1883 / 273 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Nov 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmachung.

Am 20. d. Mts. wird im Bezirk der Königlichen Eisen- bahndirektion zu Bromberg die dem Königlihen Eisenbahn- Betriebsamt zu Stolp unterstellte 30,3 km lange Bahnstrecke

ollbrück-Barnow mt den Haltestelen Gumenz,

[lin, den Stationen Neu: Kolziglow und Barnow, sowie der zur Station Barnow gehörigen Holzverladestelle Reinfeld für den Wagenladungs:Güterverkehr eröffnet.

Berlin, den 20. November 1883.

Jn Vertretung des Pen des Reichs-Eisenbahnamts : rte.

Der in Gothenburg neu erbaute eiserne Shraubendampfer „Rapid“ von 289,26 Registertons Ladungsfähigkeit hat dur den Uebergang in das auss\cließlihe Eigenthum des im Königreih Preußen staatzangehörigen Hermann Asmussen ju Flen3burg und Genossen das Recht zur Führung der deut- hen Flagge erlangt. Dem bezeihneten Schiffe ist am 25. Siptember d. J. vom Kaiserlichen Konsulat zu Gothen- ducg en FZlaggenattest ertheilt worden.

Königreich Preußen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht : den Dber - Regierungs - Rath Steinkopff zu Breslau zum Gebeimen Finanz-Rath und Provinzial-Steuer-Direktor zu ernennen.

Berlin, den 20. November 1883.

Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin- Mutter von Mecklenburg-Schwerin hat heute Nach- mittag die Rückreise nah Schwerin fortgeseßt.

Finanz-Ministerium.

__ Dem Geheimen Finanz - Rath und Provinzial-Steuer- Direktor Steinkopff ist die Stelle des Provinzial-Steuer- E für die Provinz Westfalen in Münster verliehen worden.

Minifterium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Den Oberlehrern Heßzel am Gymnasium zu Dillenburg, Dr. Krebs an der Mustershule zu Frankfurt a. M. und Dr. Wilhelm Kocks am Friedrih-Wilhelms-Gymnasium zu Cöln ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Der ordentliche Lehrer am Gymnasium zu Stade, Dr. he wbdgaa ist zum Oberlehrex an derselben Anstalt ernannt worden.

Die Beförderung des ordentlichen Lehrers Dr, Schwie- der am Andreas-Realgymnasium in Berlin zum Oberlehrer ist genehmigt worden.

Kriegs-Ministerium.

_Der Premier-Lieutenant a. D. Foß is unter Ueber- weisung zu der Corps-Jntendantur X1V. Armee-Corps zum etatsmäßigen Militär-:Fntendantur-Assessor ernannt worden.

Minifterium für Landwirthshaft, Domänen und Forsten.

Dem Gartenkünstler und Gärtnerei-Vorsteher Johannes Trappe zu Angermünde is der Titel Königlicher Garten- Jnspektor verliehen worden.

Angekommen: Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegen- heiten, Dr. von Goßler, aus der Rheinprovinz.

Nichlamtlithßes. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 20. November. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute den Stell- vertreter des Polizei-Präsidentcn, Ober-Regierungs-Rath von Heppe, den Prinzen Friedrih Wilhelm zu Hohenlohe-Fngel- fingen und den Fürsten zu Hohenlohe: Langenburg, nahmen in Gegenwart des Goaverneurs und des Kommandanten sowie des fommandirenden Generals Grafen Brandenburg militärische Meldungen entgegen, wohnten im Dome dem aus Anlaß der Eröffnung des Landtages abgehaltenen Gottesdienste kei, hörten den Vortrag des General-Lieutenants von Albedyll und empfingen den von Wiesbaden nach St. Petersburg durchreisenden russischen Kriegs-Minister, General Wannowski.

__— Ueber die Reise Sr. Kaiserlichen und König- lichen Hoheit des Kronprinzen liegen folgende weitere Meldungen des „W. T. B.“ vor:

Genua, 19. November. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing heute Vormittag 11 Uhr den hiesigen Präfekten und später au den Sindaco mit der Giunta von Genua. Der Kronprinz sprach über den Jhm bereiteten herz- lichen Empfang Seine Genugthuung aus und gedachte Seines Aufenthalts in Pegli und der Vollendung der Gotthardbahn, welche die Beziehungen der beiden aufrihtig befreundeten Naiionen noch enger geknüpft habe.

Genua, 19. November. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz verließ heute Nachmittag 2 Uhr das Königliche Palais, um Sich im Hafen zur Fahrt nah Spanien einzuschiffen. Höchstderselbe trug die Uniform eines General - Feldmarschalls mit italienishen Ordens- abzeihen. Eine Compagnie FJnfanterie mit Fahne und Musik hatte am Hafen Aufstellung genommen und erwies die militärishen Honneurs. Dicht an der Landungs- brüde stand eine Abtheilung Pompiers; der Kronprinz schritt die Front derselben ab und lobte ihre treffliche Haltung. Bei der Verabschiedung von den Vertretern der Stadt bemerkte der Kronprinz: es werde Jhm* zur Genugthuung gereichen, bei allen Gelegenheiten von Seiner Freundschaft für Jtalien und das Königlihe Haus Savoyen Zeugniß ablegen zu können.

