1904 / 122 p. 17 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 May 1904 18:00:01 GMT) scan diff

dem Sortimentsbuhhandel Dinge vorzuschlagen, die dieser als einen Rückschritt, als Verschlechterung seiner Lage anzusehen genötigt wäre, würde sich nicht halten können. Das ist die wirkliche Sachlage, und Sie werden daraus ermessen, daß nicht der Börsenverein die treibende Kraft ist, sondern die elementare Gewalt der Dinge, die ihn aus den Tatsachen heraus auf einen Weg drängt, den er nicht verlassen kann. (Bravo!)

Vorsißender: Meine Herren! Die Diskussion hat sich bisher vorzugsweise auf die ‘Frage bezogen, ob hier eine fartellartige Organisation vorliegt, und ist, dabei natürlich übergesprungen auf die einzelnen Stufen der Organisation. Jch glaube aber, daß zu dieser Frage jezt kaum noch etwas gesagt werden kann.

Zur Geschäftsordnung hat Herr Dr. Ruprecht das Wort.

Verlagsbuchhändler Dr. Ruprecht-Göttingen: Jch möchte bemerken, daß auf die Dinge, die Herr Professor Nippold vorgebraht hat, am besten wohl bei Frage 3e „Das Ver- hältnis zwischen Autoren und Verlegern“ eingegangen wird. Deshalb verzichte ih, darauf sofort zu antworten.

Vorsizender: Wir sind. mit der Diskussion über Frage 1 noh nicht fertig. Herr Geheimer Rat Dr. Wach hat das Wort.

Universitätsprofessor, Geheimer Rat Dr. Wach - Leipzig: Dann kann ih zur Sache und vielleicht gleich zur Geschäfts- ordnung sprechen. Jch werde nicht ganz darauf verzichten fönnen, die Dinge, die von Herrn Kollegen Nippold berührt worden sind, auch in den Kreis meiner Betrachtungen zu ziehen. Jch beabsichtige, zu sprechen über die Mittel, deren sih die große Organisation, mit der wir es zu tun haben, mag es nun der Börsenverein oder mögen es die Kreis- und Ortsvereine sein, das ist mir ganz einerlei, bedient, und [nüpfe daran die Frage, ob die Organisation in dieser Handhabung der Macht- mittel immer korrekt verfährt, ob hier vielleicht Mißbräuche vorkommen, Anfechtbares. Es wurde ja vorhin der Mißbrauch einer preußischen Behörde verneint, aber dieses Verneinen mit Heiterkeit aufgenommen. Es wird also auch wohl erlaubt sein, die Frage aufzuwerfen, ob ein Mißbrauch seitens des Börsenvereins oder seitens eines Kreisvereins playgreift. Wir stehen vor der Tatsache, daß der Börsenverein einschließlich seiner Lokalvereine eine außerordentlih machtvolle Organisation ist; des ferneren, daß die Mitglieder dieser Organisation von der Jdealität des Zweckes durchdrungen sind. Jch begreife das vollständig. Jch kann mir sehr wohl denken, daß, wenn ih Buchhändler wäre, ih für diesen Börsenverein und für Herrn Brockhaus s{hwärmen würde. (Große Heiterkeit.) Aber Sie dürfen es mir nicht übel nehmen, daß, da ih es nicht bin, ih etwas anders darüber denke (Heiterkeit), zumal fich ja auch der Wurm krümmt, wenn er getreten wird. (Erneute Heiterkeit.) Jch stehe ferner auf dem Standpunkt, daß jemand, der an der Spitze einer derartigen Organisation steht, in einem Maße mit Leib und Seele davon ergriffen werdenikann, daß ihm das Leben und Gedeihen dieser Organisation mit als das Wichtigste erscheint, und daß dadurch leicht eine Verschiebung in bezug auf die sonstigen sachlichen Wertverhältnisse eintreten fann. Wenn das sih eingestellt haben sollie, so könnten Maßnahmen erfolgen, die vom Standpunkt eines Dritten der Beanstandung unterliegen, wobei diese Beanstandung ganz fern sein soll von einer Beanstandung der Motive auf dieser Bahn folge ih Herrn Brockhaus niht, das muß ih ihm persönlich überlassen.

Jh werde also jeßt und ih habe {hon wiederholt den Namen des Ersten Herrn Vorstehers genannt einige Handlungen desselben und au anderer Herren mit in das Bereich der Betrachtungen ziehen müssen. Denn wenn es sich darum handelt, ob sih ein solches Grenium, eine solhe Or- ganisation etwa über das Geseß stellt, dann kann diese Frage natürlih nur als eine kasuistische aufgeworfen werden; denn die Statuten, die stehen niht über dem Geseß und fönnen nicht über dem Gesey stehen; sonst würden sie nicht sein. Es fann sih also immer nur um einzelne Vorgänge handeln. Nun ist ja den Herren wohl allen bekannt, daß einzelne Vor- gänge im Leben des Börsenvereins die Gerichte wiederholt beschäftigt haben, und man sich mit der Frage befassen mußte, ja auch der höchste Gerichtshof sich mit der Frage befaßte, ob solche Handlungen gegen die guten Sitten verstoßen, ob eine Maßnahme zwar von diesem Gesichtspunkte oder etwa dem sozialpolitishen aus haltbar sei, aber verwerflih aus formalen Rechtsgründen. Darauf gehe ih nit ein, das ist ja vor aller Augen, und Sie wissen, daß gelegentlich zu Ungunsten des Börsenvereins vom höchsten Gerichtshof ent- schieden worden ist.

