1904 / 107 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 May 1904 18:00:01 GMT) scan diff

ines Konkurses, nicht der g der Grundlagen können Durch sein Ürteil über [t beweist der Abg. Müller t. Er wird doch zugeben müssen, flicht hat, und daß er, wenn er die ihm unwiderkleglih 8 {eint mir,

Mann nichts hat, ist eben die Folge se Strafvollstreckung.

Sie an den Tatsa das Disziplinarverf er mih nit ver cin Anwalt eine Wahrheitsp langen Prozeß geführt hat, nachgewiesen sind, au gegen i daß der Anwalt dem macht hat, getragen hat. Brehm einen „reichen er vor dem Konkurs stand. vollkommen 1ichtig dargelegt und betra

Dieser Fall zeigt, fogar den Abgeor älte kann uns doch n

estnahme dur Polizeiorgane, es ist eine bne Grundlage in der Strafprozeßordnung. Widersprüche ein bedenklicher

man bezieht es auf die F sdrucksweise o Unklarheiten und und Genoffen eingeschlichen, Verfolgung Geseßten verlangt wird. des Verfahrens anderes als die Wie dem Eventualantrag findet si der liegt auch dann vor, wenn fein drin Dieser ist nicht nur \prachlih ungerechtfertigt ; fFann jedoch troß unserer erflären, daß wir die Geseße8vorlage der Gebeimrat Paulsfe

die Verschiebun en felbst nichts à

Entschädigung Nicht gedeckt ist damit den Staatsantoalt. erberstellung der Vorlage. merkwürdige Saß: „Unschuld Verdacht mehr besteht“.

Einstellung

Antrag ift nich gelten lassin muß. E

Müller gar niht die Mitteilungen ge- hriftsäße hier als Tatsachen vor- at der Abg. Müller den ist aber nahgewiesen, daß 2be in meiner ersten Rede, alles chte die Sache für mich jeßt als

wie weit die Rechts- dneten nah. Die Un- iht gleichgültig sein. daß sämtliche Rechtsanwälte in Zivilprozeß tischer Interessen be- einen Richter weil er Negierungs- Ich erinnere nur an Beim Zolltarif hat das n wie hier. che Pflanzen, den ewig unannehmbar erklärt, und Ob das Zentrum falsch der Weizen der Sozials-

Achtung ver- Altenburg !) Entschädigung nachweisen, daß wir bei der haben? Macen Sie doch n der Tat die V Beschluß aufrecht erhalten. verbessern, so foll

sondern daß dieser die S Nach dem Stenogramm

weiß machen wollen. Mann* genannt; es

ner politischen Freunde Nachdem gestern sführlih behandelt hat, Mitglied des Berwahrung einlegen. Der Angeklagten an- niht für Nebensächlichkeiten, enn er, was ih nicht glaube, doh kein Dis- ein Ehren-

man kann niht {warz Bedenken namens met

n den Fall Brehm au Abg. Stadthagen:

verfolgung geht. abhängigkeit der Nehtêanw NVorbin ist mir mitgeteilt worden,

ie er es schilderte, Man \pürt

selbstlofer Arkeit des t nit erwiesen, auhch Unrichtiges berichtet hat. attung gefärbt hätte, so könnte man gegen ihn einleiten, Ein solches Ehrer urteilung niht kommandieren lassen. sich solidarish erklären gegen e Auch heute noh gilt der Grundsaß: J dafür, daß die Grundl

freien Anwaltsstandcs, w Rechtsanwalt ha genommen. dem Druck kapitalif

teidigen, weil fie \sih unter 1 daß gegen

Wo werden Sie finden, i rverfabren eröffnet worden ware, Unrichtiges mitgeteilt die Begründung der Zuchtha Zentrum durchau Negierung hatte den Pflastersteinzo doch hat das Zentru oder richtig ritt,

demokratie blüht immer.

Zentrum durch seine jeßige lieren wird oder nit. ich Ihnen etwa hier be für unschuldig erlittene Altenburger Wabl glänzend abge einmal den Versuch, ob die Regier lehnen wird, wenn Sie Ihren ersten i Anträge in irgend einer Weife fommt es nur auf das Prinzip an. So unfruchtbar

seine Berichterst ziplinarverfahren gericht stellen.

fondern ihn nur vor rit würde sich zu einer Ver-

Die deutshen Anwälte müssen len Versuch der Disziplinierung. ustitia fundamentum regnorum:

agen des Rechts nicht ers{chüttert

Wir sind ja solche Angriffe von der gerihtet worden find, je mehr sie in ihrer fes auf Mißerfolge

Verlegenbeits-

Disziplina beamten etwas

83 nit dieselbe Stellung eingenomme; Quebracozoll, den auf italieni!

Sorgen wir

Ftschert (Zentr.): Linken, wie sie heute wieder gegen uns die Herren greifen um so lieber dazu, innerhalb und außerhalb diese den Sozialdemokraten: terlegenheitéphrase hat ihre Rechtfertigung dur Mir stimmen für die unveränderte Vorlage Gründen, die gestern bier entwickelt worden ursprünglihhe wir baben diese nit für eine Verbesserung der Die Bedenken des Abg. Storz gegen den „siftiert* teilen wir durchaus. . Bargmann (fr. Volksp.): Dem Protest Einleitung des Disziplinarverfabrens gegen d in des Abg. Müller-Meiningen ge an: wir seben darin eine Bedrohung der Unabhängig- ltitandes und indirekt eine Bedrohung der Immunität n Anträgen werden wir e Vorlage eintreten. Mangelhaftigkeit

ll für unannehmbar, m daran festgehalten.

ist für uns gleichgültig ; Es ift also auch al Abstimmung im Lande an Zuruf im Zentrum: 1 Gesetzentwurf über die die Tatsachen gefunden. Untersuhungshaft aus den realpolitiscen Herr Stad Kommission Vorlage halten

orlage ab-

Wollen Sie unsere es uns recht sein; uns Dr. Müller - Meiningen:

wie der weimarishe Vertreter meint. Lehren ziehen und formale V n sollten. Ich habe hier allerdings Beruf eines

ist die Sache Die Debatte Zerbesserungen des niht als Nichter Abgeordneten Nichter, sondern on Weimar

des Kollegen Storz en Rechtsanwalt, vesen ist, ließe wir aus ihr i Gesetes mache gesprochen. in die Debatte zu ziehen. als Vertreter des Volks zu sprecen behauptet immer wieder, ih hätte cin ih mich in der esgerihts von Jena von 1899 geh habe ih auch an das Mitleid des Hauses in solhen Fällen auch etwas hat vollkommen handelt, für den ih ganz allein au ohne jedes

der der Gewährêr ih mich durchaus Feit des Nechtzanwc der Reichétag8mitglieder. Den sozialdemokratische beistimmen, aber, wenn fi Die Bedenken d des Prinzipalantrags der durchshlagend ansehen. auf Besei:igung der Worte \ Die Kommission hatte j Staatsfekretär Seine Gründe

