1883 / 284 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Dec 1883 18:00:01 GMT) scan diff

landwirthshaftlihe Gewerbe in seiner prosperirendsten Lage. Wer ein richtiges Urtheil über dieses Gewerbe befommen wolle, der müsse sich an die Berichte der Landeë-Oekonomie- kollegien wenden. Aus denselben ergebe sih, daß die Land- wirthschaft allerdings Anlaß zu ganz erheblichen Klagen habe. Hauptsächlich seien es drei Punkte, gegen welche dieselben fast in allen Provinzen gerichtet seien: 1) gegen die Reihe von Mittel- und s{leckchten Ernten der leßten Jahre; 2) gegen das Mißverhältniß zwishen Produktion und Produktionskosten ; 3) gegen die steigenden Armen- und Schullasten. Zum Schlusse wendete sih der Minister noch gegen den Vorschlag, die Domänen zu parzelliren, der weder zweckmäßig sei, noch dauernde wirthschaftlihe Vortheile verspreche.

Der Abga. von Meyer (Arnswalde) sprach gegen die Ausführungen des Abg. Rickert. Es sei ungerechtfertigt, aus den höheren Pachtzinsen für Domänen einen Schluß auf die Lage der Landwirthschaft ziehen zu wollen. Man vergesse dobei, daß der Werth des Geldes seit 1850 erheblih herab- acgangen, und troß dieser notorishen Entwerthung des Geldes hst der Pachtzins für einige Domänen herabge- gangen sei. Eine Steigerung des Pachtzinfes mate sih nur in den Provinzen, die Rübenzucker fabrizirten, bemerklich. Leider sei der Zuckerrübenbau an einzelnen Stellen bereits zu einem Zuckerrübenshwindel geworden.

Der Abg. Quadt nahm die Fortschrittspartei gegen die Vorwürfe in Scuz, als ob ihr ein Haupttheil der Schuld an der s{hlechten Lage der Landwirthschaft beizumessen sei. Der Aufruf der Freihandelspartei sei von keinem einzigen Mit- glied der Fortschrittspartei unterzeihnet worden. Die Steige- rung der Kommunallasten müsse auch er als drückend hin- stellen. Dieselbe erkläre im Osten sih vielfah daraus, daß hier Kosten für Bau und Unterhaltung der Landstraßen den Kommunen zur Last gelegt, während im Westen die- selben vom Staate getragen würden. Doch dürfe man nicht vergessen, daß die Landwirthschast am allerwenigsten Grund habe, sich über diese Lasten zu beklagen, da sie den meisten Nutzen aus jenem Straßenbau ziehe.

Der Abg. von Hülsen hob hervor, taß die Lage der Landwirthschaft allerdings dazu angethan sei, die Hülfe der Staats- und Volksvertretung herauszufordern. Wenn die Rechte diesen Klagen Ausdruck verleihe, so unterlasse sie es doch auch nie, die Mittel, welhe dem Uebelstand abhelfen fönnten, in Vorschlag zu bringen.

Der Abg. Rickert dekämpfte einzelne Auslafsungen des Herrn Ministers und der Vorredner. Es habe ihm fern gelegen, aus dem Nachweis über den Ausfall der Domänen- verpahtungen allein einen Schluß auf die Lage der Land- wirthschaft zu ziehen.

Bei Swluß des Blatts erhielt der Abg. Frhr. von Minni- gerode das Wort.

Nath Mittheilungen aus Jtalien sind folgende Sub- missionen ausgeschrieben worden

1) von dem Verwaltungsrath der Central - Militär- Apotheke zu Turin für den 14. Dezember d. F. bis 10 Uhr Vormittags eine Submission auf Lieferung der für das Ctatsjahr 1884/85 erforderlichen Medikamente nach einem an Ort und Stelle einzusehenden Verzeichniß, im Taxwerth von 350 000—525 000 Lire (Kaution 43 750 Lire),

2) von der Königlich italienishen Präfektur zu Modena für den 14. Dezember d. J. bis 12 Uhr Mittags eine Sub- mission auf Lieferung von Wollstoffen für die Strafanstalt zu Saliceta San Giuliano bei Modena.

Die näheren Bedingungen liegen in italienisher Sprache in unserem Expeditionsbureau zur Einsicht aus.

Bei dem Vertragsabs{hluß über einen Hausverkauf mit geringer Preisanzahlung berechtigt nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 1. Civilsenats, vom 15. Oktober d. F., die sodann bekannt gewordene Thatsache, daß Käufer das gekaufte Haus in ungehöriger Weise als Miethsobjekt aus- nuten und auf diese Art devastiren will, und daß so die Sicherheit der für den Verkäufer eingetragenen Resikaufgelder gefährdet werden könne, den Verkäufer niht zum Rüdcktriit vom Vertrage.

Der Tarif, nah welchem die Abgaben für Be- nußung des Hafens zu Neuland, Amts Freiburg, zu GERRRE, sind ist, unterm 29. Novembter d. F. festgestellt worden.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren : Dr. Pape in Herford, Dr. Potthast in Lügde, Dr. Duetschke als Af: Arzt 2. Kl. in Verden, Schmidt in Drochtersen, Dr, Callmeyer in Badbergen, Dr, Hesseling in Nieukork und Dr. Hucntemann in Miehlen.

S. M. Kbt. „Nautilus“, 4 Geschüße, Kommandant Korvetten-Kapitän Aschenborn, ist am 17. November cr. in Madeira eingetroffen.

