1883 / 141 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 19 Jun 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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weit solhe den Zustand des Hülflosen niht gefährden, seine Obhut durzuführen.

Der Königlich bayerishe Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hofe, Graf von Lerch?enfeld-Köfering, hat Berlin mit kurzem Urlaub verlassen. Während seiner Ab- wesenheit fungirt der Legations-Sekretär Freiherr von Pode- wils als interimistisher Geschäftsträger.

Se. Duré{laucht der Prinz Friedrich von Hohenzollern, Oberst und Commandeur des 2. Garde- Dragoner-Regiments, hat sih bis Anfangs Juli cr. mit Ur- laub nah Dresden und Regensburg begeben.

Kiel, 18. Juni. (W. T. B.) Das Panzergeshwa der ist heute Nachmittag hier eingetroffen und wird bis zum 24. d. M. hier verweilen.

Württemberg. Stuttgart, 18. Juni. Wie der „Staats-Anzeiger“ bekannt macht, hat der König vermöge Entschließung vom 12. d. M. die Aufhebung des württem- bergishen Konsulatspostens in Cöln verfügt und unter dem 15. d. M. den Departementschef der Justiz, Dr. von Faber, zum wirklihen Staats-Minister der Justiz ernannt. Mit Note des Staats-Ministeriums vom 16. Juni is dem ständishen Ausshuß der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Errichtung einer Postsparkasse, zur weiteren Behandlung zugegangen.

Friedrichshafen, 16. Juni. (St. A. f. W.) Der hiesige Aufenthalt i} entschieden von günstigem Einfluß auf das Befinden des Königs, und die Genesung hat in der leßten Zeit wieder, wenn auch langsame, doch deutliche Fort- schritte gemaht. Nur stellt sich bei den täglihen Spazier- gängen regelmäßig eine rashe Ermüdung ein, wie überhaupt das Gefühl von Mattigkeit und Nervosität immer noch nicht ganz gehoben ist.

MeckFlenburg. Schwerin, 18. Juni, (Me@lenb. Auz.) Der Großherzog von Medcklenburg-Streliß is am 16. d. M. früh von Neustreliy nach England abgereist.

Sachsen - Coburg - Gotha. Gotha, 19. Juni. (W. T. B.) Der Landrath Frhr. von Ketelhodt in Deutschkrone ist zum Chef des Ministeriums des Fn- nern ernannt worden.

Lübeck, 16. uni. (Wes. Ztg.) Bei der heutigen ersten Bürgerschaftswahl (Fohannisquartier) siegten die auf der Liste des vatersiädtishen Vereins befiadlihen neun Kandidaten gegen die von der Fortschrittspartei aufgestellten Vertreter mit mehr als doppelter Majorität, ca. 530 gegen 250 Stimmen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 17. Juni. (Presse), Der Kaiser begiebt sich am Montag Abend zu einem achttägigen Aufenthalt nah Fs{l, wo am 19. d, die Kaiserin und die Erz- herzogin Marie Valerie aus Feldafing eintreffen. Am 26. trifst der Monarch wieder in Wien ein und begiebt sich in das Brucker Lager. Am 28, findet zu Ehren dex Anwesenheit der Königin Maria Christine von Spa nien im Lustschlosse zu Schön- brunn ein Galadiner statt.

Schweiz. Bern, 18. Juni. (W. T. B.) Die Session der shweizerishen Bundesversammlung ist heute eröffnet worden. Zum Präsidenten des Nationalraths wurde Kaiser {radifal) und zum Präsidenten des Ständeraths Hauser (radi- Tal) gewählt.

Großbritannien und ÎFrland. Loudon, 18. Funi. (W. T. B.) Das Unterhaus verwarf mit 151 gegen 117 Stimmen den Antrag Northcote's: zu erklären, daß die bei der Jubiläunsfeier in Birmingham von Bright gethanen Aeußerungen eine Verleßung der Privilegien des Parlaments seien.

Dem „Reutershen Bureau“ wird aus Durban, von heute, gemeldet, daß eine beträchtlihe Anzahl Basutss einen Einfall in das Transvaalgebiet gemacht haben,

Frankreich. Paris, 16. Juni. (Fr. Corr.) Die Mehrheit des Ministerraths hat sih gegen die Nieder- reißung der inneren Festungsmauer von Paris ausge- sprochen.

Der Marine-Minister hat den Bericht des Contre- Admirals Pierre über das neulihe Bombardement von Majunga (Nordwesiküste von Madagascar) und über die näheren Details dieser militärischen Operation erhalten. Danach erschien der Admiral Pierre am 15. Mai mit seiner Escadre von fünf Schiffen vor Majunga, einem durch drei Forts mit dreißig Kanonen und mit einer Besaßung von 3000 Mann vertheidigten Playe, und forderte den Gouverneur zur Uebergabe desselben auf. Auf die Weigerung des Gouverneurs begann am anderen Tage mit Sonnen- ausgang das Bombardement aus allen Geschüßen der Schiffe, wodurch die Kanonen der Forts binnen wenigen Stunden zum Schweigen gebracht wurden, Das Bombardement - dauert fort gegen den von den Hovas bewohnten Stadttheil, der vollständig zerstört wurde und gegen Abend in Flammen aufging. Die französischen

aktoreien sowie die meisten anderen fremden Häuser unk

iederxlassungen blieben von deni Feuer verschont. Am 17. Mai cite der Admiral die Truppen aus, welche ih in den Forts, die von den in das Jnnere des Landes zurü- gehenden Hovas verlassen worden waren, festseßten. Das Kommando in der Stadt Moiunga wurde dem Fregatten- Kapitän Gaillard übertragen und die Douane von den ranzosen in Besiß genommen. Die französishen Kriegs- chiffe führten insgesammt 31 Kanonen und eine Besaßungs- mannschaft von 825 Mann. Uebrigens haben die Franzosen bei dieser Waffenthai nicht cinen einzigen Verwundeten zu be- klagen gehabt. :

18. Juni. (W. T. B.) Der hiesige Gesandte Chinas, Marquis Tseng, ist heute Vormittag hierher zurüdlgekehrt und hat seine Funktionen wieder übernommen. Iu politischen Kreisen werden die Nachrichten von einem bevor-

ehenden Abbruh der Beziehungen zwischen Frankreih und China nicht für ernsthaf: gehalten. Dem „Temps“ zufolge wird das aus 3500 Mann französisher Truppen und 10009 anna- mitishen Tirailleurs, ungerechnet die Landungskompagnien, bestehende Expeditionscorps für Tonkin in etwa 14 Tagen an seinem Bestimmungsort eintreffen.

