1926 / 151 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Jul 1926 18:00:01 GMT) scan diff

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gemein bewährt hak, zumeist durch eine Nihtahtung seiner berehtigten Forderungen und Wünsche belohnt wird. (Hört, hört!) Bei dieser Einstellung gegenüber Preußen ist es auch kein Wunder, wenn eine Reihe kleiner deutscher Länder ein angebliches Reichsinteresse, das sie Preußen gegenüber vertreten, vorshügen, wenn sie Forderungen an Preußen stellen. Wir haben bisher auf diesem Gebiete das weitgehendste Entgegenkommen an den Tag gelegt in der Ueberzeugung, daß leßten Endes auch den Ver- waltungen dieser Länder zum Bewußtsein kommen wird, daß sie auf die Dauer nicht auf Kosten eines großen Nachbarn ihre Selb- ständigkeit aufrehterhalten können, und daß es für sie rationeller ist, sih, der wirtschaftlichen Not nachgebend, dem Größeren an- zuschließen.

Wir haben bei der Abstimmung in Lippe gesehen, daß wir uns darin getäuscht haben. Wir schen aber insbesondere au in Waldedck, das schon in einem festen Vertragsverhältnis zu Preußen steht, daß auch dort die Auffassung, daß es zweckmäßiger sei, sich Preußen anzuschlie en, doch immer noch auf sehr großen Widerstand stößt. Jch habe bei früheren Beratungen dieser Materie erklärt, daß Preußen auf diese Staaten keinerlei Druck ausüben wird, sondern daß es auf den Anschluß dieser Staaten nur Wert legt, wenn sie aus freier Entschließung und in der Ueberzeugung, daß es dem Wohle ihres Landes und Volkes entspricht, wenn sie sich Preußen anschließen, diesen Anschluß vollziehen. Aber diese Länder werden auf die Dauer nicht ver- langen können, daß wir ihnen alle Oberinstanzen und sonstige Einrichtungen, die sie sih als kleines Land nicht \chaffen können, gur Verfügung stellen, nur damit sie ihre Selbständigkeit aufreht- erhalten können. (Zustimmung.) Es soll in der Landes- vertretung in Waldeck das Wort gefallen sein, man könne sich die Bevormundung durch Preußen niht weiter gefallen lassen. Meine Damen und Herren, ich erkläre hier ganz offen: mir liegt nichts ferner, als irgendein kleines Land zu bevormunden. Fch stehe vielmehr auf dem Standpunkt das preußishe Staats- ministerium hat sich mir darin kürzlih angeschlossen —, daß die kleinen Länder vollständig selbständig sein sollen, so selbständig, wie sie nur irgend wollen und wie sie es nah der Reichsverfassung sein können. Der Zustand, wie er jeyt mit Waldeckt besteht, entspricht längst niht mehr den Bestimmungen der Reichsverfassung. Das Land wird von uns verwaltet; aber es macht sih dort auch das Bestreben geltend, ein eigenes Parlament zu haben, und man wollte kürzlich sogar einen Landespräsidenten wählen. (Heiterkeit) Meine Damen und Herren, wir wollen diesen Ländern die weit- gehendste Selbständigkeit einräumen, und ih habe mich stets auf den Standpunkt gestellt: sie sollen selbständiger werden als je zuvor; wir wollen ihnen nichts hineinreden; sie sollen ihre Referendare nicht mehr zur Prüfung vor unsere Prüfungs- kommissionen bringen (Heiterkeit), sondern sie sollen eine eigene Prüfungskommission einsezen und in Waldeck eigene Referendare und Assessoren haben. Sie sollen ganz selbständig sein. Aber sie jollen von uns nicht verlangen, daß wir ihnen ihre Selbständig- keit durch unsere Einrichtungen garantieren, (Allgemeine Zustimmung.)

Wir sind auch zu dieser Stellungnahme gekommen, weil die Entwicklung der Verhältnisse uns zwingt, auf allen diesen Gebieten eine gewisse Klarheit zu schaffen. Wir haben deshalb fürzlih auch beschlossen, den Akzessionsvertrag mit Waldeck zu kündigen, um auch da eine völlig klare Sachlage zu schaffen, um nach zwei Fahren den Waldeckern die Möglichkeit zu geben, sich eine ganz selbständige Landesverwaltung zu schaffen, wenn sie wollen, auch ihren Landespräsidenten, den sie kürzlih \chon geschaffen hatten, wieder neu zu schaffen. Fch hoffe, daß man sih im Verlaufe der zwei Fahre bis zum Ablauf der Kündigungs- frist in Waldeck, wie man es jevt schon in Lippe tut, ruhig übex- legen wird, ob es im Hinblick auf die wirtshaftlche Not, die uns ja leider in Deutschland noch viele Fahre belasten wird, zweck- mäßig ist, diese Selbständigkeit in der Form, wie die Herren es wünschen, weiter aufrehtzuerhalten. Aber wie gesagt, meine Herren, man erlebt bei der Erörterung dieser Frage so oft, daß alle diese kleinen Staaten glauben, im Reichsinteresse gegen das partikularistishe Preußen, das nihts abgeben will, Stellung nehmen zu müssen.

