1883 / 176 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 Jul 1883 18:00:01 GMT) scan diff

E S N E,

gen des böhmischen Volkes nah einer gerehten Wahlordnung in und erinnerte, daß jene, welhe im Jahre 1878 für die

ahlreform eintraten, heute nicht gegen dieselbe stimmen könnten. Der Antrag Riegers, welher am Schlusse seiner Rede an die brüderliche Versohnlichke:t appellirte, wurde einer 15gliedrigen Kommission zugewiesen. Die deutshe Linke stimmte gegen den Antrag.

-— (Presse) Kviczala’s Schulantrag wurde vom Großgrundbesißer-Klub mit allen gegen zwei Stimmen abgelehnt. Die Budgetkommission genehmigte den Antrag auf Erhöhung der Landesumlage von 28 auf 29 Kr. Abgeordner Machaczek brachte eine Petition des Seltshaner Landwirthschafts-Vereins auf Einschränkung der Ehebündnisse ein. Ferner bewilligte die Budget- kfommisjion 20000 Fl. als Landessubvention für das Bahnprojekt Budweis-Krumau-Salnau. Wolsrum beantragte, die erste Rate für die Transversalbahn per 125 000 Fl. in das Budget pro 1884 einzustellen, was die Majorität gegen alle Stimmen der Deutschen ablehnte.

Die „Politik“ meldet: Nach statistishen Erhebungen des Unterrichts-Ministers besuchen in den czehischen Mittel- shulen Böhmens mehr als neunzig Prozent der Schüler den unobligaten Unterricht der deutshen Sprache, während an den deutschen Mittelshulen nur zwanzig Prozent an dem un- obligaten czechishen Sprachunterricht theilnehmen.

Der „Pokrok“ meldet, daß im Ministerium ein Strafgeset vorbereitet werde für Militärdienstpflichtige, wenn sie dem Einrückungsbefehle nit Folge leisten. Die plößlihe Schließung des dalmatinishen Landtages sei nothwendig gcworden wegen der Beunruhigung und Empfindlichkeit der maßgebenden ungarischen Kreise.

Großbritannien und Jrland. London, 27. Juli. (Allg. Corr.) Jm Oberhause wünschte Lord Lemington zu wissen, ob Fhrer Majestät Regierung vor der Unter- zeihnung des mit Hrn. von Lesseps abgeschlossenen Vertrages es nicht in Erwägung gezogen habe, die zur Darleihung bestimmten 8 000 000 Pfd. Sterl. zur Herstellung einer Eisenbahnlinie durh das Enunphratthal zu ver- wenden, welche Jndien mit dem Mittelländishen Meere verbinden und gänzlih unter englischer Kontrole stehen würde, während der neue Kanal unter franzö?ischer Direktion bliebe. Lord Granville sagie, die Frage berühre einen Gegen- stand, welcher großes und allgemeines Znteresse hervorgerufen habe; er könne gegenwärtig auf die Angelegenheit nit näher eingehen und beschränke sih auf die Bemerkung, daß es éin verschiedenes Ding sei, Gelder einer gut fundirten und prosperirenden Gesellschaft, deren Aktien sih zur Hälste im Besiße der englischen Regierung befinden, darzuleihen, als es ohne alle Sicherheit einem Projekte zuzuwenden, dessen Erfolg höchst fraglih erscheine. Lord Salisbury be- merkte hierzu, daß es sih nicht um die größere oder geringere Sicherheit des dargelichenen Kapitals, sondern darum handele, eine Verbindung zwishen dem Jndischen Ocean und dem Mittelländischen Meere herzustellen, die sich ganz in englischen Händen befinden und den Weg nah Jndien sihern würde. Dies sei der ausgespro&ene Wille des Landes, dem Rechnung getragen werden müsse.

Sir Stafford Northcote beabsichtigt, wie es heißt, jeine angemeldete Resolution in Folge der von Mr. Gladstone ab- gegebenen Erklärung, daß aus der Besprehung derselben dem Lande Nachtheile crwachsen könnten, zurückzuziehen. Für die Konservativen handelt es fih nur um die Erlangung der 2u- sage, daß keine neuen Verhandlungen mit Herrn von Lesseps angeknüpft werden und man hält die in dieser Richtung von dem Premier-Minister in der getrigen Sißzung des Unter- hauses abgegebenen Erklärungen für zureichend.

Frankreich. Paris, 27. Juli. (Köln. Ztg.) Bei dem heutigen Begräbnisse des Pariser Gemeinde-NRaths Dubois hielt Ranc eine Nede, worin“ er der Haltung des Verstorbenen während des deutsch:französishen Krieges lobend gedachte, Dubois sei zweiinal Gefangener geworden, zweimal nach Deutschland abgeführt worden und sei zweimal von Deutschland zu den französishen Heeren zurückgekehrt. Als der Nedner sich am Schlusse seiner Rede an Clemenceau wandte, zeigte dieser sih sehr ergriffen, trat vor und sprach: „Fh danke Jhnen, Ranc; ih werde niemals vergessen, was Sie soeben gesagt haben. Seien wir einig; seien wir mit- einander für die Zukunst der Republik in Liebe verbunden !“ Diese Scene wird in den politischen Kreisen als eine Art von Versöhnung zwischen den verschiedenen repuktlikanischen Parteien betrachtet.

Der Deputirte Laisant seßt in der „Republique Radi- cale“ die Angriffe gegen die Kammer fort, ohne jedoch für seine Anklagen wegen der „Trinkgelder“ Belege beizubringen. Die „Republique Française“ und die übrigen opportunistischen Blätter fordern ihn heute wiederholt auf, Beweise zu liefern.

(Wef. Ztg.) Die radikale Linke hat in ihrer heu- tigen Fraktionssizung folgenden Beschluß gefaßt: „Die „Gauche radicale“ hat den Antrag des Hrn. Jules Carré, Deputirten für Savoyen, auf Erhebung einer parlamentarischen Enquete über den Zwischenfall, der sich vor einem auswärtigen Tri- bunal ereignete und aus welchem eine Anklage der Korruption gegen zwei Mitglieder der Deputirtenkammer \sich ergeben wüt1de, geprüft. Sie hat sih dahin ausgesprochen, daß, bevor man einen Entschluß fassen könne, es nöthig sei, von den Doku- menten, welche hierfür beigebraht werden könnten, und nament: lih von dem Urtheil des belgishen Gerichts Kennträiß zu nehmen. Eine spätere Fraktion2sitzung wird demna nah e Durchsicht der Dokumente das Weitere statuiren.“ 5s handelt sich um die Laisantschen Anschuldigungen. Von verschiedenen Mitgliedern der „Gauche radicale“ wurde darauf hingewiesen, wie gesährlih es sei, eine Enquete auf absolut vage und unbestimmte Gerüchte hin zu beantragen, und die vorstehende Entscheidung beweist, daß die Fraktion sich solchen Bedenken angeschlossen hat und mit der Angelegenheit sich erst befassen will, wenn präzise Anklagen vorliegen und bestimmte Namen genannt sind.

