1883 / 152 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Jul 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Während im leßten Monate des verslossenen Jahres das Leinen- und Halbleinenges{äft Manches zu wünschen übrig ließ, entwickelte si dasselbe im Januar recht erfreulich. Die Nacfrage in geringeren Fabrikaten wurde lebhaft und fteigerte \sich späterhin im Februar derart, daß mit Anstrengung gearbeitet werden mußte, um dem Bedarfe genügen zu können. Weniger lebhaft war der Absaÿ in Waaren wirklich guter Qualität, als Reinleinen und Tischzeug. In diesen leßteren Artikeln mußte sogar vielfach zu Konzessionen geschritten werden, um die Produktion nit einshränken zu müssen. Die billigen Preise für baumwollene Kettgarne, die schon erwähnt worden sind, ermöglichen es, auch zu geringerem Preis: verhältnißmäßig solide Stoffe herzustellen, und auf diese Weise wird voraussichtlih der Absaß in Waarcn geringeren Genres immer größer werden, während die Nachfrage nab guter Waare noch mehr abnehmen dürfte. Was die Preise anbetrifft, so find solche tes des lebhaften Geschäfts- gangcs in billigeren Artikeln niedriger, als Mitte vorigen Jahres, was durch den Rüdckgang der Notirungen für baumwollene Gespinnste einigermoßen begründet ist. Im Ganzen is die geschäftliche Lage dieser Branche immerhin als eine gesunde zu bezeichnen, und es sind die Vorräthe, die sich gegen die des vorigen Jahres gehäuft hatten, größtentheils auf ihren normalen Umfang zurückgeführt.

Ferner aus Düsseldorf, im April.

Im großen Ganzen haben die Erwartungen, welche der Handel Angesichts der günstigen Resultate des Vorjahres für das abgelaufene Quartal zu erboffen, berechtigt war, sich erfüllt. Handel und In- dustrie behaupteten im Allgemeinen die günstige Haltung, über welche hierher zu beribten war. E i ;

Auf dem Markte in der Rohbeisenbranbe dauert bei rubigem Verkehr und gestüßt auf die unter den Werken bestehenden Konven- tionen eine ctwas rege Nachfrage an, während in den Walzfabrikaten eine Zunahme der Nachfrage zu ?onfstatiren ist. In Puddeleisen sind auc größere Abschlüsse zu Stande gekommen; im Allgemeinen wird aber nur der nächste Bedarf gedeckt, da die Konsumenten sih mit Rück- sicht auf die niedrigen, kaum gewinnbringenden Walzeisenpreise nicht für längere Zeit binden wollen. Für aVe Arten in Blechen werden die bestehenden Notirungen behauptet. Auch in Walzdraht dürfte eine zunehmende Nachfrage zu konstatiren sein. Die Fabrikate der Walz- drahtwerke verdrängen jeßt viclfah die Fabrikate der englischen Konkurrenz und bürgern sich immer mehr auf ausländischen Märkten ein. Die Notirungen für Stahlschienen sind unverändert geblieben, auch ziemlih lohnend, soweit es die inländischen Bestellungen betrifft, während die Aufträge für den Export zu äußerst billigen Preisen übernommen werden mußten. E :

Maschinenfabriken und Gicßereien klagen {hon lange über nie- E wenig lohnende Preise; die Fabriken sind aber leidlih be-

äftigt.

Die Betriebsverkältnisse der Rheinischen Stahlwerke gestalten sich auch in diesem Jahre recht günstig, da die Werke andauernd und lohnend beschäftigt sind. Namentlich wird dem Unternehmen durch das Thomas Gilchristshe Verfahren von denjenigen Werken, welche dasselbe gekauft, aber sid durch eine einmalige Zahlung nicht ab- gefunden haben, abermals eine gute Einnahme zugeführt.

Phönix und andere Werke zu Ruhrort. Diese Gesellschaft hat für England eine Lieferung von Stahlschienen zum Werthe von ungefähr 500 000 #4 erhalten. Dient diese Thatfache einestheils als Bestätigung der Nachrichten über den guten Gang unseres Stwienen- geschäfts, so liefert fic anderentheils den Beweis, wie sehr die Vor- trefflihkeit unserer Walzwerke in England anerkannt wird.

Auch andere Werke dieser Branche sind mit den vorliegenden Aufträgen ganz zufrieden. Das laufende Jahr läßt sich namentlich für Stabeisen, Gießereiroheisen und Ble.he gut an. Da die englischen und belgischen Werke stark beschäftigt sind, so werden unsere Eisen- produzenten bei den Zuschlägen, die bei Submissionen ertheilt werden, sehen, welche Preise unsere Konsumenten anlegen werden, e

Die Bautbätigkeit ist in den arößeren Städten {on zie:nlih rege, es kommen dadur auch Winkel- und Baueisen besser als im Herbste in Frage. Dasselbe gilt von Zinkplatten, Bleirohren und anderen Metallen zur Ausstattung neuer Gebäude, während Messing- und Bronzesachben weniger gefragt sind. Allein auch in diejen Artikeln dürfte eine Besserung in Ausficht stehen.

Im Allgemeinen darf man mit dem Gange des Metallgeschäfts ganz zufrieden sein, zumal sich der E-port erheblich belebt hat, wäh- rend die höheren Eingangszölle deutscze Werke und Fabriken vor dem Mitbewerb des Auslandes schüßen. England soll übrigens selbst mit dem Export feiner Metallfabrikate so stark beschäftigt sein, daß es darin einen Ausgleich für die Cinbuße findet, die es auf deutschen Märkten erlitten hat und gegenwärtig noc leidet. ;

Der Kohlenmarkt im Ruhrkoblenrevier hat einen regen Absaß bei unveränderten Preisen zu verzeichnen. Die günstige Stimmung dauert an, der O ist lebhaft und die Tendenz fest. Die Förde- rung ist noÞ immer sehr rege, und der Absaß wesentlih größer als im vorigen Jahr um diese Zeit. Für Sommerlieferungen is, wie gewöhnli, mit Beginn des Frühlings etwas billiger anzukornmen.