Das ist ja auch der Ton, auf den die Erörterungen der Groß- Hamburg-Frage, auf die ich jeßt kurz eingehen will, abgestimmt war. Auch da wird exklärt, daß Hamburg lediglich im Reichs- interesse seine Forderungen an Preußen stelle, und daß Preußen partikularistisch engherzig handle, wenn es diese Forderungen nicht erfülle, Leider ist festzustellen, daß ein großer Teil der deutschen Presse sich von dieser Formel nicht hat freimachen können und daß insbesondere auch Zeitungen von Parteien dieses Hauses, die den Standpunkt, den die preußishe Regierung in dieser Frage eingenommen hat, durchaus billigen, den Standpunkt Hamburgs gegenüber Preußen in ihren Spalten vertreten. Meine Herren, wie liegt es denn mit dem Reichsinteresse Hamburgs und dem engherzigen Partikularismus Preußens? Die Dinge liegen so, daß Hamburg als Stadtstaat allerdings eine sehr bevorzugte, bevorrechtete Stellung hat, niht nux durch seine wirtschaftliche Struktur und durch die sih daraus ergebende höhere Steuerkraft. Hamburg hat nicht die Lasten eines Staates mit seinem flachen Lande, mit seinen Weg- und Scullasten usw., sondern Hamburg ist Stadtstaat mit einer ausgesprohen wohl- habenden Bevölkerung, mit einer vorteilhaften wirtschaftlichen Struktur. Hamburg zieht nicht nur die Gemeindesteuer von dieser steuerkräftigen Bevölkerung, sondern auch noch den ganzen Teil der Landessteuev, der auf diese Zensiten entfällt, und hat lediglich die Aufgaben einer Stadt zu erfüllen, hat nichi die großen Lasten zu tragen, die jedem Lande durch den Zubehör des flachen Landes, das ja viel weniger steuerkräftig ist, auferlegt sind. Meine Herren, wenn man vom Reichsinteresse redet, dann kann man einmal die Erwägung anstellen: wie würde es mit dem Reiche stehen, wenn alle großen Städte des Reiches mit ihrer Steuer- kraft isolierte Stadtstaaten wären und ihr Steuerauffommen selbst nux für Aufwendungen in ihrem Stadtbezirk verwenden würden? (Sehr richtig!) Wer würde denn die Lasten des flachen Landes mit seinen großen Verkchrslasten, Wegelasten, Flußregulierungen, Schullasten usw. tragen? Dann würden diese Städte in ihrer &solierung auch bald wirtschaftlih vollständig verlümmern. Denn shließlih liegen doch die Wurzeln der wirtschaftlichen Kraft dieser Großsiädte auch auf dem flachen Lande, aus dem sie ihre wirt- schaftliche Kraft ziehen. Denn was is Hamburg als Hafenstadt, wenn nicht das ganze große wirtschaftliche Hinterland da wäre, das die Waren zuführt, die Hamburg verfrachtet, und die Waren

abnimmt, die über Hamburg in unser Land eingeführt werden?

Das gilt au für alle anderen Großstädte. Nehmen Sie einmal

an, Berlin würde Stadtstaat werden und die beiden Teile der Steuer, Staats- und Stadtsteuer, für sich in Anspruch nehmen. Wie sollten dann die hohen Kosten des Ostens unseres Landes aus dem Gebiete der Staatslasten getragen werden? Nein, es liegt so, daß das Groß-Hamburg-Gebiet ein einheitlihes Wirtschaftsgebiet ist, bei dem der Gewinn aus der Arbeit der in diesem ganzen Wirtschaftsgebiet tätigen Personen in der City von Hamburg zusammenfließt, wogegen die Lasten getragen werden v-n den um den Hamburger Kern herumliegenden preußishen Gemeinden, in denen die Arbeitskräfte ihr Domizil haben,“ die ihre Arbeitskraft in Hamburg verwerten und aus deren Arbeit der Gewinn nah Hamburg fließt. Das ist ein Zustand, der auf die Dauer nicht aufrehterhalten werden fann. Handelt es sich um nur preußische Gemeinden, so haben wir ja bereits die geseblihe Handhabe, hier einen Lastenausgleih herbeizuführen. Weil hier Landesgrenzen dazwischen liegen, wird es nicht anders gehen, als daß und das ist ein eminentes Reichsinteresse, das ih hier ins Feld führen will, konform den Hamburgern, die immer von Reichsinteressen reden durch Reichsgeseß der Ausgleih zwischen der Betrieb8gemeinde und der Einwohnergemeinde geschaffen wird. Es geht unmöglich auf die Dauer an, daß in Hamburg, in der City mit ihrer starken Steuerkraft, der Gewinn zusammenfließt, während die umliegenden preußishen Gemeinden die großen Lasten auf dem Schulgebiet und auf sonstigen Gebieten tragen müssen, die damit zusammen- hängen, daß dort in der Peripherie die Arbeiter wohnen, die in Hamburg tätig sind. Wir werden also darauf hinwirken müssen, daß dieser Lastenausgleih durch Reichsgeseß durchgeführt wird, nachdem es nicht gelungen ist, durch Staatsvertrag mit Hamburg zu einem solchen befriedigenden Lastenausgleih zu