48. Juli. (W. T. B.) Der Senat hat mit 139 gegen 129 Stimmen den Arlikel 15 des Gesetzes über die Gerichtsreform angenommen, durch welchen die Regierung ermächtigt wird, die im Geseße vorgesehene Reduktion auf das gesammte richterliche Personal auszudehnen. In Folge ee Maddi dn ist das ganze Geseh als angenommen zu be- r :

Das außerordentliche Budget wird dem Vernehmen nah gegenwärtig noch niht vorgelegt ; es handelt jich viel- mehr darum, eine neue Kombination ausfindig zu machen, mit der es möglich wäre, die ursprünglich in Aussicht genom-

Einem dem Mari ne:-Minister zugegangenen Telegramm zufolge hat der Oberst Badens am 19. d. M. mit 500 Mann einen Ausfall aus Hanoi gemacht und dabei 7 Kanonen er- beutet. Die Verluste des Feindes sollen sehr bedeutend sein, auf französischer Seite fielen 11 Mann.

Das von der „Patrie“ erwähnte Gerücht, daß der Graf St. Vallier erkrankt sei, bestätigt sich niht. Derselbe wohnte der heutigen Sißung des Senats bei.

Atalien. Rom, 29. Juli. (W. T. B.) Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Genala, is in Folge des Erdbebens nach F8chia abgereist.

Venedig, 28. Juli. (W. T. B.) Der König von Griechenland ist hier eingetroffen und stattete heute der Königin von Jtalien einen Besuch ab.

_ Turin, 28. Zuli. (W. T. B.) Der chemalige Vize- Admiral Graf Persano is gestorben.

Griechenland. Athen, 20. Juli. (Köln. Ztg.) Am 10. Juni haben die Gemeindewahlen in den neuen Pro- vinzen und leßten Sonntag am 15. ds. in den alten Pro- vinzen Griechenlands stattgefunden. Die Wahlbewegung war diesmal äußerst lebhast und führte hier und da zum Zu- sammenstoße der Anhänger der verschiedenen Parteien, infolge dessen mehrere für ihren zu großen Eifer theils mit leihten oder s{chweren Verwundungen , theils auh mit dem Tode büßten. Die Zahl der Kan- didaten für die verschiedenen Gemeindeämter betrug ungefähr 20000, und dies mitten in einer Bevölkerung, die faum 2 000 000 zählt! Hier in Athen allein bewarten sich gegen 150 um die 25 Gemeindeämter, Die Gemeindewahlen in Griechenland tragen gewöhnlich keinen politischen, sondern einen rein persönlichen Charakter.

Türkei. Konstantinopel, 29, Juli. (W. T. B.) Der Fürst von Montenegro wird nah dem Ramazanfeste hier erwartet. Eine Yacht wird den Fürsten von Kattaro ab- yolen; zu seiner Wohnung ist der Palast der süßen Gewässer auf der asiatischen Seite bestimmt. Es wird ihm gegenüber dasselbe Ceremoniell beobachtet, wie bci dem Empfange des Fürsten von Bulgarien.

Numänien. Bukarest, 28. Juli. (Presse) Die ru- mänische Kolonie in Brüssel hat dem General Brial- mont einen Besuch abgestattet, welchen derselbe sofort er- widerte. Es heißt, daß im Laufe des kommenden Winters die hiesige Metropolie zum Nange eines Patiriarchats erhoben werden soll, welchem die Metropoliten der Moldau und eine für die kleine Walachei in Krajowa zu errichtende Metropolie unterîtehen werden.

Bulgarien. Rustshuk, 2B. Juli. (Presse) Das Räuberunwesen im Lande hält noch immer an. Zwischen Tirnowo und Selwi wurde eine Karawane von 114 Per: sonen überfallen und ausgeraubt.

Nußland und Polen. Kronstadt, 28. Juli. (W. T. B.) Dem heutigen Marinemanövec und der Truppen- landung bei Krasnaja Gorka wohnten der Kaiser, die Kaiserin und mehrere Großfürsten bei. Das Manöver, an welhem 5 Panzerschiffe, 13 andere Seefahrzeuge, 2 Ne fanterie-Bataillone, eine Batterie und Kosaken theilnahmen, gelang voiukonmen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 25. Juli. (Hamb. Corr.) Am heutigen Tage ist hier eine große Anzahl von Betriebschefs der shwedishen Privatbahnen behufs Bil- dung eines gemeinsamen Versicherungsoereins mit einem Kapital von 30 Millionen Kronen zum Schuß des Eigenthums der Bahnen, sowie des Personals zusammcen- getreten. Es wurde beschlossen, bis Mitte Oktober von allen Privatbahnen Bericht einzufordern, inwieweit dieselben ih en zu gründenden derartigen Vereine anzuschließen ge- ächten.

Ueber die Strandung des Monitors „Thordöe“ ver- lautet ferner, daß es sehr schwierig scheint, eine Hebung zu bewerkstelligen, sowie weiter, daß sih kein Lootse an Bor befunden hat.

Die danische Königsfamilie wird am Sonnabcnd zum Besuch auf dem auf Sofiero residirenden \{chwediscen Herrscherpaare erwartet.

Dánemark. Kopenhagen, 26. Juli, (Hamb. Corr.) Jn hiesiger Stadt tagen augenblicklich die Vorsitzenden dec Spezial-Kommission für Ausarbeitung gemeinsamer ikan- dinavisher Handelsgeseße. Dänemark ist durh den Departeinents:-Chef Nicard, Norwegen dur den Staatsrath Bachke (einen der unter Reichsgerichtsankiage gestellten Staats- räthe) und Schweden durch den Reichstagsabgeordneten Dr. Nubenson vertreten. Die Hauptverhandlungsgegenstände betreffen gemeinsame Regeln über Firmen- und Markenschut.

__ Amerika. New-York, 29. Juli. (W. T. B.) Der spanische Gesandte Varca hat sih heute im Albemarlehotel mittelst eines Pistolenshusses entleibt.