Es ist auch nicht Sitte, den Fch babe hier nicht als Der Vertreter v eitig Schriftstücke benußt. Ich Hauptsache an den alten habe.

lehnt werden, für di es Abg. Storz über die technische Sozialdemokraten den Eventualanträgen ist derjenige, der „dur Beschluß des Gerichts“ abzielt, der a auch diese Worte in ihrer ersten hat dieser Aenderung ein hatten in der ersten aber das absolute Nein Wir meinen, diese Streichung Ebenso würde ich wünschen, daß 1 entsprehend dem ursprünglichen

hakte gesagt, des Oterland

D Mein Gewährêmann nteresse eines armen Menschen ge- Nebeninteresse auf-

Mensch sein. Lesung gestrichen. bona fide it absolutes Nein gegenübergestellt. Lesung der Kommission n wurde leider von ihm müsse unbedingt bes{losszn werden. der leßte Saß des Absatzes 2 des F Kommissionsbeshlusse formuliert wird.

Abg. de Witt (Zentr.) wende Aba. Mommsen in der leßten Ließ, und führt dabei aus: He der S{lußabstimmung mit urs gehen ; Es erinnert mich ein wenig an da ein Weilchen, d und es ist alles wieder gut.“ durchaus nicht die Regierungen gezwungen,

ichts Ueberzeugendes; E as ist ja der Aerger der Herren von der

t\chaft Gelegenheit hat, gewisse Dinge ite als fie zu sehen. Anwaltskammer zu mißbra steht auf der Stufe des Terrorismus, mit ter den Abg. Müller auf seine Nichter-

Abg. Heine (Soz. Bureaukratie, daß die Anwal auc einmal von einer anderen S die Diszivlinarbefugnisse der Anwalt stumm zu machen, dem der BundeEratsvertre gualität hingewi

Abg. Kirs Negierungen die

Kommissar des Bundeêrats, Neichsjustizamt Dr. von Tischen

Damit schließt die Debatte.

alantrag Auer wird abgelehnt, ch der Vor

¡frecht erhalten.

Der Versuch, uchen, um einen ih gegen die Angriffe, die der ung dem Zentrum zu teil werden Neommsen erklärte selbst, er werde in wie kommt er dann zu solchen Mädchen im Volks- ann \pitt sie das Mäul-

er boffe, daß die verbündeten s anerkennen. : berregierungs8raît îm

ch (Zentr.) erklärt, e! Bererblichkeit des Anspruche Geheimer O

dorf bestätigt das.

Angriffen ? ed: „Und sie ziert sih noch chen, dann füßt f Ç entrum fann die Auch beim Zolltarif ist das nicht gesehen ; Vorschlägen stehen, und der Reichstag war ‘dorf zurüczuziehen. au hier die traditionelle Politik des Svaßtz in die Hand zu nehmen, wenn fie m Dache nicht bekommen fann. Dr. Müller -Mktiningen (fr. Volksp.): des Großherzoglih sacfen- baben meine Bek i nicht widerlegt. daraus dreben, dat mögen von 200 000 gar nit als irgendwie erb iermit außerdem fest, daß in Gewähbrsmarnn erhielt, kein 2 babe mi an ihn gewe meine Information

Regierungen niht zwingen, wenn sie desgleichen der

Der Prinzip T lage mit großer

Eventualantrag. Der § 1 wird na Mehrheit angenommen. Der ‘§ 2 lautet nah den Beschlüssen der Kommission zweiter Lesung: „Der Anspru auf Entschädigung ist Verbastete die Untersuchungsk robe Fahrlässigfeit verschuldet hat. Einlegung eines NechtEmiltels

Der Arspruch ka suchung gezcgene Ta oder Unsittlihkeit in Pillensbestimmung ausschließenden Trunkenheit oder wenn aus den Tatumständen Berbrehens oder Vergehens vor-

blieben bei ihren ih auf den Antrag hagen follte sich freuen, daß Zentrums getrieben wird: den die Taube auf ie gestrigen Aus- weimarishen Bevollmächtigten e des Gerbermeisters Brehm in will man jeßt einen Strick s der Mann habe ein Ver- h babe eine folde Bebauptung ie Sache aufgestellt. formation, die ih von meinem 200 000 1 die Autorisation zu erbalten, Herrn Geheimrat Paulsfen nicht erhalten.

ausgeschlossen, wenn der lid herbeigeführt Die Versäumung der eine Fahrlässigkeit zu

haft vorsâß

Meinem Gew ist nit als

N r

nn ausges{chlossen werden, wenn die zur Unter- t tes Verhafteten eine grobe Unredlichkeit nt geslossen bat oder in einem die freie 3zustande begangen werden iît, Nerbaftete die Verübung eines bereitet hatte.

Der Anspruch kann auch dann ausgesch Nerbaftete zur Zeit der Verhaftung sih nich lichen Ehrenrechte befand Verhafteten auf ten zwei Iabre auf Ueberweisung

Auch in der

lossen werden, wenn der t im Besitze der bürger- t stand, oder wenn

g, von dem Verteidiger ver- r Angeklagte, daß er .an der der Brandstiftung. Sachsen-Weimar hat ¿deutung erbalten. weitesten Kreisen Unwil meinen Gewährêmann weg Wir brauen die In