kommen, Darin lag das ist bei der Erörterung der Groß-Hamburg-Frage in der Oeffentlichkeit oft überschen worden das große preußische Interesse, diesen Lastenausgleih für die preußischen Gemeinden auf Kosten Hamburgs herbeizuführen; denn Hamburg ist ver- pflichtet, auch die Kosten für die Avbeitskräfte, die bei ihm tätig sind, zu tragen. Da wir es durch Gesey niht herbeiführen konnten und wir ein Reichsgeseß bisher nicht hatten, so hien mir der Augenblick, in dem Hamburg von Preußen Gebiets- abtretungen verlangte, geeignet, um als Kompensation zu ver- langen, daß dann sich eben Hamburg im Wege des Staats- vertrages auch zu diesem Lastenausgleih bereit erklärte. Fch möchte hier ganz ausdrücklich noch einmal erklären, daß Preußen, jedenfalls die preußishe Staatsregierung vorbehaliliG der späteren Zustimmung des Landtages, bereit war, an Hamburg das Gebiet abzutreten, das es nahgewiesenermaßen für den Ausbau seines Welthafens brauchte. Jch habe jet kürzlih in einer Hamburger Zeitung gelesen, daß dieses Gebiet, das hauptstrittige Gebiet Wilhelmsburg, vielleiht erst später zum Hafenausbau gebrauht würde, womit bis zu einem gewissen Grade der preußischen Staatsregierung Recht gegeben wird, die mehrfach bezweifelt hat, ob jeßt {hon das dringende Bedürfnis dieser Gebiets8abtretung vorliege ob jeßt {hon der Ausbau des Hafens vorgenommen werden soll. Aber gleichviel, jedenfalls haben wir uns bereit erklärt, das, was zum Ausbau notwendig ist, ab- zugeben, natürlih gegen entsprehende Kompensationen. Nun ist nach Abbruch der Verhandlungen erklärt worden, daß die Forde- rungen Preußens Wucherforderungen seien, daß Preußen einen Wucherpreis gefordert habe. Wir haben das gefordert, was wir zur nachhaltigen Regelung der kommunalpolitishen und kommunalwirtshaftlihen Verhältnisse dieses Unterelbegebiets für unbedingt erforderlih hielten. Es mußte einmal festgelegt werden, daß dieses einheitlihe Wirtschaftsgebiet auch kommunal- wirtschaftlich seine Lasten gemeinsam tragen sollte, daß sich Hamburg nicht einfach auf Kosten der umliegenden preußischen Gemeinden den Luxus ganz besonderer Leistungen auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens erlauben konnte. Deshalb haben wir einen völligen Lastenausgleih verlagnt und haben uns nit mit dem begnügt, was in dem Vorschlag Drews-Roedern vor- gesehen ivar, nämlich nur einen bestimmten Steuerteil zu über- weisen, die der verschiedenen Steuerkraft der beiden in ihrer wirt- shaftlihen Struktur so verschiedenen Gebietsteile niht hinreichend Rechnung trug. Wir haben weiter verlangt, damit ein für alle- mal das Verlangen nah weiteren Gebietsabtretungen verstummte und damit wir auch auf territorialem Gebiet eine gewisse Kom- pensation hatten, daß sämilihe hamburgishen Enklaven im preußischen Gebiet an Preußen abgetreten würden. Jh habe mich bei den Verhandlungen auf den Standpunkt gestellt: wenn Hamburg erklärt, die Abtretung Wilhemsburgs, d. h. des ganzen Geländes im Stromspaltungsgebiet der Elbe, sei für den Ham- burger Hafen und für Hamburg eine Lebensnotwendigkeit, Hamburg könne sich nicht weiter entwickeln, wenn das nicht ab- getreten würde, so läge kein Grund für Hamburg vor, der Forde- rung Preußens, die Enklaven, die für die wirtshaftlihe Ent- wicklung des Hafens ganz unerheblich waren, an Preußen ab- zutreten, abzulehnen. Gleihwohl hat Hamburg erklärt, nur eins der Walddörfer, eine der Enklaven, würde es, außer Moorburg, abtreten, darüber hinaus könne es nicht gehen. Das, was wir gefordert haben, ist leßten Endes ja auch das habe ich erklärt nit das leßte Wort; in Einzelheiten könnten wir noch zu irgend- welchen Konzessionen kommen. Aber es zeigte sih bei den leßten Verhandlungen mit den Vertretern des Hamburger Senats, daß Hamburg nicht geneigt war, über das, was in dem Drews- Roederschen. Vorschlag Hamburg an Lasten auferlegt werden sollte, hinauszugehen, so daß wir uns s{ließlich {lüssig wurden, daß weitere Verhandlungen, wenn Hamburg auf diesem Stand- punkt verharrte, selbst in dem Falle, daß wir in einzelnen Punkten in unseren Forderungen etwvas nachgeben würden, uns doch materiell niht so weit nahebringen würden, daß eine Aussicht auf das Zustandekommen eines Staatsvertrages gegeben war. Diese Anschauungen waren beiderseitig, so daß die Verhandlungen ab- gebrochen wurden. Allerdings waren wir uns klar darüber, daß die Verhältnisse in diesem Unterelbegebiete leßten Endes doch zu

