß sih an diesen vieloer- heißenden Anfang eia rüstiges Vorwärtéstreben knüpfen möge.
“. Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.
Fünf Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage). (7063)
Berlin:
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.
M 134.
Berlin, Montag, den 11. Juni
1383,
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 11. Juni. Jn der vorgestrigen (100.) Sißung des Reichstags trat das Haus in die erste event. zweite Berathung der Ergänzung zu dem Neichshaus- halts:Etat für das Jahr 1883/84 (Reichstagsgebäude betreffend) ein.
Die Debatte leitete der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister von Boetticher mit folgenden Worten ein:
Meine Herren! Es is mir leider nicht möglih gewesen, das Gutachten der Akademie des Bauwesens über den neuesten Plan des Architekten Wallot für das Reicbstagsgebäude den Herren Mitgliedern des Hauses mitzutheilen, weil dieses Gutachten noch nicht fertiggestellt ist. Die Akademie des Bauwesens hat sih gestern in einer vier- stündigen Sißung mit diesem neuesten Wallotscben Projekt beschäftigt. Sie ist mit der Berathung nit vollständig fertig geworden, hat si vielmehr darauf beschränkt, cinige Punkte, die bei der Beurtheilung des Projekts in Frage kommen, ihrer Erörterung zu unterziehen, und hat sich vorbehalten, die weitere Detail- berathung in einer späteren Sitzung vorzunehmen, dann aber, fobald diese weitere Berathung stattgefunden haben wird, das motivirte Gutaten aufzustellen und an mi einzusenden.
Inzwischen ist über die gestrige Sitzung der Akademie cs Bau- wesens ein Protokoll aufgenommen, und der Entwurf dieses Pro- tofolls, dessen Feststellung auch erst in der nächsten Sitzung stattfinden wird, von dem ich aber annehmen darf, daß cr im wesent- liben und namentlich in den entscweidenden Punkten treu referirt, „ist mir heute Morgen überreicht. O WerDe mir erlauben, da sib aus diesem Pcotokoll diejenigen Punkte ergeben, welhe gestern die Akademie des Bauwefens beschäftigt und die vorwiegend zu den Erinnerungen Veranlassung gegeben haben, welche die Akademie gegen das Wallotshe Projekt ziehen zu müssen e P dasselbe zu verlesen. Es lautet das Protokoll folgender- maßen:
Es wird zunächst die Frage erörtert, ob das neue Wallotsche Projekt bei feinem unfertigen Zustande übechaupt diskutabel sei oder nichi. Nach längerer eingehender Debatte einigt man si, ¿war în die Beurtheilung des Entwurfs einzutreten, jcdoch dem Gutawten Uber denselben nachstehende Erklärung, vorauszuschicken.
__Die verlangte Tieferlegung des Sitzungssaals ist eine so ein- greifende Veränderung des ursprünglihen Programms, daß das darauf gegrünvete Projekt als cin völlig neues erscheint, und nit blos einer Prüfung auf feine Abweicungen von dem gekrönten Projekt, sondern einer durcgreifenden und selbständigen Bcurthet- lung nah Maßgabe des veränderten Programms bedarf.
Für eine folbe Prüfung gewährt aber das Projekt in seiner vorliegenden Gestalt mcht die hinreichenden Unterlagen. Die Akademie des Bauwesens muß sich deshalb darauf beschränken, einzelne besonders in die Augen fallende Punkte ihrer Beurtheilung zu unterwerfen.
Als solcbe werden bezeichnet :
1) Die Einfahrten für den Kaiserlichen Hof, sowie für die Mitglieder des Buadeêraths und des Reichstags erscheinen infolge ver veränderten Höhenlage des Sißzungsfaales trotz ihrer ia praktischer Hinsicht ausreihenden Abinessungen für ihre Bestimmung n!cht würdig genug.
