1883 / 184 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Aug 1883 18:00:01 GMT) scan diff

L T E I T E E RE I

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 8. August. Se. Majestät der Kaiser und König haben, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag 1!/2 Uhr im besten Wohlsein Gastein verlassen und bei freundliher Witterung die Reise nach Salzburg angetreten. Kurz vorher hatte Sih Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin von Sachsen-Weimar von Sr. Majestät verabschiedet. : |

Bei der Abreise hatten sih die Honoratioren des Kurortes und die dort zur Kur weilenden Fremden von Distinction vor dem Badeschlosse eingefunden, wo dieselben von Sr. Majestät mit huldvollen Ansprachen beehrt wurden. Bei der Fahrt dur den Ort wurden Se. Majestät überall mit Hoch- rufen begrüßt.

Nachmittags 5/4 Uhr trafen Se. Majestät der Kaiser wohlbehalten in Salzburg ein. Auf dem dortigen Bahnhofe waren zum Empfange erschienen: der Statthalter Graf Thun, General Knöpfler, der Landes-Hauptmann Graf Chorinsky nnd der Bürgermeister Biebl, deren Begrüßung Se. Majestät huldvoll entgegennahmen. Bei der Abfahrt vom Bahnhof und in der Stadt wurden Se. Majestät der Kaiser von der Bevölkerung mit Hochrufen begrüßt.

m „Europäischen Hof“ erwartete Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrih der Niederlande, Höchstwelhe von Berchtesgaden eingetroffen war, den Kaiser und nahm um 6 Uhr an dem Kaiserlichen Diner Theil, zu welchem die oben- genannten Vertreter der Behörden und der deutsche Bot- schaster, Prinz Reuß, geladen waren.

Am 26. Oktober d. J. kehct zum fünsundzwanzigsten Male der Tag wieder, an welchem S e. Majesiät der Kaiser und König in Veranlassung der {weren Erkrankung Sr. Majestät König Friedrih Wilhelms IV. die Regentschaft üb er den preußischen Staat übernahmen. Von einer festlichen Be- gehung dieses in der Geshihte Preußens und Deutschlands epochemachenden Tages wird auf Befehl Sr. Majestät Abstand genommen werden. Unserm Kaiser bedeutet der Tag Seines Regierungsantritts zunöchst die s{merzliche Erinnerung an das jahrelange Siechthum Seines Königlichen Bruders und an eine Zeit shwecer Heimsuhung des Königlichen Hauses, deren Gedächtniß festliche Veranstaltungen ausschließt.

‘Das preußische Volk, das die Freuden und Leiden seines Königshauses stets als die eigenen angesehen hat, wird den durch die pietätvolle Auffassung unseres Kaisers bestimmten Beschluß, daß von einer öffentlichen Feier des 26, Oktober 1883 abgesehen werden soll, mit antheilsvollem Verständniß aufnehmen. Die hohe Bedeutung dieses Tages ist durch eine jo große Zahl weltgeschihtlicher Ereignisse bezeugt worden, daß es nit erst einer äußeren festlihen Ausgestaltung des- Telben bedürfen wird.

Dur Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit den Kronprinzen fand heute früh 7 Uhr auf dem Exerzier- play westlih der Tempelhofer Chaussee die Besichtigung der 3. Reitenden Batterie 1. Garde- Feld-Artillerie - Re- giments unter dem Kommando Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm statt.

Werden die Folgen einer Körperverleßuing durch das eigene Verhalten des Verlezten (beispielsweise durch die Verzögerung der ärztlichen“ Behandlung) so wesent- lih vershlimmert, daß die Amputation eines wichtigen Gliedes des Körpers erfolgen muß, so ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 4. Juni d. J., der Thäter, troy des shädigenden Verhaltens des Verleßten, wegen schwerer Körperverleßung aus §. 224 Str. G. B. zu bestrafen. Durch dasselbe Urtheil hat auch das Reichsgericht ausgesprochen, daß der durch eine Körperverleßung herbeigeführte Verlust zweier Glieder eines Fingers nicht als Verlust eines wichtigen Gliedes des Körpers zu betrachten und demnach nicht als schwere Körperverlezung zu bestrafen ist.

Die XXV11Il, Wanderversammlung der deut- shen und österreichischen Bienenwirthe tagt vom 10. bis 15. September cr. in Frankfurt a. M. Mit der Versammlung isst eine Ausj|tellung von Bienen, Bienen- wohnungen, Bienenprodukten und bienenwirthschaftlihen Ge- räthen verbunden. Betheiligen können sich an der Versamm- lung au die Biecnenwirthe, welche einem bienenwirthschast- lihen Vereine nicht angehören.

Der Präsident des Geodätischen Jnstitus, General- Lieutenant z. D. Baeyer, hat sich in Gradmessungs- Angelegenheiten nah Schlesien begeben.

Der General: Lieutenant von Dresky, Jnspecteur der 2. Feld-Artillerie-Jnspektion, welcher sih auf einige Tage behufs Besichtigung nah Jüterbog begeben hatte, ist von dort hierher zurügekehrt.

Bayeru. München, 8. August. (W. T. B.) Der Kronprinz von Portugal ist nach mehrtägigem Auf- enthalt hierselbst heute Vormittag nah ZFshl abgereist, Der Großfürst Paul von Rußland ist auf der Reise nach Berchtesgaden heute hier eingetroffen.

D A A

Oesterreich-Ungarn. Wien , 7. August. (W. T. B.) Die „Wiener Abendpost“ veröffentlicht den Ausweis des Ertrages der direkten Steuern und indirekten Ab- gaben für das erste Halbjahr 1883. Danach stellt sich der gesammte Reinertrag um 5 060587 Fl. höher als der des ersten Halbjahres 1882.

Prag, 7. August. (W. T. B.) Der Landtag ist, entsprehend dem Antrag des Ausschusses, über die Petitionen um Subventionirung des Baues des böhmischen Som- mertheaters zur Tagesordnung übergegangen.

_ Preßburg, 6. August. (Pr. Abdbl.) Jn Folge ener- gischer Vorsichtsmaßregeln unterblieben hier weitere Judenkrawalle. Der Magistrat und die Stadthaupt- mannschaft sind fortwährend in Permanenz.