einer gemeinsamen Arbeit Preußens und Hamburgs zwingen würden. Jch erinnere Sie zum Beispiel daran, daß die Haupt-

verkehrsstraßen auf preußishem Gebiete in Wandsbek, Altona usw. dur den immer sfieigenden Lastautoverkehr von Hamburg in Grund und Boden gefahren werden, ohne daß Hamburg einen Pfennig dafür beiträgt. Es sind eben preußishe Gemeinde-, Kreis- oder Provinzialstraßen. Es geht weiter niht an, daß auf dem Gebiete der Siedlung die Arbeitskräfte, die in Groß-Hamburg

tätig sind, ohne Berücksichtigung der kommunalwirtjschas

lichen und kommunalpolitishen Fnteressen für \ich vorgehen, Jch habe den Hamburger Herren angeboten, daß wir unz auf diesem Gebiete über Maßnahmen in Zukunft ver- ständigen wollen, daß wir uns auch verständigen wollen auf dem Gebiete des weiteren Hafenausbaus. Leider haben die Herren von Hamburg sih nit dazu bereit erklärt. Sie wollten erst im Senat dazu Stellung nehmen. Bisher ist uns nicht

zum Deutschen NeichsSanzeig

Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 2. Fuli

ex und Preußischen Staatsanzeiger

1926

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Ir. 151. _

bekannt geworden, ob der Senat bereit ist, auf dem Wege der

Verständigung mit uns über alle Einzelfragen dieses Problem zu

lösen. Jedenfalls bestand ich schiebe das einem gewissen

Gefühl der Enttäushung und Verärgerung zu keine Neigung,

sih jeßt hon irgendwie durch eine Vereinbarung mit uns zuf binden. Das ist erklärlih. J hoffe aber, daß, wenn erst einmal F diese kleine Verstimmung, die sich aus dem Verlaufe der Ver-

handlungen ergeben hat, verschwunden sein wird, die Dinge, die*

dort auf dem Spiele stehen, so durchschlagend sein werden, daß! auch Hamburg einschen wird, daß es sie nur gemeinsam mit

Preußen lösen kann. Nun, meine Damen und Herren, nur noch

eins zum Schluß über die Groß-Hamburg-Frage. Nachdem es mißlungen ist, auf Kosten Hamburgs einen gewissen Grad des * Lastenausgleihs für die preußishen Gemeinden herbeizuführen und deren unhaltbare Lage zu beheben, wird es Pflicht der F preußishen Regierung und des Landtags sein, mit aller Be-f \{leunigung die gesebgeberischen Maßnahmen zu trepfen, die es

diesen umliegenden Gemeinden ermöglichen, einigermaßen in

Konkurrenz mit Hamburg ihre gemeindlihe Selbständigkeit wiri- ? shaftliG und kommunalpolitisch aufrechtzuerhalten. Das wird | eine der wichtigsten Fragen sein, die wir in Kürze zu lösen haben F werden. Das wird niht ohne erheblihe finanzielle Opfer œ F machen sein, aber ich glaube, wir werden diese Opfer bringen müssen; denn diese Gebiete dori behaupten und verkümmern lassen, f das kann Preußen unter keinen Umständen auf sich nehmen. Wir F haben jeßt, abgesehen von der wirtshaftlihen Einsicht, die mora- F lische Pflicht, politisch gesehen die Sache dort mit aller Be schleunigung aufzugreifen, und, meine Damen und Herren, wi sind auch dazu in der Lage. Die preußischen Finanzen sind dur aus gesund, obwohl wir jeßt naturgemäß Schwierigkeiten bei“ de Bilanzierung unseres Etats haben. Die finanzielle Leistungs fähigkeit des Staates in bezug auf die Deckung der laufende! Ausgaben kann darüber müssen wir uns allerdings klar sein nux durch eine durhgreifende Rationalisierung unsere gesamten Stats- und Finanzwirtshaft dur? geführt werden. Die s{hematishen Ersparnismaßnahmen, die wir ergriffen haben, führen uns, glaube ih, nicht zum Ziel. (Sehr

Nichtamtliches.

