3) Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnung unterliegen der Bestrafung aus den 8. 327 und 328 des Reichs-Strafgeseßbuches und dem Geseße vom 21. Mai 1878, betreffend die Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinderpest erlassenen Vieh-Einfuhrverbote.
Berlin, den 17. Oktober 1883. 1 Der Kommissar behufs der Leitung des Verfahrens zur Abwehr und Unterdrückung von Viehseuhen in den Amts-
bezi1ken Lichtenberg und Stralau. Königlicher Polizei-Präsident. Jn Vertretung : von Heppe.
Bekanntmachung,
betrch«ffend Maßregeln aus Anlaß des Ausbruchs der Rinderpest in der Stadt Breslau.
Nachdem der Ausbruch der Rinderpest in der Stadt Breslau amili) festgestellt worden is, wird auf Grund des S. 17 der revidirten Jnstruktion vom 9. Juni 1873 zu dem Gesege über die Rinderpest vom 7. April 1869 — B. G. Bl. S. 105 ff. und R. G. Bl. S. 147 ff. — für den Polizeibezirk von Berlin das Nachfolgende angeordnet: ;
1) Die Einfuhr von Rindvieh (einschließli der Kälber) und von Schafen aus den Regierungsbezirken Breslau, Oppeln und Posen nah Berlin darf nur mittelst der Eisen- bahn erfolgen. : ;
2) Das aus den Regierungsbezirken Breslau, Oppeln und Posen eingeführte Rindvieh darf nur auf dem städtischen Central-Viehhofe und nur in den dazu bestimmten Räumen desselben abgeladen werden; es muß ebendaselbst geshlachtet werden und ist vor und nah der Schlahtung durch die von E Polizei-Präsidium dazu bestellten Thierärzte zu unter- uchen.
G 3) Floisch und sonstige Theile von fsolhen Rindern aus den Regierungsbezirken Breslau, Oppeln und Posen, welche bei der Untersuhung gesund und zur mensch- lihen Nahrung geeignet befunden worden sind, dürfen aus den Räumen des Central-Viehhofes, in denen die Shlachtung stattge- funden hat, exst dann fortgeschafft werden, wenn sie mit dem Stempel des Polizei-Schlachthauses versehen, beziehungsweise wenn Ausführungsscheine für dieselben von den untersuchen- den Thierärzten ausgestellt worden sind. :
4) Die Dur(hfuhr von Rindvieh aus den Regierungs- bezirken Breslau, Oppeln und Posen darf nur mittelst der Verbindungsbahn erfolgen. : i
5) Der Abtrieb von Rindvieh aus den Regierungsbezirken Breslau, Oppeln und Posen von dem städtishen Central- Viehhofe ist verboten. / E
6) Die Bestimmungen von [1 bis 5 einschließlih finden auch Unwendung auf diejenigen Rinder und Schafe, welche mit Rindvieh aus den Regierungsbezirken Breslau, Oppeln und Posen in einem und demselben Wagen zusammen ver- laden in Berlin eintreffen.
7) Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnungen unterliegen der Bestrafung aus den §88. 327 und 328 des Reichs-Strafgeseßbuchs und dem Geseße vom 21. Mai 1878, betreffend die Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinderpest erlassenen Vieh-Einfuhrverbote.
Berlin, den 17. Oktober 1883.
Der Königliche Polizei-Präsident. In Vertretung: von Heppe.
Berorouuing,
betreffend das Verbot der Einfuhr von Rindvieh einshließlich der Kälber.
Auf Grund des 8. 7 des Reichsgeseßes vom 23. Juni 1880, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Vieh- seuchen, und des 8. 3 des preußischen Geseßes vom 12, März 1881, betreffend die Ausführung des Reichegeseßes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, verordne ic, mit Genehmigung des Herrn Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, für den Regierungsbezirk Aachen, was folgt: 81
Die Einfuhr und Durchfuhr von Rindvieh einschließlich der Kälber aus dem Königreich der Niederlande, dem König- reich Belgien und dem Großherzogthum Luxemburg wird hier- mit vom 18. Oktober 1883 ab bis auf Weiteres verboten.
Ausnahmsweise werde ih in solhen Fällen, in welchen es sih nahweislich um den Transport von bereits vor dem 18, Oktober d. F. in den Niederlanden, in Belgien oder in Luxemburg nah dem Jnlande verkaustem Rindvieh handelt, noch bis zum Ablauf des gegenwärtigen Monats die Einfuhr der betreffenden Thiere auf Ansuchen gestatten, unter der Be- dingung, daß über jedes zur Einfuhr gelangende Stück ein von einer holländischen beziehentlih belgishen oder luxembur- gischen Gemeindebehörde ausgestelltes Ürsprungszeugniß bei- gebracht wird, welches enthalten muß:
1) die Angabe des Ursprungsortes, des Alters, des Ge- \{lechts und der Farbe jedes einzelnen Stückes,
2) die Bescheinigung, daß die bezeichneten Thiere sih in den leßten 6 Monaten nicht an einem Orte befunden haben, in welchem oder in dessen 20 km weitem Umkreise die Lungen- seuche herrscht oder in dem gedachten Zeitraume geherrscht hat.
Q:
Bewohnern der an das Königlich niederländische, das Königlich belgishe und Großherzoglih luxemburgische Gebiet grenzenden diesseitigen Gemeinden, welche diesseits und jenseits der Grenze Grundstüe besißen oder angepalhtet haben, kann dur spezielle Erlaubniß der diesseitigen Ortspolizeibehörden, welche zugleich die geeigneten Kontrolmaßregeln zur Verhütung eines Mißbrauches dieser Erlaubniß anzuordnen und dur{zu- führen haben, gestattet werden, ihr Rindvieh auf die von ihnen besessenen oder angepahhteten Grundstücke jenseits der Landes- ae aufzutreiben und von dort wieder in das Jnland ein- zutreiben.