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aufnabmeverfahren, alle fut worden; jedenfal Wechselfälshu Durch die Er et Sache eine viel allgemeinere ist geeignet, vor allem das Borgeher nicht genauer Information. seiten unserer Volksgenossen außerh it als Vol ine Suspendicruang der wid 3 , Durch ein solhes V 1 die Arme, die behauvten, nur

oder unter Polizeiauf\fich Grund des S 362 des Strafgeseßzbuches an die Lande8- Das gleiche gilt, orden ift, und seit der

innerhalb der leß eibebörde rechtsfräftig erkannt worden t Zuchthaus bestraft w 3 Jahre noch nicht verflossen sind.“ Müller-Meiningen Ñ de Bestimmung zu erseßen:

auf Entschädigung ist ausgeschlossen, wenn der hatte, jemand zu einer falshen sih der Zeugnispflicht zu entziehen, gerichtliches oder

erbaftete mi BVerbüßung der Strafe

Der Abg. Absäße 1 und 2 durch folgen „Der Arspruh Angesculdigte Aussage oder dazu zu verleiten, oder wenn der Angeschuldigte außergeridtliches sonst absichi Straftverfahrens veranlaßt hat.“ Abg. Dr. Müller - Meiningen s aus, daß der Antrag der Kommi Es müßten die Tatbestände festgestellt werten, u bezeichnen seien. _ Abg. 6 roy sätze 2 und 3 dur für den Fall der Abl

fêvertreter nahzukommen; i beantragt,

tion MNATfA,

unternommen

dur ein unwahres, gerichtliches od er Tat oder durch eine falshe Selbst- lich die Einleitung oder Fortseßung des

O 2 co 2 & as r das Forum des Reichstages as I

-r egenuvber der ra

Geständnis d

Vor der Beschränkung werde Tausende von Post- ige Abschreckungsmittel ihres Wollen Sie ängel dur solche Abschreckungen eimar laht höhni)ch. rungen gezogen werden fönnten, ch namens meiner Partei gegen Abshreckung Einspruch erheben. Wir werden tsordnungskommission mit

brt zur Begründung seines An- sfion viel zu allgemein gefaßt die als unsittlich

mit ihren Abge dieser Freiheit

Q

Petitionsrechts, ibrer Petitionsfre wirklich die Kritik der Verwaltungsm abbalten? Ja, der Vertreter von Sachsen-W Aber es ift doch klar, edeutet habe. einen fclhen * es uns überlegen. ob wir niht die Geschäf der Sathe zu befassen h Stellvertretender B.vollm säbsisher Geheimer Legationérat Dr. Paul meinem aufrihtigen B

(Soz.) befürwortet namens seiner Partei, die Ab- ch ten Antrag Müúller-Meiningen zu ersetzen, und ebnung jenes Antrags dem § 2 folgenden jen wahrer ihm bekannter Tat- hebliher Tatsahen und Beweis- ßen den Anspruch der Ent-

daß die Folge Y 1uß trei Ich muß au „Das Bestret ngen uner

jachen sowie das Vorbringe ; [iche eshuldigten {lie

mittel von seiten des Ang schädigung nicht aus.“ V beantragen Absay 1 die Worte „oder schuldet“ zu streichen.

Der § 2 wird unverändert nah den Beschlüssen der Kommission angenommen.

Der 8 3 bestimmt, daß Gege eistenden Ersaßes der für ihn d! Vermögensschaden sein foll.

úüller- Meiningen kefürwortet einen Antrag, n 1dens, der niht Vermögenss{aden set, Verhaftete eine billige Ent- in dieser Beziehung auf in Oefterreich und auf das geseßzzeberische n Zeit gegeben hätten. se Bestimmung annehmen würde, Stellung dazu

ädtigter zum Bundesrat, Großherzoglich s\en: Ich kann nur nochmals n darüber Ausdruck geben, daß d ch eine derartig unfrucht- tte gehofft, mit gestern [erdings in dem Abg. zôge den Richter nicht Er trägt immer Schriftsäßen des verwertet den die Wiederaufnahme en Feststellungen ck 3, daß es sih um einen r 6 Sberhauvt nit mit dem Ent- verstehe ih nit. ¿ann waczurufen. und Gemütsverfassung be- ind daran die Regierungen ¿anen fönnen, die in ähn-

Sozialdemokraten, durch grobe Fahrlässigkeit ver-

bare Devatte

iller- Meiningen e nstand des dem Verhafteten durch die Untersuhungshaft entstandene Abg. Dr. M welhem auh wegen des Sch also auch wegen idealen Schadens der schädigung verlangen dürf einige einschlägige Fälle Beispiel hin, das sie in der leyte ch die Regierung diese T deten Regierungen bisher eine ablehnende

Uu

er von gerihtli Redner weist Daß diefer

hoffen, da

nicht eingenommen haben.

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Niebe rding: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat richtig bemerkt, daß von seiten der verbündeten Regierungen irgend eine Erklärung über die Unannebmbarkeit einer solhen Bestimmung, wie sie jeßt zur Debatte steht, bisher nit abgegeben worden ist. Ich habe auch heute feine formelle Ermächtigung zu einer solchen Erklärung, aber ih habe nah meiner Kenntnis der Verhältnisse die Ueberzeugung, und ih stehe nit an, sie hier bestimmt auszusprechen, daß, wenn .das hohe Haus auf den Antrag cingehen sollte, die Vorlage die Zustimmung der verbündeten Regierungen nit finden wird. Ih weiß nit, ob das hohe Haus dies Nisiko laufen will; ih kann nur entshieden abraten, auf den Antrag einzugehen.

Meine Herren, ich will nicht darauf hinweisen, daß dieser Antrag eine Fassung hat, die, wenn wir ihn gebracht hätten, uns jedenfalls. von jener Seite (links) den Vorwurf zuziehen würde, daß wir uns hier wieder einmal außerordentlich vage, oder, wie uns fo gern ent- gegengehalten wurde, kautshukartig ausgedrüdckt hätten. Wenn wir eine Bestimmung vorschlagen wollten, daß dem Entschädigungsberechtigten eine „billige" Entschädigung zustehen soll, so würde man uns von jener Seite bemerken: wie kann man eine solche fautschukartige - Bestimmung dem Neichstag überhaupt vorlegen ! Aber wie gesagt, ich will auf diesen Gedankengang nit weiter ein- gehen; für uns ist der Antrag {hon aus prozessualen Gründen, und zwar deshalb unmöglich, weil das Verfahren, das dur den Entwurf vorgesehen ist für die Fälle des materiellen Shadens, in keiner Weise vaßt für diejenigen Fälle, in denen es sih um den ideellen Schaden handelt. Würden wir eine Bestimmung der hier vorges{lagenen Art in den Entwurf aufnehmen, so würde es nach meiner Meinung ganz anderer prozessualer Vorschriften über die Feststellung des Schadens usw. bedürfen. Vor allem würde es nôtig sein, die Frage, was im einzelnen Fall als ein ideeller Schaden anzusehen ist, wie hoch die Entshädigung im Einzelfall nah Billigkeit zu bemessen ift, cinem einzigen Gerihtshof für das ganze Land zuzuweisen, ähnlich wie in Oesterreich ein oberstes Gericht in den Enschädigungsstreitigkeiten nach \Œ(uldloser Strafhaft entscheidet. Bei uns entscheiden aber die einzelnen Gerichte im Lande, und wenn wir diese in dem Verfahren, das der Entwurf für die Festseßung des materiellen Schadens vorsieht, worüber sie zu entsheiden durhaus in der Lage sind, auch hier ohne weitere Direktive entscheiden lassen wollten, dann würde das zu voll- ständigem Wirrwarr führen.