Wie die „Liberté“ meldet, lassen die Unterhand- lungen zwischen Frankreich und England, betreffend die Aufhebung der Kapitulationen in Tunis, ein be- friedigendes Resultat erwarten. England verzichte felbst auf das Asylrecht in seinem Konsulat.

Heute wurde zu Ehren Canzio's, des Schwiegersohnes Garibaldi’'s, ein Banket veranstaltet, an welhem etwa 200 Personen Theil nahmen. Zahlreihe Toaste wurden aus- gebracht auf die Einigkeit Frankreihs und Jtaliens und auf die Verbrüderung der Völker. Der Munizipalrath von Paris wird am Mittwoch aus den Händen Canzio's den Degen von Latour d’Auvergne in offizieller Weise ent- gegennehmen.

Tunis, 19. Juni. (W. T. B.) Von Gafsa und Tebessa wurden Jnfanterie-, Kavallerie- und Artillerie- Abtheilungen gegen einen Marabut geschickt, welher im südwestlihen Tunesien den heiligen Krieg predigt und schon zahlreiche Anhänger gewonnen hat.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 15. Juni. Das vom Regierungs-Anzeiger veröffentlihte Cirkular des Ministers des Auswärtigen an die diplomatischen Ver- treter Rußlands im Auslande, datirt Moskau, 28, Mai 1883, lautet nah der „St. Pet. Ztg.“ folgendermaßen:

„Mit Seiner Kaiserlihen Gemahlin Moskau verlassend und nah St. Petersbura zurückkehrend, hält Se. Majestät der Kaiser es für nothwendig, Sie, wie aub die übrigen Vertreter zu beauftragen, die Gefühle der Erkenntlichkeit Sr. Majestät zu übermitteln für die freundschaftlibe Zuneigung, die sich in der Entsendung von außer- ordentlichen Botschaften und Missionen zum Tage der heiligen Krö- nung Seitens der ausländischen gekrönten und Staatshäupter be- thâtigt hat.

Die in diesem Falle unserem Kaiserpaare bezeugte Achtung ist vom russishen Volke symrathisch aufgenommen worden, das mit dem Allerdurchlaucbtigsten Kaiserhause durch die Banden der Treue und Alleinherrshaft unzertrennlich verbunden ift.

Die Gefühle Seines Volkes theilend, war der Kaiser Seiner- seits gerührt durch den Ausdruck und die Beweise der Freundschaft der ausländischen gekrönten und Staatshäupter, wie sie durch ihre Vertreter bekräftigt wurden, die in diesen denkwürdigen und festlichen Tagen sich beim Throne Ihrer Kaiserlichen Majestäten ve-sammelt hatten. In diesem Umstande geruhte Se. Majestät auch ein ver- heißungsvolles Pfand der Eintraht und des Friedens zu erblicken, deren Erhaltung vollkommen den friedfertigen Absichten Sr. Majestät entspricht. /

In Erfüllung des mir vom Kaiser gegebenen Befehls, fordere ih Sie auf, der Regierung, bei der Sie akkreditirt sind, die Gefühle der Erkenntlichkeit Sr. Majestät zu übermitteln. * M

Hiers.

Anierika. New-York, 14. Juni. (Allg. Corr.) Das Schatzamti erklärt, daß die Einnahmen sür das laufende Rechnungsjahr, Juni mit eingeschlossen, um zehn Millionen Dollars hinter dem Voranschlage zurückbleiben werden. Die mit Mai endigenden elf Vonate weisen bereits einen Ausfall von 7 173 940 Dollars auf.

Zeitungsöftiznmen.

Zu den in Aussict genommenen weiteren Eisenbahn- verstaatlihungen demerkt die „Nationalliberale Cor-

respondenz“:

Die jeßt veröffentlichten Anerbietungen kommen insofern über- raschend, als man nicht der Meinung gewesen, so unmittelbar und dicht vor einer neuen Verstaatlichungsaktion zu steßen Man muß bei dieser Gelegenheit anerkennen, daß weder auf finanzielle und wirtbschaftlihem noch auf politischem Gebiete die Besorgnisse der Staatsbahngegner sih als gerechtfertigt erwiesen haben, daz vielmehr der Segen einer einheitlichen Leitung und ciner lediglich de1 5ffentlihen Interessen dienenden Verwaltung sich täglih fühlbarer macht. Wenn wir erst eine längere Reihe von Jahren auf die Eisenbahnverstaatlihung zurückblicken können, wird sich nierinand mehc rühmen, ein Gegner dieser Reform gewesen zu sein, und keine Regie- rung oder Partei, die zuc Herrschaft kommen mag, was für politische und wirthschaftlihe Grundsäße sie fonst auch hat, wird, wenn das Siaatsbahrsystem cinmal durchgeführt ift, jemals wieder daran rüttcin wollen. S .

Das „Frankfurter Journal“ sagt dazu:

Wir begrüßen diese Fortsezung der Verstaatlihung cines so großen Eisenbahn-Kompleres aus doppelten Gründen freudig. Zu- nächst, weil wir hierin einen neuen Triumph jener Politik finden welche zu vertreien wir uns immer angelegen sein ließen, 1nd welcbe darin gipfelt, daß das bedeutsam|ste Institut des Staates, das Verc- fehrswesen, nur dann dem allgemeinen Besten diencn kann, wenn es ohne Rücksicht auf Privatinteressen und Interessenten verwaltet wird. Wenn Poft- und Telegraphenwesen —, diese beiden Verkehrszckoeige der Privatverwaltung abgenommen find zum Heile der-Gesamn.theit, so fann der dritte und gewiß nicht minder bedeutende Verkehr:zwcig, die Eisenbahn, nur gewinnen, wenn auch sie unter dem GBesichté- punkte des staatlichen, des allgemeinen Interesses verwaltet wird. Wir wollen durchaus nicht behaupten, ckaß uusere Privateiser.bahn- Verwaltungen es an redlichem Bemühen hätien fehlen lafsen, ihren Pflichten gerecht zu werden; sch{ließlich abec war denn doch die deste Verwaltung diejenige, welche die höchsten Dividenden erzielte, “ck. h. ciner kleinen Anzahl von Staatsbürgern den größtmöglicen Nutzen zuwandte Wic begrüßen aber auch den Abs{luß der Verstaatliczung um desrotilen freudig, weil wir dadurh jere wilde Spekulation in Eisenbahn-Fffecten bescitigt sehen, die zum großen Schaden vieler kleinen Kapitalisten und \chließlich zum Schaden der Börse sell.ft so lenge betrieben wurde.