Wir sollen ja unsere Erfahrungen mitteilen. Jch habe daher als Vorsißender des Afademischen Schußvereins zu er- wähnen, was wir so am eigenen Leibe erfahren haben, und ih erbitte mir dafür die Aufnahme, die ih gleich in meinen einleitenden Worten wünschte, daß Sie mir in feiner Weise

etwa vpersönlihe Motive oder dergleihen imputieren. Jch shäßze meine anwesenden Herren Gegner sämtlich. Jn erster Linie erinnere ih daran, daß der Anlaß für die Gründung ves Afademishen Schugvereins mit war die Sperrung des Bzrsenblattes, wohl hervorgegangen aus dem vorher betonten Ttlmollen für bie Bibliothefen. (Heiterkeit.) Diese Sperrung ves Börsenblattes war nicht nur nah meiner Ueberzeugung, erhers 225 ber Meinung der höchsten Justizstellen des Reiches ne Monalität. Denn solange die Eintragsrolle als eine Foniliée im Börsenblatt erschien, fonnte das Börsenblatt nicht iefretiert meren. Da stellte sich der Börsenverein flott über das Gelees. Warum? Weil er seiner Meinung nah das große 2 Auge fassen mußte, vor allem Herstellung des adenzpreises, das eit Erhaltung des Sortiments, Erhaltung des Mittelstandes. Hier dreht es sich um eine wichtige Gruppe

Tichtigkeit ih keineswegs beanstande,

wenn sie sich in den richtigen Grenzen hält. Also wir müssen tun, was hier notwendig ist, und dazu gehört, daß wir das

mit die L nicht so begehrlich sehen sie aus dem Vörsenblatt, wie es u. f. w.; das reizt ihren

,

Börsenblatt sperren, 0 werden; denn dann mit den Preisverhältnissen steht

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Appetit, und wozu sollen diese Bücherkäufer so viel Appetit haben? man muß ihnen den Rabattappetit abknöpfen (Heiterkeit) : also Sperrung des Börsenblattes! Das ist auch geschehen. Das ist einer derjenigen Fälle, die wir kennen gelernt haben aus eigener Erfahrung als einen Fall, in dem sich der Börsen- verein über das Geseß stellte.

Dann ein zweiter Fall, der allerdings nicht bezeichnet werden kann als eine Aktion des Börsenvereins, aber doch als eine solhe seines Ersten Vorstehers, und wenn dieser Erste Vorsteher, dieser sehr geehrte Herr, bei dieser seiner Aktion auch seine private Eigenschaft betonte, so fann es doch feinem Zweifel unterliegen, daß das Vollgewicht seiner Stimme und die Art, wie er in Aktion trat, untrennbar von seiner Eigenschaft als Vorstand des Börsenvereins war. Diese Aktion traf uns unmittelbar. Es war ja von dem Gesichtspunkt aus, daß auch der Wurm sih krümmt, wenn er getreten wird, bei uns der Wunsch vorhanden, die Preise unserer Bücher womöglich zu erniedrigen gegenüber der plößlich eingetretenen Steigerung durch Verkürzung des Nabatts. Nicht etwa, weil wir dabei zu profitieren bezweckten ih glaube, daß keiner der Herren, der mich kennt, mir z- B. ein solches Motiv unterlegen wird —, sondern weil wir der Meinung lebten und leben, daß die Verbilligung der geistigen Nahrungsmittel für ihre Verbreitung und Wirksamkeit höchst wichtig ist. Da wir nun vor der Tatsache dieser Steigerung der VPreise durh Verkürzung des Rabatts standen und unsererseits doch wenig- stens zeigen wollten, daß wir nit ganz ohnmächtig sind, ent- chlossen si einige Mitglieder, aber privatim, einzelne Personen des Akademishen Schußvereins, mit einer namhaften Buch- handlung in Leipzig in Verbindung zu treten mit der Intention, eine Gesellschaft m. b. H. zu schaffen. Diese sollte ganz nah den Börsennormen operieren; und des ferneren wurde in Aussicht genommen, als eine freiwillige Aktion der Singuli ohne jede Zwangsmaßregel, daß sih die Mitglieder des Schußvereins in ihrem Konsum auf diese Stelle konzen- trieren follten. Wir hofften, daß diese Kampfesmaßregel einen Eindruck machen würde, und daß man dann vielleicht sich entschließen würde, in Leipzig wieder den Nabatt her- zustellen. Aber wir haben uns getäuscht. (Sehr richtig! bei den Verlegern.) Ja, nicht déswegen, weil die Herren Leipziger der Meinung waren, sie könnten den Rabatt in ihrem Interesse nicht wieder herstellen, sondern weil sie, wie gesagt, sich Berlin gegenüber vinkuliert fühlten. Aber wir haben uns getäuscht insofern, als wir irrtümlih annahmen, wir dürften von unserer Vertragsfreiheit, von diesem jedem Deutschen verbrieften Rechte, Gebrauch machen. Das durften wir nicht, denn der Erste Herr Vorsteher hat den Jnhaber jener Buchhandlung gestellt und ihm kflargemacht, daß, obschon zugestandenermaßen nichts gegen die Börsennormen Ver- stoßendes geschehen solle, doh ihm die Boykottierung in Aus- sicht stehe als eine aus dem freien Konsens der Verleger hervorgehende, sodaß er auf sein Antiquariat dann beschränkt sein würde; er hat ihm klargemacht, daß er dementsprechend bezüglih der Verabredung von der Gründung der Gesellschaft m. b. H. zurüczutreten habe ih habe die Akten vor mir liegen —, daß er endlich keine Mitglieder des Schußvereins als neue Kunden aufnehmen dürfe. Das hat dieser Herr unter dem Dru, der gegen ihn geübt wurde, in der Tat zugestanden, und damit wurden also die Kunden, auf welche die Leipziger Buchhändler kein Recht hatten, ihnen als Zukunfts- funden zwangsweise gesichert. Juristen können die Subh- sumption dieser Handlung unter einem bestimmten Paragraphen eines benannten Gesetzes vielleiht am Plaße finden. (Heiter- feit bei den Gelehrten.) Jedenfalls sahen wir uns in unseren Rechten“ auf das empfindlichste tangiert, und jedenfalls durften wir darin ein Vorgehen und eine Betätigung des Böôörsen- vereins finden, die sih mit den Geseßen nicht verträgt.

