1904 / 122 p. 30 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 May 1904 18:00:01 GMT) scan diff

„Der Schußverein, der sich überhaupt in leßter Zeit veranlaßt gesehen hat, etwas Wasser in seinen Wein zu gießen, hat sih zwar gegen die Auffassung verwahrt, als sei es von ihm ein Akt der Feind- seligkeit gegen den Buchhandel; aber wenn die offizielle Organisation der Buchhändler, der Börsen- verein, in allen seinen Maßnahmen mit einer solchen Gehässigkeit und Uebertreibung kritisiert wird, _daß Bücher selbst die meines Erachtens durchaus mafßvoll und sachlich gehaltene Bekanntmachung des Vorstandes vom 25. September 1903 in einer aus Empörung und Verachtung gemischten Stimmung als ein diese Körperschaft im s{limmsten Sinne kennzeichnendes Aktenstück behandelt, so ist jede friedliche Verständigung und gemeinsame Behebung der Schäden ausgeschlossen, und der Schußverein darf sich nicht darüber wundern, daß der Börsenverein sein Vorgehen als Kriegs- erklärung aufgefaßt hat.“ U Insofern ist also Herr Geheimrat Bücher, glaube ich, im Jrrtum, wenn er annimmt, daß nah Erscheinen seiner eigenen Schrift Polemik nur von seiten des Buchhandels getrieben worden sei. Z Herrn Geheimrat Dove gegenüber möchte ih erwähnen, daß er nicht richtig orientiert ist über die Kündigungs- verhältnisse der Freiburger Sortimenter. Soviel mir durch den Badischen Verband bekannt geworden ist, ist die Sache folgendermaßen gewesen. Nicht „die“ Freiburger Sortimenter haben erklärt, sie würden gern weiter zu Ausnahmebedingungen liefern, und der Badisch-pfälzische Verband habe ihnen das verwehrt, sondern drei von ihnen haben das erklärt; die vier andern haben aber erklärt, sie verlangten die Abschaffung der Ausnahmebedingungen, die der Verband in seiner General- versammlung beschlossen hatte. i Jch möchte Herrn Dr. Giesecke _eine Aeußerung interpellieren, die er dahin gemacht hat, daß „die ganze Politik des Börsenvereins eine verkehrte sei und feiner Ansicht nach die Sache nur in einer bestimmten Weise, die er vorschlägt, geregelt werden könne“. Jch kann nicht recht be- greifen, wie die Dinge dann gehen sollen. Er hat gemeint: „wenn die Leute sih ruinieren wollen, so lasse man sie nch doch, weiß Gott, ruinieren; was geht das den Vorstand an?“ Darauf erwidere ih nur, daß jeder Staat, jede Gemeinde dasselbe tut, wenn sie an eine Brücke ein Geländer anbringt, damit nicht jemand aus Versehen hinunterstürzt. Genau diese Funktion erfüllt der Börsenverein: er verhindert eben unver- ständige und schlecht rechnende Sortimenter, daß Sie si wi\entlih oder unwissentlih zu Grunde richten. Ich möchte noch hinzufügen: wenn alles das falsch sein soll, was der Börsenverein tut, so verstehe ih nicht, daß die Firma B. G. Teubner ihre Bücher veröffentlicht unter Benußung der Ein- richtungen des Börsenvereins und vor allen Dingen sie aus- attet mit einem Ladenpreise, den der Vörsenverein als den Hauptpfeiler der buhhändlerischen Organisation bezeichnet. Jch vundert, wenn die Herren Geheimrat Bücher s Buch des ersteren ohne Ladenpreis ver-

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nur kurz wegen einer

hätte mih nicht ge und Dr. Giesee da öffentlicht hätten! Dann hätten wir ja die ganzen entstehenden Schwierigkeiten einmal an einem Beispiel produzieren können. Warum hat man nicht die Sortimenter auf den Nettopreis darauf {lagen lassen, was Sie wollen? Dann hätten wir a absolute Freiheit, und der Börsenverein hätte durchaus nichts dagegen. Nir schreiben in unseren Verkehrsbestimmungen nicht vor: der Verleger muß den Ladenpreis stellen, sondern wenn er festgestellt wird, soll er vom Verleger festgestellt und vom Sortimenter eingehalten werden. Nun möchte ih noch ein paar allgemeine Bemerkungen vielleicht nicht ganz überflüssig sind. Es ist von eiten über die zu große Zahl der Sorti- Fürchten Sie nicht, daß ih da in die Breite “Aber einen Gesichtspunkt muß ich Jhnen vorfü er bei dem weiteren Studium der Sache mit untersucht werden könnte. Sie müssen nicht vergessen, daß wir ein außerordentlich verschiedenartig zusammengeseßtes Publikum haben. Jch teile es ein in mehrere Klassen. Da ist der Höchstgebildete, für den fachwissenschaftlihe Literatur und vornehme Belletristik vorhanden ist, da ist der Mi telstand, für den Geschentliteratur, Velletristrik und populärwissenschaft- liche Literatur in Betracht kommen; dann haben wir die fleinen Leute, für die nur der Schulbücherhandel von Interesse ist, und Lesezirkel, Leihbibliothek, populäre Journale, und \chließlich fommen die allerkleinsten Leute auf dem flachen Lande, die eben den Kolportageroman, den Kalender und dergleichen Sachen brauchen. Wer den Gesamtabsay des Buchhandels übersieht, der kann nur sagen: es besteht eine Verpflichtung, den Bedarf dieser verschiedenen Kategorien zu vermitteln auf die Weise, wie er jeßt befriedigt wird und, wie ich glaube, auf die beste Weise befriedigt wird durch die verschiedenen Arten von Buchhändlern.