Zeitungsstimmen.

Zux Frage der Erhöhung der Arbeiterlöhne {reibt die „Deutsche volkswirthschaftlihe Correspondenz“:

Man mat gegenwärtig Seitens der Manchesterpresse grofien Lärm. mit der angeblichen Entdeckung, daß Vieles, was bisher bezüg- lid stattgefundener Erhöhungen von Ärbeiterlöhnen auf Grund statistisher Erhebungen veröffentliht worden ist, ganz und gar un} richtig sei. Man suchte nämlich u. A. in den rheinishen Bergwerks- Distrikten Material zusaumen, ura zu beweisen, daß, wenn au da oder dort eine solche Erhöhung Platz gegriffen habe, sie keineswegs eine absolute, sondern nur eine relative sei, indem in der heutigen Lohnhöhe Ueberschichten einbegriffen seien, so daß sirenge gerechnet, pro Stunde Arbeitszeit sogar ein noch etwas geringerer Lohn entfalle ais vor dem Jahre 1879.

Dhne im Geringscen bestreiten zu wollen, daß da und dort ein solches Verhältniß noch existirt, sind andererseits die Beweise dafür, daß in summa summarum heut zu Tage die Arbeitslöhne pro Tagschicht, also ohne Einrehnung von Ueberscichten, eine hon recht beträcht- lihe Steigerung gegen die Verhältnisse des Jahres 1879 erfahren haben, sowie daß überdics jeßt gegen das Jahr 1879 etwa 30 % mehr Arbeiter beschäftigt find, so thurmhohe und na keiner Richtung mehr bestreitbare, daß man Diejenigen, welche zur Wiedereinpaukung ihrer an der Alleinseligmabung der Frehan- delslehre bereits stark zweifelnd gewordenen Leser ein Material wie das obige zusammen?lauben, einstweilen ganz ruhig gewäbren lassen

mene Summe von 300 Mill. auf 230 Mill, Fr. zu reduziren.

rung von Ziffern immer zu hißig gewesen und mußten sih daber regelmäßig dementiren lassen.

Uebrigens werden wir gerne Sorge dafür tragen, daß dic soeben im Zuge befindlichen Ziffernaufftellungen einer Gegenprobe unterzogen werden, und behalten wir uns daher ausdrücklih bevor, darauf f. Z. eingehend zurückzukommen.

Aber felbst angenommen, es würde da und dort dur richtige Ziffern bewiesen, daß die sowohl in der offiziellen Statistik, wie au die in den Zusammenstellungen von Industrieverbänden aufgeführten Ziffern, keine absolute, sondern nur cine relative Lohnerhöhung in sid begreifen, so wäre doch der absolute Nußen der seit 1879 inaugurir- ten Zollpolitik bon damit fattsam dargethan, daß jeßt mehrere Hunderttausend Menschen durch die heimische Industrie mehr beschäf- tigt werden, als in jenem Jahre. Wäre aber auch dies nicht der Fall, und resp. wollte man au diesen überaus witigen Faktor nicht ganz und voll würdigen, so wäre es an und für si {on genug, daf der lange vor dem Jahre 1879 begonnenen wirthschaftlihen Ver- elendung Deutschlands durch die neue Zollpolitik überhaupt cin Damm gefeßt worden it. Nur mit Schaudern kann man dara denken, was aus Deutschland geworden wäre, wenn man jenen Damm nicht geseßt hätte.

Wir haben übrigens zu der relativen Lohnerhöhung, welche selbst von der Manchesterpresse niht mehr geleugnet wird, noch zu sagen, daß si die Arbeiter nur glücklih preisen können, wenn die Gelegen- heit da ift, fi durch Ueberscichten einen böheren Lohn als vorber zu verdienen, Die Nothwendigkeit von Ueberschichten ist jedenfalls erfreulicher, als eine Herabseßung der Arbeits\tunden und die dadur bedingte Lohnverringerung. SonsS ist auch dur die Konstatirung einer zwar nur relativen, aber do Gottlob wirkli eingetretenen Lohnerhöhung, d. i, Verdienstvermehrung, eine allgemeine Besserung der Arbeiterverhältrisse, sowie der Lage der Industrie überhaupt, jeder Zweideutigkeit entrückt und hat daher die Mancbesterpresse auch hier wieder nur pour le roi de Prusse gearbeitet. . ..

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ enthält einen Auszug aus dem Jahresbericht der Baridelie kammer zu Osnabrü pro 1882. Jn demselben heißt es:

-_. . Gegenüber den Auslafsungen der Gegner der heutigen deutshen Wirthschaftspolitik nehmen wir an dieser Stelle nobmals Anlaß, unter Hinweis auf die im saclihen Theile unseres Berichtes enthaltenen Mittheilungen zu konstatiren, daß im diesseitigen Bezirke der Zolltarif vom Jahre 1879 greifbar günstige Wirkungen zur Folge hatte. .

Nach manwen Jahren der Klagc sind wir an *er Sch{welle der thatsählichen Uebersicht über die wirthschastlihen Ergebnisse des Jahres 1882 endlich einmal in der ersehnten Lage, von einem wirklich besseren Jahre sprechen zu können.

Die Hofnungen auf cine gute Ernte haben h verwirklicht and wenn die Resultate der leßteren auch nur cinem Theile des verflosse- nen Jahrcs zu Gute kamen, so war ihr Effekt immerhin ein so be- deutender, daß ein großer Theil ter wirthschaftlichen Unternehmungen unseres Bezirks sich in der äußerst erfreulichen Lage befand, denselben in einer wohlthuenden Belebung der Nawbfrage angenehm zu empfin- den. Fast in allen in unserem Bezirke vertretenen größeren Gewerb8- zweigen ist dieser gesteigerte Absatz der Fabrikate im Verlauf des Jahres sichtbar zunehraend hervorgetreten. Schritt haltend zeigte sich damit eine wachsende Vermehrung der Arbeiterzahl unserer ge- sammten Fabrikindustrie, und wenn auch eine Aufbesserung der Preise nicht in gleichem Verhältnisse zu dem gedachten Koeffizienten hervor- trat, fo ist immerhin an manchen Stellen doch eine Festigung der Waarenwerthe zu Stande gekommen, die auf die Rentabilität unserer gewerblichen Unternehmungen von rückhaltigem Einfluß war, troßdenr daß fast überall cine sehr beahtenswerthe Steigerung der Arbeiter- E prozentual d'e für die Erzeugnisse zu erzielenden Mehrprcise übertraf.

