1883 / 288 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Dec 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Jn Folge dessen ist die kommissarische Vermögensverwal- tung in der Diözese Limburg aufgehoben und die Wieder- aufnahme der eingestellten Staatsleistungen für diese Diözese, und zwar vom 1. Oktober d. J. ab, erfolgt.

Die „Rang- und Quartierliste der Kaiser- lichen Marine für das Jahr 1884“, auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs von der Kaiserlichen Admiralität redigirt, ist im Verlage der Königlichen Hofbuch- handluna von Ernst Siegfr. Mittler und Sohn in Berlin (Koch- straße 69/70) soeben erschienen. Dieselbe ward am 1. Novem- ber 1883 abgeshlossen und führt sämmtlihe Offiziere und sonstige Beamten der Kaiserlihen Marine, unter Angabe ihrer Orden , ihrcs Diensteintritts und ihres Dienstverhält- nisses 2c. namentlih auf. Dann folgt eine Liste Sr. Majestät Kriegsschiffe und Kriegsfahrzeuge, sowie eine Liste der Fahr- zeuge zum Hafendienst, endlih das Verzeichniß der Stäbe der in Dienst gestellten Schiffe und Fahrzeuge. Den Schluß der Schrift bildet ein genaues Namenregister.

Nag Miltkeilungen aus Oesterreich hat das Bürger- meisterei-Amt der Stadt Schärding in Ober-Oesterreich für den 14. Januar 1884 bis Nachmittags 6 Uhr eine Sub- mission, betreffend den Bau einer Trinkwasser-Leitung, aus- geschrieben.

Die näheren Bedingungen liegen in der Stadtgemeinde- Kanzlei des Rathhauses zu Schärding aus.

Jst bei cinem Kauf ein Wiederkaufsrecht für eine bestimmte Zeit vereinbart, so geht nah einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenate, vom 13. Oktober d. F., im Geltungsbereih des Preußischen Allgemeinen Landrechts innerhalb dieser Frist bei Ableben des Wiederkaussberechtigten das Recht stil shweigend auf dessen Erben über.

Hannover, 6. Dezember. (W. T. B.) Jhre König- lihe Hoheit die Prinzessin Albrecht ist mit Jhrer Familie heute Mittag von Kamenz hier eingetroffen. Die Frau Prinzessin hatte die Reise auf einer in Schwebe ge- haltenen Chaiselongue in einem eigens aptirten Waggon r ggeregt. Das Befinden Jhrer Königlichen Hoheit ist vor- züglich.

Bayern. München, 6. Dezember. (W. T. B.) Das Kollegium der Gemeindebevollmächtigten ist heute dem Magistratsbeshluß, einen Zuschuß von 630000 M aus Gemeindemitteln für die Erbauung von drei katholischen Kirchen, einer protestantishen Kirhe und einer Synagoge zu bewilligen, beigetreten.

Oefterreich-Ungarn. Wien, 5. Dezember, (W. T. B.) In einer BVesprehung dcs dem Abgeordnetenhause von dem Finanz-Minister vorgelegten “Exposés sagt die „Presse“: dasselbe biete die erfreulihe Thatsache, daß die Kon- solitirung der Staatswirthschaft au in diesem Jahre wieder langsame, aber sichere Fortschritte gemacht habe; die Hoffnung auf cine baldige Ordnung der Staatsfinanzen werde durch das Exposé wesentli gesteigert. Das „Neue Wiener Tagebl[l.“ findet, daß das wirkliche Defizit von 6 Millionen kein großer Be- trag sei und daß es keiner besonderen Anstrengung bedürfe, um es verschwinden zu lassen ; dies könne im Laufe von höchstens zwei Jahren bewirït werden. Das „Tageblat1“ konstatirt auch

die Begrüßung des Exposés Seitens der Börse durch Steigerung des Rentencourses. „Morgenpost“ und „Extrablatt“ heben die unleugbare Besserung der Finanzen hervor. Das „Fremdenblatt“ sagt: aus dem Exposé gewinne man den Eindruck, daß Desterreih si

