1855 / 140 p. 4 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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„Dieses Zaus blickt mit tiefer und steigender Besorgniß auf den Zustand der Nation und ist. der Anficht, daß die Art und Weise, „in welcher das Verdienst und die Tüchtigkeit bei öffentlihen Anstellungen dem Partci- und Familien - Einflusse und einer blinden Anhäng- lihkeit an die Routine geopfert worden ist, L großem Unglück

ar

Veranlassung gegeben hat und den National- akter in Miß- kredit zu bringen und das Land in s{hweres Unheil zu verwickeln drohet.“ ir Edward Bulwer Lytton hat zu diesem Antrage fol- endes Amendement angekündigt: „Dieses Haus empfiehlt der nächsten Aufmerksamkeit der Minister Jhrer Majestät die Nothwendigkeit einer sorgfältigen Revision unserer verschiedenen amtlichen Departements, Behufs Vereinfachung und Erleichterung der Handhabung der Staats- eschäfte und um mittelst Einrichtung bernunftgemäßer Prüfung des Ver- dienstes, so wie mittelst Beseitigung dér Hindernisse seiner von der Billig- keit erheischten Veförderung und berechtigten Belohnung dem Staatsdienste den möglichst großen verfügbaren Antheil an der Energie und Jutelligenz u fichern, durch welche fich das Volk dieses Landes auszeichnet.“ ußerdem hat noch Herr Scully ein Amendement angekündigt, welches eine an die Königin zu richtende Adresse beantragt, in der Fe für den eine Prüfungs-Kommisfion für den Eintritt in den Civil-Staatsdienst an- ordnenden Geheimrathsbefehl vom 21. Mai d. J. gedankt werden soll, unter Anschluß derx Bitte, die Prüfung öffentlich stattfinden zu lassen, die Anforderungen an die zu Prüfenden höher zu stellen und einen ent- sprechenden Geheimrathsbefehl für die Prüfung beim Eintritt in den Dienst 2e E 1 der Flotte, des diplomatishen und Consular-Diénstes zu erlassen. 415. Juni. Jn dex heutigen Unterhaus-Sißung fragte Otwayh, welhe Bedingungen in Bezug auf den Frieden Sir James Graham und Gladstone gestellt hätten, als fie darein willigten , mit Lord Palmerston ins Kabinet zu treten. Lord Palmerston lehnte es ab, diese Frage zu beantworten. Auch Gladstone erklärte, er sehe fih zu seinem Bedauern außer Stande, sich über die von ißm und seinen Freun- den bei ihrem Eintritte in das Kabinet Lord Palmerston's gestellten Be- R auszusprehen. Wie man vermuthet, bestand die Bedingung, auf welhe Otwah anspielte, darin, daß Gladstone verlangte, die Weste mäcbte möchten nicht auf der Schleifung Sebastopols bestekan- m Ver- laufe. der Sißung kam sodann der Antrag Layard's zur Sprache. Der Antragsteller sprach gegen die Verwaltungs-Mißbräuche in allen Zweigen des Staatsdienstes und ¡rang darauf, daß die Beförderung der Staats- beamten nah Maßgabe des Verdienstes stattfinde. Heathcoat unter- ftüßte den Antrag, Gladstone sprach gegen denselben. Die Regie- rung erklärte sih zu Gunsten des Bulwer-Lytton' schen Amende- ments. Zu Ende geführt ward die Debatte in dieser Sißung nicht, in- dem ein Antrag auf Vertagung derselben bis zum nächsten Montag. mit einer Majorität von 211 Stimmen durchging.

Jn der heutigen Oberhaus-Sihßung wurde die erfolgte König- liche Sanctionirung mehrerer Geseß-Entwürfe angezeigt, darunter war die D -Bill. Das von Graf Derby zu dem bereits erwähn- ten Antrage Lor Spafesdaro gestellte Amendement, „die Zweckmäßig- keit einer Aenderung des bestehenden Gesezes, betreffend den Gottesdienst, durch einen Sonder-Aus\{huß untersuhen und begutachten zu lassen,“ welches der Bischof von Oxford vertheidigte, wird mit einer Mehrheit von 17 Stimmen angenommen.