Das „Marine-Ver.-Bl.“ veröffentliht folgende Nach- rihten über Schiffsbewegungen (das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbsi, nach dem Orte Abgang von dort). S. M. Knbt. „Albatroß“ 3./10. Montevideo 16./10 16./10. Buenos Ayres 17./10. Riachuelo. (Poststation : Valparaiso [Chili].) S. M. S. „Freya“ 22./10. Barbados 23./10, nach Port au Prince. (Poststation: St. Thomas [Westindien]). S. M. Knbt. „Hyäne“/ 26./8. Sidney. Leßte Nachriht von dort 26./10. (Poststation: Sidney [Australien].) S. M. Knbt. „Fltis“ 1./10. Canton. (Post- station : Hongkong.) S. M. S. „Leipzig“ 25./9, Nagasaki. (Poststation : Hongkong.) S. M. Av. „Loreley“ 4./11. Syra 5./11. 8,/11. La Valetta (Malta) 11./11. 15./11. Genua 19./11.— 22,/11. Grao (Valencia). (Poststation : Valencia [Spanien].) S. M. S. „Marie“ 25./9. Montevideo. Beabsichtigte am 10./10. nah Valparaiso zu gehen. (Post- ftation: Panama.) S. M. Knbt. „Nautilus“ 30./10. Ply- mouth 83./11. (Poststation: bis 11./12. Kapstadt, vom 12./12. ab Singapore). S. M. S. „Olga“ 25./10. Trinidad 3./11. ra Porto Cabello. (Poststation: Havanna [Cuba].) S. M. S. „Prinz Adalbert“ 13./11. Genua 19./11.—22/11. Grao 24./11.— 25./11. Cartagena. (Poststation : Valencia [Spanien].) S. M.S. „Sop ie“ 13/11. Genua 19./11. 22./11. Grao (Valencia) 24./11. 25./11. Cartagena. (Poststation: Valencia [Spa- nien].) S. M. S. „Stein“ 16./11. Singapore 17./11, Heimreise. (Poststation: Port Saïd.) S. M. S. „Stosch“ 6./9. Hongkong. Letzte Nachricht von dort 4./11, (Post: station : Hongkong.) S. M. Knbt. „Wolf“ 4./9, Kung:kung- tau. Chefoo 1./10. 4.710. Tientsin. (Poststation: Hongkon 3.)

Görlig, 29. November. Durch den Landeshauptmann Crafen von Fürstenstein wurde am Dienstag, Vormittags

10 Uhr, im hiesigen Ständehause der diesjährige Kom- 7

munal-Landtag des preußischen Markgrafenthums Oberlausiß eröffnet. Der Landeshauptmann begrüßte zu- nächst Namens des Landtages den anwesenden Ober-Präsidenten von Seydewit und erstattete darauf seinen Jahresbericht, welcher sich über die Verwaltung und den gedeihlihen Fortschritt aller ständischen Jnstitute in sehr erfreuliher Weise aussprechen konnte. Die Wahlperiode des Landeshauptmanns läuft mit diesem Jahre ab. Bei ter daher erforderlihen Neuwahl wurde Graf von Sen auf eine weitere zweijährige Wahlperiode per

fflamation wiedergewählt. Die Direktion der landständischen Sparkasse erstattete einen ausführliten Geschästsberiht, aus welhem mit Genugthung - konstatirt werden konnte, daß si auch im Vorjahre die Einlagen wieder erheblich vermehrt haben. Nach Vertheilung der Mitglieder des Landtages in drei: Auëeshüsse desselben wurde die Plenarsißung nach 12 Uhr geschlossen. Jm Laufe des Nachmittags hatten einige land- ständishe Deputationen Sitzungen. Gestern hielten die Aus- {hüfe ihre Sigungen ab.

In der heutigen zweiten Plenarsißzung des Oberlausitzer

Kommunal-Landtages wurde über Revision der Rehnungen für das Jahr 1882 Bericht erstattet und Decharge für die Verwaltungen ertheilt. Es wurde ferner der Etat der Land- steuerkasse für die Jahre 1884 bis 1888 festgestellt. Hierauf gelangte der Verwaltungsberiht des Kuratoriums der Kom- munalständishen Bank zum Vortrag. Es wurde zur weiteren Einlösung verfallener Banknoten eine Summe zur Disposition geftellt und der Geschäftsunkosten-Etat pro 1884 festgestellt. Der Bericht konstatirt wiederum günstige Ergebnisse der Bank- verwaltung. Auch die Direktion der Oberlausißer Hülfekasse erstattete Bericht. Aus verschiedenen zur Verfügung stehenden Fonds wurden erhebliche Bewilligungen zu allgemeinen wohl- thätigen und gemeinnüßigen Zwecken ausgesprohen. Nament- lih gewährten hierzu die Revenüen der Hülfskasse ca. 3000 M, die Zinsen des Fonds zu milden Zwecken 1900 A, die Zinsen des Reservefonds der Sparkasse 5000 M, die Zinsen einer gräflih Löben'schen Stiftung 560 Æ# Auch die Vertreter der Landstädte und Landgemeinden bewilligten aus den Zinfen eines ihnen allein zustehenden Fonds ca. 1900 # zu gleichen Zwecken. Außerdem wurden verschiedene auf die Verwaltung bezügliche Beschlüsse gefaßt. __— 30. November. Jn der gestrigen (3.) Plenar- sizung des Kommunal-Landtages wurden die Verwaltungs- berihte des Waisenhaus: Kuratoriums, der General-Direktion des Ober- und Niederlausizer Kredit-Jnstituts, sowie des Kuratoriums des Unterstüßungsfonds für emeritirte evangelische Geistliche und für Witlwen und Waisen verstorbener evange- lischer Geistlichen vorgetragen, die Etats für das Waisenhaus und für den Oberlausißer Schulfonds festgestellt und einige, auf die Verwaltung bezügliche Beschlüsse gefaßt. Einige Unterstüßungen und Beihülfen zu gemeinnüßigen Zwecken wurden bewilligt. Für die Errichtung einer Arbeiter-:Kolonie (nah dem Muster von Wilhelmsdorf bei Bielefeld) wurde - ein Darlehn bewilligt, dessen Höhe davon abhängt, ob eine solche Anstalt innerhalb der preußischen Oberlausiß oder außerhalb derselben, jedo in deren Nähe, errihtet wird. Schließlich genchmigte der Landtag, daß zu den Kosten des vorjährigen schlesischen Kaiserfestes die Oberlaus#t 1/13 beitrage.