Eine gleiche Erlaubniß darf ausländischen Landwirthen, welche diesseits und jenseits der Landesgrenze Grundstücke be- sigen oder angepachtet haben, ertheilt werden, sofern ein Miß- brauch der Gestattung nach dem* Urtheil der diesseitigen Polizeibehörde nicht zu ibi! h
Wer dem vorstehenden gänzlichen Verbote (§. 1) oder den beshränkenden Bestimmungen für die ausnahmsweise Er-
laubniß der Ein- und Durchfuhr (8. 2 und 3) zuwider handelt, wird, sofern niht nah §. 328 des E buches für das Deutsche Reich eine höhere Strafe verwirkt ist, nach §. 66 des oben genannten Reichs-:Viehseuchengeseßes vom gs: uy 1880 mit Geldstrafe bis zu 150 # oder mit Hast estrast.
Neben der Strafe unterliegen die verbotswidrig einge- führten Thiere der Eg:
Aachen, den 16. Oktober 1883. _
Der Regierungs: Präsident. von Hoffmann.
Bekanntmachung,
betreffend das Verbot der Einfuhr von Rindvieh aus dem Königreiche der Niederlande.
Auf Grund des §8. 7 Nr. 1 des Reichsgeseßes vom 23. uni 1880, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Vieh- feuchen, und des §. 3 des preußishen Ausführungsgeseßes vom 12. März 1881, ordne ih hierdurch, in Gemäßheit der Ermäch- tigung des Herrn Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Folgendes an: ‘
Die Einfuhr von Rindvieh, einshließlih der Kälber, aus dem Königreiche der Niederlande über die Landesgrenze des wee ct Landdrosteibezirks wird hiermit bis auf Weiteres untersagt.
o
. A Uebertretungen dieses Verbots unterliegen den Straf- bestimmungen im §. 66 Nr. 1 des Reichsgeseßes vom 23. Juni 1880 bezw. des §. 328 des Strafgeseßbuchs.
¿-
Die vorstehende didaten tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung mit der Maßgabe in Kraft, daß in solchen Fällen, in welchen es sich nachweislich um den Transport von bereits vor dem 18. d. Mts. iv den Niederlanden nah dem Jnlande verkauftem Rindvieh handelt, bis zum Ablaufe des gegenwärtigen Monats noch ausnahms3weise die Einfuyr desselben auf Ansuchen gestattet wird, sofern über jedes zur Einfuhr bestimmte Stück Rindvieh ein von einer nieder- ländishen Gemeindebehörde ausgestelltes Ursprungszeugniß beigebracht wird, welches enthäit :
1) die Angabe des Ursprungsortes, des Alters, des Ge- \hlechts und der Farbe jedes einzelnen Thieres, S
2) die Bescheinigung, daß die bezeichneten Thiere sih in den leßten 6 Monaten nicht an einem Orte befunden haben, in welchem oder in dessen 20 km weitem Umkreise die Lungen- seuche herrscht oder in dem gedachten Zeitraume geherrscht hat.
Derartige Gesuche sind zur Erledigung an die Obrigkeit des betreffenven Einfuhrortes zu richten.
Vsnabrüdck, den 16. Oktober 1883.
Der Landdrost. Gehrmann.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 18. Oktober. Den Kammerherren- dienst bei Fhrer Majestät der Kaiserin und Königin hat der Königliche Kammerherr Graf Fürstenftein übernommen.
— Nach den bei dem landwirthschaftlihen Ministerium eingegangenen amtlichen Berichten erscheint es wahrscheinlich, daß der in Breslau durch den Professor Schüg konstatirte Ausbruch der Rinderpest lokalisirt bleibt und vielleicht bereits durch die sofort ausgeführte Tödtung sämmtlicher auf dem Gehöft stehenden Thiere seine Endschaft erreiht hat. Nach den angestellten Ermittelungen is seit dem 28. Septem- ber cr. kein neues Vieh in den in der Klosterstraße zu Breslau be- legenen Brennereimaststall eingeführt no ausgeführt worden, die Jnfektion müßte also damals schon eingeshleppt sein. Da nirgends in der Stadt und in dem Regierungsbezirk Breslau sonst ver- dächtige Fälle konstatirt sind, was inzwischen bei weiterer Ver- breitung der Fnfektion wahrscheinlih wäre, so scheint die aus- gesprohene Hoffnung nicht unbegründet.
Der Viehbestand des inficirten Stalles ist sofort getödtet worden, und eine gründliche Desinfektion wird amtlicher Seits bewerkstelligt.
— Dem Kreise Zauch-Belzig ist für die von dem- selben erbaute, bei Lehnin von Station 32, 1 der Golzow- Lehnin-Plessower Kreiscaussee abzweigende und nah dem Bahnhof Groß-Kreuß führende Chaussee gegen Uebernahme der künftigen chausseemäßigen Unterhaltung derselben das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes nah den Bestimmungen des Chausseegeldtarifs vom 29. Februar 1840 (Geseß-Samml. S. 97) einshließlih der in demselben enthal- tenen Bestimmungen über die Bi:freiungen, sowie der sonsti- gen, die Erhebung betreffenden zusäßlihen Vorschriften Aller- höchst verliehen worden, vorbehaltlih der Abänderung der sämmtlichen voraufgeführten Bestimmungen. Auch sollen die dem Chausseegeldtarif vom 29, Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chausseepolizeivergehen auf die ge- dachte Straße zur Anwendung kommen.
