1883 / 230 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 01 Oct 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Bedingungen.

Die Werke der Bewerber sind dem ökonomischen Jnspektor der Akademie spätestens am 30. Juni 1884, Nachmittags 4 Uhr, zu überreichen. Entschuldigungen wegen Ueberschreitung dieser Frist werden niht angenommen. Die Akademie über- nimmt niht die Entnahme der an sie adressirten Werke von den Eisenbahn-Bureaux oder Zollämtern.

Jedes Werk ist mit einem Motto zu versehen und zuglei mit einem versiegelten Schreiben einzureihen, welches außer- halb dasselbe Motto trägt und innerhalb den Namen, Zunamen das Vaterland und den Wohnort des Urhebers enthält. Außer diesem Schreiben ist ihm eine Erläuterung beizufügen, welche den gewählten Gegenstand und die Quelle angiebt, welcher derselbe entnommen wurde, wenn fie nicht im Pro- gramme enthalten is, und jedenfalls den Gedanken des Autors erklärt, um durch Vergleich mit der Ausführung seine A5sihten erkennen zu können.

Die Akademie i} berechtigt, Werke, welhe aus künst- lerishen Gründen oder des gesellshaftlihen Anstands wegen dem Publitum niczt vorgestellt werden können, von der Be- werbung auszuschließen und zurückzuweisen.

Die Erläuterungen werden den Richtern mitgetheilt; die versiegelten Schreiben werden vom Sekretär verwahrt und nur diejenigen geöffnet, welche den des Preises würdig er- kannten Werken entsprehende Aufschriften tragen. Alle übri- gen werden zugleih mit den Werken sofort nach der auf die E folgenden öffentlihen Ausstellung zurüdck- gegeben.

Kein bei der Zustellung niht in gutem Zustande be- fundenes Werk wird angenommen. Die Rückgabe der nit gekrönten Werke geschieht durch den ökonomischen Jnspektor, welcher von den Autoren oder ihren Bevollmächtigten die von ihm bei der Ablieferung ausgestellten Quittungen zurück- empfängt. Wenn die nicht gekrönten Werke von den Autoren nicht innerhalb drei Monaten zurückgenommen werden, #o bürgt die Akademie nicht für ihre Erhaltung.

Den künstlerishen Werth der Werke beurtheilen außer- ordentliche Kommissionen mittels motivirter und unterzeichneter Gutachten und dies Urtheil unterliegt dann der endgültigen Genehmigung des akademischen Naths.

Alle zur Bewerbung eingesandten Werke werden in einer öffentlihen Ausstellung vorgezeigt, während welcher die Urtheile

efällt und die Preise zuerkannt werden. Die preisgekrönten

erke werden Eigenthum der Akademie und bei der Aus-

stellung durch einen Kranz und die Angabe des Namens und Vaterlandes des Autors kenntlih gemacht.

Ministerium des Jnnern.

Dem Landrath Freiherrn Riedesel zu Eisenbach ist das O Landrathsamt im Kreise Gelnhausen übertragen worden.

Justiz-Ministerium.

Der Rechtsanwalt Bent in Colberg ist zum Notar im Bezirk des Ober-Landesgerichts zu Stettin, mit Anweisung seines Wohnsißes in Colberg, ernannt worden.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Der Oberförster Roth zu Adelebsen in der Provinz Hannover is auf die durch Ernennung des Oberförsters Grafen Bethusy-Huc zum Forstmeister erledigte Oberförster- ages zu Entenpfuhl im Regierungsbezirk Coblenz verseßt worden.

Die Forst-Assessoren Hoffmann, Roos und Gieße sind zu Oberförstern ernannt.

Dem Oberförster Hoffmann ijt die durch Verseßung des Oberförsters Schulze erledigte Oberförsterstelle zu Gauleden im Regierungsbezirk Königsberg, dem Oberförster Roos die durch Verseßung des Oberförsters Krafft erledigte Oberförster- stelle Daun im Regierungsbezirk Trier und dem Oberförster

Gieße die durch Ernennung des Oberförsters Hellwig zum

Forstmeister erledigte Oberförsterstele zu Plietniy im Re- gierungsbezirk Marienwerder übertragen worden.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Es sind ernannt worden: der Berg-Assessor und bisherige Berg-FJFnspektor zu Saarbrücken, Dr. Busse zum Bergwerks- Direktor des Braunkohlenwerks am Habihtswald bei Cassel ; die Berg-Affsessoren F. Poeppinghaus zu Zabrze, Ban- niza zu Clausthal und Grumbrecht zu Saarbrücken zu Berg: ZJFnspektoren, der Berg-Afffessor Sympher zu Clausthal zum Hütten-Fnspektor, der Regierungs-Baumeister Hasel ow zum Bau-Jnspektor für den Verwaltungsbezirk des Ober- Sus zu Breslau, unter Anweisung seines Wohnsißes in

eiwiß.

Verseßt sind: der Bergwerks - Direktor Doerell von St. Andreasberg in gleicher Eigenschaft an die Berg-Jnspektion Silbernaal zu Grund, der Bau-Jnspektor Buchmann von Zabrze in gleiher Eigenschaft nah Schönebeck.

Dem Berg-Jnspektor Kreuschner auf Königsgrube in Oberschlesien ist der Charakter als Ober-Berg-Jn}pektor bei- gelegt worden.

Hauptverwaltung der Staatsschulden,

Der Kassen-Sekretär Ehrmann ist zum Geheimen expedirenden Sekretär und Kalkulator ernannt worden.