„Zm Augenblick, als der Kronprinz an Bord des „Adal- bert“ ging, zozen die im Hafen liegenden deutschen, italieni- {hen und russischen iffe Galaflaggen auf; die Ma- troscn standen in den Raaen, die Musikcorps stimmten die italienishe und deutshe Nationalhymne an, Artilleriesalven erdröhnten, und die zahlreihe Menge fiel mit erthusiastishen Hurrahrufen ein. Eine große Reihe von Barken begleitete das Kronprinzlihe Schiff noch etwa eine Stunde weit, bis das deutsche Geshwader unter nochmaligen Artilleriesalven den Hafen verlassen hatte. General Carava und der deutsche Botschafter von Keudell hatten Se. Kaiserlihe Hoheit den Kronprinzen bis an Bord des Schiffes begleitet. Die Brücke, bei welcher der Kronprinz Sich einschiffte, wird mit Adana Höchstdesselben in Zukunft Seinen Namen

Genua, 6. November. (Von einem zweiten Korrespon- denten.) Nachdem der Kronprinz befohlen, daß die Abreise nach Valencia um 3 Uhr ezfolgen sollte, schiffe sich das Ge- folge um 2 Uhr ein, und zwar gingen die Generale von Blu- menthal und Mischke sowie der Adjutant Rittmeister von Nyvenheim an Bord der „Sophie“. Um 21/2 Uhr verließ Se. Kaiserlihe und Königlihe Hoheit in Begleitung des Botschafters von Keudell, des General - Kon- fuls Bamberg, des Hofmarschalls von Normann und des Adjutanten von Kessel das Königliche Palais und bestieg am Hafen das zu Seiner Abholung bereitliegende Boot des „Adalbert“, in welhem sich Kapitän z. S. Mensing als Kommandant befand. Sogleich wurde die Kronprinzliche Standarte gehißt, und indem sich das Boot in Bewegung seßte, feucrien der „Adalbert“, die „Sophie“, die russische Fregatte „Svetlana“ und die italienishe Fregatte „Roma“ sowie die Balterie tes Forts den Salut von 21 Schüssen. Nach einviertelstündiger Fahrt stieg der Kronprinz an Bord des „Adalbert“, auf dem am Großtop das Wimpel des Kommandanten niederging und die Kron- prinzlihe Standarte dafür gehißt wurde. Leßtere wurde von der „Sophie“ mit 21 Schüssen salutirt.

Die Bevöikerung begleitete den Kronprinzen auf dem ganzcn Wege vom Palast bis zum Hafen mit endlosen Hoch- rufen. Eine Anzahl Dampfer mit Privatpersonen gab dem Geschwader das Geleit bis in die offene See, welche ganz ruhig ist. Das Wetter ist sehr warm. Alle Schiffe im Hafen hatten geflaggt. 5

Der heutigen (1.) Sißung des] Herrenhauses, welhe der bisherige Präsident Herzog von Ratibor um 1/4 Uhr eröffnete, wohnte der Justiz-Minister Dr. Friedberg bei.

_ Der Prâsident forderte nah Eröffnung der Sißung die Mitglieder auf, mit ihm einzustimmen in den Ruf: Se. Majestät der Kaiser, unser Allergnädigster König und Herr, lebe hoch! Die Versammlung erhob sich und stimmte begeistert drei Mal in diesen Ruf ein.

Dann berief der Präsident die Herren Theune, Graf von Zicten - Stwerin, Pr, Dernburg und Dieße zu provisorishen Schriftführern und theilte dem Hause mit, daß die Herren Graf Althann, Fürst Sulkowsky, Graf von Schönburg: Glauchau, Graf Pfeil, Freiherr Geyer zu Schweppenturg, Ober-Bürgermeister Bahmann und Frei- herr von Manteuffel-Crossen nah den ihm gewordenen Mit- theilungen . von Sr. Majestät zu Mitgliedern berufen seien, und ersutte dieselben, im Fall sie anwesend seien, beim Namensaufruf mit „hier“ zu stimmen. Der nun- mehr vorgenommene Namensaufruf ergab die Anwesenheit von 75 Mitgliedern ; das Haus war somit beschlußfähig, und der Präsident {ritt zur Präsidentenwahl. Graf zur Lippe {lug vor, dur Akklamation zum Präsidenten den Herzog von Ratibor und zum ersten Vize-Präsidenten den Grafen Arnim- Boyßgenburg zu wählen. Dr. Baumstark stimmte oem zu und empfahl, auch die Wahl des zweiten Vize: Präsidenten dur Akklamation vorzunehmen, indem er hierzu den Dr. Beseler vorshlug. Graf zur Lippe widersprah im Namen seiner politischen Freunde diesem Vorschlage. Das Haus wählte sodann zu seinem Präsidenten den Herzog von Ratibor und zu seinem ersten Vize-Präsidenten den Grafen Arnim-Boygenburg. Beide Herren nahmen die Wahl dankend an. Die Wahl des zweiten Vize-Präsidenten erfolgte bei Schluß des Blattes durch Stimmzettel.

Die heutige (1.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten, welcher der Vize:Präsident des Staats-Ministe- riums, Staats-Minister von Puttkamer beiwohnte, eröffnete der Präsident von Köller. Derselbe erklärte, nah der Ge- \chäftsordnung falle ihm die Aufgabe zu, die Geschäfte so lange zu führen, bis die Präsidentenwahl vollbracht sei. Er übernehme in Folge dessen den Vorsiß, eröffne die Sißung und fordere das Haus auf, sein erstes Geschäft sein zu lassen, daß “es sich zu derjenigen Treue und Ehrfurht zum Könige bekenne, die alle Zeit der Grund zu den Verhandlungen dieses Hauses gewesen sei und sein solle.

Darauf brachte der Präsident ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, in welches die Versammlung begeistert dreimal einstimmte. Es waren im Ganzen 220 Mitglieder angemeldet, das Haus war somit beschlußfähig. _

__ Der Präsident ernannte zu provisorischen Schriftführern die Abgg. Sachse, von Quast, Delius und Graf Schmising- Kerssenbrock, von denen der Abg. Sachse die Rednerliste und der Abg. Graf Schmising-Kerssenbrock das Protokoll übernahmen. Die Verloosung der Mitglieder in die Abtheilungen übertrug das Haus dem Bureau.