Sür das Kokesgeshäft war ein reger Verkehr bei unveränderten Preisen zu konstatiren. Die vor Augen Tagen erfolgte Ver!ängerung der Konvention ist von besonderer Wichtigkeit, indem dadur die An- dauer der festen Preiêstendenz bis auf Weiteres gesichert ist.

Marineverordnungsblatt. Nr. 13 Inhalt: Honneurs.

—- Dienstschreiben. Nachlaß desertirter Mannschaften Schiffs- artillericzeihnungen. Verpflegungszushuß. Geldbeschaffung. Personalveränderungen. -— Benachrichtigungen. __ Justiz-Ministerial-Blatt. Nr. 26. Inhali: Allgemeine Verfügung vom 20. Juni 1883, betreffend die Nufnahme und die Behandlung von s{wangeren Personen in den zum Ressort der inne- ren Verwaltung gehörigen Straf- und Gefangenanstalten. Allge- meine Verfügung vom 15. Juni 1883, betreffend das Verfahren be- hufs Erhaltung der Uebereinstimmung zwischen den Grundbüchern und dem Grundsteuerkataster in den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont. Allgemeine Verfügung vom 26. Juni 1883, betreffend den Ansaß des Portos sür Geldsendungen.

„Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 25, Inhalt: Nicbtsmtlibes: Entwurf zu einer neuen Oder-Weichsel-Verbindung. Ueber Seilkurven. Rechtsprechung.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 26. Inhalt : Amtliches: Personalnachrihten. Gutachten der Königlichen Aka- demie des Bauwesens, betreffend vie neuc Entiourfss\kizze des Archi- tekten Wallot zum Neubau des Reichstagsgebäudes. Nichtamtliches: Die Bekleidung des Königlicßen Schauspielhauses in Berlin mit Werksteinen. Ueber Seiikurven. 11, Die Aribergbahn. Geheimer Ober-Baurath a. D, Karl eie 4. Versude mit Dampf - Kochapparaten. Vermischtes: Neubau eines Geschäfts- gebäudes für das Haus der Abgcordneten in Berlin. Zur Stadt- bahnfrage in Wien. —- Kursus für Kulturtechniker in Oesterreich. Ueber das Verhalten \{miedeeiserner Träger mit zwischengespannten Gewölben im Feuer. Technische Hohshule in Hannover. Technische Hochschule in Berlin, -

Landtags - Angelegenheiten.

_ Das Haus der Abgeordneten hat seit dem 14. Novembec v. I. getagt. In dieser Zeit von 137 Tagen, aus\chließlich der Sonn- und. Festtage. der Zeit der offiziellen Vertagung des Landtages vnd der Weihnachts- und der Pfingstferien, haben stattgefunden :

91 Plenarsitzungen, einschließlich von 4 Abendsitungen, welche als Fortseßungen von Tagessißungen angesehen wurden, 19 Sißungen der Abtheilungen, 244 Sitzungen der verschiedenen Kommissionen, 260 Sitzungen der Fraktionen.

Dem Hause sind zugegangen : : der Staatshaushalts-Etat für 1883/84 mit dem betreffenden Gesetz-

entwurf, die agememe Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres ( , die Uebersicht über die Staatseinnahmen und Ausgaben für 1881/82,

die Verordnung vom 24. August 1882, betreffend die Vertretung des Lauenburgischen Landes-Kommunalverbandes, die Tar mungen der Kasse der Ober-Rechnungskammer für 1 , ein Bericht der Staatsschuldenkommission, - 21 Ca iMert@te, Denkschriften, Uebersichten und ähnliche orlagen, welche Gegenstände bis auf die darin mit enthaltenen bloßen nach- richtlihen Mittheilungen sowohl hier als im Herrenhause, soweit sie f der Beschlußfassung des letzteren unterlagen, erledigt wor- en sind. An Geseßentwürfen find, abgeschen von dem bereits er- wähnten Etatsgeset, dem Hause zugegangen :

unmittelbar von der Staatsregierug .....,, 2 S Von diesen . . ¿29

Geseßentwürfen sind 3 durch Einfügung in andere Gesetzentwürfe erledigt und 19 von dem Herrenhause und dem Abgeordnetenhause übereinstimmend angenommen, einer, betreffend die Erhebung einer Hundesteuer, ist im Herrenhause und ein anderer, betreffend die Schul- versäumnisse, hier nit vollständig erledigt worden. Die Kanalvorlage ist von dem Herrenhause verworfen worden.

Die Zahl der Regierungsvorlagen beträgt demnach im Ganzen 52. E838 sind davon neben verschiedenen Theilen des Staatshaushalts- Etats 30 Vorlagen an Kommi'sionen zur Vorberathung überwiesen worden, welche darüber 19 \hriftlihe und cine Anzahl mündlicher Berichte erstattet haben. N

Selbständige Anträge sind von Mitgliedern des Hauses 8 eingebracht. Davon ist ein Antrag erledigt durch Annahme des vor- geschlagenen Gesetzentwurfs sowohl hier als im Herrenhause; auf 3 Anträge sind Resolutionen beschlossen ; ein Antrag ift in der vorigen Sitzung an eine Kommission verwiesen, ciner abgelehnt, einer dur Vebergang zur Tagebordnung bescitigt und endli einer nicht zur Berathung gelangt. i:

Interpellationen sind von Mitgliedern des Hauses 3 gestellt und dieselben sämmtlich Seitens der Königlichen Staatsregierung beantwortet worden.

Pelitionen find eingegangen 1400 und davon zurückgezogen 13, Von den verschiedenen Kommissionen sind darüber 57 Tchriftliche Berichte erstattet und 43 mündliche Berichte vorbereitet, von denen 29 s\criftlide und 20 mündliche im Plenum erledigt worden sind.

Von den Petitionen sind

317 zur Erörterung im Plenum nicht für geeignet eractet,

26 durch Uebergang zur Tagesordnurg erledigt,

98 der Königlichen Staatsregierung überwiesen,

422 durch Annahme von Geseßentwürfen oder Resolutionen für

erledigt erklärt.