Belgien. Brüssel, 5. August. (Köln. Ztg.) Der Finanz-Minister, der im Budget 1884 einen Ausfall

etwa 13 800 000 Fr. beroilligt erhalten. Der Branntwein wird allerdings, wie er veranschlagt, 6 200 000 Fr. decken helfen, aber der Taback statt 7 nur 5 Millionen einbringen. Die Personalsteucc liefect, wie er berehnet, anderthalb Millionen, die beweglihen Werthe aber statt 3 600 000 nur 1 100 000 Fr., und die Million, welhe Cacao und Weinessig einbringen sollten, fällt ganz aus. Es fehlen also noch etwa 5 Millionen. Man meint aber, daß der Branntwein seinen Anschlag beträchtlih übersteigen werde.

Großbritannien und JFrland. London, 7. August. (W. T. B.) Das Oberhaus hat nah fünfstündiger De- batte die englische Pachtbill mit 55 gegen 9 Stimmen angenommen.

Das Unterhaus genehmigte nah siebenstündiger De- batte die Regierungsvorlage wegen Reduktion der Staatsschuld in zweiter Lesung mit 149 gegen 95 Stim- men. Der Premier Gladstone theilte mit: Lord Dufferin habe in einem Privatbriefe geäußert: Die Reorganisation der egyptishen Armee sei fast vollendet, mit der Gensd’armerie sei man aber noch nicht so weit gekommen ; namentlich sei hinsihtlich der Polizei noch viel zu thun. Betreffs der Gerichtsbarkeit glaube Dufferin, daß ein ge- nügendes Richterpersonal gesichert sei, aber die Ueberseßzung des Codex in das Arabische habe Verzögerungen verursacht. Wie weit die Ernennung der geseßgebenden Körper- schaften gediehen, wisse Dufferin nicht, für die wähl- baren Körperschaften aber seien bereits die Arrange- ments getroffen. Der egyptishen Regierung seien Frri- gationspläne für das Delta unterbreitet, aber noch keine positive Entscheidung von derselben getroffen. Auch betreffs der Besteuerung der Ausländer seien der egyptischen Regierung Vorschläge gemacht worden.

8. August, früh. (W. T. B.) Das Unterhaus hat die Cholera-Bill in dritter Lesung angenommen.

Frankreih. Paris, 4. August. (Köln. Ztg.) Der Conseils-Präsident Ferry verreist “nah den Vogesen, kehrt jedoch am 12. August nah Paris zurück, um der Einweihung des Denkmals zu Ehren der Vertheidigung von Paris in Courbevoie anzuwohnen. Der Kriegs-Minister, der am Montag eine Jnspektionsreise nah den Grenzfestungen im Norden und Osten unternimmt, wird zum 20. zurückerwartet. Hr. Waddington trifft in nächster Woche von London ein und wird sich ersi endgültig zu Änfanç Septembers in Lon- don einrihten. Um diese Zeit wird die Ratifizirung des Schiffahrtsvertrages auf der Donau erwartet.

Es gilt jeßt als ausgemacht, daf, Boland die beiden gambettistishen Deputirten nicht namyaft mahen wird, und zwar unter dem Vorwande, „daß dieselben gewissenhaft ihre Mission erfüllt hätten“.

Die Errichtung der Bataillone der Festungs-Ar- tillerie wird in zwei Monaten vollendet sein.

Die „Ag. Havas“ meldet: Die vorläufigen Maßregeln zur Ausführung der Reform des Gerichtspersonals sind getroffen. Die ersten Veränderungen werden aber erst vom 5. zum 10. September erfolgen. Das von den Kammern angenommene Geseß hat die Aufhebung von 614 gerichtlichen Aemtern zur Folge, nämlih von 9 Kammer-Vize-Präsidenten, 189 Rathsherren, 11 General-Advokaten und 5 Géneral: Anwaltsgchülfen bei den Appellationshöfen ; von 54 Vize-Präsi- denten, 131 Nichtern und 315 Staatsanwaltsgehülfen dei den Ge- richten erster Jnstanz. Da das angenommene Gesch gestattet, die Verseßungen bei dem sämmtlichen Personal vorzunehmen, so wird Martin-Feuillée diese Verfügung benußen, um 231 Mitglieder derx Staatsanwaltschaft, deren Sitze beseitigt werden, in den festen Richterstand einzuschieben, und somit dürften verschiedene Generalanwälte, welche der republikanischen Partei angehören, an die Stelle von gewissen Präsidenten der Appellhöfe, die der Republik feindlich gesinnt sind, geseßt werden. Es giebt in Frankreich 27 Appellhöfe und 375 Gerichte erster Fnsianz. In ungefähr 16 der Appellhöfe sind die Präsidenten Gegner der Republik; bei den Gerichten exster Jnstanz findet man ungefähr dasselbe Verhältniß. Es würde folglich möglich wer- den, einen Revublikaner an die Spiße eines jeden Bericht s- hofes zu stellen.

Die Regierung hat unlängst der Kammer eine Vo r- lage untecbreitet, wonach 50 Millionen Francs der Erit- widcklung der Kolonisirung in Algerien gewidmet wer- den sollen. Diese Summe soll dazu verwandt werden, Geund- stücke onzukaufen und die nöthigen Arbeiten auszuführen, um neue Bevölkerungscentren zu schaffen oder die bestehenden weiter auszudehnen. Der mit der ‘Prüsung dieser Vorlage beauftragte Ausschuß hat sih für die Annahme derselben au2ge- sprochen. Der Minister des Junnern hat einen Geseßentwurf aus- arbeiten lassen, welcher von demselben Ausschuß geprüft werden soll und der die Bedingungen der unentgeitlihen Konzessionen und der Verkäufe der Abtheilungen von Dörfern oder Pacht- gütern näher bestimmt. Es wird u. a. verfügt, daß der Kon- zefsionär seiner Rechte verlustig erklärt werden kann, wenn er ih oÿne Erlaubniß länger als sechs Monate nacheinander von seiner Konzession entsernt. Um eine unentgeltliche Kon- zession zu erhalten, muß man Landwirth von Beruf, Fran- zose oder naturalisirter Franzose sein und über ein Kapital von wenigstens 5000 pr verfügen. Die Loose von Dörfern haben 40 ha Ausdehnung, die Loose von Pachtgütern eine unbestimmte Ausdehnung, die jedoch stets 40 ha überschreitet.

7. August. (W. T. B.) Der Minister-Präsident Ferry ist heute früh nah den Vogesen abgereist ; der Kriegs- Minisier Thibaudin hat sih zu Fnspektionen an die West- grenze begeben.

Das Gerücht von drei Cholerafällen in einem hiesigen Hospital ist gänzlich unbegründet; der Gesund)heits- Pla in Paris ist vielmehr nah wie vor durchaus zusrieden- tellend.