wo das Gektahrungsdefizit ver- die günstige Aufnahme des Expofés durh die Börse sci die Folge der offenen Sprache des Finanz-Ministers, welcher niht auszusprechen zögerte , daß nur dur Erhöhung der Steuereingänge das Gleichgewicht auf die Dauer herstellbar sei. Dies sei der einzige zum Ziele führende Weg, auf welchem der Reihsrath dem Finanz- Minister folgen müsse. Bezüglih des Unfallversicherungs8- geseßzes sagt das „Extrablatt“: dasselbe erstrebe ten großen Zweck, den im mühsamen Berufe verunglückten Arbeiter nicht von der Gnade eines herzlosen Arbeitgebers abhängig zu machen; das Gese werde daher von Jedermann als eine der folgenschwersten Thaten auf dem Gebiete der sozial-politischen Reformen gewürdigt werden müssen. Das Versöhnungs-

inisterium habe damit einen edlen Versöhnungsakt ange- bahnt: die Versöhnung der Armen und Elenden mit ihrem Loose. Die „Morgenpost“ sagt: es solle die Pflicht jedes Menschenfreundes und jeder Regierung sein, die Arbeiter gegen die Ausbeutung und Rücksichtslosigkeit Seitens der Groß- industrie und des Großkapitals zu s{hüßen; das Gese wolle den shreienden Uebelstand beseitigen, daß der Unternehmer in Oesterreich bisher von jeder Haftpflicht für die Folgen von Betriebsunfällen befreit ist, von welchen seine Arbeiter in seinem Dienst betroffen werden. Dem „Tageblatt“ er- {cheint das Geseß als eine Uebertragung der alten bergmän- nischen Einrichtung der Bruderladen auf cine ganze Reihe von Arbeitsbetrieben ; der Staat schaffe die große Bruderlade und zwinge den Arbeiter allein dazu beizusteuern.

(Prag. Ztg.) Jm Budgetaus\huß des Abge- ordnetenhauses ertlärte der Abg. Plener im Namen seiner Gesinnungsgenossen, daß sie aus politishen Gründen nicht im Stande seien, weiterhin Referate zu übernehmen.

Pest, 5. Dezember. (Presse.) Der Banus begiebt ih am nächsten Sonntag nah Agram, um am Montag die Leitung der kroatishen Landesregierung zu übernehmen. Der froatishe Landtag wird, da vom Tage der Veröffent- lihung des Einberufungsschreivens bis zum Zusammentritt iniadéltens aht Tage verfließen müssen, erst für den 18. d. M. einberufen werden können.

6. Dezember. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Oberhauses überreichte der zur Vorberathung der Ge- seznovelle, betreffend die Ehen zwischen Christen und Juden, niedergesezte Auss{uß seinen Bericht, welcher die Annahme der Novelle empfiehlt. Die Plenarberathung über dieselbe findet am 10. Dezember statt.

Das Abgeordnetenhaus acceptirte heute die Steue r- vorlage mit unwesentlichen Modifikationen. Morgen fintet die dritte Lesung statt. Der Jmmunitätsausschuß§ß hat einstimmig beshlcssen, bei dem Hause die Aufhebung der Jm- mun:tät Verhovay's zu beantragen. *

Schweiz. Bern, 6. Dezember. (W. V). Der

Nationalrath hat das Geseg über das Rehnungs- wesen mit 113 gegen 17 Stimmen angenommen. Das

dem Momente nähere, {wunden sein werde;

7. Dezember. (W. T. B.) Die vereinigte Bundes- versammlung hat für das Jahr 1884 den seitherigen Vize-Präsidenten Welti (liberal) mit 133 Stimmen zum Bundes-Präsidenten und Schenk (radikal) im zweiten Sa Lgande mit 88 Stimmen zum Vize-Präsidenten gewählt.