Jeßt ist eine Aktion im Gange, die mit dem zusammen- hängt, was mein verehrter Herr Nachbar (Herr Profossor Nippold-Jena) gesagt hat. Wir sind der Meinung, daß der

26 des Verlagsgesezes uns als Autoren das Recht gibt, zum Mindestpreise in beliebiger Quantität und ohne Angabe der Motive und des Zweckes unsere eigenen Werke von den Herren Verlegern zu fordern. Das ist ja auch klipp und klar und unwiderleglih im Geseze ausgesprochen, in dem es heißt:

Der Verleger hat die zu seiner Verfügung stehenden Abzüge des Werkes zu dem niedrigsten Preise, für welchen er das Werk im Betriebe seines Verlags- geschäftes abgibt, dem Verfasser, soweit dieser es verlangt, zu überlassen.

Das Geseg unterscheidet gar nicht, und es ist eine un- ershütterlihe Jnterpretationsregel, daß, wo das Geseg nicht unterscheidet, nicht etwa ein Ausleger unterscheiden darf; und das Gesez hat einen sehr guten und vernünftigen Sinn. Das Gesey beschäftigt fih natürlich mit der Erhaltung des Sortiments nicht; das ist kein Faktor, der in diesem Gesetze mitspriht. Das Geseg kann auch, wenn der Autor sein Buch vom Verleger kauft, nimmermehr ihm das Recht verschränken, mit den gekauften Werken zu tun, was er will; denn indem es der Verleger an den Autor verkauft, hat er es bereits in Vertrieb geseßt, und wie der Autor es nun weiter vertreibt, ob er es verkauft, verschenkt oder dergleichen mehr, das geht den Herrn Verleger so wenig an, als wenn irgend ein Dritter, der es gekauft hat, mit diesem Werke dies oder jenes tut: ein Gesichtspunkt, der immer neuerdings verkannt wird bei der Auslegung dieses Gesezes. Nun, kurz und gut, wir find der Meinung, daß dieses Geseß uns die Praxis eröffnet, welche mein verehrter Herr Nachbar hier als eine frühere ausspricht, und ih bin der Meinung, daß sie auch schon nah der alten Verkehrsordnung der Buchhändler so hätte Plaß greifen können. Und so nehmen wir an, daß wir als Autoren und Lehrer der Jugend dazu berechtigt und im Juteresse der

Jugend verpflichtet sind, ihr die Lehrmitttel unter Handhabung des § 26 aufs billigste zugänglih zu machen. Wir sind dabei der Erscheinung begegnet, daß die Verleger, welche das

Geseg ebenso auffassen und welche den fich auf dieses Geseß

haben, damit sie dieselben den Studierenden, ihren eigenen Hörern zugänglih machen, unter dem Druck, der geübt wird von den Herren Sortimentern des betreffenden Orts- vereins, jeyt sich dessen weigern. wie dieses in einem Gutachten motiviert werden soll seitens des Rechtsschußvereins der Herren Buchhändler, zeigt außer- ordentlih interessant, wie doch eigentlih ihre Auffassung gegenüber dem Geseye ist. Es findet sih in diesem Exposé —— es ist ein Gutachten der Partei für sich selbst die Aeußerung:

