1883 / 234 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Oct 1883 18:00:01 GMT) scan diff

5, Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Der Conseils: Präsident Ferry konferirte au gestern mit dem Präsidenten Grévy. Die „République française“ berichtet : Herr Grévy habe den Minister-Präsidenten beauftragt, den Kriegs-Minister Thibaudin zur Einreihung seines Entlassungsgesuches zu veranlassen. Der „Voltaire“ meldet sogar bereits, Thibaudin habe demissionirt. :

5, Oktober. (W. T. B.) Die „Agence Havas“

meldet: Es bestätigt fich, daß der Kriegs-Minister Thibaudin seine Entlassung gegeben und daß der Präsident Grévy dieselbe angenommen hat.

Spanien. Madrid, 4. Oktober. (W. T. B.) Dem König und der Königin wurden heute beim Eintritt in die Oper Und beim Verlassen derselben abermals begeisterte Ovationen dargebracht. ;

Der Ministecrath trat heute unter dem Vorsiß des Königs zusammen, um die Frage wegen der Zwischen- fälle auf der Durchreise des Königs durch Paris zu erörtern, faßte aber, wie verlautet, keinen definitiven Beschluß. ;

5. Oktober. (W. T. B.) Der „Correo“ theilt mit: der spanishe Botschafter, Herzog Fernan-Nuñez, werde auf seinem Posten in Paris verbleiben. Gerüt- weise verlautet: die Regierung verzihte darauf, eine Note an Frankrei zu rihten, und werde si vielmehr darauf beschränken, mündlich eine Darstellung der zwischen dem König Alphons und Hexrn Grévy stattgehabten Unterredung zu ver- langen, welche Gegenstand der offiziellen Publikation gewesen ist. Zah'reihe in Spanien lebende Franzosen unterzeihnen Protesterklärungen gegen die Anstifter der in Paris stattgehabten Austritte. E

(Allg. Corr.) Den dem König Alphons bei seiner Ankunst in Madrid bereiteten Empfang schildert der Ma- drider Correspondent der „Times“ wie folgt: Seit Januar 1875, als Don Alfonso an der Spitze einer glänzenden Suite in die Hauptstadt seines Landes als König einzog, habe ich niemals irgend etwas gesehen, was der Begeisterung glich, die heute seine NRülkehr von der Reise im Auslande begrüßte. Keine Truppen, niht einmal Polizeimann- schaften waren sihtbar, um die Ordnung aufrechtzuhalten, und die enorme Volksmenge konnte sich nah Belieben be- wegen. Die Route von dem Nordbahnhof nach dem Palast bietet wenig Spielraum für Dekorationen, aber troßdem war die Scene eine überaus glänzende. Mindestens 200 000 Per- fonen aller Rangklassen und Gesellschastsshichten, von dem Handwerker, der seine Arbeit verließ, um der Bewilikommnung seines Königs seine Stimme zu leihen, bis zu den schönsten Frauen des spanishen Adels, welche die traditionelle weiße Mantilla mit weißen Blumen und Bändern in den Landesfarben, roth und gelb, trugen, vereinigten sih in herzlihen Vivas auf Fhre Majestäten und Spanien. Der König und die Königin, welche Leßtere in Begleitung des Premier-Ministers ihrem Gemahl bis zum Escurial entgegengefahren war, kamen um 5 Uhr an; aber die Fahrt durh die mit Men- hen dichtbeseßten Straßen nah dem Palast nahm fast eine Stunde in Anspruch. Das Königliche Paar juhr in einer von zwei Pferden gezogenen Equipage, ohne irgend eine Eêcorte als das enthusiastishe Volk. Nach der Ankunft im Palast hielten Jhre Majestäten einen Empfang, zu dem Jedermann ohne Unterschied Zulaß erhielt. Man sagt, daß zwishen 6 und 8 Uhr niht weniger als 30 000 Per- sonen, vom Höchsten bis zum Niedrigsten, durch die Säle schritten. Abends fand eine allgemeine Jllumination statt.

Serbien. (W. T. B.) Man meldet der „Polit. Corr.“ aus Belgard, unter dem 4. d. M: Jn Folge der Schließung der Skupschtina wird die Ratifikation der Eisenbahn-Konvention vorbehaltlich späterer Genehmi- gung der Skupschtina durch die Regierung erfolgen.

Bulgarien. Sofia, 4. Oktober. (Polit. Corr.) Jn der heutigen Sißung der Sobranje erklärte die Re- gierung, daß se sich den Kammerbeschlüssen betreffs der Kontrole und der Verantwortlichkeit des Kriegs-Ministers unterwerse. Die Sobranje wird sich nach Erledigung der Be: rathung über die Eisenbahnkonvention und die Konvention bezüglih der russishen Okkupationskosten auf einen Monat vertagen. Während der Ferien beabsichtigt Fürst Alexander die Nevuen über die Truppen abzuhalten.

Schweden und Norwegen. Stocholm, 1. Ofkto- ber. (Hamb, Corr.) Der König hat am Freitag den von cinem hiesigen Posten scheidenden französi}hen Gesand- ten PVatenôtre in Audienz empfangen und das Abberufungs- schreiben desselben entgegengenommen.

Christiania, 4. Oktober. (W. T. B.) Jn der heuti- gen Sizung des Reihsgerichts wurde auf Verlangen des Vertheidigers des angeklagten Staats: Ministers Selmer die weitere Verhandlung auf den 19, Oktober verschoben.

Dänemark. Kopenhagen, 2, Oktober. (Hamb. Corr.) Der Finanz-Minister hat dem Folkething

heute das Budget für 1884/85 vorgelegt. Dasselbe zeigt eine Einnahme von rund 53 579 000 Kronen und eine Aus- gabe von 51 632 000 Kronen, wona si ein Ueberschuß von ca. 1 900 000 Kronen ergeben würde. Hiernach find die ver- anschlagten Cinnahmen um ca. 1,6 Mill., die Ausgaben um 3,3 Mill. höher als im diesjährigen Budget. Die Erhöhung der Einnahmen rührt hauptsächlich von den indirekten Abgaben, für welche ein Zugang von 1,2Mill. veranschlagt ist, fowie ferner von der Erhöhung der Einnahmen aus der grönländisen Kolonie, der Gebäudesteuer und verschiedenen anderen Einkünften her, wogegen für das Paß- und Telegraphenwesen eine Unter- bilanz von 105000 Kronen veranschlagt ist. Die Mehr- ausgaben von 3,3 Millionen Kronen entfallen auf die ver- schiedenen und außerordentlichen Ausgaben des §. 26, in welchem sih ein neuer Posten von 150000 Kronen Zuschuß zur Deckung der Zinsen für die Anlage der Lolland-Falsterschen Bahn findet. Außerdem verlangt hier das Ministerium des Aeußern die Ausgaben für zwei neue Missionen in

