1904 / 141 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Jun 1904 18:00:01 GMT) scan diff

des Persishen Löwen- N Sonnenordens dritter Klaae: dem Konsul, Hauptmann der Landwehr Brandt zu Hamburg; des Sterns zum Komturkreuz des Päpstlichen St. Gregoriusordens: ; dem Kommerzienrat Peter Paul Cahensly zu Lim- burg a. d. Lahn, Mitglied des Abgeordnetenhauses; des Päpstlichen Kreuzes „Pro ecclesia et pontifice“: der Frau Elisabeth Breuer, geborenen Niedenho fen, Gattin des Bierbrauereibesißers und Stadtverordneten Josef Breuer zu Mülheim am Rhein, und | i dem Schornsteinfegerobermeister Reiner Vianden zu Cöln; sowie des Ehrenritterkreuzes des Johanniter - Malteser- ordens: dem Freiherrn Max von Fürstenberg zu Hugenpoet im Landkreise Düsseldorf.

Deutsches Reich.

Seine Majestät der Kaiser haben Allergnädigst geruht: den bisherigen Ersten Sekretär bei der Botschaft in Konstantinopel, Legationsrat Freiherrn von Wangenheim zu Allerhöchstihrem außerordentlihen Gesandten und bevoll- mächtigten Minister bei den Vereinigten Staaten von Mexiko zu ernennen.

Dem Verweser des Kaiserlihen Konsulats in Tsinanfu, Dolmetscher Bet is auf Grund des § 1 des Gesezes vom 4, Mai 1870 in Verbindung mit § 85 des Geseßes vom 6. Februar 1875 für den Amtsbezirk des Konsulats und für die Dauer seiner Geschäftsführung die Ermächtigung erteilt worden, bürgerlich gültige Eheshließungen von Reichs- angehörigen und Schußgenossen, mit Einschluß der unter deutschem Schuße lebenden Schweizer, vorzunehmen und die Geburten, Heiraten und Sterbefälle von solchen zu beurkunden.

VerauntmaMuUnga, betreffend die Beaufsichtigung privater Versiche- rungsunternehmungen durch die Landesbehörde.

L

Im Anshluß an meine Bekanntmachung vom 2. Juni 1204 bestimme ih auf Grund des § 3 Ab}. 2 des Gesehes über- die privaten Versiherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 (Reichsgeseßbl. S. 139) im Einvernehmen mit den be- teiligten Bundesregierungen, daß bis auf weiteres die folgenden Versicherungsunternehmungen, welche ihren Siß im Gebiete des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin haben und ihren Geschäftsbetrieb über das Gebiet dieses Bundesstaats hinaus erstrecken, durch die Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsche Landesbehörde beaufsichtigt werden, nämlich:

1) Mecklenburgische Sterbekasse für Stadt und Land mit dem Site in Rosto,

2) Kuhkasse der Deputatisten und Tagelöhner der Güter Waschow und Dodow mit dem Siße in Waschow.

Berlin, den 14. Juni 1904.

Der Reichskanzler. Jm Auftrage: Caspar.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Oberlandesgerichtsrat, Geheimen Justizrat Dr. Ursell in Celle zum Oberlandesgerichtssenatspräsidenten in Naum- burg a: S.,

den Oberlandesgerichtsrat Hugo Mayer in Stettin zum Landgerichtspräsidenten in Gnesen,

den Gerichtsassessor Stephani in Lyck zum Landrichter daselbst,

den Gerichtsassessor Plehwe in Memel zum Landrichter in Bartenstein,

den Gerichtsassessor Frech in Allenstein zum Amtsrichter in Ortelsburg,

den Gerichtsassessor Dr. Berger in Kalau zum Amts- richter daselbst,

den Gerichtsassessor Dr. Coste in Stettin zum Amts- richter in Wolgast,

den Gerichtsassessor Püschel in Oberglogau zum Amts- richter daselbst,

den Gerichtsassessor Krühne .in Magdeburg rihter in Sangerhausen,

den Gerichtsassessor Thiele in Mölln zum Amtsrichter in Bredstedt,

den Gerichtsassessor Wolde in Husum zum Amtsrichter in Lunden,

den Gerichtsassessor Zimmermann in Melsungen zum Amtsrichter in Oberkaufungen,

den Gerichtsassessor Nu hl in Melsungen zum Amtsrichter in Gudensberg,

den Gerichtsassessor L ooff in Felsberg zum Amtsrichter daselbst und

den Fürstlih s{hwarzburg-sondershausenshen Amtsrichter Kunze in Ebeleben zum Staatsanwalt in Erfurt zu ernennen.

zum Amts-

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Provinzialshulräten Dr. Robert Nieberding in Breslau und Dr. Emil Brocks in Schleswig den Charakter als Geheimer Negierungsrat verleihen.

Justizministerium.

Der Rechtsanwalt Dr. Franz Lasker in Straußberg ist zum Notar für den Bezirk des Kammergerichts, mit An- Adana seines Amissißes in Straußberg, und

der Rechtsanwalt Dr. Paschke in Nixdorf zum Notar für den Bezirk des Kammergerichts, mit Anweisung seines Amts\sizes in Rirxdorf, ernannt worden.

Dem Notar Cremer in Jüchen ist der Amtssig in M.-Gladbach angewiesen.

Bekanntmachun g.

Bei dem Stempel- und Erbschaftssteueramt in Berlin ist mit Genehmigung des Herrn Finanzministers eine neue Ab- teilung errichtet worden, die die Bezeihnung führt:

Königliches Stempel- und Erbschaftssteueramt, | Abteilung VII. Berlin, den 14. Zuni 1904. : Der Provinzialsteuerdirektor. von Schmidt.

Nichtamtliches. Deutsches Reid.

Preußen. Berlin, 17. Juni.