Angekommen: Se. Excellenz der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Fnnern, von Puttkamer,

Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der öffent- lichen Arbeiten, Mayba ch, i

Se. Excellenz der Staats-Minister, Staatssekretär des Jnnern, von Boetticher,

Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der T Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten, von

oßler,

Se. Excellenz der Staats- und Finanz - Minister von Scholz von Wiesbaden ; , :

Se. Excellenz der Kaiserliche Wirkliche Geheime Rath, Unter-Staatssekretär im Reichsamt +des Jnnern, Eck, aus Baden-Baden ;

Se. Excellenz der Hofmarschall, General-Lieutenant Graf

der Ministerial-Direktor im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, Wirkliche Geheime Ober:Regierungs-Rath de la Croix, aus der Schweiz.

Abgereist: der Unter:Staatssekretär im Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, Lucanus, nah der Schweiz.

von Perponcher von der Reise zu den Manövern des IV. und des XI, Armee-Corps ;

Nichtamtliches. Deutsches Reich

Preußen. Berlin, 1. Oktober. Se, Majestät der Kaiser und König trafen, von Wiesbaden kommend, am Sonnabend Mittag, kurz nah 12 Uhr, in Begleitung Zhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin sowie Jhrer Königlichen Hoheit der Prin- zessin Victoria und Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Sachsen-Weimar in Darmstadt ein, wurden von Sr. Kö- niglihen Hoheit dem Großherzog von Hessen und Höchstdessen Familie am Bahnhofe empfangen und durch die festlih ge- schmüdckten Straßen, unter jubelnden Zurufen der Bevölkerung, nah dem Slosse geleitet.

Nachmittags reisten Se. Majestät der Kaiser mit den Höchsten Gästen mittels Extrazuges nah Baden-Baden weiter, wo Allerhöchst- und Höchstdieselben um 41/5 Uhr eintrafen und von Jhren Königlichen Hoheiten dem Großherzog, der Groß- herzogin, dem Erbgroßherzog, dem Prinzen Ludwig Wilhelm- von Baden, der Herzogin von Hamilton und den Spigen der Behörden am Bahnhof empfangen wurden.

Die Allerhöchsten und. Höchsten Herrschaften begaben Sich alsbald, von dem zahlreihen Publikum enthusiastish begrüßt, zum Besuh zu JFhrer Majestät der Kaiserin und Königin.

Am Abend nahmen Se. Majestät der Kaiser und die anderen Fürstlihkeiten den Thee bei FJhrer Majestät der Kaiserin ein.

Anläßlich des gestrigen Geburtstagsfestes Jhrer Majestät der Kaiserin fand Vormittags 10/5 Uhr große Gratulations- cour statt, zu welcher die Kronprinzlihen Herrschaften, die Großherzoglih badishe Familie, der Großherzog von Sachsen- Weimar, die Herzogin von Hamilton, die Fürstin und der Erbprinz von Fürstenberg, sowie die Ober-Hof: und Hofchargen erschienen.

Mittags wohnten Jhre Majestäten mit den Fürstlichkeiten dem Gottesdienst im Großherzoglichen Schlosse bei. :

Nachmittags fand ein größeres Diner bei Jhrer Majestät der Kaiserin statt.

e Majestät die Kaiserin und Königin nahm gestern Vormittag die Glückwünshe Sr. Majestät des Kaisers und der in Baden vereinigten Königlichen Familie und sodann der Hosfstaaten entgegen. Später fand der Gottes- dienst in der Schloßkapelle statt, welhem Beide Majestäten, die Kronprinzlichen sowie die Großherzoglich badischen Herrschaften, der Großherzog von Sachsen und der Erbprinz von Hohen- zollern sowie die Umgebung L

Das Diner mit Umgebung. fand bei den Kaiserlichen Majestäten statt. -

Abends war die Kaiserliche Familie bei Jhrer Majestät zum Thee vereinigt.

Anläßlih des Geburtstages Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin war gestern eine große Anzahl von Gebäuden festlih beflaggt. Bei dem Gottesdienst wurde in allen Kirchen im Gebet Jhrer Majestät gedacht. Zu Ehren des Tages wurden die Vorstellungen Abends in den Theatern durch Prologe eingeleitet. Fn der Hygiene-Ausstel- lung fand ein großes Fest statt, dessen Ertrag zum Besten der Hinterbliebenen der bei dem Steglißer Eisenbahnunfall Verunglüdckten bestimmt ist.

Mit dem heutigen Tage haben bei der Krieg s- Akademie, der Vereinigten Artillerie- und Jnge- nieurshule und der Militär-Turn-Anstalt neue Kurse begonnen und sind zur Theilnahme an denselben Offiziere aller Truppengattungen kommandirt worden und hiex eingetroffen.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlih belgischen ofe, Wirklihe Geheime Rath Graf von Brandenburg ist vom Urlaube nach Brüssel zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschast wieder übernommen.

Der griechishe Gesandte Rhangabé begab sich am 29, v. M. für mehrere Wochen auf Urlaub. Während dessen Abwesenheit fungirt der Legations-Sekretär Duruttis als Geschäftsträger.

Zu einem 11 tägigen JFnformations-Kursus bei der Militär-Schieß-Schule is eine größere Anzahl von Stabsoffizieren gestern hier angekommen.

S. M. S. „Leipzig“, 12 Geschüße, Kommandant Korvetten-Kapitän Herbig, ist am 7. August cr. von Hakodate nah Wladiwostock in See gegangen.