Die leßten aus Namdinh eingetroffenen Nachrichten besagen, daß diz dortige französishe Besaßung keiner ernst- lichen Gefahr ausgeseßt ist, obwohl si die feindlihen Banden zuweilen auf Schußweite der Stadi nähern. Französische Schiffe hätten die vom Feinde am Kanal von Namdinh er- rihteten Dämme zerstört.

Spanien. Madrid, 7. August. (W. T. B.) Die Führer der Aufständischen von Badajoz waren der Direktor des dortigen republikanishen Journals, zwei YDberst- Lieutenants, ein Kommandant und verschiedene andere Offiziere. Die Ausfständishen hatten in der Nacht vom Sonntag den Präfekten, den kommandirenden General und mehrere höhere E in ihren Wohnungen festgenommen. Bei der Flucht nahmen die Insurgenten 750 000 Pesetas

von mindestens 19 Millionen berechnet hat und denselben mit Steuererhöhungen decken will, hat jet im Ganzen doch nur

aus der Militäkasse mit sih. Die spanische Presse verurtheilt einmüthig diese aufständishe Bewegung.

__ Italien. Rom, 7. August. (W. T. B.) Der fran-

zösishe Botschafter beim päpstlihen Stuhle, Lefebvre

de Behaine, wurde heute vom Papst empfangen und

Senne das Antwortschreiben des Präsidenten. révy.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 7. August.

(W. T. B.) Aus Fekaterinoslaw wird gemeldet, daß 16 von den Theilnehmern an den leßten Ausschreitungen gegen die Juden wegen Widerstandes und Angriffes auf das Militär dem für besonders wichtige Angelegenheiten be- stimmten Untersuhungsrichter überwiesen worden sind.

8. August. (W. T. B.) Das Zolldepartement hat sich zur genaueren Feststellung der Umsäße des russi- schen Handels im Auslande an die Handelsmanufaktur des Börsencomités gewandt und um amtlihe Angabe der Handelswerthe für diejenigen Waaren, welche die russische Grenze passiren, ersuht. Jn der Wosnessensky-Per- \pektive wurden gestern von Personen, die in Wagen fuhren, Blechkästchen ausgeworfen, welhe mit einer Masse ange- füllt waren, die sich entzündete und Rauch verbreitete. Die Thäter sind noch nit ermittelt.

Amerika. New-York, 7. August. (W. T. B.) Bei |

den Staatswahlen in Kentucky haben die Demokraten. gesiegt. Fn Utah wurden in allen Distrikten bis auf einen, in welhem sich die Mormonen der Abstimmung enthielten, die von den Mormonen aufgestellten Kandidaten gewählt.

San Francisco, 7. August. (W. T. B.) Der Werth des in den iegten 18 Monaten von hier nah China gesen- deten Kriegsmaterials wird, einschließlich der dahin ge- lieferten Springfield-Gewehre, Patronen und Leinwand für Zelte, auf 5 Millionen Dollars geschäßt.

Zeitungsf\timmen.

_Die heutige Nummer der „Post“ bringt einen Leit- artifel, dem wir folgende Stellen entnehmen :

Zu den regelmäßig wiederkehrenden Bemängelungen der inneren und inébesondere der Reichspolitik des Fürsten Bismark gehört in erster Linie der Vorwurf, daß er die Befestigung der deutschen Ein- heit auss{ließlich oder doch ganz vorzugsweise vermittels äußerer materieller Bindemittel, kräftiger Finanzen, Erfüllung des Reichs mit staatswirthsczaftlibem Inhalt, Vermehrung des Nationalwohlstandes u. \. w. erstrebe, darüber aber die idealen Bande, welche das deutsce Volk an seine einheitlihe Ordnung dauernd zu knüpfen geeignet sind, vernachlässige. Insbesondere wird dabei der Mangel des Ausbaucs der bestehenden Einrichtungen im freiheitlichen Sinne betont.

Ohne Zweifel wohnt gerade in Deutschland den idealen Momenten des Stactslebens eine besondere Bedeutung bei; nament- lih wurzelt der Hang zur Freiheit, vielleiht noch mehr zur Ungebunden- heit, so tief in der deutschen Natur, daß jede Regierung, welche diesc Seite anzuschlagen weiß, sicher is, von dem breiten Strome der Popularität getragen zu werden, In dem Vorwiegen dieser idealen, fittlihen Richtung im öffentlichen Leben beruht nit die Kraft unseres Bolfkes; ihr vorzugêweise Haben wir die Erhebung aus dem tiefen Falle von 1806 zu danken.

Aber in der Vebershäßzung derselben und ihrem Korrelat, der Unterschäßung der materiellen Vorausscßungen nationaler Einheit, liegt zugleich eine der verhängnißvolliten Schwächen unseres Volkes, Und doch predigi jede Seite unserer Geschichte laut und deutlich deren Unentbehrlichkeit für ein gedeihlihes, nah außen und innen kräftiges Staatsleven. Der Mangel starker Finanzen und der Mangel aus- reichender äußerer Herrschaftsrehte bei der Centralstelle haben in erster Linie die Erniedrigung Deutscblands zu cinem geographischen Begriff verschuldet, die materielle Noth nah dem dreißigjähriger- Kriege hat nur das Verhänaniß beschleunigt. Umgekehrt liegt die Bedeutung des Hohenzollernstaates, neben der Durchdringung des Staatslebens mit dem Gedanken der Bürgerpfliht, vor Allem in der Erkenntniß von der Unentbehrlichkeit jener realen Madt- mittel und der energiscen, über die Libertätsbestrebungen der Stände zur Tagesordnung übergehenden Fürsorge für die Entwicke- lung derselben In der That legen die Lehren der preußisch- deutschen Geschichte den Wiederherstellern des Deutschen Reiches die Aufgabe nabe, dasselbe von vornherein mit ciner solben Fülle realer Machtmittel auszustatten, ibu eine so sichere materielle Unterlage zu geben, daß ein etwaiger Nückfall in die nationale Schwäche vergan- gener Zeiten niht verhängnißvoll für dasselbe werden kann.