Jn der am 16, Juni d. J. unter dem Vorsiß des Staats- ministers, Staatssekretärs des Jnnern Dr. Grafen von Posadowsky-Wehner abgehaltenen Plenarsizung des Bundesrats wurden die Mitteilung des Präsidenten Des MCEMstads Vom 11, Juni D, J; - belLesfend.. die Reichstagsbeshlüse zu den Petitionen über die Ab- gabe von Waren aus Offizierkasinos an Nichtmitglieder des Offizierkorps und über die Kurierfreiheit, dem Reichs- kanzler, die Mitteilung, betreffend die Reichstagsbeschlüsse zu den Petitionen über die Verunreinigung des Mains dur abrik- und Kanalwässer und über den Erlaß eines Fluß- \hußgeseßes, dem zuständigen Ausschusse überwiesen. Gleich- falls den Ausschüssen wurden Meran der Antrag Bayerns, betreffend die Erhöhung der Angehörigenunterstüßung bei der Versiherungsanstalt für die Pfalz, und die “Reichstags- beshlüsse zu der Reichshaushaltsübersiht für 1902. Den Ausschußberichten über die Erweiterung der Befugnisse, welche der Société Anonyme de Navigation Belge-Américaine (Red Star Line) für die Beförderung von Auswanderern erteilt ist, und über die Befreiung der mit der Penstons- anwartschaft an der Waisen-, Erziehungs: und Bildungsanstalt Kemperhof bei Koblenz angestellten Lehrer von der Jnvaliden- versicherungspfliht wurde die Zustimmung erteilt. Außerdem fanden mehrere Eingaben Erledigung. Heute hielten die vereinigten Auss{hüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr und für Justizwesen eine Sißung.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Lappenberg ist von Berlin abgereist.

Laut Meldung des M T. B.“ist S. M.S. „Jaguar“ am 15. Juni von Schanghai nach Kiukiang in See gegangen.

Württemberg.

Die Kammer der Abgeordneten hat in ihrer gestrigen Sitzung bei der Beratung von“ Petitionen über die L efseiterte Volks\chulnovelle verhandelt und, nah Meldung des „W. T. B." mit 62 gegen 17 Stimmen (Zentrum und zwei Privilegierte) folgende, von der Volkspartei, der Deutshen Partei und der Freien Vereinigung eingebrahte Resolution angenommen:

ie Kammer der Abgeordneten überweist, nachdem die Kammer der Standesherren den Geseßentwurf zu Fall gebraht hat, die Eingaben des Württembergishen VBolks\chul- lehrervereins und des fatholishen Volks\{hullehrervereins, be- treffend die zeitgemäße Gestaltung der staatlihen Aufsicht über die Bolks\hule, der Königlichen Regierung zur Berücksihtigung und \spriht die Erwartung aus, daß es der Regierung gelingen werde, diese Neform gebotenen Falls durch unverweilte Einleitung einer Ver- fassungsrevision zur Durchführung zu bringen.

Der Kultusminister Dr. von Weizsäcker erklärte im Laufe der Sigung, s die Staatsregierung von- ihrem Standpunkt aus gegen die Annahme der Resolution nihts zu erinnern habe. Die Regierung habe alles für die Volksschule getan und weise etwaige politishe Folgen, die sich aus dem Scheitern der Novelle ergeben, weit von sih. Sie wisse sich mit der Mehrheit dieses Hauses darin eins, daß im Interesse einer notwendigen Förderung der Bolks\hule auf die Regelung der in der gescheiterten Novelle bes handelten Fragen nicht verzihtet werden könne. Die Regierung werde daher auf fie zur rechten Zeit zurückkommen und sich überlegen, ob niht auch dringenden Bedürfnissen auf dem Gebiete des Volks\{ul- wesens auf dem Verwaltungswege abgeholfen werden könne.

Deutsche Kolonien.

Der Reichskanzler hat unterm 2. d. M. eine in Nr. 13 des „Deutschen Kolonialblatts“ veröffentlihte Verfügung, betreffend die Verwendung des in der zweiten Ergänzung zum Haushaltsetat der Schußgebiete auf das Rechnungsjahr 1904 unter Kapitel 1, Titel 14, der Ausgaben für das süd- westafrikanishe Schußgebiet bereitgestellten Fonds von zwei Millionen Mark erlassen, die folgendes bestimmt:

8 1. Aus dem in der zweiten Ergänzung zum Haushaltsetat der Schuggebiete auf das Nechnungsjahr 1904 unter Kap. 1 Tit. 14 der Ausgaben für das \südwestafrikanische Schußgebiet bereitgestellten Fonds von zwei Millionen Mark können Darlehen an Geschädigte sowie Hilfelejstungen an Bedürftigte aus Anlaß der Verluste infolge des Eingeborenenaufstandes zugebilligt werdea. Hilfeleistungen an Be- dürftige erfolgen ohne die Auflage der Nückerstattung. Darlehen können unverzinslich gewährt werden.

8 2. Berücksichtigt können alle diejenigen in Deutsch-Südwest- afrila ansässigen Personen und Gesellschaften werden, welhe nicht nachgewiesenermaßen beim Aufstande- eine der Landesregierung un- freundlihe Haltung angenommen oder den Aufstand dur eigen- mächtige und geseßwidrige Handlungen mitvershuldet haben. In- wieweit Ausländer zu berücksichtigen find, bleibt der Entscheidung des Reichskanzlers (Auswärtiges Amt, Kolonialabteilung) vorbehalten.

8 3. Darlehen und Hilfeleistungen sind arundsäblich nur solchen Geschädigten zu gewähren, welche sich möglichst unter entsprechender Sicherheitsleistung zum Wiederaufbau ihrer Anwesen und zur Me epund ihres Wirtschaftsbetriebes im Schußzgebiete verpflichten.

usnahmen -von diefem Grundsaße können jedo zugelassen werden, wenn nach Lage der Verhältnisse die Weitersührung des Betriebs aus persönlichen oder sachlihen Gründen als unmöglich anerkannt wird. In einèm solchen Falle kann die Abtretung des ÄAnwesens an den Landesfiskus zur Bedingung gemacht werden.