Die nächste Sißung findet morgen, Mittwoh, 1 Uhr statt; in derselben wird die Wahl der Präsidenten und Schrist- führer vollzogen werden. GUÉSH E R L D air pe B E E E A E E R E A T E E Pt I Dig 7A S E Ti L T S D

Werden von einer Person im Laufe eines Tages Eßwaaren in gerinçer Menge an verschiedenen Stellen entwendet, so sind nach einem Urtheil des Reihsgerichts, 11, Strafsenats, rom 25. September d. F., diese Strasthaten als Diebstähle zu bestrafen, wenn die entwendeten Eßwaaren in ihrer Gesammtheit nicht allein zum alsbaldigen Verbrauch im Haushalte des Thäters, sondern auch zur Ansammlung von Vorrath für die folgenden „Tage bestimmt waren. #2 «&

E rue R E R a a I Ei 2 n

_ Der Königlich rumänische Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hofe, Liteano, hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Berlin fungirt der Legations-Sekretär Cuciurano als interimistisher Geschäftsträger.

Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich vo zollern, Oberst und Commandeur des 2. Garde-Docehen- Regiwents, ist aus Dresden hier wieder eingetroffen. m

Der General der Kavallerie Fürst zu Hohenl ohe-

Langenburg ist zu den Sißungen des ) angekommen. bung Herrenhauses hier

Sigmaringen, 18. November. (Schw. M.) Ges at der hohenzollernshe Landesaus ine ein E s z { aus\chuß seine Geschäfte

Sachsen. Dresden, 19, Norember. (Dr. J.) »; Zweite Kammer trat heute in die allgemeine Vorberathung des Staatshaushalts-Etats für die Periode 1884/82 ein, Diesclbe wurde eröffnet dur einen längeren Vortra des Staats-Ministers Frhrn. von Könneriß, in welchem der- selbe die Resultate der Finanzperiode 1880/81 mittheilte so: dann Mittheilungen wachte über die voraussichtlichen Ueber: schüsse der laufenden Finanzperide, welche er auf circa 17 bis 18 Millionen beziffern zu können glaubte, und endlit die in dem Staatshaushalts:-Etat beantragten Einnahmeverzithte Beseitigung der Zuschläge zur Einkommensteuer, Aufhebung des Chausseegeldes und Ermäßigung der Gütertarife sowie einzelne Ansäße des Etats begründete. Der Abg. von Oehl: s{lägel erklürte sich für die Beseitigung der Zuschläge zur Einkommensteuer und sür die Aufhebung des Chausseegeldes machte dagegen seine Zustimmung zur Ermäßigung der Güter: tarife erst noch von weiteren Auskünften und Nachweisungen die der Finanzdeputation gegeben werden sollten, abhängig und sprach einzelne Wünsche aus, um deren nähere Erwägung er bat, nämli: Beseitigung oder wenigstens Ermäßigung der Grundsteuer, Revision des Einkommensteuergeseßes, Wieder: beseitigung des vor einigen Jahren aufgelegten 25 proz. Zu: schlags zu den Gebühren für Akte der freiwilligen Gerits: barkeit und Revision des Schlachtsteuergeseßes. Der Abg. Dr. Heim äußerte spezielle Wünsche bezüglich der Ge- staltung der Eisenbahntarife, um Frahten auch auf kürzere Entfernungen mehr als jezt den Eisen: bahnen zuzusühren, Der Vize-Präsident Streit legte Widerspru dagegen ein, jeßt hon an dem 1878 bezügli dr direkten Steuern geschlossenen Kompromiß zu rütteln. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Walter, Günther, Vebel, welcher Leßtcre in erster Linie eine Beseitigung der untersten Steuerstufen verlangte, und Georgi wurde eine Anzahl Kapitel zur Sthlußberathung gestellt und der Rest des Etats den Finanzdeputationen überwiesen. Ebendenselben überwies die Kammer ein Dekret, betreffend Baulichkeiten bei den Landespfleg- und Strafanstalten, sowie ein Königliches tei ias den Bau eires neuen Finanz-Ministerial- gebäudes.

Badew. Karlsruhe, 19, November. (W. T. B, Der Großherzog und die Großherzogin sind heut Nachmiit1g zu der morgen stattfindenden Eröffnung des Land- tages aus Baden-Baden hier eingetroffen.

Sessen. Darmstadt, 17. November. (Darmst. Ztg.) Der Großfürst Sergius von Rußland is heute zum Besuch der Großherzoglichen Familie hier eingetroffen und hat im Palais des Prinzen Alexander Wohnung genommen.

Mecklenburg. Scch{werin, 19. November. Aus Malchin wird den „Medckl. Anz.“ unter dem 18. d. M. ge schrieben : Gestern Nachmittag 21/5 Uhr traf Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Streliß auf dem hiesigen Bahnhofe ein, um sih auf einige Tage nah Sloß Remplin zum Besuch Fhrer Kaiserlihen Hoheit der Frau Großfürstin Catharina zu begeben. Der „N. Z.“ zufolge sind gleichzeitig Jhre Königlichen Hoheiten die Großherzogin, der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin naŸ Schloß Remplin gereist. Der russishe Botschafter in Berlin, von Saburo ff, ist gleihfals zum Besuch der Großfürstin E E von Rußland am 18. d. M. in Remplin ein- getroffen.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 19. November. (Th. Corr.) Die Prinzessin Elisabeth ist zum Besu ihrer Schwester, der Prinzessin Neuß, nah Wien gereist. Der Landtag wird sih* in der laufenden Session auch mit einer auf die Vereinfahung der Forstverwaltung bezlig lihen Vorlage zu beschäftigen haben. Sie ist demselben be reits zugegangen. An der Organisation dieser Verwaltung,