Ueber 247 haben die Kommissionen sich {lüssig gemacht und über 213 für die Plenarberathung Anträge gestellt, Über 34 aber noch niht Bericht erstattet, wogegen 277, zum Theil wegen verspäteten Eingangs, ganz unerledigt geblieben snd. i

Die Abtheilungen haben die Wahlen der Mitglieder des Hauses bis auf wenige Nachwahlen, über welche die Wahlakter: noch nicht eingegangen sind, sämmtlich geprüft. Es wurden dabei die Wahlen aus 34 Wakhlbezirken der Wablprüfungekommis- sion überwiesen. Davon sind 9 Wahlen in der Kommission uner- ledigt geblieben und bezüglich einer Wahl ist über die erforderten und eingegangenen Beweisverhandlungen niht mehr Beschluß gefaßt worden. In Bezug auf die übrigen Wahlen hat die Kommission 20 \criftlihe und 6 mündliche Berichte erstattet, welche alle der Be- rathung im Plenum unterlegen haben.

Ueber die Frage einer Mandatserledigung ist Seitens der Kommission für die Geschäftêordnung mündlih im Plenum be- richtet worden.

Erledigt sind zur Zeit 4 Mandate von Abgeordneten.

Gewerbe und Haudel.

Die Zeitschrift des obersblesisben Berç- und Hüttenmännischen Vereins enthält eine Statistik des Stein- kTohlenbergbaues im Ober-Bergamtsbezirk Breslau für tas erste Quartal 1883. Dornach erfuhr gegen den gleichen Zeitraum def Vorjahres die Förderung cine Zunahme von 337 979 t = 109/9; ver:- kauft wurden 14,4% mehr als im Vorjahre. Die Preise stiegen !m Regierungsbezirk Liegniß um 0,21 M (3,79%/,) pro Tonne, Opxeln 0,02 M (0,59%/0), fielen dagegen in Breélau um 0,11 M (1,7 9%), Der Braunkohlenbergbau zeigte gegen das Vorjahr eine Abnahme der Förderung von 5408 t (4,7 f während der Absay um 449 t e 9/0) gestiegen ist und die Preise um 0,13 4 (3,9%/) zugenommen

aben,

Der Geschäftsberiht der „Union“, Allgemeine Ve:- siberung3-Aktiengesellschaft zu Berlin, konstatirt einen Zuwachs an Prämie von 256 025 und Versicherungssumme von 93 301 369 M, aber auch cine Zunahme der Scäden um 74517 4, die insgesammt 869 008 M betragen haben. Dec Rechnungsabschl1ß weist pro 1882 einen Verlust von 147 145 Æ nach; die Verwaltungs- kosten blieben gegen das Vorjahr unverändert; die Prämienreserve ist um 40460 #4 verstärkt worden. Die Bilanz führt neben Effekten zum Courêwerthe von 505 434 4 und Grunbstücke und Hypotheken vor. zusammen 464789 F noch 60549 4 baare Kasse und außer kleineren Posten, 471 345 6 Außenstände und Guthaben bei Banken aa uád {ließt in Aktiva und Passiva mit 5 437 555

Die Königsberger Pfertebahn-Gesell\scha ft beab- sichtigt, in Königsberg cine Anzahl Omnibuslinien einzurichten, und hat zu diefem Behuf fowie zur Erwerbung eines zweiten Depyot- Grundstückes und zur Abstoßung einer Hypothekenshuld eine zweite Obligationsanleihe im Betrage von 400090 M fkreirt. Die Anlcihe ist mit 5% verzinslih, die Rückzahlung \oll zu 105%, erfolgen.

Die Generalversammlung der Schweizerishen Nord- ostbahn erklärte 69% Dividende sür die Prioritäts-Aktionäre und beschloß 261 000 Frcs. auf eigene Rechnung vorzutragen.

Luzern, 30. Juni. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Gocthardbahn, in welcher 204 Aktionäre mit 2400 Stimmen vectreten waren, genehmigte den Geschäftsberibt und beschloß auf Antrag des Hrn. Cahn - Speyer, in Firma Gebrüder S. und M. Reites, Wien, in theilweiser Abänderung der Anträge der Verwal- tung an Stelle der projektirten 108 138 Frcs. 74 Cts, im Ganzen 441 746 Fres, 44 C18. ‘auf neue Rechnung vorzutragen und die Ab- schreibungen dementsprehend zu modifiziren. In den Verwaltungs- cath wurden gewählt für Hrn. Cavallini Geheimrath Gerson von Bleichröder in Berlin, für Baron Eduard von Oppenheim Hr. Karl Figdor in Wien, für Pfyfffer Dr. Temme in Basel; als Ersaß- e Hr. Hans von Bleichröder in Berlin und Hr. Cahn-Speyer n Wien.

Glasgow, 30. Juni. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sih auf 564 300 Tons gegen 636 500 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befcendlichen Hochöfen 113 gegen 108 im vorigen Jahre.

Konstantinopel, 30. Juni. (W. T. B.) Der Vertreter der deutschen Bondsinhaber, Justiz-Rath Primker, ift ge-

storben. Verkehrs-Anstalten. Bremen, 30. Juni. (W. T. B) Der Dampfer des

Norddeutschen Lloyd „Neckar" if heute Vormitiag 7 Uhr in New-York angekommen.

2. Juli. (W. T. B) Der Dampfer des Nord- deutschen Lloyd „Baltimore“ hat auf der Ausreise gestern

St. Vincent passirt.

Hamburg, 2. Juli. (W. T. B.) Der Postdampfer „Gellert“ von der Hamburg - Amerikanisben Padcket- fahrt-Aktiengesellschaft ist, von New-York kommend, gestern Abend 7 Ubr in Plymouth eingetroffen.

Triest, 1, Juli. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ettore“ ist heute Morgen mit der ostindish-chinesisben Ueber- landpost aus Alexandrien hier eingetroffen und zur Quarantäne beordert worden.

Berlin, 2. Zuli 1883.