Madrid und im Haag. Die Zinsen der Staatsschuld, die -

si am 1. April des nächsten Jahres auf 197 Mill. Kronen beziffern wird, werden um 100 000 Kronen erniedrigt. Nach dem Anschlage ergiebt sich ein Uebershuß von ca. 2 Millionen und eine Vermögenszunahme um naheza 3 Millionen Kronen. Von den einzelnen Posten des Budgetanschlages sind zu er- wähnen: die Forderungen von 400000 Kronen zum Schuge der jütishen Küsten, eine Forderung des Kriegs- Ministers für Verschiedenes von ca. 2 Mill. Kronen, für die See- und Küstenvertheidigung: Anschaffung von 11 Stü Kruppschen 15 cm Hinterladern 500 000 Kronen und

erste Rate zu Verstärkungsarbeiten bei der Seebefestigung von Kopenhagen 224 000 Kronen, Forderung des Marine-Mini- sters für neue Kriegsschiffe und Fahrzeuge: 528 000 Kronen, Abänderungen an älteren : 252 000 Kronen, sonstige Arbeiten, Beschaffung von Torpedos 2c.: 1185 600 Kronen. Ferner werden zur Erweiterung bestehender Bahnanlagen 1 664 000 Kronen, für Hafenbauten, Reserveschiffe für den Fährdienst, Telegraphenanlagen 2c. ca. 1 575 000 Kronen gefordert. Die erste Berathung der Budgetvorlage im Folkething wird am nächsten Dienstag, den 9. d., stattfinden.

Amerika New-York, 2. Oktber. (Allg. Corr.) Dem Gesandten von Hayti ist die Nachriht zugegangen, daß in Port-au-Prince ein Aufstand ausgebrochen, die Ruhe jedo alsbald wieder hergestellt worden sei.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 4. Oktober. (W. T. B.) Wie die einheimischen Zeitungen melden, hat der Sultan einen Kommissar nah dem Sudan ge- sandt, um über die Lage dieser Provinz Bericht zu erstatten. Naghrihten aus Konstantinopel zufolge soll die Pforte be- absihhtigen, einen Ka iserlihen Kommissar nah Egyp- ten zu senden.

Zeitungsstimmen.

Dem „Deutschen Tageblatt“ wird aus Forst unter dem 29. v, M. gemeldet : i

Auf ein Seitens der Festversammlung des hiesigen Fabrikanten- vereins an den Reichskanzler Fürsten Bismarck gesandtes Telegramm ist heute folgende Antwort eingegangen:

Berlin, den 28. September 1883.

Euer Wohblgeboren und Ihren Herren Auftraggebern danke ih verbindlich für die freundlihe Begrüßung durch Ihr Telegramm. Ich würde mich freuen, wenn ih einen allgemeinen Erfolg unserer Bemühungen zur Verbesserung des Looses der Veteranen der Arbeit noch erlebte. von Bismarck.

An den Fabrikanten Herrn Paul Stübner, Wokblgebocen, Forst.

Jn dem neuesten Jahresbericht der Chemniger Handele- fammer wird behauptet, „daß die Einführung der Garnzölle für feine Zwirne, namentlih für Jutegarne, bei dem Export von fertigen Fabrikaten sich nicht als vortheilhaft erwiesen habe.“ Es wird eine Reduktion des Zolles für solhe Jute- garne als wünschenswerth bezeihnet und beigefügt, daß diese Garne in einem zu vershwindend kleinen Quantum in Deutschland gesponnen würden, um einen Schußzoll zu reht- fertigen. Hierzu wird den „Berliner Politischen Na ch- rihten“ geschrieben : :

„Diese Darstellung ist unrichtig und wird wohl nur vom ein- seitigen Interesse einiger Erporteure befürwortet. .

Wenn je ein gemäßigter Schußtzzoll angebraht war, \o bat er si für die Jute-Industrie bewährt. Ín den Jahren 1873—1879 waren \ämmtligze deutsche Jutefabriken dividendenlos und die größere Hälfte des Konsums von Jutefabrikaten kam vom Auslande. Seit 1879 lieferten die Fabriken steigende Erträgnisse; die Zu- nahme an Jutefabriken ist neuerdings so bedeutend geworden, daß mit 1884 nit nur der gesteigerte Landeskonsum gedeckt sein, sondern die Ucberproduktion auswärts Absay wird suchen müssen. Deutsch- land hat dadurch für Tausende von Arbeitern Brot gefunden und das Geld im Lande behalten, 7

JIedenfaUs ist es zu tadeln, wenn der Handelskammerberiht un- ritige Thatsachen anführt und darauf Deduktionen baut und Wünsche formulirt, welche die eben in gutes Fahrwasser gerathene Industrie lahm legen würden ;

Die „Schlesische Zeitung“ schreibt: . ;

Die Neubildung und Rekonstituirung der Innungen nimmt in Slesien einen zwar langsamen aber ftetigen Fortgang. Neuerdings wird aus Striegau berihtet, daß ih die dortige Schmiedeinnung

unter Zugrundelegung des von amtliher Seite empfohle- nen Normalstatuts rekonstituirt und die Gewerksgenossen in Stadt und Kreis Striegau zum Beitritt aufgefordert hat, Zu Liegniß hat, wie in einer Sibung des

Fnnungs-Verbandsvorstandes mitgetheilt werden konnte, die Schuh- madcherinnung außer einem neuen Hauptstatut au ein Nebenstatut über Errichtung eines JInnungssciedsgerihts entworfen, welches bereits genehmigt worden ist; Zweck diejes Innungsschiedsgerichts ist die Ausgleichung von Differenzen, die zwischen Meistern und Gesellen in Betreff der Arbeitsverhältnisse entstehen.

_— Der „Temps“ bringt folgenden, von einem seiner Mitarbeiter erstatteten Bericht über die Feier auf dem Niederwald:

- Der Kaiser war der Mittelpunkt aller Blicke, in der Volks- phantasie ist seine Persönlichkeit Alles. Bei seinen sechsundachtzig Jahren hat er einen geradezu erstaunliben Zug von Gesundheit und Kraft, keine Spur von Ermüdung auf diesem feinen, energischen und gesammelten Gesiht. Die Haltung ist gerade und stramm. Die Physiognomie, gewöhnlich so freundlich und leutselig, zeigt in diesem Augenblick den Ausdruck tiefsten Ernstes, spiegelt einen beherrs{enden und absorbirenden Gedanken wieder. Während der sehr langen An- sprache des Grafen Eulenburg bewahrte der Kaiser vollkommene Unbe- weglichkeit ; keine Muskel des Gesichtes zuckte, keine Bewegung, die Ermüdung anzeigte: als oberstes Haupt der Armee giebt er seinen Soldaten das Beispiel der Unbeweglichkeit. Hinter einer Reihe von dns verborgen, konnte ich während einer halben Stunde die Züge dieses wunderbaren Greises beobahten. Ib möchte meine Leser theilnehmen lassen an den tiefen Eindrücken, die mich erfaßten, als ih diesen Herrscher betrachtete, der den Weltfrieden in den Falten seines Soldatenmantels trägt.

