1883 / 264 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Nov 1883 18:00:01 GMT) scan diff

86 1046 1118 1274 1296 1324 1372 1444 1499 1548 1580 1704 1719 1728 1733 1837 1846 1884 1898 1948 1958 1992 2058 2110 2145 = 45 Stüdck über 45 009 Fl. = 77143 A 05 4, Summa 177 Stü über 86 400 Fl. oder 148 114 Æ 46 A.

Die Inhr dieser Obligationen werden hiervon mit dem Bemerken ben0vel4htigt, daß die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum #90.10. ¿n Rüdzahlungêtermine erfolgt, bei folgenden Stellen erh, 7. Þrden fönnen :

Bei deùs lo6ankhause der Herren M. A. von Roth- \child u. SöH, pr.n Frankfurt a. M., bei der Königlichen Regierungs-Haubtkasse in Wiesbaden, bei jeder an de- ren Königlichen Regierungs-Hauptkafsse, bei der König- lihen Staatsshulden-Tilgungskasse in Berlin, bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M. und bei den Königlichen Bezirks-Hauptkassen in Hannover, Lüne- burg und Osnabrüdck. . :

Die Auszahlung erfolgt gegen Rückgabe der Partial-Obligationen mit den dazu gehörigen Zinsscheinen und Zinsscheinanweisungen, und zwar bei denjenigen sub A mit den Zinsscheinen Reihe 1I Nr. 6, 7 und 8, bei denjenigen sub B mit den Zinsscheinen Reibe II Nr. 7 und 8.

Der Geldbetrag der etwa fehlenden Zinsscheine wird an dem zu zahlenden Kapitale zurückbehalten. i

Soll die Einlösung von diesen Obligationen weder bei dem vor-

enannten Bankhause, noch bei der Königlichen Regierungs-Haupt-

fasse hier oder der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. G

ondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, fo sind die effenden Obligationen dur diese Kasse vor der Auszahlung an

den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden , weshalb dieselben

cinige Zeit vor dem Rückzahlungêtermin eingereiht werden können.

Rüdckständig sind noch:

aus den Verloosungen

pro 1. August 1861: Litt. A. 1022,

pro 1. August 1874: Litt. B. 59,

pro 1. August 1879: Litt. B. 55,

pro 1. Februar 1881: Litt. C. 853,

pro 1. August 1881: Litt. A. 209. S

pro 1. Februar 1882: Litt. A. 938 1451 1537, N :

pro 1. August 1882: Litt. A. 275 2185, B. 8 491 972, D. 95 353 909, E. 823 1481 1632 1991.

pro 1. Februar 1883: Litt. A. 460 1530 1915, B. 102 706, C. 66 319, D. 300, F. 866 1731.

pro 1. August 1883: Litt. A. 125 1661 1947 2069 2093, B. 95 389 510 779, C. 711 849. D. 106 656, E. 93 378 464 551 857 1365 1388 1771, F. 634 1502 1841.

Wiesbaden, den 15. Oktober 1883.

Der Regierungs-Präsident. von Wurmb.

In der heutigen andelsregister-Beilage wird Nr. 45 der

Zeichenregister-Bekanntmahungen veröffentlicht.

Nichtamtliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 9. November. Se. Majestät ver Kaiser und König trafen, wie „W. T. B.“ aus Ebers- walde meldet, mit Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen Erzherzog Rudolf und den Königlichen Prinzen in offenen Wagen gestern Nachmittag gegen 13/4 Uhr, empfangen von dem Oberst-Jägermeister Fürsten Pleß und dem Hof-Jägermeister Frhrn. von Heinge, bei dem 20 Minuten von dem Jagdschloß Hubertusstock entfernten Jagdzelt ein und wurden mit dem von den Eleven der Forsishule Groß-Schöne- beck geblasenen Fürstenruf begrüßt. Das Wetter war vor- trefflich.

Mae dem Dejeuner fand der Aufbruch in Pürschwagen zum Jagen in den Fliederbergen der Oberförsterei Pechteich auf Roth- und Dammwild statt. Nach zweistündiger Jagd wurde sodann die Strecke bereitet und die Rückfahrt nach dem S@lof}se angetreten, wo um 6 Uhr das Diner stattfand.

Abends 73/4 Uhr trafen Se. Majestät der König und Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sachsen in Eberswalde ein und begaben Sih von dort sofort mittels Wagens nah Hubertusstock. S

Heute Morgen um 7 Uhr fuhren Se. Majestät der Kaiser gemeinschastlih mit Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Kron- prinzen Rudolf in offenem Wagen von Hubertussiock aus nah dem Jagdterrain, Se. Majestät der König von Sachsen folgte mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm, Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sachsen mit Sr, Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl. Um 111/5 Uhr wurde im Jagd\shlosse das Dejeuner eingenommen, nah welchem das zweite Jagen begann.

Ein General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs is} vorgestern Abend nach Madrid abgereist mit einem Allerhöchsten Handschreiben, in welchem der Gegenbesuch Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen als Vertreters Sr. Majestät des Kaisers und Königs bei Sr. Majestät dem König Alfons angesagt wird. Se. Kaiser- lihe Hoheit der Kronprinz wird zwischen dem 12. und 15. d. M. in Genua eintreffen, wo inzwischen 3 deutsche Kriegsschiffe an- langen werden, um Höchstdenselben nah Spanien zu geleiten.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin wird in diesen Tagen in Baden-Baden die Kur vollenden.

Am nälhsten Sonntag gedenkt Jhre Majestät dort dem Gottesdienste in der Shloß-Kapelle beizuwohnen und am 12. die Reise nah Coblenz anzutreten.