Heute Nachmittag war Kabinets - Conseil im auswärtigen Amte. Die neuen vier Punkte, welche der „Economist“/ als künf- tige Friedensbasis aufgestellt zu sehen wünscht, sind: 1) „Völlige Auf- hebung des Schußverbandes, in welchem die Moldau, die Walachei und Serbien früher zu Rußland standen und Wiederherstellung ihres ehemaligen Lehnsverhältnisses zur Pforte. 2) Verziht Ruß- lands auf Jsmail, Kilia, Reni und das Donaudelta, oder Bau eines Schiffskanals von Rassowa nach Kustendschi. 3) Abtretung der Alandinseln. 4) Abtretung der Krim.“ /

Spanien. Nah einem Schreiben aus Madrid vom 11. Juni in der „Jndependance Belge“ hatte die Regierung De- peschen aus Amsterdam empfangen, welche eine Betheiligung der dortigen Kapitalisten an einer spanischen Anleihe sicher erwarten lassen. Zu Agramant waren am Sten der carlistische Oberst B, der Capitain Corrales und ein Unteroffizier erschossen

orden.

Nach einer pariser Privat - Correspondenz aus Madrid vom 11. Juni hatte die Bank bereits 4 Millionen Realen zur Bezahlung der Schuldzinsen nach London abgeschickt.

Der „Messager de Bayonne“ vom 14, Juni berichtet : „Der carlistishe Aufstand greift in den nördlichen Se um sich. Die madrider Post, welhe heute Nachts hier eintreffen sollte, ist zwischen Burgos und Briviesca angehalten worden, Alle Depeschen und die Journale, so wie der Wagen wurden verbrannt. Ein Courier der französishen Botschaft, Brignon, welcher Depeschen Turgot?s bei si hatte, versuchte dieselben zu retten und berief sich entschlossen auf das Völkerrecht. Man antwortete ihm mit Todesdrohungen, und die Aufrührer legten drei Mal ihre Gewehre auf ihn an ; nur mit Mlihe rettete das Einschreiten des Führers der Bande sein Leben. Sechszig Mann, worunter jedoch nur zehn Bewaffnete, find am 11ten von Pampeluna abgezogen und haben den Weg nah Buseree Gränze engeRiogen. Eine hente im Konsulate angelangte

)epeshe meldet, daß Pampeluna ruhig ist und die Bande durch die Bevölkerungen, welche sie durhzog, niht vergrößert worden ist. (Nah der neuesten pariser Abend -,,Patrie“ war die vorerwähnte Bande von den L OnÁes Truppen ereilt und zerstréut worden, Demselben Blatte \{hreibt man aus Bayonne, daß die Carlisten,

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welche die Papiere des französischen Couriers verbr

holt ausriefen: „Die Franzosen sind im Kriege a “a Witdete und ie Russen sid unsere Freunde.) ussen,

ine Vepe|che aus Madrid-vom 14, Juni meldet

den Vorschlag des Deputirten Jose Oloza Ingen “2 big Á. duf Tage ein Daukvotum an die- französische eciamias für ihre Maß regeln gegen die ausgewanderten Carlisten von Navarra gene migten. (Dieselben sind entwaffnet und internirt worden.) bk

Eine telegraphische Depesche aus Madrid vom 15, Juni

meldet zum dritten Male die vollständige Niedershlagung der kar=

listishen Faction in Navarra, Privatwittheilungen v stimmen keineswegs damit überein. Der neus Gesand

Bereinigten Staaten «zu Madrid, Herr Dodge hat am 15t i driD en d,

seine Affreditive Ihrer Majestät der Königin J sabe lla überreidt: zl Gat al. Nesridien aus Lissabon vom 9, Juni zu: olge hat die Abgeordneten-Kammer den größten Theil des für den Dienst von 1855—56 votirt. E ? 4ER

