1883 / 258 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Nov 1883 18:00:01 GMT) scan diff

(W. 20 ‘1zZen ro. 179,0C Rogg 144,6 iSEN Schuße gegen die Einschleppung di f Cholera aus Egypten bestehenden Quarantänevorschristen, 71m Zwecke der Durch- räucherung mit einem s{harfen Fnstrument dur{hstoßen. Es läßt sih hierbei nit vermeiden, daß etwa in die Sendungen eingelegte werthvolle Gegenstände, wie Photo- raphien, Bücher, wissenschaftliche Zeitschriften 2c. mit durch- chnitten bz. beshädigt werden. Den Absendern oder Beziehern folher Gegenstände, welwe Beschädigungen an leßteren ver- mieden zu sehen wünschen, kann nur angerathen werden, die Versendung mit der Briefpost aus den bezeichneten Ländern bis zur Aufhebung der Quarantänemaßregel auszuseßen oder einen andern Weg dex Versendung zu wählen.

Hannover, 31. Oktober. (Neue Hannoversche Ztg.) j Zer heutigen (3.) Sißung des hannoverischen rorinzial-Landtages stand der gestern mitgetheilte Antrag von Rössing, betreffend die Zusammenseßung des Provinzial-Ländiuges, auf der Tagesordnuna. oeLtahdem der Antragsteller denselben kurz begründet hatte ay antragte der Abg. von Linsingen, den Antrag von Rössin" a eine Kom- mission von 9 Mitgliedern zu verweisen. 3ta* -

Der Abg. von Bennigsen gab dem Abg. n Rössing zu, daß die augenblicklihe Zusammenseßung des Provinzial-Land- tages, die auf einem in den übrigen Theilen der Monarchie niht mehr gebräuchlihen Prinzip t eruhe, in praxi sehr gute Resultate gehabt habe. Bei den jeßigen Wahlen nah Ständen träten die politischen Gesichtspunkte ganz zurück. Bei den

Wahlen in den Kreistagen würden sih allerlei Jnter- essen und Gesichtspunkte geltend machen, die man bis- her hier niht gekannt habe. Es sei nicht aus- geshlc}sen, daß dann z. B. mehr Administrationsbeamte

gewäblt würden, als wünschenswerth. Eine Verständigung auf der vom Abg. von Rössing gewünschten Basis halte er wohl für möglich, und glaube auc, daß sie bei der Regierung in Berlin Zustimmung finden werde. 1881 sei dieselbe, seiner Ansicht nach, wesentlich daran gescheitert, daß verlangt worden sei, daß auch in Zukunft, wie bisher, eine gleihe Zahl Vertreter der Großgrundbesißer, der Städte und Landgemeinden den Provinzial-Landtag bilden sollten, Wenn man unter den A des Antragstellers diesen unhaltbaren Standpunkt allen lasse, dann glaube er (Redner), sei die größte Schwierigkeit überwunden. :

Es wurde darauf, dem Antrage entsprechend, eine Kom- mission von 9 Mitgliedern gewählt, besiehend aus den Abgg. von Rössing, von Grote, von Uslar, Justiz-Rath Müller, Lauenstein, Struckmann, von Bennigsen, Tannen und Her- mann.

Jn vertrauliher Berathung wurde dann 1!/, Stunden lang über die Kosten des Landes: Direktoriums und über die Einführung eines Normal-Etats sür,die Bureau- und Kassen- beamten desselben verhandelt, worauf die Sizung auf Don- nexstag 1 Uhr vertagt wurde.

Sachsen. Dresden, 1. November. (Dr. J) Der König hat in einer dem Königlich bayerishen außerordent- lihen Gesandten und bevollmäthtigten Minister am hiesigen Königlichen Hose, von Rudhart, am heutigen Tage er- theilten Partikularaudienz dessen Beglaubigungsschreiben ent- gegengenommen.

Die Uebersiedelung des Prinzen Albert von Hoster- wiß - nah Dresden ging verhältnißmäßig gut von Statten. Se. Königliche Hoheit hat seit länger als 4 Monaten keine Blutung wieder erlitten, auch ist der Appetit etwas besser und verbringt der hohe Kranke täglich 3 bis 4 Stunden avßer Bett. Troßdem ist die Shwäche noch bedeutend und die Krankheit neh nicht als gehoben zu betrachten.

Darmstadt, 1. November. (Darmst. Ztg.)

Hoheit der Großherzog begab si gestern Morgen nach Worms, wurde in Rosengarten von tem Kreisrath Freiherrn von Gagern, Bürger- meister Küchler und dem Geh. Kommerzien-Rath Heyl empfangen und fuhr mit einem Umwege dur mehrere Straßen und Gäfßchen dec festlih geshmüdckten Stadt an der neuen Pro- menade und dem Lutherdenkmal vorbei nah dem Hause des Geh. Kommerzien-:Raths Heyl. Dort nahm Se. Königliche Hoheit das Frühstück ein und begab sich dann zu Fuß nach der Drei- faltigfeitskirhe zum Gottesdienst. An der Kirchenthür wurde der Großherzog von der Geistlichkeit empfangen. Se. König- lihe Hoheit wohnte der kirhlihen Feier des Reformations- festes, woktei Superintendent Köhler die Hauptpredigt hielt, bis zum Ende, um 12/4 Uhr, bei. Se. Königliche Hoheit begab sich sodann zu Fuß nah dem Heylschen Hause zurück und nahm um 1 Uhr das déjeuner dinatoire ein, wobei außer den Damen der Herren Heyl auch der Königlich preußishe außerordentliche Gesandte und bevollmäch- tigte Minister, Legations-Rath Stumm anwesend war. Nach dem Déjeuner wurde von dem Neubau im Heylschen Garten aus die Feier am Lutherdenkmal betrachtet. Se. König- lihe Hoheit fuhr alsdann um 31/) Uhr von dem Heylschen Hause, unter enthusiastishen Ovationen der zahlreihen Wormser Bürgerschaft und vieler aus der Um- gegend herbei gekommener Bewohner, in das Paulusmuseum. Auch dort war ein zahlreihes Publikum versammelt und hatte sih insbesondere in der von dem Rittmeister Heyl neu- gegründeten Lutherstube und Lutherbibliothek eine ge- wählte Gesellschaft zum Empfange des Landesherren ein- geren, Nach einer würdigen, sahgemäßen Ansprache des

ittmeisters Heyl ergriff Se. Königliche Hoheit das Wort und erklärte, auch das Protektorat über die Luther- bibliothek gerade so wie über das Paulusmuscum gern über- nehmen zu wollen, indem der Großherzog den hohen Bürgersinn und die unermüdlichen Bestrebungen des Stisters für die historisch so merkwürdige Stadt Worms und Um- gegend besonders hervorhob. Nach einigen Worten des Dankes von Seiten des Bürgermeisters Küchler bestieg Se. Königliche Hoheit den Wagen, fuhr unter lebhasten Kund- gebungen der Bevölkerung nah der Rheinbrücke zu und kehrte u Wagen nah Darmstadt zurück. Beim Passiren der Ort- L haften in der Nähe von Worms, welche im leßten Fahre fehr von der Wassersnoth heimgesucht waren, nahm der Groß- herzog mit Befriedigung wahr, daß, mit wenigen Ausnahmen, der durch das Wasser entstandene Schaden an Gebäulichkeiten u. \. w. überall ausgebessert und verschwunden ift.