§ 4. Bei Personen und Gesellshaften mit einem Landbesiß von mehr als 10000 ha fann die Gewährung von Darlehen oder Hilfe- leistungen davon abhängig gemacht werden, daß ein Teil des nicht bewirtschafteten Lanvpbesißes dem südwestafrikanishen Landesfiskus als Gegenleistung zu Eigentum überwiesen wird. Gesellschaften sollen, sofern sie kapitalkräftig sind, nur Darlehen gewährt werden.

8& 5. Bei Bemessung der Darlehen und Hilfeleistungen darf

über den unmittelbaren Schaden an beweglihem und unbeweglihem i

Eigentum nicht hinausgegangen werden. Die durch Versicherung go, deckten Verluste, entgangener Gewinn und sonstiger ien du Schaden bleiben außer Betracht.

6. Die Darlehen und Hilfeleistungen können in Geld- oder Naturalleistungen bestehen. Bei Tierverlusten werden Darlehen und Hilfeleistungen nur insoweit gewährt, als der Verlust niht dur das den Eingeborenen abgenommene Vieh gedeckt werden kann. Für saw, und zweckmäßige Verwendung der Darlehen und Hilfeleistungen sind Vorkehrungen zu treffen.

__§ 7. Die Bemessung der Darlehen und Hilfeleistungen liegt einer Kommission ob, welche aus fünf Mitgliedern besteht, und deren Vorsiß der Oberrichter in Windhuk führt. Dieser ernennt die übrigen vier Mitglieder in der Weise, daß sie aus einem Beamten und drei Nichtbeamten bestehen.

8. Die Kommission erläßt in der Deutsh-Südwestafrikanischen Zeitung sowie durch Anschlag an den Amtsstellen des Schußgebiets und in sonst geeigneter Weise an alle Velen en, welche durh Hand- lungen der Aufständishen unmittelbaren Schaden an beweglichem oder unbeweglihem Eigentum erlitten haben und ein Darlehen oder eine Hilfeleistung wünschen, unter Androhung der Nichtberücksihtigung die Aufforderung, den Schaden sowie Art und Höhe des gewünschten Darlehens oder der gewünschten Hilfeleistung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt anzumelden.

§ 9. Den erlittenen Schaden und das erbetene Darlehen oder die erbetene Hilfeleistung haben die Geschädigten \chriftlich bei der Kommission durch Ausfüllung des für diesen Zweck bestimmten, dur die Polizeistationen zu beziehenden Formulars anzumelden. Die Höhe des angemeldeten Schadens ist durch Belege (Versicherungsverträge, Fakturen und andere Urkunden) und nötigenfalls auch durch Benennung von Zeugen darzutun.

S 10. Die Kommission kann {hon vor Abscchluß der Er- mittelungen auf die später zu gewährenden Darlehen oder Hilfe- leistungen einen Vorschuß gewähren, wenn der Geschädigte ohne einen solchen niht in der Lage ist, die Wiederherstellung des zerstörten oder beschädigten Wirtschaftsbetriebs in Angriff zu nehmen. Die Vor- chüsse dürfen insgesamt den Betrag von einer Million Mark nitt übersteigen. : |

& 11. Die Beschlüsse der Kommission werden nach Stimmen- mehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Zur Beschlußfassung müssen mindestens drei Mitglieder darunter ein Beamter anwesend sein. Die Kommission hat das Necht, die Geschädigten vorzuladen, die Behörden sfelbständig zu requirieren, Zeugen eidlih zu vernehmen oder vernehmen zu lassen, eidesstattliche Versiherungen abzunehmen oder abnehmen zu laßen, auch präklusive Fristen für Anmeldung und Begründung der Anträge zu bestimmen.

§ 12. Gegen die Entscheidungen der Kommission werden keinerlei Rechtsmittel zugelassen. Die Entscheidungen sind nebst kurzer Angabe der Gntscheidungs8gründe den Geschädigten mitzuteilen. Ein Nechts- anspruch wird auch durch Mitteilung der Entscheidung der Kommission nicht begründet.

Oefterreich-Ungarn.

Im ungarischen Abgeordnetenhause erhob der Minister- präsfident Graf Tis8za gestern Einspruch gegen einen von Polonyi eingebrahten Beschlußantrag, das Haus möge den Erzherzog Franz Ferdinand aus Anlaß der Geburt seines zweiten Sohnes beglück- wünshen. Graf Tisza führte, „W. T. B.“ zufolge, aus, der Antrag. sei ein * vergebliher Versuch, Unannehmlichkeiten zu bereiten. Es widersprehe der dem Thronfolger geschuldeten Ghrfurcht, ein freudiges Ereignis in dessen Familie für die Dare p auszunußen? Freudige Ereignisse im Hause des Thron- olgers fänden in der Seele eines jeden Ungarn ihren Widerhall, aber infolge der eigenen Entschließung des Thronfolgers und auf Grund des Geseßzes würden seine Kinder niht als Mitglieder des Herrscher- hauses betrachtet, und das Haus könne deshalb seinen Empfindungen niht in solcher Form Ausdruck geben, wte den Mitgliedern des Herrscherhauses gegenüber.

Frankreich.

In der Deputiertenkammer stellte Ferrette (Nationalist) eine Interpellation über die Maßnahmen in Aussicht, die die Regierung in bezug auf Lagrave zu ergreifen gedenke. Das Haus ging zur Beratung des Militärgesetßes über.