1. Dezember. Heute fand dié 4. und leßte Sißung des Oberlausizer Kommunal-Landtages statt. Zunächst wurden in 11 verschiedene Direktionen, Kuratorien, Deputationen und Ausschüsse die erforderlichen Wahlen bewirkt, und zwar erfolgte größtentheils Wiederwahl, Neuwahl nur da, wo solhe nothwendig war. Sodann gelangten aus 17 Stiftungen eine größere Anzahl von Stipendien und Stiftungsgenüssen zur Verleihung. Nachdem die Geschäfte des Landtages erledigt waren, {loß der Landeshauptmann und Landesälteste Graf von Fürstenstein denselben in der üblihen Weise mit dem Wunsche, daß die gefaßten Beschlüsse zum Segen der Ober- laufig gereihen möchten, und mit einem Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König, in welches die Versammlung dreimal begeistert einstimmte.

Baden. Karlsruhe, 30. November, (Karlsr. Ztg.) Heute Nachmittag 51/, Uhr sind Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin zu dauerndem Aufenthalt in Karlsruhe wieder eingetroffen.

Die Nachrichten aus Stockholm über das Befinden des Herzogs von Schoonen lauten günstig, Die Aerzte sind mit dem Zustande des Kindes ret zufrieden und erklären denselben für gefahrlos.

Anhalt. Dessau, 30. November. (A. St.-A.) Deér Herzog ist heute wieder hier eingetroffen.

__— 3. Dezember. (W. T. B.) Bei der heutigen Er- öffnung der Sigungen des Landtages erklärte der Minister von Krosigk: Von dem Verkauf der Leopoldshaller Werke sei Abstand genommen worden. Ein neuer Direktor würde in einigen Wochen mit der Ab- teufung des neuen Schachtes beginnen. Um den Ausfall zu decken, müßte tie Regierung dafür sorgen, daß ein Theil des bei der Fabrikation erzielten Gewinnes der Staatskasse zu- fließe. Eine Erhöhung der Steuern sei in Aussit genommen. Die erlittene Niederlage sei als kein großes Unglück zu be- trahten. Morgen findet die erste Lesung der bezüglichen Vorlage statt.

Neuß ä. L. Greiz, 29. November. (Lpz. Ztg.) Nach- dem am gestrigen Tage der wieder zusammengetretene, seit dem 6. Februar d. J. vertagt gewesene Landtag in die 17, öffentlihe Sißung eingetreten war, hieß denselben der Regierungs-Präsident, Wirkliche Geheime Rath Faber im Namen des Fürsten willlommen und überreihte Namens der Regierung u. A. folgende Vorlagen: Gese, einen Nachtrag zum Geseg vom 1. März 1883 wegen verschiedener seither von Geistlichen, Kirchendienern und Kirhkassen bezogener Gebühren und Abgaben betreffend; Gese, die Errich: tung einer neuen Behörde für die in erster Jnstanz auszuübende staatliche Beaufsichtigung der städtishen Gemeinde- verwaltung bctr. ; Geseß, gewisse Abänderungen der Gemeinde- ordnung vom 25, Januar 1871 betr. ; Geseg, Ausführungs- bestimmungen zu dem Gese, eine weitere Abänderung der Reichs-Gewerbeordnung betr.; Schreiben, den Beitrag des Fürstenthums Reuß ä. L. zu den Kosten der JFnventarisirung der Kunj\tdenkmäler Thüringens betr. Die Vorlagen 18 bis 20 und 22 wurden zur Vorberathung an die fog. Geseß- ebungs-Kommission überwiesen, die übrigen Vorlagen der Mieiarderathung vorbehalten. Nach Schluß dieser öffentlichen Sitzung trat das Haus zu einer von Seiten der Fürstlichen Regierung erbetenen vertraulihen Sißung zusammen.

In der heutigen Sizung wurden die Vorlagen 22 und 24 unverändert angenommen und eine vom hiesigen Ge-

meindevorstande eingebrachte Petition, betr. die Bildung eines Landesausschus}ses, an eine aus fünf Mitgliedern bestehende sog. Petitionskommission zur Vorberathung überwiesen. Auch nach S&luß dieser öffentlichen pa trat das Haus zy einer weiteren geheimen Sißung zusammen.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 30. November. Die „Elsaß-Lothr. Ztg.“ schreibt : Die neuerdings dur die Presse gehende und namentlich vom „Frankf. c5ourn.“ verbreitete Nachricht, daß diejenigen Regimenter, welhen vorzugsweise elsaß-lothringishe Rekruten zugetheilt sind, Garnijon hier im Lande nehmen sollen, erweist sich für jeden, unserer Heereseinrihtungen irgend Kundigen von vorn herein als unhaltbar. Es bliebe nur die Frage übrig, ob eine Ver- legung der im Jahre 1881 neu errichteten 8 preußischen Jnfanterie-Regimenter, welche bestimmt sind, in Zukunft die Pro- vinzia!-Regimenter von Elsaß-Lothringen zu sein, in die Reichslande beabsihtigt werde. Wie wir auf Erkundigung an zuständiger Stelle erfahren, steht eine solche Maßnahme bisher nirgend in Autsiht. Nur die beiden Regimenter Nr. 98 und 130 rücken nach Met als Ersatz für die Regi- menter Nr. 29 und 45, welce die dortige Garnison zum 1. April n. F. verlassen. Eine Einstellung von elsaß:lothrin- gishen Rekruten in die Regimenter Nr. 98 und 130 wird in irgend größerem Umfange für die nächsten Jahre glei: falls noch nicht in Aussicht zu nehmen sein. G

Oefterreich:Ungarn. Wien, 30. November. (W. T. B.) Die „Budapester Correspondenz“ meldet: Der Kaiser ernannte den Raaber Obergespan, Grafen Khuen-Hedervary zum froatishen Banus.

Pest, 1. Dezember. (Wien. Ztg.) Die „Ungarische Posi“ meldet aus Agram: Nach der Veröffentlihung der Ernennun- gen des Banus und des Ministers für Kroatien werden die Vorbereitungen zur Einberufung des Landtages sofort in Angriff genommen werden und dürfte derselbe zwischen dem 10. und 14. Dezember zusammentreten.

Der vom Finanz - Minister eingereihie Geseßentwurf über die Jndemnität für das erste Quartal 1884 wurte dem Finanzauss{chuß überwiesen.