(Fortseßung aus dem Hauptblatt.) Preußischer Landtag.

192. Sißung vom 1. Juli 1926, mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger. *)

Das Haus seßt die dritte Breatung des Geseßentwurfs über die Feststellung des Haushaltsplanes in der allgemeinen Besprechung fort.

. Schwenk- Oberhausen tg pie Vereinig.) begrüßt die or, Prins des Sozialdemokraten Osterroth, daß die Bürde tes Parlaments von den Abgeordneten in ihren Reden und Zwischen- rufen mehr gewahrt werden müßte, und {ließt sich dieser Äuffassung an, wobei er mit Genugtuung feststellt, daß bisher noch kein Mitglied der Wirtschaftlichen Vereinigung im Landtag vom Präsidenten einen Ordnuú e erbalten hat. Vom Ministerpräsidenten trennie uns eine k luft, so fährt der Redner fort, weil er niht den Willen hatte, den Mittelstand zu erhalten. Mit seiner ruhigen und ernsten Rede ist uns der Ministerpräsident gestern um vieles Näher ge- fommen. Es ist bedauerlich, daß der Ministerpräsident die Flucht in die Oeffentlichkeit mit seinen Klagen gegen das Reich antreten mußte. Es scheint noch immer nit klar zu sein, daß der Weg zu einem großen Deutschland nur über ein großes starkes Preußen führt. Ganz gleih, wie man sonst zum Ministerpräsidenten steht, muß man si hinter ihn siellen, wenn er dafür sorgt, daß Preußens Rechte im Reich gewahrt werden. Es geht nicht an, daß Preußen allein die Folgen des verlorenen Krieges in Deutschland trägt. Herr Riedel hat gemeint, der Widerstand des Reiches gehe von den alten Geheimräten in den Reichsministerien aus. Das ist nicht richtig! Hierfür kommen wohl andere Stellen in Frage; auch vom Jnnenminister Külz würde in diesem Zusammenhange zu reden F fein. Die Regierung muß Auskunst darüber geben, ob es zutrifft, daß sie die vom Reiche gewährten 30 Millionen, mit denen die F Hausbesizer im besezten Gebiet für ihre Besaßungsshäden ent- È ihädigt werden sollten, zum größten Teil für andere Hwete (für Siedlungen usw.) verwendet hat. (Hört, hört! bei der Wirtschaftl. Vereinig.) Der Redner seßt sich noch für eine Stärkung ves Berufs- beamtentums ein und bespricht dann ausführlih das Erwerbslosen- problem, dessen eine Ursache auch darin liege, daß wir kein stehendes Es wiederaufzurichten sei ein für un8nicht

richtig!) Es wird hie: und da eine kleine Ersparnis gemacht Heer mehr hätten. ! ! | l S aber die Quelle der Mehrausgaben bleibt bestehen, die Quelle, F gangbarer Weg. Große Massen hätten si heute in den ndiffstrie é A RL f gebieten zusammengedrängt und seien dort arbeitslos. Das wäre

die, wie ih glaube, in der jeßt niht mehr zeitgemäßen Organisa tion und Struktur unseres ganzen Verwaltung8apparates liegt. = Wir werden daher von Staats wegen niht nur alles tun müssen soweit es in unserer Macht liegt, unsere Wirtschaft zu fördern sondern wir iderden, wie gesagt, auch mit allem Nachdruck an die Verwaltungsreform herangehen müssen, an eine Ver- waltungs3reform in der Richtung, zu einer größeren Verein- fahung und Vereinheitlihung in der Verwaltung zu gelangen Denn, meine Damen und Herren, der Abbau von Beamten und * die Aufrechterhaltung des ganzen Apparates in seiner Struktur hat uns finanziell sehr wenig gebracht und kann der Natur der * Sache nah au nur sehr wenig bringen, Nur die Umorganisierung * kann leßten Endes zu einem nachhaltigen Erfolge führen. Swhließ- lich kommt es ja auch sehr viel mehr darauf an und ist es für Y den Staat und au für die beteiligte Beamtenschaft sehr viel f wichtiger, einen kleinen, guten und ausreihend bezahlten Beamtenstab zu haben (sehr vihtig!), als einen überaus großen F Beamtenstab, der im Hinblick auf die wirtshaftlihe Lage unseres | Velkes nicht ausreichend bezahli werden kann. (Zustimmung.) F

Wenn diese Aufgaben erfüllt werden sollen, brauchen wir selestverständlih Ruhe und Stetigkeit in unserem ganzen politishen Leben. Wir müssen uns mehr und

auch aus moralishen Gründen ein niht aufrechtzuerhaltender Zu- stand. Dagegen wären noch riesige Gebiete von Oedländereien zu fultivieren, und in der Landwirtschaft fehle es an Kräften. Man müßte eben den Mut haben, auszusprechen, daß die Arbeitsdienst- Ï pflicht erforderlih sei. Zum Schluß tritt der Redner der Auffassung bei, daß jeder Beamte die bestehende Staatsverfassung zu refpet- Ï tieren habe. Aber in einer gut geleiteten Republik müsse au der | monarchistisch denkende Bürger Schuß finden.