S. M. Kanonenboote „Fltis“ und „Wolf“, je 4 Ge- \hüge, Kommandanten Korvetten-Kapitän Klausa resp. Ka- pitän-Lieutenant von Raven, sind am 16, August cr. in Shanghai eingetroffen.

Wiesbaden, 29. September. (W. T. B) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm is nah Steyermark abgereist, um einer Einladung Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen Rudolf von Desterreich zu den dort stattfindenden Jagden zu folgen. Der Commandeur der hessishen Division, General-Lieutenant Prinz Heinrich von Hessen, Hoheit, ist von Sr. Majestät dem Kaiser à la suite des Königs-Husaren-Regi- ments (1. Rheinischen) Nr. 7 gestellt worden.

Bayern. München, 29. September. (W. T. B. Jn der heutigen ersten Sißung des Landtages wurde na der Vereidigung der neugewählten Abgeordneten, und nahdem der Präsident dem verstorbenen Staatsrath Schloer einen warmen Nachruf gewidmet hatte, von dem Finanz-Minister von Riedel das Budget pro 1884/85 eingebraht. Einnahmen und Ausgaben balanciren mit dem Betrage von 234 143 613 M Unter den Mehrausgaben befinden sih 2334 965 # für Ver- zinsung und Tilgung der Staatsschuld, 968 000 /( für Zurück- zahlung des seinerzeitigen Reihszuschusses zur Einlösung des bayerischen Staatsgeldes, 140 000 f für den Neubzu des

-

. Landtagsgebäudes, 277 000 M für Teubauten in den Straf-

anstalten und 1 566 000 zur Aufbesserung der pragmatischen Beamtengehalte.

Sachsen. Dresden, 30. September. (W. T. B.) Der König ift heute Abend nah Wien abgereist.

Braunschweig. Braunschweig, 30. September. (W. T. B.) Der Rücktritt des Staats-Ministers Schulz sowie die Uebertragung des Vorsißes im Staats- Ministerium an den Wirklihen Geheimen Rath Grafen Görtß-Wrisberg werden heute in den „Braunschweigischen Anzeigen“ amtlih publizirt. Gleichzeitig ist der Ministerial- Rath Meyer zum Wirklihen Geheimen Rath und zum PEEIEEn Mitglied des Staats-Ministeriums ernannt worden.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 1. Oktober. (W. T. B.) Der König von Sachsen ist hier eingetroffen. Derselbe wurde auf dem Bahnhofe von dem Kaiser empfangen und nach Schönbrunn geleitet.

(W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Preußen ist heute Vormittag in Penzing eingetroffen und daselbst von Sr. Majestät dem Kaiser, in dessen Begleitung sich der Adjutant Frhr. von Mondel und Graf Wolkenstein befanden, empfangen worden. Ferner waren anwesend der deutshe Botschafter Prinz Reuß mit dem Personal der Botschaft, der Statthalter, der General:Konsul Wahlmann und die dem Prinzen zuge- theilten Offiziere. Der Kaiser trug die Uniform seines preu- ßishen Garde Regiments und begrüßte den Prinzen Wilhelm, welcher österreihische Majorsuniform trug, auf das Herz- lihste. Die am Bahnhof aufgestellte Ehren : Compagnie wurde von dem Erzherzog Johann kominandirt. Die Herr- schasten begaben sih alsdann nah Schönbrunn, wo der Prinz von dem Kronprinzen Rudolf begrüßt wurde. Nach dem Dejeuner erfolgte sogleih der Aufbruhch zur Jagd.

Pest, 29. September. (W. T. B.) Die Konferenz derx kroatishen Abgeordneten hat folgende Beshlüste ge- faßt, welche durch eine aus 5 Mitgliedern bestehende Deputation dem Minister-Präsidenten Tisza unterbreitet wurden: Entfernung des doppelsprahigen Wappenschildes, Wiederherstellung von Wappenschildern, welche blos mit kroatisher Umschrift ver- sehen sind, Sistirung des Königlihen Kommissariats, Herstel- lung der Konstitutions:Regierung, Einberufung des kroatischen Landtags und sofortige Verhandlung über das Ausgleichs- geseß durch beide Regierungen. Der Verhandlung über die Wappenjrage im gemeinsamen Reichstage werden die Kroaten nicht beiwohnen.

Belgien. Mecheln, 29. September. (W. T. B.) Der Erzbischof Kardinal Dechamps ist gestorben.

GroßFbritannien und Frland. London, 29. Sep- tember. (W. T. B.) Die „Pall Mall Gazette“ schreibt anläßlih der Einweihung des Niederwalddenkmals: das Uebergewicht Deutschlands sei eine gewaltige Zugabe in der Wagschale des Friedens. Wenn ein Krieg ausgebrochen, sei Deutschlands Einfluß stets im nteresse der Lokalisirung: desselben geltend gemacht worden. Falls die Politik Deutsch- lands künftig dieselbe bleibe, die fie bisher gewesen, werde ganz Europa Grund haben, sih zu freuen, wenn das Nieder- walddenkmal nicht blos die Wiederherstellung der deutschen Einheit, sondern die allgemeine Anerkennung der Hegemonie der deutshen Race von Seiten der übrigen Nationen des Kontinents verewigen sollte.

Frankreich. Paris, 29. September. (W. T. B.) Der König von Spanien ist heute Nachmittag 3 Uhr 40 Minuten hier eingetroffen und am Bahnhof von dem Präsidenten Grévy und den Ministern empfangen worden. Bei der Fahrt. des Königs aus dem Bahnhof machten sih einige Personen durh Schreien und Zischen bemerkbar und wurden meyrere Verhaftungen vorgenommen. König Alphons is in der spa- nischen Botschaft abgestiegen. Die Nachricht von der De- mission des Seinepräfekten bestätigt sih nicht.