Es kommt zu dem bisher Gesagten, daß der streitige

Paragraph seinem Sinn und Zweck nach eine

Schöpfung des Buchhandels selbst ist. Der Buchhandel ist also selbst Gesetzgeber und schafft Gesetze, (Heiterkeit) und deswegen ist er auch der authentische Jnterpret dieser Geseze. Das nur ad marginem. Jch möhte aber doch darauf aufmerksam machen, daß hier auch heute noch, wenn ich ret unterrichtet bin, Praxis und Theorie wieder etwas differieren. Wenn ich' recht unter- richtet bin, so wird seitens einer der Leitung des Börsen- vereins nahe stehenden namhaftesten Firmen ein bei ihr er- \heinendes Werk zu einem 50 °/gigen Rabatt an die Stu- dierenden und nicht nur die Hörer des Autors, sondern an die akademischen Studierenden überhaupt abgegeben. Und des ferneren kann ich aus eigener Erfahrung unzweifelhaft feststellen, daß diejenige Firma, deren Hauptvertreter an der Spiße des Leipziger Ortsvereins ist, mir persönlih fremde Werke für meine Hörer bis jeyt zum Nettopreise abgegeben hat. Meine Herren, wir sind also wohl berechtigt, zu sagen, daß nicht alles Gold ist, was glänzt, wir sind wohl berechtigt, zu behaupten, daß auch in der praktischen Handhabung die Steigerung des Machtgefühls zu einem inneren Terrorismus führen und da ein Mißbrauch sehr wohl eintreten kann. Sie dürfen sich dadurch nicht gekränkt fühlen, meine Herren, denn sie find feine Götter, und es liegt in der Natur der Dinge, daß, wo eine solche Organisation vorhanden ist, sie leicht dazu gelangt, sich über das Gesey zu stellen. Und das muß untersucht werden. Dazu ist die Enquete da, um Erfahrungen festzu- stellen, die in dieser Beziehung gemacht werden.

Meine Herren, es gibt noch manches, ja vieles derartiges, zum Beispiel die Art, wie die Rabattnormen gehandhabt werden. Diese Rabattnormen stehen vielfah nur auf dem Papier, während Rabatte gegeben werden das wissen Sie alle, meine Herren, die Sie Buchhändler sind —, die weit über die Rabattnormen hinausgehen. (Zuruf von den Sigzzen der Verleger: Leider!)

Vorsizender: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat außer dem zulegt erwähnten Punkt, auf den er nicht näher eingegangen ist, drei Fragen berührt. Einmal die Sperrung des Börsenblattes, weiter den Fall einer Boykottierung gegenüber einer Leipziger Firma, mit der die Mitglieder des Akademischen Schußvereins in nähere Beziehung treten wollten, und dann die Frage, wieweit der Verfasser die Lieferung seiner eigenen Werke vom Verleger zum Nettopreise verlangen fann. Diese legte Frage wird sih am besten zur Besprechung beim Fragebogen Nr. 3c eignen, wo wir das Verhältnis zwischen Autoren und Verlegern behandeln wollen, und ih möchte empfehlen, daß die Herren, die sich jegt an der Diskussion weiter beteiligen, diese Frage zurükstellen bis zu 3e. Jch werde dann wieder daran erinnern, es wird nicht vergessen werden. Die Frage der Boykottierung habe ic vorhin bereits in meinen Bemerkungen berührt, indem ih vorgeschlagen hatte, bei 3b auch die Frage des Boykotts und die Ausschließung wegen Verleßung der Rabattvorschriften zu besprehen. Der Fall, der hier erwähnt wurde, ist aber etwas anders geartet, und ih will es deshalb anheimstellen, ob die Herren diese Spezialfrage jet noch mit erörtern wollen, oder ob Sie es vorziehen, es nachher bei 3b zu tun.

Was die Sperrung des Börsenblattes betrifft, so ist diese Angelegenheit erledigt, soviel ih weiß. Jh habe wenigstens von keiner Seite gehört, daß irgend eine Sperrung wieder eingetreten sei. Also würde man wohl den Stand- punkt einnehmen können, daß, wenn wir jene Sache au noch nachträglich besprechen, sie doch nur als ein Symptom von Bedeutung wäre, und das könnte vielleicht dazu führen, den Motiven nachzuspüren, die dazu geführt haben. Auch der Herr Vorredner war {hon in der Gefahr, auf diesen Boden abzugleiten; wir wollten aber nach den persönlihen Motiven forschen, und ih weiß nicht, ob sehr viel Praktisches dabei herauskommt. Jch rate, wenn Sie auf diesen Fall der Sperrung des Börsenblattes eingehen wollen, es jeßt zu tun. Wenn Sie es nicht tun wollen, dann ist es mir persönlich ebenso lieb. An die Versammlung möchte ih die Frage rihten, ob es Jhnen ret ist, daß wir den Fall ‘der Boykottierung, den Herr Geheimer Nat Dr. Wach eben erwähnt hat, jeßt shon zur Erledigung bringen.

Zur Geschäftsordnung hat das Wort Herr Dr. Lehmann.

Buchhändler Dr. Lehmann- Danzig: Meine Herren! Die Börsenblattfrage möchte ih für meinen Standpunkt nur mit einem Wort erwähnen. Jh glaube, dadurch wird sie bei Jhnen auch erledigt sein. Die Sortimenter hatten absolut gar feinen Grund, das Börsenblatt geheim zu halten, und das haben wir seinerzeit ausgesprochen. (Vorsigender: Sie wollten zur Geschäftsordnung sprechen!) Jch wollte damit nur fagen- daß es ganz überflüssig ist, über die Sperrung des Bör|en- blattes zu sprechen. (Zuruf: Dann tun Sie es doch nicht!) Wir hätten daran kein Interesse, das Börsenblatt geheim zu halten,- wenn in dem Börsenblatt jederzeit Mitteilungen vel? hindert würden, wodurch Täuschungen über den Reingewinn des Sortimenters verbreitet werden. Wir haben 3. B. seiner Zeit im Börsenblatt den Wunsch ausgesprochen: wir sind dafür, daß das Börsenblatt veröffentlicht wird und in die Hände der Gelehrten kommt, wenn jedesmal bei den Nabattanerbietungen der Verleger steht: Rabatt inklusive der und der Spesen, (Heiterkeit) die dem Sortimenter erwachsen. Das war der Grund, warum wir (Vorsißzender: Das, gehört aber nit