die sih sehr wohl bewährt hat, wird nichts geändert. Die Re- *

gierung schlägt dem Landtag die Vereinigung mehrerer, jeßt g& trennt verwalteter Reviere vor, so daß die Zahl der Oberförster: stellen der 2. und 3. Klasse um etwa 6 vermindert würde. Aller dings würde diese Maßnahme die Vermehrung der Unter beamten bedingen, indessen lassen sich auf diese Weise und vermittelst ciniger anderer Beschränkungen ira Forstetat Er: sparnisse von etwa 21 000 # jährlich machen. Es ist die? von um so größerer Bedeutung, als grade jeßt für das Fort personal eine unabweisliche Erhöhung der Besoldungen gt fordert werden mußte.

Anhalt. Dessau, 18. November. (Lpz. Ztg.) Zhre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl von Preußen ist zu einem mehrwöchigen Aufenthalt hier eingt: troffen. Dagegen haben die Fürstlih Sondershausen: schen Herrschaften den Herzoglichen Hof wieder verlassen. Der Prinz Aribert, jüngster Sohn des Herzogs, wird si mit seinem Begleiter, dem Hauptmann von Tempski, naŸ da begeben, um an der Universität seine Studien ¿U

eginnen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 19. November. (V. T. B.) Der Kaiser hat die Jnruhestandverseßzung des bié herigen Chefs der Marinesektion, Admirals Poel, und seincs Stellvertreters, des Vize-Admirals Millosicj aus Gesundheitsrücksichten genehmigt und dem Ersteren da? Großkreuz, dem Leßteren das Commandeurkreuz des Leopold Ordens verliehen. Der Contre-Admiral Daublewsky vo! Sterne wurde zum Vize-Admiral, Chef der Marinesektion und Marine-Kommandanten, der Contre-Admiral Eberan von Eberhorst zum Stellvertreter desselben ernannt.

Frankreich. Paris, 17. November. (Fr. Corr.) Der Minister-Präsident verabredete heute mit dem Vorsißen- den der Tongking- Kommission, Ribot, daß er und der Marine-Minister sich am Montag in die Kommission begebe!" L um auf alle zu stellenden Fragen Rede und Antwor! zu stehen.

Der Senat hielt wider seine Gewohnheit am gestrigen Freitage eine Sißung behufs rasherer Erledigung Ee

isenbahn-Konventionen. An der Generaldebatte, die wahrsheinlih heute zu Ende geführt werden wird, betheiligten fi außer dem Minister der öffentlihen Bauten, Raynal, dessen lichtvolle Darstellung der heutigen Lage der Schienen- wege und der in Ausficht genommenen Erweiterung des Nees einen günstigen Eindruck machte, die Senatoren Tolain, Clamageran und Feray, welche weder neue Thatsachen bei- hrahten noch neue Gesichtspunkte eröffneten.

19. November. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, Challemel-Lacour, hat unter dem 17, d. M. aus Cannes ein Schreiben an den Prä- sidenten Grévy gerichtet, in welchem es heißt: Meine seit einigen Monaten ernfilich angegriffene Gesundheit gestattet mir niht mehr, die Funktionen, welhe Sie mir anvertraut haben, mit der erforderlien Sorgfalt zu erfüllen, und bitte Sie daher, mein Entlassungegesuh an- zunehmen. Es ist mir Bedürfniß, Jhnen meinen Dank aus- zusprechen für Fhr beständiges Wohlwollen gegen mi und gleich- zeitigmeinem Bedauern Ausdruck zu geben, mich von den Kollegen trenren zu müssen, deren Charakter wir S t d cinflößt und mit denen ih mich siets in Uebereinsimmung befunden habe. Der Präsident Gróvy antwortete auf diejes Schrei- ben, indem er sein lebhaftes Bedauern ausspra, einen Mit- arbeiter zu verlieren, welhen er hohshäße. Durch Dekrete vom heutigen Tage werden Ferry zum Minister des Auswärtigen und Fallières zum Unterrichts- Minister ernannt. ]

Die Deputirtenkammer begann heute die Berathung des Budgets. Der Senat seßte die Berathung der Eisenbahn-Konventionen fort und genehmigte die Konvention mit ter Lyoner Eisenbahngesellschast.

Jn der heutigen Sizung der Kommission der Deputirtenkammer für die Vorberathung der Kreditvorlage für Tongking gaben der Minister Präsident Ferry und der Marine-Minister Peyron Erklärungen ab, welhe sich auss{hließlich auf die militärishe Lage bezogen. Aus denselben geht her- vor, daß die militärishen Operationen unmittelbar bevor- stehen, wenn sie nicht eiwa {hon begonnen haben. Die Er- flärungen über die diplomatishe und finanzielle Seite der Tongkingfrage wurden für später vorbehalten. Dec Minister- Präsident versprach, in der heutigen Kammersißung alle be- züglichen diplomatischen Aftenstüe mitzuth«cilen. Die Konm- mission vertagte sih \{ließlich auf morgen. : i

Das Gerücht, daß die französische Regierung ein

Ultimatum an die chinesishe Regierung gerichtet habe, wird von der „Agence Havas“ für unrichtig erflärt; im Gegentheil seien die Unterhandlungen zwishen China und Frankreich wieder aufgenommen worden. 2, November. (W. T. B.) Marschall Serrano, der heute angekommen ist, wird seine Kreditive am Sonn- abend überreihen. Der bisherige Botschafter Spaniens, Herzog von Fernan-Nuñez hat heute Vormittag sein Abberufungsschreiben übergeben. : i

Eine vom Admiral Courbet eingegangene Depesche fündigt die am 11. d. M. erfolgte Ankunft von Ver- stärkungen an, ohne neue zu verlangen. Fn Folge dessen werden die zur Absendung bereit gehaltenen Verstärkungen erst auf ausdrücklihes Verlangen abgesandt werden. Jn diesem Falle würde, dem Vernehmen nach, Divisions:General Millot zum Kommandirenden der Expedition gegen Tongking ernannt werden, mit Negrier als Brigade-Gereral.