Großbritanuien und Jrland. London, 5. De- zember. (Allg. Corr.) Die Königin hat das Patronat über die im nächsten Jahre in Süd-Kensington abzuhaltende Jnter- nationale Hygiene - Ausstellung angenoumen. An der Spiße des Generalausshusses steht wieder, wie bei der Internationalen Fischerei-Ausstellung, der Prinz von Wales. 6. Dezember. (W. T. B.) Das Polizeigericht von Bowstreet hat nah acttägiger Pause die Verhand- lungen gegen W olff und Bondurand wegen ungeseßlichen Besites von Sprengstoffen heute fortgesest und die weitere Verhandlung \{ließlich auf morgen vertagt.

Frankreich. Paris, 6, Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkamnuer erledigte heute fünf Artikel des Kriegsbudgets. Der Kriegs-Minister Campenon erwiderte auf eine bezügliche Anfrage: er denke gegenwärtig nit daran, einen General nah Tongking zu entsenden, indeß ständen zwei Bataillone zum Abgange bereit, wenn dies nöthig sein sollte. Die Berathung der Tongking-Kredit- vorlage findet wahrsleinlih morgen statt.

Der Minister des Jnnern hat Befehl gegeben, die Unterzeichner der Plakate, welche zu einer anarchistishen Manifestation auf dem Börsenplaß für morgen auffor- derten, zu verhaften. Jn Folge dessen sind 7 Personen schon in Haft genommen worden. Unter den verhafteten An- stiftern befindet si auch ein junger Mann von 17 Jahren, bei welchem Explosivstoffe gefunden wurden. Die Nach- forshungen na den übrigen Anstiftern dauern fort.

Der Marine-Minister erhielt heute früh eine De- peshe des Admirals Courbet aus Hanoi, vom 27. November, welche sih aber nur mit vienstlihen Angelegen- heiten beschäftigt.

7. Dezember, Mittags. (W. T. B.) Um der von den Anarchisten beabsichtigten Kundgebung vorzubeugen, sind im Jnnern der Börse und in deren Nähe Mannschasten der Garde de Paris aufgestellt worden. Die anarhistischen Journale rathen nunmehr auch ihrerseits von der Mani- festation ab.

Spanien. Madrid, 6, Dezember. (W. T, B.) Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz wird Sih morgen Abend incognito miitels Expreßzuges nah Sevilla begeben. Der Herzog von Montpensier hatte dem Kronprinzen sein Palais zur Verfügung gestellt, doch wird der Kronprinz, um das Jncognito zu wahren, in einem Hotel absteigen. Von Sevilla aus wird Sich der Kronprinz über Utrera, Granada, Cordova, Alcazar, Valencia, Tarragona nah Baxcelona begeben.

Se. Kaiserliche Hoheit besuchte heute mit dem General- Kapitän Blanco, dem General Grafen von Blumenthal und dem Hauptmann von Kessel das Marine-Museum.

Die Zeitungen heben hervor, daß Sich der Kronprinz über die militärischen Manöver und» die Ha!tung der spanischen Truppen sehr befriedigt zeige.

Der Senat und die Deputirtenkammer haben 25 000 Frs. für die Armen der Stadt Madrid bewilligt.

7. Dezember. (W. T. B.) Der Kronprinz er- theilte gestern dem deutschen Generalkonsul Lindau aus Barce- lona eine längere Audienz. Am Abend besuchte Se. Kaiser- lihe und Königliche Hoheit die Oper. Die Abreise des Kronprinzen nah Sevilla is nunmehr definitiv auf heute Abend 6 Uhr fesigeseßt ; die Ankunst in Sevilla erfolgt morgen früh um 9 Uhr.

7. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Der Kron- prinz wohnte gestern Abend dem lebten Akt der Oper „Rigo- letto“ im Königlichen Theater bei.