L 2) Die gegen die Ausgiebigkeit der Beleuchtung des großen
SiBungssaales schon bei der ersten Berathung hervorgetretenen
Bedenken müssen jeßt, da die Glasdecke dieses Raumes erbeblich
tiefer, die Lichtöffnungen des Kuppelbaues auf größerer Höhe als
früber angenomnien sind in beträchtlich verstärktem Maße geltend gemact werden. Die im Durchschnitt dargestellten tiefer liegen- den Lichtöffnungen scheinen von keiner ausgiebigen Wirkung.
Das Mißverhältniß zwischen den Naummassen des Saales einerseits
und des ihn deckenden nur zur äußeren Repräsentation dienenden Kuppel-
Überboues andererseits, welches {hon früher zu erheblichen Bedenken
Anlaß gab, muß jeßt in verstärktem Maße hervorgehoben werden.
Es liegt daher bei der jetzigen Sachlage die Erwägung nahe, ob
nicht der Kuppelbau in seiner bisherigen Auffassung gänzlich fallen
zu lassen sei. |
3) Die Vermindcrung der {on im früheren Projekt zu be- schränkten Abmessungen der Höfe wird eine unzureichende Beleuchtung Bab in dieser Hinsicht auf dieselben angewiesenen Räume zur Folge aben.
__ Somit kann die Akademie dcs Bauwesens die vorliegende Lösung niht als Grundlage für die Bauausführung empfehlen. Sie findet dea Hauptgrund dafür, daß diese Lösung ungenügend ausfiel, in dem Umstande, daß der Architekt es versucht hat, unter Beibehaltung der allgemeinen äußeren Form seines früheren Ent- wur;s, der neuen ihm gestellten Aufgabe, welche cine wesentliche Umgestaltung der Innenräume verlangte, gerecht zu werden, wodurch ein nicht gelöster innerer Widerspruch entstanden ist.
ä Deshalb empfiehlt dic Akademie auf Grund der veränderten Bedingungen dur den Architekten Wallot ein neues Projekt auf- stellen zu lassen, ohne ihn an die äußere Erscheinung feines preis- gekrönteu Entwurfs zu binden.
Dies, meine Herren, ist das Protokoll,
_ Ich habe auf mcine Anfrage, in welcher Weise die Beschluß- fassung zu Stande geïommen ist, noch die Auskunft erhalten — und das bemerke ih gegentheiligen Gerüchten, die mir heute Morgen zu Dhren gekommen sind, gegenüber —, daß an der Beschlußfassung 16 Mitglieder der Akademie des Bauwesens theilgenommen haben, daß 13 Mitglieder für diese drei Monita, die in das Protokoll nieder- gelegt sind, gestimmt haben, und daß 3 Mitglieder der Akademie des Bauw?sens der darin ausgesprochenen Auffassung nicht haben bei- treten können.
Es ist mir weiter auf mein: Frage, ob dic Akademie des Bau- wesens der Meinung gewesen fei, daß das Wallotsce Projekt in seinen Grundideen überhaupt verworfen werden müsse, geantwortet worden, das sei keineswegs der Fall, die Akademie habe nur aus- drücken wollen, daß die ueuesten Pläne ves Architekten Wallot, weil fie unter ganz besonders ershwerenden Umsiänden zu Stande gebracht Und, eine genügende Grundlage für die Bauausführung r.iht bieten
nnen.
H Diefe s{wierigen Umstände sind darin zu suchen, daß der Architekt bei dem wesentlichen Beifall, den sein Projekt sowohl in der Parlament3baujury als auch in den Kreisen der Arcitekten Und in den parlamentarischen Kreisen gefunden hat, sich gebunden fühlte, die wesentli{chsten Grundlagen seines ursprünglichen preis- gekrönten Planes nit zu verlassen, und daß er andererseits die Auf- gabe erhielt, unter Festhaltung dieser Grundzüge das von sehr erheb- licher Bedeutung begleitete Monitum der Höhenlage des Sitzungs- saals zu erledigen.