Kaiser Wilhelm kann als der Typus des glücklihen Menschen und Herrschers betrachtet werden. Er herrscht seit cinem Vierteljahr- bundert und hat {on um 10 Jahre das Lebensalter Ludwig XIV. überschritten. Er hat niht nur alle seine persönlichen Wünsce er- füllt, sondern au die Träume seines Volkes, die hundertjährigen Be- strebungen seines Staates und die traditionelle Legende seines Hauses. Er sah sein Land im tiefsten Abgrund und er hat die Befriedigung gekostet, die für ein edles Herz die größte ist, dieses Land mit eigenen Händen auf den Hößepunkt des Ruhmes und der Macht zu bringen. Er hat Preußen besiegt, gedemüthigt, zerstückelt gesehen und fin Namen dieser selben preußischen Monarwbie übt er jeßt die Diktatur in Europa aus. Er ift der Sohn jener Königin, die Napoleon mit soldatisher Frechheit behandelte und zweimal ift er als Sieger in Paris eingezogen. . . . Die Gewalt war für ihn eine ernste Aufgabe, ein geheiligtes Amt; die Pflichten desselben erfüllte er mit vollster Ucberzeugung. Umgeben von der Dankbar- keit und Verehrung feines Volkes ehrt er in sich selber den Voll- zieher der Beschlüsse der Vorsehung. Die Geschichte bietet kein anderes Beispiel eines so vollständigen, so unzerstörbaren, so heiteren Glüdes dar; um so vollständiger, als das hohe Alter des Kaisers und der gegenwärtige Lauf der Ereignisse den Kaiser vor dem unabwendbaren Wechsel mens{liwer Geschicke sichern zu follen scheint. Die Geschichte, die in allen Dingen gerecht wird, wird den ersten Deutschen Kaiser auf einen großen Play stellen; die deutsche Einheit ist sein Werk, und sie {eint gemacht, um auch die härtesten Proben zu bestehen. 4 Als der Kaiser auf der Platform vor dem Denkmal angekommen war, entblößte er das Haupt, und die Musik spielte die „Wacht am Rhein“. Die ganze ego

fällt im Chor ein, aus dem Thal und von den Höhen fteigen die gewaltigen Akkorde des Nationalliedes empor, in der Entfernung

von 100 000 Stimmen wiederholt. Ich leugne den Eindruck von Größe nit, den mir diese Scene mate. Ich hatte mir nicht vere behlt, als ih bicrher kam, welwe Art von Empfindung ih zu beo berrschen haben würde bei diesem Schauspiel, wo ih vor Allem eine Lehre suchte. Aber die tiefe Bewegung, welche dur diefe Menge ging, riß mich mit fort; ih sah mi einer furchtbaren Macht gegen- über, die einer einzigen Leitung folgt, die um so mächtiger ist, da fe von Ueberlegung und Selbstbeherrschung erfüllt ift. . :

Ich drängte meinen Schmerz als Franzose und Elsasser zurück gegenüber diesem Triumpke, dessen Trophäen wir geliefert baben, ih beneidete und bewunderte diese gewaltige Manifestastion des National- aefübls. Und des Abends bei der Rückkebr unter dem besternten Himmel auf dem von Feuern glänzenden Rhein, der mit Booten besäet war, als auf dem Verdeck des Dampfers, der mi heimführte, ih rings um mi das Nationallied begeistert von allen Lippen hörte, das emporstieg zu dem in elektriscem Lichte glänzenden Bilde der Germania, da waren meine Gedanken auf mein Vaterland gewendet und ich fand in meinem Herzen nur den glühenden Wunsch, daß auh- wir eines Tages durch Patriotismus, Entsagung und Muth es ver- E möchten, das wiederhergestellte und vergrößerte Frankreich. zu feiern. / : E

Ich möchte die Erzählung dieser Reise \s{ließen, indem ih ein Wort von dem Eindrucke sage, den ih aus einigen Unterredungen zu empfangen Gelegenbeit hatte. Beamten, Journalisten, Bürger und Arbeiter: bei allen habe ich ein lebhaftes und sehr verständiges Gefühl von Patriotismus gefunden; nirgends sah ich nationale Feindseligkeit- und Haß gegen Frankrei. Ueberall bin i einer delikaten und voll- endeten Courtoisie, die nit affektirt war, begegnet. Aber der Deutsche, der nit die Gewohnheit des self. government noch vor allem die der- Initiative auf politisem Gebiete hat, besitt in dieser Hinsicht eine passive Resignation, die den Franzosen unbekannt ist. Er hat nit, wie unjere demokratishen Doktrinärs, den Glauben an die Autorität eines abstrakten Prinzips, in die Allmacht des Volkswillens. Er glaubt nicht, daß ein Volk absolut Herr sei, seine Geschicke nach seinem Bes lieben zu lenken; er fühlt sid einer böheren Leitung unterworfen und. nimmt sie bin; er hat ein schr entwickeltes Gefühl für die historischen Nothwendigkeiten, welche die französische demokratisde Sbule so be- reitwillig verachtet. Nirgends habe id kriegeriswe Dispositionen ge- funden: die vernünftigen Deutshen wissen wohl, daß ihr Land Alles, was es wünschen konnte, erreicht hat, und daß sie, wenn se das Scicksal aufs Neue versuchten, viel aufs Spiel seßen würden, ohne- dagegen die Chance irgend cines wirkliben Gewinnes zu haden, Doth- sie unterwerfen si der höheren Gewalt der Ereignisse.“

Statifstische Nachrichten.