Daß die Aufgabe nur im Widerstreit gegen populäce Vorurtheile, deren Kultus vie Stärke der Fortschrittépartei ist, wie gegen partikulare Vestrebungen, wie sie im Centrum eine stets bereite Unterstützung finden, gelös werden kann, muß für einen Staatsmann von der Kraft und Energie des Fürsten Bismarck cin besonderer Sporn sein, \{chwächeren Nachfolgern die Möglichkeit zu eröffnen, ohne. Gefährdung der Festigkeit des Reichs und seiner Institutionen auf ypopulären Bahnen zu wandeln. Statt Verurtheilung gebührt unseres Grachtens dem leitenden Staatsmann daher die größte Anerkennung dafür, daß er den dornenvollen Kampfespfad einer konsequent auf die Entwickelung der materiellen Machtmittel des Reichs gerichteten Po- litik troß Krankheit und Ermüdung verfolgt, statt sich bequem von den populären Strömungen des Tages tragen zu lassen, Jene Weite es Blickes, und jener kategorishe Imperativ der Pflicht, welche die brandenburgish-preußishen Herrsher von dem Großen Kurfürsten an so entschieden aus der Reihe der deutschen Fürsten hervorheben, werden der Reichépolitik des Kanzlers sih nicht absprechen lassen ; für ihre Wür- digung fällt noch besonders ins Gewicht, daß die Misère des täg- lihen Kamvfes das Loos des Abends eines Lebens is, in dessen Mittag die glänzenden Triumphe von 1866 und 1870 fielen. Selbst verständlih kann nicht daran gedacht werden, jene materiellen Macbt- mittel auf Kosten der politischen Freiheit oder der Rechte des Volkes zu erweitern. Versuche dieser Art würden die innersten, fest im Ge- müth sißenden Grundanschauungen des deutschen Volkes zum Wider- stande reizen und den Gegenbestrebungen dasjenige sittlihe Moment zuführen, ohne welches sie in Deutshland auf Erfolg nicht rechnen können. Schon dieser taktishe Gesichtspunkt bürgt aber dafür, daß bei den berechtigten Bestrebungen auf Vermehrung der materiellen Macht des Reiches eine Minderung der bürgerlichen und konstitutio« nellen Freiheit nicht zu fürchten ist.

Das „Deutsche Tageblatt“ sagt in einem Artikel über die Stellung unserer Liberalen zu dem spanischen Handelsvextrag : i

Der Wunsh nah b gdmögliher Inkraftseßzung des deutsch- spanischen Handelsvertrages ist ein so allgemeiner, daß man getroft behaupten kann, es habe keine Stimme sich gegen dieselbe im Prinzip ausgesprohen. Der Wunsch der Regierung, der fih naturgemäß stets mit dem allgemeinen Laindes- interesse deckt, hat ein gleies Ziel, und der kürzeste und auch in der Presse bereits besprohene Weg ist der, daß mit der spanischen Regierung ein vrovisorishes Inkrafttreten des Vertrages zu vereinbaren versucht wird, um dem deutschen Handel und Gewerbe die langsam und {wer erhandelten Erleichter:1ngen hon vor Beginn

der parlamentarischen Campagne zugänglih zu machen. Es schien,

als jollte diese Auffassung auch auf liberaler Seite ein _Entgegen- fommen finden, do erstickte der Anlauf dazu in dem Sturm dec Entrüsiung, den das Gros der „[linkishen“ Presse über Verfassungsbruch und Diktaturanwantlungen entfesselte. Und wec vermöchte ernftliGß zu erwarten, daß die Manchestec- männer ihre Maulwurfspraxis zu ändern vermöchten? . Daß die Grundidee der veutshen Wirthschaftspolitik diejenige ift,

Deuts&lands Gesammtinteressen in erster Linie mit Unterordnung jeder Separatbestrebungen zu wahren, können sie nit fassen, und so ist ihr ganzes Dichten und Trachten darauf gerichtet, die Einzel- interessen unter einander zu verbeten, für jedes einzelne einen Vor- theil auf Kosten cines anderen herauszutüfteln, um dann in dem an- gefahten Intercssenkrieg für ihre „liberalen“ Zwecke im Trüben fischen zu können. i

Es ist cine beliebte Manier, bei angebli drohenden „Ver- fafsungébrücten“ auf England, als das gelobte Land des Parlamen- tariémus, zu verweisen. Das ist in diesem Falle woh] die unglü- lidste Eremplifikation, die si denken läßt. Kein englishes Regime wird einen Augenblick vor der verantwortungévollsten nicht „ver- fassungsmäßigen“ Initiative zurückschrecken, sobald es sih darum handelt, wirthscchaftlice und nationale Interessen dur einen schnellen Schritt zu wahren oder zu fördern. Noch die jüngste Vergangenheit hat Beweise dafür geliefert. Jeder englische Minister ist der Zustim- mung des Parlaments, wie der Nation von vornherein bei solhen Anläfsen sider, denn der Engländer besißt ein starkes und sicheres Gefühl für den Werth und die Wichtigkeit der english-nationalen Interessen. Bei unseren linken Parlamentépolitikern dagegen ist von diesem Allen gemein- samen Gefühl, daß bei allen gemeinwirthscbaftlihen und nationalen Interessen den Ausschlag geben müßte, nichts vorhanden. .… . Von einem „deutshen“ Parlament wird man daher erft dann sprechen fönnen, wenn es gelungen ist, einen tüchtigen Stamm in positiver praktischer Arbeit erprobter Männer in diese Körperschaft zu wählen, die den Werth ciner nationalen Wirthschaft schätzen gelernt haben.

Es ist eberso fkleinlich wie für die, von denen es ausgeht, be- zeidnend, wenn man die Regierung mit den Spiritusinteressenten identifizirt. Und doc haben jene Leute eigentlich so Unrecht nicht, denn sie baben sie früher mit den „Eisen- und Kohlenbaronen“, dann mit den Bauern und Gutsbesitzern, ferner mit den Spinnern und Webern :c. identifizirt, und wenn man dies Manöver mit Konsequenz bei jeder Gelegenheit fortsetzt, wo die Regierung für einen Zweig der

nationalen Erwerbsthätigkeit eintritt, so kommi man zu einem völlig

richtigen Resultat, nämlich, daß die Juteressen jeder guten nationalen Regierung mit denen der nationalen Arbeit identisch find...

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr, 42. Inhalt: Verfügung: vom 2. August 1883. Einfuhr un» Ausfuhr von Pflan- zen u. \. w. in bez. aus Deutschland.

Neichstags - Angelegenhcitet?-

Kiel, 7. August. (W. T. B.) Nach amtlicher Feststellung sind bei der hiesigen Reichstagswahl im Ganzen 22073 Stim- men abgegeben worden. Hiervon erhielt Professor Hänel (Fortschr.) 13 243, Heintzeel (Soz.) 8830; der erstere ist sonach gewählt.