machen, di den verschie menter gere

Der Kolportagebuchhändler ist der Mann, der nicht zu entbehren ist für die kleinen Leute auf dem flachen Lande, der Reisebuchhandel ist nicht zu entbehren für den Mittelstand auf dem flachen Lande, für die kleinen Städte, wo zwar ein Sortimenter sit, während aber nad) meinen Erfahrungen der Herr Oberst, der dort steht, nie in eine Buchhandlung geht. Wenn dagegen der Reisende zu ihm fommt, so kauft er durch dessen Vermittlung ein Lerikon oder eine populär wissenschaftlihe Sammlung, eine Klassiferausgabe. Da ist der Lesezirkel-, der Leihbibliotheksinhaber, alles Buch- händler, die für die kleinen Leute erforderlich sind, ebenso gut, wie die Bierlokale für dieselben Konsumenten. Da sind die Buchbinder und die kleinen Auhbuchhändler, die eben auch den Bedarf für die kleinen Leute vermitteln. Schließlih müssen wir sagen: die größtmögliche Zahl von Sortimentern ist er- forderlich für diese Kategorien fleiner Leute; die größtmöglichste Zahl gebildeter Sortimenter is notwendig für diejenigen Kon- sumenten, die wir als Mittelstand bezeichnen wollen, aber nur eine beschränkte Anzahl von hochgebildeten, geschäftskundigsten Sortimentern ift notwendig für diejenigen Kreise, die Der Schußverein vertritt: für die akademischen Kreise. Das ist

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meiner Ansicht nach das punctum saliens in dieser ganzen Frage der sogenannten Zwergbetriebe, der Verringerung Der Sortimenter, der sogenannten Stammrollensortimenter, der erst- kflassigenSortimenter. Man kann nicht ohne weiteres sagen: wir haben zu viele Sortimenter, sondern die Frage ist so zu untersuchen, ob für die Kategorien der Literatur, für die Kategorien der Abnehmer zu viele Vermittler vorhanden sind, und das ist im großen und ganzen nah meiner persönlichen Neberzeugung zu leugnen, ganz abgesehen davon, daß wir bei der Gewerbefreiheit fein Mittel haben, dagegen einzuschreiten.

Meine Herren! Das veranlaßt mi, noch ein Wort an Sie zu rihten, meine Herren vom Schußverein! Jch bitte Sie, den Bedarf nicht zu übershäßgen, den Sie selbst haben, im Vergleih zum Gesamtbuchhandel; ih bitte Sie, den Teil niht zu übershägen, den die wissenschaftliche Literatur von der gesamten deutschen Literatur ausmacht. Wir haben hier eine sehr dankenswerte Aufstellung des Vereins der Bibliothekare, die mit einer Summe von 1 850 000 #. für deutsche Bücher abschließt, die von der Gesamtheit der wissenschaftlichen Bibliotheken gekauft werden. Schlagen wir dazu den Bedarf, den andere Bibliotheken haben, mit 1 Million, {lagen wir dazu 2 Millionen für sämtliche Studenten, 1 Million allein für sämtliche Professoren ih nenne weniger, weil wir 40 000 Studenten und jedenfalls weniger Professoren haben —, so fommen als Gesamtsumme 6 Millionen heraus. Wenn nun die von mir genannte bedenklihe Ziffer von 120 Millionen Umsay des deutschen Buchhandels richtig sein sollte, so sind die 6 Millionen 5°/,! Vergessen Sie also nicht, daß der Börsenverein und daß der Buchhandel auf die 959%, Konsum mehr Nücfsiht zu nehmen hat wie auf die 5%/, akademischer Literatur und akademischen Bedarfs. Das ist bei der Ent- scheidung unserer Rabatifrage von der allerausshlaggebendsten Bedeutung gewesen und wird es auch immer sein.

Nun möchte ih mich nur mit zwei Worten an Herrn Wirklichen Geheimen Oberregierungsrat Dr. Wilmans wenden. Mir ist das, was er gesagt hat, aus dem Herzen gesprochen. Tatsächlich ist es nötig, daß von Zeit zu Zeit einmal konstatiert wird, wie notwendig für die Oeffentlichkeit, für die Wissenschaft, für die Buchhändler und für die Verleger die öffentlichen Bibliotheken sind. Jch finde mih da im Gegensaß zu dem verehrten und lieben Kollegen Dr. Ruprecht, der mal ein bôses Wort über die Bibliotheken gesagt hat es schadet aber nihts. Es gibt da eine Reihe von Mitteln, den Bibliotheken zu helfen; wir haben chon exklärt, daß wir bereit sind, die Frage zu studieren. Jh möchte das aber nicht so verstanden haben wissen, als ob es sich nur darum handeln fönnte, wieviel Nabatt wir an die einzelnen Bibliotheken geben ftönnen, t