Im Band LXII. der Statistik des Deutshen Reichs veröffent- liht das Kaiserliche Statistishe Amt Nachweisungen über: 1) die Schiffsunfälle an der deutshen Küste im Jahre 1882 und 2) die Verunglückungen deutscher Schiffe in den Fahren 1882 und 1881, Die ersteren geben von allen denjenigen zur amtlichen Kenntniß gelangten Unfällen Nachricht, von welchen Schiffe an der deutschen Küste felbst, auf dem Meere in einer- Entfernung von nihi mehr als 20 Scemeilen von der Küste und auf den mit dem Meere in Verbindung stehenden, von Seesciffen befahrenen Binnengewässern im Laufe des Jahres 1882 betroffen wurden ; wogegen die Verunglückungen diejenigen Total-- verluste aufführen, welhe im Jahre 1882, bezw. 1881 zur Anzeige gelangten. Das soeben ausgegebene Augustheft der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reiches bringt erläuternde Bemerkungen zu diesen Nachweisungen, welchen Folgendes entnommen ist. E

Die Zahl der unter 1) genannten Unfälle beziffert sib auf 225, welhe (bei 47 Kollisionen) 272 Schiffe betrafen. Die Vergleichung. mit den entsprechenden Ergebnissen früherer Jahre zeigt, daß von 1873 bis 1879 die höste Zahl der in einem Jahre (1875) vorgekom- menen Unfälle 152 betragen hatte, von denen 170 Schiffe betroffen worden waren, daß dagegen diese Zahl im Jahre 1880 auf 235 (271 betroffene Schiffe) und im Jahre 1881 auf 236 (262 Schiffe) gestiegen war, also die Jahre 1880 bis 1882, vor allen das leßtgenannte, gegen die- rückwärts liegenden Jahre sehr erheblih ungünstigere Zahlen aufweisen. Von den im Iabre 1882 dur die Unfälle betroffenen Schiffen gingen 83 vollständig verloren (1881: 101, 1880: 112), 120 wurden theilweise beschädigt (1881: 114, 1880: 104), 64 blieben unbeschädigt,. und von 5 blieb der Ausgang des Unfalls unbekannt; der Verlust an Menschenleben bei den Unfällen im Jahr 1882 war glückliher Weise geringz er betrug im Ganzen nur 18 (1881: 89, 1880: 58), Von den betroffenen Schiffen waren 196, und zwar 160 Segelschiffe und- 36 Dampfschiffe, deutscher Nationalität, und hiervon gingen 69 (66 Segel- und 3 Dampfschiffe) total verloren ; von den übrigen gehörten 37 der britischen, 15 der norwegischen, 8 der \{wedishen, 7 der dä- nischen, 6 der niederländischen und je 1 der russisen, französischen und- hamwaiishen Flagge an. Gestrandet sind 85 deutsche und 27 fremde Schiffe, gekentert 4 deutsche und 1 fremdes, gesunken 11 deutsche und 1 frem-- des, in Kollision gerathen 56 deutshe und 38 fremde, und_ dur sonstige Unfälle wurden betroffen 40 deutswe und 9 fremde Schiffe. Der Oertlihkeit nah entfallen auf das Osftscegebiet 42 Strandungen, 10 Kollisionen und 17 Unfälle anderer Art, auf das Nord- seegebiet 70 Strandungen, 37 Kollisionen und 49 sonstige Unfälle; das leßtere ist also der Küstenschiffahrt ungleih gefährlicher, als ersteres, und am häufigsten find die Unfälle an der Küste und auf den Untiefen in der Nähe der Elbmündung und auf der Elbe selbst. Als Urfacbe der zahlreicben Unfälle werden in erster Linie die heftigen Frühjahrs- und Herbststürme bezeichnet, die alljährlib an der deutshen Küste herrshen. Von besonderer Heftigkeit waren im Jahre 1882 der Sturm am 30. April, wodurch 5 Schiffe total ver- loren gingen und 15 mehr oder minder {were Beschädigungen erlitten, dann der Sturm am 30. September mit 2 Totalverlusten und 6 Be- schädigungen, ferner der Sturm am 24. und 25. Oktober mit 12 Totalverlusten und 8 Beschätigungen, die Stürme am 6. und 7. No- vember und 10. und 11. November mit zusammen 8 Totalverlusten und 12 Beschädigungen, und der Sturm am 3, und 4. Dezember mit 4 Totalverlusten und 7 Beschädigungen.

Von den oben unter 2) bezeihneten Verunglückungen deutscer- Swiffe gelangten im Jahre 1882 246 zur amtlichen Kenntniß, welche: registrirte deutshe Seeschiffe mit einem Gesammtraumgehalt von 67491 Reg.-Tons betrafen. 32 von diefen Verunglückungen entfallen auf frühere Jahrgänge, so daß also für das Jahr 1882 214 verloren gegangene deutsche Schiffe mit einem Raumgehalt von 58121 Reg.-- Tons zur Anzeige gelangten. An Bord dieser Schiffe befanden si 1854 Mann Besaßung und 816 Passagiere, von ‘denen 294 Mann Besaßung und 12 Passagiere bei den Verunglückungen ihr Leben ver- loren. Diese Zahlenangaben sind jedoch nur als vorläufige zu be- traten, die durch weitere Anzeigen noch werden ergänzt werden. Als vollständig dagegen dürfen jeßt die Erhebungen über die im Jahre 1881 erfolgten Verunglückungen deutscher Seeschiffe betrahtet werden. Hiernach gingen von dem Gesammtbestand der registrirten deutschen Schiffe, welcher am 1. Januar 1881 4660 Dampf- und Segelschiffe mit einer Besaßung von 39660 Mann betrug, in der Zeit vom 1. Ja- nuar bis 31. Dezember 1881 246 oder 5,3 9/6 (5 %% im Vorjahr) durch Seeunfälle verloren, wobei 295 Mann der Besaßung (auf je 134 Seeleute 1 Mann) und 6 der an Bord befindlihen Pafsagiere ihr Leben ver- loren. Von diesen 246 Schiffen sind 126 gestrandet, 6 gekentert, 35 gesunken, 5 verbrannt, 26 verschollen, 3 in Folge von Kollisionen und 45 in Folge sonstiger schwerer Beschädigungen in Verlust ge- rathen. Was die Ursachen anbelangt, so find bis jeßt ers in Bezug auf 228 der Verunglückungen die seeamtlichen Untersuhungen abge- \chlofsen; dieselben haben ergeben, daß 28 durch menshlihes Ver- \hulden hervorgerufen, 177 unverschuldet erfolgt und von 23 die Ur- sahen nit zu ermitteln gewesen sind. /

Nah Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin find bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 23. September bis inkl, 29. September cr. zur Anmeldung gekommen? 293 Gbescließungen, 866 Lebendgeborene, 34 Todtgeborene, 62d

Sterbefälle.