Der Berliner Börsente!egraph“ schreibt:

Im Gegensaß zu allen folchen Aeußerungen der Presse, die eine ernste Bedeutung für sich in Anspruch nehmen, und im Gegensatz zu der Coursbewegung in den Aktien dec neu zu verstaatlihenden Bahnen, welche am ausdrücklichsten bewiesen hat, daß die Dfferten des Ministers Maybach meist nicht unerheblich über die bisher gehegten Erwartungen hinausgehen, wird von einzelnen Seiter. her hereits in der Tendenz agitirt, die Aktionäre der zu verstaatlicd-enden Bahnen für eine Ableh- nung der Offerten zu gewinnen. Diese Agitation wird nicht etwa blos betreffs der Offerten für die Rechte-Dderuferbahn und der Posen- Creuzburger Bahn betrieben, für die ja in der That nur mäßigere Preise geboten werden, sondern auch betreffs der Dfferte für die Oberschlesishe Bahn und sogar auch für die Berlin-Hamburger Bahn, obgleich die mit einem Schlage erfolgte Steigerung des Courfes der Berlin-Hamburger Aktien um richt weniger als 20 4 am besten bewiesen hat, daf der Eisenbahn-Minister in diesem Falle besonders trotz der Möglichkeit, dieser Bahn mit den staatlichen Linien eine scharfe Konkurrenz zu machen, den Gedonken an eine Benachtheiligung der Aktionäre bei vem Ankaufe ter Bahn von sich gewiesen hat. Die Erklärung für jene Agitation glauben wir denn auch in der That bei Weitem weniger in dem Interesse für die Aktionäre der Bahnen finden zu sollen, als in der Liebedienerei gegen die Spekulation. Dieser werden mit den Aktien der sechs neu zu ver- staatlichenden Bahnen eine Reihe der ihr belicbtesten Objekte ent- zogen, und im ersten Augerblicke namentli ist die Verlegen- heit groß, welchen anderen Objekten stich die Spekulation zuwenden solle, Als eine Art Palliativmittel, bis die Spekulation ihre Ent- scheidung getroffen, scheint nun die Agitation gegen die Offerten der Regierung herhalten zu follen, indem ja der Glaube, daß die eine oder die andere Bahn die Offerte der Regierung ablehnen würde, die Vermuthung involvirt, daß die einzelnen dieser Eisenbahnaktien vorläufig denn doch nah der Spekulation für ihre Zwecke erhalten bleiben Tönnten. Es sollte ja nun eigentlih überflüssig erscheinen, vor einer Ägitation

dieses Cbarakters erst zu warnen, indeß halten wir es nicht für aus-

geschlossen, daß sie mit solchem Eifer und solcher Ausdauer betrieben

werden wird, daß dadurch doch vielleibt ein gewisser Eindruck auf die öffentlide Meinung ausgeübt werden könnte. In dieser Erwägung glaubten wir denn doch die Motive der Agitation klarstellen und den Aktionären empfehlen zu sollen, sid in der objektiven Beurtheilung der ihnen von dem Eisenbahn-Minister, wenigstens in den meisten Siten, mit großer Liberalität gemahten Offerten niht irre maten zu lassen.

Unter der Ueberschrift: „Die Bevölkerung unserer Hauptstadt und der Schuß der nationalen Arb:it“ bringt das „Berliner Fremdenblatt“ einen Leitartikel, dem wir folgende Stellen entnehmen :

_. « « Gerade der große Einfluß, den die Reichshauptstadt au in wirtbschaftliher Hinsicht ausüben kann, veranlaßt uns zu einigen Be- merkungen über die noch immer große Vorliebe für Alles, „was weit her ist“, namentlich für französishe und englische Waaren. Mehr noch als der Deutshe aus der Provinz, muß fsich jeder Ausländer, der Berlin besucht, darüber wundern, daß so mancher Laden eine Niederlage auslän- disher Produzenten is und der „Agent des Auslandes* fofort die Versicherung abgiebt: „Es ift engliswer Stoff“ oder „eht Pariser Fabrikat“. Zu unseren Wohnungen liefert Brüssel den Teppich, die Schweiz die Gardinen. Die Männer in der deutshen Reicbshaupt- stadt lassen si vom Hemd bis zum Mantel Alles aus englischen Stoffen, nach dem neuesten Pariser Schnitt, liefern. Die Frauen beziehen womöglich Alles direkt aus der französischen Hauptstadt, troßdem die Crefelder Seiden- und Sammetindustrie sogar für Lyon arbeitet. Die Crefelder Waare muß erst in Paris gewesen sein, um vielen deutschen Ladenbesitzern als verkäuflich zu erscheinen. Der deutsche Ladenbesitzer korrumpirt den deutschen Käufer und diefer wieder den Ladenbesitzer durch Nachfrage nach Fremdem und gebührliwer Anpreisung desselben. Die Auslandstollheit ver- leitet sogar den deutschen Produzenten, zu falschen Marken feine Zuflucht zu nehmen. Um Solinger Stahlwaaren in Deutschland einzubürgern, müssen sie zuvor nach England gehen und, mit einem englischen Abzeichen versehen, zurückkommen .. . Viele Wirthe und Ladenbesitzer lteben es, das deutsche Fabrikat gewissermassen als ab- \chreckendes Beispiel zu führen. Sie kaufen das Billigste in Deutsch- land und das Theuerste im Ausland, um dem geshätßten Publikum sagen zu können: seht, deutscher Schund! Es giebt genug Geschäfte in Berlin, die nur auétländische Waare führen dürfen und ihrem „Hause“ Strafe zahlen müssen, wenn sie mit deutscher Waare handeln.

In England und Frankrei wären solche Zustände niht möglich. Die Franzosen sind niht nur durch hohe Schußzzölle, sondern mehr noch& durch ihren Patriotismus davor geshüßt. Als vor einigen Jahren in England die Wahrnehmung geinabt wurde, daß der Äb- saß pariser Modewaarergeschäfte nach England einen größen Um- fano angenommen hatte, bildete sih ein großer Verein unter dem Vorsitß der Herzogin von Hamilton, um dem entgegen zu arbeiten. In Deutschland warten wir vergeblich auf solche Volksregungen und Organisationen. Bei uns, wo die Vorliebe für das Fremde so groß ift, daß die Folgen am Marke des Volkes nagen, erwartet man Alles von der Regierung und den Schußzöllen, obwohl lettere so niedrig sind, daß einsihtsvolle Eeschäftsleute sie als kleine Finanzzölle und nicht als Schutzzölle bezeihnen, Wir hörten diese Ansiht noch kürzlich in einer konservativen Volksversammlung in der Köpenierstraße laut werden und durch Vergleiche der deutschen mit den französischen Sczutzzöllen beweisen. Es liegt hier eine Gefahr für die neue Wirtkb- \chaftspolitif vor, die ja Vieles gebessert hat, aber ohne leben- digere Theilnahme des Volkes um so weniger alle Schäden des deutschen Erwerbslebens heilen kann, als die Bevölke- rung jährlich um 609000 Esser wächst.