Die 40 goldenen Medaillen, welhe Jhre Majestät die Kaiserin zu Gunsten der Hygiene-Ausstellung genehmigt hat, find, wie folgt, verliehen worden an: Josef von Fotör, Prof. Dr., Budapest; Georg Recknagel, Prof. Dr., Kaiserslautern; Verein der Berliner Volksküchen von 1866, Berlin; H. Cohn, Prof. Dr., Bres- lau; „Germania“, Maschinenfabrik, Chemniß; Rietshel und

enneberg, Berlin; Badisher Frauenverein, Karléruhe; H. Schmieden, _vounals Gropius und Schmieden, Berlin; Deutscher - Samariter-Verein, Kiel; Wiener freiwillige Rettungs- gesellshaft und J. Sohner u. Comp., Wien; P. Dörffel, Berlin : Schimmel u. Comp., Leipzig; Paul Hartmann, Heidenheim; Baye- risher Verein zur Pflege und Unterstüßung im Felde verwundeter und erkrankter Krieger und Bayerischer Frauen-Verein, München ; Central-Comité des Niederländischen Rothen Kreuzes, Haag; Central- Comité der deutshen Vereine vom Rothen Kreuz und Vaterländischer Frauenverein, Berlin; The Neuchatel Asphalt-Company, Berlin ; Aktien-Gesellschaft für den Bau landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe und für Wagen-Fabrikation, H. F. Eckert, Berlin; Siegmar Elster, Berlin; Julius Pintsch, Berlin; Friedr. Siemens und Comp., Dresden und Berlin; Deutscher Ritterorden, Wien ; Doeckersche Zeltbauerei, Kopenhagen ; Oesterreichisbe Gesellschaft vom Rothen Kreuz, Wien; Siemens und Halske, Berlin; E. Beer, Berlin; W. Spindler, Berlin; W. Leyendecker u. Comp., Cöln a. Rh.; Verband der Dampfkessel - Ueberwachungs - Vereine, Wohnort jährlidb nach den Vorsiß wechselnd; Verein für die berg- und hüttenmännishen Jateressen im Aachener Bezirk; Deutsche Gesellscaft zur Rettung Scbiffbrücbiger, Bremcn; L, v. Bremen u. Comp., Kiel; Friedr. Krupp, Essen; Berlia-Anhaltishe Maschinenbau-Anstalt, Äïtien-Gesellscbaft, Berlin ; Schulz, Knaudt u. Comp , Essen; Aachener und Münchener Feuer- Versicherungs- Gesellschaft Jos. Beduwe, Aachen; Lausiter Maschinen- fabrik, Bautzen ; Verein vom Rothen Kreuz, Budapest ; Rheinisch- westfälisher Oiakonisfen-Verein, Kaiserswerth; Scharowsky, Inge- nieur, Dresden.

Die 80 filbe:nen Medaillen gelangen an: R. Fueß, Berlin; Johannes Greiner, München; E. Hartnack, Prof. Dr,, Potsdam ; Krieger, Sarnitätsrath Dr., Straßburg; C. Reichert, Wier ; Georg Westphal, Celle; Michael Koeniger, München ; Louis Lejeune, Berlin; Direktion der Dauermehlmüble, Jäßdorf; K. Schwa!b, Lehrer, Ober-Rekitai, Böhmen ; Gewerbliche Fortbildungs- und Fachsbule, Wiesbaden; A. Vötsh, Dr., Ober-Amtsarzt, Nür- tingen, Württemberg; Römisches Bad, Dr. v. Heinri, Wien; Barmer Badeanstalt, Barmen; Oskar Schimmel und Comp., Chemnitz; Verein für öffentlihe Väder, Bremen; Volksbad; Dr. Lassar, Berlin; Berliner Asylverein für Obdachlose, Berlin; Mix und Genest, Berlin; Ihlee und Horne, London; Ludwig von Karajan, Dr., Ritter, Wien; Kindecrheilanstalt zu Dresden, Dresden; Verein für Kinderheilstätten an den deutschen Seeküsten, Marburg; Th. Petruschky, Dr., Königsberg; Pissin, Dr., Berlin; August Feise, Hildesheim ; F. Beely, Dr., Berlin; Rudolf Krüger, Berlin ; Josef Leiter, Wien ; Neuber, Dr., Kiel; E. M. Reiniger, Eclangen ; H Windler, Berlin; F. v. Heyden, Dr., Dresden; Margarethen-Insel-Verwaltung, Buda- pest; B. Spier, Dr., Kapcsvar, Ungarn; Internationale Verbandstoff- Fabrik, Schaffhausen ; Berein deutscher Zahnkünstler, Berlin; O. v. Hóöônika, Herzogswalde; Nicolai, Stabsarzt, Dr., Freiburg, Baden ; Kahlbaum, PDr., Görliß; Neue hannoversche Asphalt - Gesellschaft Reymer und Comp., Berlin; Kiein, Schanzlin und Becker, Frankenthal; Franz Hulwa, Dr., Breslau; A. Thiem, Civil- Ingenieur, München; Gebr. Schmidt, Weimar; Gebr. Naglo, Berlin; Gebr. Buderus, Hirzenhainer Hütte und Main- Weser-Hütte, Oberhessen; Eisenwerk Kaiserslautern, Kaiserslautern ; David Grove, Berlin; Heiser u. Comp, Berlin; S. Huldschinsky u. Söhne, Gleiwiß; Kaeuffer u. Comp., Mainz und Berlin; Emil Kelling, Dresden ; Treutler u. Schwarz, Berlin; Gebr. Körting, Hanno- ver; Chemische Fabrik Rhenania, Stolberg bei Aachen ; Schöller, Mevissen unt Bücklers, Düren; Rih, Schwarßkopf, Berlin; Vorstand des Oberschlesischen Knappschaftsvereins, Tarnowiß ; Verstand des Mär- fischen Knappschafts-Vereins, Bochum; Vorstand des Saarbrücker Knappschafts - Vereins, Saarbrücken; Manéfeldsche Kupferschiefer bauende Gewerkschaft, Eisleben; Verein für die bergbaulichen In- teressen im Ober - Bergamtsbezirke Dortmund, Essen, und Westfälisle VBeragewerkschaftskasse, Bochum; Kiebig, Berlin; The Westinghouse Brake Company, Lon- don; Hamburgische Gesellsshaft zur Beförderung der Künste und nüßlihen Gewerbe, MNRettungsanstalt für Verunglüdte, Hamburg; Verein für bergbaulihe Interessen, Zwickau, und Königin Marien-Hütte-Aktien-Geselishaft, Cainsdorf in Sl.; Obernier, Prof. Dr., Bonn; C. Rabißg, Berlin; Stanislaus Ziembiuski, Krakau; Gustav Ewald, Küstrin; Grether u. Comp., Freiburg in Baden; C. D. Magirus, Ulm; Paul Hosemann, Berlin; Judlinsche chemische Waschanstalt F. Gruner, Charlottenburg; Josef Kreittmayr, München ; Feuerschußplattenfabrik „Superator“, Wien; W. Güttler, Reichenstein; W. Mencke, Dr., Wilster; Dr. Paul Boerner, Berlin.