Knnft, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage der Scbulze’shen Hofbuchhandlung (Berndt & Schwarß) zu Oldenburg is soeben eine kleine Sawmlung von H. Pichler erschienen, welde sh „Genrebilder aus dem See- leben“ betitelt. (Pr. 3 4) Der Verfasser hat \sich zur Aufgabe gestellt, in einer Reihe von Skizzen das Leben an Bord eines Sciffes, das Treiben auf See, die mannigfaltigen Lagen und eigen- thümlichen Verhältnisse, welhe der Beruf des Seemanns mit si bringt, dem Leser vorzuführen. Er hat si dieser Aufgabe mit ziem- lihem Glüd entledigt, und die Art und Weise, in welche er es ver- stand, den umfangreichen Stoff fefselnd anschaulih zurechtzulegen und zn gestalten, darf als gelungen bezeihnet werden. Hier und da würde allerdings eine genauere Sichtung des Stoffes, eine sorgfältigere Be- bandlung, knappere Darstellung und bessernde Feile der Arbeit nicht geschadet haben; es würde dies der Türftlerisden Ge- staltung der Bilder, welche oft an übermäßig breiter und oft etwas nathlässiger Ausführung leiden, von größtem Vor- theil gewesen sein. Anerkennen muß man jedenfalls die leben8wahre, innige Silderung, die gemüthëwarme, den kalten Stoff wohlthuend durzießende Hingabe an do-nsciben und die Liebe, welche der Verfasser für den Gegenstand selber an den Tag legt. Man irrt wohl kaum, wenn man einen Seemann selber oder do einen mit dem Seeieben innigst vertrauten Kenner desselben in dem Verfasser vermuthet : die genaue Kenntniß und das Vertrautsein mit allen auf Schiff und See bezüglichen Dingen weisen darauf hin. Der Verfasser begleitet ein auslaufendes Auswandererschif vom Beginn der Abfahrt während der an Abwechselung, Unfällen und Gefahren reihen Reise bis zum Einlaufen in den ersehnten Hafen, Das elegant ausgestattete Bänden wird in allen Kreisen, welche sich für Seefahrt und Sceleben interessiren, aber auch darüber hinaus mit Beifall auf- ns g rp B Grof

_— m Verlage von Eugen Grofser, Berlin, sind kürzlih mehrere kleine Schriften erschienen, welhe für weitere Kreise des Publikums von Interesse sein dürften, da ein Jeder in die Lage kommen kann, die darin erörterten geseßlichen Vorschriften zur Anwendung zu bringen. Die Swrift „Injurie und Injurienprozeß* enthält eine systematische Darstellung der betreffenden Vorscbriften des Reichêrechts, welche zum praktishen Gebrauch für Richter, Schöffen, Anwälte und Prozeßf ührende bestimmt ist. Die Materie wird in zwei Kapiteln : I. Begriff und Bestrafung, 11. Strafverfolgung, bebandelt. Der Preis der Schrift beträgt 1,50 6 In der Schrift „Die Net s- verhältnisse zwisdben Herrschaft und Gesinde“ (Preis 50 S), welche in Pee Auflage vorliegt und von Dr. Alb. Bar- denharth neu bearbeitet worden ist, wird. die Allgemeine Gesinde- ordnung der preußishen Monarwie, vom 8. November 1810, dem Wortlaut na mitgetheilt und auc die einschlagenden Bestimmungen der neueren Geseße, Verordnungen, Ministerial-Reskripte 2c. unter Be- rücksichtigung der neuesten Rechtsprechung ergänzt und erläutert. Unter den Anlagen heben wir eine Uebersidt über diejenigen Gesinde- streitigkeiten, in welchen die Polizei mitzuwirken hat, und die Rechts- mittel gegen die polizeiliden Entschcidungen und Verfügungen hervor. Unter dem Titel „Di e Rechte der Miether und Vermiether in Preußen“ (Preis 80 Pf.), endlich ift eine systematishe Dar- stellung dieser Materie von Carl Wolff in fünfter vollständig umae- arbeiteter Auflage herausgegeben worden, in welcher der Verfasser gleichfalls die Rehtsprehung berücksichtigt hat. Alphabetische Sach- register erleichtern den Gebrau der beiden letzteren Schriften.

Die in Leipzigs den 6. Oktober cr. erscheinende Nr. 2101 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen : Galerie s{chöôner Frauenköpfe: XX, Messalina. Gemälde von Her- mann Kaulbach. Nach einer Photographie von Brack und Fechner in Berlin. Die Sobieski-Feier in Krakau: Die Prozession zur Wawelkathedrale am 12. September. Nach einer Zeichnung von St. Rejchan. Die Kaisermanöver bei Merseburg: Kufmarsch der Kavallerie zu der Gefehtsübung bei Pettstädt am 17. September. Driginalzeiwnung unsers Spezialzeihners H. Lüders. Aus der Internationalen Elektrischen Ausstellung in Wien. 4 Abbildungen. Originalzeihnungen von W. Gause: 1) Egyptisher Pavillon. 2) Portal zur Kunstabtheilung. 3) Beleubtung des Leopoldbergs mittels Riesenreflektors. 4) Die elektrishe Eisenbahn. Aus der Hygiene-Ausftelung in Berlin. 2 Abbildungen. Originalzeich- nungen von C. Koh: 1) Ausschank des Turiner Wermut- weins. 2) Die Kochshule des Berliner Hausfrauenvereins. Sommerlust. Gemälde von Friß August Kaulbah. Nach einer Photographie von Franz Hanfstängl in München. (Zweiseitig.) Der rieg im eayptishen Sudan. 2 Abbildungen. Nach Skizzen von Franz Vizetelly: 1) Bagára, Männer einer Arabertribe im Sudan. 2) Die Schlabt bei Marabrea am 29. April d. J. Die Riesin Marian. Nach dem Leben gezeihnet von G. Broling. Frauenzeitung: Prinzessin Julius von Schleswig-Holstein-Glücks- burg. Moden: Moderne Herren-Kravattennadeln. Meister des Swacspiels: 21) Georg H. Matenzie. Polytehnisce Mitthei- lungen: Amerikanischer Petroleumofen „Triumph“. Patentirte Cigarren-Handwickelmashine. 2 Figuren. Patent-Universalsicher- heitslaterne. Patentirter Apparat zur Prüfung des Petroleums auf Entflammbarkeit.

Land- und Forstwirthschaft.

Die Taxation der Privat- und Gemeindeforsten nach dem Flächenfahwerk, von W. Weise, Forstrath und ord. Pro- fessor am Polytechnikum zu Karlsruhe, Verlag von Julius Springer in Berlin. Preis 4 #& In diesem jedem