Wohin soll das führen ©

Wir vernachlässigen die Landwirthschafl im Reichstag wie in der Prcsse in unverantwortliher Weise. Mit einer sträflichen Schaden- freude beweisen die Freihändler, daß sich Deutschland nicht mehr dur eigenes Korn ernähren kann, sondern Millionen jährlich für amerika- nisches, russishes und ungarishes Getreide verausgabt. Wäre es nicht Pflicht, forgen zu helfen, daß unsere Landwirthschaft immer mehr produziren kann?! In Amerika, das Europa durch riesige Einfuhren bedroht, wächst auch nicht Alles von selbst. Dort ift der Bauer ge\chüßt vor der Exekution und Subhastation. Die Regierung hilft ihm auf jede Art bei der Steigerung und Ver- edelung der Produktion, Sie liefert seltenes Saatkorn umsonst, befördert die Fischzucht, wie den Obstbau und die Blumenzucht durch direkte Unterstützung foroohl, als auch Prämiirung der fleißigsten Landwirthe. Und alles das in einem Lande mit jungfsräulichern Boden! Bei uns is der Bauer mit Abgaben überbürdet und fommt troß aller Arbeit immer weiter zurück. Natürlich mit ihm der Boden und der ganze Wohlstand des Volkes. Da die innere Kolonifation in Deutschland fast ganz stockt, so kann die Auswanderung und zunehmende Tributpflichtigkeit Deutschlands gar nit überrashen. Blumen, Obst und Gemüse liefern uns Frankreich und Italien mit jedem Jahre mehr. Die italienishea Eier verkauft fogar der deutsche Bauer Handel treibend, als frische deutsche Eier. “lmcrika liefert uns die Aepfel, die wir uns an Eisenbahndämmen und Chausseen selts ziehen könnten. Wer in vielen Berliner Ge- schäften getrocknete Pflaumen verlangt, hat die Wahl zwischen fran- ¿fischen und serbishen. Ueberall „Fremdherrschaft.“

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund- heitsamts sind in der 23. Iahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurch\chnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 33,7, in Breslau 38,6, in Königsberg 28,3, in Cöln 38,8, in Frankfurt a. M. 26,2, in Hannover 26,3, in Cassel 34,9, in Magdeburg 31,9, in Stettin 23,8, in Altona 25,5, in Straßburg 27,3, in Mey 18,6, in München 37,3, in Nürnberg 36,8, in Augsburg 27,8, in Dres- den 25,8. in Leipzig 315, in Stuttgart 26,3, in Braunschweig 13,0, in Karlsruhe 34,0, in Hamburg 27,3, in Lübeck —, in Wien 32,1, in Budapest 31,8. in Prag 44,6, in Triest 25,9, in Krakau 31,8, in Basel 19,1, in Brüssel 25,0, in Paris 27,4, in Amsterdam 27,2, in London 18,5, in Glasgow 33,9, in Liverpool 25,5, in Dublin 28,3, in Edinburg 17,9, in Kopenhagen 20,6, in Stockholm 22,1, in Chri- stiania 28,0, in St. Petersburg 33,5, in Warschau 35,1, in Odessa 35,2, in Rom —, in Turin 22,1, in Bukarest 24,4, in Madrid 48,3, in Alexandrien (Egypten) 33,4. In der Zeit vom 13, bis 19, Mai cr.: in New-York 31,4, in Philadelphia 21,1, in So 20,5, in St. Louis —, in Cincinnati 19,6, in San Franzisko 18,6, in Kalkutta 38,4, in Bombay 28,5, in Madras 34,1.

Beim Beginn und in den ersten Tagen der Berichtswoche herrschten an den meisten deutshen Beobachtungsorten zwischen Nord und Oft laufende, in Cöln südöstlihe, in Bremen nördliche, na Nordwest umgehende Luftströmungen, die aber nur in Bremen bis an das Ende der Woche aus Nordwest kommend vorwiegend blieben. Um die Mitte der Woche ging der Wind in München, Koniß und Cöln nah West und Nordwest, in Breslau, Karlsruhe und Heiligen- stadt nah Nord und wechselte in den leßten Tagen der Woche mit südöstlichen, in Breslau, München und Karlsruhe mit westlichen und südwestlichen Winden. Gegen das Ende der Woche hin ging der Wind in Cöln und Heiligenstadt nah Nordwest. Die Temperatur der Luft war an allen Stationen eine hohe und überstieg meist die normale (in Cöln am 4. Juni 31,0 9 Celf.). Niederschläge erfolgten in den ost- und mitteldeutshen Stationen nur spärlih, an den west- und süddeutschen reichlicher, meist nah Entladungen von Gewittern. Der beim Wocbenbeginn hohe Druck der Luft sank unter mäßigen Schwankungen, stieg vom 7. an langsam, erreichte aber am Schluß der Woche seinen früheren Standpunkt nit ganz.

Die Sterblichkeit hat in den meisten Großstiädten Europas, be- soaders in den deutscen, zugenommen. Die anhaltend hohe Temperatur in der Berichtswocbe äußerte, wie stets im Sommer, einen nachtheiligen Einfluß auf das Vorkommen von Darmkatarrhen und Brechdurchfällen der Kinder, und in Folge dessen auf die Sterb-

lichfeit des Säuglingsalters aus, so daß dieselbe erheblich gesteigert war. In deutschen Städten starben von 10000 Lebenden (aufs Jahr berechnet) 105 Säuglinge, gegen 93 der Vorwoche, in Berlin 137, in München 141). Die allgemeine Sterblichkeitsverhältenißzahl für die deutshen Städte stieg auf 28,3 von 26,8 der Vorwoche (pro Mille und Jahr berechnet.)