Unter dem Vorsitz des Staats-Ministers von Boetticher wurde am 8. November eine Plenarsizung des Bundes- raths abgehalten. Der Königlih württembergische Ministerial - Rath von Weizsaecker ist für das König- reieh Württemberg zum stellvertretenden Bevollmäch- tigten zum Bundesrath ernannt worden. Der König- lih württembergische Direktor , frühere Ministerial - Rath von Knapp is aus dem Bundesrath auêgeschieden. Ein Antrag wegen Rückerstattung von Zoll für ein durch Ueber- ichwemmung verloren gegangenes Quantum Petroleum wurde dem zuständigen Ausschusse zur Vorberathung überwiesen. Ein Ausshußantrag, die aus 48 Blättern bestehenden sog. Widderkarten als doppelte Spiele zum Spiel- farten-Stempel heranzuziehen, wurde genehmigt. Auf eine Eingabe, betreffend den Erlaß der Steuer für ein dur Uebershwemmung verlorenes Quantum Rohbzucker, ertheilte

die Versammlung ablehnenden Bescheid. Es wurden ferner zurückgewiesen : eine Eingabe, betreffend die Ermäßigung der Mühlenabgaben in Mecklenburg-Strelißp, und das von einem Postbeamten gegen die zwangsweise Verseßung in den Ruhe- stand erhobene Refursgesuch. Mit einer Abänderung der Formu- lare für die Erhebung der Statistik der Bergwerke, Salinen und men und der dieserhalb geltenden Bestimmungen war die

ersammlung gemäß den Anträgen der Ausschüsse einver- standen. Ueber den Antrag von Schwarzburg-Rudolstadt, be- treffend die Erledigung einer Streitigkeit zwischen Schwa1z- burg:Rudolstadt und Schwarzburg:Sondershausen, wurde die Regierung von Shwarzburg-Sondershausen um Abgabe einer Erklärung ersucht.

Die Königliche Friedrih-Wilhelms-Univer- sität feierte am heutigen Tage den vierhundertsten Geburtstag Dr. Martin Luthers dur eine öffentliche Festsigung. j i «

Der Dekan der theologishen Fakultät, Professor Dr, Kleinert war berufen, die Festrede zu halten.

Wirklihe Größe, also führte der Redner

je weiter sich der Blick zeige die Größe der dies-

ersheint um so größer, von ihr entfernt. Das : jährigen Lutherfeier, die Weite der mitfeiernden Kirche, die Mannigfaltigkeit der Lebenegebiete, die sich an der Feier zu beth.iligen verpflihtet fühlen. Der geschichtliche Jus unseres Jahrhunderts habe erkannt, daß im Mitte punkte der ebensentwickdlung, wie beim Jndividuum das religiöse Erlebniß, so bei der Nation ihre religiöse Geshihte stehe. Kein Gebiet unseres Volkslebens gebe es, das nicht Einwirkungen der Reformation auf- weise. Hier, in der Universität, gelte es, das Pflichtreht der Wissenschaft und ihrer Lehre zur Mitfeier nachzuweisen. An äußeren Beziehungen, welche die Feier der Universität be- gründen, sei i vorhanden, aber es gezieme sih, nah den inneren zu schauen. Die Frage, ob Luther ein Gelehrter gewesen, thue wenig zur Sache. Wissenschaft stehe niht blos auf der Säule der Gelehrsamkeit, sondern auch auf der der Wahrheit. Jhre Hände find im Wissen der Einzelnen, die Sehnen ihrer Krast aber liegen im Charakter; die Weisheit fommt nicht in eine unlautere Seele. Aus dem Streite der Sophisten (Scholaftiker) und Poeten (Humanisten) seiner Zeit, denen beiden die Wahrheit keine Letensfrage war, trete die Gestalt Luthers hervor als die eines Kämpfers der Wahrheit um des Gewissens willen. Das war er durch das religiöse Ergebniß seines inneren Wendepunktes im Kloster zu Ersurt geworden. Von vielen seiner Zeitgenossen sind fonkretere, aber immer räumlih beschränkte Wirkungen in die Wissenschast ausgegangen; an seinem Geiste muß Alles theil haben, was Wissenschast heißt. Aus seinem Umgange mit der Wahrheit stammen die großen Züge, die er der Wissenschaft zuwendet: sein Ernst, sein Zorn, seine Entschlossenheit, feste Rukhe, geistige Vornehmheit, Löwenkühnheit. Freilih, um Höhe zu sehen, müsse man den Blick zur Höhe richten. Wer seiner Gesinnung niedere Züge zuschreiben wolle, werde zu Schanden namentlih an der beharrlichen Haltung der Weisheit und des Maßes, mit der er die wilden Bewegungen der Jahre 1522 bis 1525 aufgehalten. Damals habe er Bildung und Wissen- \chast für Deutschland gerettet und sei der Lehrer des deutschen Volkes geworden. Von der Kraft des religiösen Erkenntnisses, dur das er Reformator gêworden; gehen au die Entdeckun- gen von allgemeiner Bedeutung aus, dur welche Luther der Wissenschast konkrete Dienste geleistet hat. Drei solche Ent- deckungen nannte der Redner mit weiterer Ausführung: die Bedeu!ung der inneren Erfahrung als Erkenntnifquelle, mit welher seine Verdienste um Glaubenslehre, biblishe Exegese und Kritik, Geschichtsforshung und Philosophie zusammenhängen. Ferner die Bedeutung des Beruss im Gegensag zum Mönchsthum, auf welhe neben Anderem die seitherige Gestaltung der wissenschastlihen Berufe sich gründet, und endlich bie Be- deutung des Wortes als der Macht, welche ohne Chwert die Welt überwindet. An Luthers Bibelüberseßung, an der mannig- faltigen Größe seiner schriftstellerishen Thätigkeit zeigt sich das Epochemachende dieser Entdeckungen Luthers. Jm engsten Rahmen habe Luther der Wissenschaft und der Universität treu gedient. Redner ertwarf sodann eine kurze Skizze der akademi- schen Thätigkeit des Reformators. „Als er nah Beendigung seiner zehnjährigen Vorlesung über die Genesis im zwölften Jahre seines langen Dekanats starb, stand im Mittelpunkte der Trauerfreier die Universität Wittenberg, in deren Namen Melanchthon das Wort ergriff. Und die deutsche Universität, welche bei dem Säkularfeste seiner Geburt, indem sie willig der Kirche die nälhste Verpflichtung dankbarer. Feier zuerkennt, do unter den Feiernden nicht fehlen mag, handelt dabei in ihrem Berufe. Denn der Wissenschaft hat Luther in Gottes Kraft Raum gemacht, Bahn gebrochen, Baben gegeben; zu ihrer Pflege und Ehre hat er ein Volk erzegen; ihrer Lehre hat er den Boden gepflügt, den Damm geschüttet, das Werk- zeug geshmiedet und sein Leben in Dienst gestellt.“