Die Kommission zur Untersuhung der Kartäuser- angelegen heit verhörte, wie „W. T. B.* meldet, gestern Ed gard Combes, der ausfagte, Lagrave habe ihm im Dezember 1902 mit- geteilt, die Kartäujer seien geneigt, um die Genehmigung für ihre Brdensniederlassung zu erhalten, dem Ministerpräsfidenten zwei Millionen zu zahlen. Er Edgard Combes habe erwidert, er freue sih, daß diese Mitteilung nit dem Ministerpräsidenten ge- macht worden sei, denn die Person, die sie gemacht hätte, würde, wenn fie durch die Tür in das Zimmer des Ministerpräsidenten ge- fommen wäre, zum Fenster wieder hinausgeflogen fein. Edgard Combes fügte hinzu, es habe sich nicht um einen Bestehungsversuch gehandelt, sondern um eine Mitteilung, die ein Beamter dem andern machte. Hierauf wurde der französishe Kommissar bei der Weltaus- stellung in St. Louis Michel Lagrave, der gestern in Paris ein- etroffen war, vernommen. Dieser machte dieselbe Aussage wie Edgard Tombes, und fügte hinzu, nah seiner Ansicht habe in der Mitteilung auch nicht die Spur eines Bestehungsversuchs gelegen. Hierauf ge- langte ein Brief zur Verlesung, den Lagrave von New York aus an Millerand gerihtet hat und in dem er auf telegraphi}|chen Befehl des Handel8ministers Trouillot meldet, daß die Person, die mitgeteilt habe, daß die Kartäuser bereit seien, zwei Millionen anzubieten, Chabert gewesen sei. Lagrave erklärte dann, Chabert habe nicht gesagt, daß er beauftragt sei, Verhandlungen anzuknüpfen. Es habe zwischen ihm und Chabert nur eine Unterhaltung stattgefunden, und er habe es für seine Pflicht gehalten, den Inhalt dieser Unterredung. Edgard Combes, dem Generalsekretär des Ministeriums des Innern, mit- zuteilen. Er habe Millerand gebeten, Edgard Combes zu veranlassen, daß die Agence Havas eine Note veröffentlihe, in der Aufklärung über die Angelegenheit gegeben werde.

Nukßland.

Wie der General Kuropatkin - unter dem: 15. d. M. meldet, wurden auf russisher Seite im Kampfe bei Wafangou am 14. Juni 24 Offiziere und 311 Mann getötet oder verwundet, und zwar verlor das 1. Schüßen- regiment 12 Offiziere und 200 Mann und die 1. Artillerie- brigade 6. Offiziere und 50 Mann. Die Nacht auf den 15. Juni verlief ruhig. Gegen 2 Uhr Morgens hatte die Vorpostenkette auf dem rechten russishen Flügel ein kurzes Scharmüßel. Um 51/5 Uhr Morgens begann auf dem linken russishen Flügel eine Kanonade. Schon früher, gegen 5 Uhr Morgens, bemerkte die Kavallerie auf dem rechten Flügel be- deutende feindliche Streitkräfte südlich von Tafanschin. Die japanische Jnfanterie eröffnete das Feuer auf die russische Kavallerie, die sich auf den Höhen zwischen Tafanschin und Lunkoo befand. Der Feind stand an einem Waldrande, etwa 2 Werst von diesen Höhen entfernt. Gegen 61/4 Uhr Morgens machte der Gegner in einer Stärke von etwa einem Regiment Jnfanterie mit Artillerie aus diesem Walde einen Vorstoß zwischen Tafanshin und Lunkoo. Jnzwishen war die Kanonade auf dem linken russishen Flügel lebhafter ge- worden. Um 61/5 Uhr ging General Baron Stackelberg mit einem Teil seiner Streitkräfte unter Umgehung des rechten feindlihen Flügels in der Richtung auf F abinivaten und Gouin Einen anderen Teil seiner

zum Angriff vor.

] fischen Flügel etwa eine Briga

M die hierzu

S verursahte. D F verwaltung, erschoß sih nah dem Anschlag. An dem General- S qouverneur is sofort eine Operation vorgenommen worden. E Obwohl sie scheinbar günstig verlief, ist der Generalgou- M verneur in der Nacht seinen Verleßungen erlegen.

N miao erhielt Verstärkungen.

en schickte er gegen die Front des Gegners. Gegen urs Morgens entwickelte der A gegen den reien ( e Jnfanterie mit einer

Batterie und Kavallerie und machte nah Zurückdrängung der

russischen Kavallerieabteilung den Versuh, über Lunkoo den

reten dies seine Japaner,

[lügel der russischen Stellung zu umgehen. Um a, 4 A Baron Siatelbera um 1/511 Uhr eserve von Ssissan vor. Die gesamte Streitmacht der die inzwishen bedeutende Verstärkungen heran-

Î gezogen hatten, betrug um diese Zeit mehr als drei Divisionen.

Nach einer weiteren Meldung Kuropatkins hat General

Yaron Stackelberg gestern um 1 Uhr 20 Minuten Nachts

olgendes Telegramm gesandt: Am 15. Juni beabsichtigte ih E rechten Flügel des Gegners anzugreifen. Während bestimmten Truppen den rechten feind- lichen Flügel erfolgreich zu bedrängen begannen, griffen die Japaner ihrerseits meinen rehten Flügel mit überlegenen Streitkräften an. Jh wurde gezwungen, meine ganze Reserve vorzuschieben, sie erwies sih aber als ungenügend.

E Ah sah mich genötigt, auf drei Wegen in der Richtung M nah Norden zurückzugehen. Die Verluste sind groß, Ï aber noch nicht genau bekannt. Jm Laufe des Kampfes

wurden die dritte und vierte Batterie der ersten Artillerie-

| hrigade von den Geschossen der Japaner buchstäblich über-

shüttet. Von 16 Geschüßen wurden 13 völlig unbrauchbar gemacht und aufgegeben. Die Haltung der Truppen war vor-

/ trefflih. Viele Truppenteile zogen sih erst auf wiederholten D Befehl zurü,

Wie die „Russishe Telegraphenagentur“ meldet, sei, um

E cinen Teil der feindlichen Streitkräfte von Port Arthur abzu- E zichen, eine russische Kolonne von Taschitshiao na M Süden vorgeschickt worden.- . Sie habe am 14. und

15, d. M. bei Wafangou mit überlegenen japanischen Streit-

1 kräften zu kämpfen gehabt, wobei die Japaner sehr große

Verluste crlitten hätten. Das Ergebnis des Kampfes sei eine

M Besserung der russischen Stellung.