__ Schweiz. Zürich, 3. Dezember. (W. T. B.) Dur die gestern stattgefundene Volksabstimmung wurde die beantragte amtlihe obligatorishe Fnventarisation bei Todesfällen mit 33 000 gegen 14 000 Stimmen verworfen.

Großbritannien und Jrland. London, 2, De- jenber. W. T. Y) De Stkaaätsselrelär des Krieges, Lord Hartington, hielt gestern in Accrington eine Ansprache an seine Wähler, in welcher er hervorhob, daß das gute Einvernehmen Englands mit Frankreich ungestört sei. England hakte mit keiner europäishen Macht eine Separat-Allianz abgeshlofsen ; die Beziehungen Englands mit Deutschland seien durchaus herz: lihe und freundschaftlihe. Erst vor einigen Tagen habe Deutschland der englishen Regierung seine Bereitwilligkeit ausgesprochen, gemeinschaftlich für den Shuß deutscher und englisher Unterthanen in China zu sorgen, wenn dies in Zu- kunft erforderlih werden sollte.

Der Prozeß gegen O’'Donnel wurde gestern Abend beendigt; der Gerichtshof sprach D'Donnel der Ermordung Carrey’s s{chuldig und verurtheilte denselben zum Tode.

Portsmouth, 3, Dezember. (W. T. B.) Zur Ver- stärkung der britishen Stationen in China wird der Transportdampfer „Hankow mit 900 Mann Fnfanterie, 56 vid und anderem Kriegsmaterial demnächst von hier abgehen.

Frankreich. Paris, 1. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat in ihrer beutigen Sißung, ent- sprehend dem Vorschlage des Finanz-Ministers, die Amortisationssumme von 100 Millionen beibehalten und die von der Kommission vorgeschlagene Reduktion auf 60 Mil- lionen abgelehnt. Die übrigen Kapitel des Finanzbudgets wurden ohne Debatte genehmigt. Léon Renault verlas sodann den von ihm erstatteten Bericht der Tongking- kommission, der sich für die Bewilligung des geforderten Kredits ausspriht. Der Bericht konstatirt ferner, daß das Engagement in Tongking mit unzureihenden Mitteln begonnen worden, wodurch der Feind ermuthigt und China angereizt worden sci, zu interveniren. Man solle eine Basis für eine zufriedenstellende Transafktion mit China zu gewinnen suchen, um den Konflikt zu vermeiden, aber inzwischen Ver- stärkungen absenden, um allen Eventualitäten gegenüber ge- rüstet zu sein. Die Berathung der Tongking-Kreditvorlage wurde auf den nächsten Freitag festgeseßt. Das Gelbbuch wird am Mittwoch zur Vertheilung gelangen. Ein Geset- entwurf behufs Legung eines Kabels zwish.èn Saigun und Tonag king wurde heute in der Kammer vertheilt.

Der Regierung ift bis jeßt noch keine Vestätigung über die von dem „New-York Herald“ gemeldete Räumung Sontays und Bacninhs durch die Chinesen zugegangen.

1. Dezember, Nachmittags. (W. T. B.) Nachdem die administrativen und militärishen Machtbefugnisse nunmehr in der Hand des Admirals Courbet vereinigt sind, hat die Regierung den bisherigen Civilkommissar Harmand er- mächtigt, nach Frankreih zurückzukehren und daselbst einige Zeit im Urlaub zuzubringen.

Der chemalige rumänishe Minister des Auswärtigen, Boëresco, ist gestorben.

2. Dezember, Abends. (W. T. B.) Bis heute Nach: mittag waren der Regierung keine neuen Nachrichten aus Tongking zugegangen.

Wie der „Temps“ meldet, hat der Kriegs-Minister, von dem ersten Versuh mit dem Repetirgewehr befriedigt, beshlossen, in einigen Regimentern mehrere Züge mit diesem Gewehre zu bewaffnen, um vor einer definitiven Beschluf- fassung noch zahlreihe Versuche mit demselben anzustellen.

3, Dezember. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet unterm 27. November aus Haiphong, daß in Folge der Vorgänge von Haidzuong daselbst der Belagerun gs- zustand erklärt worden sei. Die Mandarinen in Kuangyen und Haidzuong sind des Einverständnisses mit den chinesischen Banden überführt und festgenommen worden. Die Wieder- aufnahme der militärishen Operationen der Franzosen 1st bevorstehend, der Gesundheitszustand der Truppen vortreffli(.

Spanien. Madrid, 1. Dezember. (W. T. B.) Dem gestrigen Hofball wohnten Se. Maiestät der König in preußischer Ulanen-Uniform, Se. Kaiserliche und König- lihe Hoheit der Kronprinz in der Uniform Seines

mershen Kürassier-Regiments bei. Se. Kaiserliche Hoheit Hihrte E Majestät die Königin Christine, Aller- öchstwelhe in himmelblauer Toilette erschien, der König Jhre Majestät die Königin Jsabella. Die Jnfantinnen, die Hof- fiaaten und das beiderseitige militärishe Gefolge {lossen si an. Die hohen Herrschaften eröffneten den Tanz dur eine Quadrille ¿u 8 Paaren, in welcher der Kronprinz mit der Königin Christine, der König mit der Königin Zsabella tanzte. Nachdem der Kronprinz noch mehrere Rundtänze gemacht hatte, wurde für die Königliche Familie? das Souper fervirt, während für die andere Gesellshaft in den langen mit Gobelins verzierten Galerien Buffets bereit standen. Das Fest erreihte um 3 Uhr

i de. sein Ends O zember, Abends. (W. T. B.) Der König hat

dem Kronprinzen gestern den Grofcordon des Militär - ordens vom heiligen Ferdinand verliehen. Auf dem gestrigen Hofballe hatte der Kronprinz den Orden bereits angelegt.