Túürkei. Die Korrespondenzen der englis{en Blätter aus dem Lager vor Sebastopol reichen bis zum 5. Juni, Sie haben nihts von neuen Gefechten auf der Attaquelinie zu berichten und begnügen sich damit, die seit der Vorrückung an die Tschernaja um so vieles angenehmer „gewordene Lage der Truppen zu \{ildern, Die englishe Armee zählte 30,000 Combattanten ; sie sehnt si nah dem Entscheidungskampfe, der allem Anschein nah wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen wird, Zuzwishen arbeiten die Russen em g fort, ihr Lager im Norden der Stadt und ihre Verbindungs- traße mit dem Innern der Halbinsel dur neue Werke zu befestigen,

Nach einer Korrespondenz in der „Daily News“ vom 5, Juni aus dem Lager, hat man in Ker t s{ch merkwürdige Aufschlüsse über die Verluste der Russen während der Belagerung erhalten. Sie sollen durch Krankheiten allein in der Festung 60,000 Mann (?) eingebüßt haben und die Zelte auf der Nordseite, die man für Be- standtheile eines befestigten Lagers hielt, sollen nichts anders als D EEE sein.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. Juni Der „Russ. Jnvoalide“ bringt folgende Nachrichten vom Baltischen

eere:

Dex Commandeur des zwischen St. Petersburg und Wiborg fta- tionirten Detachements General-Major Matras\s\ Gade hat berichtet, daß am 26. Mai (7. Zuni) gegen 3 Uhr Nachmittags, eine englische dreimastige Dampf-Fregatte (die, wie man annehmen muß, die Durchgangspunkte zwi- schen den Scheeren an der Wiborgerbucht ausfindi gemacht hatte) \ich La Ufer beim Dorfe Maksslaks 30 Werst von Wiborg náberte. Hier wurde der Feind von den Schüssen E unsrer BOORAD empfangen und begann nun längs des Ufers, am Dorfe Kurki vorbei, weiter zu gehen ; allein der das Detachement in Maksslaks befehligende Oberst Engmann, vom Leibgarde- Reserve-Regiment Wolyns|k, folgte mit zwei Compagnieen dieses Regi- ments und 4 Geschüßen der Leibgarde-Reserve-Batterie Nr. 3 dem feind- lichen Schiffe, indem er den Weg am Ufer einschlug. Als die englische Fregatte bis zur Höhe des Dorfes KiSfjul gekommen war, madhte sie

Shashen weit vom Ufer Halt und fing an gegen das Dorf zu feuern, Da nahm der Oberst mit seinem Detachement eine vortheilhafte Stel- lung und erôffnete gleihfalls das Feuer aus den eldgeshüßen, troßdem daß der Feind volle Lagen gab. Um 6 Uhr Nachmittags entfernte sih das Schiff, wahrscheinlich beshädigt, aus unserer Schußweite und ber- s{chwand bald darauf ganz in der Richtung nah Trongsund. Dieser Versuch des Feindes hat uns nur 2 Verwundete niederen Grades ge- kostet, ohne uns sonst Schaden zu thun.

Aus der Krim und von den Ufern des Asowschen Meeres enthält dasselbe Blatt. Nachstehendes : gn dem gestern vom General - Adjutanten Fürsten Gortschakoff eingegangenen Journal der Kriegsoperationen in der Krim sind folgende erga ende Angaben zu’ der telegraphischen Depesche vom 23. Mai (3. Funi)