mehr zur Geschäftsordnung!) Nicht ? (Heiterkeit.) Dann möchte

stüßenden Autoren bisher ihre Werke zum Nettopreise geliefert

Meine Herren, die Art, |

ih ferner in bezug auf einzelne Punkte, wie über die Boykottierung, bitten, solhe einzelnen Fälle doch hier vielleicht niht vorzubringen. (Widerspruch und Heiterkeit.) Wenn jeßt, nachdem der Krieg ausgebrochen ist, nachträglich einzelne Fälle vorgenommen wären, die niht mit dem Ausgang des Streites zusammenhängen, meine "Herren, dann wird Partei ergriffen je nah dem Standpunkt der Sympathie des einzelnen für den oder den. Wie wenn man heute im japanisch - russichen Kreise aus der Kriegserklärung geltend machen wollte, wer reht hat . . . (Schlußrufe.) Jch möchte es a tend 7 mo gekommmen sind, niht im i zu berühren, weil ih de i ü 4 niáis ch der Ueberzeugung bin, es führt __ Vorsigender: Soweit ih habe verstehen können, was sich in Jhren Ausführungen auf das Besbätiactbram aki bezog, war es dies, daß Sie vorschlugen, in bezug auf die Sperrung des Börsenblattes niht mehr zu verhandeln, und über die einzelnen Punkte, soweit sie überhaupt zur Ver- handlung geeignet sind, nachher zu sprehen. (Dr. Lehmann- Danzig: Ja!) Dann würden wir jegt auf die einzelnen Punkte nicht weiter eingehen, und es ist vielleiht auch garnicht unzweckmäßig, das, was Herr Geheimer Rat Dr. Wach vorgebracht hat, nachher zu besprehen, weil man sich die Sachen erst durch den Kopf gehen lassen muß es ist mir O wenn nicht gleih im ersten Eifer darauf geantwortet Reichsgerichtsrat Dr. Spahn- Leipzig, M. d. NR.: Viel- leicht eins, Herr Vorsißender. Herr Sekéimor Rat Dr. Wach hat betont, daß ihm in Leipzig erwidert worden fei, daß sie abhängig seien in ihren Beschlüssen von dem Widerstand, der von Berlin aus geleistet würde. Das läßt ja darauf ließen, daß Berlin als Kreisverein eine besondere einflußreihe und starke Macht ist, worüber wir Aufklärung haben müssen. Buchhändler Prager-Berlin (zur tatsächlichen Richtig- stellung): Darf ih bloß bemerken, daß Herr Geheimer Nat Dr. Wach es wohl nicht so verstanden hat, daß die Leipziger in Rücksicht auf Berlin sich die Sache nicht etwa, daß wir eine besondere Macht wären, sondern weil sie fürchten, daß a k e E e Professor Dr. Wach-Leipzig: agte: „Nh vinkuliert fühlten!) D und Glaubes. h ei d A Vorsizender: Eine objektive Bemerkung sollte nicht auf die Motive zurückgeführt werden. Es ist nur sie E Äh vinkuliert. i E Zur Frage 1 is} eine Wortmeldung nicht mehr erfolgt. Jh darf annehmen, daß mir die Diskussion hierüber R konnen. Wir gehen über zu Frage 2: Bestehende Organisationen der Bücherkäufer,

und. hier würden also insbesondere der Akademishe Schußz- verein und der Verein der Bibliothekare zu erörtern sein. Ferner könnten, soweit Anlaß dazu vorhanden ist, in ähnlicher Weise, wie Herr Geheimer Rat Dr. Wach das eben getan hat von der anderen Seite her, die Mittel dieser Organisation und die Art ihrer Handhabung und Wirkung besprochen werden. Dabei würden wir dann wahrscheinlih von selbst auf den Fall kommen, der eben schon angeführt ist. Den Fall Leipzig, den Herr Geheimer Rat Dr. Wach anführte, bitte ih aber von vornherein auszuscheiden, den besprechen wir nahher. Wird das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Wir gehen dann über zu Frage 3a:

Wirkungen der bisherigen Organisation und

Gliederung des Buchhandels in bezug auf

Kosten der Bücherproduktion und des Bücher-

vertriebs.