Jhre Kaiserlichen un# Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin nebst den Prinzessinnen Sophie und Margaretha trafen heute Nachmittag 12 Uhr 27 Minuten, von Wiesbaden kommend, zum Besuch der Großherzoglihen Familie hier ein. Die

öchsten De kehrten um 4 Uhr 15 Minuten über ainz nah Wiesbaden zurü.

Hessen. Se. Königliche

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Meiningen, 1. November. (Th. Corr.) Dem Landtage ist der Etat für 1884/86 zugegangen. Derselbe balancirt in Einnahme und Ausgabe mit 2894870 A Unter den Einnahmen figuriren die direkten Steuern mit 1159000 6 in erster Stelle ; die Uebershüsse aus den Domänen gelangen zur Hälfte zur Verfügung des Landtags; diese Hälfte beträgt 274 250 # Die Kosten für die innere Verwaltung betragen 369 550, für die Justiz 544000, für Kirhe und Schule 370000, für Verzinsung und Tilgung der Schulden 558000 & Auh für das Herzogthum ist eine Steuerentlastung vorgesehen: die efi Unterstufe der Klassen- steuer 1 # 44 Z jährlich soll ganz außer Hebung treten, die nächste 3 H jährlih auf die Hälfte, und die folgende Stufe 4 46 jährlich auf zwei Drittel ermäßigt werden. Dieser Steuererlaß verursaht einen Ausfall von 51 000 M. Gleichzeitig wird der Zushuß aus den Kassenbestän- den, der im leßten Etat 183335 # betrug, auf 58 500 M herabgeseßt. Beide Maßnahmen sind nur dadurh möglich, daß aus RNeichssteuern und Zöllen dem Lande jährlih 460 000 zufließen werden, 130 000 #4 mehr, als das Land an Matri- fularbeiträgen zu zahlen haben wird.

Neuß j. L. Gera, 1. November. (Th. C.) Jn der Rede, mit welcher Staats-Minister von Beulwißt gestern den Landtag eröffnete, betonte derselbe, daß, wenn der Etat ohne Anleihe und troy der auf der Staatskasse zur Zeit no- Po außerordentlihen Ausgaben in Einnahme ui.

usgabe sich ausgleiht dies zunächst der Steuerpolitik dee |

Reiches zu danken sei, durch welche die Zahlung der Malri- fularbeiträge ausgeglichen werde. Mit dem Etat in engster Ver- bindung steht ein Geseßentwurf wegen Abänderung und Ergän- zung des Statuts für die allgemeine Beamtenwittwen-Pensions- anstalt. Auch der Entwurf eines neuen Sparkassenstatuts wird dem Landtage vorgelegt werden. Ferner wurden dem Landtage Vorlagen in Bezug auf die Herstellung von Bahn- verbindungen im sog. Oberlande angekündigt, bei welchen die Regierung ganz besonders auf die Unterstüßung Seitens des Landtags rechne, selbst wenn die Bahnverbindung nur mit erheblichen Opfern zu ermöglichen sein follte.

Hamburg, 1. November. (H. Corr.) Auf der Tages- ordnung der heutigen Sißung der Bürgerschaft stand der Bericht des Ausschusses zur Prüfung von Anträgen, betreffend die Revision der Gesetzgebung über die hamburgische Staatsangehörigkeit und das Bürgerrecht.

d Hierzu lag folgender Antrag von A. Mittelstraß und en. vor:

Die Bürgerschaft beschließt, ten Senat unter Ueberreichung des vorliegenden Aus\chußberichtes zu ersuchen, der Niederseßung einer ge- mischten Kommission zuzustimmen, welche mit der Ausarbeitung von Vorschlägen zur Revision des Gesetzes, betreffend die Staateangehörig- keit und das Bürgerrecht, insbesondere behufs Erleichterung des Er- werbs des hamburgishen Bürgerrechts beauftragt wird.

Jn der allgemeinen Berathung begründete der Bericht- erstatter Dr. Hachmann die Anträge des Ausschusses, welche auf kostenfreie Bewilligung des Staatsbürger: ehts an alle Diejenigen, welhe darum nachsuchen, und auf Zwang zur Ge- winnung des Bürgerrehts gegen alle Diejenigen gerichtet sind, welhe mehr als 3000 M jährlihes Einkommen haben, damit, daß bei der Volkszählung vom 1. Dezember 1880 30 546 hamburgishe Bürger gezählt seien, oder 10,54 Proz. der hamburgishen Staatsangehörigen und 13,79 Proz. der männlichen Bevölkerung. Dagegen seien 1875 noch 33 726 (13,22 Proz. der Hamburger), bei den allgemeinen Wahlen zur Bürgerschaft im März 1880 noch 30856 Bürger er- mittelt. Vom März bis zum Dezember 1880 habe die Zahl der Bürgec also um 300 abgenommen. Die ferneren Zahlen, wonach an neuen Bürgern aufgenommen seien 1877 936, 1878 769, 1879 855, 1880 794, 1881 556, 1882 550 bewiesen, daß eine stete Abnahme der Bürger ziffermäßig nachzuweisen sei. Diese Prämisse der Ausschußanträge sei niht wegzuleugnen. Es sei nun nicht zu bestreiten, daß die Anträge des Ausschusses in weiteren Kreisen , wenigstens solchen der Bürgerschaft, keinen Anklang gefunden hätten. Es sei niht unmöglich, daß andere Wege, um Abhülfe zu schaffen, gesunden werden könnten, nicht sreilich in der Richtung, daß der Zwang zur Erwerbung des Bürgerrehts, oder daß die Erleichterung zur Erwerbung desselben entbehrt werden könne. Der Zwang sei niht neu. Schon das Geseß von 1864 kenne denselben, nur fehlten die Mittel zur Durhsührung der geseß- lihen Bestimmungen. Nah Schluß der allgemeinen Debatte wurde der Mittelstraße Antrag in namentlicher Abstimmung mit 87 gegen 49 Siimmen abgelehnt, und demnächst die Spezialdebatte vertagt.