2. Dezember. (W. T. B.) Der Kronprinz mate gestern einen Auéflug nah Pardo, dem Landsig des Königs. Am Abend wohnte der Kronprinz der Vorstellung in der Oper, die eine öffentliche war, bet. Als derselbe mit der Königlichen Familie în der Loge erschien, wurde Se. Kaisex- licze Hoheit von den sehr zahlreich anwesenden Zuschauern, welhe sich _ von ihren Sißen erhoben, mit einer lebhaften Doation begrüßt, während die Musik den deutschen Kaisermarsch spielte. Der Schluß der Vorstellung, welher gegen 1 Uhr erfolgte, vot von Neuem Anlaß zu einer enthusiastishen Kundgebung für den Kronprinzen. Höchstderselbe hatte das Band des Großcordons des Militärordens vom h. Ferdinand angelegt, während Se. Majestät der König Alfons das Band des Schwarzen Adler-Ordens trug. E

Heute Vormittag wird der Kronprinz dem Goltesdien!t in der Kapelle der englischen Gesandtschaft beiwohnen und mit dem König einer A zum Dejeuner in der eng- hen Gesandtschaft folgen. ga 2. Dezember, Abends. (W. T. B.) Der Kronprinz be- sihtigte heute Nachmittag die Königlichen Marställe. Abends findet im Nathhause das von Seiten der Stadt veranstaltete Fest statt. Für morgen ist die Jagd in Casa Campo und für Dienjtag ein Ausflug nach dem Escurial in Auësiht genommen. Am Mittwoch wird der Kronprinz einer Felddienstübung der Truppen der Garnison beiwohnen. _ L E

2, Dezember, Abends. (W. T. B.) _Se. Majestät der König hat das Geburtstagsglückwunsch-Telegramm Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm mit einem Tele- gramm beantwortet, in welhem der König Alfons für die Ihm erwiesene Aufmerksamkeit und für die Jhm zum Ge- schenk gemachte Statue des Großen Kurfürsten Seinen herz- lihsten Dank ausspriht und den Gefühlen der Huldigung, Ehrerbietung und Ergebenheit Ausdruck giebt, von welchen Er für den Kaiser beseelt sei, der Jhm so viele Beweise Set: ner Sympathie gegeben habe. : |

Zu der heute Abend zu Ehren des Kronprinzen im Stadthause stattfindenden musikalischen Soirée hat die Muni- zipalität E BOO mehrere Säle mit vershwenderischer

racht einrihten lassen.

E A 3. Dezember, früh. (W. T. B.) Das von der Munizipalität im Stadthause veranstaltete Fest ver- lief sehr glänzend. Das Stadthaus war von Außen tages- hell erleuchtet, und im Jnnern strahlte elektrishes Licht. Alle Räume waren überfüllt ; der König, die Mitglieder der König- lihen Familie, die Minister, die Mitglieder des diplomatischen Corps und die erlesenste Gesellschaft von Madrid nahmen an der Festlichkeit Theil. Der König trug die Generalfapitäns- Uniform mit dem großen Bande des Schwarzen Adler:Ordens, der Kronprinz erschien in der Uniferm Seines schlesischen Dra- goner-Regiments mit dem großen Bande des San Fernando- Ordens. Der Kronprinz wurde von dem Alcalden feierlich empfangen und verweilte mit der Königlichen Familie bis nah Mitternacht. Mehreren Personen gegenüber sprach der Kronprinz Seine hohe Befriedigung aus über die Jhm in Madrid gewordene Aufnahme. : E

Gestern Nachmittag hat der Kronprinz den Präsidenten der Rechts- Akademie, Romero de Robledo, empfangen, welcher Ihm das Diplom als Ehrenmitglied der Rechts: Akademie überreichte.

Rumänien. Bukarest, 1. Dezember, (Prag. Ztg.) Der Senat und die Kammer beschlossen einstimmig, die Leiche Bo ërescos nah Rumänien zu überführen, dieselbe feierlih auf Staatskosten zu bestatten und als Zeichen der Trauer die Verhandlungen auf drei Tage zu unterbrechen.

Serbien. Belgrad, 2, Dezember. (W. T. B.) Die von verschiedenen Blättern gebrahten Nachrichten über neuer- dings stattgehabte Unruhen in den inneren Bezirken werden von unterrihteter Seite als eine tendenziöse Erfindung be- zeihnet. Es herrscht überall vollsiändige Ruhe.

Bulgarien. Wie der Münchener „Allgem. Zeitung“ aus Sofia gemeldet wird, sanktionirt ein Dekret des Fürsten die Vorlegung des Zankowschen Geseß- entwurfs, betreffend die Abänderung der Art. 8 und 9 der Konstitution, in der Nationalversammlung. Die Regie- rung schlägt darin zwei Kammern fowie die Wahl eines Abgeordneten auf je 20000 Einwohner beiderlei Ge- \{lechtes vor.

Schweden und Norwegen. Christiania, 1. De- zember. (W. T. B.) Jn dem Minister - Anfklage- Prozeß werden die weiteren gerihtlichen Verhandlungen stattfinden wie folgt: gegen Kierulf am 24. Januar, gegen Vogt am 5. Februar, gegen Holmboe am 7. Februar, gegen Helliesen am 9. Februar, gegen Jensen am 12. Februar, gegen Munthe am 14. Februar, gegen Bahke am 16. ¿Fe- bruar, gegen Johannsen am 19. Februar, gegen Schweigaard am 21, Februar und gegen Herzberg am 23. Februar 1884.

Afrika. Egypten. Kairo, 2. Dezember. (W. T. B.) Eine dem Khedive zugegangene Depesche meldet: „Fn Chartum seien zwei Personen eingetroffen, welhe die Nach- riht von der Niederlage Hicks Paschas bestätigten. Der falshe Prophet sei mit Kanonen, Gewehren, großen Mu- nitionsvorräthen und Kameelen, welche er von den Egyptern erobert hat, nah Obeid zurückgekehrt. Die egyptischen Truppen seien nah zweitägigen harten Kämpfen vollständig vernihtet worden. Der falshe Prophet habe keinen Gefan- genen mit sich fortgeführt.