Aachen, 30. Juni, Nachmittags 1 Uhr. (W. T. B.) Wie nachträglih bekannt wird, war in Folge Flugfeuers der Brand gleichzeitig auf etwa zehn Stellen übertragen worden. Beide Thürme des Rathhauses glühen noch im Innern. Gegen Mittag brach aber- mals ein kleiner Brand aus, der aber fofort gelöscht wurde. Die Cölner und Düsseldorfer Feuerwehren sind bereits zurückgefahren. Ein Verlust an Menschenleben oder Verleßungen sind nicht zu be- klagen.

Reunert und

Im Kro llschen Theater tritt Hr. Theodor Reimann morgen (Dienstag) zum leßten Male auf und zwar als „Rigoletto“. Der Sänger, dem das Berliner Publikum bei dem diesmaligen Gast- spiel noch größere Sympathien entgegenbrahte als früher, muß bereits übermorgen in Bayreuth zu den neuen Parsifal-Proben ein- treffen. Unmittelbar an dieses so erfolgreiche Gastspiel {ließt sich ein für das Berliner Publikum besonders interessantes erstes theatralisches Debüt: Frl. Anna Eptlé, bisher Mitglied des Königlichen Ballets, wird am Mittwoch im „Freishüß“ sh zum ersten Male in Ge- \sangspartien versuchen. Sie fingt das Aennchen, während die Wiener Hofopernsängerin Hermine Braga als „Agathe“ auftritt.

Redacteur: Ried el.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner,

Fünf Beilagen (einsbließlich Börsen-Beilage),

Berlia:

(7977)

und das Postblatt Nr. 3.

Erfte Beilage

zum Deuischen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats- Auzeiger.

M S2.

Berlin, Montag, den 2. Juli

13.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 2. Juli. Fm weiteren Ver- laufe der vorgestrigen Sißung des Herrenhauses wies in der Generaldiskussion über die Kanalvorlage Herr Linde- mann (Dortmund) darauf hin, daß es si bei dieser Vorlage um die Entscheidung der prinzipiellen Frage handele, ob das Herrenhaus mit dem Beginn der Herstellung von künstlichen, leistungsfähigen Wasserstraßen überhaupt einverstanden sei oder nicht. Das Abgeordnetenhaus habe dieser Jdee unge- theilt zugestimmt, auch die Mehrheit der Herrenhaus- kommisfion habe sich mit der Jnangriffnahme von Kanal- bauten einverstanden erklärt, was allerdings aus dem Be- richt des Herrn Stumm nicht recht ersihtlih sei, denn in dem- selben nähmen die Bedenken gegen den Kanalbau den breitesten Raum ein. Seit einem Dezennium sei die Mehrheit der wirthschaftlihen tehnishen Autoritäten im QJnteresse der

wirthschaftlihen Entwickelung für den Neubau von Wasserstraßen eingetreten, allen voran der: berühmte Nationalökonom Roscher. Redner ging des Näheren auf die Vortheile des Kanaltransports gegenüber dem Eisenbahntransport ein und unterzog den Kom- wissionsberiht einer Kritik. Er suhte insbesondere nachzuweisen, daß die in dem Bericht behauptete Unrentabilität der französishen Kanäle auf unrichtigen

statistishen Daten beruhe. Der Referent hätte übrigens gar nicht so weit zu gehen brauchen, die in den Nicderlanden und Belgien gemachten Erfahrungen sprächen deutlih zu Gunsten der Vorlage. Es sei auch darauf hingewiesen worden, daß die Landwirthschast kein Jnteresse an der Vorlage habe. Dem gegenüber konstatire er, daß die Vorsißenden der im Bereich des Kanals liegenden se{chs landwirthschaftlichen Vereine Mitglieder des Comités zur Förderung dieses Kanalbaues seien, ebenso wie einzelne Mitglieder des Provinzial-Landtags. Es sei dies geschehen in der sicheren Erwartung, daß dur den Kanal. weitere Absazgebiete für die Kohlen geschaffen würden. Dicsem großen Gedanken gegenüber kämen die Kosten nicht so sehr in Betracht. Es sei indeß übertrieben, daß der Ausbau des Kanalnetzes 1 Milliarde kosten würde, wie der Referent behaupte. Auch die Nechnung der

rahtvecgleihung sei eine unrichtige. Redner bat, der Vor- age zuzustimmen.

Herr Stumm besiritt, daß die Mehrheit der Kommission für die Vorlage gestimmt habe, worauf der Schriftführer der Kommission, Herr Hache, konstatirte, daß thatsählih 8 gegen 7 Mitglieder sih für das Prinzip der Vorlage erklärt und nur aus nicht prinzipiellen Gründen gegen dieselbe gestimmt hätten.

Herr von Bethmann-Hollweg erklärte sich gegen die Vor- lage, die lediglich einigen größeren Industriellen oder höchstens vem betreffenden Landestheile, keineswegs aber dem ganzen Lande nüße. Uebrigens würde jeßt hon von den Wasser- straßen kein ausgedehnter Gebrauh gemacht, weil der Eisen- bahntrausport billiger sei. Düsseldorf beziehe seine Chaussee- steine nicht auf dem Rheinwege, sondern per Eisenbahn.