Elfaß-Lothringeu. Straßburg, 31. Oktober. (Els.- Lothr. Ztg.) Der Kaiserliche Statthalter hat dur Erlaß vom 23. Oktober d. J. auf Grund der von der Optionskommission in ihrer een Sitzung ab- gegebenen Gutachten bestimmt, daß 481 Personen als elsaß- lothringishe Staatsangehörige nicht zu betrachten sind.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 30. Oktober. (Pr. Abdbl.) Nah dem bisherigen Verlauf der Be- rathungen der Delegationsausschüsse ist kaum mehr daran zu zweifeln, daß das gemeinsame Budget im Ganzen und Großen ohne erheblihen Abstrih votirt werden wird. Die gemeinsame Regierung ist eben bei Feststelung des Erfordernisses mit solher Skrupulosität zu Werke gegangen, daß thatsählich nur das unbedingt Nothwendige in das Budget eingestellt wurde, so daß für weitergehende Abslriche weder ein tristiger Grund, noch auch, ohne Schädigung wich- tiger Jnteressen des Staates, die Möglichkeit der Durchfüß- rung vorhanden ift.

Großbritannien und Jrland. Londonderry, 1, November. (W. T. B.) Der der parnellitischen Partei angehörige Deputirte und Lord-Maire von Dublin, Dawson, traf heute hier ein, um in dem Hotel de Ville anläßlih des irishen Nationalmeetings eine Rede zu halten, und wurde in einer Prozession bis zu seinem Absteigequartier geleitet. Jnzwishen bemächtigten sih die Orangisten des Hotels de Ville und schossen und warfen mit Steinen auf die Prozession. Zwei Theilnehmer an der- selben wurden durch Schüsse s{chwer verwundet. Von der Volksmenge wurden die Fenster des Hotels de Ville zer- trümmert, schließlich aber die Menge durch die Polizei und Kavallerie-Abtheilungen zerstreut und die Ruhe wieder hergestelt. Die Orangisten räumten das Hotel de Ville.

ankreich. Paris, 1. November. (W. T. B.) Eine der Regierung via Zanzibar zugegangene Depesche des Admirals Galiber aus Tamatave meldet, daß die Howas um Unterhandlungen nachgesucht hätten. Der Admiral habe daher Pourparlers mit den Delegirten der Regierung der Howas eingeleitet.

2. November. (W. T. B.) Einer Depesche aus Saigun zufolge ist Admiral Courbet mit 600 Mann Marinetruppen, welche mit dem Geschwader gelandet waren, am 24. Oktober von Haiphong nah Hanoi aufge- brochen, um die Leitung der militärishen Operationen daselbst - übernehmen. Für den Angriff auf Sontay wartet der

dmiral noch weitere Verstärkungen ab, doch soll die Be- seßung von Kuanghien unmittelbar bevorstehen.

Türkei. Konstantinopel, 2, November. (W. T. B.) Der Sultan hat befohlen, daß an die von dem jüngsten in Ts\hesme und Vourla stattgehabten Erdbeben Be- troffenen Lebensmittel und Baumaterialien verabreicht werden und unverzüglich mit der Errichtung von Ba- rackden vorgegangen werde. Ein nach der Unglücksstätte abgesandter Flügeladjutant soll dem Sultan eingehenden Be- riht erstatten. Der Generalgouverneur von Smyrna tele- graphirt, daß der Kaiserliche Aviso „JFsmail“ sich mit den angewiesenen Unterstüßungen und Hülfsmitteln bereits unterwegs befinde.

Serbien. Belgrad, 1. November. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen Milan Bogicevic ist gestern hier eingetroffin und hat heute die Geschäfte wieder Übernommen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 2, No- vember. (W. T. B.) Die Reichseinnahmen vom 1. Ja- nuar 1883 bis zum 1. August betragen 335 692 564 Rubel, gegen 346 281 008 Rubel in demselben Zeitraum des Vor- jahrs, die Reichsausgaben 367 635498 Rubel gegen 349 876 330 Rubel in der gleihen Periode des Vorjahrs.

Afrika. Egypten. Nach einem Telegramm der „Times“, vom 1. d. M,, haben die von Hicks Pascha gesührten egyp- tishen Truppen unweit el Obeid den Mahdi mit seinen Anhängern angegriffen und demselben eine große Nieder- lage beigebracht. El Obeid wurde von den egyptishen Trup- pen beseßt, Der Mahdi soll gefallen sein.

Zeitungsstimmen. Au3 Göttingen meldet das „Deutsche Handels- arhiv“:

Was den ESctreidehandel betrifft, so ist nicht zu leugnen, taß der Wohlstand der Landwirlhe seit Einführung der Rübenkultur sich wesentlich gehoben hat. Ganz abgesehen von dem direkten Nußen,. welcher aus dem Gewinn der Zuckerfabriken in Folge ihrer Betheili- gung auf die Landwirthe entfällt, haben dieselben dur Zuführung. fünstliter Dungmittel ihren Grund und Boden in einer Weise ver- bessert, daß die Ernteerträge schon jeßt bedeutender sind, als in früheren Jahren, und auch fernerhin stets zunehmen müssen. :

Das Geschäft in landwirthscaftlihen Maschinen nimmt, da die zur Rübenkultur nöthigen Geräthe selbst bei den kleineren Deko- dama sich mehr und mehr Eingang verschaffen, setnen regelmäßigen

ortgang.

Fn Bezug auf die Textilindustrie und den Handel mit deren Er- zeugnissen ist zu berihten, daß die Fabrikation von Flanellen, Coatings und Tuchen immer größere Dimensionen annimmt. Die hiesigen Far buifate, besonders die beiden erstgenannten, erfreuen fich im In- und Auslande des besten Rufes, Von acht hier nur_in der Nähe befind- liden Etablissements haben einige sogar «cigene Spinnereien, Färberei und Appreturanstalt. : Ó

Das Leinengeschäft war seit Beginn des Jahres befriedigend. Die Preise für Gespinnste sind seit cinigen Monaten anziehend, doch nicht in gleicher Weise für Gewebe. Der Grund liegt wohl darin, daß Fabrikanten größtentheils noch Gespinnste wohlfeilerer Abschlüfse verarbeiten. Gediegenes, solides Fabrikat bleibt gegenüber den wohl- feileren und unsoliden Sorten anhaltend bevorzugt. :

ür den Export waren Aufträge von Norwegen und Dänemark ziemlich eingegangen, auch einige Probelicferungen für New-York be- stellt. Ob das Fabrikat für den amerikanischen Markt paßt, bleibt abzuwarten; das Exportge\häft ist noch im Entstehen.