Nun, meine Herren, hat der Herr Vorredner auf einen Vorgang in Oesterrei hingewiesen in einer Weise, daß leiht die Meinung entstehen könnte, als wenn es sich dort um eine Ergänzung des bestehenden Rechtes über die Entschädigung unschuldig Verhafteter handele.

Meine Herren, in Oesterreich besißt man ein Gese, wie wir es bier beraten, überhaupt noch nicht. Es kann also die Frage, die hier aufgeworfen worden ist, bei der Entschädigung der unschuldig Verhafteten in Oesterrei überhaupt niht debattiert werden. Im österreihishen Parlament hat man einen Antrag gestellt, der eine Ergänzung des österreichishen Geseßes über die Entschädigung uns \{uldig Verurteilter bezweckt, und zum großen Teil darin seinen Grund hat, taß die Entschädigung, die das österreihishe Gese für die Fälle unshuldiger Strafhaft bewilligt, enger begrenzt ist als die Entschädigung nah unserem Gefeß von 18398. Das, meine Herren, ift ein so großer Unterschied, daß man auf den Vorgang im ösfter- reihischzn Parlament gar nit hinweisen kann. Es handelt sich in dem österreichisGen Reichsrate nur um eine sehr allgemeine Anregung. Der österreihishe Herr Ministerpräsident hat diese Anregung zwar woblwollend beantwortet, aber in einer Form, die erkennen läßt, daß noh viel Wasser durh die Donau laufen wird, bevor in Wien eia Gese, wie es der Herr Vorredner im Sinn hat, zustande kommen. wird. Gegenüber einem so ausgezeihneten, in der ganzen Welt anerkannten Juristen wie dem Antragsteller im Wiener Parla- mentshause war es natürlich und geziemend, daß der Herr Minister- prâsitent feine entgegenkommenden Worte gebrauhte. In der Sache selbst aber, meine Herren, ist von der österreihischen Regierung nihts Bestimmtes zugestanden worden, und wenn sie fich ihrer Verantwort- lihfeit, wie ih überzeugt bin, gegenüber den Konsequenzen des ange- regten Gedankens bewußt ist, kann sie auch nihts Greifbares zugestehen. Es ist leiht, als Antragsteller seinem guten Herzen den freien Lauf zu lassen; es ist aber eine ganz andere Sache, wenn man als Ver- treter der Regierung eine praktische Verantwortlichkeit für den Austrag einer folhen Frage übernehmen soll, und die Rede des österreichischen Herrn Ministerpräsidenten, auf die der Herr Vorredner hier anspielt, läßt sehr deutlich erkennen, daß er diefer Berantwortlihkeit sich wohl bewußt war.

Meine Herren, der Herr Vorredner ist auf die materiellen Be- denken, die einer sollen Ergänzung unseres Gesetzes entgegenstehen würden, nit weiter eingegangen. Ih beschränke mich deéhalb auf diese Bemerkungen und kann Sie nur dringend bitten: lehnen Sie den Antrag der Herren ab!

Abg. Stadthagen erklärt, er {ließe fich tem Antrage Müller in der Fassung an, daß auch wegen des Schadens, der niht Vermögen®- schaden sei, eine billige Entschädigung in Geld verlangt werden könne. Der Vorwurf, daß diese Bestimmung eine Kautschukbestimmung sei, fönnte mit demselben Reht auch dem Bürgerlichen Gesetbuche gemacht werden, das eine ähnlihe Vorschrift wegen der Freiheitsentziehung enthalte. Die Carolina, für die katholishe Juristen eine besondere Vorliebe bâtten, stehe höher als der § 3 des Kommissionsbeshlufses. Der Reichstag sollte niht rückschrittlicher sein als die Carolina, denn der § 3 habe einen plutokratishen Charakter.

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Ich möchte einer Ausführung des Herrn Vor- redners widersprehen. Er hat dem § 3 einen vlutokratischen Charakter zugewiesen und hat behauptet, daß die Ergänzung des Paragraphen, ter jeßt in Frage steht, wesentlich den ärmeren Klassen der Bevölkerung zugute fommen würde. Meine Herren, gerade das Umgekehrte ist der Fall. Wenn es sich um ten ideellen Schaden handelt, der infolge einer Verhaftung für den durch die Haft betroffenen Menschen eingetreten ist, so wird dieser ideelle Schaden der Regel nah um fo größer sein, je höôßec und angesehener die Stellung der von der Haft betroffenen Persönlichkeit ist. Die Armen und Elenden, die meistens von der Haft betroffen sind, werden einen großen ideellen Schaden niht nahweisen können. Für die Armen und Elenden wollen wir vornehmlich sorgen, indem wir Ihnen den 8 3 vorschlagen. Je gesiherter ein Mann in feinen wirtschaftlichen Verhältnissen si befindet, je höher seine Stellung im Leben ist, je ausgiebiger für seine Existenz gesorgt ist, desto weniger wicd er

INEESA

Ansprüche erheben können auf Grund der gegenwärtigen Bestimmung des Entwurfs, wonach für den materiellen Schaden, der infolge der Haft eingetreten ist, eine Entschädigung gewährt werden soll. Denn den Höherstehenden wird durch die Haft ein materieller Schaden ver- bältnismäßig selten entstehen; dagegen wird den kleineren Leuten aller- dings ein materieller Schaden in erheblichem Umfange der Regel nah erwadsen. Deshalb ist die Bestimmung des Entwurfs nicht pluto- fratisd, wie der Herr Vorretner behauptet hat, sondern das Gegen- teil trifft zu.