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sondern bitte, die Frage auch einmal zu über- legen, ob es nicht Mittel und Wege gibt, daß Buchhändler und Bibliotheken sich an die gesamten deutschen Staats- regierungen wenden mit einer Vorstellung, daß der Minder- rabatt, den die Buchhändler geben wollen, nur eine minimale Summe ausmacht. Es wäre doch jedenfalls der Mühe wert zu überlegen, ob es sih nicht empfiehlt, in den Sortimentern, was ih auch hier betone, den Mittelstand zu schüßen mit einer solchen Lappalie, die gegenüber dem Staatsbudget und den Liebesgaben gar nicht in Betrachi kommen fann, und ferner zu erwägen, ob es nicht ein gangbarer Weg ist, fch zusammen an die Verleger zu wenden und den Verlegern zu sagen: shüßt die Sortimenter und {ügt die Bibliotheken gleichzeitig und gewährt uns für die wenigen Exemplare, die Jhr Verleger an die größten öffentlihen Bibliotheken und a1 ie Universitätsbiblioiheken liefert, einen Mehrrabatt. L Herren Kollegen unter den Verlegern werden mir ja vielleicht vegen dieses Vorschlags gram sein, aber wir verden ja eben sehen müssen, ob wir nach der einen oder andern Nichtung etwas zugestehen können. Man ist jedenfalls vom besten Millen beseelt auf allen Seiten; versuchen wir, wie wir das bessern fönnen, was mit größerer oder geringerer Berechtigung gegenwärtig einen Stein des Anstoßes bildet.

Universitätsprofessor, Geheimer Hofrat Dr. Dove- Freiburg i. B. (zu einer tatsächlichen Berichtigung): Ich glaube nicht, daß in bezug auf die Freiburger Vorkommnisse eine Differenz zwischen uns besteht. Eben diejenigen dortigen Sortimenter, welche bisher mit der Bibliothek in wirklicher Geschäfts- und Lieferungsverbindung gestanden hatten, erboten sich zu der Konzession. Sie mögen allerdings die Minorität bilden, wenn man alle Papierhandlungen usw. hinzurechnet. Hieran wird sich der Badisch-pfälzische Kreisverein gehalten haben.

Universitätsprofessor, Geheimer Hofrat Dr. Bücher- Leipzig (zu einer persönlichen Bemerkung): Meine Herren! Jch bedaure, daß Herr Albert Brockhaus, der mir das Zeugnis gegeben hat, daß ih sehr versöhnlih gesprochen habe, den Eindruck, den meine Worte gemacht haben, für sich insofern wieder in deteriorem partem verändert hat, daß e Unze versöhnlih gesprochen hat insofern, als er si hier berechtigt geglaubt hat, eine Aeußerung, die in einem von ihm er- wähnten Organ von seiten eines Philologen gegen mich gefallen ist, hier zu verlesen. Diese Aeußerung hat mit der Sache selbst gar nichts zu tun, die hier in Rede steht, und ih fann nur annehmen, daß diese Stelle verlesen worden ist, um mi persönlih herunterzusegen. (Unruhe. Glocke des Vorsitzenden.)

Vorsitzender: untersiellen.

Universitätsprofessor, Geheimer i Leipzig (fortfahrend): Dann würde ich allerdings sehr dankbar sein, wenn Herr Brockhaus angeben wollte, aus welchen Motiven er die Stelle verlesen hat. Die Sache ist indessen so, daß ih genötigt bin, mich dagegen zu wehren. Jch werde an derselben Stelle, an welcher diese Aeußerung gedruckt worden ist, eine Entgegnung veröffentlihen. Sie wird im Aprilheft der Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik erscheinen. Mit dem Hinweis hierauf begnüge ih mi, um die Debatte hier abzukürzen.

Jh möchte bitten, keine Motive zu

Hofrat Dr. Bücher- 8

Sodann möchte ih mein Bedauern darüber aus- sprechen, daß Herr Brockhaus die Stelle aus meinem Buche verlesen hat, in der die Rede ist von einem peinlichen Widerspruch zwischen seinem öffentlichen Verhalten und der privaten Geschäftspraxis. Diese Stelle hat gar nicht den Sinn, den Herr Brockhaus ihr unterlegt. Es handelt sih ja da vielleicht um eine Verschiedenheit der Auffassung bezüglich der ganzen Erscheinung des Reisebuchhandels. Jch halte den Neisebuchhandel für einen Totengräber des Sortiments, und in diesem Sinne is die Aeußerung gemacht. Jch habe an- nehmen müssen, daß doch ein so weitblickender Mann, wie es Herr Brockhaus ganz zweifellos ist, sich auch das sollte klar gemacht haben, was es auf die Lage des Sortiments für einen Einfluß ausüben muß, wenn gerade die wertvollste Literatur, diejenige, welche an«Stück den höchsten Rabatt liefert, niht mehr durh das Sortiment vertrieben wird, sondern durch eine eigene Vertriebsorganisation, über deren Berechtigung ich hier nicht reden will. N

Dann darf ih wohl eine Berichtigung hinzufügen. Sie bezieht sich auf meine Erfahrung bezüglich der Leipziger Sortimente. Jch mache Jhnen darüber gewiß keine Vorwürfe, daß sih bei Jhnen das Buch nicht vorfand. Jch habe mich sogar gefreut, daß ih es nicht vorfand i will es hier niht nennen —; ich habe nur fonstatieren wollen, daß die Beratungsfunktion, die der Sortimenter ausübt, in diesem Falle vollkommen versagt hat, da es nicht möglich ge- wesen ist, über dieses Buch diejenige Auskunft zu erlangen, die ih brauchte.