Das „Berliner Tageblatt“ schreibt:

Aus dem noch nit publizirten Jahresberiht des städtischen Vollstreckungëamtes zu Berlin werden uns einige Zahlen bekannt, die auf eine gewisse Besserung der wirthschaftlichen Verhältnisse bed unserer Einwohnerschaft hindeuten. Die Ziffern der beantragten und ausgeführten Erekfutionen sind zwar leider immer nohch hoch genug, aber fie lassen doch eine absolute Abnahme der Pfändun sfâlle er- fennen, die relati» noch bedeutender ist, da die Bevölkerung der Reichs-Hauptstadt sich stetig zu vermehren pflegt. Die uns zugegan- genen Ziffern lauten nun wie folgt: ,

Die Gesammtzahl der Aufträge bei dem Vollstreckungsamt belief sich im Jahre 1882 auf 33288 gegen 33539 im Vorjahr. Die Summe der übrigen Vollstreckungssachen betrug im Jahre 1882 17 350, dagegen 1881 18079, 1880 19520, 1879 19793, 1878 90661, 1877 19914. Unter den Exekutionen sind 29 % Re- quisitions\achen, 254 °/6 Auflagereste und 234 °/o Schulversäumniß- strafen. Gänzlich erfolglos blieben 6084 Erekutionen, dagegen fam es nur in 25 Fällen zur wirkli&en Auktion gepfändeter Objefte. Ja 91 Fällen wurde dur Miethsbeshlagnahme Deckung beschafft.

Im Ganzen gewährt also der Jahresbericht des städtischen Voll- streckung8amts an der Hand der Statistik die Ueberzeugung, daß auch bei den ärmeren Volksschihten Berlins eine zwar langsame, aber stetig fortschreitende Verbesserung der Vermögenslage eingetreten ift.

Die „Germania“ sagt über den fortschrittlichen Diätenfonds: i i

Die Diätenzahlungen der Fortschrittspartei erregen eine sehr leb» hafte Diskussion. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ führt den Artikel 32 dex Reichsverfassung ins Treffen: E :

Die Mitglieder des Reichstags dürfen als solche keine Besol- dung oder Entschädigung beziehen.

Die Anweisung einer festen Pauschalsumme von 500 M als Entschädigung für die Aufenthaltskosten für jeden außerhalb Berlins wohnenden fortschrittliben Abgeordneten betrachtet das offizióse Pa als „Annullirung“ dieses Verfafsungsartikels dur ein Parteî- geleß. s z j Die „Nationalliberale Correspondenz“ theilt diese versassun gsrechtlihe Anshauung und bemerkt:

Die überaus ungeschickte und hochmüthige Vertheidigung der Einrichtung Seitens cinzelner fortschrittliher Blätter leistet der fh diejer Angelegenheit bemächtigenden Agitation nur Vorschub. Belustigend ist es, wenn jeßt der „Volksztg.“, die sich mit groben anmaßenden Worten vorzugsweise zur Vertheidigerin dieser zweifelhaften Institution aufgeworfen hat, nachgewiesen wird, daß fle vor zwei Jahren bei Begründung jenes Fonds ganz dieselben Bedenken dagegen geäußert hat, die auch heute noch s aus Haß gegen . die po Dae vorgebracht werden. „Es \cheint uns richtiger*, schrie l 1 Schritt zurückzuthun, als die Parteivertretung in eine \{iefe Lage zu bringen.“ Wir meinen, es wäre auch heute noch zweckmäßig, woenn auch verspätet diesem guten Rath zu folgen. Bei der

damals die „Volks-Zeitung“, „einen zu raschen.

rörterun q,

über die Sache wird jeyt aub die staats- und verfassung?- rechtlide Seite in den Vordergrund geschoben, und in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ geschieht dies mit folhem Nachdruck, daß man auf den Gedanken kommen könnte, die Sache solle etwa durch Aufwerfung der Frage der Gültigkeit solcher Mandate zum prinzipiellen Antrag gebracht werden. Art. 32 der Verfassung untersagt für Reichstagëmitglieder als solche Besol- dung oder Entschädigung s{lechthin, niht etwa nur eine solche aus öffentlichen Mitteln. Das mag gemeint gewesen fein, gesagt ift es aber nicht. Die Fortschrittepartei würde sich verdienter machen, wena sie ihren offenen Kampf um ftaatliche Diäten wieder aufnehmen würde, anstatt daß sie dur Umgebungen sich mit der nun einmal bestehenden Thatsahe der Diätenlosigkcit, deren bedenkliche Seiten ja Niemand verkennt, abzufinden T e Sl

Ueber die Tragweite des Verfafsungsartikeïs kann sich vielleicht noch streiten lassen, wenn man den Begriff der öffentlichen oder privaten „Besoldung oder Euts&ädigung“ und die Worte „als folche“ urgiren will. Thatsäcblih sind solche Parteidiäten den Intentionen der Verfassungsbestimmung gewiß ebenso feindlid, als Diäten aus öfentlihen Mitteln. Wenn man aber nach der Andeutung der „Nationalliberalen Corr.“ die Sache auf dem formal-rechtliden Boden zur Entscheidung bringen will, so wird es der Parteileitung wohl nicht {&wer werden, eine Form der Dotation zu finden, welche vom Wortlaut des Artikel 32 nit getroffen werden kann. Man sollte deshalb lieber die politischen Bedenken, welche cin solcher Partei-Diätenfonds hat, in den Vortergrund stellen. Und da ist es allerdings eine unzulässige und sehr bedenkliche Uebertreibung des Par- teiwesens, wenn die Volksvertreter, welche nur von ihren Wählern beauftragt werden und nur im Interesse der Allgemeinheit wirken sollen, im Solde eines Parteicomités stehen. ;

Die „Elsaß-Lothringische Zeitung“ bringt einen Leitartikel über die Parteibewegung in Deutschland. Jn demselben heißt es: i |

. ,_. Für alle Parteien im Deutshen Reiche, für ihre Bedeutung im Volke, ihren Einfluß auf die Politik wird stets ihr Verhält- niß zum Rcichskanzler maßgebend bleiben, wenigstens so lange Fürst Bismarck auf diesem Posten steht. Wie die Dinge in Deuscland liegen und wohl noch lange liegen werden, ist der Reichékanz!er der eigentlihe Führer des Parlaments. Dasselbe mag in seiner Majorität zeitweise die Heerfolge versagen, die jeweiiige Ma- jorität fann in ihren Bestanbtheilen wecseln, das Parlament wird doch, aller Theorie vom parlamentarish - konstitutionellen System zum Troß, der großen weltgeschihtlihen Gewalt sih nicht entziehen, welhe den Gang der Politik bis in die fernsten Welttheile regelt. Wenn selbft für den französish-chinesischen Kon- flift der Schwerpunkt in Berlin, bei der Leitung der deutschen Politik liegt um wie viel weniger wird der Reichstag sih diesem Bann- Freise zu entziehen vermögen! Er hat das Recht, die Vorschläge des Reichskanzlers abzulehnen, den Gang seiner inneren Politik zu durch- brechen, aber er wird nit hindern können, daß diefe Vorschläge immer wiederkehren, bis endli der Punkt der Verständigung gefun- den und der neue weitere Schritt in der inneren Entwickelung der deutscen Verhältnisse vollzogen ift. 1