Abg. Dr. von Brehmer (Völk.) gibt im Namen seiner politisjhen Freunde folgende Erklärung ab: Die Regierung Braun- Severing hat von den ersien Tagen ihres Bestehens an die Grund- lagen des preußishen Staates verleugnet. Sie hat diese ihre Tätigkeit im vergangenen Etatjahr gekrönt durch eine Anzahl von Nechtsbrüchen, die dem preußishen Staat den Charakter als Rechts- staat genommen haben, (Sehr wahr! rets.) Ao ihrem j gesheut

die volfishe und vaterländishe Bewegung hat sie sich niht gescheut,

ehrenwerke Männer, denen auch der politishe Gegner die Aner- kennung der Reinheit ihrer ale tien Motive gugesteben muß, für vogelfrei ju erklären. Die R ffe der Polizei, die Jrreführung der öffentlihen Meinung in der Ku-Klux-Klan-Angelegenheit, dem L enannten Re g , in der Fememordbeschuldigun völtischer

geordneter und Verireter (Zuruf des Abg. Riedel [Vem.]: Das hat doch die preußische Regierung niht veranlaßt!), haben gerade in der lebten Zeit einen Bn ens angenommen, der den preußischen Staat auf das Schwerste bloßstellt, Die Behandlung des Falles Lefsing-Lazarus schlägt jedem vaterländishen Fühlen und jeder staatspolitischen Auffassung ins Gesicht, (Sehr wahr! rechts.) Die Knebelung der Saieriänbiidau Verbände, die Förderung pazifi-

mehr bemühen, die störenden Momente unseres öffentlichen : ] ; rbände, die 1 Gs - nta ft 8 Strei Sitatstor E die stischer, internationaler und revolutionär-sozialistisher Bestrebungen Lebens, die sich aus dem Streit um die Staatsform, Un d sind eine Herausforderung jedes preußishen Staatsbürgers, der in

Flagge und ähnliches mehr ergeben, was sih in der s{chlimmsten Form nach außen auswirkt, beiseite zu schieben. Nux dann werden wir in der Lage sein, die großen Aufgaben zu erfüllen, die erfüllt F werden müssen. Wir müssen unsere ganze Kraft mehr als bisher i auf die Lebensnotwendigkeiten des Staates einstellen. Gelingt F

dem preußischen Staat, entsprechend seiner Vergangenheit, den Mittelpunkt und Führerstaat Deutschlands sieht. Die Behandlung des früheren preußishen Herrsherhauses durch die jeßige preußische Regierung empfinden wix als einen schweren Verstoß Jegen Treu und Glauben. (Sehr wahr! rechts.) Das herrshende System und die derzeitige Regierung sind daher unseres Erachtens nicht be-

uns das unter zeitweiliger Zurückstellung der sonst aufreht- fähigt, Gründen sprede eines neuen DetiGands qu legen. Aus zuerhalienden Parteigrundsäße, dann haben wir einige # diesen Gründen sprehen wir der jeßigen preußi|hen Regierung

af; ; a ; : „E unser shärfstes Mißtrauen aus (Gelächter und Zurufe links: Aussicht, aus dieser trüben Gegenwart, die zweifellos noŸ F Sgrecklih!), und lehnen den Etat ab. (Beifall bei den Völkischen.)

stetiger Aufiwärts- |

einige Zeit anhalten wird, in ruhiger, (Bravo!)

entwicklung einer besseren Zukunft entgegenzugehen.

Abg. Dr. Pinkerneil (D. Vp.) erklärt, daß die {lechte Be- bandlung Preußens, von der gestern der Ministerpräsident geiproVen habe, auch in der Presse wiederzufinden sei, Aber das liege doch daran, daß es nicht gelinge, dem Parlament die Stellung, die ihm gebühre, gu verschaffen. Wenn man hier von Preußen aus felbst nichts in dieser Beziehung tue und immer nur vom Reich rede, obne die Teilen Fragen der Wahlrehtsreform, Parlamentsreform usw. anzushneiden, dann könne man fich nicht wundern, daß der Parlamentarismus eine Rolle dritten Ranges spielt. Dazu trage bei, daß gestern der Ministerpräsident bei der Rede des Hauptredners unserer Fraktion zeitweilig nicht anwesend gewesen sei. Auch die Gepflogenheit, daß Ministerialdirektoren politische Fragen, die man an sie richte, niht beantworten, s{hädigt das Ansehen des Parla- ments. Kurzum, die Regierung habe sehr viel Schuld an der geringen Beachtung, die das Preußische Parlament finde. Jn wirtschafilicher Beziehung habe die Regierung auf dem wichtigen Gebiet der Arbeitsbeshaffung immer wieder versagt. Schon vor drei Jahren habe der Landtag die Hafenbauten in Stettin be- \{lossen. Wochenlang lägen dann folhe Sachen im Staats- | ministerium, wenn jeßt der Landtag die Vorlage erhalten habe,

sei es ziemlich gewiß, daß er sie niht mehr behandeln könne. So | illuftriere man das Problem der S IIBe Qa fung. Ein groß- 3Ugiges Bauprogramm sei nicht vorhanden. Statt dessen würden mit den vorhandenen Geldern Aktienpakete aufgekauft, (Zuruf [des Abg. Nuschke: Die Stinnes, Giesche, Stumm haben nach dem Ankauf gerufen!) Es müsse energischer an die Arbeitsbeschaffung Jedenfalls herangegangen werden, und die Mittel, die dafür vor- Handen seien, müßten aufgebrauht werden. Zum Problem der Arbeits- beschaffung komme das Problem der gerechten Verteilung der } Steuern. Auch hier riefen die Wirtschaftskreise nah Steuer- reform, Die Reform der Vertvaltungsgebühren sei dringend. eas „alles seien einfahe Tagesfragen, die nicht in die hohe A Hineinshlügen. Das Handelsministerium, das praktische Sie p: leisten wolle, scheine sich nicht so durchseben zu können, W liti mödte. Die Hauptsace sei aber doc, daß mit der jeßigen

dts “Dio überbaupt feine gesunde Wirtschaftspolitik zu treiben sei, Die Anschauungen über Wirtschaftsfragen gingen in ihr

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Der Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und Klauenteudche ist amtlich vom Zentralviehbofe in Berlin am 29. Junt 1926 gemeldet worden.

Verkehrswesen.