Vorsizender: Ich bitte, die persönliche Seite der Sache jeßt ganz aus der Debatte auszuscheiden. Jch kann mir ja denken, daß Herr Brochaus den Wunsch hat, noch einmal darauf zu antworten; aber ih möchte ihm das Wort dazu nicht geben; ich glaube, es ist im nteresse unserer Sache, daß wir jeyt davon absehen.

Das Wort zur Sache hat Herr Dr. Nuprecht.

Verlagsbuchhändler Dr. Nuprecht-Göttingen: Meine Herren! Jch brauche, nachdem die Herren Vorredner mir das meiste vorweggenommen haben, nur die Punkte zu berühren, in denen ih noch einiges hinzuzuseßen habe. :

Die Rabattpolitik des Börsenvereins soll nah Herrn Dr. Giesete entsprechend den Ausführungen des Herrn Geheimrat Dr. Bücher die kleinen Sortimenter künstlich züchten. Jnteressant war es mir nebenbei, daß Herr Geheim- rat Bücher heute anders zu dieser Frage der großen Zahl der Sortimenter zu stehen scheint, als er in seinen Publikationen gestanden hat, was ja au wohl in der dritten Auflage dann zum Ausdruck kommen wird, Wenn wir überhaupt die Sor- timenter schüßen wollen durh Schuß der Ladenpreije, jo müjen wir selbstverständlich, wie ih das an anderer Stelle mal ge- sagt habe, regnen lassen über Gerechte und Ungerechte, und dann fommt dieser Schuß auch den kleinen zugute. Abcr man vergesse doh nicht, daß mit der neueren Verktehrsent- wiclung das deutsche Sortiment einfa durch die Konzentration des Bezuges in den großen Städten zu Grunde gerichtet wäre, wenn wir nicht diese Rabattpolitik eingeschlagen hätten. Die Zahlen, die Herr Geheimrat Bücher auf Seite 175 (2. Auflage) anführt über die Vermehrung der Sortimenter, halte ih übrigens niht für sehr wertvoll, weil bei solchen Gewerbszählungen es ganz darauf anlommt, ob viele, die sich

bisher Buchbinder genannt ‘haben, in der neueren Zeit als

Buchhändler figurieren oder nit, und ferner bieten sie keinen

Beweis dafür, daß die Rabattpolitik die Sortimenter gezüchtet habe —, weil die Rabattpolitik mit voller Energie erst nach

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den Jahren 1895 oder gar 1882 eingeseßt hat; denn bis oor furzem wurde in Berlin und Leipzig 10 9/9 überall ge- geben, anderëwo 5 9: es waren nur die äußer]ten Spißen des Rabattgebens abgebrochen. Aber das kann unmöglich eine solhe Sortimenter zeugende Wirkung gehabt haben.

Herr Dr. Giesecke knüpfte dann daran die weitere merkung, wir befänden uns auf dem Wege zu den Dingen, die Herr Dr. Lehmann erstrebt, zum verlegerischen Minimal- rabatt 2c. Wenn Herr Geheimrat Bücher uns das in seiner Unkenntnis der persönlihen Verhältnisse vorhält, fo wundert mich das weniger; wenn aber Herr Dr. Giesecke das tat, der doch wissen muß, wie scharf im vorigen Jahre der Vorstand zu dergleidien Plänen Stellung genommen hat, so muß mi das baß verwundern. Wix nehmen die Drucksache, die da heute von Herrn Dr. Lehmann verteilt ist, nit sehr ernst.

Herr haften Wirkung der Ansichtssendungen. lesen, was Herr Professor Wissowa darüber geschrieben hat, der gerade ebenso wie Herr Reichsgerichtsrat Dr. Spahn und wie zu meiner Freude das in dem „Bericht“ enthaliene Referat der Herren Bibliothekare anerkannt hat, wie notwendig und förderlich für den Absag die Ansichts- sendungen find.

Herr Dr. Giesecke hat dann noch von dem Verlang- samungsfartell ih glaube, das Wort hat er gesagt einiger Sortimenter in ciner Universitätsstadt gesprochen, von der 1) zufällig weiß. Worin besteht sie? Meine Herren, dieje SD01° timenter sind übereingekommen, daß sie die shweren Novitäten, deren Fracht sie zum großen Teil doch doppelt tragen, und von denen sie zur Zeit, wenn sie an eine Bibliothek gehen, n0 10 °/, Rabatt geben müssen, mit Fracht statt als Eilgu! fommen lassen. Nun wird ihnen sonst immer vorgehalten: ihr seid keine Kaufleute, ihr wißt nicht faufmännish zu rechnen. Rechnen sie aber einmal faufmännish, 10 ijt es auch wieder nicht ret. ,

Dann soll das Sortiment, wie es gegenwärtig ist, eine Berechtigung zu einem Bücherzoll auf jedes verkaufte Bu beanspruchen. Wenn man, wie die Firma B. G. Teubner, auf der andern Seite die Sortimenter immer wieder um Ver- wendung für ihren Verlag angeht ih habe dafür manche Beweise gesehen —, dann verstehe ich nicht, wie ihr Vertreter hier einen so schweren Vorwurf erheben mag. Auch ih halte es für gar fein Unglück, wenn in einzelnen Fällen, wle da