Daß diese Entwick-lung nur unter s{weren inneren Kämpfen mit Aufreibung und Abnußzunz vieler werthvollen Kräfte vorwärts schreitet, ist eine an sih hochbedauerlice, in Anbetracht der bisherigen staatlihen und Parteiverhältnisse Deutschlands vielleiht aber unab- änderliche Thatsache, die im Uebrigen die Entwicklung zu ver- langsamen, aber nicht aufzuhalten vermag. Der Nachthëil der Ver- langsamung ist vi-Ueicht kein allzugroßer. Jahre zählen wenig im Leben der Völker und umfassende, neugcstaltende Gescße, namentlich solche, die tief in das soziale Gebiet eingreifen, gehen aus der wieder- holten Prüfung nur um so brautbarer und gründlicher hervor. Thatfächlich ist der so gern als reaktionär versbriene Reichskanzler mit fo vielen Reformen bahnbrec end seinen Vclks8genossen voraus- und Forli fuenanou, Daher das sonderbare Schauspiel, daß feine Vor- {läge bei ihrem ersten Erscheinen so oft allgemeinen Widerspruch hervorrufen, dann unter hartnäckigen Kämpfen allmählich in das Bewußtsein der Nation eindringen, um \chließlich von großen Majo- ritäten zum Gesetz erhoben zu werden. Nirgend mehr als hierin bekundet sih die Führerstellung des Reichskanzlers auch der Volks- vertretung gegenüber. Fast alle Partcien sind der Peihe na ihm Anhänger oder Widersacher gewesen, alle aber haben mit oder wider Willen seine großen Staatezwecke fördern helfen, man könnte sagen: jede der bisherigen Parteien hatte ihre Dienstzeit am Staatêwagen, fast jede neue Drehung des Rades rief eine andere Partei dazu auf.

Marineverordnungsblatt. Nr. 21. Inhalt: Marine- Akademie. Uebung der Seewehr zweiter Klafse. Uniform der Marine-Ingenicure. Kleiderkasse. Geschäftéführung innerhalb

der Stationskommandos. Telegrophishe Melduncen. Wollcnes Unterzeug. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Statiftische Nachrichten.

Der Deutschen Justiz-Statiftik, bearbeitet im Reichs- Instizamt, Jahrgang I. (Berlin, Puttkammer und Mühlkreht) ent- nehmen wir rücksihtlich der Strafsachen, daß_ von den Amts- gerihten im Jahre 1881 727 260 Strafbefehle in Forst- und Feld- rügesahen (ohne den Ober-Landesgerichtsbezirk Nürnberg) erlassen worden sind. An Privaiklagen waren 86 764 (13 417 überjährige und 73 347 neue) anhängig, von denen 71441 beendet wurden (6856 dur Zurückweisung der Privatklage, 34043 durch Urtheil, 25 924 auf andere Weise in erster Instanz, 4392 in der Berufungsinstanz,

26 in der Revisionsinstanz). Unbeendet blieben 15 323 (420 überjährige und 14903 neue). Anträge auf Erlaß von Strafanträgen, mit Ausnahme der Forst- 2x. Saden,

waren 648 800 (40 957 überjährige und 607 843 neue) anhängig; da- von wurden beendct in der ersten Instanz 552 578 durch Strafbefehl, 40 576 durch Urtheil, 15 153 auf andere Art, in der Berufungéinstanz 1906, in der Revisionsinstanz 93, zusammen 610 306, so daß 38 494 e überjährige und 36 424 neue) unbeendet blieben. An Anklage- aden wegen Vergehen lagen 311 317 (40499 überjährige und 270 818 neue) vor, von denen 265 864 beendet wurden, und zwar in der ersten Instanz 236 850 durch Urtheil und 14482 auf andere Art, in der Berufungsirstanz 14 067, in der Revisioneinstanz 465. Unter den 311 317 Anklagesahen befanden sih 109 688 von der Strafkammer überwiesene Sachen. Unbeendet blieben 45 453 Sachen (2946 über- jährige, 42 507 neue), darunter 17 347 von der Strafkammer über- wiesene. Wegen Uebertretungen waren 351 603 Anklagesachen an- bâängig (20 190 überjährige und 331 413 neue), von denen 341 301 beendet wurden, und zwar 308 039 durch Urtheil und 18 164 auf andere Art in erster Instanz, 4888 in der Berufungsinstanz und 210 in der Revisionsinstanz ; unbeendet blieben 20 302 (770 überjährige und 19 532 neue). Die Zahl der anhängigen Voruntersuchungen betrug ohne die Ober-Landesgerichte Jena, Karlsruhe und Nürnberg 6365 (730 überjährige und 5635 neue), von diesen blieben 591 (33 überjährige und 558 neue) unbeendet. Einzelne richterlihe Anordnungen wurden 297 545 getroffen.

Bei den Landgerichhten wurden 73 671 Strafanträge von den Staatsanwälten obne weitercs Verfahren zurückgewiesen und 35 667 an die zuständige Behörde abgegeben. Vorverfahren waren 495 315 (62 213 Üüberjährige und 433 102 neue) anhängig, von denen 67 661 (6963 überjährige und 60 798 reue) unbeendet blieben. Unter den Vouverfahren waren 37 830 Voruntersuhungen. An Hauptver- fsahrea in es Instanz waren vor den Schwurgerichten 6423 (625 üÜberjährige und 5798 neue) ankbängig, von denen 577 (26 ükerjährige und 551 neue) unbeendet blieben ; von den Straskammern 35 605 (3859 überjährige und 31 746

reue), davon 3829 (173 überjährige und 3656 neue) unbeendet; wegen Vergehen 42691 (6971 ükterjährige und 35 720 neue), wovon 7249 (607 überjährige und 6642 neue) unbeendet. An Berufungen waren bei den Landgerichten in Privatklagesachen 7119 (850 überjährige und 6269 neue) anhängig, von denen 1452 durch ein Verwerfungs-, 3463 dur ein anderes Urtbeil und 1164 obne Urtbeil, zusammen 6079 be- endet wurden. Wegen anderen Vergeben und Uebertretungen waren 35 547 Sahen (5051 überjährige urd 30496 neue) anhängig, von denen 5633 (182 überjährige und 5420 neue) unbeendet blieben. Zur Zuständigkeit der Straffammern gehörten 5633 Beschwerden.