— Der Chef der Admiralität, General-Lieutenant von Caprivi, hat sih auf zwei Tage zur Jnspizirung nah Kiel begeben.
— Der Königliche Gesandte von Wenzel ist vom
Urlaube nah Hamburg zurückgekehrt und hat die Geschäste der dortigen Gesandtschaft wieder Übernommen.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzoglich sahsen-meiningische Staats-Minister Freiherr von Giseke ist hier angekommen.
Kiel, 17, Oktober. (Kieler Ztg.) Die Korvette „S ophie“, Kommandant Korvetten-Kapitän Stubenrauh, hat am 14. d. M. ihre Reise nah der Mittelmeer-Station, zunächst nah Plymouth, angetreten. — Das Torpedofahrzeug „Ulan“ wurde heute außer Dienst gestellt.
Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 17. Oktober. (Th. Corr.) Aus dem Etatsentwurf für die nächste Finanzperiode ist, was die Einnahmen betrifft, noch her- vorzuheben, daß die Erträgnisse aus den Forsten höher ver-
anshlagt sind, als dieselben sich thatsählih in den leßten Fahren gestaltet haben. Jn der That haben sich auch die
ussihten auf bessere Gestaltung der Preise in der leßten Zeit gemehrt. Auch die Einnahmen aus den Sporteln bei den Land- und Amtsgerichten haben entsprechend den Durchschnittsergebnissen der leßten drei Jahre höher eingestellt werden können. Jm Ausgabe - Etat nimmt natürlich die Erhöhung der Besoldung der Verwaltungs- beamten eine hervorragende Stelle ein: an derselben sind die drei Departements mit sehr verschiedenen Summen betheiligt : das Departement des Großherzoglichen Hauses und des Kultus sowie der Justiz am wenigsten — nur mit 7000 # —, da sowohl die Justiz wie der Kultus an der Erhöhung keinen Theil haben; das Departement des Fnnern und Aeußern heisht 25000 #, das der Finanzen aber 72000 M. Unter den sonstigen Mehrforderungen befinden sich in der Hauptsache solhe für gemeinnützige Zwecke, für Landstraßen und Verbindungswege, für allgemeine Sicherheits- anstalten, für gemeinnüßige Anstalten, für Aufwand, der durch das Heimathsgeseß veranlaßt ist, für Zwecke der Wohl- fahrtspolizei u. #. w. — Die Schuldentilgung ist mit großer Pünktlichkeit fortgeseßt worden. Seit dem 1. Januar 1882 is eine Verminderung der gesammten Schuld um 20 779 560 M, und eine Erhöhung um 7 545500 H eingetreten, so daß die wirk- lihe Verminderung in dieser Zeit 13 234 060 # beträgt. Die Zahlungen aus der Reichskasse weisen, wie shon mit- getheilt, in Folge der Reform der indirekten Steuern eine erheblihe Steigerung auf. Der Uebershuß der Heraus- zahlungen aus der Reichskasse über die Zahlungen an die- selbe betrug 1881 24 000, 1882 134 000 4, und für 1884 wird derselbe auf 240 000 M veranschlagt. Jene“erstgenannten Ueber- schüsse werden, wenn es nach dem Antrage der Regierung geht, ebenso wie etwaige Uebershüsse des laufenden Jahres, zur Deckung der aus dem Eisenbahnfonds zu machenden Zahlungen bestimmt.
Hamburg, 17. Oktober. (W. T. B.) Die Bürger- schaft berieth heute die in der Sizung vom 3. Oktober ertheilte Auskunft des Senats betreffs des spanischen Handelsvertrages und nahm den Antrag Gieschens an: die Auskunft des Senats an einen Ausschuß von 7 Mit- gliedern zu verweisen, nahdem der Antragsteller denselben kurz befürwortet hatte.
Elsaß - Lothringen. Straßburg, 16. Oktober. (Els.-L. Ztg.) Der Staatssekretär Staats-Minister von Hof- mann ist gestern vom Urlaube zurückgekehrt und hat die Ge- schäfte seines Amts wieder übernommen.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 17, Oktober. (W. T. B.) Bei dem König von Griechenland fand heute Mittag ein Dejeuner statt, an welhem der Minister des Auswärtigen, Graf Kalnoky, der hiesige griehishe Gesandte und der dänische Gesandte sowie die griehishen Gesandten in Bukarest und Belgrad Theil nahmen. Nachmittags 31/, Uhr erfolgte die Abreise des Königs nach Gmunden, von wo derselbe seine Familie abholt, um nah Athen zurückzukehren.
Niederlande. Loo, 17, Oktober. (W. T. B.) Der König und die Königin der Belgier sind heute Nach- mittag 2 Uhr mittels Hofzuges hier angekommen und von dem König und der Königin der Niederlande, welche auf dem Bahnhof in einem besonders hergerihteten Zelt ihre hohen Gäste erwarteten, empfangen worden. Der König der Niederlande trug die Uniform eines Admirals mit dem Groß- kreuz des Leopold-Ordens, der König der Belgier die Generals- uniform mit dem Großkreuz des niederländishen Löwen- Ordens. Die beiden Könige und Königinnen umarmten und begrüßten si herzlih, Alle Stationen, die der Hofzug von der Grenze an passirte, waren beflaggt. Das belgische Königspaar reist heute Abend nah Amsterdam weiter, wo demselben morgen der König und die Königin der Niederlande einen Besuch abstatten werden.