War die Besserung des Geschäfts zunächst am fühlbarsten in denjenigen Zweigen, deren Absaß sich niht nur über den Bezirk hinau?, sondern mehrfad auch auf den Export nach dem Auslande erstreckte, so wird uns doch auch von vielen Stellen ein wirkliches endliches Besserwerden im Detailgeschäft gemeldet.

_ Jn der Mancesterpresse wird das augenblickliche Sinken der Roheisenpreise als Beweismittel gegen die neue Wirthschaftspolitik ausgebeutet. Gegen diese Auffassung der Sachlage wendet sih der „Nürnberger Correspondent“, indem ex sagt:

„Ein in der Presse augenblicklich umlaufender, wahrscheinli von r „Freibandel8corresp.“ ausgehender Artikel knüpft an die ange» führte Thatsache die Bemerkung, daß troß aller Schußzölle und aller durch dieselben ermöglihten Koalitionen sih eben die thatsäch- lihen Verhältnisse unabwendbar geltend machten, und daf vielleiht die Zeit nicht mehr fern sei, wo Viele, die bisher nur von den Segnungen der neuen Zollpolitik gesprochen, den Grund für die unbehaglihe Situation, in welche die Eisenindustrie zu gerathen s{eine, in dem hohen Zollscbuß finden würden, die ihr 1879 zu Theil geworden sei. Der angeblich hohe Zollshub, welcher dem Roheisen zu Theil geworden ist, beträgt die winzige Summe von 90 S für den Centner. Wie ein solcher Zolls%ußz die deutsche Eisenindustrie in cine unbehagliche Situalion sollte bringen können, ist ganz unerfindlich, Zwei Fälle sind nur denkbar. Entweder ist das Sinken. des Roheisenpreises dur die auswärtige oder durch dic innere Konkurrenz herbeigeführt. Ist das Erstere der Fall, so fehlt uns das Verständniß dafür, inwiefern der Zoll- {uß die Situation der Eisenindustrie unbehaglich machen soll. Der umgekehrte Schluß, daß der Zollshuß nicht ausreicbe und erhöht werden müsse, würde verständlicher und zuverlässiger sein. Verschuldet: aber die innere Konkurrenz den fraglihen Stand der Dinge, so hat folgeritig der Zollshuß damit nihts zu thun, und dessen Wegfall würde die Lage nicht bessern, sondern höchstens verschlimmern können. Denn wenn die deutsche Eisenindustrie {on durch die innere Kon- kurrenz gezroungen ist, die Produktion einzuschränken, so würde noth- twoendig die Entfernung der s{chwachen Schranke des gegenwärtigen Cisenzolles einen noch größeren Druck auf die Industrie ausüben, und dieselbe vielleicht bald wieder in eine ähnliche Lage versetzen, wic vor dem Jahre 1879.“

Gewerbe und Handel.

Breslau, 28. Juli. (W. T. B.)_In der heutigen Sißung des Verwaltungsrathes der Breslau-Schweidnitzer-Freiburg Eisenbahn wurde der Beriht der zur Verhandlung mit dem Eisenbahn-Ministerium d. Z. delegirten Mitglieder verlesen und be- \{lofsen, die außerordentliche Generalversammlung zur Entscheidung Über die Verstaatlihungéofferte Ende September einzuberufen.

Nürnberg, 26. Juli. Seit Sonntag ist keine Veränderung am Hopfenmarkt eingetreten. Verkauft wurden täglih zu gce- drückten Preisen 2030 Ballen. Die Zufuhrziffern bewegten fi in gleicher Höhe wie diejenigen der Verkäufe. Gezahlt ward für Prima- waare 295 —320 46, sür Mittelwaare 240— 260 (A und für Gepackte 170—250 M je nah Qualität. Die Stimmung ist wie bisher matt.

Nürnberg, 28. Juli. (Hopfenmarktberiht von Leopold Held.) Gestern und heute wurden am Hopfenmarkt je ca. 30 Ballen umgescßt. Außerdem kamen noch 6 Ballen 83er Frühhopfen zum Preise von 360—-385 F zum Verkauf. Sonst ist der Preiéstand unverändert.

Antwerpen, 28. Juli. (W. T. B) Wollauktion Angeboten 1994 B. La-Plata-Wollen, von denen 972 B. verkauft wurden. Gute Wollen gesucht zu Preisen der Aprilauktion. Kurze- Wolle: vernachlässigt.

Glaëgow, 28. Juli, (W." T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 584 700 Tons gegen 633 500 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlihan

könnte. Ueberdies sind die freihändkerishen Organe in der Vorüh-

Hochëfen 115 gegen 109 im vorigen Jahre.

Verkehrs-Anstalten.

Jena, 28. Juli. Die „Jenaische Zeitung“ schreibt: Laut Ver- fügung des preußishen Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 26, ds. ist die Gültigkeitsdauer für die von den Theilnehmern am Burschenschaftsfeste in Jena gelösten Retourbillette vom 30. Juli his 8. August verlängert worden. Dasselbe ist Seitens der meisten deutsben Privatbahnen geshehen. Der Verlängerungs- vermerk auf den Billets geschieht bei der Abreise von Jena.

Bremen, 29. Juli. (W. T. B.) Der Dampfer des Nor d- deutshen Lloyd „Rhein“ ift gestern Nachmittag 1 Uhr in Southampton, der Dampfer e D Res derselben Gesellschaft heute früh 5 Uhr in New-York eingetroffen.

: A art Mags Juli. (W.T. B.) Der Dampfer des Nord- deutschen Lloyd „Donau“ ift gestern Vormittag 11 Uhr in Ncw-York eingetroffen.

Bc teeE, 28. Juli. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rhactia* der Hamburg-Amerikaniscben Packetfahrts- Aktiengesellscaft ift heute früh 4 Uhr in New-York eingetroffen.

Srieit, 20, ult, (W. L. B) Der Lloyddampfer „Apollo“ ist mit der ostindis-cinesishen UÜeberlandpost heute Nachmittag aus Alexandrien hier angekommen und zur Quarantäne nach tem Lazareth übergeführt worden.