Italien. Rom, 19. November. (W. T. B.) Die Leitungen in Rom und in den Provinzen besprechen die Reise Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, indem sie dem erhabenen Gaste sehr lebhaste Sympathien entgegenbringen. :

Das in Paris verbreitete Gerücht, der Kriegs- Minister Ferrero werde 600 Millionen zu außerordentlichen militärishen Zwecken verlangen, 1ioird von der „Agenzia Stefani“ für volllommen unbegründet erklärt.

Türkei. Konstantinopel, 19. November. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet: Nachdem die Pforte darauf beharrt hatte, das Jnvestitionsdekret für den ökumenischen Patriarchen in der Weise abzuändern, daß demselben die ab antiquo zugestandenen Privilegien und Jmmunitäten ent- zogen würden, bestand der Patriarch neuerdings darauf, daß ieses Dekret identisch sei mit dem seinen Vorgängern ertheilten Dekret, und daß die Jurisdiktion des Patriarchatcs sich fort: geseht auf die griehisch:katholische Bevölkerung in den losgelösten, aber zur Pforte im Vasallenverhältniß stehenden Provinzen, wie Bosnien, Bulgarien und Ostrumelien erstrecke. Die Pforte hat lebteres Verlangen zugestanden, beharrt aber bei ihrem Entschluß, das Jnvestititionsdekret in dem obenerwähn- ten Sinne abzuändern. Jn Folge dessen beschlossen der Patriarch, die Synode und der Rath der griechischen Notablen, nohmals bei der Pforte gegen diesen Entshluß vorstellig zu werden und, wenn die Pforte niht nachgeben sollte, ihre Demission zu geben. : .

Lord Granville hat wegen des Ueberfalls einer armenishen Karavane dur die Kurden bei Erze- rum eine Note an die Pforte gerichtet und diesen Anlaß benußt, um den Artikel 61 des Berliner Vertrages in Erinne- rung zu bringen. i : :

Nach hier eingegangenen Nachrichten ist der Scheikh Obeidullah in Mekka an der Cholera gestorben.

Rußland und Polen. St.Petersburg, 20. November. A B.) Anläßlich des heute statifindenden fünfzigjährigen Dienstjubiläums des früheren Kriegs-Ministers Mil- jutin empfing derselbe ein Kaiserliches Handschreiben, in welhem hervorgehoben wird, daß die vieljährige Arbeit des Jubilars an der Vervolllommnung der Militärorganisation ußlands gegenwärtig die Möglichkeit gewähre, die Thätig- keit der Regierung vornehmlih auf die friedlihe Ent- wickelung der reichen Kräste des Vaterlandes zu richten.

Afrika. Egypten. Kairo, 19. November. (W. T. B.) Ein Meldung des englishen Konsuls Moncrieff bestäligt, daß eine egyptishe Truppenabtheilung am 6. d. M. bei To kkar, etwa 45 Meilen südlich von Sua- kim, eine Niederlage durch die Aufständischen erlitten hat, Von 500 Mann egyptisher Truppen gelang es nur 14, nah Suakim zu entkommen. Die aufständishen Ge- birgebewohner griffen am 12. d. M. auch Suakim an, wurden aber zurückgeshlagen ; man besorgt indeß einen neuen Angriff. Die Bevölkerung von Suakim flüchtet sich deshalb zu Schiffe, Und ein Theil derselben ist bereits in Jeddah angekommen.

Die geschlagenen cgyptishen Truppen waren zur Verstärkung der Truppen im Sudan bestimmt.

Amtlichen Nachrichten aus Kairo, von heute, zufolge if der englische Konsul in Suakim getödtet worden.

__ Nah den leßten aus Khartum eingegangenen Nachrichten soll die Armee Hicks Paschas eingeschlossen sein und der- selben Lebensmittel fehlen.

19. November. (W. T. B.) (Meldung des „Reuter- {hen Bureaus“.) Dem Khedive ist heute ein Shreiben des Gouverneurs von Suakim zugegangen, in welchem nunmehr ebenfalls bestätigt wird, daß die egyptishen Truppen von einer ihnen an Zahl überlegenen Beduinenbande an- gegriffen und in die Fluht ges{lagen worden sind. Die Soldaten hätten die türkishen Offiziere verlassen, die Munition und die Kleider fortgeworfen und feien an das Meer geflohen. Die Offiziere seien er- {lagen worden. Der Gouverneur verlangt dringend Verstärkungen, erklärt es aber für überflüssig, egyptische Truppen zu senden, da diese doch niht kämpfen wollten. Weder cin Angriff auf Suakim, noch die Flucht der euro- päischen Bevölkerung auf die Schiffe werden in dem Schreiben erwähnt. Heute Abend hat unter dem Vorsiß des Khedive ein Ministerrath stattgefunden. Jn demselben ist be- {lossen worden, morgen 150 Baschibozuks von Kairo und 6 Compagnien Neger von Massowa nah Suakim zu senden. Die Garnison von Suakim wird auf diese Weise auf etwa 1000 Mann gebracht.