Dr. Giesece hat dann gesprochen von der mangel- Jch empfehle ihm zu

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bisher verschiedentlih vorgekommen ist, Bücher niht durch ein Sortiment, sondern direkt an die Schüler eines Professors gegangen sind. Auf derartigen Fällen, die bisher vorgekommen sind, wird ja jeßt sehr herumgeritten, namentlich wenn sie Herren betreffen, die dem Börsenverein nahestehen. Aber der wesentliche Unterschied ist doch der: gefährlich wird die Sache für den Buchhandel erst dann, wenn die Lieferung an alle Studenten mit Umgehung des Sortiments auf Grund von

26 des neuen Verlagsrehts zum System erhoben wird, wie es der Akademishe Schußverein mit seinem leßt versandten Zirkular z. B. beabsichtigt. Die Konzentrationsbestrebungen des Akademischen Schußvereins können wir nicht anders be- traten als Zertrümmerungsbestrebungen. Sie verwahren sich dagegen. Sie behaupten, daß nur die freie Konkurrenz zu einem gesunden Zustande führen würde, und daß bei freier Konkurrenz auch hinsichtlich der Preisunterbietung die gesunden Geschäfte sih im Gegensay zu den shwachen halten würden, und sie muten uns nun dieser Theorie zuliebe zu, wir sollen den Konzentrationsbestrebungen zustimmen. Weine Herren, das Experiment ist uns zu teuer. Wir wissen ganz genau, daß im Auslande zumeist die freie Konkurrenz hinsichtlich der Bücherpreise herrsht. Hat denn das dazu geführt, daß im Auslande die leistungsfähigen Buchhandlungen bestehen und die {wachen eingehen ?

Auch in dem Bericht der Bibliothekare ist von konzentriertem Bezug Seite 27 die Rede. Unter der Voraussezung des fonzentrierten Bezugs könne wohl ein Rabatt von 10/5 ge- gegeben werden. Jch verstehe da den konzentrierten Bezug so, daß gemeint ist: bei Bezug von einer Buchhandlung am Orte nicht daß etwa die Bibliotheken sih zu einer Bezugs- stelle zusammentäten; aber ich glaube, sie überschägzen da wohl, was dadurch an Spesen für den einzelnen Lieferanten gespart werden würde. Der Bibliothekssortimenter, der z. B. die Vorteile des Barrabatts wie es im „Bericht“ heißt, heute nicht ausnußt, der steht nicht auf der Höhe der Zeit; deren wird es herzlich wenige geben. Aber er kann sie ja meistens für die Bibliothekslieferungen gar nicht ausnuyzen, weil doch die Bibliotheken in der Regel nur ein einziges Exemplar beziehen. Jch glaube aber, daß tatsächlih die Bibliotheken durhaus ein Interesse haben, ihre Lieferungen auch auf verschiedene Sortimenter zu verteilen und dadur geradezu erzieherish in der Richtung wirken können, daß sih diese Sortimenter etwas mehr spezialisieren. Die Bibliotheken haben zweifellos ein Interesse daran, daß mehr als eine gute Buchhandlung im Orte besteht, schon um nicht auf eine Firma angewiesen zu sein. Noch an etwas anderes sei in diesem Zusammenhange erinnert. Vorher war von Herrn Geheimrat Bücher darauf aufmerksam gemacht worden, daß in einigen Buchhandlungen Bibliographien überhaupt nicht vorhanden seien. Meine Herren, ih kenne feine einzige irgendwie bessere Buchhandlung, wo nicht jährlich recht viel Geld für Bibliographien ausgegeben wird. Verringern Sie nun die Anzahl der wissenschaftlich arbeitenden Sortimenter, so weiß ih nicht, wie die Biblio- graphien, auf die wir in Deutschland stolz sind, durchgeführt werden sollen; dann kann das Reich allein für die Unter- stüßung der Bibliographien mehr Geld ausgeben als die 12000 M Nabattersparnis, von denen der Bericht redet.

Es ist verschiedentlih betont worden, daß eine Verteilung auf verschiedene Sortimenter zu überflüssigen Ansichtssendungen führe. Jch glaube, daß im Eifer des Kampfes dieser Uebel- stand etwas übershägt wird. Bei sahgemäßer Abgrenzung wird das sih do vermeiden lassen. Die Abgrenzung der Lieferungen seitens der Bibliotheken ist aber niht immer sahgemäß. Schwierigkeiten gibt es natürlich um die Grenzgebiete, beispiels- halber alte Geschihte und alte Philologie. Wenn der eine Lieferant alte Philologie hat, der andere hat alte Geschichte, so kann es da selbstverständlih zu doppelten Anfichtssendungen leicht kommen. Aber es gibt auch mangelhafte Anordnungen der Bibliotheksverwaltungen, die Doppellieferungen der Sorti- mente geradezu veranlassen. Für eine große Universitätsbibliothek z- B. hat ein Sortimenter sämtliche Biographien zu liefern mit Aus3nahme derjenigen von Leuten, „die auf den Gang der Weltgeschichte einen Einfluß ausgeübt haben“. (Heiterkeit.) Ja, meine Herren, das zu entscheiden, wird auch einem aus- gezeichnet gebildeten Sortimenter nicht immer ganz leicht werden. Das sind kleine Mängel, die fih bei gegenseitigem guten Zusammenwirken der Ortsbuchhändler und der Bibliotheken meines Erachtens ganz gut vermeiden lassen.