__ Meine Herren, ih hatte Jhnen vorhin gesagt, daß eigentlich die Vorfrage wäre, ob die Preise deutsher Bücher überhaupt in den lezten Jahren gestiegen sind, wie es von verschiedenen Seiten behauptet und von anderen bestritten ist, und ob sie höher sind als im Auslande ih meine damit nicht die billige Lieferung nah dem Auslande, das ist eine ganz andere Sache und ob an und für sih die Deutschen höhere Preise für ihre Bücher anlegen müssen als die Ausländer für die im Ausland produzierten. Es würde weiter zu untersuchen sein, wie weit etwa an einer solhen Steigerung und Hochhaltung der Preise die Gestaltung unserer Produktionskosten und unserer Vertriebskosten schuldig ist, und wie weit sie beeinflußt werden O die Bestellanstalt, das Konditions- und das Kommissions- ystem. : Es wird freilich faum möglich sein, die Diskussion so einzushnüren, daß niemals ein Eingehen auf eine andere orage stattfindet; es ist auch gar nicht meine Absicht, das völlig zu hindern. Jch bitte aber, im allgemeinen sih daran zu halten, daß wir erst sprehen darüber: sind die Preise zu hoh? sind sie überhaupt gestiegen? woran liegt das? sind die Produktionskosten, die Vertriebskosten huld daran? und wie wirken die verschiedenen Einrichtungen auf die Preise ein? Wenn Sie diesen Grundzug im allgemeinen festhalten, werden wir in der Diskussion vorwärts kommen. Buchhändler Dr. Lehmann-Danzig: Meine Herren! Jh möchte Sie nun um Verzeihung bitten, wenn ih in ein paar Worten einen historishen Rückblick auf die Frage werfe sie geht nur um zwei Jahre zurück —, die den ganzen Streit, der uns hier beschäftigt, hervorgerufen hat und wie er si entwickelt hat. Jch sagte shon vorhin, daß der Sortiments- buchhandel, gegen den ja die Hauptwucht des Bücherschen Angriffs gerichtet war, augenblicklih und schon seit mehreren Jahren an der Scheide steht, wo er 'sih fragt, ob er erhalten werden kann oder niht. És kommen für die Existenzfähigkeit des Sortimentsbuchhandels ein paar äußere Momente in Vetracht, die von den meisten verkannt werden. Meine Herren, der Buchhandel gilt in den kleineren und mittleren Städten noh für ein anständiges Handwerk; und es ergreifen viele diesen Beruf, die eigene Mittel hineinbringen, und es wird dadur die Deroute vielfah verdeckt, die tatsählih besteht. Es sind in den legten Jahren einzelne als glänzend geltende

zu kämpfen.

große Buchhandlungen übergegangen aus einer Hand in die andere, nachdem der Vorbesißer sein hineingestecktes Kapital vielleicht 10- oder 15 000 Taler dran gegeben hatte. Das sind Sachen, die bei uns bekannt sind. Nun, meine Herren, dieser Existenzkampf des Sortimentsbuchhandels dauert chon einige Jahre, war bis dahin aber ein interner, inner- halb der Grenzen des Börsenvereins zwischen den Sortimentern und Verlegern. Es war im großen und ganzen der versuchte Widerstand des Mittelstandes gegen den Kapitalismus, der über seine Leiche hinweg geht. Nun, meine Herren, dieser Kampf war für den Sortimentsbuchhandel um deswillen so schwer, weil er zwar scheinbar im Börsenverein eine Orga- nisation und in den Kreis- und Ortsvereinen eine Vertretung hat. Tatsächlih zerfallen aber die Orts- und Kreisvereine nach rets und links in solche, in denen die Verleger, und in solche, in denen die Sortimenter die ausschlaggebende Stellung besigen. Solche, wo die Verleger den Ausschlag geben, haben nach der Ansicht der Sortimenter die größere Zahl, sei es direkt dadurch, daß die Verleger Vorsißende sind usw., sei es indirekt, daß sie von solchen geleitet werden, die dur irgend welche Eigentümlichkeiten besondere Vorteile bei den Verlegern genießen. Solche Vorteile gibt es: es wurde gestreift, daß die deutshen Exportbuhhändler des Sortiments größeren Rabatt beziehen wie andere Sortimenter. Also, meine Herren, danach gliedern sih die Kreis- und Ortsvereine, und insofern hat also das Sortiment an sich in dieser Organisation des Börsenvereins keine Vertretung, während die Verleger drei Verlegervereine und durh sie eine Vertretung im Börsen- verein haben.

r Meine Herren, das muß vorausgeschickt werden, damit Sie, die Sie über die Sache berichten wollen, einen Einblick in die Geschäfte gewinnen. So hat auch der Verleger noch eine Vertretung, eine Verlegerkammer, welche nah außen hin und nach oben hin einen beträchtlichen Einfluß besißt. Nun, meine Herren, wie gesagt, dieser Kampf um seine Existenz war für das Sortiment darum so s{wer, weil ihm nicht ein Organ zur Verfügung stand, in dem es seine Not schildern konnte, in dem es die Standesgenossen sammeln konnte. Wie schwer es wird, die tatsächlichen inneren Verhältnisse eines Standes zu durhschauen, ohne daß man ein gemeinsames Organ be- sit, das habe ih gesehen aus der Schrift des Herrn Professor Bücher, dem das notwendige Material dazu gemangelt hat; und sogar die einzelnen Sortimenter sind sich dessen selbst sehr schwer bewußt, wie die Verhältnisse zusammenhängen. Nehmen Sie, meine Herren, jeden einzelnen Stand: wenn in keinem Organ die Verhältnisse des Standes klargestellt und die einzelnen Bausteine zur Kenntnis des Standes zusammen- getragen werden, dann ist es außerordentlih s{chwer, die Ver- hältnisse zu durchshauen. Selbst für die Sortimenter ist es im großen und ganzen nicht sehr leiht geworden, und erst die Diskussion, die sih an die Büchershe Schrift geknüpft, und die Literatur, die darüber entstanden ist, hat gewissermaßen eine Einigung hergestellt.

Was nun die Lage und die Bedeutung des Sortiments anlangt E der Herr Vorsißende hat gestattet, daß an dieser Stelle, bei Frage 3a, über die Bedeutung des Sortiments gesprochen werden könnte. (Widerspru, Zuruf: Bei 34d! Schlußrufe.) Dann bitte ih um Entschuldigung, dann fommt es also später.