Amsterdam, 17. Oktober, Abends. (W. T. B.) Der König und die Königin der Belgier sind heute Abend 101/// Uhr, von Schloß Loo kommend, zum Besuch der Au s- stellung hier eingetroffen und bei der Ankunft von den Be- hörden und der belgishen Gesandtschaft empfangen worden. Auf dem festlih geschmückten Bahnhofe war von der National- garde eine Ehrenwache aufgestellt, welhe die militärischen Ehren erwies und deren Musikcorps die Brabançonne spielte ; der Play beim Bahnhof war glänzend beleuchtet. Der König und die Königin wurden auf der Fahrt vom Bahnhof nah dem Schlosse, die in Königlichen Wagen erfolgte, von der in den Straßen versammelten Bevölkerung mit lebhaften Zurufen empfangen und bei der Ankunft im Königlichen d abermals mit den Klängen der Brabançonne be- grüßt.
Großbritannien und Jrland. London, 16. Oktober. (Allg. Corr.) Bezüglih der Auflösung des gegenwärtigen Parlaments schreibt die „Pall Mall Gazette“: N einigen Kreisen herrscht die irrige Anschauung, daß die An- nahme der Wahlreform-Bill (welhe man im Laufe der nächsten Session gewärtigt) die sofortige Auflösung des Par- laments bedingen würde. Es dürfte darum gerathen sein, dar- auf hinzuweisen, daß gerade das Entgegengeseßte der Fall ist, Die Reform würde eine solhe Masse von Arbeiten mit der Anlage neuer Register, der Eintheilung der Wahlkreise u. st. w. bedingen, daß es aus diesem Grunde allein unerläßlih werden würde, zwischen der Annahme der Bill und den Neuwahlen eine Session hingehen zu lafsen. Ein ähnlicher Vorgang wurde auch bei den früheren Reform- geseßen beobachtet.“ Dieser Aeußerung des ministeriellen Vrgans nach zu schließen, denkt die Regierung nit daran, das Parlament vor 1885 aufzulösen.
General Sir Henry W. Norman is zum Gouver- neur von Famaiîica ernannt worden. :
Der Cardinal Manning hat am 16. d. seine Reise nach Rom anaetreten.
— 17. Oktober. (W. T. B.) Der Prozeß gegen D'Donnel, den Mörder Careys, ist bis zu den Assisen, im November, verschoben worden.
Der chinesische Gesandte Tseng wird noch im aue dieser Woche nah Paris reisen und dort etwa 8 Tage
eiben.
Ottawa (Canada), 15. Oktober. Der Marquis von Lorne trat heute mit seiner Gemahlin, der Prinzessin Louise, die Nückreise nah England an.
Frankreich. Paris, 16. Oktober. (Fr. Corr.) Heute Vormittag wurde ein Ministerrath unter dem Vorsitz des PräsidentenGré v y abgehalten. Alle Minister nahmen an dem- selben Theil, auch die Herren Ferry und Raynal, die mit dem Frülzuge aus Elboeuf hier eingetroffen waren. Der größere Theil der Sißung ward ausgefüllt dur den Bericht des Finanz- Ministers über die Verhandlungen, die gestern in der Budget- fommission stattgefunden haben. Hr. Waldeck-Rousseauunterbrei- tete dem Conseil die Modifikationen, die er an dem Assoziations- geseße vorzunehmen gedenkt, dessen Entwurf bereits in der vorigen Sizung diskutirt wurde. Auf Vorschlag des Marine-Ministers ertheilt der Ministerrath seine Zustim- mung zu der Bildung eines conseil supérieur des co- lonies, Dieser Conseil soll aus 36 Mitgliedern bestehen, nämlich aus dem Marine-Minister, dem Unter-Staatssekre- tär des Marine- Ministeriums, 4 Senatoren, 10 Depu- tirten der Kolonien, 5 Delegirten, die von den Kolonien ge- wählt werden, welche im Parlament nicht vertreten sind; 10 von der Regierung ernannten Mitgliedern, unter denen sih die Herren Schölcher, Berlet, Riciteau und Leroy befin- den sollen, und endlih aus den Präsidenten der Handels- kammern von Paris, Marseille, Havre, Bordeaux und Lyon.
— 17. Oktober. (W. T. B.) Der Finanz-Minister hat die Budgetkommission davon in Kenntniß ge- seßt, daß es gelungen sei, in den Budgets für das Kriegs- und das Arbeits-Ministerium eine Reduktion von 31 Millionen Francs zu Stande zu bringen Durch eine Aenderung in der Verwaltung der Alterskasse werde er 14 Millionen erzielen, zusammen also 45 Millionen, welche zur Beseitigung des in dem Budget von 1884 vorgesehenen Defizits nöthig seien. Den vollständigen berihtigten Budget- entwurf werde er am Freitag der Kommission vorlegen.
Der „Temps“ sagt: zwishen der englishen und der französishen Regierung habe bezüglih des auf Madagascar verhafteten englishen Missionärs Shaw keine Correspon- denz stattgefunden. Die französische Regierung habe nach Prüfung der Akten aus freien Stücken und direkt dem Missionär Shaw eine Entschädigung angeboten, niht für die Verhaftung, welche hinreihend begründct gewesen, sondern für die unge hörige Verlängerung der Haft. Der Ministerrath habe diese Lösung der Frage einstimmig gebilligt und betrachte den Zwischenfall nunmehr als erledigt. — Der „Temps“ theilt ferner mit, der Finanz-Minister Tirard werde auf die von dem Botschafter Noailles übermittelten Vorstellungen des Verwaltungsraths der ottomanishen Staatsschuld erwidern, daß er seinen Entschluß, von den neuen Titres der konvertirten ottomanishen Schuld die ganze Stempelabgabe zu verlangen, aufreht erhalten werde.