Mit einer Mahnung an die theologishen Kommilitonen, sich als ZJün ger Luthers zu bewähren, machte der Redner den Uebergang dazu, der Gesammtfeier der Universität die Ver- fündigung der Ehrenpromotionen anzuschließen, welche die theologishe Fakultät zu Ehren des Tages beschlossen. Nach dem alten Ritual erfolgte die Promotion lateinisch.

Gesang eröffnete und {loß diese öffentlihe Sißung, der eine zahlreihe Zuhörerschaft beiwohnte. Jn derselben be merkte man den Kultus-Minister von Goßler, den Gouverneur und den Kommandanten von Berlin, den Geheimen Kabinets- Rath Sr. Majestät des Kaisers und Königs, Wirklichen Ge- heimen Rath von Wilmowski, den Bürgermeister Duncker und eine größere Anzahl von Geistlichen.

aus,

Die Tagespresse hat, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 11. Straffenats, vom 21. September d. J, kein weitergehendes Recht als jede Privatperson, vermeint- lihe öffentliche Uebelstände, beispielsweise ein vermeintliches unberehtigtes Vorgehen der Polizei, zu besprehen und zu rügen. Ein darauf bezüglihes Jndividualreht der Presse existirt nicht.

Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich von Hoy enge is Oberst und Commandeur des 2. Garde- ragoner-Regiments, is von einem ahtwöchentlihen Urlaub nah Süddeutschland und der Schweiz hierher zurückgekehrt.

Kiel, 8. November. (Kl. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich befindet Sih jeßt mit S. M. Schiff „Olga“ in den Gewässern von St. Thomas (Westindien).

Es ist dies wieder eine Etappe der Hzimath zu. Rio Janeiro lief die „Olga“ am 13. September an und verließ es am 17. September. Jn Bahia traf die „Olga“ am 22. Sepz tember ein und blieb daselbst bis zum 27. September. Von da ging sie nah Trinidad und sodann na St. Thomas. Se. DERie Hoheit wird Mitte März n. J. hier zurü&- erwartet.

Hannover, 7. November. (Neue Hannoversche Ztg.) Jn der heutigen (9.) Sißung des hannoverschen Provinzial-Landtages wurde zunächst über den Antrag, „der Arbeiterkolonie Kästorf eine Beihülfe in Form eines un- verzinslihen Darlehns von 30 000 / zu gewähren“ berathen,

Der Abg. von Bennigsen entwickelte kurz die Grundzüge der Ziele einer solchen Arbeiterkolonie und die Entstehungs- geshihte der Kolonie in Kästorf. Die Kolonie Wilhelms- dors habe als unverzinslihes Darlehen von der Pro- vinz Westfalen 54 000 #, von der Rheinprovinz 12 000 erhalten. Der Verwaltungsauss{{huß habe aber nur 30 000 & für Kästorf beantragt, weil nicht ausgeschlossen sei, daß in nächsten Jahren für eine oder mehrere derartige Kolonien in anderen Theilen der Provinz die Beihülfe des Landtages ebenfalls in Anspruch genommen werde. Jn Kästorf feien seit der Eröffnung, am 1. Juli d. F., bis zur Zeit, als der vorliegende Antrag ausgearbeitet worden, 151 Personen auf- genommen. Davon feien bis jeßt 70 entlassen, und von diesen hätten 62 ein Unterkommen als Arbeiter gefunden, Die Anstalt sei jegt auf 80—100 Jnsassen eingerichtet ; im Laufe des Winters gedenke man die Räume zu erweitern, Die ganze Anlage von Kästorf, die Einrichtung, Leitung und Resultate der Anstalt seien derartig, daß sie einer Beihülfe in jeder Hinsicht würdig und werth sei.

__ Nach längerer Debatte wurde darauf die beantragte Bei- hülfe für Kästorf in Höhe eines Darlehens von 30 000 bewilligt.

Auf Antrag des Referenten der Rehnungskommission, Abg. Schorht, wurden die Schreiben des ständischen Ver- waltungsausshusses, die Einnahmen und Ausgaben des provinzialständishen Verbandes von Hannover für das Jahr 1882 betreffend, das Schreiben des ständischen Verwaltungs- ausschusses, die Vorlegung der vom Landesdirektorium revidirten ständishen JFahresrehnungen betreffend, und der Antrag des ständischen Verwaltungsaus\chusses, die Rech- nungen der ständishen Hauptkasse und der Provinzial- Wittwenkasse für das Jahr 1882 betreffend, dadurch erledigt, daß das Haus, nahdem die Rechnungskommission die darin enthaltenen Abrehnungen für richtig befunden, dieselben zu den Akten legte und Decharge ertheilte.

Es folgte dann die Berathung über das Schreiben dcs Königlichen Ober-Präsidenten vom 27. Oktober 1883, die Nachweisungen über den Hannoverschen Klosterfonds pro Rechnungsjahr 1. April 1882/83 betreffend.