Bei dieser Gelegenheit muß ih mich einmal gegen Herrn Brockhaus wenden. Er hat mich vorher, glaube ih, \{hlehter gemacht als ih bin. Jch habe niemals gesagt, daß ih die Bibliotheken nicht für nüßliche und notwendige Institute hielte. Als ich seinerzeit die Börsenblattssekretierung von Amts wegen zu verteidigen hatte, da habe ih nur angeführt, daß man dem Stande der Buchhändler nicht zumuten könnte, ganz be- sondere Opfer für die Bibliotheken zu bringen. Jch habe aber damals ausdrücklih gesagt, daß ich sie für eine volk3- wirtschaftlihe und wissenschaftliche Notwendigkeit hielte, in ihnen ein unentbehrliches Kulturgut sähe, dem ih auf Kosten der Gesamtheit eine gedeihlihe Entwicklung wünschte.

Nun, meine Herren, zu dem Auslandsrabatt. Wir müssen da scheiden zwischen dem Vorzugsrabatt, der Exporteuren oder ausländischen Sortimentern gewährt wird, damit sie im Aus- lande billiger liefern können, und dem Kundenrabatt, der bei Sortimentslieferung ins Ausland stattfindet. Daß ein deut- scher Verleger einem deutschen Exporteur besondere Auslands- rabatte gibt, kommt, glaube ih, heute immer mehr ab. Jch wenigstens würde jedes derartige Begehren einfach ablehnen aus dem Grunde, daß ih niht wünsche, daß ausländischen Sortimentern Konkurrenz gemacht wird, und ih habe von den verschiedensten Verlegern gehört, daß sie genau so handeln. Nenn wir aber ausländischen Sortimentern hier und da einen kleinen Vorzug gewähren, so ist das meines Erachtens voll- ständig berechtigt, da diese großen Firmen meistens ein vor- züglih ausgewähltes Lager halten und sehr große Spesen haben. Jch glaube, man gibt sih aber auch da Jllusionen hin über die Höhe der Bevorzugung. Meine Firma gewährt

z- B. einer besonders für uns wirkenden Firma in Amerika einen gestaffelten Vorzugsrabatt bis zu 4%/, extra. Jch glaube wirklih, daß das Opfer nicht so übermäßig groß ist, und ih halte mich als Verleger für verpflichtet meinem Autor gegenüber, unter Umständen einem einzelnen Geschäftsmann, der besonders täâtig ist, auch einen höheren Nabatt zu ge- währen.

Die Sortimentslieferungen ins Ausland sind jeßt frei von Beschränkungen hinsichtlich des den Kunden gewährten Nabatts. Herr Geheimrat Bücher behauptet, das sei von uns beabsichtigt. Herr Prager hat ja {hon ausgeführt, wie gerade diese Lieferung mit höherem Rabatt ins Ausland in den leßten Jahrzehnten zugenommen hat, "weil eben eine An- zahl Leipziger und Berliner Sortimenter niht mehr durch Ge- währung hohen Rabatts in Deutschland ein großes Versand- geschäft halten können. Es ist einfah der Zwang der Ver- hältnisse, der dazu geführt hat, daß im Auslande unsere Rabattpolitik niht durchgeführt werden kann. Auch aus unseren Kreisen kommt der Vorwurf an den Börsenvereins- vorstand: ihr tut auf dem Gebiet nicht eure Pflicht! Aber, meine Herren, es ist wirklich für uns ungemein schwer, zu fontrollieren: mit welhem Rabatt liefert denn der X. an irgend eine Bibliothek in Birma oder dergl. ? Wie soll ich das erfahren? oder an irgend einen Kapitän in der Kolonialarmee. Das ist ganz unkontrollierbar. Wenn wir dergleichen Lieferungen allenfalls, soweit fie von Deutschland ausgehen, noch fontrollieren können, so können wir nicht kon- trollieren, was und wie von Frankreih und England geliefert wird. Es würde eine Riesenaufgabe sein, da mit wirklichem Erfolge und gleichmäßig einzugreifen. Es ist aber zweifellos, daß, je mehr die Organisation sowohl der Sortimenter wie der Verleger im Auslande sih der unseren nähert, um fo eher wir auch in der Lage sein werden, den Auslandsrabatt ver- \{hwinden zu lassen. Nach Seite 97 der Büchershen Denk- chrift ist nun aber diese Lieferung mit höherem Rabatt ins Ausland „eine Schädigung des ganzen nationalen Geistes- lebens“, und sie geschieht „auf Kosten der Wissenschaft“. Meine Herren, das ist eine von den großen Uebertreibungen bezw. unbewiesenen Behauptungen dieses Buches.