New Bor, 28. Ul W. D D) Dex Dampfer „Spain“ von der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Vercrlín, 30, Juli 1883.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute fortgeseßten Ziehung der 4. Klase 168. Königlich preußischer Klafsenlotterie fielen:

3 Gewinne von 15090 A auf Nr. 23534. 73 589. 74 148.

6 Gewinne von 6000 6 auf Nr. 1047. 2901. 27 173. 32 212. 72 727. 94 028.

45 Gewinne von 3000 6 auf Nr. 320. 2515. 4613. 5449. 8946. 12328. 13 644. 14 597. 15 929, 19 460. 20 566. 23 513. 25 369, 28035, 29 660. 29721. 31598. 31 673. 34113, 34981. 36511. 38 235. 40047. 43172. 47 049. 50451. 52570. 53079, 54155. 57 229, 57632. 59 348. 63270. 63897. 64962. 68688. 68712. 74976. 82 793. 86 064. 91373. 92287. 92 511. 92719. 93 255.

45 Gewinne von 1500 4 auf Nr. 1977. 2718. 9249. 9417. 11123. 15115. 17 801. 18 110. 19491. 20 502, 23 443. 25 900, 25 993. 30354. 34357. 35289. 37 897. 42 267. 45132. 48732, 51218. 51 231. 53690. 55676. 65 719. 67 733. 67888. 69062, 69590, 70622. 70807. 73 333. 77450. 77546. 77888. 78847, 81305. 82114. 83 076. 86 211. 90698, 91194. 92019, 92497, 94396.

57 Gewinne von 550 A6 auf Nr. 3889. 6527. 8786. 9966. 11 463. 12 281. 15 291. 16 421. 16 422. 16 905. 18 017. 19 049, 19097. 19260, 20074. 22454. 25488. 25 863. 26 400. 31179, 32230. 35 013, 39555. 41728. 42 399, 42620. 42831. 43087. 47751. 48795. 50494. 50 598. 50793. 55 149, 55323. 59 182. 59 263. 60790. 61 343. 62709, 65183. 66 482, 69557, 69699. 70207. 74753. 74974. 75854, 753954. 80756. 83539, 84189. 86 601, 86 886, 88 329, 88 863, 92 792.

Der Wildversandt mit der Post hat einen be- deutenden Umfang erreicht. 780 000 Stück Wild sind binnen Jahresfrist bei den Reichs-Postanstalten in 182 000 Sendungen eingeliefert worden, deren Jnhait entweder angegeben oder ohne Weiteres erkennbar war. Fast alle einheimischen Wild- gaitungen haben sih darunter befunden, als 500 Stück Noth- wild, 800 Stück Schwarzwild, 15 000 Rehe, 151 000 Hasen, 15 000 Fasanen, 12 000 Waldhühner, 210 000 Nebhühner uud 40 000 Wildenten, Schnepfen 2c., sowie 325 000 Krammets- vögel. Fnteressant ist es, daß unter den 12 000 Waldhühnern über 10 000 Stück im Gumbinner Bezirk aufgeliefert und russishen Ursprungs sind.

Die Beförderung des Wilds erstreckte sich zum Theil auf weite Entfernungen, von der Ostgrenze des Deutschen Reichs. bis nah Elfaß und Lothringen. Ein nicht unerheblicher Theil des im Jnland erlegten Wilds ging in das Ausland.

Lebende Thiere gelangen jährlih pptr. 50 000 Stü zur Versendung durch die Post. Den größten Theil dieser Sendungen bilden Singvögel und gefiederte Hausthiere. Der Rest vertheilt sich auf Hunde, Kaßen, Affen, Meerschweine, Hasen, Füchse, Krebse, Fische u. \#. w.

Cöln, 29. Juli, 12 Uhr 40 Min. N. (Tel.) Die erste englische Post vom 28. Juli ist ausgeblieben. Grund: Verspätete Landung des Schiffes in Ostende wegen ungün- stigec Witterung.

Ueber die Krupp-Ausfstellung in Amsterdam enthält die „Rhein.-Westf. Zeitung“ einen Bericht, dem wir Folgendes entnehmen :

Den Mittelpunkt des quartier de lindustrie, wie man den Theil der Amsterdamer Ausstellung bezeichnet, welcher die Fabrikate der deutschen CGisen- und Stahlindustrie enthält, lildet die Erposition der Firma Friedrich Krupp, welchbe einen Raum von 128 qm einnimmt und im ganzen etwa 100000 kg Material aufweist. Ist {on das quartier de l'industrie überhaupt sehr be- sudht, so zieht die Kruppsche Ausstellung entschieden die meisten Be- jucher und Bewunderer an, die aus den aufgelegten statistischen Notizen mit Staunen erfahren, daß die genannte Firma 19 605 Ar- beiter, davon 11211 auf der Gußstahlfabrik und. 8394 auf Hütten und Bergwerken beschäftigt und daf die Zahi der &amilienmitglieder, worunter 13 083 s{ulpflichtige Kinder, 45 776 beträgt, so daß im ganzen 65 381 Personen hier ihren Lebensunterhalt finden. Bei einem Kohlen- und Coaksverbrauch von durchschnittlich 3100 t pro Arbeitsêtag, einem täglichen Wasscckonsum zwischen 1834 und 26898 cbm pro Arbeitstag, sowie einem täglichen Leuchtgasverbrauh zwischen 13 350 und 42 760 cbm, werden auf den Hüttenwerken des Etablissements täglich 1400—1500 t Gisenerz aus eigenen Gruben verhüttet, so daß die Jahresproduktion sich auf 260 000000 kg Stahl (Tiegelguß-, Martin», Bessemer- und Puddelstahl) und Eisen (Fluß und Scmiede- Eisen) beläuft. Daß ein großer Theil dieser Fabrikate nah den Kolonien cxportirt wird, bringt nun eben die sehr übersichtlih und mii befonderem Geshmack arrangirte Ausstellung zum Ausdru. . Bunäst ist cs das Eisenbahnmaterial, welches unsere Aufmerk- famkeit in Anspruch nimmt. Wir finden bier das Cisenbahnwagen- Scheibenrad von der Java- Staatsbahn aus Schmiede-Cisen im fertig geschweißten Zustand mit einem Gewicßt von 99 kg; ferner von der- selben Bahn zwei Radfterne aus Schmiede-Eisen mit Doppelspeichen, davoa ein Stück in ges{hweißtem und ein Stück in bearbeitetem Zustande, Von den ausgestellten Radreifen für die holländische Staatsbahn interessirt uns besonders ein Radreifen aus Martinstahl von urspränglih 1494 mm innerem Dur&messer; derselbe ift ab- gcdreht, ges{mirgelt, alsdann zusammengepreßt und zur Schleife çe-