Unter dem Vorsiß des Präsidenten Grévy trat heute Vormittag der Ministerrath zu einer Berathung zu- sammen, an welcher bis auf den durch Unwohlsein verhin- derten Kriegs-Minister Thibaudin alle Minister Theil nahmen. Der Marine-Minister machte Mittheilung von dem Stande der militärishen Operationen in Tongking, der Minister- Präsident Ferry und der Minister des Auswärtigen Challe- mel:Lacour berichteten über den Stand der Verhandlungen mit China. Der Ministerrath beschloß, die Kammern zum 23, Oftober einzuberufen. Gleichzeitig erging nah Toulon der Befehl zur Formirung von 3 Compagnien See- soldaten, von je 150 Mann, welhe nah Tongking ge- schickt werden sollen. /

30. September. (W. T. B.) Der König von Spanien wohnte heute Vormittag der Messe in der St. Clotilden-Kirche bei und wird heute Abend bei dem Prä- sidenten der Republik im Elyséepalast diniren. Die Jagd, welche heute bei Rambouillet stattfinden sollte, ist des {lehten Wetters wegen abgesagt worden und wird, wie es heißt, morgen stattfinden. Heute Mittag begab sich der König von Spanien mit seinem Vater nah Epinay, von wo ec um 5 Uhr zurückehrte. :

Der Präsident Grévy begab sih heute Nachmittag gegen 5 Uhr nach der spanishen Botschaft, um dem König Alphons einen Besuch abgestattet. Der Präsident hat, wie die „Agence Havas“ mittheilt, dem König Alphons im Namen Frankreichs seine Entshuldigungen gemacht wegen der gestrigen unfreundlihen Kundgebung, deren Urheber der König nit mit Frankreich selbst verwechseln dürfe. Gleichzeitig bat Prä- sident Grévy den König, daß er Frankrei einen neuen Beweis seiner Sympathie geben möge, indem er die Einladung zu dem für heute Abend im Elysée veranstalteten Bankett annehme, an welchem alle Mitglieder der Regierung theilnehmen wür- den, und bei welchem er Gelegenheit haben werde, die wahren Gefühle Frankreichs gegen ihn kennen zx lernen. Der König erwiderte: er sei, von den freundlihsten Gefühlen für Frankf- reih beseelt, nah Paris gekommen und wolle demselben einen neuen Beweis seiner Sympathie geben, indem er die an ihn

erihtete Einladung annehme. Der König hat sich darauf lbends 71/2 Uhr zu dem Bankett im Elisée begeben.

Auch die meisten Blätter geben ihrem Bedauern über die gestrige Kundgebung beim Eintreffen des Königs von Spanien Ausdruck. Der „Temps“ sagt: Der Verdruß und die Kränkung, welche allen gutgesinnten Bürgern durch den gestrigen Zwischenfall bereitet worden seien, dürften die Be=

deutung dieser traurigen Kundgebung nit übertreiben. Die paar tausend Individuen, welhe den Skandal ver- ursahten , seien dieselben Großspreher, welhe auch in öffentlihen Versammlungen pfeifen und mit den Füßen trampeln, die Thiers und Gambetta ebenso behandelt hätten, wie den König Alphons, und die ebensowenig Achtung vor dem Jnteresse und der Würde Frankreichs haben, wie vor der Ehre anderer Nationen. Ohne Zweifel müsse Frankreih die Verantwortung für solche Ungezogenheiten tragen ; es sei aber zu hoffen, daß die auswärtigen Nationen, insbesondere Spanien, gerecht genug sein würden, um in den Verirrungen einiger Tollhäusler nicht die Gesinnungen der ganzen Nation zu erblicken. Die Mehrzahl der übrigen Abendblätter sprechen sih in gleihem Sinne aus.

1. Oktober. (W. T. B.) Bei dem gestern Abend statt- gehabten Bankett im Elysée saß der König von Spa- nien zwishen der Gemahlin und der Tochter des Prä- sidenten Grévy. Mit Ausnahme des Kriegs-Ministers Thivaudin und des Ackerbau-Ministers Méline nahmen alle Minister an dem Bankett Theil. Der Nräsident Grévy trug den Orden des goldenen Vließes; die anderen Minister hatten gleichfalls spanishe Ordenszeihen angelegt. Von 9 bis 91/, Uhr saßen der König Alphons, der Präsident Grévy und der Minister-Präsident Ferry in lebhafter Unterredung bei ein- ander. Präsident Grévy ersuhte den König dringend, noch einen Tag in Paris zu verweilen.

1. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Das „FJour- nal officiel“ meldet: Gestern Nachmittags 5 Uhr begab sih der Präsident der Republik zu dem König von Spanien und benußte diese Gelegenheit, um demselben aus- zudrücken, wie weit gewisse isolirte Manifestationen davon entfernt wären, die wahren Gefühle des Landes zum Aus- druck zu bringen.

Der König von Spanien ist heute Morgen 83/4 Uhr nach Madrid abgereist. Bei der Abreise ereignete sich keinerlei

wischenfall. Der Chef des Militärstaats des Präsidenten,

eneral Pittié, der \spanishe Gesandte und mehrere angesehene Mitglieder der spanischen Kolonie waren am Bahnhof anwesend. Ler König wird gegen Mitternacht die spanishe Grenze passiren.