Auf den Generalgouverneur Bobrikow wurde

N estern vormittag, als er das Senatsgebäude in Helsingfors M verließ, ein Revolveranschlag verübt. N gouverneur wurde von zwei Kugeln getroffen, deren eine

Der General-

in den Unterleib drang und eine s{hwere Verwundung Der Täter, ein Beamter der Generalunterrichts-

Der „Russishen Telegraphenagentur“ wird aus Bijsk

Ÿ (Sibirien) gemeldet, daß unter den Mongolen des Altai- M gebirges S gerufen sei, S Gottes Airot erwarteten, S freien und ihnen helfen solle, ein unabhängiges Königreich E zu gründen. Die Mongolen sammelten sih zu Tausenden unter M Führung von drei Unbekannten, die sich für Apostel des

Erregung

herrsche, die daß sie

demnächst der ste

dadurh hervor- das Erscheinen ihres vom Fremdenjohe be-

yottes Airot ausgaben und sih zu ihren Zwecken allerhand

Hilfsmittel, wie elektrisher Apparate usw. bedienten, um auf

die unwissende Menge wirksamen Einfluß zu üben. Rumänien.

Wie „W. T. B.“ aus Bukarest meldet, sind dort der deutsche Generalkonsul in Konstantinopel, Geheimer Legationsrat

M Stemrich sowie die Geheimen Räte Wolfram und Blau, die N beauftragt sind, gemeinsam mit dem deutschen Konsul in Bukarest D Kiliani wegen des Abschlusses eines deutsch-rumänischen M Handelsvertrages

Ï rumänischen Regierung sind als Vertragsunterhändler designiert : E der Direktor der Nationalbank, Senator Carp, der Deputierte i Constantin Bratiano, der Präsident der Handelskammer Assan,

zu verhandeln, eingetroffen. Seitens der

der ehemalige Generalsekretär im Handelsministerium Baico- jano und der Direktor für die Konsularangelegenheiten im

F Ministerium des Aeußern Burghele.

Asien.

Der kontmandierende General der japanischen

Armee auf der Halbinsel Liautung berichtet amtlih nah Tokio folgendes: Am 14. Juni rückte die japanishe Hauptmacht in zwei Kolonnen nordwärts vor an der Eisenbahn entlang und vertrieb den Feind aus der Gegend östlih von Wafandian. Um 5 Uhr Nachmittags hielt der Feind an der Linie Lungwangmiao-Tafangschen Stand. Beim Ein- bruch der Naht nahmen die Japaner nah zweistündiger Kanonade die Linie Pangchiatou-Yuhotou. Eine zweite Kolonne, die den rechten Flügel des Feindes bedrohen und die Flanfe und den Nücken der Japaner deken sollte, marschierte östlich von Futshau und rückte auf der Linie von Tengchiakau nah Nachialing vor. Der Feind in der Nähe von Lungwang- Am 15. d. M. besetzten die Russen, die in Stärke von 21/4 Divisionen nahe Telissu standen, eine Stellung zwishen Tafangshau und Chengtsuchan. Die Japaner eröffneten bei Morgendämmerung den Angriff. Jhre Hauptmacht ging längs der Eisenbahn vor, eine weitere Kolonne avancierte von Tsuchiatu aus. Um 9 Uhr Morgens traf die den linken Flügel bildende Kolonne von Tunglungkau ein und Mittags die Kavallerie von

F Chachiatong. Der Feind war so in der Nähe von Telissu M eingeschlossen. Er wurde nach einem heftigen Gefeht um 3 Uhr

Nachmittags shließlich geworfen und zog sih nah Norden

R zurück. Die japanischen Verluste werden, soweit bekannt,

auf weniger als 1000 Mann geschäßt. Die Japaner erb eu- teten russishe Fahnen und vierzehn Schnellfeuer- geschüße und na gegen 300 Mann gefangen, darunter den Kommandeur des 4. Scharfshüßenregiments. Ueber

Tote und Verwundete licß der Feind auf dem Schlacht- eld zurü. Japanische Patrouillen sahen, wie der Feind in diesem Gefeht unter japanischer Flagge marschierte. Die japanische Artillerie wurde dadurch irregeführt und stellte zeit- weise das Feuer ein.

Amr

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sißungen des Rei h s- lags und des Sis der Vbacordneten befinden sich n der Ersten und Zweiten Beilage.

,— Das Haus der Abgeordneten wiederholte in der geutigen (84) Sizung zunächst die Abstimmung über die n E der Abgg. Dr. von Quistorp und Meyer-Diepholz um Entwurf eines Wildschongeseßes, die gene u arau

handschriftu vorlagen, nahm sie an und genehmigte : Jauch den Geseßentwurf im ganzen.

Alsdann folgte die Beratung des Antrages des Abg.

Dr. Grafen Douglas (fr. kons.): die Königliche Staatsregierung zu ersuhen, Sorge zu tragen, daß den Mannschaften der Landarmee und der Marine das Militärgesangbuch bei ihrem Eintritt als Eigentum über-

geben wird. : Abg. Dr. Graf Douglas: Das evangelis{chc sowohl wie das jungen Mannschaft etwa beim

fatholishe Militärgesangbuh der Cann} Fahneneid in die Add i geben, bedeutet: alljährlih etwa 4 Million

treffliher Andachtöbücher unter Bedingungen ins Volk zu bringen, wie

fie ähnli günstig sonst nie geboten werden, und damit einen breiten

Strom unberehenbaren Segens in die weitesten Kreise zu leiten.