drebt. Sein Gewicht beträgt 234 kg. Sämmtliche Radreifen sind nach dem von Herrn Alfred Krupp im Jahre 1853 erfundenen Ver- fahren ohne Schweißung hergestellt. Ferner finden wir mehrere Garnituren Lokomotiv-Satzachsen der verschiedenen holländischen und Kolonial-Eisenbahnen, eine Sammlung Gußstahlfedern, namentli für Güterwagen transatlantischer Eisenbahnen, ein unwendbares Herzstück aus Façongußstahl, Neigung 1: 9, Modell von der Atjeb- bahn, eine Pyramide, hergestellt durch 5 m lange Stangen und Schienen verschiedener Profile für sckundären Eisenbahnbetrieb und für Konstruktionszwecke aus Bessemerstahl, Acslagerkasten, Kurbel- stüde und Kreuzknöpfe, die aus Schmiede-Eisen und unter einer Haswellpresse mit einem Druck von 750 000 kg gepreßt sind. Von den ausgestellten Blechen, die in allen Sorten von 3 m Durchmesser bis zu den feinsten Knopfblechen vorhanden sind, heben wir ein als Standarte aufgehängtes Feinbled aus bomogenem Material für Kesselzwecke (3130 ckchch 1015 ckch 0,18, Gewicht 4,05 kg) ‘und ein _mit einem deutschen Infanteriegewehr auf 15 m Entfernung beschossenes Stahlblech für Festungsthore u. \. w. von 5,7 mm Dicke hervor. Die Gleichmäßigkeit der Qualität weist uns ein kalt gewundener Stab aus einem 16 mm breiten und 8,5 mm dicken Streifen eines Kessel- bleches aus Homogencisen nach. : : Wir wenden uns zu den Scbiffsbaufabrikaten und da fällt unser Vlick natürlich zunächst auf den mächtigen ¿ur Decke ragenden Hinter- steven, aus ges{micdetem Flußeisen hergestellt und vollständig montirt, ursprüngli für den inzwischen im Hafen von Amsterdam durch eine Feuersbrunst zerstörten Kortenaer. schroefstomschip Klasse der

-Koninklijke Nederlandeche Marine bestimmt. Zur Andeutung der

Konstruktion ift das Holzmodell des Köcbers eingescßt; der wirkliche Köcher aus Flußeiser. liezt neben dem Steven und wird erst im Schif an Ort und Stelle moatirt. Das Gewich: des kompletten Stevens beträgt ca. 41 000 kg. Ferner finden wir drei Sciffskurbelwellen, die cine aus Tiegelstahl fertig bearbeitet mit 1 Kurbel und 2 Kuppel- scheiben nebst eingeshraubtem Kurbelfinger in der Scheibe, deren Gewicht bei ciner Länge von 7“ engl. und einem Durcmesser ron 13“ engl. ca. 2130 kg beträgt. Sie ist bestimmt für die Koninklijke Nederlandsche Stoomboot Maatschappij zu Amsterdam, Dampfer „Castor“. Die größte der 3 Schiffskurbelwellcn ist aber die aus einem massiven Block ausgeshmiedete und fertig bearbeitete, für einen trangatlantischen Dampfer bestimmte Welle aus Tiegelgußstahl mit 2 Kurbela und Kuppelseibe 7678 mm lang, 356 mm in den Lagern mit einem Gewicht von 9000 kg. Auch eine Schraubenwelle ift vor- handen, die aus Tiegelsrahl fertig bearbeitet mit Muttern und auf- geshrumpften Messingbübsen versehen ein Gewicht von 6700 kg hat und für die Stoomvaaxrt - Maatschappij „Nederland“, Dampfer „Prinz Frederik“ bestimmt ist. Schiffsanker aus Schmiede-Cisen, ciner von 2500 kg Gewicht, gepreßte Radschaufeln aus Flußeisen, ein Torpedo Spire aus Tiegelstahl, fertig bearbeitet, ganze Länge 10965 mm, Gewicht 330 kg, s\chlicßen diesen Theil der Aus- stellung ab. ,

Wir besichtigen sodann die Geshüte, welche bei dem Weltruf der Kruppscben Firma naturgemäß eine Hauptanziehungskraft für das die Ausftellung besuchende, aus aller Herren Länder zusammengesetzte Publikum haben. Wir haben da zunächst ein leibtes, 7,5 cm Feld- ge\chÜüÜß, dessen Rohrlänge 1800 mm beträgt und das 24 Parallelzüge hat. Das Gewicht der geladenen Granaten beträgt 4,3 ke, der Sprengladung 0,100 kg, des fertigen Shrapvnels 4,3 kg, der Spreng- ladung 0,030 kg, der Kartätsche 4,45 kg, Die Geshütladung besteht aus 0,79 kg grobfkörnigem Pulver und die Anfang8geschwindigkeit der Granate beträgt 420m. Die Lafette hat gepreßte Wände nebst OQuerverbindungen und Achse aus Tiegelstahl und gestattet eine Er- böhung des Rohres von 20 Grad und cine Senkung von 8 Grad. Die Feuerhöhe ift 909 mm.

Ferncr ist eine 7,5 cm Gebirgsfanone auf Maulthiecen verpackt ausgestellîi. Das Geschirr des Kanonentragsattels ist so eingerichtet, daß das Tragthier in die Babeldeichsel eingesyannt werden kann. Die Rohrlänge diescs Geschützes beträgt 975 mm, das Rohrgewiht 100 kg mit Verschluß, das Gewicht de- Lafette ohne Gabeldeicbsel 150 ke, der Gabeldeichsel 17 ke. Jeder Munitiorskasten enthält 8 Gescho!je (Granaten, Shrapnels, Kartätsczen) und die zugehörigen Kartuschen in zwei Kartuschtornistern, sowie diz Zündungen. Endlich sind gepreßte Dcichseln für Artillerie*ahrzeuge aus Tiegelstahlblech, 1,8 mm und 1,5 mm BVlecbstärke, gewreßte Wände für Feld- und Belagerungs- Lafetten aus Tiegelstahl, geprcßte Tragbäume und eine Sammlung von Geschossen ausgelect, von letzteren eine 7,5 ecm Ringgranate mit Perkussionszünder, Stahlshrapnel mit Zeitzünder und Kartätsche. Bon Kanonen aller Kaliber sind bisher über 20000 Stück von der Firma Friedrich Krupp geliefert warden. :