Verlagsbuchhändler Dr. von Hase - Leipzig: Herren! Ob die Bücher teurer geworden sind, ist eine Frage, die fich sehr shwer beantworten läßt. Als im Jahre 1887 eine wesentliche Umänderung der Rabattverhältnisse angebahnt wurde, hat dies ganz unbedingt dazu beigetragen, zwar nicht die Bücher zu verbilligen, aber do der sonst unbedingt not- wendigen großen Steigerung wegen verteuêrter Herstellung namentlih des wissenschaftlihen Verlages zu parieren. Es ist damals möglich geworden, daß die Verleger wissenschaftlicher Bücher, die bis dahin noch zu einem großen Teile 331/; % Rabatt an die Sortimenter gegeben hatten, sich auf 25% zurückzogen. Schon in den vorbereitenden Jahren hatte die Bewegung begonnen; man mußte auf 25 9/7, Rabatt zurück- greifen, weil es sonst niht mehr möglih gewesen wäre, bei Monographien, Lehrbüchern u. |. w. auszukommen. Die größte Steigerung, die in bezug auf den Preis überhaupt vor- getommen ist, beruht ja auf den gänzlih veränderten Seter- tarifen des deutschen Buchdruckertarifes, und zwar ist innerhalb dieser Tarife die Steigerung ganz wesentlih auf die der Wissenschaft gewidmeten Bücher zur Geltung gekommen. Es ist erstaunlich, wie sich das alles kompliziert hat: die Antiqua- chrift, die Anmerkungen, die Ziffern und alles Drum und Dran in einer Weise, daß das glatte übrige Schriftwerk da- gegen ganz zurückkritt. Jch habe damals, als die Sache auf- fam, es bezeichnet als einen Schußzoll, einen Prohibitivzoll gegen die Wissenschaft. Aber sozialpolitish war es doch eine Notwendigkeit, daß man, soweit es anging, sih den Forderungen eines so bedeutungsvollen Erwerbsstandes, wie ihn die Buch- drukergehilfen darstellten, nit entzog und schließlich auch nicht entziehen wollte. Jch stelle aber hier fest, daß in dieser Be- ziehung bei weitem nicht eine entsprehende Ueberwälzung von seiten des Verlagsbuchhandels stattgefunden hat, sondern daß von diesen Zeiten an man sih gewöhnte, mit einem wesentlich geringeren ‘Gewinn zu rechnen. Bei einer ganzen Anzahl von Fällen, besonders bei wissenschaftlihen Monographien, war das, wenn eine neue Auflage kam, nur dadurch möglih, daß man den Rabatt verkürzte, und da war mit großen Schwierigkeiten Ob die Bewegung ähnlich gewesen ist im Aus- land, ist shwer festzustellen; jedenfalls hat eine solche Stei- gerung, wie sie in Deutschland in bezug auf den Seßertarif stattgefunden hat, im Auslande in diesen Zeiten nicht Plaß gegriffen. (Sehr richtig.) Jh fühle mich aber nicht berufen und in der Lage, das zu beurteilen und unsere Verhältnisse im einzelnen mit dem Auslande zu vergleihen; die Sprache, die Größe der Absaßzgebiete und anderes tritt dem entgegen. Wirklich vergleihen kann man nur auf einem Gebiete, wo es sich um eine Weltsprahe handelt, doh habe ich gerade über ein derartiges Gebiet einen Ueberblick, das ist die Musik.

Meine

Da kann ich feststellen: daß die deutshe Musik billi ist, als die Musik der ganzen Welt, daß s U E wesen besser geregelt ist als anderswo in der Welt, daß wir in der Tat auch im Welthandel auf diesem Gebiete an -erster Stelle stehen, und daß die Preise, die vor der Steigerung aller dieser Verhältnisse bestanden, auh bei s{hweren Werken abgesehen von einzelnen Ausnahmen, im allgemeinen einge- halten sind, abgesehen von Novitäten einer gewissen Richtung, die größere Ansprüche maht —, daß aber in dem leßten Menschenalter im übrigen eine beträchtliche Verbilligung der Musikwerke eingetreten ist. Wir können sagen: in Deutschland herrscht die Tendenz, billige Preise zu machen auf einem Ge- biete, wo wir in Sprache und Gesamt-Verkehrsgebiet voll- ständig gleih sind mit den übrigen Völkern. Daß das ein nicht ganz unwichtiges Gebiet ist, werden Sie aus den Ziffern der Veröffentlichungen ersehen. Wenn der Buchhandel etwa 26 000 Veröffentlichungen hat, so - hat - die Musik 12 500; es mag ja viel fleines Zeug dabei sein, aber immerhin ist es doch ein beträchtliher Teil des Ganzen. Und zwar ist diese Billigkeit eingetreten troß eines außerordentlihen Zuwachses der Produktion. Die Produktion, die im Jahre 1820 bloß 1786 Hefte oder Bände umfaßte, ist jezt auf die zuvor an- gegebene Zahl, und zwar fast gleihmäßig von Jahrzehnt zu Jahrzehnt gewachsen. Ich habe erstmalig diese Ziffern zu- sammengestellt; sie sind noh nicht veröffentlicht, aber ih fann sie G ma zu Protokoll geben. __ Vorsißender: Darf ih mir die Frage erlauben: er- streckt sih die Wirksamkeit der Tarifgemeinschaf f de I Aes \ rifgemeinschaft auch auf den

Verlagsbuchhändler Dr. v. Hase- Leipzig: Nein, auf de Musikaliendruck nicht; aber auch da ind ‘bie A wesentlich in die Höhe gegangen. Jm deutschen Notenstecher- Tarife ist das Schwierigste nicht der selten angewandte Lettern- saß oder der Druck, sondern der Notenstih; und auch bei dem Stich sind es die ernsten, komplizierten Sachen, die auch hier wieder graduell wesentlich verteuernd wirken.