Dazu stände ein jährlicher Aufwand von 30 000 (4 in gar keinem

Verhältnis. Wünschenswert wäre nur, daß in Zukunft die beiden

Gesangbücher mehr als bisher mit gemeinsamen Liedern ausgestattet

würden; denn besonders bei Sieges- und Kriegervereinsfeiern wird es

oft aufs s{chmerzlichste empfunden, daß der Feststimmung nicht

durh ein gemeinsames Lied Ausdruck gegeben werden kann. Es

ist unser alter Erbfehler, der uns in diesen befremdlichen

Widerspruh hineinführt: geistige Rechthaberei und Freude

am Kampf, Neigung zur Spaltung und zum Partikularismus und Un-

duldsamkeit gegen Andersgläubige: Eigenschaften, die naturgemäß ein

starkes Mißtrauen hervorrufen. Dadurh werden dogmatishe Unter-

\chiede erst verhängnisvoll. Unsere subjektive persönliche Ueberzeugung

soll uns nit zum Proselytismus treiben; jede Konfession möge viel-

mehr bei ihren Mitgliedern eine wahrhafte christlihe Gesinnung er-

wecken und yvertiefen. Wie innerhalb der protestantischen Kirche die

früher \o \charf hervortretenden Gegensäße gegenüber der einigenden

Grundlage mehr und mehr zurückgetreten sind, so könnte sh ein ent-

\prechendes Verhältnis bet den beiden großen Konfessionen heraus-

bilden. Die Erörterung über das Dogma gehört nit vor das Forum

von Versammlungen, in“ denen oft genug diejenigen die Oberhand ge-

winnen, die den Sinn für jede MNeligion und jede Autorität untergraben möchten. Wie sehr ein unberetigtes Mißtrauen ein

Zusammengehen hemmt, beweist die Tatsache, daß der von

mir ins Leben gerufene Trostbund an den Bedenken vieler Freunde gegen ein Zusammengehen gescheitert ist. Gr trat dann als ein evangelisher Trostbund ins Leben, um als folcher die wärmste An- erkennung gerade au katholisher Kreise zu erfahren. Grfreulich find die vers\öhnenden Worte des Erzbischofs Fisher an seine Diözesanen, seine Bestrebungen zur Einführung des deutschen Gesanges im fatho- lischen Kultus, besonders aber die Bildung chriftliher Arbeitervereine. Wohl werden immer Gezensäße vorhanden bleiben, die zum Kampfe führen; aber ein Kampf mit ehrlichen Waffen soll es sein. Es ist gemeinsam entgegenzutreten so manchem unberechtigten, aus dem Empfinden einer früheren Zeit herstammenden Vorurteile, wie dem gegen eine gemeinsame KBenußzung - der Gotteshäuser und Gottesäcker. Konfessionelle Differenzen sollten von den Gläu- bigen als eine häuslihe Angelegenheit gegenüber dem Un- glauben betrahtet und im Geiste der christlihen Liebe hbe- handelt werden. Es wird nicht {chwer halten zu zeigen, daß Frieden in der Christenheit auf allen Gebieten Segen stiften wird. Die Dis- harmonie muß wehr und mehr einer Harmonie unter den durch die Grundlage des Glaubens miteinander Verbundenen weihen. Ein \olches Vorbild wird unausbleiblich auf unsere Stellung unter den Nationen wie auf die Beziehungen dieser untereinander segensreich wirken.

Abg. Dr. Dittrich (Zentr.): Namens meiner Freunde erkläre i, daß wir der Annahme des Antrags nicht abgeneigt sind. Das Gesangbuh wird in dem Soldaten die Erinnerung an seine Diensft- zeit wah erbalten. Die weiteren Ausführungen, die der Antrag- steller an seinen Antrag knüpfte, haben uns \ympathisch berührt; wir danken ihm für die s{chônen Worte, die er niht nur an dieses Haus, sondern an das ganze Land gerichtet hat. Es waren Worte des Friedens. Wir find davon überzeugt, daß die Uebertragung der religiösen Kämpfe auf andere Gebiete, namentlih auf das soziale Gebtet, großes Unheil anrichtet. Ich habe mi oft gefragt, wie wir, die wir demfelben Volke, demselben Vaterlande angehören , dieselbe Muttersprache sprechen, uns fo wenig verstehen können. Falshe Vorurteile, irrige Auf- fassungen breiten sich aus. Es fällt uns nicht ein, Andersgläubigen die Seligkeit abzusprehen. Es war bedeutungs8voll, daß \folhe Worte des Friedens, wie sie Graf Douglas spra, gerade von diefer Stelle in das Land hinausgegangen sind, und wir versprechen uns auch Erfolg davon. Hoffentlich wird diese edle und {chöne Mahnung des Grafen Douglas Erfolg haben. Wir haben doch so viele gemeinsame Gebiete, auf denen wir zum Woble des Vaterlandes zusammenarbeiten können.

Abg. von Bodelshwingh (b. k. P., auf der Tribüne sehr {wer verständlih) weist darauf hin, daß jedes Opfer für unsere braven Soldaten niht zu teuer erkauft sei. Wie sehr eine solche Gabe an die Soldaten erwünscht sei, habe er selbst erfahren, als er vor 42 Jahren in Berlin gedient und die Verführungen der Groß;stadt kennen gelernt habe. Man sollte ein solches Gesangbuh recht Hübsch und nett ausstatten; vielleicht fönnte man ein \{dônes Bildchen mit unserem Heilande vorn anbringen, das habe schon oft unsere Soldaten in der Todesstunde getröstet. Dann könnte ein Zeugnis darin stehen zur Erinnerung an die ehrenvolle, ohne Strafe verlebte Dienstzeit. Das fei für das ganze Leben ein {önes Zeugnis. Auch dem konfessionellen Frieden würde ein solches Gesangbuch sehr förderlih sein. Man sollte es fertig bringen, ein Einheitsgebet beiden Konfessionen zugänglih zu machen. Gerade die Armee sollte ein Vorbild für andere Kreise scin. Die Soldaten seien der Ewigkeit, namentlih im Kriege, besonders nahe; aber au) für den Frieden sollte jede Scheidewand zwischen den Kon- fessionen beseitigt werden. Diesen Sinn der Ewigkeit wollen wir gern in den Soldaten erziehen, liebe Herren so nenne ih Sie alle miteinander. Getrennt marschieren, aber vereint s{lagen, das soll unsere Parole sein. Amen. °