Wenn Sie aber die Bestimmung ergänzen durch eine Vorschrift, daß auh für den idealen Schaden eine Entschädigung gewährt werden soll, dann kann einem sehr wohl die Frage nahetreten, ob eine solche Bestimmung nit im plutokratishen Sinne wirken würde. Denn, wie gesagt, je kleiner die Verhältnisse sind, in denen der Verhaftete lebte, um so mehr Wert hat er auf den Ersaß des materiellen Schadens zu legen. Je günstiger und höher im Leben derjenige steht, der durch die Haft betroffen ist, desto mehr Wert wird er zu legen haben auf den Ersaß des idealen Schadens. Also wenn diese Bestimmung hier abgelehnt wird, dann werden im wesentlihen nit - die äcmeren Teile der Bevölkerung betroffen, sondern im Gegenteil, die Interessen der Bessersituierten werden da- durch in Mitleidenshaft gezogen. Ich kann also unbedenklich Ihnen empfchlen, den Antrag abzulehnen, ohne daß Sie zu befürhten brauchen, damit den ärmeren Klassen einen besonderen Nachteil zu bereiten.

Meine Herren, erlauben Sie mir bei dieser Gelegenheit, Ihnen doch auch noch ins Gedächtnis zu rufen, wie denn der Reichstag früher zu dieser Frage gestanden hat. Die Frage ist für den Reichstag keineswegs eine neue; er hat verschiedene Male und zum Teil au recht ausgiebig diesen Punkt in feine Diskussion gezogen. Wie lagen denn bei folchen Anläfssen die Verhältnisse? Nun, meine Herren, im Jahre 1883 hat eine Kommission des Reichstags über diese Frage verhandelt und \ich, dahin {lüssig gemacht, daß Ent- \chädigung nur gewährt werden \oll für den materiellen, nicht für den ideellen Schaden. Im Jahre 1886 hat eine Kommission und im Ans{luß daran das Plenum des Neichstags mit dieser Frage ih beschäftigt, und beide haben wiederum dahin entschieden: für ideellen Schaden foll kein Ausgleichß gewährt werden, nur für den materiellen Schaden. Im Jahre 1888 brate von jener (linken) Seite des Hauses der Abg. Munckel einen Antrag ein, der ih auf den materiellen Schadensersaß beschränkte. Im Jahre 1890 hat von derselben Seite des Hauses der Herr Abg. Träger einen Antrag ein- gebraht, der ebenfalls nur den materiellen Schaden ins Auge ge- faßt hatte. Als wir Ihnen im Jahre 1895 die Strafprozeßordnung vorgelegt hatten, da wurde dieser Punkt zur Diskussion gebracht in bezug auf die zur Strafhaft Verurteilten, die Entschädigung erhalten follten für unschuldig erlittene Strafhaft. Die Frage ist auch damals erörtert worden. Die Borlage der Negierung enthielt niht den Vor- {lag einer Entshädigung für den idealen Schaden, und der Reichs- tag hat damals diese Stellung der verbündeten Negierungen gebilligt. Fm Jahre 1898 endlich haben Regierung und Reichstag bei dem Geseß über die Entshädigung für unschuldig erlittene Strafhaft ih auf den gleihen Boden gestellt. Meine Herren, Sie bleiben also vollständig in der Tradition des Reichstags seit mehr als 20 Jahren, wenn Sie den Antrag der Herren Antragsteller ablehnen, und darum bitte ih Sie wiederholt.

Abg. Bargmann tritt den Ausführungen des Staatssekretärs entgegen. Die Gesehgebung dürfe doch niht auf einem früher ein- genommenen Standpunkt stehen bleiben.

Abg. Stadthagen führt aus, daß ten Armen die Beschränkung der persönlichen Freiheit \{chwerer treffe als den Wohlhabenden.

Der § 3 wird unter Ablehnung der Anträge Müller- Meiningen und Stadthagen unverändert in der Fassung der Kommisston angenommen.

__ Der §4 der Kommissionsbeschlüsse bestimmt, daß die Ver- pflihtung der Staatskasse zur Entschädigung von dem Gerichte gleichzeitig mit seinem den Verhafteten freisprechenden Urteile dur besonderen Beschluß Bestimmung getroffen werden soll. Erfolgt die Einstellung des Verfahrens gemäß § 168, Absaß 2, der Strafprozeßordnung, so entscheidet über die Verpflichtung zur Entschädigung der Amtsrichter, welcher den Haftbefehl er- lassen hat. Die Staatsanwaltschaft legt zu diesem Zwee die Akten mit ihrer Erklärung dem Gerichte vor. Der Beschlußz ist dem Verhafteten durch Zustellung bekannt zu machen. Er unterliegt niht der Anfehtung durh Rechtsmittel.

_ Der Abg. Dr. Müller-Meiningen beantragt hinzu- H Unterhaltungsberechtigten des V

„Den Unterhaltungsberehtigten de ï is: Bes-

{{luß durch SAfOa Lefonbers Leeunt E E E

Aufenthalt dem erkennenden Gerichte bekannt ist.“ i

Dieser Antrag wird angenommen und mit diesem Zusaß der 8 4 nah Ablehnung eines weitergehenden Antrags Auer angenommen, ebenso der § 5 ohne Debatte,

Der S8 6 seßt die Frist, bis zu der ein Entschädi Z- anspruch d der E aaten ctiiGat des Lte ride in bea Bezirk das Verfahren in erster Jnstanz anhängig war, geltend gemacht werden darf, auf 3 Monate fest. i :

Abg. Bargmann will die Frist auf 6 Monate verlängert wissen. _ Abg. de Witt (Zentr.) erklärt sih namens seiner Freunde damit einverstanden.

Der S 6 wird mit dieser Aenderung angenommen.

_Der Rest des Gesetzes wird ohne Debatte nach dem Beschlusse der Kommission angenommen.

__Die Abstimmung über die von der Kommission vor- geshlagene Resolution, betreffend die Entschädigung der im staatsanwaltlichen Verfahren unschuldig Verhafteten, wird in der dritten Lesung erfolgen.

Hierauf vertagt sih das Haus.