R Gs ift ja auch für den Laien klar, daß, wenn ein so bedeutender laum, wie ihn der Sißungsfaal in einem solhen Gebäude einnimmt, eine veränderte Lage erhalten soll, dadurch ein wesentlicher Einfluß auf die ganze Anordnung der inneren Räume geboten ist und daß dadur auch die Façade des Gebäudes beeinflußt werden muß. vek Meine Herren! Sie schen aus der Parallele des neuesten Pro- letts des Hrn. Wallot mit seinem früheren, daß das Hauptgeschoß, Q welchem der Sitzungssaal liegen soll, wesentlich tiefer gelegt wird, aß der Saal jeyt niht in das obere, sondern in das untere
Gescboß des Gebäudes zu liegen kommt und Sie ermessen dara daß in der That eine wefentlih innere und äußere Veränderung mit dem Gebäude hat vorgenommen werden müssen. :
__ Die Akademie des Bauwesens ist aber, indem sie sib verpflichtet gefühlt hat, es auszusprechen, daß dieses neueste Projekt eine genügende Grundlage für die Ausführung noch nit gäbe, kei 1c&wegs der Meinung gewesen, daß nicht doch unter Festhaltung der wesent- listen Grundzüge eine Lösung der Aufgabe mögli sei. Sie hat mit dem Sblußsaß des von mir verlesenen Protokolls cs aussprechen wollen, daß dem Architektea, dem Künstler, cm besten freigelassen wird, die Anforderungen, die neuerdings an ihn gestellt worden sind, nun auch in Einklang zu bringen mit den Forderungen der Aesthetik und der Swönheit, die man berechtigt ist, an ein solbes Gebäude zu stellen. Die Akademic des Bauwesens i der Meinung, daß der Architekt Wallot sehr wohl qualifizirt ist, diese Aufgabe zu lösen, und, meine Herren, wenn ih Sie erinnern darf an den bereits in der Ihnen zugegangenen Denkschrift dargelegtea Verlauf der Verhandlungen über die Konkurrenzprojekte, so will ich darauf hinweisen, daß es in der That ein ungewöhnlicher Borgang ift, daß für cin Projekt, wie das vorliegende, von 21 Mit- gliedern der beurtheilenden Jury si 19 sofort dahin erklärt haben, dieses Projekt sei ein des ersten Preises würdiges; es ift bei keinem andern Projekt die Beurtheilung der Jury ohne eine engere Stimm- abgabe erfolgt, nur für das Wollotsche P-ojekt erklärten sich sofcrt 19 Mitglieder.
Nun, meine Herren, ich habe, der Anregung des Hrn. von Ben- nigsen folgend, heute r1orgen das neueste Projekt einer Beratzung in der Parlamentébaukommission unterzogen. Auch dort sind die Erinnerungen , welhe die Akademie des Bau- wesens in das Pro:okoll niedergelegt hat, gewürdigt roorden, und das Resultat unserer Berathungen war das, daß ich er- mäctigt bin, zu erklären, daß die Parlamentsbaukoramission einstimmung ver Ueberzeugung ift, daß das Wallotsche Pro:ekt eine auêreihende Grundlage für die Herstellung eines Parklamentsbaues gewährt, daß sie es für möglich bält, daß die Bedenken, welche gegen das Projekt aufgestellt worden sind und vorzugsweise das Haupt- bedenken gegen die Höhenlage des Sitzungssaales, unter Festhaltung der allgemeinen Grundsätze dicscs Projektes erledigt werden Éönnen, und daß daneben auch allen Anforderungen, die man an cine gute und zweckmäßige Einrichtung des Gebäudes im Innern, an eine zweck- entsprechende Raumvertheilung und an eine volständige Becüclsich- tigung aller beim Parlamentebau in Betracht kommenden Bedürf- nisse stellen darf, geaügt werden kann.
Ich habe Ihnen deshalb Namens der Parlomentsbaukommission zu empfeblen, daß Sie nicht allein die Etatsposition kewilligen, son- dern daß Sie sihch auch einverstanden erklären damit, daß das Wallotsche Projekt der Bauausführung zu Grurde gelegt roerde, und ih darf daran erinnern, daß auch der Bundesrath ch im All- gemeinen mit diesem Projekt einverstanden erklärt hat und daß er nur an die Ausführung diescs Projektes die Erwartung geknüpft hat, daß es gelingen werde, den Sikungssaal niedriger zu legen.