Statistische Nachrichten.

Das soeben erschienene Juniheft der Statifsti? des Deutschen Reichs enthält den Nachweis über die Einfuhr und Ausfuhr im freien Verkehr des Zollgebiets für das erste Halbjahr 1883 nebst ciner Vergleihung mit den entsprechen- den Zahlen für den gleihen Zeitraum des Vorjahres, aus welcber das Nacbstehende entnommen ist. Bei der Vergleibung des Ver- fehrs mit Getreide ist vor Allem zu berücksichtigen, daß in Folge ver- änderter Anschreibungsweise die Cinfuhr von Getreide auf Mühlen- läg:r und die Ausfuhr von Mehl aus diesen Lägern in dem Nach- weise der Ein- und Ausfuhr für das T. Halbjahr 1883 mit enthalten ist, iu den betreffenden Zahlen für das I. Halbjahr 1882 dagegen nicht. Läßt man diesen Mühlenlagerverkehr außer Betracht, so ergiebt fi, daß im I. Halbjahr 1883 an Weizen 370237 Doppelcentner mehr, an Moggen dagegen 951 599 D, C. weniger eingeführt worden sind, cls im selben Zeitraum des Vorjahrs, und auc die Einfuhr von Hafer um 1 050 204D. C., sowie von Gerste um 106606 D. C. nachgelassen hat. Die Ausfuhr ist der besseren Ernte des Jahres 1882 zufolge bei sämmt- lichen Getreidearten zum Theil erheblich gestiegen, deêgleichen hat vielleicht im Zuscmmenhang mit der verminderten Ausfuhr bezw. Produktion von Branntwein die Ausfuhr von Kartoffeln wieder sehr bedeutend (um 1 640 772 D. C.) zugenommen. Beim Vieh zeigt sich eine be- trächtliche Mindereinfubr (um 175 006 Stück) von Schweinen und Spanferkeln, der cine Mehrausfuhr von 51 675 Stük Schweinevich cegenübcrsteht, ferner verhältnißmäßig bedeutende Mehreinfuhr von Pferden (um 13 930 Stück) und Ochsen (um 8267 Stück). Die Cin- fubr von Verzehrungégegenständen ist meist gestiegen, so die von rohem Kaffce um 40 079 D. C., Wein in Fässern um 21 174, frischem und zubereitetem Fleisch um 35 500 D. C, Mehl um 109 585 D, C., und Reis um 61 537, desgleichen die Einsuhr von Thee, frischen und getrockneten Südfrüchten, Kakao, getrocknetem Obst Pfeffer und Salz; bagegen ist die Einfuhr von unbearbeiteten Tabackblättern um 17 614 D. C. zurückgegangen, vermuthlich wegen geringer Qualität der 1882er Tabackernte. Die Ausfuhr von Zucker hat mit zusammen 2084 738 O. C. diejenige im ersten Halbjahr 1882 um mehr als das Doppelte überholt, dagegen ist die Ausfuhr von Branntwein (mit Ausnahme des verseßzten, sowie von Arrak, Rum und Franzbrannt- wein) von 506 800 D. C. im I. Halbjahr 1882 auf 205 607 D. C. im 1. Halbjahr 1883 zurückgegangen, und auch die Ausfuhr von Stärke und Kraftmehl hat erheblih nachgelassen. Bei Roheisea und den meisten Cisenfabrikaten ist die Ausfuhr gestiegen, ebenso beim rohen Blei und den Maschinen und Instrumenten. Auch Stein- kohlen und Koks weisen ein recht erheblihes Plus ver Ausfuhr auf. Sehr beträchtlich ist die Einfuhr von Oliven- und Leinöl gestiegen, und au Petroleum ist mehr eingegangen. Ferner ist bei den Spinn- stoffen Baumwolle, Wolle und Jute die Einfuhr- gestiegen, Flachs und Hanf zeigen verminderte Einfuhr, aber auch erheblih geringere Ausfuhr auf. Bei sämmlülichen Garnen ist die Einfuhr gestiegen und die Ausfuhr zurückgegangen, leßteres besonderes beim rohen Baum- wollgarn und Vigognegarn. Auch baumwollene, leinene, seidene und halbseidene Zeugwaaren sind in der Ausfuhr etwas zurückgegangen, dagegen hat die Ausfuhr von baumwollenen Spißen und Stickereien, baumwollenen Strumvyfwaaren und wollenen Zeugwaaren zuge- nommen.

Von dem Bande LXII. der Statistik des Deutschen Reich 8, betreffend die Statistik der Seeschiffahrt, ift soeben die erste Abtheilung veröffentliht worden, welche enthält : die Nachweisung über die Schiffsunfälle an der deutschen Küste im Jahre 1882, den Nachweis der im Jahre 1882 als ver- unglückt angezeigten deutschen Seeschiffe, den Bestand der deutschen Kauffahrteischiffe am 1. Januar 1883 unb die Bestandesveränderungen vom 1. Januar 1882 bis 1. Januar 1883, Das Verzeichniß und die Beschreibung der Schiffsunfälle an der deutschen Küste enthält 225 Nümmern; betroffen von diesen Unfällen wurden 272 Schiffe, von denen 112 gestrandet, 5 gekentert, 12 gesunken, 94 kollidirt sind und 49 in anderer Weise gelitten haben, Die Ladungsfähigkeit dieser Schiffe betrug, so weit deren Größe bekannt geworden ist, im Ganzen 60 262 Register-Tons, ihre Besatzung, fo weit festgestellt, 3628 Personen, einschließlih der Scisfsführer und Passagiere,

% oder 72 % von den aufgeführten Schiffen fuh- ren unter deutsher Flagge, von den übrigen waren 37 britisbe, 15 norwegische, 8 s{wedishe, 7 dänische und 6 nieder- ländishe Schiffe. Total verloren in Folge der gedachten Unfälle gingen 83 Swiffe, und umgekommen {ind bei Gelegenheit derselben, soweit festgestellt, 18 Personen, während in den Fällen, in denen überhaupt Gefahr für Menschenleben vorhanden war, 483 Personen gerettet worden sind, darunter 119 durch Rettungsstationen. Ver- unglückungen (Totalverluste) deutscher registrirtecr Seeschiffe ge- langten_ im Jahre 1882 246 zur amtliben Kenntniß ; der Raumgehalt dieser Schiffe betrug 67 491 Register-Tons. Von diesen Verlusten fallen 214 auf das Jahr 1882, die übrigen auf frühere Jahre. Nach den sceamtliwen Untersuchungen, die jedoch nur in Bezug auf 169