Spanien. Madrid, 29. September. (W. T. B.) Zur Jahresfeier der Revolution von 1868 fand heute hier ein Bankett statt, an welchem etwa 100 Personen theil- nahmen. Dasselbe ist ohne weiteren Zwischenfall verlaufen.

1. Oktober. (W. T. B.) Ein gestern Abend abge- haltener Minifterrath beschäftigte sich mit den während der Anwesenheit des Königs in Paris stattgefundenen Zwischen fällen. Sämmtlihe Zeitungen äußern \ih im Tone tiefster Erregung Über diese Ereignisse und beschul- digen die französischen Behörden, keine genügenden Vorsichts- maßregeln ergriffen zu haben. Die „Correspondencia“ glaubt: Spanien werde an die französishe Regierung eine Protestnote rihten und die Bestrafung der Schuldigen ver- langen. Einige Zeitungen berichten: der Polizeipräfekt von Madrid habe das Palais des französishen Ge- sandten zum Schuß gegen feindlihe Kundgebungen durch Gensd’armen bewachen lafsen.

Italien. Alessandria, 1. Oktober. (W. T. B.) Das Rattazzi-Denkmal wurde gestern in Gegenwart des Königs, der Minister Depretis und Mancini, sowie vieler Senatoren und Deputirten enthüllt. Der König reiste Abends nach Monza zurück. Bei einem von der Munizipalität veran- stalteten Banket hielt Depretis eine kurze Lobrede auf das Leben und Wirken Rattazzi's, Später begab sich der Minister- Präsident nach Stradella.

Türkei. Konstantinopel, 29. September. (Pr.) Der englische Botschafter Lord Dufferin ist hier eingetroffen.

Rumänien. Bukarest, 29. September. (Pr.) Der Mi- nister-Präsident Bratiano ist gestern Abend in der König- lichen Residenz Sinaia eingetroffen und wird heute in Bukarest erwartet.

Serbien. Belgrad, 30. September. (W. T. B.) Der König wird morgen Nachmittag hier zurückerwartet.

Bulgarien. (W, T. B.) Jn einer Meldung der „Polit, Corresp.“ aus Sosia wird die aus Bukarest herstammende Nachriht von der Abreise des Fürsten von Bulgarien nach Wien als vollständig erfunden be- ne und hinzugefügt, daß ebenso wohl alle angeblichen

bdikationsabsihten des Fürsten gänzlih unbegründet seien. Die Stellung des Fürsten sei fester denn je; sowohl aus der Sobranje wie aus dem Lande kämen dem Fürsten zahlreiche

N Beweise des Vertrauens und der Dankbarkeit für die Her-

stellung des gegenwärtigen Zustandes zu.

Dänemark, Kopenhagen, 29. September. (W. T. B.) Der Prinz von Wales ist heute hier eingetroffen und bei der Ankunft von seinem ältesten Sohne, dem Prinzen Albert Victor, sowie von dem König, dem Königvon Griechen- land und dem Prinzen Waldemar empfangen worden.

Asien. (W. T. B.) Nach einer Depesche des „New-York Herald“ aus Hongkong, vom 29, September, hat die chinesishe Regierung 2500 Polizeiagenten ange- worben, um die Ordnung aufrecht zu halten.

Dem „Reutershen Bureau“ wird aus Simla vom 29, September gemeldet, daß nach aus Afghanistan einge- gangenen Nachrichten der Aufstand der Ghilzais gegen den Emir von Afghanistan im Wachsen sei. Die Ghilzais hätten im Norden ihres Landes einer 8000 Mann starken Truppenabtheilung des Emirs eine Niederlage beigebracht; aus Kabul und von mehreren anderen Orten würden Ver- stärkungen sür den Emir abgesandt. Die indische Regierung halte diese Nachrichten aber für übertrieben.

Zeitungs\timmen.

_ Der „Deutschen volkswirthschaftlihen Cor- r]pondenz“ entnehmen wir folgenden Artikel : Ob wohl die Londoner Handelskammer noch Gnade findet in den prugen jener deutschen Volkswirthe, welche soeben auf ihrem Königs- erger Kongreß“ so mächtig in die Freihandelsposaunen gestoßen haben ? Wir fürchten für diese Freundschaft, wenn die Kaufmannschaft jener goelthandelsstadt an der Themse ihren Sekretär fortfahren läßt, im iu Handelskammer-Journal so manchen \{chönen Wahn zu zer- oren und zu beweisen, daß nit das \{utzöllnerishe Europa des ontinents von dem Freihandel8eldorado des ÎInselkönigreichs, sondern LL'S von jenem in dem leßten Vierteljahrhundert auf dem Gebiete es Außenbandels überflügelt worden ift.

__ Schade daß Mr. Murray's Tabellen nit im Kongreßsaal zu Königsberg aushingen! Die Manchesterfreunde hâtten vielleiht die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wenn sie {warz auf weiß das gerade Gegentbeil von dem gelesen, was sie so oft behauptet ; sie würden ihren Augen kaum getraut haben, wenn sie den statistischen Nachweis vor \ih gesehen hätten, daß der englische Außenhandel mit Europa seit 1860 um ca. 85 pCt., der Außenhandel der europäischen Kontinentalstaaten aber um 162 pCt. im Durcbschnitt, also um das Doppelte, zugenommen hat. Hinter England zurückgeblieben sind nur Portugal, Italien und Spanien; Frankreid hat mit England un- gefähr gleiden Schritt gehalten, während alle anderen Staaten nicht nur England überflügelt, sondern theilweise noch den oben genannteg Durcbschnitts-Prozentsaß von 162 pCt. des Zuwachses ihrer Importe und Erxporte weit überschritten haben.