Es ist richtig, daß z. B. beim Zukerkartell auf Kosten der deutshen Konsumenten ins Ausland geliefert ist, auf Kosten in- sofern, als die eigenartige Steuerpolitik direkt zu Ausfuhrprämien führte. Gefährlih und shädigend für die deutsche Wirtschaft ist auh die billigere Ausfuhr von Eiscn, Schienen und dergl. ins Ausland, weil sie die ausländishe Industrie im Wett- bewerb begünstigt. Aber wenn eine Bibliothek in Chicago höheren Rabatt bekommt, so macht das für den deutschen Konsumenten absolut nihts aus. Angeblich soll nun das hat Herr Geheimrat Bücher vorhin gesagt diese billige Lieferung ins Ausland nur dadurch ermöglicht werden, daß der Exporteur durch seine Lieferungen im Jnlande mehr verdiene. Das ist eine gänzlich unbegründete Annahme. Möglich wäre das nur, wenn der Exporteur auh der Pro- duzent wäre. Wenn ih als Produzent sage: ich stelle von einem Buche 2000 Exemplare her, verkaufe davon 1000 zu einem höheren Preise im Jnlande, 1000 aber zu einem niedrigeren Preise im Auslande, vielleiht nur zum Her- stellungspreise, um mir dadurch die gesamte Herstellung zu verbilligen, ja, dann kann man vielleicht davon reden, daß es auf Kosten des Jnlandes geschieht. Aber tatsächlich liegt die Sache nicht so. Die deutschen Exporteure, die das Geschäft z. B. nah Amerika verdorben haben, sind meistens solche, die in Deutschland nur noch viel geringere Geschäfte machen. (Na, na!) Ein solcher Geschäftsbetrieb wäre höchst merk- würdig. Wozu soll eine solche Firma ins Ausland liefern, wenn sie das eigentliche, lohnende Geschäft im Jnlande macht ? Nein, das Geschäft wird troy des Rabatts mit den Lieferungen ins Ausland gemacht, und es kann so gemacht werden, weil durch Lieferung antiquarisher Bücher verdient wird. Die aus- ländischen Bibliotheken müssen vieles voll bezahlen, wofür im Inlande ein mäßiger antiquarischer Preis berechnet wird. Die ausländischen Bibliotheken und großen Bücherkäufer haben übrigens andererseits auch den Nachteil, daß sie keine Ansichts- sendungen haben und infolgedessen auf Grund von Katalogen und Verlegerempfehlungen vieles anschaffen, was sie nah vor- heriger Einsicht nie bestellt haben würden. Jmmerhin mag man die billigere Lieferung ins Ausland beklagen und der Vorstand des Börsenvereins und wir alle beklagen diesen Uebelstand mit. Aber man zeige uns erst mal den Weg, wie wir wirklih diese Sache abstellen können. Wir haben ein großes Interesse daran, das gebe ih zu, weil wir uns die Pioniere für unseren Beruf im Ausland gern erhalten wollen.

Wenn vorher die unbeschränkte Konkurrenz als ein Segen auch für das deutshe buchhändlerishe Geschäft empfohlen wurde, so möchte ih mitteilen, daß gerade eine sehr leistungs- fähige Pariser Buhhandlung, die vorigen Sommer denBörsenverein und seine Maßregeln mit Hohn überschüttet hat, weil sie nicht mehr zeitgemäß wären und nicht mehr in das 20. Jahrhundert paßten, kurz vorher sih an den Börsenverein mit der drin- genden Bitte um Schuß gewandt hat, „den wir im Aus- lande mehr als die Sortimenter im Reiche bedürfen“. Nun, das gibt zu denken. Wir wollen doch lieber unsere Shuß- politik in Deutschland nicht aufgeben, auch wenn wir sie auf

das Ausland noch nicht ausdehnen können. (Zustimmung.)

Vorsigender: Meine Herren! Im Durchschnitt haben die Herren Redner nah meinen Feststellungen in den legten zwei Stunden je 20 Minuten geredet. (Heiterkeit.) Es sind zum Worte gemeldet zur Frage 11 Redner, zur Frage 3c bereits 4 Redner, macht 15mal 20 gleich 300 Minuten, also fünf Stunden, die wix vor uns haben, wenn die Herren es nicht über sih gewinnen können, ihre Nedezeit selbst zu verkürzen dadurch, daß sie sich knapper fassen. Es würde sonst voll- ständig ausgeschlossen sein, heute zu Ende zu fommen. Wir

stehen selbstverständlih auch morgen noch zur Verfügung. Jch |

fürchte nur, es wird einem Teil der Herren sehr unbequem sein, morgen tagen zu müssen.

Universitätsprofessor Dr. Steinmeyer-Erlangen: Meine Herren! Jch hoffe mi kurz fassen zu können, nachdem die hauptsählihsten Punkte zu Gunsten unserer Universitäts- bibliotheken und -institute, die ih vorbringen wollte, bereits von Herrn Geheimrat Dove und von Herrn Generaldirektor Wilmanns vorgebracht worden sind.

Jh möchte nur auf einen Punkt aufmerksam machen, welcher, wie mir scheint, in unseren bisherigen Erörterungen nicht berücksichtigt worden ist. Jch verkenne gar nicht, daß vom Standpunkte des Buchhandels es eine dringende Not- wendigkeit ist, den Sortimentsbuchhandel zu schüßen. Jch be- greife auch vollständig, daß der Buchhandel einen großen Wert auf das Konditionswesen und auf die Ansichtssendung legt. Von unserer Seite sind viele zum Teil anderer Ansicht. Aber ih verstehe diesen Standpunkt. Jch glgube jedoch, daß der Buchhandel in dem berechtigten Streben, den Sortimentsbuch- handel zu schüßen, doch mitunter seine Maßregeln etwas zu sehr shablonisiert und mechanisiért. Seit vielleicht 50 Jahren wird von den deutschen Universitätsbibliotheken und von den Universitätsinstituten in \teigendem Maße die ausländische Literatur berücksichtigt. Wir find bisher ganz allgemein ge- wohnt gewesen, teils aus einer gewissen vis inertiae, teils aber aber auh mit berechneter Nücksihht auf die Sortiments- buchhändler, diese ausländische Literatur durh den deutschen Buchhandel zu beziehen. Und der deutshe Buchhandel hat diese Besorgung immer recht gern übernommen; er muß also dabei doch auch seinen großen Vorteil finden. Wenn wir nun für die Universitätsinstitute, Bibliotheken usw. diese ge- samte ausländische Literatur direkt von Paris oder London nähmen, so würden wir ungemein viel billiger fahren. Falls nun diese Maßregel mit dem Rabatt vorgenominen wird, falls durchgängig den Universitätsbibliotheken und -instituten statt bisher 10 9/, nur 59/7 gegeben werden, dann müssen wir direkt vom Auslande beziehen. Also die Sortiments- buchhändler werden dadurch auf der anderen Seite in einex Einnahmequelle verkürzt, die sie bisher genossen haben.