Auch aus den übrigen Gebieten der Fabrikation finden wir vorzüglihe Objekte. So namentli cin Paar blizblanfke Münz- walzen aus Tiegeclstabl mit gehärteten, fein ges{lifffenen Ballen von 210 mm Durchmesser und 295 mm Länge, cin Paar Walzen aus Tiegelstabl mit gehärteten hoh polierten Ballen von 105 mm Durchmesser und 157 mm Länge und eine S mit gehärteten, hodpslierten Walzen aus Tiegelstabl von 12050 Mm

für Handbetrie% bestimmt. Für Mastinen- und Handbetrieb ein- gerictet ist cine Walzmaschine, vernickelt mit gehärteten und ge- \chliffenen Walzen aus Tiegelstahl von 75 mm Durchmesser und 130 mm Länge. / :

Endlich werfen wir noch cinen Blik auf den Schaukasten, der Proben von Eisensteinen und Zuschlägen aus den der Firma Friedr. Krupp gehörigen 547 deutshen und nehreren spanischen (Bilbao) Eisensteingruben, Muster von verschiedenen, aus diesen Erzen erblasenen Roheisensorten für den Puddlings- und Bessemerprozef, sowie für Gießereizwecke, Bruchproben von allen auf der Gußstahl- fabrik erzeugten Stahlsorten, sowie von ges@micdeten Lokomotiv- und Wagez1achsen, Kolbenstangen, Scheermessern, Werkzeug», Steinbohr- und Federstahl in versbiedenen Härtegraden und Dimensionen, ebenso von Fagçongußstahl enthält. ; E / H

Che wir von dieser mächtigen, die deutsche Eisen- und Stahl- industrie in würdigster Weise vertretenen Ausstellung heiden, unter- rihten wir uns noch aus den statistishen Notizen, daß gegenwärtig zum Etablissement Friedr. Krupp außer der Gußstahlfabrik in Cssen 3 Kohlengruben bei Essen und Dortmund, die schon ge- nannten 547 Eiscnsteingruben in Deutschland, diverse Ciscnstein- gruben in Nordspanien, 4 Hüiten bei Duisburg, Neuwied und Sayn, ein Scießplaß von 16,8 km Länge bei Meppen, ein Schießplaß von 7,9 km Länge bei Dülmen, 4 Secdampfer, diverse Steinbrüche, Thon- und Sandgruben gehören, Auf den erstgenannten Werken sind 11 Hochöfen, 1542 diverse Oefen, 439 Dampfkessel, 82 Dampf- hämmer von 100—50 000 kg Gewicht, 21 Walzenstraßen, 450 Dampf- maschinen von 2—1000 Pferdekrästen (in Summa 18 500 Pferde- kräfte) und 1622 diverse Werkzeugmaschinen in Betrieb. i

Die vielfahen Wohlfahrtseinrihtungen, welche die Firma ge- troffen hat, bezügli der Wohnungen in Kruppschen Gebäuden wohnen zur Zeit 18 698 Personen Kranken- und Pensionswesen, Krankenhaus- und Sanitätswesen, Lebensversicherung, Volks- und Industri schulen 2c. find auf der Berliner Ausstellung für Hygieine und JCAMgEwejen zuc Anschauung gebracht und daher hier nicht vertreten.

Der Verband der Konsumvereine der ProvinzBran- denburg hielt gestern hierselbst seinen diesjährigen Verbanddêtag ab, in dem u. A. auch der Bericht über das letzte Geschäftsjahr erstattet wurde. Aus demselben ging hervor, daß sih der Verband im Allge- meinen in stetig fortshreitender Entwikelung befindet. Die 8 Vereine, die ihre Abschlüsse eingesandt hatten, zählten insgesammt 9076 Mit- glieder, 432 mehr wie im Vorjahre, der Verkaufserlös in den 20 Vereinslagern belief sih auf 1338596 Æ, er hat sich somit um 14714 Æ gegen das Vorjahr gesteigert. Der Ertrag aus diesen Lagern wurde mit 191620 #Æ, d. h. 11790 A mehr wie im Vorjahre angegeben; aus anderen Quellen kamen 6039 Æ, aus dem Markengeshäft 389 # ein. Diesem Ge- \chäftsertrag standen Geschäftsunkosten in Gesammthöhe von 73 959 A.

gegenüber, so daß ein Reingewinn von 124089 Æ verblieb. Ein Zeichen für das Prosperiren des Verbandes bildet die Thatsache, daß tro des erhöhten Umsaßes die Unkosten sih um etwa 1700 M ver- ringert haben, während \sich der Reingewinn um 10808 Æ erhöht hat. Als Dividende wurden 105 893 4, 10866 Æ mehr wie im Vorjahre, oder durschnittliß 7 % vertheilt. Aus dem verbleiberden Mefte konnten Reserve- und Dispositions- fonds dotirt werden. Die Bilanz ergab, daß die Gesammt- aftiven 447084 M betrugen. Sie seßten sich zusammen aus Kassenbestand 27708 #Æ#, Waarenbestand 155427 H, ausstehende Forderungen 96 543 Æ, Inventar 15 560 A und Werth des Grund- besißes 152 845 46 Bei leßteren beidenPosten waren mannigfache Abschrei- bungen gemacht. An Pasfiven standen dem u. A. gegenüber Mit- gliederguthaben 188 375 M, Reservefond 50 327 4, Dispositionsfond 9726 #, Kautionen u. dgl. 56985 #4, sowie Hypothekenshulden 93 526 Æ Waarenschulden hat der Verband, da er alles baar ein- fauft, überhaupt nit. Der Verbandstag erledigte sodann eine Reihe interner Angelegenheiten.

Die Victoria regia im Botanischen Garten hat am Sonnabend in später Stunde ihre erste Blüthe entfaltet, die nun- mehr heute in voller Pracht steht und in dem neuen Hause zur \chönsten Wirkung kommt. Die Victoriz regia wird in unserm Botanischen Garten, obgleich sie cine mehrjährige Pflanze ift, als ein- jährige behandelt und alljährlib aus dem Samen gezogen, weil die Erfahrung gelehrt hat, daß junge Pflanzen kräftiger gedeihen, größere Blätter und vollkommenere Blumen entfalten, als die überwinterten. Gerade diesem Umstande verdankt der Sarten auch in diesem Jahre die prächtige Entfaltung feiner Victoria. Der in diesem Jahre im Garten zum ersten Mal unternommene Versuch, die Pflanze im Freien zum Blühen zu bringen, der während dec warmen Tage viel Ausficht auf Erfolg bot, ift bei dem augenblicklihen Stande der Witterung als gescheitert zu betrachten.