In der genannten, von der Londoner Handelskammer heraus- gegebenen Zeitschrift wird zu diesen Überrashenden Prozentsäßen der Entwickelung des Außenhandels von England und der europäischen Kontinentalstaaten (Türkei nebst Rumänien, Serbien und Bulgarien, für welche das zum Vergleiche nöthige ftatistis {he Material fehlte, ausgenommen) wörtlih folgende Bemerkung gemacht: „Die Bedeu- tung dieser Thatsache liegt in ihrer Allgemeinheit. Wir haben es nit mit Ausnahmen zu thun; der Vorsprung ift allgemein gewesen über ganz Europa, in großen wie in kleinen Ländern. Unsere Daten sind wahrlich eher noch zu unseren Gunsten angenommen, da unsere An- gaben für Deutschland si nur auf 11 anstatt auf 21 Jahre erstrecken. Wenn die Zahlen unseres Handels mit den einzelnen Staaten des Deutschen Reiches vor dessen Einigung für 1860—1870 erhaltbar ge- wesen wären, das Ergebniß würde noch ungünstiger gewesen sein.“ Die Tabellen des „Londoner Handelskammer-Journal“ enthalten näâmlih hinsihtlich Deutschlands nur Angaben für die Jahre 1872 und 1881 mit cinem Zuwachs von 429% in dieser Zeit, während der Zuwachs des englischen Handels mit Europa nur ca. 28 °/9 in derselben Periode betragen hat.

Es mag nun sein, daß diese Erscheinung mit den handelspoliti- {en Prinzipien allein nicht in ursählihem Zusammenhang steht, daß beispielsweise auch cin Betreten \{chutzöllnerisber Bahnen Sei- tens Englands den Gang der Dinge nicht aufzuhalten vermocht haben würde. Es ift ja natürli, daß die reihen und wohlbevölker- ten Staaten des europäischen Kontinents bestrebt sein mußten, si von der handelswirthschaftlihen Bevormundung durch England zu befreien und auch daß sie, nachdem sie diese Unabhängigkeit erreicht hatten, darauf ausgehen mußten, mit ihren chemaligen Herren und Meistern auf den neutralen Weltmärkten in Wettbewerb zu treten. Eben so sicher aber, wie Englands Uebergang zum Scußzoll jenen Umschwung auf dem Kontinente nicht verhindert haben würde, hat den verschiedenen Festlandsstaaten Europas ihr Fernbleiben von radikalen Freihandelsmaßnahmen in ihrer handels- wirthschaftlihen Entwickelung zum Mindesten keinen Eintrag gethan. Zweifellos aber ist es handelswissenschaftlihe Brunnenvergiftung, wenn aller statistischen Wahrheit zum Hohn immer wieder das alte Märchen aufgetischt wird, Englands Freihandels\ystem habe sh unwiderleglich dadurch bewährt, daß es der wirthschaftlihen Entwickelung Englands zu einem uneinbringlihen Vorsprung vor derjenigen des \{utzöllne- rischen Festlandes verholfen habe. .…. .

Dasselbe Blatt theilt aus dem Jahresbericht der Handels- kammer in Crefeld Folgendes mit :

Als erfreulicher Theil der Berichterstattung über den Verlauf des Jahres 1882 wird die günstige Arbeitsgelegenheit hervorgehoben, die während des größeren Theiles des Jabres der Arbeiterbevölkerung geboten wurde. So sind in der Seiden- und Sammet-Industrie, laut der dem Berichte beigegebenen Statistik, auf welche wir weiter unten zu sprechen kommen, bedeutend mehr Webstühle als im Vor- jahre thätig gewesen und ist dadurch eine nit unerhebliche Vermeh- rung der Weblöhne zu verzeihnen. Bei den Hülfsindustrien der Seidenweberei sind in Folge dessen die gleihen Erscheinungen zu Tage getreten. Dhne Zweifel jedoch hat die vergrößerte Produktion der Seiden-Industrie mehr den Arbeitnehmern als allen Fabrikanten zum Nutzen gereicht. . ...

__ Uebrigens zeigten sich au in allen anderen Zweigen der gewerb- liben Thätigkeit des Kammerbezirkes die Folgen eines vergrößerten Geschäftsbetriebes der Hauptindustrien. Deéfalls, daß diese Resultate nicht unerfreulihe waren, wird auf die vergrößerten Spareinlagen hingewiesen. :

Unter dem Kapitel: Einrichtungen für Handel und Gewerbe finden wir einen bemerken8werthen Passus, welcher die Folgen der Verstaatlibung von Bahnen betcifft. Indem dort dem Herrn Minister für öffentlide Arbeiten ein warmer Dank ausgesproben wird, daß er die \criftlihen und mündlichen Vorstellungen der Kammer in wohlwollendste Erwägung gezogen, sie berücksichtigt, und damit Mißstände im Eisenbahnverkehrêwesen beseitigt hat, wele seit mehr denn einem Jahrzehnt Anlaß zu den berehtigtsten Beschwerden gegeben hatten, wird gesagt: „Erst dem Staatsbahnsystem ift es vorbehalten gewesen, für uns Wandel zu schaffen, nahdem Crefeld und sein Hinterland lange Jahre die Opfer oft sehr fkleinliwer (Privatbahn-) Konkurrenzverbältnisse, welche die Staatsoberaufsicht nit hindern konnte, gewesen sind.“

Was nun die obenerwähnte Statistik der beschäftigten Webstühle (Meister, Gesellen und Lehrlinge) anbelangt, so waren in Sammet und Sammetgeweben, festkantigem Sammetband, in Stoffen und Stoffband 35 692 Webstühle im Gange, gegen 32 126 im Vorjahre. Darunter waren bereits 856 mechanische Webstühle, die in den Vor- jahren in diesen Tertilbranhen noch nicht zur Anwendung gekommen wären. ...