Die Ober-Landeëgerichte batten an Revisionen gegen Urtheile der Bcrufungéinstarz zu erledigen: 348 Privatklagesaten (31 überjährige und 352 neue), von denen 35 (neuc) unerledigt blieben, und 1492 andere Vergehen und Uebertretungen (148 übterjährige und 1344 neue), welche bis auf 127 neue erledigt wurden. Beshwerden in Straf- sachen erster Instanz lagen vor: aus der Kompetenz der Amt2- oder Schöffengerichte 677 (darunter 29 überjährige), die bis auf 16 er- ledigt wurden; aus der Kompetenz der Strafkammern 2175 (70 ükerjährige), erledigt bis auf 82; aus der der Schwurgerichte 221 (4 überjährige). erledigt bis auf 8 (ncue).

Die Zahl derjenigen Anzeigen und Anträge, welche von den Staatëanwälten ohne Weiteres zurückgewiefen worden sind, verhält sich zu den ankängig gewordenen Vorverfahren wie 170 : 1000, die der an andere Bebörden abgegebenen wie 82 : 1009. Es entfiel ferner je 1 bei einem Ober-Landesgericht im Jahre 1881 gestellter Antrag auf gerihtlide Entscheidung über Erhebung der öéffentlihen Klage auf 330, je 1 einem jolcen Antrage stattgebende Entscheidung auf 6139 in demselben Jahre zurückgewiesene Anzeigen und Anträge. Von 10 C00 landgerihtliwen Vorverfahren sind beendet 3920 durch Einstellung des Verfahrens Seitens der Staateanwaltschaft, 983 durch Abgabe dec Akten an einen Amtsanwalt, 789 dur Erhebung der Anklage bei cinem Amtegeriht; durch Beschluß der Strafkammer auf Nict- eröffnung des Hauptverfahrens 243, desgl. auf Eröffnung desselben vor einem Schöffengeriht 2306, vor einem Schwurgericbt oder einer Strafkammer 1759. Von den Vorrerfahren blieben am Jahres- {luß 13,7 °/0, von den Veruntersuchungen inébesondere 14,8 /g un- beendet. Von 1000 Beschlüssen der Strafkammer lauteten 56 auf Nibteröffnung des Hauptverfaßrens, auf Eröffnung desselben vor eincm Schöffengericht 536, vor einem Sc{wurgericht oder ciner Straf- kammer 408.

_An Anklagesaen (in welchen nah §. 211 Str.-Pr.-O. auënahmé- weise obne scriftlihe Anklage und ohne Entscheidung über die Er- öffnung des Hauptverfahrens zur Hauptverbandlung geschritien werden kann) fam 1 auf 67 Einwohuer, und zwar wegen Uebertretungen auf 136, wegen Vergehen auf 148, wegen Verbrechen auf 1205 Einwohner. Auf 1000 anhängige Anklagesaben entfielen 491 auf Ueber- tretungen, wegen Vergehen 401 auf die Scchöffengerichte (davon 141 von der Strafkammer überwiesene) und 53 auf die Strafkammern, wegen Verbrech{en 47 auf die Straf- fammern und 8 auf die Schwurgerichte. Die Schöffengerichte waren mithin im Ganzen mit 892, die Strafkammern mit 100 und die Schwurgerichte mit 8 vom Tausend der Anklagesacden betheiligt. Von den Vergehen fielen 88,3"/9 der Zuständigkeit der Schöffengerichte und 11,79/6 ter der Strafkammern zu, von den Verbrechen 86/9 den Strafkammern und 14% ten Schwurgerichten.

Auf 225 238 Hauptverhandlungen der Amtsgerichte nhne Zuziehunz von Schöffen (ohne 1074 in dem Ob.-L.-G.-B. Stuttgart, wo abweichende Verhältnisse obwalten) famen 203 601 Urtheile (111 : 100), auf 543 031 Hauptverhandlungen vor den Schöffengerichten 457 789 Urtheile (119: 100), auf 72 691 Verhandlungen vor den Straffammern (ohne Stuttgart) 67535 (113 : 100) und auf 5990 Schwurgerichtsverhandlungen 5741 Urtheile (104 : 100). Auf 1 Schöffengerichtssißung kommen im Durchschnitt 8 Hauptverbandlungen.

Auf 217140 von den Amtsgerichten Verurtheilte kamen 13 999 (69/0) Freisprehungen, bei den Schöffengerichten auf 452714 : 115 699 (0%), bei dcn Siraffkammern in erster Instanz auf 87 109 : 14134 (14%), bei der Swurgerichten auf 5809 : 2147 (27%).

Von den in erster Jnstanz anhängigen Untersuchungen blieben unbecendet: bet den Schöffengerichten 5,8 °%/ der Untersuchungen wegen Lebertretungen, 14,6 9/9 der Vergeben; bei den Landgerichten 17 9/6 der Anklagesahen wegen Vergehen, 10,8 %/ wegen Verbrecten; bet den Schwurgerichten 9 9/0.

Von Privatklagesachen entfielen je 1 auf 617 Einwohner, 84 auf 1000 Scöffengerichtsurtheile; §6 pro Mille wurden durch Zurük- weisung beendet ; auf je 1000 blieben 177 unbeendet.

Auf je 1000 anhängig gewordene Anklagesachen wegen Ueber- tretungen kamen 1834 Anträge auf D eircs ricte:liden Straf- befehls, von 1000 derartigen Erlassen fanden 905 ihre Erledigung durch den Strafbefebl felbst.

Von 1000 beendeten amtsgerihtlihen Sachen endeten 928 Pri- vatklagesachen in der ersten, 68 in der Berufungé-, 4 in der Ne- visiontinstanz; von Strafsachen, in denen der Erlaß eines Straf- befehls beantragt war, 965 bezw. 33 und 2; von Anfklagesachen wegen Vergeben 945 bezw. 53 und 2; desgl. wegen Uebertretungen 984 bezw. 15 und 1; von landgerihtlihen Sachen wegen Ver- brecen 979 bezw. 21 in der Revisiontinstanz; wegen Vergehen 960 bezw. 40; von s{hwurgerihtlichen Sachen 967 bez. 33.