Nach den betreffenden Nahweisungen wurdcn aus dem Han-

novershen Klosterfonds für höhere Unterrichtsanstalten und Zwecke folgende Auêëgaben gemacht: sür Anstalten, deren Unterhaltung dem Staate allein obliegt, 85 901 H. 53 S, für Anstalten, die von Anderen zu unterhalten und vom Staate zu unterstüßen sind, 31 225 M. 67 S, für auss{ließ- lih von Anderen zu unterhaltende Anstalten 10 153 , in Summa 127 286 M. 20 _. __ Der. Abg. Fürbringer beantragte, dem Ober-Präsidenten in dem erwiderungsschreiben für die Mittheilungen und die Berücksichtigung der ständishen Wünsche Dank auszusprechen. Dieser Antrag wurde genehmigt.

Der Abg. Meyer-Riemsloh beantragte, die Regierung zu ersuchen, künftig in der Uebersicht über die Einnahmen und Ausgaben des Klosterfonds mitzutheilen, welher Betrag aus den Ausgaben für den katholischen Kultus in den Sammel: fonds abgeführt sei.

Der Abg. von Bennigsen rieth von der Annahme des An- trages ab, dessen Tragweite man nicht so ohne Weiteres über- sehen Tönne.

Der Abg. Meyer-Riemsloh beharrte auf dem Antrage, der jedoch mit großer Mehrheit abgelehnt wurde.

Der Abo. Fürbringer referirte über die Petition des Magistrats zu Osnabrück um Unterstüßung des dortigen Realgymnasiums aus Mitteln des Staats oder des Klostersonds. Der Provinzial-Landtag wurde gebeten, fi dafür zu verwenden, daß der Kultus-Ministcr den Zuschnb aus dem Klosterfonds auf 15000 # jährlich s\teigere. In der Motivirung des Antrages wurde darauf hin- gewiesen, daß die Einwohnerschaft Osnabrücks mit städtishen Steuern {hon shwer belajstt sei und daß die Squlden der Statt eine sehr bedeutende Höhe erreiht hätten. Die Stadt zahle für das Realgymnasium, Bauver- zinsung und Amortisation eingerechnet, jährlich fast 33 000 f, fast ein Drittel der gesammten Klassen- und Einkommensteuer. Die Kommunalsteuern in Osnabrück seien so drückend, dab viele wohlhabende Leute bereits erklärt hätten, deshalb Dsna- brück verlassen zu wollen. Erhalte die Stadt einen Zuschuß von 15 000 M, so werde es möglich sein, die Kommunalsteuern auf 180 Proz. der Klassen- und Einkommensteuer zu belassen, Der erhöhte Zuschuß solle dadur ermöglicht werden, daß Zw schüsse des Fonds für staatlihe Gymnasien auf die Staatskasse übernommen würden. Redner beantragte, die Petiticn bei dem Minister warm zu befürworten, unter der Vorausseßun}, daß dadurch die Subvention anderer Kommunen nicht ein geshränkt werde.

Der Abg. von Rössing erklärte sich für diesen Antra, wies aber eine Aeußerung in der Petition zurück, als ob in Osnabrück die Steuereinshäßung eine besonders scharfe !€!; früher sei das Gegentheil der Fall gewesen, obwohl jeßt eint Aenderung darin eingetreten sei.

Der Abg. Lauenstein erklärte sich niht gegen den Antrag, obwohl er mehrere Bedenken habe. Es sei oft reiner Zufall, ob die Kommune für ihre höhere Lehranstalt Zuschuß vom Staate oder dem Klosterfonds erhalte. Greife man jeyt ein einzelne Stadt heraus, so werde der Vorgang zur Folgt haben, daß alle Städte, die höhere Beiträge für ihre Schulen zu erhalten wünschten, die Hülfe des Provinzial-Landtages in Anspruch nehmen würden ; dies sei do keine angenehme Lage des Landtages. Es lasse sih gar nicht beurtheilen, ob Osnabrüd im Verhältniß zu anderen hannovershen Städten ungünstige! gestellt sei; nur die Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse Osnabrücks ließen ihn für den Antrag slimmen. :

Der Abg. von Lenthe 1. beantragte bei der Unklarhe® der Verhältnisse Uebergang zur Tagesordnung, zumal Stadt wegen Unterstüßung sih auch direkt an den Minifte gewandt, aber Antwort noch nit erhalten habe.

Der Abg. Fürbringer empfahl seinen Antrag dur d??

, derartige Anträge der Städte zu befürworten. Die Petition enthalte alles, was hier zur Beurtheilung der Ver- pâltnisse zu wissen nöthig sei; namentli sei der Hinweis von Interesse, daß das Real-Gymnasium das einzige in der Pro- vinz sei, das keinen Zuschuß aus Staatsfonds erhalte.

Der Abg. von Rössing bemerkte: der Zweck der Petition

sei, daß der Landtag das von der Stadt an den Minister ge- riétete Gesu unterstüßen möge, was vereitelt werde, wenn man jeßt zur Tagesordnung übergehe. Halte man die Ver- hältnisse noch nit für geklärt genug, so möge man die Petition dem Verwaltungsauss{huß zur weiteren Behandlung überaeven. s Der Abg. von Lenthe T. erklärte: er werde einen folchen Antrag unterstüßen, den der Abg. von Rössing dann auch stellte. _ | Der Abg. Haltenhoff bemerkte, daß auch die drei Real- ymnasien dec Stadt Hannover keinen Zuscuß aus Staats- mitteln erhalten hätten.

Die Petition wurde dem Ausschusse überwiejen.

Das Haus erledigte dann noch mehrere Wahlen und ging über eine Petition von 21 Zuckerfabriken, betreffend die Ab- änderung von Bestimmungen über die Heranziehung der Fabriken zu den Wegelasten, zur Tagesordnung über, worauf ch dasselbe auf Donnerstag 12 Uhr vertagte.

8. November. Der siebenzehnte hannoverische Provinzial-Landtag ist heute durch den Königlichen Kommissarius, Ober-Präsidenten und Wirklichen Geheimen Rath von Leipziger, mit folgender Rede geschlossen worden :

Hochgeehrte Herren!