Herr Becker (Düsseldorf) konstatirte, daß Düsseldorf seine Pflastersteine aus\cließlich per Schiff beziehe. Wenn wirklich einmal ein Eisenbahntransport erfolgt sei, so könne dies nur unter ganz ungewöhnlihen Verhältnissen geschehen sein.

Herr Bredt bestätigte dies.

Herr Adams (Coblenz) bemängelte die Berehnungen der Kommission, als auf unrichtigen Zahlenangaben beruhend. Der Wassertransport werde immer billiger bleiben, als der Eisenbahntransport, und wenn dieser Say auch von Herrn Stumm bekämpft werde, so sei er doch richtig, überhaupt müsse man Herrn Stumm nicht, wie Herr Graf Brühl gethan habe, als eine absolute Autorität in diesen Sachen ansehen, wenn er auch ein hervorragender Sachverständiger sci; um so we- niger dürse man sih den Ausführungen des Herrn Stumm anschließen, als er ein Vertreter der großen Eisenindustrie sei, welhe natürlih ein großes Jnteresse am Weiterausbau der Eisenbahnen habe, für welche sie die Materialien liefere, während der Kanalbau dem Eisenbahnbau Eintrag thue. Mau möge also diese hohwichtige und dankenswerthe Vorlage der Regierung annehmen.

_ Hürst Haßfeldt-Trachenberg hielt den Wassertransport nicht sür einen überwundenen Standpunkt, glaubte auch, daß die Finanzlage niht so schlecht sei, um die Ausgabe zu ver- bieten; aber die spezielle Route, welhe der Rhein-Ems-Kanal verfolge, fei von geringerer Bedeutung. Die Hauptsache sei, einen großen Binnenlandkanal zu schaffen ; die Regierung habe nun allerdings im Abgeordnetenhause vdahingehende Ver- sprehungen gemacht, aber auf so vage Versprehungen hin fönne er so große Ausgaben nicht bewilligen: darum habe er seinen Antrag gestellt, den er hierdurch zur Annahme empfehle.

Der Staats-Ministec von Boetticher erklärte, er habe dem Bedauern des Ministers für Handel und Gewerbe darüber Ausdruck zu geben, daß dieser heute niht hier anwesend sei, so- wie seinem eigenen Bedauern darüber, _daß in Folge dessen die Vertheidigung der Vorlage ihn zufalle, die aus jenem Munde mit größerer Beredtsamkeit geführt wäre. Die Stellung der Negierung zur Vorlage sei dieselbe geblieben, die sie von Anfang an gewesen sei; um entstandenen Gerüchten entgegen- zutreten, füge er Roh zu, daß nit irgend ein Mitglied der Regierung diese Vorlage richt wolle; es sei hon an sich inner- halb einer wohl gegliederten Regierung nahezu unmöglich, daßein Minister, nachdem das Gesammt-Ministerium eine bestimmte Vorlage Sr. Majestät zu unterbreiten beshlossen habe, eine ablehnende Haltung einnehme und hinter den Coulissen gegen die Vorlage arbeite, außerdem folge aus den Worten des Vertreters des Ministers für öffentlihe Arbeiten, daß Letz- terer, obwohl die Kanalvorlage seinem Hauptressort, den Eisenbahnen, Konkurrenz mache, doch voll und ganz für die- selbe eintrete, und von ihm (Nedner), dem Vertreter des Ministers für Handel und Gewerbe, sei derselbe Standpunkt selbsiverständlih. Bei genauerer Prüfung finde man, daß die Gründe der Gegner des Kanals auf sehr schwachen Füßen stehen. Jhre Berechnungen, von denen sich ja heute herausgestellt habe, daß sie auf falscher Grundlage beruhen, könne er im Detail nicht wieder!egen ; aber selbst wenn er den ungünstigsten Stand- punkt einnähme, die ganze Rentabilität des Kanals preisgäbe,

sogar noch einen Staatszushuß zur Unterhaltung vorausseze, empfehle er doch die Annahme der Vorlage mit gutem Gewissen. Es handele sih hier niht um die kleinlihen Jnterressen, ob dieser oder jener Großindustrieller in Rheinland und Westfalen ein besseres Geschäft mache, sondern darum, daß Schätze ge- hoben würden, die in Rheinland-Westfalen liegen, darum, daß einer arbeitsamen Bevölkerung Arbeit und Verdienst gegeben werde, darum, daß die große soziale Frage auch hier gefördert werde, und dazu sei kein Opfer zu groß. Auch noch aus einem Grunde empfehle er die Vorlage. Dem Reiche nämlich sei die Regulirung der künstlihen Wasserstraßen verfassungs- gemäß vorbehalten, und das Reich habe für diese Materie die Vorarbeiten stetig gefordert ; wie sollten wir nun aber unseren Bundesgenossen zumuthen, einen vielleiht wenig rentabeln Kanal zu bauen, wenn man uns vorhalten könne: kehrt vor Eurer eignen Thür, schafft Euch erst die Zustimmung Eurer legislativen Körperschaften zu den preußischen Kanalvorlagen ! Aber auch die Rücksicht auf die allgemeine Wirthschaftspolitik des Reichskanzlers bestimme, ein gutes Wort für die Vorlage einzulegen, welche ein Theil diesec großen Wirthschaftspolitik sei, die wir auf Befehl unseres Allergnädigsten Herrn begonnen haben, und für die wir auch die Hülfe des Herrscherhauses in Anspruch nehmen. Zu jedem so großen Unternehinen gehöre Vertrauen und Muth. Vertrauen habe das Herrenhaus bis- her zu den einzelnen Schritten, die die neue Wirihschaftspolitik forderte, gehabt: nun möge dasselbe auch den Muth haben, das Geld für den neuzn Kanal zu geben.