_ Schluß gegen 6!/4 Uhr. Nächste Sißung Freitag 1 Uhr. (Schleuniger Antrag wegen Einstellung des Strafverfahrens gegen den Abg. Bruhn, Resolution Gröber, betr. Aenderung des Militärstrafgeseßbuchs, Petitionen.) L

Preußische: Landtag. Haus der Abgeordneten. 67. Situng vom 5. Mai 1904, 11 Uhr. Ueber den Beginn der Sitzung, in der die erste Be-

ratung des Gesezentwurfs, betreffend die Herstellun und den Ausbau von Wasserstraßen, Faro wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Nach dem Abg. von Bodelschwingh erhält das Wort

L Abg. Dr. von Woyna (freikons.): Es wird ja nicht leiht fein, Ihre Aufmerksamkeit von den von fittlihem Ernst getragenen Worten dieses Veteranen der Arbeiterfreunde wieder auf dos eigentliche thoma probandum zurüdzuführen. Der Abg. NRNewoldt hat im Auftrage meiner Fraktion mitgeteilt, daß die Meinungen in dieser Fraktion geteilt seien. Ich will seine Erklärungen dahin ergänzen, daß eine nicht unansehnlihe Minderheit unserer Fraktion Kanal- freunde sind. Ein Teil ist es xar? êFogú», ein anderer in concreto, und sie glauben, wie die übrigen Freunde der Vorlage, daß cs das Allerverkehrteste wäre, diese Vorlage mit neuen Wünschen zu bepacken, daß es vielmehr das Nichtigste wäre, im Inter- esse des Durchbringens der Vorlage \ih auf das zu konzentrieren, was die Regierung hier bietet. Bei der gegenwärtigen Vorlage hat die Regierung in loyalec Weise alle die Einwendungen berücksichtigt, die in früheren Perioden gemacht worden sind. Gerade die Provinz Sasen hatte sih auf das heftigste gegen den Bau des Mittel» [landkanals gesträubt. Jegt beschränkt \ich die Vorlage auf das Stück bis Hannover. Einige fürchten, andere verlangen, daß der Kanal weiter gebaut wird. Ich meine nun, daß wir uns gs auf das fkonzentrieren, was die Vorlage bringt. Gestern at der Finanzminister uns in glänzender Rede die Entwickelung des Verkehrs im rheinishen Industriegebiet geschildert und davor gewarnt, aus Zahlen unrichtige Schlüsse zu ztehen. Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: es ist jammershade, daß man nicht mehr Gewicht auf die Geseze des Verkehrs und auf seine Philosophie gelegt hat. Dann würde es ohne weiteres eingeleuhtet haben, daß ver- schiedene Verkehrsmittel, die nebeneinander liegen, \ich niemals gegen- seitig den Verkehr entziehen, sondern ihn potenzieren. Es ist grundverkehrt, wenn man Gebiete, die von Natur, dur Klima und ihre Bewohnerschaft zusammen gehören, nicht in erster Linie als Ganzes zusammen läßt. Derselbe Fehler ist auh mit den Differentialzöllen gemacht worden. Es wird in der Vorlage zusammengeshweißt, was zusammen gehört. Darum treten meine Freunde, die mit mir einer Meinung sind, für diese Vorlage ein, aber auch nur für diese Vorlage. Doch haben wir auch einige Bedenken, z. B. gegen den Dortmund-Rhein-Kanal in seiner Ausführung. Das íIndustriegebiet verschiebt sich, und deshalb werden meine Freunde entshieden dafür eintreten, daß auch die Lippe mit fkanalisiert wird. Ferner halten wir die Frage der Weser- fanalisierung noch niht für gefklärt. Die Anlieger haben an der Weser hon traurige Erfahrungen gemacht, man muß deshalb den Bremern ganz energisch auf die Finger sehen. Es ist eingewendet worden, daß vielleiht die Interessenten nachher bestrebt sein werden, von den übernommenen Lasten sich wieder zu befreien. Die in Betracht kommenden Provinzen werden aber gern geneigt sein, auch für das veränderte Projekt die Beiträge zu über- nehmen. Die Provinz Hannover wird nit dieses Projekt ablehnen, das von so großem Vorteil für die Provinz ist. Es sprehen auch politishe Gründe für die Vorlage. Was hat die Kanalfrage bisher gebracht? Nur Streit und Zank in jeder Partei und nicht nur hier im Hause, sondern auch draußen im Lande. Ist das erfreulih, daß wir uns im ganzen Lande 20 Jahre lang in den Haaren liegen ? Das muß ein Ende haben. Wir werden nicht als s{hwankende Gestalten, wie Herr Broemel gestern meinte, sondern mit festem Shritt auf die Seite der Kanalfreunde treten.

Abg. Wallbrecht (nl.): Schon vor 20 Jahren, noch unter dem Minister von Maybach, beschäftigten wir E mit U atual fragen. Die Herren Shlejier kommen aber und wollen neue Bauten haben. Hamburg hat große Vorteile vom Nord-Ostseekanal ; deshalb muß jeßt auch einmal für Hannover etwas geshehen. Wir Han- noveraner sind bescheidene Leute und sind nie mit Kompensations- forderungen gekommen, wir wollen aber auch gerecht behandelt werden. Früher unter den Kurfürsten war es wohl erklärlih, wenn man Kirchturmpolitif trieb; aber wenn man sih die Forderungen aus Breslau ansieht, ist es heute eigentlich niht anders. Es handelt sich darum, ob wir gegenüber anderen Nationen konkurrenzfähig bleiben wollen. Deshalb freue ich mich über die entschiedener Erklärungen der Minister, daß wir vorwärts müssen und nicht zurück. Die Wasserstraßen sind für unsere Landwirtschaft, Handel und In- dustrie notwendig, wenn wir niht im Wettbewerb zurübleiben wollen. Wer die wirtshaftlihen Vershiebungen in den leßten 30 Jahren be- trahtet, muß sagen: die Welt ist anders geworden. Wenn wir Großes erhalten wollen, müssen wir auch von großen Gesichtspunkten ausgehen. Man hat früher gegen manche Eisenbahnlinie gesprochen, damit die Fuhrleute niht geshädigt würden. Im allgemeinen sind die Wasserfrahten um 100 0/9 billiger als die Eisen- bahnfrahten. Wenn wir feinen Wasserstrang in Hannover bekommen, geht unsere Industrie zurück, oder wir müssen solche Ausnahmetarife erhalten, daß die Eisenbahnen Schaden haben. Der liebe Gott hat unser Land mit so guten Strömen gesegnet wie kein anderes Land. Der Mittellandkanal wird wiederklommen, er muß kommen. Was die Bremer mit der Weser tun werden, wissen wir freilich nit, aber das Projekt der Anlegung von Staubecken in der Weser von Minden bis Hameln ist gut; hoffentlih wird es dadurch möglih werden, auh die Weser von Hameln bis Münden \hifffbar zu machen. Der Dortmund-Rhein-Kanal ist ein sehr rentables Unter- nehmen, es muß aber mit einem anderen Teil des Kanals ¿usammen ein wirtschaftlihes Ganzes bilden. In der Kommission werde ich beantragen, auch einen Stichkanal nah Hildesheim zu bauen. Ich halte es für eine Ehrenpflicht des preußishen Staats, der Provinz Hannover in dieser Weise zu helfen.