Ich cmpfehle Ihnen also die Annahme des Nachtragsetats, um den es sich hier handelt.
Der Abg. Dr. Schwarzenberg hoffte, daß es gelingen werde, die Bedenken d:x Akademie zu beseitigen, und empsahl des- halb, das Wallotsche Brojekt zu Grunde zu legen. Als Uebel-
stände bei dem neuen Projekt müsse er vor Allem die unzu- |
reichende Größe des Sißungssoales, und die fast ungenügende Berücktsicßtigung der Akustik bezeihnen. Der Saal sei nur für 400 Mitglieder berechnct, während doch politische Ereig- nisse eine Vermehrung der Mitglieder herbeiführen könnten.
Der Abg. Pr. Reicheniperger (Crefeld) bedaueite, daß nicht der Plat hintèr dem Herrenhause, bezw. der Alsenplatz für das Reichstazshaus in Aussicht genommen worden sei. Hätte man ih insbesondere von Anfang an für den Plaß hinter dein Herrenhause entschieden, so würde man jeßt be- reits im neuen Gebäude tager. Jeßt aber seien allein für Erwerbung und Apsolanirung der Baustelle bereits «n ses Peillionen Mark verausgabt worden; dabei müsse man Ge- bäude wegreißen, welch2 noch recht lebensfähig gewesen seien, x. B, das Raczynski' sche Palais, Ec (Redner) habe keine Lust gehabt, der Parlamentsbaukommission anzugehören, weil er von vorn herein gewußt habe, daß das Re- sultat der Komm:issionsberathungen seinen ästhetischen Anschauungen niht entsprehen würde. Dem über Wallot geföllten günstigen Urtheil widerspreche er nicht; j-den- falls sei erx ein überaus begabter und talentvoller Architekt, habe auch von den Konkurrenzentwürfen wohl so ziemlich den besten acliefert. Wenn sein Plan bedeutende Mängel habe, so sci das wohl nicht feine Schuld, sondern komme auf 9iech- nung zwingender thatsächlicher Berhältnisse, Auh wenn Wallot z. B, ein ganz entschiedener Anhänger des der Yenaissance entgezenstehenden gothishen Stils wäre, ein gothishes Projekt hätte derselbe doh nicht vorzulegen wagen bürfen, da er da- mit bei den jezt in den maßgebenden Kreisen herrschenden Anschauungen niht dur@gedrungen sein würde. Gleichwohl sei die Nenaissance kein deutsch-nationalecr Baustil, sie sei in Jtalien ent- standen unter dem Einfluß der Hofgunst und des Fürstlichen Rbsolutismus. Andererseits sei der gothishe niht, wie man vielfa behaupte, ein französischer, sondern vielmehr ein çer- manischer Baustil. Wenn behauptet werde, dieser Stil eigne sich niht für ein monumentales Parlamentsgebäude, so brauche man nur na England zu sehen, wo man zahlreihe Muster derartiger gothisher Gebäude finden könne. Obwohl man nun aber die Renaissance für das Parlamentshaus gewählt habe, habe er (Nedner) die besien Wünsche, daß Alles so gut wie wöglih endigen möge. Er bitte nun nur noh, man möchte dem Baumeister Wallot, nachdem man ihm einmal Vertrauen geschenkt habe, das Leben niht so sauer machen. Man möge Hrn. Wallot lieber von vornherein eine feste cFn- n geben, wie dersclve in allen Hauptsachen verfah- ren jolle.
Der Abg. Gerwig vertrat gegenüber dem Vorredner den Nenaifsancestil als diejenige Baurichtung, welche jeßt die herrschende, natürliche und allgemeine sei. Außerdem habe man an dem Projekt des Hrn. Wallot eine durchaus hervorragende Leistung. Er könne die Vorlage nur befürworten.