Vorn 1. Juli an werden deutshe Luftpostsendungen— ge- F wöhnliche und eingeshriebene Briefsendungen aller Art nah Ju go- i slawien, Rumänien und der Türkei fowie folhe nach} Durchgangsländern, die über diese Länder zu leiten sind, mit dem von der Compagnie Internationale de Navigation aérienne, Paris, betriebenen Flugdienst Budapest— Belgrad, Bukarest— Konstantinopel betördert. Die Flüge verkehren werktäglich, wie folgt: ab 5,30 Buda- vest, an 8,0 Belgrad, an 12,15 Bukarest, an 4,45 Konstantinopel. Anschluß an diese Flüge bietet der deutshe Flugdienst Berlin— f Leipzig— Fürth/Nürnberg—München—Wien—Budapest, ab Berlin7,40.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Verantwortlicher Schriftleiter: J. V.: Weber in Berlin.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Preußishen Druckerei- und Verlags-Aktiengesellschäft. Berlin, Wilhelmstr. 32, - Sechs Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage) and Erste und Zweite Zentral-Handelsregister-Beilage.

j “) Mit Ausnahwe der dur Sperrdruck hervorgehobenen Neden der Herren Minister, die im Wortlaute E deaeaden sind,

allzustark auseinander. Wenn der Abgeordnete Osterroth von einem Aufstieg in der Wirtschaft gesprochen habe, so berechtigte ihn das nicht zu Lobsprüchen an die Regierung. Die Wirtschaft habe sich selbst geholfen. (Lebhafter Beifall.) Unsere Lage sei noch sehr ernst. Was im englischen Streik etiva gewonnen fei, das sei mit einem Schlage durch die Deichbrüche verlore:1- egangen. Die Art und Weise des Regierens in diesem Hause biete immer wieder das Bild einer ganz einseitigen Parteiwirt- schaft. Diese Auffassung sei auch in weitem Maße im Volk zum Durchbruch gekommen. Die Republik gehe an ihrer Prätorianer=- garde zugrunde. (Lebhaftes Sehr richtig! rets.) Vor dieser Prätorianergarde habe sih auch Herr Severing einmal gefürchtet. Er sei gezwungen worden, sie anzuerkennen. Jeßt beweise fast jeder Tag, daß der Mann, der an der Spiße dieser Prätorianer- garde stehe, Herr Hörsing, stärker sei als die Regierung. Angesichts dieses Systems könne man sich nit wundern, daß die Kreise, die im Gegensaß zur Regierung stünden, das stärkste Mißtrauen haben müßten. Einst hieß es: Nicht Roß nicht Reisige schüßen die steile Hoh’, heute läßt fih der Staat von seinen Prâätorianern süßen. Den Staat aber, der höher sei als die Partei, würden die hüben, die zum Staat die größere Liebe hätten. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.)

Nach kurzen Ausführungen des Abg. Biester (D. Hannobv.), der darauf hinweist, daß 1866 ein häßliher schwarzer Vogel auf Hannover niedergefallen sei und daß die Hannoveraner zur preu- Bischen Regierung erst Vertrauen haben könnten, wenn das damals begangene Unrecht verschwunden wäre, {ließt die allgemeine Besprechung.

Das Haus beginnt die ministerium.

Abg. Dr. Maretky (D. Nat.): Die Linke zeigt das Be- streben, die mit so ungeheuerlihem Aufwand und unter so schweren Recht8verletungen durchgeführte Polizeiaktion gegen den angeb- lihen Rechisputs{ möglichst {nell in Vergesjenheit geraten zu lassen, weil hon jeßt euwiesen ist, daß es si bei der ganzen An- gelegenheit um ein frivoles politishes Manöver gehandelt “hat. Das Hauptstück der ganzen Attion, die „Notverfassung“, ist_ über- haupt niht gefunden worden. (Zuruf rechts: Da liegt System drin!) Auch die Hineinziehung Dr. Stresemanns beweist die völlige Ratlosigkeit der Regierung. (Sehr richtig! rechts.) Die Regierung hat sih nit geäußert dazu; das ijt bezeichnend. Die meisten von der Polizei beschuldigien Personen sind überhaupt nicht zur Untersuhung gezogen worden, weil sich die Beschuldi- gungen auf den ersten Blick als [anA erau ae haben. Gegen die shiveren Rechtsverleßzungen der für die Polizeiaktion verant» wortlihen Beamten hat die Regierung nichts getan, Wie korreït und gewissenhaft hat dagegen die alte Regierung die Vorschriften beachtet, die die Freiheit des Staatsbürgers sichern! Jn der „demokratischen“ Republik aber kann davon keine Rede sein, (An- haltende Zwischenrufe links.) Sie mißachiet die elementaren Grundsäze der Freiheit. (Lachen links.) Diese Demokratie ist eben cine Formaldemokratie; für wahre Freiheit nimmt sie den äußern Schein! (Sehr vihtig! rets.) Wir fragen an, vas die Regierung zu tun gedenkt, um die offenbar s{hweren Rechts- vet zu sühnen! Zwar erkennen wir die Pflichttreue und die Leistungen eines großen Teiles der Schubpolizei an, können aber nicht daran vorbeigehen, daß si inge der Personalpolitik des Ministers Severing in anderen Teilen [chwerste Yersegungs- ersheinungen geltend machen. Wir fordern, daß die Freiheit der politishen Stellung der Polizeibeamten sichergestellt wird. Fn zahllosen Fällen, so bei der Range aier in Weißensee, so bei den kommunistishen Ausschreitungen in Ammendorf, bei den Ge- walttätigkeiten der Linksradikalen in Fürstenwalde, Landsberg, Frankfurt a. O, Kiel und vor allem in Berlin, zeigt sich immer wieder, daß einzelne Formationen und einzelne Beamte der Polizei den bürgerlichen Rechtskreisen den pflichtmäßigen polizeilichen Schuß versagen. (Zuruf links: Wenn Provokation vorliegt!) Sie (na links) nennen hon die Aeußerung einer anderen politischen Gesinnung eine Provokation. Mit diesem Wort wird ein uner- trägliher Unfug und Mißbrauch getrieben, um jeden Terror von links zu rehtfertiigen. Man sieht ja schon das Zeigen der shwarz- weiß-rotew Farben in Versammlungen als Provokation an! (Sehr rihtig! und stürmische Zustimmung bei den Kommunisten.) Der voten Farbe gegenüber is man niht so _empfindlih. Vielleicht kommt doch noch einmal der Tag, wo die Dinge anders aussehen. (Aha! und stürmishe Kundgebungen bei den Sozialdemokraten und Kommunisten.) Das Siockverbot gegenüber den Verbänden ist eine Maßnahme zur Wehrlosmachung der Rechtsorganisationen und zur M runa der nationalen Bewegung, um im Bürgertum den Eindruck hervorzurufen, daß die Uebermachi der proletarishen Linken unübevwindlih ist, Das Reichsbanner maßt sich geradezu obrigkeitliche Funktionen an, Au der Rote Front- kämpferbund wird begünstigt, soweit er gegen das rechtsgeritete Bürgertum vorgeht. Welche Aufregung würde sih der Linken be- mächtigen, wenn ein politisher Führer der Rechtsparteien der- artige Drohungen gegen die Staatsordnun» aus|präche, wie das die Kommunisten jeden Tag tun. Die Regierung ist nicht gewillt, ja nicht mehr in der Lage, gegen die proletarishe Einheitsfront vorzugehen. Möchten doch die bürgerlihen Parteien, die in der Regierung vertreten sind, einsehen, wie gefährlich es ist, das Ministerium des Jnuern in der Hand eines Sozialdemokraten zu belassen. (Zuruf des Abgeordneten Riedel [Dem.]: Sie halten wohl eine Kandidatenrede?) Die Entwicklung treibt einer prole- tariihen Revolution zu, Die Kommunisten wollen sie gewaltsam durchführen, die Sozialdemokraten ohne Blut mit dem 2 iel, eine radifale Linksregierung unter unbedingter Vorherrshaft der Sozialdemokratie auch in Reiche einzuseßen. (Andauernde Unter- brechungen links.) Dazu die Begünstigung des Terrors der Straße, dazu die wilde Agitation für die Fürstenenteignung, die revolutio- näre Filmpropaganda, die Verächtlihungmachung der alten Armee, der geheime Kampf gegen die Reihswehr und die Niederdrückung des Bürgertums8 und der nationalen Bewegung. (Zuruf rechts: Wir werden schon die Bude ausräumen! Stürmishe Gegen- kundgebungen links.) Vor allem hat die preußische Putschaktion der Polizei den sozialdemokratishen Machtplänen den Weg zu be- reiben. Man wollte den Reihs8präsidenten verhindern, jemals die Rechte des Ausnahmezustandes nach Artikel 48 einer Rechts- vegierung zu übertragen. Das war der Zweck der Uebung! So ist die Linke entschlossen, die allgemeine Notlage zu einem erneuten Vortreiben der Revolution auszunüßen. (Uhu-Rufe links.) Es ist kein Zweifel, daß auch die leitenden Männer der preußischen Regie- rung diese Pläne unterstüßen. Die Rechte will den Kampf nicht. Wird er uns aufgezwungen, werden wir ihn durchführen, um den Bestand von Volk und Staat zu erhalten. (Lebhafter Beifall bei den Deutshnationalen. Stürmische Gegenkundgebungen auf der Linken des Hauses. Große Unruhe im ganzen Hause.)