Sie stehen am Schlusse Ihrer diesjäbrigen Verhandlungen, die Ihre Thätigkeit für einen kurzen Zeitraum voll in Anspruch genom- men haben. i

Die Königliche Staatsregierung erkennt es mit Befriedigung an, daß die Ibnen zur gutachtlihen Aeußerung unterbreiteten grund- legenden Bestimmungen hinsichtlid der Aukeinanderseßung der in den Kreisen zu vereinigenten Wegeverbände im Wesentlichen Ihre Zu- stimmung gefunden haben.

Was den JIhrerscits bezügli der Revision der Wegegesetzgebung geäußerten Wuns anlangt, so bin i bereits beauftragt, zur Fort- setzung der hierüber cingeleiteten kommissarischen Verhandlungen einen geeigneten Termin in Vorschlag zu bringen, und i betrachte cs keines- wegs für ausgeschlossen, daß die gedachte Revision noch vor Einführung der Kreisordnung zum Abs{luß gebracbt wird.

Die von Ihnen beshlofsenen Anträge, betreffend die Bildung der Provinzialvertretung und die Erstreckung des Gesehes über das Höfe- recht auf die landtagsfähigen Rittergüter, werden bei der Königlichen Staatéregierung die eingehendste, den besonderen Verhältnissen der Provinz Hannover thunlihst Rechnung tragende Erwägung finden.

Auf dem Gebiete der provinzialständishen Verwaltung haben Sie den Anträgen Ihrer Organe entsprebend den Finanzetat für das Jahr 1884 festgestellt. und wiederum für die weitere Entwicklung und Ausstattung der ständischen Anstalten, wie au für gemeinnützige und wohlthätige Zwecke reiche Mittel bewilligt.

_ Auf Jhre Verhandlungen dürfen Sie in dem Bewußtsein zurück- bliden, daß deren Resultate der Provinz zum Segen gereichen werden. Im Allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und Königs {ließe ich den 17. kbannoverschen Provinzial-Landtag.

Nach dem Schlusse dieser Ansprache brachte der Landtags- Marschall, Erb-Landmarschall Graf zu Münster auf Derne- burg, ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser n L aus, in welches die Versammlung lebhaft ein-

immte. ;

Bayern. München, 8. November. (Allg. Ztg.) Die Staatsregierung hat bekanntlich den Gesehentwurf bezüglih der Aktiengesellshaften den Handels- und Gewerbekammern der acht Regierungsbezirke zur Begutachtung vorgelegt ; die Handels: und Gewerbekammer von Oberfranken hat nun beschlossen, Anregung dazu zu geben, daß sih bei der hohen Wichtigkeit des Gegenstandes, der die gründlihste Prü- fung auch vom Standpunkte der Handelsinteressen bedürfe, die sämmtlichen Handels- und Gewerbekammern Bayerns zu einem gemeinschastlihen Gutachten über den Gesetzentwurf einigen möchten.

_ Die nädste Plenarsißung der Abgeordnetenktammer

wird nicht vor Montag nächster Woche stattfinden ; in derselben kommt der Etat für Reichszwecke zur Berathung. __ Der Vcrwaltungsaus\chuß des Magistrats hat in der gestrigen Sizung den Beschluß gesaßt, dem Magistrat den Antrag zu unterbreiten: es wolle, gemäß Ansuchen des erzbishöflihen Ordinariats, für den Bau der projektirten drei neuen katholishen Pfarrkirchen ein Zushuß von je 200 000 M gewährt und die Gesammtsumme von 600 000 in 15 Jahresraten ausbezahlt werden, Die rehtskundigen Mitglieder des Ausschusses und der bürgerlihe Magistrats- rath Widmann stimmten gegen diesen Beschluß.

__ Sachsen. Dresden, 8. November. (Dr, F.) Der König und der Prinz Georg sind heute Nachmittag 2 Uhr 20 Minuten nah Berlin abgereist.

Württemberg. Stuttgart, 9. November. (W. T. B.) Der König ist heute Naht über Luzern und Genua nah San Remo abgereist. Der Aufenthalt daselbst ist auf mehrere Monate berechnet. Obgleih die Besserung in dem Befinden Sr. Majestät wesentliche Fort- shritte gemaht hat, ist dennoch eine Lungenaffektion zurüdgeblieben, deren Beseitigung von dem italienishen Auf- enthalt erhoffflff wird. Jn der Begleitung des Königs be- sinden sih: General-Adjutant General der Jnfanterie von Spivemberg, Kabinetsvorstand Griesinger, Leibarzt Gärttner, zwei Flügel-Adjutanten, sowie der Vorleser Jackson. Hinsicht- lih der Besorgung der Staatsgeschäfte verfügte der König, daß wichtige Gegenstände nachzusenden seien; die übrigen werden auf Vortrag der Minister dur den Prinzen Wilhelm in Vollmacht des Königs erledigt.

Vaden. Karlsruhe, 7. November. Die „Karlsr. 2tg.“ schreibt: Nachdem die Ersagwahl in dem Wahlbezirk tockach-Meßkirch gestern vollzogen, gestaltet sich die Zusa m- Cenlebung der Zweiten Kammer nunmehr wie folgt: Fperale 34, Ultramontane 18, Demokraten 6, Konservative 1 ; pf Fraktion werden voraussihtlich sich anschließen 4 (Schober, Herrmann, Schmitt von Kaltbrony, der aus der ultramontanen Fraktion ausgetreten ist, und Kieser, der troß iberaler Parteirih'ung von den Ultramontanen gewählt grve). Auf dem lten Landtage zählten die Liberalen 30, Aa Ultramontanen 22, die Demokraten 5, die Konservativen 3. einer Fraktion gehörten an 3 (Jörger, Schober, Gesell).

A Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 8. November. tels, Cannes,’ 8. November, wird den „Mel. Anz.“ lelegraphish gemeldet, daß die Großherzoglichen Herr- 1haften am Mittwoch daselbst eingetroffen sind und das Be-

Hinweis, daß der Provinzial-Landtag ih früher bereit erklärt be

finden Jhrer Königlichen und Kaiserlihen Hoheiten ein gutes ist.

Frankreich. Paris, 8. November. (W. T. B.) Bei der heute in der Deputirtenkammer fortgeseßten Be- rathung des Munizipalgeseßes wurde ein Amendement angenommen, durch welches die Munizipalräthe auch zur Ver- pfändung solchen unbeweelihen Kommunaleigenthums ermät- tigt werden, das Kultuszwecken dient, aber außerhalb der Concordatsbestimmungen steht; indessen ist die Genehmigung durch den Staatsrath erforderlih. Die Kammer beschloß ferner mit 379 gegen 110 Stimmen, den Antrag des radikalen Abgeordneten Lacroix, in Vetref} der Her- stellung einer autonomen Verwaltung für die Stadt Paris, niht an die Komwn:ission zu verweisen; Lacroix zog in Folge dessen seinen Antrag zurück. De Laforge, ein anderer Abgeordneter für Paris , verlangte das für die ande- ren Städte geltende Recht auch für Paris. Der Minister des Innern bekämpfte die Ausführungen desselben mit dem Hin- weis auf die Thatsache, daß die Stadt Paris als Hauptstadt mit ihrem ganzen Jnteresse an das Interesse des Staates ge- bunden sei und daher niht wie eine andere Stadt behandelt werden könne. Die Debatte wurde \{hließlich auf Sonnabend vertagt. Der Marine-Minister verlangte in der Sizung einen Kredit von 9 Milionen für die Expedition nah Tongking; die Forderung wurde an die Spéezial- kommission verwiesen.

Der Minister des Auswärtigen Challemel- Lacour begiebt sich heute Abend nach Cannes, und der E räsident übernimmt interimistisch das Porte- euille.

Der „Temps“ dementirt das Gerücht von einer von der Finanzverwaltung beabsichtigten Umshmelzung der Gold- münzen. Auch der Nachriht von der Rülfehr des Civil- fommissars Harmand aus Tongking wird widersprochen.

_ Unter dem heutigen Tage wird aus Saigon gemeldet, daß der am 1. November mit Verstärkungen von Singa- pore nah Haiphong abgegangene Transportdampfer morgen daselbst erwartet wird. Die Operationen sollen am 21. beginnen.

__ Serbien. Belgrad, 8. November. (W. T. B.) Eine serbishe Truppenabtheilung stieß auf dem Marsche in der Nähe von Banja auf die Aufständischen und gab Feuer auf dieselben. Die Aufständischen verloren 6 Mann an Todten, Lißten sofort die Parlamentärflagge auf, boten ihre Ergebung an und baten um Amnestie.

__ Die Truppen haben die Hauptposition der Ausständischen bei Destobrodiza und auf der Anhöhe von Kalafa eingenommen und die Aufständischen überall umzingelt und zerstreut. Die vollständige Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung ist demnächst zu erwarten.

(W. T. B.) Ein Tilegramm der „Polit. Corresp.“ aus Belgrad versichert auf das Bestimmteste, daß sich die Ruhe- störungen auf die zwei bekannten Bezirke beshränken und alle Meldungen von einer weiteren Ausbreitung derselben unbegründet sind. Jn den übrigen Theilen Serbiens herrsche vollkommene Ordnung. Die „Correspondenz“ bezeihnet es ferner als unrichtig, daß einer der gestern verhajteten Auf- ständischen bereits hingerichtet sei. Am 3. d. M. richtete der serbishe Minister des Auswärtigen, Bogicevic, ein Rundschreiben an die Vertreter Serbiens im Aus- lande, in welchem diese von der aufständishen Bewegung, sowie von den zur Unterdrückung derselben getroffenen Maß- regeln in Kenntniß geseßt werden.

Schweden uud Norwegen. Christiania,8. Novenber. (W. T. B.) Jn dem Staatsprozeß vor dem Reichs- gericht beantragte heute der öffentlihe Ankläger: gegen den angeklagten Staats-Minister Selmer zu erkennen, daß derselbe sein Amt als Staats-Minister und Mitglied des Königlichen Rathes verwirkt habe, ihn ferner für unfähig zu erklären, in Zukunft ein Amt oder E Funktionen zu bekleiden und ihn in die nah dem Reglement des Reichs- gerihts ihm zufallenden Prozeßkosten, speziell in die Kosten der Vertheidigung und der Anklage, u. A. besonders zur Zahlung von 1363 Kronen als Ersaß für die vom Ankläger vorgestreckten Ausgaben zu verurtheilen. Der Vertheidiger begann alsdann das Plaidoyer, welches auf die Geschichte des konstitutionellen Streites näher einging und die Aufgabe des Reichsgerichts einer Untersuhung unterzog.

Afrika. Egypten. Kairo, 8. November. (W. T. B.) Bisher ist noch keine Depesche von Hickds Pascha über die Einnahme von El Obeid und den Sieg über den Ma hdi eingegangen, doch bestätigen anderweitige Nachrichten, daß Die Aufständischen eine empfindliche Niederlage erlitten haben. Der Stamm der Eingeborenen, welcher das El Obeid benachbarte Gebiet bewohnt, hat sich dem Gouverneur von Chartum unterworfen.

Zeitungsstimmen.