Unter den Todesursachen zeigte das Vorkommen der Infektions- frankfheiten meist keine wesentlihe Veränderung. Sterbefälle an Feucbhusten und Typhus, sowie an akuten entzündlihen Prozessen der Athmungsorgane haben ab-, an Darmkatarrhen zugenommen, do erreihte die Gesammtzabl der an leßteren gemeldeten Gestorbe- nen, besonders in Berlin, München, Breslau, Königsberg, Straß- burg u. a. O. bei Weitem nicht die Höbe der in der entsprebenden Woche des Vorjahres daran Gestorbenen. Auch in Prag, Paris, St. Petersburg, Warschau nahm die Zahl der Todesfälle an Darm- fatarrhen zu. Masern herrschen in Berlin, München, Madrid in großer Ausdehnung ; _in Berlin erreichte die Zahl der Todesfälle die gee von 73, in München von 12, in Madrid von 60. Jn Zwickau, Altenburg, Hannover, Prag, London, Glasgow, Liverpool waren Masern gleichfalls schr verbreitet. Das Scharlachfieber führte in

amburg, Königshütte, Remscheid, Berlin mehr Todesfälle herbei. Prttheoie und Croup zeigte în Königsberg, München, Hamburg, Wien, Paris eine Ab-, in Berlin, Lübeck, Dresden, Hannover, Essen eine Zunahme der Sterbefälle. Der Keuchhusten wurde allgemein seltener Todesveranlassung. Auch typhöse Fieber traten meist in be- {ränkter Zahl auf, gestcigert war die Zahl der Opfer in Posen, Prag, Paris und Alexandrien. Desgleichen zeigte fich Flecktyphus seltener; aus deutschen Städten kam nur 1 Todesfall (aus Königs- berg) zur Meldung. Auch in Warschau, Granada, Odefsa, Madrid. Valencia, Malaga, Budapest und ©St. Petersburg waren Fleck- typhen mehr vereinzelt. Dem Kindbettfieber erlagen in deutschen Städten 23 Frauen. Sterbefälle an Pocken kamen aus deutschen Städten 6 zur Anzeige, davon eztfielen auf Heilbronn 2, auf Danzig, Bromberg, Brandenburg und Frankfurt a. M. je 1. Erkrankungen wurden nur wenige aus den Regierungsbezirken Aachen, Trier und Wiesbaden und 1 aus Berlin gemeldet. In Wien, London, Liver- pool, Amsterdam, Warschau, St. Petersburg, Madrid, Lissabon und Alexandrien zeigten sib die Pocken gleichfalls in beschränkter Zahl, in größerer dagegen in Prag, Brüssel, Rotterdam, Paris. In Kal- futta und Bombay raffte die Cholera Ende April resp. Mitte Mai viel Menschen hinweg. i

Kunst, Wiffenschaft und Literatur.

Von dem bekannten Werke, „Die Staaten Europas, ver- gleihende Statistik“, von Dr. Hugo Franz Brachelli, K. K. Hof- rath und o. s. Professor, Vorstand des statistishen Departements im K, K, ôsterreichishen Handels - Ministerium, erscheint eine vierte, neu bearbeitete und bis auf die jüngste Zeit durchgeführte Aufloge (Brünn, Verlag von Buschak und Irrgang). Man kann es dem Verfasser nur Dank wissen, daß er feinem treffliden Werke, welches sich eben- \osehr durch Zuverlässigkeit, wie durch Uebersichtlichkeit, Vollständig- keit und Kürze auszeicnet, durch Fortführung bis auf die neueste Zeit ven Werth für die Praxis erhält. Es gicbt in der That kein zweites Werk der vergleichenden Statistik, welches über die wirthschaftlichen und sozialen Verhältnisse Europas so ras{ch und so genügerd Auf- {luß giebt wie das vorliegende. Die berei1s erschienene erste Liefe- rung bchandelt das Territorium und die Bevölkerung (Flächeninhalt, Volksmenge und Volksdichtigkeit, Geschlehtsverschiedenheit, Nationa- litäten, Religionsbekenntnisse, Wohnorte, Bewegung der Bevölkerung) sowie die Urproduktion (Agrarversassung, landwirthschaftliches Vereins- wesen, produktive und unproduktive Flächen, Ackerbau). Das Werk wird mit 5—6 Lieferungen zu je 5—6 Bogen vollständig sein; der Preis stellt fih auf 2 A. für die Lieferung.

Die Nr. 2 der diesjährigen „Mittheilungen“ aus dem Ver- lage, vem Sortiment und Antiquariat von F. A. Brockhaus in Leivzig verzeichne: u. A.: die 13., vollständig umgearbeitete und mit Abbildungen und Karten ausgestattete Auflage von Brockhaus? Kon- versations-Lerikon, von der jeßt Bd. 5, Bog. 1—40 (Deidesheim— Dunciad), mit 6 Karten und 7 Tafeln vorliegt ; ferner Feßlers Ge- \chichte on Ungarn in 2. Aufl. ; die wissenschaftlichen Ergebnisse der Vega-Expedition, ein wissenschaftlibes Supplement zu Nordenskjölds Reisewerte; den Neuen Pitaval; Perrot und Chipicz, Geschichte der Kunst im Alterthum ; v. RNönne’s Staatsrecht der preuß. Monarchie in 4. Aufl. 12. und 13. Lief. (Schluß des 3. Bdes.); Shakcspeare- Galerie. Außerdem finden sich in den „Mittheilungen“ verscbie- dene Kommissionsartikel und sch{ließlich mehrere ausführliche Be- sprehungen. y

Der Antiquarische Anzeiger Nr.40 von Lehmann & L183 (Wilh. Erras) Buch- and Antiguariatshandlung in Frank- furt a, M., der vor Kurzem erschienen, enthält unter der Üeber- {rist „Varia“ ein alphabetisb geordnetes Verzeichniß von 762 Sristen (1190—1952), die den verschiedensten wissen- schaftlichen Fächern angehören den Naturwissenschafteu (Bota- nik, Mineralogie, Zoologie), der Astronomie, der Medizin, der Literatur, der Geschichte, der Geographie und Statistik, der Theologie, der Philosophie, der Philologie, der Volkswirthschaft, dem Gewerbe und Handel, der Landwirthschaft, dem Eisenbahnwesen, dem Finanz- wesen, der Rechtswissenschaft, dem Militärwesen, der Heraldik, der Numismatik u. | w. Dieselben datiren fast sämmtlich aus den leßten 59 Jahren, sind des verschiedenartigsten Inhalts und betreffen die meisten Länder Europas fowie Amerika. Unter ihnen befinden ih viele interessante und werthvolle Werke.

Gewerbe und Handel.