Auf je 1000 Urtheile dcr Vorinstanz kamen 49 Urtheile der Berufungsinstanz, davon 20 auf Aufhebung tes ersten Urtheils; von 100 Urtheilen der Berufungéinstanz lauteten 41 auf Aufhebung des erfley Urtbeils. Auf 1000 Urtheile der Vorinstanz kamen 38 der P ¿sionsinstanz, davon 9 % auf Aufhebung des ersten Erkenntnisses lautend. Von 100 Urtheilen der Revisionsinstanz lauteten 24 auf die gleihe Aufhebung. Auf 1000 Urthcile der Be- rufungéinstanz kamen 45 der Revisiong8instanz, davon 10%/9 das Be- rufungsurtheil aufhebende; von 100 Urtheilen dieser Instanz boben 22 das Berufungsurtheil auf.

Im Ganzen wurden im Jaßre 1881 Urtheile in Strafsachen er- lassen: In erster Instanz bei den Schöffengerichten 662 643, den Strafkammern 67 535, den S&wurgerichten 5741; in der Berufungs- instanz 13 361 das erste Urtheil aufhebende und 19 095 die Berufung verwerfende; in der Revisionsinstanz bei den Ober-Landesgerichten gegen Urtheile erster Jnstanz 7 dieselben aufhebende unt 9 das Ee verwerfende; gegen Urtheile der Berufungsinstanz 322

ezw. 4,

Von den bei den Ober- Landeëgerihten in Strafsachen einge- laufenen Beschwerden waren 169 (5,7 "/c) weitere Beschwerden (d. h. gegen Verhaftungen betreffende Beschlüsse, welhe von den Land- gerihten in der Beschwerdeinstanz Pay Dep sind), 761 (27 9/6) Be- \hwerden wurden durch Entscheid für begründet, 2054 (73 9/6) für unbegründet erklärt. Von sämmtlichen Beschwerden entfielen auf das Amts- oder Schöffengericht 220°/6, die Strafkammer 71 9/0, das Scbwurgericht 7 °/0. .

Unbeendet blieben bei den Landgerichten Berufungen in Privat- flagesahen 14,6 %%, wegen anderer Vergehen und Ueber- tretungen 15,8 9/0; bei den Ober-Landesgerichten Revisionen gegen Urtheile erster Instanz 14,3 9/0, der Berufungteinstanz in Privatklage- fachen 9,1, in anderen 8,5 9%; Beschwerden 3,4 °/0. J

Wiederaufnahmeverfahren fanden 428 statt, und zwar in {öfen- geritlihen Sachen 124 zu Gunsten des Verurtheilten, 56 durch sofortige Freisprebung, 43 dur Aufhebung, 25 durch Aufrechterhal- tung des früheren Urtheils erledigt; zu Ungunsten des Angeklagten 50 (12 bezw. 38); in landgerichtlihen und \{chwurgerichtlihen Sacben 160 (70 bezw. 38 und 52) bezw. 94 (12 und 82).

An Konkursen waren im Jahre 1881 4475 überjährige und 6222 neu eröffnete (1 auf 8613 Einwohner) anhängig. Beendet wurden 5955, davon 879 (15 °%/e) durch Zurüdckweisung des Antrags auf Konkuréeröffnung, 2629 (44/6) durch Sclußvertbeilung, 1290 (22 (3 durch Zwangsvergleich, 1157 (19 %/) auf andere Art. In 1394 Fällen (27 9/9) war ein Gläubigerauëshuß vorhanden.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin as bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 1. Oktober bis inkl. 27. Oktober cr. zur Anmeldung gekommen : 335 Gbeschließungen, 829 Lebendgeborene, 28 Todtgeborene, 547 Sterbefälle.

Kunft, Wifsenschafi und Literatur.

Gesetz, betreffend die Befugnisse der Strom- bauverwaltung gegeaüber den Uferbesitzern an öffentlichen Flüfsen, vom 20. August 1883. Gesetz, betréffend die Aufhebung der Ufer-, Ward- und Hegungéordnung für das Herzogthum Schlesien 2c. vom 12. September 1763, vom 20. August 1883, landre{tlihe Bestim- mungen, betreffend die Rechtsverbäitnisse der Uferbesitzer an öffent- lihen Flüssen. (Mit Anmerkungen und Sachregister.) Berlin 1883. R. v. Deckers Verlag. Marquardt u. Schenckd. 2X Bogen gr. 8. Geheftet Preis 0,40 Die Verschiedenartigkeit der einzelnen Pro- vinzialgesetzgebungen betreffs der Recbte des Staats in Ausübung der Strombauverwaltung reifte das Bedürfniß einer einheitlichen Umfor- mung der biéberigen Rechtsverhältnisse, wie solbe im obigen Gesetz zum Auédruck gelangt. Wenngleich si die in ibm enthaltenen Bes stimmungen den Grenzen des vorhandenen Recwts möglist nabe be- wegen, so dürfte doch für die Adjazenten öffentlicher Ströme ein ge- naues Kennenlernen derselben von Interesse fein, Hierzu bietet der vorliegende kleine Kommentar mit seinen durwbweg sachlichen Anmerkungen und der Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des Allg. Landrech18 und der Civilprozeßordnung die beste Gelegenheit, ___ In demselben Verlage is auch eine Tertausgabe des Gesetzes über die allgemeine Landes8verwaltung vom 30. Ju'i 1883 und des Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungs8- und Verwaltungsgerihtsbehörden vom 1. A gust 1883, nebst Sachregister, erschienen (7 Bogen ar. 8°, geheftet 0,80 M).

Dieneue Aufstellung der Universitäts-Bibliothek zu Kiel. Cine Denkschrift zur Orientirung. Von dem Bibliothekar Dr. Emil Steffenhagen. Mit einer Beilage und zwei Grund- rissen. Kiel 1883. Da der neue Bau der Universitäts-Bibliothek zu Kiel seiner Vollentung rabe ist, so seßt Dr. Steffenhagen in vor- stehender Denkschrift eingehend avseinarder, nav weldem Plan und nach welchen Grundsätzen die bevorstehende Aufstellung der Kieler Bibliothek in dem ncuen, nach französisbem Muster gebauten Bibliothekägebäute zu erfolaen habe und erfolgen werde. Zu dem Ende verbreitet er sich zurächst Über das französisbe Konstruktions- \system und den Unterschied desselben von dem deutsch.n, sowie über die Nothwendigkeit der Anwendung des fran?ösisben Konstruktions-

systems für die Kieler Bibliothek, führt sodann die 5 Ab- theilungen der Kiel.r Biktliothek auf, be-screibt hierauf die zur Unterbrinourg der BVücker bestimmten Räume und

erörtert die neue Aufstellung dec Bibliothek. Uebrigens ist Dr. Steffen- hagen der Meinung. taß die Zeitdauer, für welche der Raumgehalt des neuen Bibliothekgebäudes vorbehalten werde, auf 23 bis 35 Jahre, also im günstigsten Falle auf ein Menrschenalter sinke, falls cs bei einem tloßen Zuwachs von Oktavbänden verbliebe, was richt gesehen werde, ouf noch weniger aber nah Maßgabe der hinzukommenden Folianten und Quartanten, deren Autdebnung nicht zu lercchnen sei, und gelangt zu dem Resultat, daß die Raumberecknung der Architekten, wie sie für Kiel und ähnli vorher in Halle zur Geltunz gebracht worden, auf Bibliotheken mit einigermaßen erheblichem Bestande an Folianten und Quartanten nicht anwendbar sei. Wir b: merken schließlic, daß in Halle die erste deutsche Universitäts-Bibliothek nach französishem Muster gebaut worden ist, und daß dann die Universitäts-BibliotL eken in Greifêwald, Göttingen und Kiel gefolgt find.