Zeitungsftimmen.

Die englischen Blätter bringen Mittheilungen über eine Versammlung der sogenannten Fair Trade League, welche es sich angelegen sein läßt, für die Einführung von mäßigen Schußzöllen Propaganda zu machen. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ berichtet hierüber :

Wenn den Bemühungen der Repräsentanten dieser Richtung, dem Handel und der Landwirthschaft Englands aufzuhelfen, bisher au eine wirklihe Bedeutung noch nicht beizumessen ist, weil die in Ergland herrsbenden Freihandeléprinzipien von der Masse des Volks ohne Nachdenken als Axiom aufgenommen werden, fo ist in den Aus- führungen und Angaben der Redner bei diesem Meeting do Manches von Intercsse. Unter den Leßteren figurirt auch ein Freibändler ; derselbe sheint dieëmal jedoch wenig Anklang gefunden zu haben.

Es wurde von einem Redner zahlenmäßig belegt, daß der eng- lische Export alle Jahre zurückginge. 1875 wäre derselbe no 233 Millioren Pfd. Sterl. werth gewesen, 1882 nur noch 175 Millionen,

Fast 1 Million Acres Land wären, als für den landwirthscaft- lichen Betrieb nit mehr rentabel, demselben entzogen worden, und die Anzahl der Schafe hätte in demselben Zeitraum um 6 Millionen abgenommen. É :

Ein Vertreter der arbeitenden Klasse, Mr. Byland, verlangte die Einführung eines Kornzolles, denn England könne es niht ohne großen bleibenden Schaden mitanschen, daß sein Weizacker brach läge, weil die Bestellung zu kostspielig geworden sei: die Arbeiter würden lieber 1 Penry mehr für den Laib Brod zahlen, als jeßt, weil beim Wiederausleben der Landwirthschaft der ganze Vertienst im Lande si beben würde; augenblicklich könnten Viele von ihnen, da au die Industrie darniederlâge, gar keine Beschäftigung finden. Was hülfe ihnen billiges Brod, wenn sie nichts verdienten

r. A. Morris wies darauf hin, daß cia leichter Zoll auf eins geführten Weizen Neuseeland in die Lage verseßt habe, erfolgreich mit den Weststaaten von Amerika zu konkucriren, und daß Neu Süd- Wales, obglei es für eine freihändlerishe Kolonie geltz, sehr wohl verstanden habe, ihre Lieblingéindustrieen dur {were Eingançs8zôlle zu schüßen. i: S

Sdcließlid nahm die Versammlung einstimmig an: „daß die wachsende Abhängigkeit Englands von fremden Staaten in Bezug auf Nahrungêmittel ohne ecntsprechende Vortheile für den englischen Handel eine Gefahr für die Nation sei,“

Der „Ledermarkt“ sagt in seiner Wochenübersicht :

... Faßt man die Ergebnisse des Rundblickes nah den maß- gebenden Ländern des Ledergewerbes zusammen, so läßt sih mit Sicherheit tehaupten, daß die allgemeine Geschäftslage eine gesunde ist und si die jeßt geltenden Preise in nächst absehbarer Zeit auc weiter behaupten werden.

„Das deutsche Wollengewerbe“ bringt folgende Nachrichten aus den Textildistrikten des Reichslandes :

Das in unserem leßten Bericht im Monat September signali- sirte flotte Herbstgeschäft hat sih auf der ganzen Linie der elsässisWen Baumwollen-Industrie verwirklicht, denn die an cinem oder an zwei Mülhausener Börsentagen eingetretenen Preis\{wankungen waren das Resultat von Zufslligkeiten, wie beispielsweise das Zusammentreffen derselben mit den israelitishen Feiertagen ; die geschästlihe Lage der elsässishen Baumwollen-Industrie is vielmehr gegenwärtig nicht blos in Mülhausen und dessen nächbster Umgebung, sondern von der oberen Ill an und deren Seitenthälern bis herab ins Brcuschthal so gesund, daß selbs das Sinken der Preise der Robbaumwolle, das zu anderen Zeiten den Markt sicerlih în nachtheiliger Weise beeinflußt hätte, an der Festigkeit desselben in fämmtliten Mülbausener Stapelartifeln ganz spurlos vorüberging. Spinner sind bis über den März hinaus mit Ordres fest versehen ; der Zeugdruck geht in Folge zahlreicher bei ihm cingelaufener Auf- träge auch einmal wieder flott ins Zeug und rimmt die ihm passende verfügbare Waare zu s{lanken Preisen aus dem Markt. Färber sind daher ebenfalls flott beschäftigt, und die Weberei, die mit ihren Ordres am Erde war und deshalb mit einer gewissen Besorgniß dem Winter entgegensah, ist nunmehr wieder auf längere Zeit mit Aufträgen genügend versehen und befindet sich in vollem Betrieb. Kammagarnspinner sind wie son seit mehreren Jahren flott beshâf- tigt, klagen jeßt aber über niedrige Preise, da die Spindelzahl diefer Branche sich in den letzten paar Jahren durch Anlage neuer und durch Vergrößerung bestehender Spinnereien wesentlih vermehrt bat. Die neu erbaute E Kammgarnspinnerei von Lederih u. Cie. in Mülhausen wird ihren Betrieb demnächst eröffnen. :