Schiffe erledigt sind, verunglückten dur Siranden 75, Kentern 3, Sinken 27 und Kollidiren 13 Schiffe, leck von der Besaßung ver- lassen wurden 14 Schiffe, wer beschädigt und deshalb als reparatur- unwürdig kondemnirt 17 Schiffe, verbrannt sind 2 und verschollen 18 Schiffe.— Der Bestand der deutschenS ceschiffe(Kauffahrteischiffe) belief sib am1.Januar 1883 auf zusammen 4370Sciffe mit einer Ladungs8- fähigkeit von 1 226 650 Register-Tons, darunter 3855 Segelschiffe mit 915 446 Register-Tons und 515 Dampfschiffe mit 311 204 Re- gister-Tons, Gegen den Bestand am 1. Januar 1882 ergiebt \sih eine Abnahme der Gesammtzahl um 139 Schiffe, dagegen eine Zu- nahme der Gesammtladungsfähigkeit um 32243 Register-Tons, und zwar hat die Zahl der Segelschiffe um 196 ab- und die Zahl der Dampfer um 53 zugenommen. Die Weiaenmbeatnng der deutschen Kauffahrteiflotte betrug am 1. Januar 1883 39031 Mann gegen 39 109 am 1. Januar 1882. Nach der Größe unterschieden batten von den sämmtlichen deutschen Seescbiffen (Kauffahrteischiffen am 1. Sanuar 1883 1366 Schiffe einen Raumgehalt von weniger als 50 Register-Tons, dagegen einen solchen von mehr als 2000 Register- Tons 21, darunter 5 Segelschiffe und 18 Dampfer. Das größte Segelschiff hatte 2287 und das größte Dampfschiff 2237 Register- Tons Raumgehalt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

In der R. Gâärtnersckchen Verlagsbuchéandlung (H. Heyfelder) hiersclb#t erscheint die Festscrift der Stadt Berlin für ihre Schulen zum 10. November 1883, betitelt: „MartinLuther “, von Dr. Max Lenz, Professor der Geschichte an der Universität Marburg. Bis jeßt liegt das erste Heft davon vor. Das Werk verdankt seine Entstehung dem Beschluß des Magistrats und der Stadtverordneten von Berlin, für die vierte Säkularfeicc der Geburt Martin Luthers die Aus- arbeitung einer biographiscken Festshrift zu reranlassen, welde am 10. November in den städtiswen Schulen an reifere Schüler vertheilt werden soll. Um den Chorakter als Festschrift zu wahren, wird ihre Veröffentlihung nicht vor der Feier erfolgen, so wentg es dem Wunsche der Auftraggeber widerspribt, wenn sie auch in weiteren Kreisen Aufnahme finten sollte. Kritishe Erörterungen sollen der Schrift ekenso fern bleiben wie konfessionelle Polemik; ihre Aufgabe soll sein, Luthers Wesen und Wirken historisch zu begreifen, weil nur dies seiner cigenen Forderung an die Geschichte entspricht, und auch nur so Hoffnung vorhanden ist, die Krast und Tiefe seines Geistcs annähernd zu ergründen. Das uns vorliegende Probeheft um- faßt das erste und vierte Kapitel. Im ersten giebt der Verfasser cin höchst anziehendes Bild deutscher Zustände und Anschauungen in Luthe:s Jugendzeit, ausgehend von Kaiser Friedrich 111, und Maximilian 1., schildert die Kaiserlich habsburgische und deutsche Politik, geht dann auf die geistiger Ver- hältnisse ein, bespricht dcis Verhältniß Roms zur deutschen Kirche und die fkirclichen, geselligen und toissenschaftlichen Ideale der Hu- manisten. Nachdem er so die vorbereitenden Momente der Reforma- tion besprochen, entwirft cr im vierten Kapitel ein hocinteressantes Bild von dem MReformator und der beginnenden Reformation, den Freunden und Widersachern der hereinbrehenden Aufklärung, den Kämpfen und Verirrungen u. f. w. Das Buch nimmt in der jeßt so überreichen Lutherliteratur sicherlih cine der erften Stellen ein, denn der Verfasser hat die ihm gestellte Aufgabe in jeder Weise glüdlich und erfolgreid gelöst. Der Subsfriptionspreis für das voll- ständige Werk, im Umfange von etwa 13 Bogen, einschließlich cines Titelbildes und angemessenen Einbandes beträgt 2,60 (4 Die Uus- gabe der Festschrift erfolgt zum 10. November d. I.

Der Bericht über die Thätigkeit der Central- Kommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland, im Namen der Kommission auf dem dritten deutschen Geographentage erstaitet, —- ist, von Dr. R. Lehmann verfaßt, în der Cotta’shen Buchhandlung zu München erschienen. Dem auf dem zweiten Geographentage zu Halle erhaltenen Auftrage gemäß, erließ die Kommission zunächst einen Aufruf im „Ausland“ (1882, Nr. 49), worin fie alle Forscher der Erdkunde wie der verwandten Fächer, besonders aber die geogra®hischen, naturwissenschaftlichen und historischen Vereine bat, an dem ebenso sehr der Wissenschaft wie den nationalen Bestrebungen dienenden Werke mitzußelfen und zunächst sich an einer möglich\t erschöpfenden Zusammenstellung der bereits zur wissenschaftlichen Landesfkfundevon Deutschland vorhandenen Literatur zu betheiligen. Da die geographishe Wissenschaft sich dabei nicht so eng an Staatê- und Mationalitätsgrenzen binden darf, so sollten außer dem Deutschen Reiche auch die chemals zum Deutschen Bunde gebörigen österreichischen Lande, ferner die Schweiz, die Niederlante mit Luxemburg, endlich Belgien mit in das Arbeitêgebiet gezogen, die beträchtlicheren deutschen Sprach- inseln in Ungarn und Siebenbürgen fowie in den Dstsecyrovinzen Rußlands aber anhangêweise berücsichtigt werden. Diese: Aufruf ist nebst dem bezüglichen Vortrage tes Berichterstatters nah und n1ch in nahezu 1400 Exemplaren nah allen Theilen des bezeichneten Gebietes (darunter an etwa 3C0 Vereine) versendet worden. Die Kommission hat ferner Sorge für eine Sammlung aller einschlägigen Werke getragen, und ihre Thätigkeit hierin ist von dem besten Erfolge begleitet gewesen. Von den verscieden- sten Seiten sind ibr in anerkennenswerther Weise Zusendungen ge- mat worden. Der Bericht gicbt ein Verzeichniß derjenigen Vereine, Institute 2c., wele durch Einseßung landeskundlicher Ausscüsse mehr oder minver umfassende Sammlung und theilweise Einsendung der einschlägigen Literaturnotizen und dergl. in höherem oder ge- ringerem Grade der landeskundlichen Sache sich angenommen haben. Außerhalb des Deutschen Reiches ist vor Allem in Wien Aussicht auf das baldige Zustandekommen ciner großen landeskundlichen Bibliogrophie ; außerdem sind in einzelnen österreihischen Kronländern, wo zum Theil ja direkt landeskuudliche Vereine bestehen, Literatur- zusammenstellungen für die betreffenden Landschaften begonnen worden. Die Ko:nmission ist der Ansicbt, daß die Bikliographie die Grundlage