orstmann und jedem Waldbesißer zu empfehlenden Buche ommt der . Verfasser auf einen Ausspruch des Ober-Land- forstmeisters von Hagen über die volkswirthschaftliße Be- deutung des Waldes zurück, welcher verdient allgemein bekannt zu werden; derselbe lautet wörtlih: „Der Wald i} ein von der Vorzeit überkommenes Fideicommiß, dessen Werth nicht allein in den unmittelbaren Erträgen an Holz, sondern wesentlich au in dem Nutzen besteht, den er mittelbar dur seinen Einfluß auf Klima, Witterung, Schutz, Bodenerhaltung der Landeskultur bringt. Der Wald hat Bedeutung niht nur für die Gegenwart allein, und nit für den Eigenthümer allein, er hat Bedeutung au für die Zukunft und für die Gesammtheit der Bevölkerung. Das is} eine Wahr- beit, die sich nit bestreiten läßt, die aber täglich von der Indolenz und dem Eigennute ignorirt wird. Gegen beide e gushreiten, wenn sie gemeingefährlich werden, und das sind sie gever bereits in hohem Maße, ist Pflicht der Gesetzgebung. Nicht te Verminderung der Holzproduktion, niht_die Ershwerung der Be- friedigung des Holzbedürfnifses, niht die Steigerung der Holzpreise, nicht die Furt vor Holzmangel können den Staat berectigen, in die Hreiheit des Waldbesipes ‘und der Waldwirthschaft einzugreifen. Bohl aber verpflichten ihn dazu die Nachtheile, welche aus der Ver- Wtung der Wälder in gewissen Lagen füc die Wohlfahrt und ristenz einzelner Gegenden oder Orte und ihrer Bewohner erwachsen.“ Hat au das preußische Sules. betr. Shußzwaldungen und Wald- genossenschaften, vom 6. Juli 1875, nach Ansicht des Verfassers nicht 22 Ziel getroffen, so bleibt der Werth desselben do darin bestehen, gas der Begriff des Schußwaldes in die Gesetzgebung eingeführt ift. ndere den Wald betreffende neuere. Geseße haben mehr geleistet, ja guberordentlih heilsam gewirkt. Dahin rechnet der Verfasser nament- as das Geseß vom 14. August 1876, betreffend die Verwal- ung der den Gemeinden und öffentlihen Anstalten ge- hörigen 0Holzungen in den Provinzen Preußen, Branden- died: Pommern, Posen, Schlesien und Sahsen. Nah Maßgabe Bus Stleves unterliegt, wie der Verfafser weiter ausführt, der beraufsi t des Staates die Verwaltung der Holzungen der Ge- meinden, Kircen, Pfarren, Küstereien, sonstigen geistlihen Institute, Fgentlihen Schulen, höheren Unterrichts- und Erziehungsanftalten; oweit sie sih niht in staatliher Verwaltung befinden, Für diese d aldungen fordert das Geseß im §. 2, daß die Benußung derselben sich innerhalb der Grenzen der Nachaltigkeit be- Gen muß. Die jeweiligen Mitglieder der Vertreter der emeinden, Korporationen und juristischen Personen haben nur den

stehenden Vermögens, die Subftanz aber und zwar sowobl das Boden- als das Materialienkapital müfsen unversehrt der Zukunft überliefert werden. Aus diesen Sätzen rechtfertigen die Motive die Forderung der Nabhaltigkeit. Ueber den Begriff der Nachhaltigkeit in der Waldwirthschaft äußert der Verfasser: Die Nuzung in einem Walde ist dann als nachaltig anzusehen, wenn \sich unter Berücksichtigung aller auf ihre Größe einwirkenden Faktoren annehmen läßt, daß sie in gleihen Zeiträumen wiederkehren kann, ohne das Substrat der Nutung, das Materialkapital nactbeilig zu vermindern, zu ver- größern oder in seinem Altersklafsenverhältniß unvortheilhaft zu ver- ändern.

Das Bu verdankt seine Entftebung der Beantwortung der zu Frankfurt a. O. von einer Versammlung des Märkisben Forstvereins gestellten Frage: Welche Anforderungen find an eine gute Betriebs- einrihtung für Privatforsten bezügli der Sicherung der Nacbhaltiz- keit zu stellen? Der Gedanke, welcher als Grundlage des Buthes anzusehen ist, liegt in der Trennung der Forstwirthscbaft nach der rein forstliden (technishen) und nah der finanziellen Seite. Für die tebnishe Wirthschaft wird das System des reinsten Flächenfachwerks angenommen; d. h. es wird befürwortet, jede Forst in bestimmte Fläen abzutheilen, mit der Maßgabe jedoch, daß der in der Regel jährli oder in verschiedenen Intervallen abzuholzende Theil des Waldes dem für denselben bestimmten (ob 60, 80 oder 100jährigen) Abtrieb entspricht und diesen niemals überschreitet Da nun theils durch die Höbe des Preises, theils durch die Stärke des Holzes die jedeêmaligen Abtriebe nicht gleichen Ertrag liefern, welcher für den Waldbesiter nothwendig ist, so ift es Sache der finanziellen Seite der Waldwirthschaft, die jährliben Erträge möglichst ans- zugleihen. Die finanzielle Waldwirtbschaft hat den Zweck, die un- gleichen Einnahmen in möglichst gleibmäßig fließende Renten zu ver- wandeln. Um das zu erreichen, stehen nach Ansicht des Verfassers zwei Hülfsmittel zu Gebote. Das erste liegt darin, daß nicht die Jahreseinnahme als fällig erklärt wird, sondern daß eine Rente ke- rechnet wird, nah Maßgabe der normalen Fläcbennußung und dem Durcbschnitt der für die Fläcbeneinheit in den leßten Jahren erzielten Einnahmen. Diese Rechnung nah dem Durthschnitt ist an und für sich bereits im Stande, sehr viel auszugleihen. Das zweite Mittel besteht in der Bildung eines Refervefonds, der in guten Jahren die Ueber- üsse aufnimmt, in \ch{lechten die Ausfälle deckt, und die Garantie für den möglichst gleichmäßigen Bezug der Rente giebt. Die Trennung der techni- schen und Geldwirthschaft läßt nad Ansicht des Verfassers dur die Ver- wendbarkeit des reinen Flähenfachwerks die einfabste Betriebseinrich- tung zu, und gewährt damit für die hier in Betracht kommenden Waldungen, den Privat- und Kommunalwaldungen, ganz wesentliche Vortheile. Auf Staatswaldungen ist, wie der Verfasser ausführt, dies System nicht anzuwenden. Der Grund dafür liegt darin, daß die Staatëwaldungen eingereiht sind einem Haushalte, dem zur Ausgleihung der Schwankungen in den Einnahmen sehr viele Hülfsmittel zu Gebote stehen, namentlich ein fester Kredit. Außerdem bilden die Einnahmen der Forsten viel- fa nur einen geringen Theil von der gesammten Einnahme, so daß in der Staatswirthschaft auf das Gleihmäßige der Rente weniger Bedadt genommen werden kann, als das bei den Kommunal- und Privatwaldungen der Fall ist. Das vorgeschlagene System ist an- wendbar für alle diejenigen Betriebsarten, die den flähenweisen Kahl- abtrieb (d. h. die Abholzung des ganzen Schlages, ohne Samenbäume stehen zu lassen), auf ihr Programm setzen.

Gewerbe und Handel.