en. i

_ Vor Sebastopol hat der Belagerer vom 17. (29.) bis zum 22. Mai (3. Juni) eine sehr s{wache Kanonade cin, die er nur zuweilen, z. B. am 20. Mai, besonders gegen die Bastion Nr. 6. und die angränzenden Batterieen verstärkte. Unser Verlust wäh- rend dieser ganzen Zeit war unbedeutend; an einigen Tagen (17. Mai) überstieg die Zahl der Getödteten niht 6 und die der Ver- wundeten niht 12, Der Feind besPastigte sich mit der Aufführung neuer Batterieen gegen die Bastionen 4, 5, 6 und gegen die Lünette Kamtschata, beendigte seine bb und seßte die Arbeiten in den Buchten Kamhsh und Pessotshnaja thätig fort. Steinshleudernde Flatterminen und [leine Sprengungen des E gegen die Bastion Nr. 4 thaten uns eben so wenig Schaden wie früher. Von unserer Seite wurden die Werke Le ert, zwei neue Batterieen und drei Logements - für Büchsen - Schüßen errichtet, cine Verbindung zwischen den Re- douten Selenginsk und Wolynsk hergestellt und die Minenar- beiten vorwárts der Bastionen 5 und 6 bedeutend vorgeschoben. Am 17. Mai versuchte der Gei) fich eines der neu -aufgeführten Logements bei der Redoute Selenginsk zu bemächtigen, allein empfangen von dem Fuer der Büchsenshüßen und der ihnen zu Hülfe geeilten 90 Mann bom Infanterie - Regiment Graf Diebitsch Sabalkanski ging er zurü, und ließ einen Verwundeten und Gewehre in unseren Händen. Jm Detaschement Ts\chorgun und bei Eupatoria war Alies ruhig. Was die Operationen der feindlichen Escadre - im Asow'shen Meere betrifft, so find die vom Fürsten Sor VAreli eingelie- ferten Angaben zum größten Theile {on aus den früheren tele- graphischen BepesSek bekannt. Jm Allgemeinen hat fich der bon

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unseren eer nur durch eine ruhmlose Verwüstung unserer Küsten

E Lis die SEN Ene N einer Quantität Kornvorräthe signali- |

t, hat ‘aber auf den allgemeinen Gang unserer Operationen in" der“ brit durchaus nicht den Einfluß gehabt, auf welchen der Feind gerechnet atte. Das Ereigniß war für uns fein unerwartetes, denn vermöge der be affenheit der Oecrtlichkeit, konnten zur Vertheidigung ‘der Straße von Kerts{, wenn blos Landkräfte N Gebote standen, nur gegen unbedeutende feindliche Geschwader Maßregeln E werden; für den a der Landung einer großen Truppenzahl, hatte die Garnison von Kerts und Jenikale längst Befehl, die Ufer - Batterieen zu verlassen un u sprengen, damit- sie nicht unnüß dem Feinde in die Hände elen. So hatte auch der Fürst Gortschakoff, cengst gerüstet auf irgend eine Unternehmung von Seiten der Verbündeten gegen das Asowsche Meer, es aber zugleich für nothwendig erahtend, seine Kráfte konzentrirt zu halten und sie niht durch die Deckung des ganzen Gestades zu zersplittern, die Anordnun getroffen, daß für die in der Frim stehenden Truppen der größte Theil der nôthigen Vorräthe zu Lande herbeigeführt wurde, troß aller Vortheile eines Wassertransports. Aus diesem Grunde war unter den vom Feinde an den Ufern des Asow- en Meeres verbrannten Kornvorräthen und Schiffen nur ein kleiner Theil der für unsere Truppen bestimmten Quantitäten. Auch hier, wie voriges Jahr im Baltischen Meere, hat vorzüglih Privat - Eigenthum durch die Härte des Feindes gelitten. : E Nach dem schon bekannt gewordenen Erscheinen des Feindes bei Berdjansk, Jenitshesf und Arabat, wählte sih die verbündete Escadre als neues Ziel ihrer Operationen, das durch seinen Getreide- handel berühmte Taganrog. Hier aber fand fie einen unerwarteten Widerstand. Diese Stadt war von einem kleinen Truppen-Detaschement unter dem Oberbefehl des General-Lieutenant Krassno w beseßt, der fol- genden - Bericht vom 22. Mai (3. Juni) über den Versuch des Feindes abstattet :