Wie dem „Observer“ aus Kaire, unter dem 1. De- zember, gemeldet wird, wäre in der Provinz Darfur ein Aufstand ausgebrochen und der Gouverneur der Provinz,

Beduinenstämme in der Umgegend von Kassala sollen ebenfalls revoltirt haben. E

3, Dezember. (Telegramm des „Reutershen Bureaus“.) Die egyptishe Regierung hat die Mitwirkung des en g- lishen Kabinets nahgesuht, um von der Pforte die Erlaubniß zu erhalten, türkische Rekruten nah dem Sudan einstellen zu dürfen. England hat not nit geant- wortet, sondern einstweilen nur Auskunft verlangt, ob die Rekruten von europäischen Offizieren befehligt werden sollen.

Zeitungsftimmen.

Die „Norddeutshe Allgemeine Zeitung“ ent- hält folgenden Artikel: Z E

Die gegenwärtige Stärke unserer übersecishen Auswanderung giebt bekanntli den Gegnern der Regierung fortwährend Stoff zu der Bebauptung, daß die Leute mafsenhaft das Vaterland verlaffen, um sb dem Drucke der modernen Wirthscbaftspolitik zu entziehen ; ob die Ans{wellung der Au8wanderung im Anfang der 79er Jahre cine Flut vor dem liberalen Wirthschaftssystem bedeutete, wird dabei natürli nit gesagt. . A E Das die starke Auëwanderung eine unerfreulide Erscheinung 1ît, zumal fi an ihr die böberen, weniger arbeitékräftigen Altersklafen verbältnißmäßig \chwach betheiligen, bestreiten wir feineswegs; und wenn dieselbe aud im laufenden Jahre gegen das Vorjahr wieder etwas nadgelasen hat (1881 wanderten nach amtlihen Ausweisen aus: 210 547, im Jahre 1882: 193 687 Personen), fo ersceint_eine Zabl von ca. 180 000 Auswanderern, die, na den bisher veröffent- lidten Nawweisen zu schließen, sh wohl auch für das Jahr 1883 ergeben wird, immerhin recht hoh. Wie steht es denn aber damit in anderen europäischen Staaten ; sind diese, bei einer unseren politi- {en Gegnern woblgefälligeren Wirthschaftspolitik, denn besser oder vielleibt gar noÞ übler daran ? S : | Zur ziffermäßigen Beantworturg dieser Frage giebt uns eine foeben ersdienene italieniswe Beröffentlidung (Statistica deil’ emi- grazioue italiana ail’ Estero in der „Gazetta Uíficiale del Regno d'Italia“ vom 16. November Nr. 269) Material an die Hand, da i dort aud Vergleichungen der italienisben Ziffern mit denen an- derer Länder für den Zeitraum von 1870 bis 1882 finden. _ | Aus jener Zusammenstellung ergiett sib nun, daß in sämmtlicen dort zur Vergleichung berbeigezogenen Ländern, mit Ausnahme von Franfreih und Portugal, die höchsten Ziffern der Auëwanderung, wie bei Deuts(land, in den Anfang dieses JIahrzehntes fallen, und ¿war in das Jahr 1882 für Italien mit 67632, Großbritannien und Srland 279 366 (Großbritannien ohne Irland 195 234), St& weden 16 000, Norwegen 29 000, Dänemark 11614. Für die Scbweiz fällt die bêdste Zahl, ebenso wie bei uns, auf das Jahr 1881 mit 10 935, die Zahl für 1882 ift nur ganz unbedeutend niedriger (10 896). Für Oesterrei, Frankreich und Portugal reiben die Nacb- weise nur bis 1881 ; für das erstgenannte Land (Zisleithanien) fällt in dieses Jahr die hôbste Zahl (13 341), während für die beiden anderen Ünder die bödsten Zahlen in das Jahr 1872 fallen. Ferner ergiebt si für alle Staaten, daß si besonders hohe Zahlen aus den Anfang des vorigen und auf den Anfang dieses Iahrzebnts zu- sammendrängen. e :

Eine kürzere und weniger anfe{tbare Widerlegung der Annahme eines ursäblicen Zusammenhangs zwishen unserer jezigen Wirth- \haftévolitif und der Auëwanderung als dur diese Zablen läßt sih wobl nicht geben. F —_— e :

Notb cine andere interessante Zahlenreibe ift aus der în Rede stekenden Veröffentlichung mitzutheilen. Es ist das nämli die Zabl der Ausnanderer im Verhältniß zur Bevölkerung berebnet. Dana fommen nun im Durscnitt der leßten fürf Jahre (1878/82, für Oesterrei, Frankrei, Portugal nur 1878/81) auf 100 0099 Ein- wohner über)eeishe Auêwantderer in :

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E L V6 Sn 6B Großbritannien. . . 9587 Sat S 814 Por... 290 G S. . 292 Geildland. . .…… 291 Sli S8 Di Fa . D

Hiernab steht Deutscland bezügli ter Stärke seiner Auswan- derung unter den zehu Staaten erst an siebenter Stelle. Mögen nun au die Zahlennachweise der einzelnen Länder nicht so gleihmäßige sein, daß man derartige statistishe Reiben ohne Vorbehalt konstruiren fann, und mag auch insbesondere ein kleiner Theil der deutswen Aus- wanderung der amtlihen Aufzeihnung entgehen (unsere amtlichen Autweise erstrecken sch nur auf die Auswanderung über deutscbe Häfen und Antwerpen, erfafsen aber damit jedenfalls den bei weitem größten Theil der Auswanderer), so sind diese Zahlen doch zum Be- weise genügend, daß in anderen Ländern mit anderer Wirthsca\ts- volitik, sei es tro oder wegen dieser, noch viel mehr Leute Veran- laffung finden, ihr Glück in einer neuen Welt zu suchen.