__ Abg. Graf Moltke (freikons, auf der Tribüne sehr {wer ver- ständlich): Der Mann, dessen Namen zu tragen iei Ehre abe hat gesagt: Die Frage lautet nicht: Eisenbahnen oder Kanäle, sondern: Eisenbahnen und Kanäle. An große Dinge muß man mit großen Gesihtspunkten herantreten; aber bei so weitreihenden Projekten die weit über unsere Zeit hinaus ihre Wirkung haben, muß man auch mit der nôtigen Vorsicht vorgehen. Große Dinge kann man niht im Sturm erobern. Wenn ich an die Einzelheiten der Vorlage herantrete, so mae ih durch meinen Enthusiasmus einen Strich. Aus den bisherigen Debatten \chöpfe ih die Hoffnung, daß es doch noch zu einem befriedigenden Ergebnis fommen wird. Der Finanz- minister sagt, die Shlesier hätten hon Kompensationen dur den Oder-Spree-Kanal und anderes bekommen. Aber Shhlesien ist hon von der Natur disparitätish behandelt, es liegt wie in einen Sack eingeshlossen und reiht niht hinein in den großen Weltverkehr. Der Medner erörtert dann die Frage, ob die Kanäle den Eisenbahnen Konkurrenz machen, in verneinendem Sinne, wünscht aber auch, daß eine Eisenbahntarifreform vorgenommen werde, damit der Verkehr zwischen Produzenten und Konsumenten durch Tarif- ermäßigungen erleihtert werde. In der Kommission möge man wohl Wünsche äußern, aber niht Anträge stellen, um die Sache nicht zu erschweren. Der Staat werde sih nicht der Notwendigkeit entziehen können, folhe Gebiete, die cin wesentlihes Gli-d in unserem pro- duktiven Leben darstellen, wie Schlesien, das Mosel- und Saar- gebiet, mit Verkehrseinrihtungen zu verschen, die sie zur Konkurrenz im Inlande und mit dem Auslande befähigen. Vorläufig mache ja die Regierung eine etwas vershäâmte Miene, aber sie werde {ließlich doch weitere Forderungen erfüllen müssen. Ein Hauptbedenken, fährt der Redner dann fort, soll sein, daß nach dem Bau des Dortmund-Rhein-Kanals Rotterdam und Amsterdam unseren großen Auslandshäfen Konkurrenz machen würden. Aber was tut es denn, daß der Verkehr dort sich hebt, wenn gleichzeitig auch unser Verkehr wächst? Unser wirts{chaftlicher G2gner ist nicht Holland, sondern Amerika. Man sollte doch die kleinen Bedenken fallen lassen. Jn einer russishen Zeitung wurde vor wenigen Tagen von der franko-russishen Allianz gesprohen (der Redner verliest die betreffende Stelle) als einem Werk, das auf der Verwandtschaft der Herzen zweier Völker beruhe, die tros, vorübergehenden Pulverdampfes das Gefühl ihrer Zusammengehörigkeit bewahrt hätten. Ich glaube, daß auch wir von rechts und von links uns auf einem einheitlichen

Boden zusammenfinden können, um zur wirtschaftlichen Hebung unseres |

Landes beizutragen und die Schranken fallen zu lassen, die jeßt noch

den Verkehr hemmen. Dann werden wir au in wirts{chaftspolitisher Beziehung der Zukunft getrost entgegensehen können. : : Abg. Oeser (fr. Volksp.): Fajt alle Redner haben \sich mehr oder weniger auf den Boden der Vorlage gestellt, die Regierun auh; ob sie aber niht lieber fich auf einen anderen stellte, will i niht untersuchen. Die Kanäle sollen nicht mehr zeitgemäß sein, und doch ist gerade das Ausland jeßt zum Bau von Kanälen und zum