Berliner Wollmarkt, 18. Juni, Abends. Entgegen der Voraué sicht. war das Nachmittag8geshäft auf den Stadtlägern eng begrenzt. Die Käufer beobachteten streng abwartende Haltung und legten ihren Geboien leßtjährige Wollmarktspreise zu Grunde, die Eigner zu acceptiren sih weigerten, Viele fonst auf den Lügern thätig gewesene Fabrikanten fehlten dieses Mal und folgert man, daß dieselben entweder ihren vorläufigen Bedarf durch direkte Abschlüsse bei den Produzenten gedeckt oder erst morgen cintreffen werden, um im eigentlihen Wollmarkt sih zu orientiren. Auch die hier bereits anwesenden Wollreflektanten zeigen die ausgesprochene Neigung, den Stadtlägern ersi dann näher zu treten, wenn ihre Meinung, am Wollmarkt billiger zu kaufen, als fie augenblicklich auf den Stadt- lâgern anfommen können, fih nicht verwirklichen läßt. Daß die mäßigen Abschlüsse sehr geheim gehalten werden, ist kein gutes Zeichen. Die vereinzelt für Qualitäten in Primasorte ge- zahlten Preise fixirten sih auf Anfangs der 60er Thaler, auf einen Stand, der stramm leßttjährige Wolmarktspreise repräsentirt. Wie in den Vorjahren, fo reflektiren auch dieses Mal in erster Linie ¿cabrikanien auf die ihnen bekannten Stämme besserer Be- handlung und is von folben Einiges zu Notirungen begeben worden , die, soweit bcste Sachen Betracht kommen, eine Kleinigkeit über vorjähriges Niveau gingen. Pommersche und mär- kishe Wollen, also leichte, gute Stoffwollen, erzielten von etwas A E etwas über 60 Thlr. Für Landwollen bestand wenig Interesse.

19, Juni, Mittags. Wenngleich bei Eröffnung des Wollmarktes ¿ahlreiche Käufer auf demselben anwesend waren, so gingen doch die Forde- rungen und Gebote zu sehr auseinander, um eine schnelle Einigung der Parteien zu ermöglihen. Von dem überaus {hleppendem Geschäfts- gange legt die Thatsache Zeugniß ab, daß bis 8 Uhr erst ca. 600, bis 9 Uhr 1300, bis 10 Uhr 2400 Ctr. verkauft waren. Dann ge- wann der Verkehr einen mäßigen Aufschwung, so daß bis 11 Uhr gegen 4000 Ctr. ihren Besißer gewechselt hatten. Am leichtesien ver- kauften si beste Dominialwollen, wenn deren Besißer niht zu hohe Forderungen stellten. So war einer der ersten Posten, die Nehmer fanden, die als hochfcin bekannten Wollen des Dominiums Ribbeck (v. Ribbeck) Priegnitz, für welche ebensoviel wie im Vor- jahre, 66 Thlr., angelegt wurden. Einen gleicben Preis erzielte Schöneiche bei Grkner (v. Knobelsdorf). Amt Badingen bei Neu- Ruppin (Fischer) brachte 64 gegen 62 Thlr., Warsin (von Gnkevart) Neunark 61 gegen 61, Buchholz in Mecklenburg 57 gegen 56 Thlr. in 1882, Im Allgemeinen erzielten Produzentenwollen vorjährige Preise, während die im Besitz von Händlern befindlichen Posten meist 3 bis 6,

vereinzelt sogar 8 Æ, unter leiztjährigen Stand gingen. Das im Laufe des Marktes eingetretene Regenwetter diente dazu, die Eigner etwas verkaufsaenecigter zu machen, doch blieb der Absatz bis zum Schluß unseres Berichtes überaus \{werfällig. Das gesammte, auf Stadt- läger und im Wollmarkte befindlihe Quantum bezifferte si nach amtlihem Ausweis am 17. Abends auf ca. 78 600 Ctr. Dasselbe dürfte sich bis zum Beginn des Marktes auf gegen Mitte 80 000 erhöht haben, do stehen die genauen Daten noch aus. Der eigent- lie Wollmarkt ift mit 17 680 Ctr. gegen 21 158 Ctr. im Vorjahre beshickt, während die Stadtläger belangreichere Einlieferungen auf- weisen. Als selbstverständliche Folge der Eröffnung des Wollmarktes waren auf den Stadtlägern nur einige Reflektanten zu inden. Das Gros befand \sich eben zur Orientirung auf dem Wollmarkt. Die seit unserem leßten Bericht abgeschlossenen Pcsten waren ver- hältnißmäßig klein. Man reflektirte nur auf eine Auslefe der best- naturigen und feinsten Wollen. Solche wyrden von den Kammgarn- spinnereien herauëgestippt und erzielten bei guter Behandlung 60 bis 63 Thlr., ganz vereinzelt, für erquisite Waare etwas darüber. Posten- geschäfte find auf den Lägern allerdings mehrfach eingeleitet, dürften aber erst bei geflärter Tendenz, wahrscheinlih annähernd im Niveau der vorjährigen Preise zum Abschluß gelangen. Letzt-re Annahme stützt si auf das Faktum, daß mit dem Preisstande des Vorjahres für gute Wollen, aber nur für folche, die Grenze rah unten gezogen sein dürfte, da mit Eintritt in die neue Schur das vorjährige Produkt annähernd völlig aufgezehrt war, auch das Preisverhältniß si den übershüssigen Wollen anpaßte und die deutsbe Industrie un- geschwächten Fortgang nahm. Wie auf dem Wollmarkt, so waren au auf den Stadtlägern ein bezeihnendes Moment für die Neigung zu besseren Fabrikzten geringe und grobe Wollen ver- nacläfsigt. .

Dem elften Geschäftsbericht der Direktion und des Verwal- tungsraths der Gotthardbahn, umfassend das Jahr 1882, ent- nehmen wir folgende Daten: Beim Betriebe der Gotthardbahn sind im Jahre 1882 zwei Perioden zu unterscheiden, einmal die Periode vom 1. Januar bis 30, Juni 1882 und sodann die Periode vom 1, Juli bis 31, Dezember 1882. Das Ergebniß des Betriebes der ersteren Periode kommt nämlich noch der Baurechnung zu gut, während dasjenige des zweiten HUbjahres die erste eigentlibe Betriebs rechnung bildet, In der Periode vom 1. Januar bis 30. Juni 1882 waren die Einnahmen im Personentransport 548 533 Fr., im Gepäck- transport 43 109 Fr., im Lhiertranéport 12 137 Fr., im Gütertrans- port 393 277 Fr., diverse Cinnahmen 43 365 Fr, betrugen in Su:nma 1 040 423 Fr. ; die Ausgaber (allgemeine Betrieb verwaltung 79 787 Fr., Bahnaufsicht- und Unterhaltungsdienst 144 000 Fr., Expeditionsdienst 102 364 Fr., Fahrdienst 329 611 Fr., Diverse 2901 Fr.), in Summa 658 665 Fr. Der hieraus sich ergebende Ucberschuß ist in den Ein- nahmen der Baurechnung verrechnet.