des Un:ernehmens bilden müsse und kann mit Freuden konstatiren, |

daß man bereits in einer ganzen Reihe deutscher Landschaften daran ist, derartige selbständig zu veröffentlihende landeskundlihe Biblio-

graphien zu hafen. Ferner wünscht die Kommission, daß auch bie | über das speziell Landschaftliche hinausgehende Literatur über größere | Gebiete, sowie über ganz Deutschland gesammelt wird, be- |

hufs einer allgemeinen deutshen Bibliographie, welche den heutigen Anschauungen und Auffassungen der geograpbischen Wissenschaft entspricht. G3 soll deshalb für diese ge- sammten landeskundlihen Einzelforschungen ein förmliches Organ begründet werden, eiwa unter dem Namen: „Archiv für deutsche Landes- funde“. Die Berichte der Kommission werden von jeßt ab regel- mäßig alle Vierteljahre erfolgen, und es wird daher an alle Vereine die Bitte gerichtet, (am besten im dritten Monat jedes Viertel- jahrs) recht häufige Mittheilungen zu machen. Die Centralkommission für die wissenschastliche Landeskunde von Deutschland besteht aus dem Ingenieur-Hauptmann G. Kollm, Meß, dem Dr. Rich. Lehmann, Halle a. S.,, Schriftführer, Professor Dr. Ratel, München, Vor- fißender, Professor Dr. Ruge, Dresden, Professor Dx. Zöpprit, Königs- berg i. Pr., stellvertretender Vorsitzender. E

Unser Vaterland, in Wort und Bild geschildert von einem Verein der bedeutendsten Schriftsteller und Künstler Deutsch- lands und Oesterreihs. Rheinfahrt. Von den Quellen des Rheins bis zum Meere. Schilderungen von Karl Stieler, Hans Wachenhusen und F. W. Haländer. Jllustrirt von R. Püttner, A. Baur, C. F. Deiker, W. Diez, G. Franz, F. Keller, L. Knaus, L. Ritter, G. Schönleber, Th. Schüz, W. Simmler, B. Vautier, Th. Weber u. A. Verlag von Gebcüder Kröner in Stuttgart. Vollständig in 22 Lieferungen zu je 1,50 „K Nachdem kürzlich die 22. Lieferung dieses reih illustrirten Prawt- werks ausgegeben worden, ist dasselbe nunmehr vollständig in den Händen der Abonnenten. Das leßte Heft brachte noch eine anziehende Swilderung des Landes, welches der Rhein in seinem untersten Laufe durchfließt, um sich dann in mehreren Armen mit dem Meere zu vereinigen. Speziell sind es Rotterdam und Arnheim nebst Um- gebungen, durch welche die Leser von dem freundlichen Cicercne, F. W. Hatkländer, geführt werden. Mit einer Schilderung der Dünen und des Strandes von Sweveningen, den uns A. Achenbachs und

Scönlebers Griffel auf zwei großen Blättern mit packender Wahrheit vor Augen bringt, {ließt die höchst interessante Fahrt. Für alle Rheinreisenden, welche je an den rcbenumrankten Ufern des herrlichen deutshesten Stroms geweilt, sich von seinen grünen Wellen haben tragen lassen, an feinen erinnerungsreihen, funstges{müdckten Stätten Erhebung und Erholung gefunden baben, für alle sie dürfte das \{chöône Werk eine unversieglihe Quelle des Genusses und der Anregung sein. Denn die im Titel genannten, als liebenswürdige Erzähler woh!bekannten Schriftsteller haben es sich im Verein mit einer Reihe der geschicktesten Zeichner angelegen sein lassen, den Ler dauernd zu fesseln und Belehrung mit Unterhaltung und lebendiger Anschauung zu verbinden. Nicht weniger als 60 große Tondruckbilder im Folioformat des Werkes (wahre Meisterwerke der Holzschneidekunst) zieren die Schilderung, und die Zahl der Fllustrationen im Text erreiht sogar beinahe die Ziffer 400. Die Verlagshandlung hat durch cinen ges{mackvollen Einband au für ein s{önes Aeußere Sorge getragen. In dieser Gestalt dürfte das prächtige und in Anschung dessen, was dafür ge- boten wird, gewiß billig zu nennende Bub nicht nur dem Touristen cine {öne Rciseerinnerung bieten, sondern sich auch als würdiges Ge- schenk für jeden Büchertisch vorzüglich eignen.

In Carl Hcymanns Verlag hierselbst ist soeben das Haup t- register zu dem Centralblatt für das Deutsche Reich für die Jahre 1873 bis 1882 erschienen. Dasselbe ist im Reichsamt des Innern bearbeitet und besteht aus 2 Abtheilungen: die erste enthält das allgemeine Generalregister und das Register der Entscheidungen des Bunde8amts für das Heimathwesen, die zweite, in tabellarisher Form, das alphabetische Verzeichniß der im Central- blatt für das Deutsche Reich publizirten Ausweisungen von Aus- ländern aus dem Reichsgebict.

Gewoerbe und Handel.