Der Gesammtumschlag mit Deutschland, Oesterreih-Ungarn, England, Frankrei und allen übrigen Ländern betrug rund 84 Millio- nen Mark, geg?:n 764 Millionen im vorhergehenden Jahre. Die verausgabten Löhne als: Weblöhne, Windlöhne, Scheerlöhne, Farb- löhne (diese allein etwa 44 Millionen) und Appreturlöhne betrugen 27 874 929 M gegen 25 432 676 A pro 1881.

Wir lesen in der „Berliner Börsen-Zeitung“: In dem Jahresberiht der Handelskammer des Kreises Lennep wird in besonders beifälliger Weise der Verstaatlibung der Eisen- bahnen gedacht; wenn dieselbe anfänglich viele und entschiedene Gegner ehabt habe, so werde dies heute weniger, vielleiht kaum noch der Fall sein. Die Thâtigkeit der Staatsverwaltung auf diesem Gebiete sei anzuerkennen. Der Verkehr in dem gewonnenen großen Bahn- system sei einheitliher geworden ; die Personenzüge griffen besser in einander und es seien die Anschlüsse geregelter als früher bei den fonkurrirenden Privatbahnen; die Benußung von Retourbillets auf SirfichUli@ be jet eingeführt, ebenso eine Grmäßigung für Schüler. insichtlih des Güterverkehrs sei die Erweiterung der direkten Er- pedition, die Verkürzung der Transportfristen, die Durchführung des Pfennigsayes bei Beförderung von Mafsengütern des Spezialtarifs III. auf Entfernungen über 100 km, die Ermäßigung des Tarifsatzes füe Güter der Spezialtarife bei Waarenladungen von 5090 kg auf 5 - pro Tonnen-Kilometer verwirklicht worden.

„Das Deutsche Wollen-Gewerbe“ schreibt:

Die geschäftlihe Lage der zahlreichen in der Form von Aktien- gesellschaften betriebenen Baumwollspinnereien und Webereien in Oldham scheint im Allgemeinen eine sehr gürxstige zu sein, wenn au die Erträgnisse derselben sehr verschieden sind. So betragen die Divi- denden von achtzehn versbiedenen Gesellshaften, deren Namen für die Leser des „Deutschen Wollen-Gewerbe“ kein Interesse haben, im verflossenen erften Halbjahr 15, 10, 4, 83, 9, 10, 144, 14%, 10, 16, Null, 10, 10, 15 134, 10, 5, 6, oder im Durhscnitt etwas über 109. Das sind für Aktien- oder Kooperativ - Gesellshaften ganz günstige Resultate; es werden deshalb noch fortwährend neue Fabriken in Oldham gebaut. Eine neuerrihtete Baumwollspinnerei , die „Chaddertonmill* mit 90000 Spindeln, wird in den nähsten Tagen vollständig in Betrieb kommen. E E

Auch in Tu, Worsted 2c. werden in England fortwährend neue aroße Fabrikanlagen gebaut und die alten vergrößert, und sehen wir daraus, daß das bekannte Sclagwort unserer Freihändler, das Wort „Ueberproduktion“, unseren Nachbarn jenseits des Kanals keine großen

Sorgen macht, so daß man fast versubt wäre zu glauben, dasselbe stehe gar nicht im englishen Wörterbuh. Unsere Freihändler haben dieses Wort überhaupt niemals an die einzig rihtige Adresse, an die- jenige Englands nämlich, sondern immer nur an unsere eigene ge- rihtet. Cin theilweises Schließen unserer eigenen Fabriken, damit England die seinigen desto mehr ausdehnen fann, schien eine Zeit lang das freihändlerishe Ideal zu sein, und hätte unser Reichskanzler niht noch zu rechter Zeit sein entshiedenes Wort in die Wagschale geworfen, fo wären wir diesem Ideal sehr nahe gekommen, die Ge- fahr war wahrhaftig groß genug.

_Thatsächlich ist das, was man mit dem Wort „Ueberproduktion“ bezeihnen will, noch immer eine streitige Frage, welche die ver- schiedensten Auêlegungen zuläßt. Nach einer jenseits des Kanals vielfach verbreiteten Auffassung foll es für England deshalb keine Ueberproduktion geben, weil ihm für fsecine Fabrikate nahezu die ganze Welt offen steht. Die Anhänger dieser Lehrmeinung nennen dies die „Segnungen des Freihandels“, was in gewissem Sinn rihtig ift, nur daß sih dieser Segen immer blos auf englischer Seite befindet. Hat England seinen heimishen Bedarf vollständig gedeckt und es häufen sich dann die Vorräthe etwas mehr an, dann genügt eine gewisse Preisreduktion, die der Fabrifant mit seinem Kommissionshaus vereinbart und die der meist sehr fkapital- kräftige englische Fabrikant leiter verschmerzt, um entweder fremde Käufer anzulocken, oder die Vorräthe auf fremde Märkte zu werfen, wo ste der niedrigeren Preise wegen rasch verkauft werden, sodaß die- selben bald geräumt und die Lagerbestände sch bald wieder auf dem gewohnten Niveau befinden.