Die „Berliner Politishen Nachrichten“ schreiben :

Die Klagen, welbe aus bäuerlichen Kreisen über den Rückgang ihres materiellen Wohles seit Jahren {on ertönten, haben bekanntlich Erhebungen über die Wohlstands- respektive Nothstandsverhältnisse des bäuerlihen Besißes veranlaßt, welhe namentlich in Bezug auf die Provinz Brandenburg in auegedehnter Weise angestellt worden sind. Na denselben bat sich ergeben, daß eine cffeftive Abnahme der hypothekarisen Verschuldung nur in ein paar Ausnahmefällen statt- gefunden hat, dagegen ist die Zunahme faft eine allgemeine. Der Eindruck dieser sonst ershreckenden Steigerung der Schuldenhöhe wird allerdings dur die so außerordentlihe Steigerung des Grundwerths abgeschwäht. Kann die Verschuldung somit im Dur{scnitt heute nochþ eine erträglihe genannt werden, so gilt dies mehr von dem Regierungébezirk Potédam als von Frankfurt. Aeußerft selten findet ich neben stark vershuldeten oder übershuldeten Nahrungen ein un- vershuldeter Besißstand von 10/0, oft aber sehr viel weniger. Die lange in der Familie fortgeerbten Güter zeichnen si dabei in der vortheilbaftesten Weise vor den in leßter Zeit angekauften aus.

Ziehen wir zunäcbst den Regierungsbezirk Potsdam in Betracht, so is namentlich die Priegniß, wo fi von Alters her der Stand der Erbbauern am meisten ausgebildet batte, aud heute noch von der modernen Krankheit starker Vershuldung am meisten frei, sie kann fi sogar einer vorberrschenden nit unbedeutenden Wohlhabenheit erfreuen. In den Fällen, wo Hvpothekarlasten vorkommen, betragen dieselben selten über 10—20 ‘“//9 des Besißwerthes. Der Priegnitz zunächst stehen die Bezirke resv. Kreise Beeskow-Storkow, Teltow, Niederbarnim, Jüterbogk-Lutenwalde und Zauch-Belzig. Während in Beeskow-Storkow bei den Bauern niht Hypothekenlasten vor-

kommen, die über 15—20%/9 des Besißwerihes betragen, erreichen im Kreise Teltow bei sonft ungünftigeren Verhältnissen wegen des naben Absatzgebietes Berlin die Schulden niemals die Höbe von 33 9% des Besißwerthes. In Jüterbogk-Luckenwalde wird sogar in vielen Dörfern die Anzahl der \{uldenfreien Nahrungen auf T5 °/o taxirt, so daß die Totalvershuldung der Bauern nur 10 pro Morgen betragen würde, und im Ländhen Bellin finden sich vielfa noch cänzlich unverschuldete bäuerlihe Besißungen vor. Indefsen ist die Lage des Bauern rücksitlid der Schuldenla*t immer noch cine bessere als die des Büdners, und die des großen und mittleren Besißers eine bessere als die des kleinen. In aus- kömmlicher Lage befindet sich der Büdner eigentlich nur in der Priegnitz, wo er einen Nebenverdienst als Handwerker findet, ganz überscbuldet ift er in den Bezirken Havelland, Ruppin, Ober-Barnim und im Kreise Templin, 70 °/9 des Besißzwerthes s{uldet der kleinere Bauer im Bezirk Havelland, Ruppin, über E0% der in den Kreisen Templin und Prenzlau. Und in den lehteren beiden Kreisen erreicht die Sculdenlast des größeren Besißers fast die gleihe Höhe. Am ftärkften belastet ist jedo in allen ihrea Theilen die Oderbrucbgegend, ja hier kommt es vor, daß oft auf dem Morgen des Büdners 1590 oder 1500/9 auf dem Besißthume baften. Veranlassung zu der Ver- \{uldung haben meistens Erbportionen und Restkaufgelder gegeben, nur selten wie in den Bezirken Havellard, Ruppin und Teltow finden wir daneben auch \{lechte Ernten, Brandschäden und Lurusbauten als Urfacen der Verschuldung angegebev. Anleihen zu Meliorationen kommen fast gar nicht vor. Wie natürlich stellt das Kontingent der Gläubiger in den reiheren Gegenden, wie in der Priegnig und Teltow die wohlhabendere Bauernschaft, in den ärmeren Be- zirken strecken das nôöthiae Geld Rentiers aus benabarten Städten, Kreissparkafsen oder Kirchenkassen vor. Verschuldunoen außer den Hypotheken kommen in Havelland, Ruppin und in Ober-Barnim vor, in leßterem Bezirke ist ein Borgen auf Sculdscheine und selbst auf Wesel bäufig, leßtere find meistentheils bei der eingetragenen Schulte Delitschen Genossenschaft sogenannte Depotwechsel, welbe auf Sicht lauten und sind dieselben nit ungefährlich.