_ Dortmund, 1. Oktober. (Elbfld. Ztg.) Die Lage des Eisengeschäfts ist noch immer wenig befriedigend, da der Ge- schäftsgang andauernd wenig belebt ist. Im Noheisengeschäft werden meist kurze Kontrakte gesclossen, doch haben die Preise auf- ret erhalten werden können. Der Verkehr in Puddelcisen wird un- günstig dur die Flaue des Walzdrahtgescäfts beeinflußt. Bessemer- und Gießereieisen bleibt abhängig vom englischen Roheisenmarkt und haben die leßten Notirungen zu behaupten vermocht, weil die ent- sprehenden englischen Produkte ziemlich unverändert im Preise ge- blieben sind. Für Spiegeleisen ist wieder mehr Erxportnachfrage zu fonstatiren. Im Stabeisengescchäft ist zwar im Al- gemeinen etwas mehr zu thun, namentlich sind die großen leistungsfähigen Werke darin meist gut beseßt, aber die kleineren Etablissements lagen no% immer über Mangel an Aufträgen. Die Preise haben sich indessen gehalten. Jn Kesselblehen hat sich die Nachfrage noch niht wieder gehoben, während Feinbleche fortdauernd gut gefragt sind. Jn der Stahl- industrie ist eine niht zu verkennende Besserung eingetreten, Im Kohlengesch{ ä ft ist ein flotter Absatz zu verzeichnen, insbesondere in Gaë- und Hausbrandkohlen, deren Preise daher auc eine kleine Erhöhung erfahren haben. Jn Kokes und Kokeskohlen hat {ih der Verkehr etwas gebessert, do bleiben die Preise wegen des starken Angebots gedrückt und \{chwankend. Die Kokesvorräthe nehmen ab.

London, 4. Oktober, (W. T. B.) Die gestrige Woll- auktion {loß fest, australishe Wollen während der leßten 14 Tage theilweise etwas höher, Kapwollen unverändert. Die Firma Suse &Sileth, welche in erster Linie mit den beiden Indien, aber auch mit dem Kontinent lebhafte Handelsbeziehungen unterhielt, hat ihre Zahlungen eingestellt. Die Höhe der Passiva wird auf eine Viertel Million Pfd. Sterl. ge\{äßt.

Bradford, 4. Oktober. (W. T. B.) Wolle stramm, für wollene Garne und Stoffe bessere Nachfrage.

H L c T En, remen, 5. ober. . T. B) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Elbe* ist gestern Abend e. in

Southampton eingetroffen.

Hamburg, 4. Oktober. (W. T. B.) Der Postdamvfer „Suevia“ der Hamburg-Amerikanishen Palketfahrts- d O ist e e Uhr M New-York und der Postdampfer „Rhätia“ derselben Gesellschaf t Abend auf der Elbe eingetroffen. | E eus Triest, 4. Oktober. (W. T. B) Der Lloyddampfer

eUrano ist aus Konstantinopel hier angekommen.

Berlin, 5. Oktober 1883.

Ihre Majestät die Kaiserin hat dem Centralcomités der Deutschen Vercine vom Rothen Kreuz anläßli der Beglükwünschungs- Adresse nachstehendes Allerhöhstes Handschreiben zugehen lassen:

Wie s\teis hat Mir der Glückwunsh des Centralcomité die Hohe Befriedigung gewährt, welhe Jh in jeder Berührung mit demselben zu finden gewohnt bin. Jh kann Meinen aufrichtigen Dank für die Mir ausgesprohenen Wünsche nur mit der Versicherung verbinden, daß Meine Theilnahme sür Ihre Aufgabe mit der Wakr- nchmung zunimmt, wie die Jhnen anvertrauten Interessen steter Für- forge auch im Frieden dringend bedürfen, um die deutschen Vereine vom Rothen Kreuz auf die Höhe der an sie zu rihtenden Anforde- rungen gestellt zu schen. Baden-Baden, den 2. Oktober 1883. Augusta, An das Centralcomité ter Deutschen Vereine vom Rothen Kreuz. Berlin.

Cöln, 5. Oktober, 12 Uhr 15 Minuten Vormittags. (Tel.) Die englische Post vom 4. Oktober früh, plan- mäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Minuten Abends, is aus- geblieben. Grund: Verfehlter Schiffsanshluß in Ostende wegen ungünstiger Witterung im Kanal.

Verviers, 5. Oktober, 10 Uhr Vormittags. (Tel.) Die

um 8 Uhr 49 Minuten Vormittags, ift ausgeblieben. Grund: Wegen Unwetters ist das Schiff ers 3 Uhr Vormittags von Dover abgefahren.

(A. Woldts w. Corr.) Der bekannte Afrikareisende, Lieutenant Wißmann, rüstet sich son wieder zu einer neuen Erpedition nah Central-Afrika, speziell in das Kongogebiet, wo bekanntlich noch sein Freund und ehemaliger Erpeditions-Chef Dr. Pogge in der Haupt- stadt des Mukenge auf der von ihm gegründeten wissenschaftlichen Station weilt. Wie es scheint, hat das mit fast fieberhafter Eile gescbehende Vordringen anderer Nationen in das Kongobecken einer Anzahl von hochgestellten und wohlhabenden Männern die Ver- anlassung gegeben, den kühnen und auf feiner ersten Neise so sehr vom Glück begünstigten jugendlihen Forsher mit den nöthigen Geldmitteln auszurüften, damit er diese neue Reise in Gesell- saft mehrerer Begleiter ausführen kann. Das näste Ziel ift wiederum die Residenz des Mufkenge; diesmal aber soll der immer- bin unbequem und Me der Feindseligkeit der zu passirenden Völker- aften des Innern s{wierige Weg von San Paulo de Loanda an der Westküste Afrikas dur die portugiesisbe Provinz Angola über Malange und Kimbundu und an der Westseite des Lundareiches hinauf nach Norden vermieden und eine nördlihere, noch unbe- tretene Route, die sich von der Mündung des Kongostromes genau nach Díften bis zur Residenz des Mukenge erstreckt, einge- {lagen werden. Von hier aus gedenkt Lieutenant Wißmann die Erforschung jenes ungeheueren halbfkreisförmigen weißen Fleckes der Karte vorzunehmen, welches durch den weit nah Norden si binauf- spannenden Bogen des Kongo einges{lossen ist. Er wird sih zu diesem Zweck von der deutsben Station in Mukenge, von der ver- muthlich Dr. Pogge alsdann in die Heimath zurückehrt, falls er dies nicht sWon früber thut, nach dem nahe gelegenen Lulua-Flusse be- aeben, diesen stromabwärts bis um Kassai verfolgen und alsdann den Kassai hinab bis zu dessen Mündung in den Kongo reisen.