Abg. Freiherr von Willisen (konf.): Wir erwarten von der Annahme des Antrags niht nur Segen für die Armee, sondern für die weitesten Kreise des Volks. Der Segen dieses Antrags für die jungen Leute wird nit ausbleiben, und die Grinnerung an die Dienst- zeit wird in ihnen lebendig bleiben. E j

Abg. Freiherr von Zedlig und Neukirch (freikons.): Das Wichtigste an dem Antrag ist der Geist der Duldung, der aus ihm \priht. Der Antrag betont die Gemeinsamkeit unseres ganzen deutshen Bolkes. Wenn wir den Antrag annehmen, tun wir ein Werk der gemeinsamen christlien Liebe i i y Abz. Dr. Friedberg (nl.): Meine Freunde werden für den Antrag stimmen. Die Ueberlassung des Gesangbuhs wird dazu hei- tragen, die Erinnerung an die Dienstzeit zu bewahren, und ein Er- ziehungsmittel sein. Die Folgerungen in Ansehung des konfessionellen Friedens müssen wir jedem Einzelnen über’assen; uns kommt es lediglih auf eine {chöne Erinnerung für den Soldaten an.

Abg. von Schubert (b. k. P.) schildert aus seiner Dienstlauf- bahn den Wert des gemeinsam gesungenen Liedes in den Krieger- vereinen.

Abg. Fischbeck (fr. Volksp.): Einzelne meiner Freunde werden auch für den Antrag stimmen, wenn sie sh auch nicht die Motive der Nechten dafür aneignen. Will man den konfessionellen Frieden wahren, so kann dies in anderer Weise besser ges{hehen als dur fol: Anträge. Sorgen Sie nur überall, wo Sie CGinfluß haben, dafür, Mittel und Wege zu schaffen, um den konfessionellen Frieden zu fördern. In Liegniß hat der Direktor der landwirtshaftlihen Schule die Stirn gehabt, an die Eltern der Schüler ein Nundschreiben zu erlaffen, in dem er sie darauf aufmerksam machte, daß der Pfarrer, der den Konfirmationsunterriht erteile, der liberalen Richtung an- gehöre. Was soll das bedeuten, wenn {on in die Kinder- herzen die Anschauung hineingesät wird, dieser Geistliche sei niht der rihtige, man solle niht von gewissen Geistlichen konfirmieren lassen, weil sie liberal seien, sondern nur von einem Strenggläubigen! Den konfessionellen Frieden würde man fördern, wenn man solche Zeloten in ihre Schranten zurückweist. ;

Geheimer Oberregierungsrat von Chappuis: Mein Herr Chef, . der Herr Kultusminister, ist dur eine Dienstreise zu

seinem Bedauern verhindert, der heutigen PAO bei- zuwohnen. Da der Antrag ein Junitiativantrag ist, so war mein Chef noch niht in der Lage, eine bestimmte Stellung dazu einzunehmen. Nah den geltenden Grundsäßen wird der Antrag im Ministerium erst beraten, wenn ein Beschluß des Hauses vorliegt. Die Kommissare werden aber dem Minister Bericht erstatten, und ih persönli bin überzeugt, daß sowohl das Staats-. ministerium wie besonders mein Herr Chef den dankenswerten An- regungen und Wünschen, die hier geäußert sind, sympathisch gegenüber- steht und nah Möglichkeit bereit sein wird, die Wünsche zu fördern. Möge der ideale Geist, der von den verschiedensten Seiten kundgegeben worden ist, zum Segen unseres Volkes gereichen!

Damit schließt die Diskussion. Der Antrag wird mit großer Mehrheit angenommen.

(Schluß des Blattes.)

Nr. 24 der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 15. Juni hat folgenden Inhalt : Gesundheitsstand und Gang dec Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Desgl. gegen Pest und Cholera. Desgl. gegen Cholera. Desgl. gegen Pocken. Geseyßzgebung usw. (Deutsches Neich). Sehvermögen 2c. der Seeleute. Schlacht- vieh- und Fleishbeschau. Prüfungsordnung für Apotheker. (Deutsch-Neu-Guinea ) Getragene Stoffe 2c. (Preußen.) Schaf- räude. Oelpräparate. Untersuchungsämter für ansteckende Krank- heiten. (MNeg.-Bez. Gumbinnen.) Gast- und Handelss\telle. (Neg.-Bez. Stettin.) Milchhandel. (Kgr. Sachsen) Tetanus- ferum und Notlaufserum. (Sachsen-Weimar.) Desgl. (Olven- burg.) Desgl. (Braunschweig.) Desgl. (Sachsen-Altenburg.) Desgl. (Anhalt.) Desgl. (Schwarzburg - Sondershausen.) Desgl. (Neuß ä. L) Desgl. (Neuß i. L) Desgl. (Schaumburg - Lippe.) Desgl. (Lippe.) Desgl. (Clsaß- Lothringen.) Desgl. (Sachsen - Weimar.) Gemeingefährliche Krankheiten. (Elsaß-Lothringen). Typhus. (Serbien). Einfuhr- waren. (Sansibar). Verfälshung von Erzeugnissen. (Vereinigte Staaten von Amerika. Wyoming). Nahrungsmittel. Gang der Tierseuchen in Großbritannien, 1. Vierteljahr 1904. Zeitweilige Maßregeln gegen Tierseuchen. (Anhalt, Tunis). Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften, Vereinen, Kongressen usw. (Deutsches Neich). XXXI1I. Deulscher Aerztetag. Vermischtes. (Hamburg). Sielkläranlage. (Italien). Infektionskrankheiten, 1903. (Belzien). Nahrungsmittel, 1903. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. S N in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgleichen in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Beilage: Gerichtliche Entscheidungen auf dem Gebiete der öffentlihen Gesundheitspflege (Anderes Heil- und Wärterpersonal).