Das Garde-Schütßzen-Bataillon hat heute Vormittag zur Abhaltung größerer Gefehts- und Felddienstübungen in der Gegend von Strausberg und Wriezen a. O. die Garnifon verlasscn und wird am 18, August cr. wieder hierher zurückehren.

Neapel, 29, Juli. (W, T. B.) Gestern Abend 97 Uhr hat auf der Insel Jsch ia ein bestiges Erdbeben stattgefunden, dessen Folgen noch verheerender sind, als im Jahre 1881. Besonders schwer getroffen wurden die Orte Casamicciola, Forio und Lacco Ameno, woselbst viele Häuser eingestürzt und zahlreiche Personen unter den Trümmern begraben sind. Von hier wurden Dampfschiffe mit Chirurgen und Militär an Bord nach der Insel entsendet, um Hülfe zu leisten und die Verwundeten hierher zu tranêportiren. Bis heute Mittag sind gegen 100 Verwundete hierhergebracht worden.

Die Zahl der auf der Insel Ischia in Folge des Erdbebens um- gekommenen Personen wird auf über Tausend aeshätt. Die hiesigen Spitäler sind überfüllt von Verwundeten. Die Kirchen sind in Spitäler umgewandelt. Unter den Verunglückten befindet \ich der Präfekt von Cagliari uxd der Bischof von Casamicciola.

30, Juli. (W. T. B.) Die Zahl der Opfer durch das Erd- beben in Jéchia wird auf 2000 geschäßt. Ein unbeschreiblih dumpfes Getöse begleitete das Erdbeben. Jn Casamicciola verdüsterten große Wolken das Firmament, überall hörte man Stöhnen. Aechzen und Entsetßensrufe. Alles eilte dem Meere zu, die vochandenen Backen und Kähne wurden von den Kliehen- den im Sturm genommen. In Folge des Erdbebens brach im fleinen Theater während der Vorstellung dur den herab- fallendea Kronleuchter Feuer aus. Neape! selbst bictct einen trost- losen Anblick dar, überall sieht man Verwundete, zahlreiche neapoli- tanishe Familien hatten in Casamicciola Wohnung genommen. Die hiesigen Spitäler haben gegen den Andrang der Bevölkerung durch militärishe Wachen ges{chütt werden müssen.

30. Juli. (W T. B.) Es bestätigt si, daß etwa 2000 Personen bei dem Erdbeben auf der Insel Ischia umgekommen sind. Unter den Todten befinden sich eine große Anzahl zur Kur anwesen- der Badegäste aus Rom und Neapel, sowie viele Frauen und Kin- der. Das Erdbeben in der Stadt Casamicciola dauerte 15 Sekun- den Nur 5 Häuser sind in Casamicciola steben geblieben. Der Arbecits-Minister Genala, welcher auf der Insel eingetroffen ist, hat die sofortige Beerdigung der Leichen und die Errichtung von 60 Holzbaracken für die Geretteten angeordnet. Professor Palmiert hat seine Ansicht dahin ausgesprochen, daß die Katastrophe nicht dur cin Erdbeben, sondern durch eine Senkung des Inseltecrains herbeigeführt worden sei.

Nisch{ni-Nowgorod, 30. Jali, (W. T. B) In der Stadt Semenow ist eine Feuersbrunst ausgebrochen, welche gegen 180 Häuser in Asche legte.

Der Königlich württembergishe Hof-Opernsänger Hr. Eduard Nawiasky beschließt am Mittwoch sein Gastspiel im Krollschen Theater, und zwar als „Rigoletto*“ , in derselben Rolle, in welcher sich dieser ausgezeichnete Baritonist bei dem Berliner Publikum ein- geführt hatte. Ferdincr.d Wachtel wird in der zweiten Hälfte der Woche wieder auftreten.

—— Das Belle-All ‘ance-Theater war am Sonntag bei der Aufführung des Brentano’ schen Lustspiels „Durchlaucht haben ge- ruht!“ schon vor 6 Uhr gänzlich ausverkauft. Das Lustspiel errang wieder cinen außerordentliczen Erfolg, welcher sich in zahlreicen Hervorrvfen der Hauptdarsteller und ununterbrochene Heiterkeit des Publikums Tkundgab.

Aub im Victoria- Theater waren am Sonntag zu der 191, Aufführung von „Frau Venus“ die sämmtlichen Plätze ohr.e

| Ausnchme schon lange vor Beginn der Vorstellung ausverkauft.

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Die Kaälmüccken-Karawane ist Sonnabend Morgen um d Uhr mittels Extrazug auf dem Anhalter Bahnhofe bierselbst eingetrof .n. Das Hauvtinteresse erregten die beiden Priester. Jhr Haupthaar ift vollständig glatt abrasirt und auch ihre Kleidung untersceidet ‘ih vollständig von der der gewöhnlihen Kalmücken und ist überaus mannigfaltig, da sie für jede Gottheit, die “ie anbeten und es sind deren ziemlih viele einen besonderen Anzug haben. Die Ueberführung nab dem Zoologischen Garten vollzog sich in aller Stille. Zunächst wurden die beiden Priester mit dem Wärter in eine Droschke gesezt, zwei andere Droschken nahmen die Frauen, Mäd- hen und Kinder auf; die Zelte und zahlreichen Utensilien wurden auf 3 Wagen geladen, die Schafherde glei in dem Bahnwaggon nah dem Garten gefahren und die übrigen Thiere endlich von den Män- nern dorthin getrieben. Der Thierzug bot ein recht anziehendes Bild. Die 18 Kameele waren in Koppeln zu je drei vereinigt, die Pferde wurden von den Männern geritten, die Fohlen nebenher geführt. Kurz nach 6 Uhr traf der Zug im Garten ein, wo berzits Alles für die Gäste vorbereitet war. Die Karawane gehört der Karullorde an, welche die Steppe von Sarepta bi3 zum Kaukasus nomadisirend durhwandert. Sech8s der Männer führea ihre Frauen mit si, drei sind noch unverheirathet, vier der Frau haben Kinder bei sich. Die mit- geführten Thiere find durhgängig wohlgepflegt. Die Pferde sind Élein, aber sehr aktionsfähig, die Fettshwanzschafe für unsere Begriffe von außergewöhnliher Größe. Die Vorstellungen haben gestern Nachmittag begonnen. Die Kalmüen zeigen vor Allem ihre Kunst- fertigkeit als Reiter. Auch die Frauen und Mädchen sind treffliche Neiterinnen. Der Aufenthalt der Kalmücken-Karawine ist vorläufig auf 3 Wochen kemefen.