Die „Agence Havas“ dementirt, daß bei der Eröff- nung der Kammern eine ministerielle Erklärung verlesen werden würde; der Conseils-Präsident Ferry werde vielmehr bei den Debatten und Jnterpellationen über die Kreditforde- rungen für die Tongking-Expedition Gelegenheit nehmen, das Programm des Kabinets zu entwickeln.
Griechenland. Athen, 17. Oktober. (W. Die Kammer ist zum 8. November einberufen.
Bulgarien. (W T. B.) Einer Meldung der „Pol. Corr.“ aus Sofia zufolge, begiebt sih der bulgarische Minister des Auswärtigen, Balbanoff, im Laufe der Woche nah Wien, um persönlih das Ratifikations-Jnstru- ment über die Eisenbahnkonvention zu übergeben, und von dort nach St. Petersburg, um die Ratifikation derx von der Sobranje genehmigten Konvention über die Rück- zahlung der russischen Okkupationskosten zu über- reihen. — Jn einer weiteren Meldung aus Sofia wird be- stritten, daß der Fürst von Bulgarien eine Reise nah Bukarest plane; der Fürst denke vielmehr gar niht daran, Sofia zu verlassen.
Amerika. Washington, 15, Oktober. (Allg. Corr.) Da General Hancock seine Ernennung zum Befehlshaber der Division von Missouri, in Chicago, abgelehnt hat, ver- bleibt er in seinem Kommando in New-York, General Shofield wird? nunmehr der Nachlhfolger General Sheridans in Chicago werden, und General Pope erseßt Shofield in San Francisco.
Der Gouverneur des Utah-Territoriums hat an das Ministerium des Jnnern über die Mormonenfrage berichtet. Er behauptet, daß eine Vershwörung bestehe, um die nationalen Geseße unwirksam zu machen, und wärnt das Land vor den möglichen Gefahren, die hieraus entspringen könnten. Der Gouverneur empfiehlt, die Militärmaht der Vereinigten Staaten aufzubieten, um dem Willen des Kon- gresses in Utah Geltung zu verschaffen.
Asien. Simla, 15. Oktober. (Allg. Corr.) Die afghanishe Besezung von Wakhan erfolgte im August. Durch diesen Akt wurde die afghanische Oberhoheit über die Provinz, welche seit dem Kriege mit England suspendirt war, wieder hergestellt. Ein persisher Gesandter kam am 26. September in Cabul an.
Afrika. Egypten. Alexandrien, 15. Oktober. (Allg. Corr.) Der Nil hat eine Höhe erreiht, über welche ein weiteres Steigen gefährlih sein würde. Schon is eine der Sthleusen des Dammes der Kasr-el-Nil-Kaserne in Kairo geborsten, und in Benha hat der Fluß seine Dämme durch: brochen, wodur indeß bis jet zwar große Bestürzung, aber wenig Schaden angerihtet worden ist. Die nothwendige Dle wurde rasch bewerkstelligt und die Uebershwemmung ofalisirt.
T. B.)
Zeitungss\timmen.
Der „Berliner Börsen-Zeitung“ schreibt ein Cor- respondent aus Chemnitz unter dem 15.0. M:
Daß die Lage der Mascbinenindustrie im Allgemeinen si einer egen das Vorjahr noch gesteigerten Belebtheit erfreut, beweisen die iesigen Etablissements, man kann sagen, ohne Ausnahme. Ueber- stunden und Nahtarbeit sind jeßt zur Regelmäßigkeit geworden, und die Aufträge gehen, so viel ih in meiner eigenen Geschäftsthätigkeit ersehe, so flott ein, wie seit langen Jabren niht, so daß der Betrieb und die Arbeiterzahl fortschreitend ausgedehnt werden müssen ; wenn man na dem fortwährenden Nachtbetrieb in den anderen Etablissements lbließen kann, so ift es dort ebenso. .….. i
— Die „Gothaische Zeitung“ {ließt einen Artikel „vom deutschen Export und den Zöllen“ mit folgenden Be- merkungen : 5 _ Gegenüber den neuen Anstrengungen, welche das Freihändlerthum in neuen und alten Organen macht, um die gegenwärtige Wirth-
shaftspolitik zu disfkreditiren, kann die Presse, welbe dieselbe im ganzen für heilsam bält, nihts anderes thun, als durch weitere An- führung von Thatsachen den Ungrund jenes Tadels zu zeigen und da- mit diese Anklagen unter die Nörgeleien der Freiwillig-Mißvergnügten zu verweisen.
Unsere Exportstatiftik weist eine fortwährende Steigerung na. In den drei leßten Jahren 1880/82 steigerte ih die Tonnenzahl — Tonne à 1000 kg — von 16,4 auf 16,6 und 17,2 Millionen. Von Werth ift hierbei besonders die fortwährende Steigerung der Erportfähigkeit bei den Industrieartikeln.
Dabei muß diesen Herren von der Doktrin immer gesagt werden, Ms der gesammte Zollertrag über 200 Millionen im Jahre 1882
etrug.
_ Diese Reichsinnahmen hätten, wenn es jenen nachgegangen wäre, auf eine andere Weise gedeck werden müssen. Daß aber Brot, Sleisch und Licht des armen Mannes hierdur entsprechend vertheuert worden sei, haben jene Herren noch immer niht nahgewiesen.
— Die „Staatsbürger-Zeitun g“ weist darauf hin, was der Deutsche zu thun habe, um auh in gewerblicher Richtung die Stellung einzunehmen, wel{e ihm gebührt. Sie sagt:
Wir sprecen hier ausdrücklich nicht von Déeuts{land, weil wir der Ueberzeugung sind, daß die Reichsregierung das ihre gethan hat, um das deutsbe Gewerbe gegen die allzugroße Konkurrenz des Aus- landes zu s{chüßen, und daß es nun Sache des deutschen Bürgers ift, das zu thun, was die Gesammtinteressen des deutschen Volkes und die Nationalehre von ihm fordern.