Kunft und Wissenschaft.

Die philosophisch - historische Klasse der“ Königlichen Akademie der Wissenschaften hielt am -9. Juni unter dem Vorsitz ihres Sekretärs Herrn Vahlen eine S'tuxg, in der zunächst Herr Roethe über ein neues Fragment des mittlelniederländischen Renout van Montalbaen berichtete. Das in Güns (Ungarn) vom Stadtarchivar Auguszt gefundene Bruchstück is dadur besonders interessant, daß es auf einen ältern Textzustand mit weit unreineren Reimen zurückführt als die bisher befannten Fragmente des mittel- niederländishen Epos. Derselbe legte ferner Beobachtungen über regelmäßigen Sinneseinschnitt in mittelhochdeutschen lyrishen Strophen vor. Sehr viele mittelhohdeutshe Strophen zeigen auch außer den durh die Stollenschlüsse gebotenen Absägen das Gesey oder doch die Neigung, gewisse Stellen durch Saßschluß auszuzeihnen. Dieser feste Sagschluß, aus dem sich für Kritik, Interpretation und syn- taktishe Gliederung Gewinn ziehen läßt, wird auf musikalische Gründe zurückgeführt. Herr Conze legte den Jahresbericht über die Tätigkeit des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts im Rechnungsjahre 1903 vor; Herr Dilthey überreihte von Kants Gesammelten Schriften Band 111. Erste Abteilung : Werke. Dritter Band, Berlin 1902, und Herr .W. Schulze legte cin Exemplar seines eben vollendeten Werkes: Zur Geschichte lateinischer Eigen» namen. Berlin 1904, vor. E

In der an demselben Tage unter dem S ihres Sekretärs Herrn Waldeyer abgehaltenen Sißung der phystkalisch-mathe- matishen Klasse las Herr Helmert über die „Ableitung der Formel von C. F. Gauß für den mittleren Beobachtungsfehler und ihrer Genauigkeit“. Diese Ableitung wird einfacher, wenn anstatt der unmittelbar auftretenden Unbekannten andere eingeführt werden, die sch durch die reduzierten Normalgleihungen im Anschluß an die Theorie der äquivalenten Beobachtungen ergeben. Derselbe legte eine Uebersichtékarte der Breiten- und Azimut- stationen in Europa und Nordafrika vor, die für die diesjährigen Verhandlungen der Internationalen Erdmessung in Kopenhagen im Geodätishen Institut unter Leitung von dem Geheimrat Albrecht durch den Geometer Förster bearbeitet worden ist. Während die Karte von 1892 (Verh. in Brüssel) nur 380 Stationen aufwics, zeigt die neue Karte 1081 Stationen, auf denen die geographische Breite oder . das Azimut oder auch beides gemessen ift. In einigen Flächenstücken sowie auf einigen meridionalen Linien treten die Stationen dicht zusammen: hier sind Spezialuntersuhungen über die Figur der Erde ausgeführt (u. a. in der Schweiz, in der Umgebung von Moskau, im zcntralen Teile des preußischen Staates und au? den Meridianen des Brockens und der Schneekoppe). Herr F. E. Schulze legte Beiträge zur Kenntnis des Vacctneerregers von Dr. med. John Siegel vor. Der Verfasser verfolgt die von Guarnieri in der Hornhaut mit Pockenlymphe geimpfter Kaninchen ge{undenen K örperhen, welhe Cytoryctes variolae benannt und fast allgemein als die wahr- \{einlihen Erreger der Vaccine angesehen werden, in den inneren Organen der mit Pcckenlymphe geimpften Kanirchen. Unter Be- nußung bisher bei diefen Untersuchungen noh nicht zur Anwendung gebrahter Färbungsmethoden findet er in den inneren Vrganen, be sonders in den Nieren, Gebilde, die als Sporen von Sporozoen in verschiedenen Entwickelungszuständen und als Cysten mit Dauersporen gedeutet werden. Lettere sind identisch mit den von Guarnieri in der Cornea gesehenen Körperchen.

Bautoesen.

Das Preisaus\chreiben für den besten Entwurf eines Handelshohschulgebäudes, das von den Aeltesten der Kauf- mannschaft von Berlin e ah iee gelangte in der gestrigen Sitzung des Preisgerihts zur Entscheidung. Der von der Berliner Architektenfirma Cremer u. Wolffen stein herrührende Entwurf mit dem Kennwort „Fugger“ wurde vom Preisgeriht als der beste

bezeichnet.

Land- und Forftwirtschaft. Saatenstand in den Niederlanden.

Der Kaiserliche Generalkonsul in Amsterdam berichtet unterm 10. d. M.: Die Aussaat der Sommeraewächfe fand im allge- meinen unter günstigen Bedingungen statt, doch wird namentlih in dex Provinz Utrecht darüber geklagt, daß der Saatacker zu feucht set, und daß besonders Hafer und Sommerweizen dünn ständen. Die Ursache hiervon soll die ungünstige Witterung während der Erntezeit im vergangenen Jahre sein, wodurch das Korn schimmelig geworden und die Keimkraft beeinträchtigt worden sei. |

Der Stand des Hafers auf Legmboden ist in Friesland sehr

gut; in Südholland, Gelderland, Seeland, Westlich Nordbrabant,