f Am 20. und 21. Mai trafen auf der Rhede von Taganrog 10 feindlihe Dampfschiffe ein und stellten sich 15 Werst vom Ufer auf, indem f ein kleines Dampfschiff detaschirten zur Vor- nahme von Vermessungen. Am Abend des 21sten sheß eine zahl- reiche Flotille von Dampf-Fahrzeugen und Kanonierbooten dazu, und am 22sten um 6 Uhr Morgens fsteuerte die feindlihe Escadre gegen die Stadt selbst. Vier Dampfer sonderten sich von den andern, nahmen an 50 Kanonierboote und Ruder-Fahrzèuge mit und näherten sich Taganrog bis auf eine Werst weit. Ein kleines Boot unter weißer Flagge kam mit Parlamentairen an die Woronzow- Anfahrt, und als ih fragen ließ, weshalb fie gekommen seien, wurde mir als Antwort die Forderung, Ta- ganrog unverzüglich zu übergeben und die Truppen - heraus zu führen. im Fall der Weigerung drohten fie, die Stadt mit einer starken Lan- dungs-Mannschaft, die sie mit fich führten, zu nehmen. Dagegen mach- ten sie fih verbindlih, wenn die Stadt übergeben würde, friedlichen Bürgern kein Leid anes und das Privat-Eigenthum zu schonen, zu-

(eich aber gaben sie die Absicht zu erkennen, alle Krons-Vorräthe und

nsialten zu vernichten. Nach einer Berathung mit: dem Militair-Gou- berneur von Taganrog, General-Major Grafen Tolsto i, befahl ih, zu er- widern, ¿die militairische Ehre verbiete mir, ohne Kampf eine meinem

Schuße anvertraute Stadt zu räumen, unsere Truppen seien bereit für den Kaiser zu sterben, und wenn der Feind wirklich den Einwohnern Mitleid beweisen wolle, so lasse ih ihn auffordern, ans Land zu kommen, und den Kampf direkt mit mir aufzunehmen, damit das Loos der Waffen entscheide, wer Taganrog heute behaupten solle,“ aber kaum waren die Parlamentairs zur Flotille zurücktgekehrt, als diese auch um halb 10 Uhr das Feuer auf die vormalige Festung eröffnete, troßdem daß fich jeßt hier nur noch Hospitäler befinden und die Hospital-Flagge auf denselben auf- gezogen war. Jnzwischen traf ich zur Vertheidigung der Stadt folgende Anordnungen. Die Deckung des Hauptzuganges an der steilen Erhebung vom Quai bis zur Griechishen Straße, vertraute ih der besonderen Ob- aht des Herrn General - Majors Grafen Tolstoi, der mit edlem Eifer durch seine Erfahrung und militairischen Kenntnisse bei der Vertheidigung