Ausbau feiner Wasserstraßen geschritten. Finanztehnishe Rücksichten fönnen niht mehr geltend gemaht werden, und au das in der Bor- lage fehlende Schlußstück des Kanals würde so hohe Kosten nit ver- ursahen. Was die Konkurrenz zwishen Kanälen und Eisenbahnen betrifft, so ift jeßt nachgewiesen, daß ein Kanalbau nicht nur den Wafserverkehr, sondern auch den Eisenbahnverkehr befruhtet. Was uns zu Kanalenthusiasten mat, ist, daß eine Neibe von Verkehrs- möglihkeiten durch den Bau von Wasserstraßen eröffnet und ent- wickelt werden kann. Das Streben unserer Zeit geht dahin, die Entfernungen abzukürzen. Wirtschaftlih kürzen wir die Entfernungen durch Ermäßigung der Frachten ab. Eine ganze Reihe Materialien, die bisher wertlos oder minderwertig sind, bekommt durch den Kanal einen Markt, ähnlich wie durch die Einführung des Fünfzigpfennigpostpaketverkehrs die Morchel der Wälder Dsts preußens einen höheren Wert erhalten hat. Die Wasserstraßen fommen nicht aus\s{ließlich der Industrie zugute, sondern auch der Landwirtschaft, die voluminôöse Güter herstellt und ver- frahten muß, und in der Vorlage sind Andeutungen vorhanden, daß man der Landwirtschaft eventuell noch- weiter entgegenkommen wird. Die Regierung hat sich geweigert, den Mittellandkanal aus privaten Mitteln bauen zu lassen; sie würde sonst die Tarifhoheit aus der Hand geben, und es würde der Eisenbahn eine Konkurrenz erwadsen. Wenn sie aber die Herstellung des Kanals aus Privatmitteln ver- weigert, dann hat sie ihrerseits die Pfliht, ihn mit ihren Mitteln herzustellen. Man spielt hier in den Verhandlungen eine Provinz gegen die andere aus, dadurch zerfasert man das ganze Staatswesen. Auch wir hätten mancherlei Kompensationen zu fordern, wie den Aus- bau des Mainîtanals bis Aschaffenburg, die Kanalisation der Lahn usw. Es werden hier auch Kompensationen geltend gemacht, die nicht den losesten Zusammenhang mit der Kanalvorlage haben, wie z. B. die Kündigung der Handelsverträge. Die Handelsverträge werden {hon wieder außer Kraft sein, bevor der Kanal fertig ist; durh eine Kündigung der Handelsverträge würde unser wirtshaftlihes Leben so erschüttert, daß wir zu einem Kanalbau nicht mehr schreiten könnten und er uns auch nihts mehr nügen könnte. Gegen eine Erhebung von Abgaben auf den abgabenfreien Strömen spriht der zesunde Menschenverstand. Wenn man aber, wie Graf LUmburg-Stirum es befürwortete, die nahträglihe Einziehung von Zinsen für die Hergabe von Kapital zum Ausbau dieser Flüsse verlangt, so würde der Grundsatz von Treu und Glauben eine \chwere Schädigung erleiden. Die Kom- munen würden dann manche Ausgaben nicht gemacht haben. Es müßte dann auch die Verzinsung von Kapitalien verlangt werden, die zur Landeëmelioration verwendet sind. Dem Osten tut nichts fo dringlih not, wie eine Durhsezung mit gewerblihen Unternehmungen. Aus diesem Grunde und um sein Getreide etappenweise nah dem Westen schaffen und teurer verkaufen zu können, sollte der Osten für den Mittellandkanal sein. Mit dieser Vorlage behalten wir immer noch zwei getrennte Wirtschaftsgebiete im Westen und Osten. Der Kanal wird bei Hannover an die „Leine“ gelegt, und dort soll er liegen bleiben. In der Kommission müssen wir das fehlende Stück des Meittelland- fanal8 wieder anzuseßzen suchen. Es fragt si, ob das fehlende Stück ein Hundeshwanz oder ein Eidehsenshwanz ist. Wenn man einem Hunde den Schwanz abschneidet, wächst dieser niht wieder; aber die Eidechse ist ein boshaftes Tier, wenn man dieser den Schwanz abs shneidet, wächst er immer wieder. Jedenfalls mússen wir in der Kommission _dafür sorgen, daß nicht eine Schranke gegen den Bau der Strecke Hannover—Magdeburg aufgerihtet wird. Die Dezentralisation der Industrie ist das Beste für das Land. Das politishe Moment, daß die Arbeiter und die gewerblihen Unternehmer auf dem Lande sih ansiedeln können, shzint mir für die Kanalgegner aués{laggebend zu sein. Herr von Bodelshwingh machte einen Unter- schied zwischen Germanen und Nichtgermanen und schien dabei an einen Minister zu denken. Aber die Kreise, die er meinte, haben \sih in der Wohltätigkeit niht zurückgehalten. Der Kanal wird jeßt à la carte [érviert; aber Minister von Miquel sagte zuerst, die Kanal- vorlage folle nit à la carte genossen werden, und es follten feine Kompensationen gefordert werden. Es gibt in der Kanalfrage keinen Standpunkt, den die Regierung nicht eingenommen hätte, aber auh D A fie eaen hâtte. Graf Bülow hat das shône Wort gebraucht: „Jch bin kein Konsequenzenmacher." Wenn er also etwas nicht fo kann, versucht er es anders. Aber wir find konsequent und werden. erst abwarten, ob das Kanalschiff wohnlich gemacht werden wird, ehe wir einfteigen. Erst der ganze Mittellandkanak würde dem Vaterlande zum vollen Segen gereichen. E

Minister für Handel und Gewerbe Möller:

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y Meine Herren! Ih habe leider beute morgen hier niht an wesend sein können und daher erst jeßt Gelegenheit, auf eine Be- merkung zurückzukommen, die beute morgen, wie mir gesagt wurde, von dem Herrn Abg. Engelbrecht gemacht worden ist, in Wiederholung von ähnlihen Bemerkungen, die von zwei Herren Vorrednern bereits früher gemacht waren. Das ist die Frage der Bodensenkungen in den Berg- werksdistriften.

Meine Herren, zunähst hat, wie mir erinnerlih ist, der Herr Bs zu Es dieses Bedenken geltend gemacht. Er hat dabei insbesondere einen Widerspruch hervorgehoben, der bestehe zwischen der Begründung für das Geseß über die Emschertalregulierung und der jeßigen Vorlage in ihren Motiven. Meine Herren, das ift ganz natürlich, weil die damaligen Motive für die Emschertal-

vorlage sich gegründet haben auf ein älteres Gutahten des Oberbergamts in Dortmund, das noch nicht Rüdsicht

nehmen konnte auf ein neu eingeführtes Verfahren, die Hoblräume l in den Bergwerken durch Sandverspülungen auszufüllen. Dieses Verfahren ist erst in der allerneuesten Zeit in Deutschland zur Einführung g-kommen, insbesondere durch cinen fehr verdienstvollen Direktor in einer Privatgrube in Oberschlesien ausgebildet worden, dort aber seit mèéhr als zwei Jahren in Betrieb mit dem allerbesten und allervollfommensten Erfolge.

Diese Methode, die Hohlräume in den Bergwerken auszufüllen, ist für den Bergbau selbst von der allerhöchsten Bedeutung; in Ober- {lesien ganz besonders, weil bei den sehr mächtigen Flözen, die daselbst vorkommen, dort Flöze von 5 m, ja selbst von 6 und 7 m und darüber hinausgehend, jeßt mehrfah Kohlen fast bis zu 50 0%/e sigen bleiben müssen als Sicherheitspfeiler, weil die Verbauung mit dem früher hinausgeförderten Gestein allein niht hinreihte. Durh die Einführung dieses neuen Sandspülverfahrens, bei dem die Boden- senkungen dort vollständig aufgehoben werden, wird es möglich sein, die gesamten Kohlenshäße Oberschlesiens zu heben, die jeßt, wie gesagt, zu einem erheblihen Prozentsaß, in manhen Gruben bis zu 50 9/9, haben verloren gehen müssen. Aehnliches ist bereits in den westlihen Provinzen ine Gange, und ih habe keinen Zweifel, daß man au dort in erheblichem Maße zu diesem Spülverfahren übergehen wird, und, foweit dies in jenen Gebieten, durch die der Kanal geführt werden wird, nicht ge- {ehen follte, freiwillig, im eigenen Interesse der Bergwerksbesiger selbst, würde die Bergwerksverwaltung vollständig in der Lage sein, dur bergpolizeilihe Verordnungen die Herstellung eines derartigen Spülversatzes herbeizuführen.