——_ 0 E „Dent landwirthschaftlichen Presse“ lesen wir: i E ]

Der Entwurf zu einer Reform der Einkommensteuer hat eine sehr große Opvosition bezügli der Bestimmung gefunden, day bei der beabsichtigten böheren Besteuerung des fundirten Einkommens nur an das eigentliche Geldfapital, nit an das Kapital im weiteren Sinne, vor Allem also nicht an den Grund- und Hâuserbesitz ge-

dabt zu sein scheint. Hierüber hat die liberale Preffe son ein großes Zetergeschrei erhoben, als wenn fie ganz absidtlicb für die nâbste Wablcampagne die ganze Landbevölkerung în das agraris- fonservative Lager treiben wollte. In den betreffenden Ausführungen wird die Gebäudesteuer ganz ignorirt und von der Grundsteuer etn- fab behauptet, sie sei keine Steuer, sondern eine Rente, die den Einfluß einer vartiellen Vermögensfkonfiskation gehabt babe, es fel daber ein en!lspredender Werthabzug vom Grund und Boden längst gemacht, jeder Käufer oder Erbe eines Landgutes habe dies um den entsprechenden Betrag billiger gekauft oder îm Erb- gang übernommen, werte aljo von der Grundsteuer eigentlich nicht getroffen, es jei daher die großte Ungerechtigkeit, ihn jeßt von der neuen höheren Steuer auf das fundirte Cinkommen \rei zu lassen. Das Trügerishe dieses Raifonnements liegt auf der Hand. Güterfäufe resv. Schäßungen pflegen fich allermeist nit }o zu „voll- ziehen, daß der fapitalifirte Grundsteuerbetrag von dem abgeschâgten Wertbe in Abzug gebracht wird. Bis zum Ueberfluß ift es wieder- bolt und wiederholt aus allen Provinzen berechnet worden, wie ver- schieden sih die Steuerlast bei zwei Brüdern stellt, von denen der cine das väterlide Gut übernimmt, der andere mit der entsprewenden Kavitalquote als Rentner in der Stadt lebt. Gerade die \breiende Ungerechtigkeit, die in der so oft nechgewie]enen Minderheranziebung des mobilen Kapitals zur Besteuerung liegt, ist die Ursache der Resolution des Abgeordnetenhau?es in Bezug auf eine Kapitalrentenstcuer gewe?en, bei der kfeia Mensch an das Grund- und Bodenkapital getacht hat. Das Ungerc@te der Angriffe gegen den Steuerentwurf\ tritt am besten hervor, wenn man sich folaende Fälle vergegenwärtigt. Man nehme einmal an, wir hâtten weder GSrund- no Einkommensteuer bis jest gehabt und es sollte nun eine Einkommensteuer mit stärkerer Heranziehung des fundicten Ein- fommens eingeführt werden. Alle Welt würde dann damit einverstanden sein, wenn man das fundirte Einkommen aus Grund und Boden durch cine besondere Grund- resp. Gebäudesteuer, das fundirte Einkommen aus Kavitalbesiß dur eine Kapital-Rentensteuer treffen wollte, Nun baben wir die beiden ersteren Steuern {on lange, und wenn jeßt dies System endlich dur die Einführung der leßteren Steuer

Stattini Bey, ein Oesterreicher, verwundet worden. Die

im Interesse der Gerechtigkeit und Gleibmäßigkeit der Steuern er-

gänzt werden soll, da schreit das sensible Mobilkapital auf und beschwert sib über Ungerechtigkeit. Oder man nebme den Fall, wir bâtten \{on längst, wie dies ja in manchen Ländern der Fall ist, eire Couponsteuer auf Staatspapiere gehabt und es solle jeßt eine erböbte Einfommensteuer auf das fundirte Einkommen gelegt werden Was würde man da wobl von Seiten der Kapitalbesißzer antworten, wenn von agrarisber Seite behauptet würde, die Coupon- ïteuer sei {on längst im Cours der Staatspapiere zum Auêdruck gelangt, jeder Käufer eines Staatépapiers ziehe den fapitalisfirten Betrag der Steuer von dem Werthe des Papiers ab, zable also die Steuer aar nit mehr, man müsse also ganz unbefümmert um die {hon bestehende Couponsteuer alles Einkommen aus Kapital einerlei, ob Hypotheken oder Staatspapiere zu der erhöhten Steuer vom fundirten Einkommen heranziehen. .

Die „Rheinisch-Westfälische Zeitung“ schreibt: In unserer Nr. 181 brachten wir „Zur Erportfrage“ bebufs Ricbtigflellung gewiffer Bebauptungen freibäntleriscber Blätter die Mittheilung, daß ein belgisbes Stablwerk bei einer italienischen Submission auf 9656 t Swienen das billigste deuts®e Werk zuerst um 22% überboten, dann in der vors{riftsmäßigen zweiten Submission um 5% unterboten und mit einem Opfer von 9 Fr. per Tonne glei ca. 99000 Fr. dem deuts%en Werk (Bobumer Verein) das Gescbäft entrissen, urd daß dies ¿u einem Gegenkamvf bei der näbsten Submission geführt bätte. Der betreffende Bowbumer Preis war von uns mit 189,75 Fr. „franko Beftimmungêort“ angegeben. Die Bestimmung®orte sind der Freibandelëcorrespondenz ebento gut als uns befannt. Sie liegeu im Innern von Italien, und Franko- lieferung dabin ließt selbftredend Einaangszoll und Binnenfrachten ein. Bei der näbsten Submisfion wurden, wie wir in Nr. 179 un- serer Zeitung spezifizirt haben, die nabfolgenden Preise abgegeben:

Rbein. Stablwerke 125,50 Fr., Bochumer Gußstablverein . 12740 , Gas E... B Bolkow-Vaughan u. Co. . 133,50

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Daß diese Preise nah Hafenpläßen wede frabien enthalten, besagen diese Ziffern an si, hândlerishen Blättern eben fo gut nnt 1 : L sade aecgenüber suden dieselben nun ihre Leser dur die Vorstellung zu täuscben, die deutsben Werke bätten zum Zwi eines vernicbtenden Konkurrenzfampfes mit dem belgisben Werke bei der zweiten Sukbks mission ihren ersteren Preis um 69 Frs, ermäßigt, während nach obiger Zusammenstellung der belgishe Preis faftisch nur um ca. 6 Frcs. unterboten war. Obwobl derartige Verdrehungen und Vertuschungen der freibändlerishen Blätter oft genug ans Tageslicht fommen, wollten wir do uit unterlassen, dieses neue Kunststück, welches den unkefangeren Lesern „Sand in die Augen“ treuen soll, bierdur ofen zu legen. Wir glauben nit, daß soldbe Hetereien, die nur als Vorspiel für die bereits geplanten freibhändlerishen In-

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tervellationen im Landtage dienen sollen, den gewünschten Erfolg haben werden .