In der Periode vom 1. Juli bis 31. Dezember 1882 betrugen die Betriebseinnahmen: I. Versonentransport 2 360 869 Fr., IT. Ge- pâdck-, Thier- und Gütertranéport: a. Gepäck 219 559 Fr., b. Thiere 190 077 Fr., c. Güter aller Art 2476 510 Fr.; Einnahme aus ver- schiedenen Quellen 439 057 Fr., in Summa Einnahme 5 686 074 Fr.

Wie vorauszusehen war, hat die am 1. Juni stattgefundene Er- öffnung der durgehenden Linie sehr günstige Verkehrsverhält- nisse gebracht. Die Annahme, daß sh nah der Eröffnung der durchgehenden Linie vermöge der günstigen Lage dersel- ben ein erfreuliches Verkehrêleben nicht wie gewöhnlih erft nach einer Reihe von Jahren, sondern innerhalb kurzer Frist entwickeln werde, hat sich nah dem Bericht als richtig criviesen. Schon îm ersten Halbjahre der Betricbsperiode sind Resultate erzielt worden, die als recht befriedigend bezeichnet werden können, wobei be- merkt werden muß, daß auch die Unterbrechung der Brennerroute einen erheblîhen Zufluß bewirkt hat. Was den Personenverkehr im Besondern anbetrifft, so hebt der Bericht zunächst die Mehrfrequenz der I. und I. Wagenklasse gegenüber andern Schweizerbahnen her- vor. Während die I. Wagenkla\sc im Jahre 1881 auf sämmtlichen \chweizerischen Normalbahnen durhscchnittlich nur von 1,48% und die 11, Wagenklasse nur von 16,56 °/9 der Gesamm1zahl der Reisenden benußt worden ift, hat die Gotthardbahn 6,47% für die I. und 31,62 9/6 für die IL Klasse aufzuweisen. Bei einer Gesammtzahl von 533605 Reisenden belief sch der spezifishe Verkehr auf 109166 Reisende, woraus hervorgeht, daß der Lokal- verfehr im Personentran38port noch vorherrschend war. Die von jedem Reisenden im Durchscbnitt befahrene Distanz beträgt da- her auch nur 51,55 km, immerhin aber mehr als das 21fache der \chweizerishen Normalbanen im Vorjahre. Die hauptsäclichsten Güter-Transportartikel bildeten die Brennmaterialien mit 26,639/0, die Lebens- und Genußmittel mit 26,19% und die Metallwaaren mit 18,5890. Das Gewicht der beförderten Güter belief sich auf 186 880 t, der spezifishe Verkehr auf 119793 t. Jede Tonre hat im Durcbschnitt 161,53 km durhfahr:zn. Vorstehende Angaben lassen in deutlicher Weise den (Sharakter der Transithahn erkennen. Die wichtigen Verkehrs8gebiete, wehen die Gotthardbahn zu dienen hat, die mit denselben jeit löngerer Zeit angeknüpften Verbindungen, #0- wie die Resultate des Jahres 1882 berechtigen zu der Hoffnung, daß eir ex wesentliche weitere Steigerung des Verkehrs in nächster Zeit ein- treten werde.

Es wurden vom 1. Juli bis 31. Dezember 1882 533 605 Per- sonen befördert, dafür vereinnahmt 2 360 870 Fr. oder pro Kilometer 9369 Fr.; im Güterverkehr wurden Güter und Gepäck befördert 189 597 t, dafür eine Einnahme von 2 886 148 Fr. erzielt, oder pro Kilometer 11453 Fr. Von dem beförderten Frachtquantum entfielen auf Brennraaterial 49 761 t oder 26,63 9/0, Lebens- und Genußmittel 48 939 oder 26,19 9/6, Fabrikate der Mctallindustrie 34710 t oder 18,58 %/), Baumaterialien 17 001 t oder 9,05 9%, Fabrikate der P 12934 t oder 6,929%/». Der Gesammtverkchr theilt ih in:

Direkten Transit-

Verkehr Beförderte Personen... 107171 19 398 ü Sonnen. ._. (08 56 214

Die Betrieb8ausgaben betrugen für diesen Zeitraum: 1) Alge- meine Verwaltung: 148657 Fr., 2) Aufsicht und Unterhaltung der Bahn 345 302 Fr., 3) Stations-, Erxpeditions- und Zugdienst 472 468 Fr., 4) Fahrdienst 832055 Fr., 5) vershiedene Ausgaben 367 853 Fr., in Summa 2 166 376 Fr. Der Ueberschuß betrug also : 3 519 698 Fr., davon wurden verwandt; zur Verzinsung der Prio- ritäten 2125 000 Fr.; zum Reservefonds: 1) zur Erneuerung des Oberbaues 214 500 Fr., 2) für Erneuerung des Betriebsmaterials 153 958 Fr., 3) für außerordentliche Unfälle 50000 Fr,, in Summa 418 458 Fr.; Abschreibungen 248 608 Fr., Amortisations8quote der Coursverluste 85 000 Fr., Uebertrag von F der Kapitalzinser: auf Baufond 109 493 Fr., Dividende 425 000 Fr., oder in Procert des 108 130 Be pro II, Semester 1882 1 %/%, Vortrag für 1883 1 ¿ r.

Die Einnahmen bis ult. Mai 1883 betrugen : im Personenverkehr 1 626 000 Fr. gegen in 1882 in demselben Zeitraum 257 773 Fr. (es wurden befördert bis ult. Mai 1883 358 800 Personen gegen in 1882 192 721 Personen, im Güterverkehr 2354000 Fr. gegen in 1882 129 395 Fr.; dafür wurden befördert in 1883 191 620 t gegen in 1882 28 990 t; die Totaleinnahmen betrugen bis ult. Mai 1883 3 980 000 Fr. gegen in 1882 387108 Fr. oder per Kilometer in 1883 1496 Fr. gegen in 1882 4169 Fr. Die Betriebs8ausgaben betrugen bis ult. Mai 1883 2118000 Fr. oder per Kilometer 7961 Fr.; der Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebs- ausgaben betrug bis ult. Mai 1883 1 862 000 Fr.

London, 18. Juni. (W. T. B.) Bei der am Sonnabend staitgehabten Wollauktion waren Preise unverändert.

St. Petersburg, den 7. Juni/26. Mai 1883. Verzollung U a da welche mit Waaren importirt werden.