Nun ist zwar vorhin von Herrn Albert Brockhaus gesagt worden, es sollte von den sämtlichen Bibliotheksverwaltungeu und den Senaten der Universitäten ein Ansturm auf die Re- gierungen gemacht werden, daß dieselben die Dotationen der Universitätsbibliotheken und -institute um soviel erhöhten, daß jene Rabattverkürzung ohne Schaden für diese Institute ein- treten könnte. Jch weiß nicht, ob die Regierungen darauf eingehen werden; denn es ist immer eine gewagte Sache für einen Regierungsvertreter, vor eine Kammer zu treten und zu sagen: Staatsgelder sollen hier zu Gunsten von wenigen Einzelnen verwendet werden. Jch würde immer mein großes Bedenken haben, eine solhe Sache zu vertreten. Nun aber bedenken Sie folgendes: Keine einzige deutsche Universitäts- bibliothek, Göttingen vielleicht und Straßburg ausgenommen, hat einen irgendwie ausreichenden Etat. (Sehr richtig.) Es ist berechnet worden, daß, wenn eine Universitätsbibliothek heute nicht mindestens einen regelmäßigen Etat von 50000 #, hat, sie ihren wissenschaftlihen Verpflichtungen niht nach- fommen fann. (Sehr rihtig!) Außer Straßburg und Göt- tingen hat keine einzige Universitätsbibliothek im ganzen Reiche einen derartigen Etat. Also wenn wir wirklih nun durch die Gewogenheit der Regierungen und durch die Güte der Landtage mehr Mittel bekommen, so sind wir verpflichtet das ist unsere verfluhte Pfliht und Schuldigkeit sie zu Gunsten der Wissenschaft dazu zu benugen, daß eben in unseren Bibliotheken jedem Lerneifrigen und Lernbegierigen die nölige Literatur gereicht werden kann. Also ehe wir Gelder, die uns bewilligt werden, jeßt verwenden können zur Ablösung des Nabatts, hat es noch seine guten Wege.

Nun gibt es aber auch Institute, bei welchen überhaupt jede Erhöhung ausgeschlossen ist. Jch will aus meiner Praxis etwas sagen. Wir haben in Erlangen ein akademisches Lese- zimmer, das ist 1889 gegründet, und es besteht ohne irgend welchen Staatszushuß. Jeder Student muß semestraliter 2 M. zahlen, die Privatdozenten und Assistenten zahlen 4 M, von den Professoren, den ordentlichen und außerordentlichen, werden 6 M. erhoben. Der Staat, d. h. die Universität, stellt uns Lokal, Beleuchtung und Heizung; alles andere müssen wir zahlen, und wir müssen auch den Diener zahlen. Die Universitätsbibliothek stellt uns ferner alle neu erscheinenden Zeitschriften, die sie hält, zur Auslage zur Verfügung. Wir haben also cinen Etat von 6000 #. im Jahr auf diese Weise, wovon wir praeter propter 5000 M. für politische Zeitungen und für wissenschaftliche- Journale ausgeben. Auf die poli- tischen Zeitungen entfallen etwa 1300 M, etwa 1500 M. auf die deutshen Journale, der Rest wird für die ausländischen Journale ausgegeben. - Nun ist der Etat so stark belastet, daß jähr- lih ein Ueberschuß von vielleicht höchstens 50 H. erzielt wird. Fallen 5°/, Rabatt auf deutsche Zeitschriften weg, so ergibt das einen Verlust von 75 H; da bin ih sofort im Defizit, das tilgt mir kein Mensch; es kann nur getilgt werden, wenn der Staat darauf eingeht, daß der Beitrag der Studenten von 2 H. auf Z M, erhöht wird. Jh habe mih mehrfach darum bemüht, es ist mir aber gesagt worden, daß daran nicht zu denken sei. Hier ist also die Unmöglichkeit gegeben, auch mit Hilfe der Regierung das Jnstitut besser zu stellen, wenn jeßt die Maßregeln des Börsenvereins wirklich durch- geführt werden sollten. Wir wären einfah genötigt, alle aus- ländischen Zeitschriften, die wir jeßt von Erlanger Buchhändlern beziehen, direkt von Paris, London usw. kommen zu lassen.

Dieses Exempel möchte ih den Herren vom Buchhandel zur Erwägung empfohlen haben.

Buchhändler Dr. Lehmann- Danzig: Meine Herren! Die Debatte hat sih in der leßten Zeit um die Frage ge- dreht, daß die Bücher zu teuer seien für die Bibliotheken, daß die wissenschaftlihe Literatur für die Bibliotheken zu kost- spielig - sei. Jch habe Jhnen gestern eine Aufrechnung ge- macht, aus der hervorgeht, daß die Sortimenter nichts daran verdienen, wenigstens diejenigen nicht, die in einer gewissen Entfernung von Leipzig wohnen. Meine Herren, wenn also

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