mitwirkte. Am Abhange war das Halb - Bataillon der Garnison von

Lees nebst 200 in der Eile bewaffneten Einwohnern aufgestellt. Jm

all einer Attake von Seiten des Feindes sollte der Graf Tolstoi mit

er PRfanteris einen Bajonnettangriff machen und ihn mit Hülfe

bon 8 Ssotnien Kosaken des Regiments Don Nr. 68 über den Haufen werfen, und das Lehr - Regiment sollte den -Angreifer in die lanke nehmen und so dem Kampfe den Ra geben. Allein att der erwarteten Truppenausseßung stellten die Verbündeten ihre Dampfer und 50 verschiedene mit Kanonen bewaffnete Fahrzeuge Peoes über der Holz-Börse in Reihe und Glied auf und eröffneten eine inferna- lische Kanonade, die 65 Stunden dauerte. Zu gleicher Zeit agirten 7 große feindlihe Fahrzeuge, mit ungeheuren Bomben- und Raketen- Geschossen bewaffnet, in Parabeln gegen die Stadt, von der sie ziemlich entfernt standen. ünaufbdrlih plaßten Bomben und Granaten, flogen Kartätschen, sausten Raketen, pfiffen Büchsenkugeln. Di der Stadt brach Feuer aus, besonders auf der Börse, in der Griehishen Straße und in der Kaufreihbe und um 34 Uhr Nachmittags seßten die Angreifer 300 Mann von ibren Booten aus und dirigirten sie gegen die Erhebung bei der Kirhe Zar Konstantin. Die Landungstruppen begannen, hinter Buschwerk versteckt, ihr Feuer; allein in diesem entscheidenden Augenblicke übergab - der Graf Tolstoi eine Compagnie des Halb- Bataillons der Garnison dem verabschiedeten Oberstlieutenant Malke- donski (der unter so s{wierigen Umständen dem Vaterlande aufs Neue seinen Dienst angeboten) und befahl ihm, den Tine zu vertreiben. Die- let ausgezeichnete Stabs - Offizier deployirte seine Compagnie in einer „Ur einen Garten geshüßten Umzäunung, brachte die feindlichen Schüßen ane U Jum Weichen, warf sie dann durch einen herzhaften Bajonett- g ariff über den Haufen, und zwang sie in ihre Boote zu flüchten. Ps der Escadre wurde dann eine furhtbare Kanonade eröffnet, die

er nur eine Viertelstunde dauerte. Nachdem die Verbündeten fich

einden mit so viel Gepränge angekündigte Eintritt in-das

überzeugt hatten, daß russfische-Truppen fich durch keine Kanonade ein- schüchtern lassen, entfernten sie sich 15 Werst von der Stadt und am 23sten steuerte die ganze feindlihe Escadre auf Mariampol zu.

“— Durch die besondere Gnade Gottes war unser Verlust während des Bombardements unbedeutend: getödtet wurde 1 Kosak; {wer verwundet Unter-Lieutenant Wolkow ; Kontufionen erhielten Kollegten-Asefsor Baron gean! und der Polizeimeister von Taganrog, Major Borsenko; von nie- eren Graden wurden 12 Mann verwundet. Ueber die Zahl der ge- tôdtetem und vérwundeten Einwohner, so wie der verbrannten und zer- störten Häuser werden die Angaben gesammelt.

Nachrichten aus War schau vom 14, Juni zufolge, waren der General-Adjutant des Kaisers von Rußland, General Grün=- wald, von dort nah Krakau, der General-Major Aureggio 1. nach Brzesc = Litewski, der General - Major Gersdorf nach Lukow, der General - Major Sewastianof} nach Sienniza und der kaiserliche Flügel-Adjutant Baron Frederiks nach Grodno abgereist.

Dánemark. Kopenhagen, 16. Juni, Der Gesammt-= verfassungs-Entwurf wurde vom Könige genehmigt, der Reichsrath zum 29. Juni berufen, Graf Reventlow-Farve zum Reichs- rathsmitgliede für Holstein ernannt. (Tel. Dep.)

Amerika. Mittelst des „Great Western“, der in Southamp- ton eingetroffen is, sind Briefe aus Rio Janeiro vom 15, Mai angelangt. Der Streit zwishen Paraguay und Brasilien dauert fort. Man erwartet in Brasilien einen Ministerwechsel.

Königsberg, Sonnabend, 16. Juni, Abends, (Tel. Dep. d. C. B.) Das hier eingetroffene „Journal de Petersbourg“’ vom 12, Juni beleuchtet in einem versöhnlihen Sinne die Note des französischen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, des Herrn Walewski vom 23, Mai, betreffend die vier Garantiepunkte. Das „Journal de Petersbourg“’ hält neue Friedensunterhandlungen für leiht mögli.

Danzig, Sonntag, 17. Juni, Abends, (Tel. Dep. d. C. B.) Der englishe Dampfer „Kossack“/ ist hier eingetroffen. Derselbe verließ die Flotte der Alliirten am 13ten d. vor Kronstadt und bringt einen englischen Courier bezüglich der von den Russen in Hangs erschossenen englischen Mannschaften auf dem Bote des „„Kossack“/. \ Man glaubt, daß die Flotte am 14ten d. avjegeln würde. Sonst nihts Neues.