In dem Jahresbericht der Handelskammer zu Wie s- baden sür 1882 findet sih über die Bade- und die Kurangelegenbeiten Folgendes: Wiesbaden iit sowohl als Stadt wie als Bade- und Kur- ort auch im Jahre 1882 in ununterbrochenem Aufshwunge begriffen gewesen. Die Fremdenfrequenz und der Passantenverkehr betrug 79 085 Personen gegen 77 662 in 1881; mithin ift eine Steigerung mit 1423 Perforen zu verzeihnen. Von hohen Gästen waren anwesend: Se. Majestät der Deutshe Kaiser, Ihre Majestät die Deutsbhe Kaiserin, Ihre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin von Baden, Se. Majestät der König von Dänemark, Se. Majestät der König von Gricchenland, Prinz und Prinzessin von Wales, Prinzessin Luise von Preußen, Prinz Alcxander von Hessen, Herzog von Leuchtenberg u. A. Die vortrefflihen Winterkur- Einrichtungen der Bade- und Privathäuser, das milde Klima der Stadt und abwechselungsreiche Veranstaltungen haben neuerer Zeit auch die Winterkur zu einer bedeutenden gemacht. Die Mortalitätsverbältnifse, welche sich lettlih gebessert haben (die amtliche Morktalitätéstatistik des Jahres 1880 z. B. verzeichnet auf 1000 Bewohner 17,9 Sterbefälle), weisen die betreffende Zahl deshalb auf, weil viele Leute in vorgerücktem Alter ihren dauernden Aufenthalt in Wietbaden nehmen; die prächtigen Alleen, Parkanlagen, Berg- partien machen Wiesbaden zum gesündesten Aufenthalt des Kon- tineats. Die Zahl der Aerzte hat sich durch Niederlassung einiger berühmter Autoritäten (Langenbeck und Seitz) vermehrt. Jm Brunnen- versandt ist ein Aufs{wung zu konstatiren. Die Einnahmen der Kurverwaltung haben “ich troß des Spielverbotes vermehrt : das Jahr 1882 weist eine Total-Einnahme aus Eintrittskarten mit Ein- \{chluß des Abonnements für Einwohner ohne Berücksichtigung der Gxrtra-Veranstaltungen von 145 892 Æ gegen 60547 A pro 1873 auf. Außergewöhnliche Einnahmen (Concerte, Bälle 2c.) zeigten pro 1882 59 549 M 70 S gegen 1873 mit 12541 M 50 S.

Die Total-Einnahmen aus Abonnements der Einwohner, aus der Jahrcstaxe und Saisontaxe für Fremde, Tageskarten und aus den außergewöhnlihen Veranstaltungen mit Ausschluß kleinerer Ein- nabmen aus Spielen, Verkauf von Mobiliar, Zeitungen 2c. ergaben :

M S Á A 1B S 97 979 50 18S. M0681 84 R I A 0 O So O MOISC O Go L Mao Lo 1820592 04 e 200A 70 Im ersten Jahre der Verwaltung (1873) trug das Abonne- F H

E im letzten Jahre der Verwaltung (1882) dagegen . . . 40725 im ersten Jahre (1873) Er1ó8 aus Jahres-Kurtaren Fremder 7569 Bi O88 i” 7 5 14 099 x 2 Saisonkarten Fremder . 42 303 E p » Ï . 46411 O E Gade. «10605 O e Ï # L EON

Diese Nachweise ergeben im Ganzen cine bedeutende Sieigerung des Verkehrs. E

Der Wasserdebit der fiskfalishen Brunnen im Regierungsbezirk Wiesbaden pro 1. April 1882/83 betrug für a, Niederselters . ..

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b, Fachingen 2 R . Etns , Langenschwalbach , Geilnau . Slangenbad : j Außerdem in Sclangenbad 44 Ballons Mineralwasser. : An Emser Pastillen (inkl. Prämien an Wiederverkäufer) find verkaust: : M S 179 677 Schachteln für ._ 85 909 5 An Emser Salz in Pulverform: 1789 Flacons für Dortmund, 6. August. (Rh.-Westf. Ztg.) Die Stimmung des Eisenmarktes wird nab und nach fester und die Preisschwan- fangen find im Allgemeinen als überwunden zu betrachten. In Puddel- roheijen hat sih die Na&frage mehr und mehr gehoben, weshalb sich die Preise wieder befestigt haben. Für Gießereieisen, Bessemer- und Splegeleisen werden die Notirungen bei ziemlich regelmäßigen Bedarf seix einigen Wochen auf demselben Stande behauptet. Was die Walzwerkbranche betrifft, so ist besonders in Stabeisen, das lange ill gelegen, eine zunehmende Nachfrage zu verzeihnen, die au bereits fleineren Wclzwerken zu Gute gekommen ist, so daß sie zu den niedrigen Preisen, zu welchen sie wohl vor einigen Wochen noch abgaben, nit mehr abschließen. Die Nachfrage ist allerdings bis jeßt noch nicht so lebhaft aufgetreten, daß cine Erhöhung der Konventionspreise durchzuseßen ist. Für Baueisen liegen noch um- fangreihe Bestellungen zur Erledigung vor, do lauten neue Auf- träge \pärlicher ein, da der Höhepunkt der Bausaison erreicht ist. Schwere Bleche zum Schiffsbau sind andauernd gut gefragt, während die Abshwächung in der Nachfrage für Kesselbledbe noch nicht ihr Ende erreick{t hat. Für Feinbleche nimmt dagegen der Bedarf regel- mäßig zu und sind daher die Preise auch wieder fester, Die Stahl- branche ist fortdauernd lebhaft engagirt, aud, mehren sich die Auf- träge Seitens der heimischen Eisenbahnen wieder, so daß die Stahl- werke und Scienenwalzwerke voraussichtlich den bisherigen vollen Betrieb au fernerhin aufrecht zu erhalten in der Lage ind. Die Kleinecisenindustrie ist ebenfalls gut besetzt und auch die Majschinen- fabriken, Lokomoti»- und Waggonfabriken sowie die Gießereien haben nah wie vor viel zu thun. Das Kohlenge\ch äft hat sih seit der Mitte vorigen Monats wieder belebt, ver Versandt per Eisenbahn hat seitdem bedeutend zugenominen und verstärkt sich voch immer. Die Preise sind fest, einige Kohlenforten höher, und Kokekohle wegen der andauernd matten Tendenz der Koke etwas niedriger. Kokepreise haben si ebenfalls noch nicht wieder befestigt, do werden die Kon- ventionspreise Seitens der kartellirten Kokereien behauptet. Antwerpen, 7. August. (W. T. B) Wollauktion. Angeboten 2027 B. La-Plata-Wollen, davon verkauft 1411 B. Preise unverändert. ;

für 2 368 078 ganze Krüge

160 , U A

] and 240 261 ganzeFlaschen ( 71 L ¿1248 11IONGIVE j | s