Der Abg. Nittinghausen verlangte, daß bei dem großen Sigzungssaal im neuen Reichstagshaus Rüdsicht genominen werde auf die eigentlih jeßt hon nothwendige, über kurz oder lang aber sicher bevorstehende Abänderung des Walhl- geseßes, wonach eine der wachsenden Bevölkerung entsprechende Vermehrung der Wahlkreise, und somit der Abgeordneten ein- treten werde. Es müßten jedenfalls weit über 409 Siße in dem neuen Saale eingerichtet werden.
Der Abg. Dr, Bamberger glaubte, man könne au vom {
deutshen Reichstagsbax sagen: „habet sua fata“, Darüber seien wohl alle Parteien einig, daß der Wallotsche Plan, so lange derselbe von der Zohen Lage des Sißungssaales aus- gegangen sei, cin monumentaler Fehler gewesen sei, der das Haus gehindert habe, die Fonds zu feiner Ausführung zu bewilligen. Nachdem nun fesistehe, daß dieses Hinderniß be- seitigt werden könne, könne das Haus die Sache in die Hand der Kommisfion legen. Der Reichstagsbau habe von Anfang an mit widrigen Schicksalen zu kämpfen ge- habt, die ganze Absicht habe sich nicht der Gunst von Oben erfreut. Es habe etwas Komisches, daß aus den Kriegsgeldern das Retablissement des Heeres, die Herstellung von Festungen, der Marine u. f. w. mit Eifer betrieben sei, daß man aber die Herstellung des Neichstags- gebäudes, gewissermaßen den Ausbau der inneren Repräfen- tation der deutshen Nation, sehr kühl behandelt habe. Dazu sei allerdings die zu hohe Aspiration gekommen, mit welcher nah einem passenden Terrain gesucht sei. Er gebe dem Abg. Reichensperger zu, daß der ursprünglih in Aussicht ge- nommene Plaß besser gewesen wäre. Aber man habe den Nordwesten Berlins kolonisiren und den Königsplaß gewaltsam bevölkern wollen. Die Façade, über die so viel ge- stritten werde, könne nah seiner Ansicht auf diesem Platz nit befriedigend ausfalien, alle Versuche würden scheitern an der unverhältnißmäßigen Größe desselben. Der Reichstag sei zwar nicht ganz ins Freie, aber doch an die Veripherie gekommen, und kehre der Stadt den Rücken. Mit zwei Be- denken der Bauakademie gegen den Wallotschen Plan fei er einverstanden, Die Akademie finde die Einfahrt niht würdig genug. Das sei aber nur eine untergeordnete Frage; das Reichstagsgebäude sei im Wesentlichen der Sißungssaal. Die Akademie frage nun: müsse über diesem Saal un- bedingt eine Kuppel fein, selbst auf die Gefahr hin, daß dieselbe die Beleuchtung beeinträhtige? Auch er sehe die Nothwendigkeit einer Kuppel niht ein. Jn Bezug auf die Größe des Sißungssaales halte er die im Projekt gewählte jür ausreihend und glaube, daß 409 Abge- ordnete ausreihend seien, um über die Schifsale des Deutsche Reiches zu entscheiden. Er möchte lieber, wenn er unsicher wäre, ob bei 500 Abgeordneten die Neden noch verständlih jein würden, auf 120 000 Wähler cinen Abgeordneten ent- fallen lassen, als wie jeßt auf 100 000, und fo die Abge- ordneten auf eine niedrigere Zahl beschränken. Shließlih möchte er noch bitten, die Tribünen für das Publikum und die Journalisten niedriger zu legen. Er habe selbst als Journalist auf der Tribüne des Frankfurter Parlaments gesessen, und habe dort trübe Ecfahrungen mit der Afustik ge- macht. Neben möglichster Publizität der Reden im Reichstage, habe man in erster Linie für die Publizität im ganzen Reich zu sorgen. Deshalb möchte er die Journalisten näher ge= bracht sehen. Vor Allem bitte er aver um Beschleunigung der ganzen Angelegenheit ; „Der Worte seien genug gewechselt, nun lasse man endlich Thaten sehen !“
Die erste Berathung wurde geschlossen.