Uhland, Das elektrische Licht und die elektrische Beleuchtung. Mit einem Anhang über die Kraftübertragung dur Elektrizität. Für Ingenieure, Architekt: n, Industrielle und das gebildete Publikum. Mit gegen 400 Abbiltungen im Tert und 22 bis 24 Vollbildern neben dem Tert. Vollständig in 12—13 Liefe- rungen zu je 80 . (Leipzig, Verlag von Veit u. Comp.) Be- reits beim Erscheinen der ersten Lieferung haben wir auf das obige Werk aufmerksam gemabt. Es licgt uns nunmehr die zweite bis \echite Licferung vor. Diese neuen Üeferungen kalten, was die erfte versproven hat. Lichtvolle Darstellung in Verbindung mit zahlreichen vorzüglichen Abbildungen sichern dem Uhlandschen Werke eine hervorragende Stellung auf dem Gebiete der Elektrotechnik und maden cs für den Fakmann sowohl, als auch für den gebildeten Laien zu cinem praktishen Buche. Die sech8 nunmehr vorliegenden Licferungen behandeln die elektrischen Ströme, die elektrischen Ma- schinen, praktishe Regeln zur Konsiruktion der Maschinen und die elektrishen Lampen. Jedem, der einigermaßen Antheil nimmt an den durch die Elektrizität auf fast allen Gebieten des gewerblichen Lebens hervorgerufenen gewaltigen Veränderungen, ift durh das Uhlandshe Werk Gelegenheit geboten, sih eingehend zu orientiren.

Katalog Nr. 184 der Scblettershen Buchhandlung (E. Fran ck), Antigquariat in Breslau, bringt ein Verzeichniß von 2806 Schriften über Medizin, vergleichende Anatomie und Physiologie sowie Pharmazie. Die aufgeführten Schriften, fast sämmtlich dem 19. Jahrhundert angehörig, betreffen die verschiedenartigsten Krankheiten; unter denselben befinden sich werthvolle und seltene Werke.

Getverbe und Handel.

Vom Berliner Pfandbrief-Infstitut sind bis Ende Of- tober 1883 291 0C0 M 32 %%oige, 16 561 800 Æ 4 °/oige, 44 337 070 Æ 413 9%/cige und 9 317 700 M d “/ige, zusammen 70510 500 X Pfand- briefe ausgegeben, wovon noch 291 000 M 33 °/oige, 16 305 900 4 %/ige, 35 958 990 M 43 %/ige und 6 809 700 MÆ. 5 °/ige, zusammen 59 365 500 M Pfandbriefe verzinslich sind. Es ßind zugesichcrt, aber noch nit abgehoben 1 053 800 M

Die „New-Yorker Hdls.-Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 19. v. M. datirten Wochenbericht folgendermaßen: Die glänzenden Hoffnungen, zu denen man nocch vor wenigen Monaten hinsichtlich unserer Ernteaussihten sich berectigt glaubte, haben fich niht erfüllt. Der Ofktoberberiht des Ackerbaudepartements in Washington, welcer eine annähernd sibere Schäßung des Jahres- ertrages gewährleistet, läßt für Baumwolle höchstens 6 000 000 Ballen erwarten, gegen 7 000000 im vorigen Jahre und 5 500000 in 1881, Der Weizenertrag wird sich auf 400 420 Milionen Busbel tellen, gegen 500 Millionen im vorigen Jahre, und die Qualität kommt nit einer dur{chs{nittliben glei. Mais hat im Norden und Nordwesten durch Frost gelitten und miud vielleibt 1600 Millionen Bushel ergeben, während man sich mindestens 1800 Mil- lionen Bushel versprochen hatte. Sehr gut sind dagegen Hafer und Kartoffeln ausgefallen, sowohl in Qualität wie Quantität. Dieser Minderertrag der Ernten ist indessen niht ohne Einfluß auf die all- gemeine Stimmung in der Handel8welt geblieben. Troß des niedri- gen Preiéniveaus fast aller Artikel beschränkt jeder Kaufmann seine Einkäufe auf Befriedic,unz des dringendsten Bedarfs. Dieser Konsuinbegehr is aber im Ganzen ret umfangreih ge- wesen, so daß die Herbst-Saison im legitimen Geschäft durchgehends befriedigt hat. Die Aktienbörse dagegen bes findet sch in einer traurigen Beschaffenheit. In der binter uns liegenden Woche haben die Course wieder einem star- ken Rückgang unterlegen. Die dadurch herbeigeführten Verluste fallen aber glückliherweise nur auf die großen Spekulanten, da sih das Privatpublikum schon seit Langem von der Börse ferngehalten hat und die Éleinere Spekulation seit Monaten aus\chließlich à la Baisse engagirt g:- wesen ist. Wenn das Geschäft am Waaren- und Produkten- markt in einzelnen Branchen wohl etwas mchr Regsamkeit entfaltet haben mag, läßt dasselbe im Ganzen genommen dodb noch zu wün- schen ü*rig. Brodstoffe verharrten in weichender Tendenz, Mais ist zu den niedrigeren Preisen, welche etablirt worden finò, sür Export begehrt geblieben, für Weizen und Weizenmehl will dagegen nach dieser Richtung noch immer kine recte Frage auffommen. Der ara enmar ist unverändert. Baumwolle hatte bei ruhigem Geschäft

nfangs rückgängige Tendenz, ist aber am Schluß wieder etwas fester. Brasil-Kaffees haben noch weiter angezogen, begegneten zu dem Avan jedoch nur bes{ränkter Frage; reins{chmeckende Sorten behielten feste Preishaltung. Für Rohzucker ift troß stillem Geschäft ein Avanz etablirt worden. Der Theemarkt war still, aber stetig. Schmalz, Schweinefleish und Speck fanden verhältnißmäßig wenig Beachtung und konnten vorwöcbentlicde Notirungen nicht ganz behaupten, sind