Oberbibliothekar Geh. Hofrat Dr. Brambach- Karlsruhe : Es ist mehrfah gesagt worden, daß die Preise deshalb hoch gehalten werden müßten, weil im Konditionswesen, speziell durch die Ansichtssendungen, so viele Kosten verursacht würden, daß die Sortimenter eben nicht billiger liefern könnten; man könnte diese Ansichtssendungen einstellen, dadurh die Spesen des Buchhandels vermindern und die Preife dann herabsinken lassen. Der Betrieb mit den Ansichtssendungen, wie er tat- sächlich liegt, hat seine Schwächen, und davon wissen die Bibliothekare ein shönes Lied zu singen. Aber andererseits sind doch, glaube ih, sowohl von den Bibliothekaren, wie von den Buchhändlern, die Gründe für überwiegend gehalten worden, diese Ansichtssendungen weiter zu behalten. Zunächst haben fie einmal einen merkantilen Vorteil, der gar nicht er- örtert zu werden braucht, , wie akle Auslagen, wie alle An- erbietungen. Die Vibliothekare helfen hier dem Buchhandel mit; denn in ihren Sammlungsräumen liegen für ihre Be- sucher, namentlich für die intimeren Bekannten, für die Fach- gelehrten an den Universitäten, die Novitäten in der Regel auf, und sie werden dort nah meinen Erfahrungen vielfach, ih möchte sagen, fast leidenschaftlih in der Tat durchgesehen. Das ist also im Juteresse des Buchhandels. Bei allen Er- örterungen, die bis jeßt darüber geflogen worden find, wurden bloß diese rein materiellen Gründe hervorgehoben. Es gibt aber auch ideelle Gründe, und die schäße ih sehr viel höher. Zumal für den Bibliothekar und für den Fachgelehrten, der in einer Bibliothek Novitäten ansieht. Dort haben die be- treffenden Herren Gelegenheit , sich eine innere lebendige Kenntnis eines neu erschienenen Buches zu erwerben, die durch Titelanzeigen, Prospekte, Jnhaltsauszüge und dergleichen nie wird erreiht werden können. (Sehr richtig!) Die Biblio- thekare lernen Bücher innerlih kennen, solche werden ihnen lebendig, die sie vielleicht im Augenblick nicht kaufen können, die sie auh vielleiht ihren Statuten entsprechend nicht kaufen dürfen, die sie sh aber doch merken, die sie empfehlen oder bei der nächsten Gelegenheit doh einmal anschaffen werden. Also ih bin der Meinung, daß man den Bibliothekaren unter feinen Umständen diese lebendige Kenntnisnahme der Neu- erscheinungen, über die eine Literaturkenntnis noch nicht existieren fann und die nicht erseßt werden kann durh Prospekte und dergleichen, entziehen darf, damit sie in einem lebendigeren Zusammenhang mit der neueren Literatur bleiben, damit die sogenannte Literaturkenntnis nicht ausartet zu einem öden Namen- und Zahlengedächtnis, während die Bibliothekare ohnehin schon so viel mit den Zahlen und sonstigen Aeußerlich- keiten zu tun haben. i

Vorsißender: Darf ih den Herrn Redner darauf aufmerksam machen, daß wir die Frage der Ansichtssendungen bei Frage 3b im einzelnen erörtern werden. (Zuruf: „Die Kosten des Büchervertriebes!/) Sie sprehen doch von der direkten Vorlage der Bücher bei den Bibliothekaren? Jch wollte vorschlagen, die Kosten der Ansichtssendungen, von denen der Herr Vorredner s\priht nicht die ideellen Gründe für und gegen die Ansichtssendungen, sondern ihre Einwirkung auf die Vertriebskosten hier mit zu erörtern ; darauf kommt es doh jeßt nur an. Insoweit besprehen wir selbstver- ständlih jeßt die Ansichtssendungen. Aber ob es richtig ist, die Ansichtssendungen überhaupt beizubehalten, das ist eine andere Frage, und darauf bitte ih nicht einzugehen.

Zur Geschäftsordnung hat Herr Dr. Lehmann das Wort.

Buchhändler Dr. Lehmann-Danzig: Jh möchte zur Geschäftsordnung ein Moment annen, 2 un its „Kosten des Büchervertriebes“. Die Frage der Ansichts- sendungen an die Bibliotheken ist eine Frage der Kosten des Büchervertriebes, und ih glaube, das gehört hierher. Vorsißender: Jh habe nur erklärt, daß wir die Frage, ob die Ansichtssenduñgen überhaupt beibehalten werden sollen oder niht, nahher besprechen müßen. Denn das gehört zu der Frage, ob der Sortimentsbuchhandel rückständig ist oder niht, Soweit dagegen die Ansichtssendungen für die Frage