Nicht nur der in den Textilbezirken des Elsasses etablirte Ma- \cinenbau hat vollauf zu thun, sondern auch die sämmtlichen Eifen- werke und die großen Maschinenbau-Anstalten in ganz Elsaß-Lothrin- gen sind flott beschäftigt, mehrere derselben haben ihre Anlaçen in den letzten Wochen wieder bedeutend erweitert. Ein Umbau, ver- bunden mit einer wesertlihen Erweiterung des Bahnhofes von Mülhausen steht bevor; der Verkehr auf demielben hat in der leßten Zeit, namentli seit Eröffnung der Gotthardbabn, ganz enorme, früher nie geahnte Dimensionen angenommen, sodaß gegenwärtig bei- nabe jeden Tag Ertra: Erforderniß-Güterzüge eingelegt werden müssen. Die Bauthätigkeit in Mülhausen dauert ununterbrochen fort, fo daß, wenn feine unvorhergesehenen Störungen eintreten, si Mülhaufen in nicht feiner Zeit in die Zahl der Städte mit 100 000 Ein- wohnern einreiben wird. Dieselbe betrug bekanntlih im Jahre 1870 50 000. j

Auch die von der „Industriellen Gesellschaft“ crbaute Arbeiter- stadt hat in diesem Jahr wieder einen Zuwachs von zwölf neugebauten Häusern erhalten, sodaß dieselbe jeßt im Ganzen 1028 Häuser zählt, von denen im leßten Jahr zwölf verkauft wurden und augenblicklich nur noch sechs unverkauft sind, für die sich aber au bereits wieder Käufer gemeldet haben. Für nächstes Frübjahr ist der Neubau von abermals 12 und je nach Erforderniß von 20 weiteren Häusern in Aussicht genommen. Von diesen Häusern, die bekanntlih termin-

weise bezahlt werden, sind 731 volständig bezahlt, 11 mußte die

Gesellshaft zurücknehmen, weil die Besißer mit ter Zablung im Rüdftand blieben, do fanden si sofort andere Käufer dafür. Die 1012 Häuser repräsentiren einen Buhwerth von nabezu 24 Millionen Mark, an denen die Käufer noch 375000 M \{ulden. Das sind gewiß sehr günstige Resultate. . . . : Auch die städtis%e Sparkasse in Mülhausen liefert den Beweis von der Zunahme des Wohlstandes der Stadt. Die Zabl der Ein- leger betrug am Schluß des Jahres 1870 in runder Ziffer 3700 mit nicht ganz anderthalb Millionen Francs Einlage; sie ging in den darauf folgenden näbsten Jahren aus bekannten Ursachen etwas zurüdck, hob si aber dann wieder von Jahr zu Jahr und ist na dem Ausweis des leßten Jahres Zahlen sprechen ja bekanntlih immer am deutlihsten auf beinahe 6090 Einleger mit nahezu drei Millionen Francs Eirlage gestiegen, die Einleger find zum weit- aus größten Theil Arbeiter und Dienstboten. . . .

Das Herbstgeshäft in Markirch-Leberau in halb- und ganz- wollenen Kleiderstoffen, Kammaarnartikeln 2c. nimmt seinen ganz be- friedigenden Verlauf; die Fabriken im Leberthal und die für dieselben arbeitende im ganzen Bezirk zerstreute sogenannte Hausweberei find flott beshäftigt. Die Baumwollwaaren-Fabrikation des Breusch- thales partizipirt, wie wir dies {hon eingangs hervorgehoben baben vollauf an der günstigen Lage dieser Brande. Die Deckenfabrikation Schirmeck-Labroque, die bédeutende Strickgarnspinnerei Wisch, die Wolle-, Baumwolle- und Garnfärberei Molsheim sind der Jahres- zeit entsprehend voll bescäftigt. ;

In Barr und Wasselnheim finden die Versendungen in ge-

strickten Socken, Jacken 2c. in gewohnter Weise ftatt, erreichen E bekanntlich diejenigen früherer Jahre, d. h. vor 1870 bei Weitem E. In Bischweilcr hat sich seit unserm leßten Bericht wenig ge- ändert, in glatter, s{warzer oder couleurter Waare dauern die Ver- sendungen na Frankrei, nach dem Orient, nach den deutschen Nordseehäfen, nach Holland und einigen transatlantishen Pläßen in bescheidenem Maß fort; die Fabrikation von Regenmäntelstoffen leidet in Folge des flauen Geschäftëganges in der Berliner Damenkonfektion unter gedrückten Preisen. . :

Die Fabrikation von Seidenplüschen spielt in einigen Städten von Lothringen, wie Saargemünd, Püttlingen 2c. eine sehr bedeutende Rolle und befindet sih im blühenden Zustand; namhafte Erweiterun- cen der bestehenden Einrichtungen haben in der leßten Zeit in diesem Fabrikationszweig stattgefunden. Und nun last not least die Metalltubwebereien in Schlettstadt, die ja avch in gewissem Sinn der Textilindustrie angehören ; Rußland, England, Frankreich sind die regelmäßigen Kunden derselben. Keinem Einfluß der Jahreszeit und feinem Wechsel der Mode unterworfen, also regelmäßigem Betrieb und gute Dividenden, man spribt von 20 bis 25%, das ist Alles, was si darüber sagen läßt. Wie bei den Frauen bewährt si au bei dieser Industrie das Scillersbe Wort: „Die Beste ift diejenige, von der man am wenigsten fpriht.“

KFunst, Wiffenschaft und Literatur.