Graf von Moltke räumte ein, daß es füc ihn und vielleicht auch für manchen Anderen schwierig sci, die Gründe für und wider die Vorlage richtig gegen einander abzuwägen. Auf der einen Seite ständen Zahlen, auf der anderen Seite Erwartungen. Daß die Kanäle jemals die Zinsen des Ka- pitals ergeben werden, sei gewiß zweifelhaft, dem aber stän- den entgegen die großen Vortheile, welche der Kanal für den Transport vieler Güter enthalte, der Güter, die zum Theil nie auf Eisenbahnen kommen würden. Ob die Vortheile, die durch Annahme der Vorlage gewonnen werden, üÜberwiegen, und in welchem Maße dies der Fall sein werde, könne Niemand als die Regierung selbst Überschen, welche die Vorlage gebraht und welche gewiß die weittragenden Konsequenzen derselben erwogen habe. Fn mili- tärischer Beziehung müsse er dem Ausbau der Eisenbahnen den Vorzug geben vor dem Kanalneß, auf Kanälen werde man schwerlich jemals Truppen transportiren, aber auch das Kanalneg würde militärish sehr vortheilhaft sein, namentlich zur Verproviantirung der Grenzfestungen und zur Er- haltung der unermeßlichen Magazine, die nöthig seien für die Operationen der Armee. Jhm scheine doch, daß die Vorlage sympathish begrüßt werden sollte, namentlih vom Bergbau und von der Landwirthschaft. Leßterer ge- währten die Eisenbahner nur einen sehr beshränkten Nutzen ; sie kämen nur den beschränkten Gebieten zu Gute, die un- mittelbar an der Eisenbchn selbst lägen und einen Bahnhof hätten; für weitere Entfernungen sei der Transport bis zur Bahn so theuer, daß man die Eisenbahntarife herabseten könne, wie man wolle, der Vortheil gehe schon bei deni Wagentransport verloren. Auch könne man bei der Eisenbahn nicht so weit Nüesicht auf die Landwirthschaft nehmen, daß man jeden Zug überall da anhalten lasse, wo der Getreidetcansport dies wünschens- werth mache das würde dem übrigen Bahnverkehr zu großen Nachthcil bringen. Er glaube, daß Eisenbahnen und Kanäle sich gegenseitig ergänzen müßten. Eisenbahnen könnten Kanäle ebznso wenig erseßen, wie umgekehrt. Er fürhte auch niht, daß beide in Konkurrenz treten würden. Das sähen wir nicht nux am Rhein, sondern auch hier in Berlin, wo aus allen Weltrichtungen 8 oder 9 Hauptbahnen zusammen: kämen und wo demungeachtet und troßdem, daß bisher die Wasserwege hier in s{hlechtester Verfassung seien, ein großer Flußverkehr stattfinde. Baue man Kanäle und vertraue man dem Minister für öffentliche Arbeiten, daß die Eisenbahnen ihre weitere Entwickelung, die au Redner für nöthig halte, finden würden, Die Eisenbahnen bedürften noch großer Er- gänzung, aber daneben dürften auch die Kanäle nicht ver- nohlässigt werden. Er (Redner) werde füx die Vorlage stimmen.

Die Generaldiskussion wurde jeßt ges{lossen, und der Ne- ferent rekapitulirte die Debatte, die einzelnen Angriffe der Vorlage gegen den Kommissionsbericht widerlegend.

Bei der Spezialdiskussion über §. 1 verwahrte siG Herr Hacké gegen den Einwand des Grafen Brühl, daß die Firma eFriedrih Krupp in Essen sih gegen die Vorlage ausgesprochen habe, dieselbe habe sih im Gegentheil stets günstig über die Vorlage geäußert. Die Regierungslommissarien Geh. Ober- Bergrath Freund und Geh. Regierungs-Rath Mosler ver- theidigten den §, 1 vom tehnisch finanziellen Standpunkte aus. Herr Bredt befürwortete einen von ihm gestellten Antrag, für den Fall der Annahme des §. 1 in der Fassung des Abgeordnetenhauses folgende Resolution anzunehmen :

Die Staatsregierung zu ersuchen, dem Landtage einen Geseßz- entwurf vorzulegen, welcher a. die Verbindung der Schiffahrts- kanalstrete von Dortmund nach der unteren Ems mit dem Rhein und der mittleren Weser und mittleren Elbe, b. die Herstellung einer leistungsfähigen Wasserstraße zwischen den Montandistrikten Oberschlesien und Berlin zum Gegenstande hat.

Die Diskussion wurde hierauf geschlossen, und nachdem der Neferent Herr Stumm die Ablehnung des §. 1 befür- wortet hatte, erfolgte die Abstimmung über denselben durch Namensaufruf. Bei demselben wurden 135 Stimmen abge- geben, von denen 65 mit „Ja“ und 70 mit „Nein“ stimmten. Der 8§. 1 war somit abgelehnt.

Hierauf erklärte der Staats-Minister von Boetticher, daß die Staatsregierung keinen Werth auf die weitere Berathung der Vorlage lege.

Die Resolution, welche von dem Fürsten von Haßfeldt beantragt worden war, wurde hierauf von der Majorität des Hauses angenommen. Die vorliegenden Petitionen wurden für erledigt erachtet.

Der Rest der Tagesordnung wurde vertagt, und die nächste Sizung auf Montag, 9 Uhr Vormittags, anberaumt. Schluß der Sizung 4 Uhr.

Jm weiteren Verlaufe der vorgestrigen (87.) Sihung des Hauses der Abgeordneten wurde die Be- rathung über Petitionsberichte fortgesegzt.

Der Centralverein für Körperpflege ia Volk und Schule rihtete unter dem 5. Dezember v. J. folgendes Petitum an das Abgeordnetenhaus :

„Das Haus wolle die Königliche Negierung ersuchen, nah dem Vorbilde der Unterrichtsverwaltung von Clsaß-Lothringen eine Kom- mission von Aerzten behufs Erstattung eines Gutachtens über das höhere Schulwesen Preußens einzusetzen, um auf Grund desselben die genügenden Maßnahmen zur Verhütung einer für die gebildete Jugend Deutschlands immer drohender werdenden Gefahr des för- perliden Nückgangs zu treffen.“

Dieser Bitte s{hlossen sich aus mehr als 80 Städten die Magistrate, Kuratorien höherer Lehranstalten, Lehrerkollegien, Turn-, Bildungs-, Handwerker- und ärztlihe Vereine in gleihlautenden Petitionen an.