Abg. Eberlein (Komm.) empfiehlt die kommunistishen An- träge auf Entmilitarisierung der ußpolizei und Besserstellung der

olizeibeamten. Die Fun sollte ein Schuß der Bevölkeruiwg, eine äntane Gefahr für die arbeitende Bevölkerung sein. Was solle der sinnlos überflüssige Offiziersapparat? Viele Offiziere jite es, die überhaupt keine Funktion hätten; sie seien Reserven für den Zwed, bei einem Bürgerkrieg aus der Schußpolizei ein Militär- instrument zu machen. Zu dem Zweck habe man auch die neue Landjägereiorganisation geschaffen und suche überall an die Stelle

Aus\sprahe zum Funen-

dec Tommunalen Polizei die \staatlihe Polizeiorganisation zu seßen. Die Umwandlungen der Bote in Suhl und Lo Joe nur gewaltige Unkosten mit sih gebracht. Bei der s{lechten Be andlung der Polizeibeamten sei es fen Wunder, wenn sie immer mehr den Kommunisten zuströmten. Der Vorredner Herr Mareßky sei der bah des preußischen Polizeioffiziers. Die Kommunisten verlangten, da endlich Schluß gemacht werde mit der D der Polizet. Mit einem wahren Fanatismus beeile \ich die preußische Polizei, den Wünschen der bayerischen Justiz nachzukommen. Die Poslizet würdige \sih so zum Werkzeug „faschistisher Lümmels“ herab. E Abg. von Eynern (D. Vp.) erklärt, die persönlihe Freiheit sei in den leßten Jahren des vergangenen Staates böber gestellt als leßt, obshon man i gerade im demokratishen Staat ganz streng nah geseßlichen Bestimmungen richten müßte. Ueber diese Be- stimmungen gehe man zurzeit mit sehr leichtem Herzen hinweg. Auf unsere Anfrage über die Haussuchungen, au über die bei Stollwerck in Köln, die auf kommunistishe Denunziation erfolgt sei, habe die Regierung noch immer keine Antwort gegeben. Dies Kapitel könne niht geschlossen werden. Die Rechtskunde im Ministerium des VFnnern müsse doch sehr nachgelassen haben. Das beweise auch der Reinfall des Ministers vor dem Oberverwaltungsgericht in seinem roacs egen den Potsdamer Magistrat. (Sehr wahr! rechts.) Es ei doch 4 merkwürdig, daß der Minister sich jeßt sogar an einzelne Beamte wende mit der Frage, ob sie auch seinen Erlaß über die Beflaggung der Dienstgebäude beachteten. (Hört, hört! rechts. Zurufe und Unruhe links.) Wenn nun ein Beamter keine be- [Fienigende Antwort gebe, werde er wahrscheinlih ein Kreuz in seinen Personalakten erhalten. (Hört, hört! rechts. Zuruf des Abg. Buch- born: Gefinnungs\chnüffelez.) Man wolle jebt noch weiter gehen und au die Beamten in die Hand bekommen, die in fiskalischen Ge- bäuden wohnten, ohne Dienstwohnung zu haben. Was würden die Arbeiter sagen, die in Zechengebäuden wohnen, wenn man ihnen mit solchen Zumutungen käme. (Sehr wahr! rets.) Das erinnere an sebr patriarchalishe Polizeiübungen. (Heiterkeit rehts.) Der Nedner kommt auf die Demonstrationen zu sprechen und sagt: Das Recht zu Demonstrationen ist von der Linken begründet worden. Es gilt aber für alle Bürger. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Der Ober- präsident von Brandenburg war darum nicht berechtigt, dem Land- bund, wie er das getan hat, wegen Demonstrationen und Kund- gebungen über die Not der Landwirtschaft ein sharfes Vorgehen an- zudrohen. (Rufe rechts: Unerhört!) Diese Behinderung einer wirt- \chaftlichen Organisation, ihre wirtschaftlichen Aufgaben im Interesse threr Mitglieder wahrzunehmen, kann man niht dulden, (Lebhafte Eng rechts.) Eber sollte die Regierung das Reklame- vedürfnis des Vizepolizeipräsidenten Friedensburg etwas hemmen. (Heiterkeit.) Zum Beweis des Terrors von links, den der Herr Abgeordnete Gberlein bestritt, brauht man nur die Ausführungen des „Hannoverschen Volksboten“ zu lesen. Hier werden den Arbeitern, die nit zum Volksentscheid gehen wollten, offen Gewaltakte angedroht. (Hört, hört! rechts. Unruhe und Zurufe links.) Das ist Terror. (Wiederholte Zurufe links.) Nun, meine ilage wie ist denn der ganze Volksentscheid zustandegekommen? Ein inneres Verhältnis zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten ist doch noch nicht dagewesen. Der „Vorwärts“ ift seinen kommunistishen Freunden soweit entgegengekommen, daß er für den Volksentscheid sogar zum Flaggen mit roten Fahnen an erster Stelle neben den schwarz-rot- oldenen aufgefordert hat. (Lebhaftes hört, hört! rechts. Unruhe links, Zurufe: Wir sind darin unbelehrbar!) Der „Vorwärts“ hat auch geschrieben, man möge rote und \chwarz-rot-goldene Fahnen heraus|tecken, um zugleich dem Sozialismus und der Republik zu huldigen. Das weist hin nicht auf den Staat von Weimar, sondern auf den Staat von Moskau. (Lebhafte Zustimmung rets.) Der Nedner wirft der Megierung vor, daß die positive gesehgeberijGe Arbeit überhaupt nicht geleistet habe. Vor dreiviertel Jahren hieß es, die Städteordnung solle schnell, sogar im Handumdrehen, erledigt werden. Was ist geshehen? Wir haben die Städteordnung tn weiter Lesung beraten und die Landgeneindeordnung angefangen; da fino die Regierungsparteien mit einem Male wieder zu der Er- kenntnis gekommen, daß sie über die wichtigsten Fragen ja völlig uneinig seien. (Heiterkeit rechts.) Infolgedessen hat man das ganze Werk wieder beiseitegestellt. (Zurufe links.) So wird es auch mit den Ankündigungen kommen, die jeßt seitens eines Negierungs- vertreters auf dem Städtetag Uber eine in Aussicht genommene \{leunige Verwaltungsreform gemaht worden finh Sie haben teine große, ja, nit einmal eine ganz kleine Ea tanadrefoem fertig bekommen. (Sehr richtig! rets.) Die Negierung läßt sich eben von rein parteipolitishen Augenblicksstimmungen, nicht aber von staatspolitischen Gesichtspunkten lenken. So lange das so ist, brauchen PS die Regierunäspatteien nicht zu wundern, daß wir in der Oppo- ition stehen und stehen bleiben. (Lebhafter Beifall rechts.) Staatssekretär Meister: Der Vorredner hat es als Aufgäbe des Jnnenministeriums bezeichnet, die persönliche Freiheit des einzelnen zu {üßen. Das Ministerium hat aber auch die Aufgabe, die öffentliche Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. (Sehr gut! links.) Diese beiden Aufgaben müsen miteinander kombiniert werden. Die vom Herrn Abgeordneten von Eynern erwähnten Demonstrationen ind doh nit so harmloser Art gewesen, wie er es hinstellte. Der laggenerlaß ist vom Ministerium an die Regierungspräsidenten er- Den Negierungspräsidenten stand die Art seiner

assen worden. de Auch der Oberpräsident von Brandenburg hat

Durchführung frei.

dabei im Sinne des Erlasses sicherlih gehandelt. Die Meinungsfreiheit wird dabei Teineswegs beeinträchtigt. (Zu- rufe rechts8: Wird immer gegen rechts beeinträhtigt!)

Es ist hiex der Vorivurf erhoben worden, der Herx Ministertal- direktor Abegg habe das Schreiben cines Deutschnationalen an die Polizei niht rihtig wiedergegeben. Das Schreiben ist tatsählih hier rihtig und im vollen Wortlaut vorgelesen worden. Es ist von einem deutschnationalen Stadtverordneten an den Kommandeur der Berliner Polizeinspektion II1 gerichtet, vom 17. Mai 1926 datiert und hat folgenden Wortlaut: „Sehr verehrter Herr Konrt- mandeur! Als Leiter der gestrigen Demonstration im Bezirk T1 gestatte ih mir, der Polizeiinspektion im Bezirk [Il unseren besten Dank für den mustergültigen Schub unserer Demonstration aus- zusprechen. (Hört, hört! links.) Jch kann tvohl fagen, daß ich felten ‘eine so vorzüglihe Organisation gesehen habe. Mit vor- züglicher Hochachtung . . ." (Zurufe recht8.) Zu den Vorfällen im Landtag am 24. Juni erkläre ih: Der Herr Abgeordnete Dr. Leidig hat in Bezugnahme auf die Ausführungen seitens des Herrn Ministerialdirektors Abegg eine Bemerkung gemacht Über die Befugnisse der Regierungskommissare, die dahin ging, die Regierungsvertreter hätten nicht das Recht, sich in politische Diskussisionen oder persönlihe Auseinanderseßungen mit Mit« gliedern des Landtags einzulassen. (Sehr rihtig! rechts.) Sebr unrichtig; denn der Herr Ministexialdirektor Abegg dat in Ab» wesenheit des Herrn Jnnenministers das Jnnenministerium vertreten. H

Jch habe namens der Staatsregierung zu erklären daß sie für ihre Vertreter niht nur das Recht in Anspruch nimmt Auskunft zu erteilen, sondern auch sid in Diskussionen einzu lassen. (Sehr richtig! links; Gegenkundgebungen ret) Nu? Vorwürfe des Abgeordneten Eberlein erklärt der Neduer, er log ein ganzes Buch auf den Tish des Hauses, aus dem erd sein ‘werde, was das Staatsministerium gegen Terrora?te a Volks3entscheid unternommen habe.

Abg. Nu \chke (Dem.) bedauert, daß der Minister Ser durch Krankheit verhindert ist, den Verhandlungen deuten und gibt der Hoffnung Ausdruck, daß der Minitter dad geei

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