_— Zur zweiten Berathung lag von den Abgg. Graf von Kleist-Schmenzin, Frhr. von Heereman und Gen. folgender Antrag vor:
„Den Herrn Reicbskanzler zu ersuchen, unter Mitwirkung der Parlaments - Baukommission den Bau des neuen Parlaments= aebâudes bei möglibster Festbaltung der Grundzüge des von dem Architekten Wallot entworfenen Planes zur Ausführung zu bringen und sih damit einverstanden zu erklären, daß auf cine Tieferlegung des Sißungssaales Bedacht genommen werde.“
Der Aba. Gerwig vertheidigte diesen Antrag, der ein Mittel abgebe, die Neichstags:Bauangelegenheit bald in wünschzens- werther Weise zu erledigen.
Wi P nahm der Staatsminister von Boetticher das ort :
Meine Herren! Obwohl ich über die Stellung der verbündeten Regierungen und des Herrn Reichskanzlers zu dem vorliegenden An- trage cine bestimmte Aeußerung nicht abgeben kann, da der Antrag soeben erst in meine Hände gelangt ist, so halie ih mi doch zu der Grllürung berei! dai (W dee Menung M ex werde voraussichtlich sowohl bei de:n Herrn Reichskanzler wie bei den verbündeten Regierunger cine zustimmende Aufnahme finden. Ich halte mich umsomehr zu dieser Auffassung berechtigt, als fich der An- {rag ganz in der Richtung des von dem Bundesrath und dem Reichs- tag früher gefaßten Bejswblusses bewegt, welher die Parlaments- bautommifsioan zum Beirath des Herrn Reichskanzlers für den (Srunderwerb und für die Vorarbeiten der Bauausführung bestellt hat, und, meine Herren, obwohl der Parlamentsbaukommission mit ver Ertheilung dieses Mandats ja eine nicht unerheblich? Verantwort- lichkeit aufgebürdet wird, so glaube ih, zumat ih die Mehrzaßl der Mitglieder dieses Hauses, welche in der Parlamentsbaukommisstion fißen, als Antragsteüer veczeichnet sehe, für die Partamentsbaukoms- mission die Ecklärung abgeben zu können, deß: sie dieses Mandat mit Eifer und Gewissenhastigkeit ecfüllen wird, vaß insbesondere die Mit- glieder des Bundesraths, welche der Parlamentsbaukcmmisfion ane gehören, niht in ibrem Eifer hinter den Mitglicdern diescs hohen Hauses zurü@bleiben werden.
Die Position erste Baurate 1 059.000 .# zum Bau des Reichstagzgebäudes wurbe hierauf bewilligt, ebenso der Nachz tragsetat mit dem Antrage Graf von Kleist - Shmenzin an= genommen.
Es folgte die zweite Berathung des Neich3haushalts=- Etats pro 1884/85,
Zunächst stand der Spezial-Stat der Post- und Tele= graphen-Verwaltung zur Diskussion.
Die Butgetkommission hatte sämmtlihe Forderungen im Ordinario, die über den N Etat hinausgehen, ge- strihen, und außerdem sämnmitliche ersten Raten für Neubauten, mit Ausnahne des Postgebäudes in Breslau, im Extraordinario abgeseßt.
Bei den Einnahmen, welche auf 159 943 009 f veran= schlagt werden, stand fol-zender Antrag des Abg. Dr. Lingens mit zur Debatte:
d „Den Herrn Nei.(skanzler zu ersuchen, darauf Bedacitt zu
nchmen
A. daß an So‘(n- und Festtagen nur Briefe, Postkarten und mittelst Postdebits zu beziehende Zeitungen anzunehmen, zu beförs vern, autzugeben, und zu bestellen,
dagegen Vöaarenyroben, Drucksache«, Packcte, Geld- und Werth4 . fendungen — insofern solche riht als durch Eilboten zu bestellende aufgegeben werden — vom Dienste auszuschließes seien ;