Um zu diesem Resultat zu gelangen, wird es zunächst gut sein, dem Deutschen einen Spiegel vorzuhalten, der das Bild des deutschen Michel und der albernen Modenärrin getreu wiedergiebt. In einem A den urs ein Geschäftsmann zu diesem Zwecke übersandt hat, eißt es:
„Gehen Sie als Privatmann in ein großes oder kleines Eisen- waarengeschäft, so werden Ihnen englische Fabrikate angepriesen und die deutschen als II. Qualität bezeichnet.
Ueberzeugen Sie sib in den Herren-Kleidergeschäften, da heißt es: Wenn Sie etwas Schönes und Reelles haben wollen, nehmen Sie französische oder englische Stoffe,
Ist vorher nichts gesagt und Sie finden einen \{önen, geschmack- vollen Stoff, denselben aber zu theuer, so wird die Waare als fran- zösise oder englishe bezeihnet und dcr hohe Preis dur den Zoll motivirt, au sofort eine geringe Waare dagegen geholt und dieselbe als deutsche bezeibnet.
. __: « - Die Moral von Gesagtem is: Der Händler preist aus- ländises Fabrikat an, um mehr zu verdienen und auc inländische Waaren sür fremde zu verkaufen und den nicht bezahlten Zoll zu verdienen.
__ Kann man dem Laien verdenken, wenn er ausländisbe Saen tauft, da ihm vom Verkäufer gesagt und auch anscheinend bewiesen wird, daß die deutshcn Waarcn geringer und geshmacklos sind ?
In Damen-Mode- und Phantasie- Artikeln ist es ne \{limmer, troßdem von hier diese Sachen massenhaft nah Paris gehen.“
In diesem Briefe ist nihts übertrieben; die Sache ist vielmehr noch s{limmer als sie von dem betreffenden Geschäftsmanne gescil- dert worden ist, und fast {eint es, als ob der Patriotismus der Deutschen, den das Jahr 1870 so mächtig aufgerüttelt hatte, wieder sanft ents{lummert oder doch nur da watsam geblieben ist, wo die Kanonen ein Wort mitzusprecben haben 5 /
— „Steins deutsche Correspondenz“ äußert si über das in Nr. 238 des „Reichs-Anzeigers“ an dieser Stelle mitgetheilte Telegramm des Reichskanzlers wie folgt :
Es will uns bedünken, als ob sich in diesen Worten eine gewisse Trauer twiderspiegele. Es mögen den Fürsten Bismarck während der festliden Tage der Enthüllung des Niederwald-Denkmals allerdings gar manerlei trübe Gedanken darüber angewandelt haben, daß zwar das Deutsche Reih nun nach Außen auf den höchsten Gipfel des Ruhmes und der Macht getragen erscheint, daß dasselbe jedoch im Innern noch gar arg zerklüftet dasteht, und daß die vielerlei politischen Parteien das deutsche Parlament zu einer Art polnischen Reichstags herabdrüdcken, der dem gefeierten Wiederhersteller des Reiches in klein- lihster Weise jene Mittel zu verweigern sucht, die nôthig find, um dem Reiche den unbedingt nöthigen, dauerhaften Kitt zu geben.
Wer es in den Sechziger Jahren von der Ansicht und bezw. Majorität politisher Parteien abhängig gemacht hätte, welche Mittel und Wege zu ergreifen seien, um das Deutsche Reich in einer Weise wiederherzustellen, daß kaum ein Staat Europas es wagen darf, wieder daran zu rütteln, würde wohl um keinen Schritt vorwärts gekommen sein und wohl nur einen noch \{chlimmeren Krieg als den dreißigjährigen mit allen politishen Gegnern Deutschlands herauf- beschworen haben. Ebenso verworren wie damals die Mei- nungen über die politishen Verhältnisse waren, sind beute die Ansichten über die Lösung der sozialen und der spezifish wirth- scaftliben Fragen. Die politishen Parteien liegen hierüber in einem wahrhaft wüsten Kampf mit einander, und fast gewinnt es den Anschein, als ob fie nur in dem einen Punkte sih einigen möhten, nämli, dem gigantisben Staatsmanne die Arme zu unterbinden, der seine großen Ziele unbekümmert um alle Parteiverblendungen und ohne Rücksicht auf die Grimafsen politisher Zwerge, selbständig zu verfolgen sucht.