Die Kommission beantragte, die Petitionen der König- lien Staatsregierung mit dec Maßgabe zur Berücksichtigung zu überweisen, daß die Frage, ob eine Ueberbürdung der Schüler an den höheren Lehranstalten stattfinde, und welche geeignete Vorschläge zur Abhülfe zu machen seiea, der ein- zehendsten Prüfung unterzogen werde.

Die Abgg. Dr. Perger und Dr. A. Reichensperger (Cöln) beantragten bei der Wichtigkeit des Gegenstandes eine Ab- seßung diescs Gegenstandes von der heutigen Tagesordnung und eine eingehende Berathung in nächster Session, die der Regierung reiches Material bezüglih der Uebecbürdungsfrage liefern werde.

Hierauf wurde die Petition von der Tagesordnung abgeseßt.

Es folgte der Bericht der Petitionskommission über die Petitionen der Handelskammern in Hildesheim und Görlit, Dieselben hatten sih geweigert, dem Handels-Minister ihre Berichte, bevor dieselben veröffentliht würden, einzureichen, damit etwaige Berichtigungen in sie aufgenommen, und mit ihnen zugleih der Oeffentlichkeit übergeben werden könnten. Dieselben waren in Folge dessen ihrer amtlichen Funktionen enthoben worden. Jeßt petitioniren diese Handelskammern, daß die über sie verhängte Maßregel aufgehoben und für un- vereinbar mit den bestehenden Geseßen erklär: werde.

Der Referent Abg. von Gliszczynski empfahl Namens der Kommission Uebergang zur Tagesordnung.

Der Abg. Götting wollte die Rechtsfrage im Einzelnen nicht näher erörtern ; er müsse aber erklären, daß er das Vor- gehen des Handels-Ministers gegen die Gewerbekammern reWtlih für fehr bedenklih halte; indessen hoffe er, daß bald wieder erquictlichere Verhältnisse eintreten würden.

Der Unter-Staatssekretär Dr. von Möller widersprach dieser Auffassung. Der Minister sei sogar berechtigt, eine Handels- kammer gänzlih aufzulösen. Der Minister habe aber von diesem Nechte deshalb keinen Gebrauch gemacht, weil derselbe der betreffenden Kammer die Möglichkeit habe gewähren wollen, dem Wunsche des Ministers entsprechend, ihre Berichte vor der Veröffentlihung dem Ministerium einzureichen, damit etwaige Berichtigungen u. \. w. aufgenommen, und mit diesem zu- gleich der Deffentlichkeit übergeben werden könnten. Die Handels- kammer von Kiel, die zu den Gegnern der herrschenden Wirthschaftspolitik gehöre, habe diese Vorberichterstattung an das Ministerium für sehr wünschenswerth bezeichnet; das Haus werde hoffentlih den Antrag der Kommission annehmen.

Der Abg. Hansen polemisirte gegen den Abg. Göttina, welcher bestritten hatte, daß die Handelskammern Behörden seien. Wer dies bejahe, müsse aber auch dem Minister das Jet der Disziplinargewalt über dieselbe zugestehen.

Der Abg. Zelle vermißte in den Ausführungen des Ne- gierungsvertreters die Behandlung des Hauptpunktes, ob die Handelskammern Behörden seien. Wäre diese Auffassung richtig, so könnte die Negierung ja auch städtishe Magistrate, die ebenfalls Behörden seien, einfah aufheben. Es sei dann noch die Frage zu beantworten, wer im Falle einer Auflösung einer solon Kammer ihre Funktionen verschen solle. Für den Fall der Auflösung eines Magistrats sei dieser Fall vor- gesehen. Redner behielt sih die Stellung eines Antrages in dieser Richtung vor, bat aber die Regierung, baldigst ein Ge- sch vorzulegen, das diese Lücke ausfülle.

Der Abg. Dirichl2t stellte einen Antrag auf Vertagung, in- dem er die Beschlußsähigkeit des Hauses anzweifelte. Dieser An- trag wurde abgelehnt und darauf der Antrag der Kommission angenomuien. Dami! war die Tagesordnung erledigt.

Der Präsident theilie mit, daß nach ihm soeben gewor- dener: Mittheilungen aus dem Herrenhause es zur Zeit noch zweifelhaft sei, ob dieses mit seinen Arbeiten noch im Laufe des heutigen Tages zu Ende kommen werde, so daß der Schluß des Landtages noch heute erfolgen könne. Er bitte daher das Haus, ihn zu ermächtigen, eventuell dasselbe zu einer neuen Sißung zu berufen. Da diese Sißung aber auch die lebte sein könne, so wolle er schon seßt die üblih2 Ge- schäftsübersiht dem Hause mittheilen.

Nachdem der Präfident dieselbe verlesen, fügte er den Wunsch hinzu, daß die Arbeiten dieser langen Session dem Lande von bleibendem Nutzen sein möchten.

Der Aba. von Bockum - Dolffs bemeikte: am Schlusse dieser ungewöhnlich langen Session glaube er im Sinne der großen Mehrheit des Hauses zu handeln, wenn er dem hoch- verehrien Präsidenten für die Treue, Umsicht und unaus- geseßte Unparteilichkeit, mit welcher derselbe die wichtigen Ver- handlungen des Hauses geleitet habe, den wärmst?n, innigsten Dank des Hauses ausspreche. Auch den Vize-Prä\identen und Schristführern sage er diesen Dank, und bitte das Haus, sich zum Zeichen seines Einverständnisses von den Sißen zu er- heben. (Geschieht.)

Der Präsident von Köller erklärte, er danke für die freundlihen Gesinnungen, die soeben ausgesprochen seien, zu- gleih im Namen seiner Kollegen vom Vorstande, die sich diesem Dank gewiß von Herzen anschließen würden. Er danke Allen für das Wohlwollen, welches alle Parteien dieses Hauses ihm im Laufe der ganzen Session hätten zu Theil werden lassen, und könne nur wünschen, daß das Haus das Wohlwollen ihm freundlisi erhalte. Das könne er sagen, unter diesen Umständen sei ihm sein Amt leiht geworden.

Hierauf vertagte sih das Haus um 2 Uhr auf Montag 1 Uhr.