Paris, Sonntag, 17. Juni. (Tel. Dep. d. C. B.) Die 3proz. eröffnete gestern Abend auf dem Boulevard um 10 Centimes niedriger als am Schluß der gestrigen Börse. Dieselbe begann zu 68, 40 und sank, da beunruhigende Gerüchte verbreitet waren, auf 67, 50, stieg dann auf 67, 80 und {loß zu 67, 70. Das Geschäft war ein sehr umfangreiches und die Spekulanten sehr beunruhigt.

Der heutige „Moniteur“ bestätigt die gestern Abend ver- breiteten beunruhigenden Gerüchte nicht. Derselbe enthält über= haupt durchaus keine Nachricht vom Kriegsschauplaße,

Paris, Sonntag, 17. Juni. (Tel. Dep. d. C, B.) Man versichert, daß die Königin vonEngland zum 13, August nach Paris kommen werde. Die Kaiserin reist künftigen Donnerstag ín die Bäder nach Eaux bonnes.

Leipzig, 16. Juni. Leipzig - Dresdener 207 G. Sächsisch- Baiersche 784 Br. Sächsisch-Schlesische 995 Br. Löbau-Zittauer 395 Br., 39 G. Magdeburg-Leipziger 3125 G. Berlin-Anhaltische 156% G. Berlin-Stettiner 165; Br. Köln-Mindener 151 Br. Thüringer 107% G. Altona-Kieler 126 Br., 125% G. Anbalt - Dessauer Lahdesbank - Actien 41334 Br. Braunschweiger Bank-Actien Lit. A. 117% G.; B. 1165 Br., 116 G. Weimarsche Bank-Actien Lit. A. 107 G.; B. 105 G. VViener

Banknoten 824 Br., 827 G. Oesterreichische 5proz. Metalliques 64% Br., 64! G. 1854er Loose 84; Br. 1854er National-Anleihe 695 Br., 69 G.

Preussische Prämien-Anleihe 116% Br., 1167 G.

Wien, Montag, 18. Juni, Nachmittags 1 Uhr. (Tel Dep. d. C. B.) Anfangs flau, dann sester und günstiger. Auch war an der Börse das Gerücht verbreitet, dass günstige Nachrichten aus der Krim eingegangen stlen.

Schluss-Course: Silberanleihe 95. S5proz. Metalliques 78%. 4¿prox. Metalliques 69. Bankactien 990. Nordbabn 205. 1839er Loose 119. 1854er Loose 1014. National - Anlehen 835. Oesterreichische Staats- Eisenbahn-Actien 310. London 11, 53. Augsburg 1233. Hamburg 90.

Paris 143. Gold 27%. Silber 23. i Paris, Sonntag, 17. Juni. (Tel. Dep. d. C. B.) Die 3proz.

eröfsnete in der Passage zu 67, §0, sank durch fortdauernde beun- ruhigende Gerüchte bis 67, 10, hob sich jedoch wieder auf 67, 50,

zu welchem Course dieselbe fester schloss.

Königliche Schauspiele.

Dienstag, 19. Juni. Im Opernhause. (104te Borstellung) : Czaar und Zimmermann. (Herr Hardtmuth, vom Stadt-Theater zu Frankfurt a. M.: Peter l.) Mittel=Preise,

Mittwoch, 20. Juni. Jm Opernhause. Mit aufgehobenem

Schauspielhaus-Abonnement, Neu einstudirt: Die Räuber. (Herr

Bogumib Dawison: Franz.) Kleine Preise.

Die eingegangenen Meldungen um Billets sind mit Auunahme zum Parquet, zu welhem die Gesuche zu zahlreich waren, berüdck- sichtigt. Die nicht berüdcksihtigten Meldungen werden, so weit es der Raum gestattet, zur nächsten Wiederholung dieser Vorstellung notirt,