__ Wer obiges Telegramm des großen Kanzlers liest und nochmals liest, kann unmöglih den Gedanken unterdrücken, daß den Kanzler an jenem Chrentage der von ihm geeinten Nation ein Weh darüber überfallen haben dürfte, daß nun nah mehr als zwölfjährigem Be- stande des Reiches die nationalen Elemente überhaupt noch ciner öffentlihen Ermahnung bedürfen, sh fester als bisher an- einanderzuschließen. Denn anstatt eines folhen Anein- anders{lusses finnen allzuviele Elemente im Staate vielmehr darauf, alle mühsam zu Stande gebrahten Bande wieder zu lösen und den Staat entweder im Sinne der Reaktion, oder einer destruk- tiven Freiheit ganz anders zu gestalten. Sie muthen mit immer größerer Zudringlihkeit dem Volke zu, das Regime selbst in die Hand zu nehmen und die Verwaltung seiner Angelegenheiten \chnell wechselnden Majoritäten zu überlassen, die dann selbstverständlich neben * der inneren auch die äußere Politik des Reiches zu bestimmen hâtten . .. .; sie muthen dem so vielgeprüften deutschen Volke zu, die Lehren der Geschichte zu vergessen, nah welchen Völker, die ihre Existenz von allen Seiten beneidet und bedroht sehen, in den allerseltensten Fällen ihre Rettung, ihr Heil, ihre Größe den \. g. Volksabstimmungen verdankten, sondern immer nuc einzelnen gewaltigen Männern, von denen sich die Nationen willig oder mit Gewalt — erst wieder in die Bahn des Heils führen lassen mußten.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind_bei den hicsigen Standesämtern in der Woche vom 7, Oktober bis inkl. 13, Oktober cr. zur Anmeldung gekommen: 496 Eheschließungen, 750 Lebendgeborene, 30 Todtgeborene, 556 Sterbefälle.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Zu Ehren des Landschastsmalers Professors Fer dinand Bel- lermann, der am 16. d. sein 50jähriges Künstlerjubiläum beging, veranstaltete am Montag der Verein Berliner Künstler ein Fest- mahl. Am Jubeltage \{mückte sich das Atelier des Jubilars mit kostbaren Blumenspenden. Staffelei, Malstock, den Schreibtish und sein leßtes Bild umrankten blühende und duftende Gewinde. Depe- schen von Fern und Nah häuften si zu Bergen, und die Schaaren der Glückwünschenden lösten sih beständig ab. :
— Am 1. November d. J. tritt das Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbeweglihe Vermögen vom 13. Juli 1883, und das Geseß vom 18. Juli 1883, betreffend die Gerichtskosten bei Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltungen
von Gegenftänden des unbeweglichen Vermögens, in Kraft. Diese Gesetze sind in einer authentischen Textauëgabe im Verlage der Nord- deutschen Buchdruckerei ur.d Verlagsanstalt, Berlin SW,, Wilbelm- ftraße 32 (Preis 0,70 Æ) erschienen.
Die Materialien zu diesen Gesezen sind soeben von W. Stegemann, Ober-Landesgerihts-Rath in Celle (Berlin 1883, R. v. Deckers Verlag, Marguardt u. Scenck : 37 Bogen, gr. Lerikon- Oktav, geheftet 9 M) herausgegeben worden. — Die Publikation der Materialien zu den obenstehenden wichtigen Geseßen muß als ein dankenswerthes Unternehmen bezeihnet werden, denn tres der besten Kommentare wird der Praktiker nur zu oft genöthizt, behufs un- getrübten Verständnisses der Tertbestimmungen auf sie zurüdzugreifen. In dem vorliegenden Werke überblickt man den Entwickelungsgang der beiden Geseße; man sieht, wie si an die Entwürfe die ersten Berathungen des Herren- resp. des Abgeordnetenhauses, hieran wieder die Kommissionsberihte, Abktänderungéanträge u. #. w. reihen, bis endli die einzelnen Stadien durlaufen und definitive Formen erreicht find. Den Stluß der in redaktioneller Beziehung mit aroßer Sorgfalt hergestellten Arbeit bilden die beiden Geseteëterte und ein auf [leßtere bezüglihes, zwar furzes, aber do erschôpfendes Sachregister.
— Als willkommenen Beitrag zum deutscen Saagenschaß hat E. Handtmann in Seedorf bei Lenzen a. d. Elbe soeben: „Neue Sagen aus der Mark Brandenburg“ veröffentlicht, welche von dem Herausgeber während des Zeitraums eines Viertel jahr- bunderts auf ihrem heimathliben Boden, in der Ptcizritz und der Neumark gesammelt wurden. In diesen Landestheilen, welche von an- deren Sagenforschern nob nit betreten worden waren, hat Handts- mann die mitgetheilten Erzählungen dem Munde des Volkes unmit- telbar entnommen. Sie now zur glückliwen Stunde der Bergesscnheit entziehen zu ftönnen, bereitete dem Verfasser, wie er seibst sagt, mancbe frobe Stunde, und er hofft, daß sie au den Lesenden gleiche Freude macen, fie den Werth der Heimath höher sätzen lassen und die Anhänglichkeit an dieselbe fördern möchten. In der That ift die Sammlung ganz dazu angethan, ein gern gelesenes Familienbuch für Jung und Alt in der Mark zu werden. Füblt man doc in diefen finnigen Heimathsagen einen crnsteren sittliben Gehalt sehr bald heraus, der , für Erziehung und Unterhaltung eine viel heilsamere Wirkung in nch trägt, als solbes bei den rein der Péantasie ent- \prungenen Märchen, namentlich bei den aus „Tausend und eine Nacht“ entnommenen der Fall sein kann“. Mancher Skeptiker aber dürfte, wenn er die Märchen prüft, erstaunt sein, über die fköftlichen Früchte der Phantasie, welhe das Maärkervolk in der Stille gezeitigt und bis auf unsere Tage bewahrt hat. Vie Sammlung, wclche übrigens nur einen Auszug aus dem dem märkischen Museum überwiesenen Originalmanuskript bildet, ist in folgende vier Abschnitte getheilt: 1) Rundblick vom Thurm der Burg Lenzen (mit u. a. 9 Sagen, welcbe sih um die alte Eldenburg, den Siß der Quitzow, ranfen), 2) Allerlei aus Kurmark und Neumark, 3) Templersagen der Neumark, 4) Trümmerstücke ciner märkischen Mythologie (Graul, Poldscbe, Scherber, sagenhafte Personififationen meteorolozisber und anderer Naturersheinungen). In einem Anhange giebt der Verfasser interessante Anmerkungen und Erläuterungen zum Verständniß der Sagen, ihrer B-zichungen zur Gescbicbte und zur Naturmythologie. Die allen Freunden märkischer Bolkspoesie und Sage empfehlenswerthe Sammlung ist in der Abenbeimschen Ver- lagsbubhandlung (G. Joël) hierselbst erscienen (Pr. 4 M).