Neichstags - Angelegenheiten. Dillingen, 1. Dezember. (W. T. B.) Bei der beute bier tattgebabten Nabwabl zum Reichstage wurde, nab amtlicer Feststellung Freiberr Rudolph von Freyberg_auf Haldenwang

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| (Centrum) mit 6935 St. von 7199 abgegebenen Stimmen gewählt.

Landtags- Angelegenheiten.

Der Etat der Domänenverwaltung 1884/85 weist an Einnabmen (Kay. 1) 29294040 Æ auf, 311280 mehr als der laufende Etat. Die grundberrliben Hebungen und die Hebungen von veräußerten Domänenobijekten (1 518 414 #) haben si in Folge von Ablösungen gegen den Etat 1883/84 um 300 009 F vermindert. Dagegen baben zugenommen die Domänen - Amortisationêraten (6456060 e) um 80000 M, der Erirzaa von Vo- mänenvorwerken (13735677 Æ von 813 Pachtungen mit 1072 Vorwerken und 339578 ba nußbare Grundftücke) um 464207 A und der Ertrag von anderen Domânen- grundstücken (4787472 A) um 83 276 M Die Mineralbrunnen urd Badeanstalten (1 931 200 A4) sind nach dem Durcschnitt2ertrage um 38 209 Æ geringer veransdlagt. Aus der Nußung des Bernstein- regals (600 000 4) sind 50 000 Æ mebr, aus den Zinsen der Aktien favitalien (26 421 M) 503 Æ angeseßt worden. Die Pesten Festungs- revenüen (77 400 4), Wittwen- und Waisengeldbeiträge (11 206 #) und sonstige vermischte Einnahmen (177 197 4) sind um 500, bezw. 399 und 27 097 M niedriger ausgeworfen worden, als im laufenden Stat. . i - - :

Die dauernden Ausgaben (Kay. 1) beziffern sib auf 6 864 940 Æ (+ 84 880 A). Bei den Besoldungen (375 314 4) nd 2700 M in Folge der Einziehung einer Amts-Rentmeisterstelle in der Provinz Hannover in Abgang und 6330 # in Folge der Neu- anstellung verschiedener Brunnenmeister in Zugang gekommen. Die Woh- nungsgeld:us{üse erböben si demgemäß um 420 # Bei den Kosten für die Erhebung der Domänengefälle werden 960 # erspart, ebenso an den Wittwen- und Waisengeldern, dagegen erböben fich die Aufsidt8- kosten, meist dur Uebernahme von Ausgaben aus anderen Titeln um 9845 M, ebenso und aus gleidem Grunde die Dienstaufwands- Entschädigungëtgelder um 1050 # Bei den sonstigen Koften und Lasten der Verwaltung sind 1176 M auf den Etat der geiftliben Verwaltung überwiesen und hier abgeseßt worden. Bei den Zahs- lungen an Armenanstalten und milde Stiftungen (55 830 4) find 4300 6 wegen Zunahme der fisfalisben Armenlast neu hinzugetreten und 840 M von dem Woblthätigkeitsfonds des Ministers des Inneru übernommen worden, dagegen 86 240 M auf andere Fonds bezw. die neugebildeten Tit. 15 (Kosten der dem Domänenfiskus auf Grund rechtliver Vervflihtung obliezenden Armenpflege 32270 H) und 15a. (zu Unterstüßung aus sonstiger Veranlassung 2c. 5470 MÆ) über- tragen worden. Der Fonds für Zinsen der Passivkapitalien (1212184 M) ist dem größeren Bedarf gemäß um 34347 verstärkt worden. Der Neubau - Fonds (2443 430 Æ) hat durb Uebernahme der Baukosten auf den Domänen _ in dem Kreise Süderdithmarshen um 100 000 Æ erhöht werden muten, wogegen 3200 M anderweit übertragen worden sind. _Bei den Be- triebéfosten für administrirte Grundstücke (575 763 A) find 197 960 e für den Betrieb des Müblenetablissements bei Bubainen binzugekommen, dagegen 100 000 M auf andere Titel übertragen und 10 000 Æ als zu ersparen abgeseßt worden. Die Betriebskosten für die Mineralbrunnen und Bäder (1 197910 ) stellen sich für Slangenbad und Nenndorf um 13160 4 höher, dagegen dur Uebertragungen und Ersparnisse um 26490 e, im Sanzen mithin um 13 330 niedriger. E

Bei den einmaligen und außerordentliden Aus- gaben (Kav. 11 605 000 A, + 84880 F) ersceinen wiederum 600 009 ¿6 zur Bewilligung von Meliorationsdarlehnen und 5000 M4 (— 5000 M) für Remunerationen 2c. an die mit der Ablösung der Reallasten in der Provinz Sbleëwig Holstein bef âftigten Beamten.

Der Ueberschuß der Domänenverwaltung beträgt 21 824 100 Æ,

2 1 749 391 A). 2 E L A Ü A Der Etat der Forstverwaltung, Kap. 2, {ließt mit 52 333000 A (— 38509 Æ) Einnahmen. Der Holzertrag (45 972 000 6) zeigt einen Ausfall von 158 000 , die Torfgräberetien (317 000 A) einen folchen von 21 000 Æ, die Flößercien (30 009 6) 5925 M, der Sägemühlenbetrieb (528 (00 M) 13 000 Dagegen sind böber angesetzt die Nebennußungen (4 359 000 C) um 138 000 Æ, die Jagd (340 C00 M) um 900 #, die Wiesenanlagen (107 000 6) um 7000 4, die Wittwen- und Waifengeldbeiträge um 220 F und versbied:zne andere Einnahmen um 13 605 Ê

“Die dauernden Ausgaben (Kap. 2—4) 30611 090 4) sind

um 146 500 böôher als im laufenden Etat. Die Besoldungen der