Das Novemberbeft 17. Jahrgangs der Zeitschrift zur Förderung deutscher Kunst-Jrdustrie, „Kunst und Gewerb e“, herausgegeben vom Bayerischen Gewerbe-Museum in Nürnberg (redigirt von Dr. Otto von Schorn, Druck und Verlag von G. P. I. Bieling [G. Diet] in Nürnberg) bringt eine weitere Fortseßung der lesen®- werthen Studie „Zur Geschichte d:s Porzelians in Europa“, von F, Jännicke. In dem jctt folgenden zweiten Abschnitt behandelt der Verfasser die ital’enishen Jmitationen des 16. Jahrhurderts, ins- besondere das Florentiner oder Medici- Porzellan, In dem zweiten Beitrage beginnt Hermann Billung eine Scbilderung der funst- gewerbliden Alterthümer auf der Amsterdamer Autstellung. F-rner gelangt in diesem Heft der interessante Auffay von O, con Schorn über die Schrift und ihre Reform zum Abschluß. Unter der Rubrik „Museen, Vereine, Schulen, Ausftellungen Tf finden wir u. A. eine Beschreibung der Wandgemälde Wilhelm Lindenscmits im neuen Rathhause zu Kaufbeuren und eine Charak- teristik des Muscums der Nordbahn in Wien. Von den Kunst- beilagen dieses Hefts zeigt die erste eine farbige, woblgelungene Re- produktion des s{önen Teppichmusters auf dem Bilde des heiligen Hieronymus, von Ghirlandajo, in Ogni Santi zu Florenz (aufgenou- men von E. Häberle), die zweite cin anz vorzügliches Facsimile in Farbendruck von ¡wei \{önen Ofenkacheln (mit in Farbenzusammen- stellung und Erfindung glei reizvollen Drnamenten) aus dem Baye- rischen Nationalmuseum in Müncben (aufgenommen von Chr. Neefer), die dritte eine Kollektion von vielfältig verwendbaren Scbildereten‘von gescnitzten italienischen Kirchenmöbeln (gezeihnet von F. D. Schulze). Im Text finden wir u. À Aufnahmen der rei mit phantastischen

[ Groteékfen und Arabesken verzierten Decke im Palazzo vecchio in

Florenz, einer sckchmiedeçcifernen Thüre aus Genua, eines s{önen rabmenartigen Ornaniecnis von einem Mefpulttish in S. Giorgio maggiore in Venedig, und einer geschrißzten Armlebne aus S. Pietro fuori le mura in Peruaia, sowie den Entwurf zu einem reich ausgestal- teten Tafelleulter aus Schmicdecisen mit Messingdillen (entworfen vom Arcitekten Ernst Fleischer, ausgeführt vom Schlossermeister G. Raschke in Dreéden). Gleichzeitig mit dem Novemberheft von „Kunst und Gewerbe“ werden die Nrn. 20 und 21 der „Mittheilungen“ des Bayerischen Gewerbemuseums in Nürnberg ausgegeben. In der per- manenten Ausstellung des Museums kefindet sib, wie wir der Nr. 21 der „Mittheilungen“ entnehmen, gegenwärtig eine höchst intcrefsante Sammlung von Kupfergefäßen, die nab den verschiedensten Richtungen hin von der größten Bedeutung ist. Es sind an diesen Gefäßen vor Allein die eleganten Formen hervorzuheben, dann die ungemeine Mannigfaltigkeit der Dekoration. Unsere moderne Meialldekoration findet an dicsen Proben einen uners{chöpf- liden Quell der {öten und edelsten Motive, deren Brauchbarkeit und Anwendbarkeit sofort in die Augen springt. Nicht weniger in- terefsant sind die dabei angewendeten Techniken. Man kann an den orientaliscen Kuvferarbeiten sieben verschiedene Techniken unterfcei- den : Die ältestin Gefäße sind aus getriebenem Kupfer, dann einfa ciselirt und verzinnt ; diese Technik ist namentlich in Pendschab, in Afghanistan und Persicn zu Hause. In Kaschmir vertieft man den Grund der Ornamente in Kupfer und füllt die Vertie- fungen mit einer s{warzen Masse, mit einer Art von Niello, aus; dann wird die Obaflähhe ganz leiht verzinnt, o daß die Ornamente einea silberähnlihen Glanz erhalter. In Kleintibet, Jarkand und Turkestan fertigt man Gefäße aus_ Messing (cuivre jaune) getrieben und an der Obe:fläche ciselirt. Sehr bäufig werden ole Gefäße durhbrochen gearbeitet und derartig filigranartige Flächen mit Kupferblcch unterlegt. In Kaschmic und Kleintibet finden sid häufig gegossene Messinggefäße, deren Oberfläche mit ciselirten Ornamenten versehen ift, während die Vertiefungen mit einer s&warzen oder rothen Masse ausgefüllt sind. In Sirinagar finden sich in Menge jene Gefäße, welbe man Bidriarbeiten nennt. Dieses Metall besteht aus einer Mischung von Kupfer, Blei und Ziny, die Oberfläche wird mit Silber eingelegt, und der dazwischen erscheinende Grund durch Ammoniakfalze, Salpeter, Chlor- calcium und blaues Vitriol ges{wärzt. In derseiben Gegend werden heute Messinggefäße gearbeitet, welhe mit ciner Art Grubenemail in \{warz, roth, weiß und grün verziert find. In den leßten Fahren hai man auch angefangen , die japanischen Emaillirungen auf Kupfer mit Erfolg nachzuahmen. Die meisten der bier genannten Techniken sind in der auégestellten Sammlung vertreten ; prachtvolle Bidriarbeiten sind in der Mustersammlung des Museums zu seben. London, 20. November. (W. T. B.) Sir William Sie- 3 ist gestern Abend gestorben. s B Co., Bucbhändler und Antiquare in Frankfurt a. M, u. f. w., haben Lagerkatalog 134, „Ge| wichte Ftaliens", ausgegeben. Derselbe enthält ein Verzeicbniß von 1017 Swriften, welche unter folgende Abtheilungen vertheilt sind: Ftalienishe Geschichte im Allgemeinen; Provinzial- und Städte-

geschichte (Bologna und die Romagna, Florenz und Toskana, Mai»