— Der Buwhändler J, J. Hecckenhauer in Tübingen hat unter dem Titel „Kircwenrech{t, sowie klerikale Politik, deren Lehrbücher, Polemik und Geschichte", Lagerkatalog XCVIII ausgegeben. Die darin aufgeführten 761 Schriften be- treffen die evangelische wie die katholische Kirce, evang. u. kathol. Kirchenrecht u. Kircengeschihte, die ältere Zeit wie die Gegenwart. Besondere Abtheilungen des Katalogs enthalten Schriften über Con- cilioram canones et decreta und zwar 1) Allgemeines (29 Nrn.) und 2) Spezielles (81 Ncn.), Concordate und Schriften für und gegen diefelben (im Ganzen 27 Nrn.), Eherebt und Verwandtes (im Ganzen 106 Nrn.), Eid (8 Nrn.), Zsraelitishes und mosaisches Recht (20 Nrn.).
Dresden, 18. Oktober. (W. T. B.) Den hiesigen Meistern der Bildhauerkunst, Professor Dr. Johannes Schilling und Professor Dr. Julius Hähnel ist heute das Ehrenbürgerrecht der Stadt Dresden verliehen worden.
Gewerbe und Handel.
Nürnberg, 16. Oktober. (Hopfenmarktberiht von Leopold Held.) Der gestrige Hopfenmarkt eröffnete in gedrükter Tendenz. Der große Restbestand der Vorwoche, sowie erneute belangreiche Zu- fuhren maten das Angebot zu einem sehr starken. Zu Beginn fehlte jede Frage, und erst als gegen Mittag ein Kundschaftsgeschäft bedeutende Einkäufe machte, zeigte fich etwas mehr Regsamkeit, so daß bis Abends doch ca. 1000 Ballen verkauft werden konnten. Die Preise wiesen im Durtschnitt keine merkliche Differenz auf, wenn auch einzelne Posten 2—3 4. billiger abgegeben wurden. — Heute war die Landzufuhr nur gering — ca. 150 Ballen —, wáhrend die Bahaabladungen 600—800 Ballen umfassen mögen. Der Einkauf vollzog sih langsam und \ch{chleppend, do blieben die Preise voll- ständig unverändert. Der Umsatz beträgt bis Mittag 900 Ballen. Die Stimmung ift ruhig. Die Notirungen lauten: Württemberger prima 170—180 M, mittel 145—155 M, Hallertauer prima 170 bis 180 M, mittel 145—155 M, Polen prima 165—175 M, Clfäfser prima 140—145 4, mittel 130—135 (, Badische prima 150—155 M, mittel 135—145 M, Gebirgshopfen prima 150—160'4., Aischgründer 140—155 Æ, Marftwaare 140—145 M |
Rotterdam, 17, Oktober. (W. T. B.) Die heute von der niederländischen Handelsgesellschaft abgehaltene Kaffee- auktion cröffnete für Nr. 1 zu 35 à 354, Nr, 4 33§ à 341, Nr. 5 343, Nr. 6 34}, Nr. 7 345 à 343, Nr. 8 304 à, 314, Nr. 9 312 à 32, Nr. 10 30x à 303, Nr. 11 314 à G Lg 314, Nr. 13 304 à 303, Nr. 14 32 à 324, Nr. 15 314 à 312 Cent.
New-York, 17. Oktober. (W. T. B.) Der Werth der Ausfuhr von Brodstoffen aus den Vereinigten Staaten betrug im Monat September 16 Millionen Dollars.
Verkehrs-Anstalten. :
Die Winterauëgabe des Berliner A4 B C-Coursbuches, herauëgegeben in Berlin von Brasch und Rothenstein (Verlag von Hugo Steinitz, Kochstraße 62), mit dem dazu gehörigen Taschen- Fahrvlanbuch, die Winterfahrordnung der Eisenbahnen, wie solche am 15. Oktober cr. in Kraft treten, enthaltend, ist erschienen. Die Er- öffnung aller neuen Eisenbahnstreck:.n, die mehrfach veränderten Preise der in Berlin verausgabten Fahrbillets und namentlich die Veränderungen der nah dem Südwesten Deutschlands verkehrenden Cisenbahnzüge sind berücksichtigt. Das Taschenfahrplanbuch ist außer- dem mit einer neuen, sehr Üübersichtlichen Eisenbahnkarte Mittel- deutschlands ausgestattet worden. Für jede von Berlin ausgehende oder nach Berlin gerichtete Reise ist dieses A B C- Coursbuh ein äußerst bequemes Mittel, sich über die zwecmäßigste Tour, Abgangs- und Ankunftszeit, Preise u. #. w. {nell zu orientiren. Der Preis mit der Beilage und der großen Karte beträgt nur 75 3.
Hamburg, 17. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Saxonia“ der Hamburg- Amerikanischen Packetfahrte Aktiengesellschaft ist gestern in St. Thomas eingetroffen.
New-York, 17. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer „Holland“ von der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ift heute hier angekommen.
Verlín, 18. Oktober 1883.
Die Delegirten der deutschen Arbeiterkolonien waren am Dienstag in Hannover zu einem Kongreß zusammengetreten, um, der Aufforderung des Ministers des Innern gemäß, für ganz Deutschland maßgebende Grundsäße über Begründung und Ausdehnung der Natural-Verpflegungsöstationen sowohl als auch der Arbeiterkolonien festzustellen. Etwa 50 Delegirte waren aus allen Theilen Deutsch-