Die Polvytecbnisbe Gesellshaft hat nab S@luß der Ferien ihre Thâtigkeit wieder aufgenommen und gestern die erste Sitzung abgebalten, in der zugleih der Geschäftsberiht über das abgelaufene Sommersemester erstattet wurde. In der angedeuteten Periode find 5 Mitglieder verstorben, unter ihnen der Rentier Spakßier, der der Gesellschaft scit der Gründung angehört hatte; 9 Mit- glieder traten außerdem aus; 10 wurden neu aufgenommen, \o daß sich die Gesammt-Mitgliederzahl von 601 auf 597 verringert hat. Bereits in der gestrigen Sißung lagen jedo eine größere Anzabl Anmeldungen vor, so daß der Ausfall {on jeßt mehr wie gedeckt ist. Der Kassen- bericht balanzirte in Einnahme und Ausgabe mit 12456 An Mitgliedsbeiträgen gingen 6833 M ein; 2000 F wurden der Gesell- schaft aus der Stiftung der Berliner Gewerbeausstellung überwiesen, um im bevorstebenden Winter wieder, wie im Vorjahr, gemeinnützige Vorträge zu veranstalten. Von den Ausgaben wurden 989 (( zu Bibliothek8zwecken verwendet. Redaktion und Verlag der Verhand- lungen erforderten 718 ( Die Gesellshaft verfügt zur Zeit über cin Vermögen von 40 706 M

_Liegnitz, 3. Oktober. In dem großen Saale des Offizier- Kasinos des Königs-Grenadier-Regiments wurde heute unter den Klängen des Kaiser Wilhelm- und des Sedan-Marsches und mit einem Hoc auf Se. Majestät den Kaiser, ausgebracht von dem General von St(hlieffen, das von dem Bildhauer Steiner in Berlin gefertigte Jubiläums-Relief enthüllt. Der Commandeur des Regiments, Oberst von Malotki, übernahm das Relief, sprach dem Künstler den Dank des Offizier-Corps aus und überreichte dem- selben cine Kopie des berühmten Regimentsbildes von Krüger in kost- bar geshnißztem Rahmen mit Widmung.

Dresden, 5. Oktober. (W. T. B.) Die Versammlung des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wodltbätig- teit ist heute hier in Gegenwart des Kreishauptmanns eröffnet worden. Namens der Stadt wurde die Versammlung, welche zahl- reich besucht ist, von dem Ober-Bürgermeister bewillkommnet.

Bern, 4. Oktober. (W. T. B.) Das neue Hotel der Ge- brüder Hauser am Gießbach ist heute Morgen abgebrannt. j

In Nudolstadt verstarb am 1. Oktober der Schauspieler

und Verfasser mehrerer Lokalpossen August Weirauch, viele Jahre hindur als Lokalkomiker ein Liebling des Berliner Publikums und eine der Hauptfstüzen des „Friedrih-Wilhelmstädtishen Theaters“. Eine Reihe feiner Lokalpossen, wie „Die Maschinenbauer von Berlin*, „Die Bummler von Berlin“, „Kieselack und seine Nichte vom Ballet“, besonders aber „Die Mottenburger“ (im Verein mit David Kalisch) u. A. fanden großen Beifall und wurden Kassenstücke. ___ Im Residenz-Theater eröffnete gestern Frl. Kathi Frank ihc Gastspiel mit der Titelrolle in Dumas dreiaktigem Schauspiel „Die Prinzessin von Bagdad“. Es ift dieselbe Rolle, in welcher die Künstlerin vor einigen Jahren eine Reihe von Vorstellun- gen im National-Theater absolvirte, und gehört zu dem Besten, was sie zu bieten vermag. Jn der That bewährte die Künstlerin wieder eine seltene Meistershaft in der Beherrshung aller mens{lichen Empfindungen und Leidenschaften, und die Gesammtwirkung wird noch in hohem Grade durch die imposante Erscheinung der Künstlerin unterstüßt. Aber gerade weil Frl. Frank offenbar eine hochbegabte Künstlerin ist, wäre es von Interesse, ihre Meisterschaft in mehr als einer Rolle bewundern zu können, Die nit gerade \sym- pathisbe Partie des Gatten (Jean de Hun), welchen die \{chöne Lionette mit vollem Ret selbst einen Shwachkopf nennt, fand in Hen. Brandt einen gewandten und vornehmen Darsteller. Hr. Haak hatte den vierzigfahen Millionär und äußerst bizarren Fremden (Nourvady) zu gestalten, einen Menschen, wie ihn nur die kühne Phantasie Dumas in aller ihrer Raffinirtheit erfinden kann. Hr. Haack bemühte \ich redlib, diese exotishe Natur glaubwürdig er- scheinen zu lassen, aber immerhin fehlte ihr das pulsirende Leben, um zu vollklommener Wirkung zu kommen. In ihrer Art ganz ausgezeichnete Leistungen waren die der Herren Pansa (Godler) und Wallner (Trevele); der erstere spielte einen alten Geck, bei welhem zuweilen eine warme Gefühls- aufwallung zum Durchbruch kommt und erzielte seinen Erfolg dur lebenswahre Wiedergabe. Hr. Wallner erweist sich jedes Mal von Neuem als eine Kraft, welze vortrefflich zu individualisiren versteht. Das Haus war fehr gut beseßt und zeichnete den Gast und die übrigen Hauptdarsteller häufig durch lauten Beifall aus.

…_ Concerthaus. In dem morgigen Symphonie-Concert bringt Hr. Hof-Musikdirektor Bilse die 7. Symphonie (A-dar) von L. van Beethoven zur Aufführung. Ferner stehen auf dem besonders interessanten Programm: zwei Nummern aus der Musik zu dem Ballet „Die Geschöpfe des Prometheus“ von Beethoven, Wotans Abschied und der Feuerzauber aus der „Walküre“ und _„Waldweben“ aus „Siegfried“ von Richard Wagner, die tragische Ouvertüre von Brahms u. v. a.

Direktor Ernst Nenz beginnt morgen seine diesmalige Saison mit einer Galavorstellung, in welcher er seine neuen Künstler vor- führen wird, und zwar zunächst die erste Schulreiterin vom Cirque d'hiver in Paris, Mlle. Anna Fillis, und Signorita Diomira, welche Lettere in Pirouetten und Salto mortales zu Pferde exzellirt. Diesen stellt sih Mlle. Elvira, eine Groteskreiterin, ebenbürtig zur Seite. Unter dem Herrenpersonal sind es namentlich der von früher her noch bestens accreditirte Parforcereiter Mr. Adolphe Wells, ferner ein ncuer „s80mmersault bare back“,RNeiter Mr. Hernandez, dann ein „Sättelequilibrist“ ersten Ranges, Mr. Gaston, und der Parforce- reiter Mr. Magni, welche neben den, von dem Direktor Renz selbst geshulten und vorzuführenden edlen Nacepferden die Elitenummern des neuen Programms bilden werden.

Nießbrauc, also nur ein Anrecht auf die Früchte des im Wald be-

englische Post vom 4, Oktober Abends, planmäßig in Verviers