__ Die bâuerliden Verbältnifse im Regierungsbezirk Franffurt a. O. sind durchaus nit günstiger zu nennen, als die des Regierungsbezirks Potsdam. Im Distrikte Königsberg i. Pr. finden wir eine Durh- scnittêversbuldung von 30—50°/9, und noch bedeutend ungünstiger gestaltet sich die Lage des Grundbesißes in den Distrikten Crofsfen und Cottbus. Die hypothekarish Verschuldeten im ersteren Bezirke sind sogar im Ganzen so zahlrei, daß unverscbuldete Höfe cine Seltenheit genannt werden müssen. Der Bezirk Züllitau-Schwiebus weist zwar nod 50 %/ unverschuldeter Bauern auf, dagegen sind über 20/4 so stark versbuldet, daß sie nur mit Mübe ihr Dasein fristen, und die weiteren 30 °/ ebenfalls nit unerbeblich versbuldet, wenn au immerhin Levensunterhalt und Zinsen von ihnen verdient werden, Günstiger liegen die Verbältniffe im Bezirke Lucckau, in welhem gleichfalls die Hälfte der Bauern als sculdenfrei bezeichnet werden kann. Die höcbste Ver- \cbuldungsangabe für Sternberg liegt unter 50%, Lebus ift durb- \chnittlih mit cinem Drittel des Werthes belastet. Verhältnißmäßig geringe Verschuldung weisen auf die Bezirke Soldin, Friedeberg und Calau, am günstigsten gestellt ist vielleicht Guben. Auch im Regierungsbezirke Frankfurt wird die Hauptursabe der Ver- \{uldung in den Erbportionen und Restkaufgeldern gesucht werden müssen, jedo unterscheidet dieser sch wesentlih zu seinem Vortheil von dem Regierungsbezirk Potsdam dadur, daß, wenn auch selten, Anleihen zu Meliorationen vor- kommen. Daß auch hier in vereinzelten Bezirken, wie Sternberg, die verkehrte Anschauung berrsct, daß Anleihen zu Meliorationen leihtfertig und unwirthscaftlich seten, ist nur natürlich. Individueller Eigenthümlichkeit ist es zuzuscreiben, daß Lurxuébauten, vershwen- derische Lebcnêweise 2c. au hier bei der Versbuidung ihre Rolle spielen, während die S ädigurg dur s{le{te Ernten weniger stark betont wird. In Ost-eSternberg hat die zurückgehende Schafzubt und s{lechte Milchverwerthung viel Schaden gebracht, der Bezirk Kottbus hat namentlich in den scch8ziger Jahren durch häufige Feuersbrünfte gelitten. In dem am meisten vershuldeten Bezirk Crossen sucht man die Entstehung der Schulden hauptsäblich darin, daß das bei Parzellirungen verkaufte Land zu theuer bezahlt wurde und daß oft niht das den Vermögenéverhbältnifsen entsprewende Maß beim Ankaufe eingehalten wurde. Die hvpothekarishe Verschuldung ist die allgemeinere, wenngleich es auch nit an Kreifen, wie beispielsweise Soldin, feblt, in welchem das Gefühl der Schande beim Schuldenmachen den Bauern noch so cr- füllt, daß er, statt eine Hypothek aufzunehmen, lieber zu einem Ver- faufe des Grundstücks schreitet. Ein Borgen gegen Scbuldschein fommt selten vor, Wechsel werden nur in den äußersten Nothfällen, gewöhnlih nur da, wo es zu Ende geht, ausgefertigt. Unter den Kreditoren wird im Regierungsbezirk Frankfurt {on recht häufig das neue brandenburgishe Kreditinstitut im Grundbuche gefunden, beliebt ist es namentli in den Kreisen Kö- nigsberg und Guben, Städtische und Kircenkafsen sind natürli nit ausgeschlossen, jedoch können bäuerlihe Darlehnskafsen hier nicht auffommen. Tüchtige Wirthe besorgen ihre Gcschäfte selbst, jedoch sind gerade in leßter Zeit die Unterhändler stark benußt worden, deren Gefährlichkeit bei Gescbäftsvermittlungen nur dadur einiger- maßen abgeschwächt wird, daß sie sih bei ihrer großen Anzaktl starke Konkurrenz machen.

Man sieht, daß die bäuerlichen Verhältnisse der Provinz Branden- denburg nicht gerade die glänzendsten genannt werden können, und wenn in gewissem Grade auch die Individualitäten des Bauernstandes nit von aller Sbuld an dem Rückgange derselben freizuspreben siad, so wird man do den Hauptgrund für den lehteren in den heutigen Zeitverhältnifsen suhen müssen.

Der „Schwäbische Merkur“ schreibt:

Wer die deutsde Geschichte der leßten Jahrhunderte betrachtet, dem muß die Thatsacbe entgegentreten, daß Luther und Bismarck „h über die Jahrhunderte die Hände reihen“, daß der Erstere unsere Religion und unser geistiges Leben, der Leßtere unser politishes Sein reformirt und auf neue, gesunde Grund- lagen gestellt hat. Da is es nun merkwürdig, daß Luther selbst einmal eine Prophbezeiung au®sge\prochen hat, welhe man so- fort auf Bismarck beziehen muß. Wir lesen in einer der besten Lutherschriften, welche dieses Jahr gebracht hat, in Prof. Max Lenz? „Martin Luther“ (einer Schrift, welche an die reiferen Schüler der Berliner Gymnasien v:rtheilt werden wird), auf S. 224: „Eins der Worte in des Reformators Tischreden lautet : Deutschland is ein \{chöner, weidliher Hengst, der Futter und alles genug hat; es fehlt ihm aber an einem Reiter. Ein andermal, da er über die Fürstlihen Höfe der Zeit klagte, meinte er: Auch die Regimenter (Regierungen) bedürften eines Lutbers. Er fürchte, daß sie statt dessen einen Münzer bekommen möchten. Aber man müsse sich mit Flickwerk behelfen, bis Gott doc einmal einen Wundermann schicke, unter dessen Hand alles besser cehe als in den Büchern ftehe, und der das Recht ändere oder heilsam meistere.“

Nachtrag zu Nr. 44 des Centralblatts für das Deutsche Reich. Inhalt: Handele- und Gewerbewesen: Bc- kanntmachung vom 31. Oktober 1883, betreffend Ausführungsbestim- mungen zur Gewerbeordnung.

Eisenbahn-Verordnungs-Blatt. Nr. 18. Inhalt: Allerhöchste Konzessionsurkunde, betr. den Bau und Betricb einer Eisentahn von Glasow nah Berlinchen durch dic Glasow-Berlin- ener Eisenbahn-Gesellshaft. Vom 30. Juli 1833. Erlasse des Ministers der öffentlihen Arbeiten: Vom 13. Oktober 1883, betr. Zustellung von Pfändungs- und Ueberweisungsbeshlüssen. Vom 16. Oktober 1883, betr. Aufstellung von Dispositionsplänen für B1u- aus]ührungen. Vom 23. Oktober 1883, betr. Zurücknahme bereits ge- löster Billets, Vom 27. Oktober 1883, betr. Auskunftsbureau der

Deutschen Reihs- und Königlich preußischen Staatseisenbahn-Ver- waltung. Nachrichten.