Solche geschäftlihe Transaktionen vollziehen sich in England gewöhnli sehr rasch, natürlich zum großen Schaden der Industrie anderer Länder, namentlih dann, wenn leßtere infolge ungenügender Fs ein bequemes Absaßzgebiet für die englishe Ueberproduktion O: « « +

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 53. Inhalt: Verfügungen: vom 22. September 1883. Post- Dampfschiffverbin- dungen mit Dänemark und Schweden; vom 26, September 1883. Zahlungen für Monatstheile im Verkehr mit der preußischen Eisen- bahnverwaltung. :

Landtags - Angelegenheiten.

Im 2. Düsseldorfer Wahlbezirk Städte Elberfeld und Barmen is an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Strücker der Sanitäts-Rath Dr. Graf zu Elberfeld national- liberal mit 291 gegen 175 Stimmen, welche H. Carl Stelter zu Wiesbaden liberal erhalten hat, zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Statiftische Nachrichten.

Die Ausleihung der Sparkassengelder in Preußen

1881, (St. Corr.) In den preußishen Sparkassen befand sih am Schlusse des Geschäftsjahres 1881 bezw. 1881/82 ein nachbzuwei]endes Vermögen von rund 1819 Millionen Mark. Von dieser Summe waren zur selben Zeit ungefähr 1754 Millionen Mark oder 96,42 °%/ auégeliehen, deren Belegung wir heute näher betrachten wollen. ___ Cine zweckentsprehende Ausleihung der Spaäarkassengelder_ ift ins sofern besonders s{wierig, als es dabei sowohl auf große Sicherheit, wie auf leite und schnelle Realisirbarkeit der gewährten Kredite an- fommt. Die Gesetzgebung hat nun in Preußen vor Allem die \sicbere Belegung der Gelder vorgescrieben, und daher erklärt es sib, daß die Ausleihung auf Hypotheken bei uns stets die wichtigste Anlage des Sparkassenvermögens bildete.

Am Schlusse des Rebnungsjahres 1881 waren ausgeliehen :

M / auf städtis{e Hypotheken . 499259 910 27,95 ländliche 4 : 490 754 149 27,98 Inhaberpapiere .

rpa L E 2 Scbuldscheine gegen Bürgschaft und Wesel 171005 481 9,75 gegen Faustpfand .

gen Fau) R E bei öffentlichen Instituten und Korporationen . 122252428 6,97 zusammen

- 1754049 325 100,00 In den einzelnen Landestheilen des Staates variiren diese Prozentsäße nit unerheblih, und zwar waren von den ausgeliehcnen Geldern im Jahre 1881 (1881/2) angelegt: Prozent in den in städt. in läândl. in Inhaber- Provinzen Hypotheken Hypotheken papieren Ostpreußèn 3091 9,54 30,52 23,63 Westpreußen , . 15,95 19,36 21,48 43 21 Stadtkreis Berlin 32,72 58,51 8,77 Brandenburg . 28,04 25 42 37,41 9,13 Pommern . 2 22/01 30.22 15,16 Posen 30,84 19,65 21/592 27,69 Seen 220 211 41,38 10,31 Sachsen . 26,07 37,70 29,34 6,89

S(bleswig - Hol -

n. 30,08 34,15 6,82 98,95 Hannover . 18,83 41,51 17,82 21,84 Westfalen 34,21 31/30 11,42 23,07

32,36 17,65 25,18 24,87

Hessen-Nassau. Rheinland . 26,94 12,98 39,62 20,86

Von den Sparkassen in Berlin, sowie in den Provinzen West- preußen und Rheinland, welche verhältnißmäßig wenig hypothekarische Darlehen ausgeben, fließen demnach immer noch §{ und mehr der Sparkafsengelder den kreditsuhenden Grundbesißern zu. Es erhellt hieraus der große Vortheil, welcher den leßteren aus dem hoch- entwickelten Sparkassenwesen in den Provinzen Westfalen, Schles- wig-Holstein und Sabsen gegenüber Ost- und Westpreußen, sowie Posen erwächst. Derselbe findet in den nacstehenden Zahlen, welche die von den Sparkassen ausgeliehenen Hypotheken zur Gesammt- fläche und die ausgelichenen ländlichen Hypotheken zu dem land- und forstwirthschaftlich benußten Areale in Beziehung stellen, einen charakteristischen Ausdru.

An Sparkafsen-Geldern waren Ende 1881 angelegt in Hvpo- theken überhaupt bezw. in ländlichen Hypotheken durchsch{nittlich : Mark

auf 1 ha land- und auf 1 ha

forstwirth\chaftlich benußter Fläche D Bi 0,63 R v a 3,30 1,94 Stadtkreis Berlin , e « QIZOOUO Brandenburg 13,46 Pommern . E 13,16 O c 3,22 17,12 51,72 75,33 38,72 111.507 25,66 N 33,76 : Staat 28,17 15,02

Die bier hervortretenden Unterschiede finden nun zwar insofern einen Ausgleich, als die Sparkassen auc außerhalb der Provinz, in welcher sie domizilirt sind, Hypotheken ausgeben ; indeß wird dies nur in geringem Umfange der Fall sein und keineswegs die Scbluß- folgerung einshränken, daß die Grundbesißer in den östliben Pro- vinzen Veranlassung haben, sowohl im eigenen wie im allgemeinen volkêwirthschaftlihen Interesse die Entwickerung des Sparkassenwesens mit allen Kräften zu fördern.

anderweitig

in den Provinzen

annover . ¿ estfalen efsen-Nafsau Rheinland .