Das Zolldepartement hat in Abänderung der früheren Verfü- gung vom 27. März 1881 die Zollämter neuerdings angewiesen (Cirkular vom 12. Mai 1883) Papierschachteln, welche mit Waaren importirt werden, mit Ausnahme der in den Art. 54, 140, 171,

221, 225, 229, 232 und 233 des Tarifs, sowie auc der in der zwei- ten Anmerkung zur Taratabelle benannten Waare, zollfrei passi- ren zu lassen, wenn sie sih niht etwa zu selbständigem Gebrauch als Cartonagen eignen.

Mittelst Cirkulars vom 20. Mai d. I. hat das Zolldepartement die Zollämter angewiesen, die nachstehend benannten Handelsartikel bei Erhebung des Zolles nach dem Tarif wie folgt zu klassifiziren:

1) Eiserne Spaten, mit hölzernen Stielen sowohl als au ohne folbe unter Art. 172 (55 Kop. vom Pud).

2) Treibriemen, nicht zusammengenähte, selbs wenn sie mit Mascbinen importirt werden unter Art. 84 Punkt 2 (5 Rubel vom Pud). :

3) Kragen und Manschetten, aus Mitkol angefertigt und mit Papier unterklebt, ohne Naht unter Art. 210.

_4) In Essig zubereitete Gurken und andere Gemüse (Piccoli) in Glasgefäßen oder in Fäßchen importirt unter Art. 62 (4 Rubel vom Pud Brutto).

5) Knöcherne Häkelnadeln unter Art. 227 Punkt 2 (37 Kop. vom Pfund).

6) Lederne Treibriemen für Webstühle unter Art. 84 Punkt 2 (5 Rubel vom Pud).

7) Die in Art. 85 genannten Felle (Bisamratten-, Bären-, Opofsum-, Känguru-, Kaninchen-, Wolf-, Tiger-, Panther-Felle u. dergl.) gefärbt, so daß sie andere Felle höherer Sorten imitiren unter Art. 85 Punkt 1 (15 Rubel vom Pud).

Verkehrs-Ansftaiten.

Hamburg, 17. Iun. (V. B) Der Posldambfar „Suevia“ der Hamburg-Amerikanishen Palketfahrts- Aktiengesellsch aft hat, von New-York kommend, heute Morgen 2 Uhr Kap Lizard passirt.

Danburga, 18. Iunt. (W. D. B) Der Postdampfer »Westphalia“ der Hamburg -Amerikanishen Padet- fahrt - Aktiengesellschaft ist heute Vormittag 10 Uhr in New-York eingetroffen.

Srteil, 19 Zun, (W. S, B) Dex Lloyddampfer „Helios“ ist gestern mit der ostindish-cinesishen Ueberlandpost aus Alexandrien hier angekommen.

Berlin, 19. Juni 1883.

Konsulatsberichte. Handelsbericht aus Havre für das Jahr 1882, (Fortsetzung.)

Kaffee.

Die Bewegung des Verkehrs in Kaffee stellt sihch für die leßten fünf Jahre wie folgt : Einfuhr: Absatz: Sâcde, Futs, Säcke. Futs. E ooo 4 349 1 003 594 4 803 I .. 1244296 3 (98 912 240 3188 18, 811 801 2 783 667 130 3212 O, 882 380 5 800 883 149 5 057 I. 731 475 1 505 673 956 3 503 Nach den Sorten vertheilt sich das Geschäft für das Jahr 1882 wie folgt: G h orrat e e. WBorrat __L'Sanuar Einfuhr Absaß 31, Beibe. Aus Brasilien Câde 3712480 592873 456717 508636 Q O0 249202 291009 [58 246 ¿ Polo Nico Z 11 504 24 344 206007 12101 ¿ Porto Vio . Urs 267 549 Di 439 Porto Cabello und Laguayra Sâcke 27 546 67 403 07203 2746 “Di E Z 99 858 85 141 SDS0 99102 Guatemala, Ma, / 49 044 96 617 S806 500 Guatemala, Mokka 2c. . Futs 951 3 860 4 426 328 : SCâde 761 005 1115630 1 003594 ¿ Summe. (E 1 L Die Kaffeepreise sind auch im Berichtsjahre noch fortgeseßt heruntergegangen. Santos-Kaffee, welcher den Markt regelt, hat sich vorübergehend im November von 401/5 auf 431/, Frs. gehoben, um demnächst wieder auf 41/5 zurückzugehen. Die JFmporteure beobachten strenge Zurückhaltung in Ertheilung neuer Austräge. Die Lage des Artikels scheint si indessen etwas zu bessern. Die alten Geschäfte von 1879 und 1880 sind beendigt, der Vorrath ist zwar höher wie zu Anfang des Jahres, aber die neue brasilianishe Ernte scheint einen Aus: fall erwarten zu lassen. Gegen Schluß des Jahres wurde ziemlich viel für den Export gekauft unter anderem nah Bel- G in Erwartung einer dortigen Erhöhung des Eingangs- zolles. Die Kaffeepreise waren am Schluß des Jahres für 50 kg

im Enirepot. 27 bis 75 Fr., 60

Für Kaffee von Brasilien i i 7 U O O 95 Porto Cabello und Laguayra . . 48 85 Ma S 78 Padang und Makassar . ., . 70 76 P 66 M O0 68 ü Costa Rica und Guatemala . . 55 80 Direlt nah Deutschland wurden im Jahre 1882 exporti 4.246 524 kg Kaffee gegen 4238711 kg im Jahre 1881. i __ Holz, feines. An feinen Hölzern wurden importirt : Blôcke Kilogr. Mahagoni 1882 20 306 oder 6 648 000 _gegen 1881 14 254 4 989 000 Polrsander 1882 14 723 4 074 000 gegen 1881 13 044 3 617 000

Es wurden abgeseßt : Blôe Kilogr.

Mahagoni 1882 18 924 5 863 000 gegen 1881 18 486 6 249 00C Polysander 1882 12 562 3 396 000 gegen 1881 10 907 3 091 000

Bestand am 31. Dezember :

Blöcke Mahagoni 1882

t

es

kg

4 849 oder 1 367 000

gegen 1881 3467 582 000

Polysander 1882 5150 , 1480000

_ gegen 1881 D980 802 000

An sonstigen feinen Hölzern wurden eingeführt :

1882 gegen Gedernholz, Tuan kg 35000 " Mexrikanishesc.. ... , 576000 Ga N 118 000 Qu 694 000 Cedernholz zu Bleistiften . 452 000 E N 432 000 Nußbaumholz 771 000 Buchsbaumholz . 1 849 000 Rofenholz . Ï 20 000 G 1253 000 Verschtedene andere Sortza . « 966 000

zusammen kg 7 166 000 gegen 6 556 000