Ftalien. Rom, 6. Dezember. (W. T. B.) Der „Moniteur de Rome“ meldet, daß in diesem Monat kein Konsistorium stattfinden werde. Der Papst empfängt morgen den in besonderer Mission in Rom anwesenden russishen Unterhändler Butenjeff.

Griechenland. Athen, 5. Dezember. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer beantragte heute Delyannis die Vertrauensfrage für das Kabinet und die Fort- sezung der Dcbatte über die Tagesordnung für morgen. Die Minister verlangten die Fortseßung der Tagesordnung; die Opposition crklärte dagegen, vor Erledigung des An- trages Delyannis keine andere Debatte zulassen zu wollen, und verließ den Saal. Die Sißung wurde aufgehoben, da das Haus beshlußunsähig war.

Bulgarien. (W. T. B.) meine Zeitung“ mcldet aus Sofia: Die Vertreter der liberalen Provinzialbureaux mahten dem Fürsten ihre Aufwartung und versicherten denselben ihrer Ergebenheit sowie ihres Vertrauens zu der Regierung.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 6. Dezember. (W, T. B.) Laut Hofansage wird am 8. Dezember, als am Tage des Georgs festes, die Beeidigung der Groß- fürsten Peter Nikolajewitsh und Georg Michagilo- wits ch stattfinden, wozu die Hofchargen, die Georgsritter, die Generalität und das Offizier-Corps in bas Winterpalais be- fohlen worden sind.

Aus Kisil-Ajak in Chiwa wird berichtet, daß die Nivellirungsarbeiten der Amu-Darja-Expedition beendet sind und daß die Expedition die Ableitung des Amu- Darja in dessen altes Flußbett für möglich hält.

Amerika. Washington, 7. Dezember. (W. T. B,) Der Präsident hat William Thomas aus Maine zum Gesandten der Unionsstaaten in Stockholm ernannt.

Nsien. China. (W. T. B.) Ein Telegramm des „New-York Herald“ aus Honkong, vom 6. d. M., meldet, daß ein Pöbelhaufen in Kanton am 5s. d. die christliche Kapelle zerstörte. und lies 200 Mann zur Bewachung der Trümmer zurück.

Zifrika. Egypten. (W. T. B.) Eine Depesche der „Times“ aus Chartum, vom 6. Dezember, meldet, der Mudir von Sennaar habe telegraphirt, daß eine erheb- lihere Anzahl von Einwohnern, den Aufreizungen der Der- wische folgend, fich für den Mahdi erklärt habe; ein Theil derselben sei mit Remingtongewehren bewaffnet.

Die Münchener „Allge-

Das Militär zerstreute die Tumultuanten j

Zeitungsstimmen.

Die „Deutsche volkswirthshaftlihe Correspon- denz“ theilt aus der Generalversammlung des Vereins der norddeutschen Baumwollen-Jndustriellen, welhe am 29 v. M, in M :Gladbach stattgefunden hat, Folgendes mit: R Versammlung wurde von Herrn Kommerzien-Rath Wolf (in M--Gladbacb) prâsidirt, welcher die Verhandlungen mit einer geschitlichen Ue ersiht ter Entwickelung der eigentlichen Baumwoll- industrie in Deutschland cinleitete. Er führte aus, daß dieselbe nit älter als 40 Jahre sei und daß die mechanisbe Spinnerei und We- berei ctwa seit 1853 datirt. Bei einem Zolle von 1 Thaler pro Centner hatten wir keine Baumtroollspinnerei und Weberei, bei 2 Thlr. n begann die Industrie, bei 3 Thlr. Zoll nahm fie Aufschwung. m Jahre 1865 wurde der Zoll wieder auf 2 Tblr. herabgeseßt, was zu einem großen Rückshlage und wieder zur Uebermacht der eng- lishen Konkurrenz führte. Dur die Wiedergewinnung von Elsaß und Lothringen wurde die alte deutshe Baumwoll-Induftrie abermals gesdbädigt, weil das betreffende Reichsland ebensoviel Baumwoll-In- dustrie in Konkurrenz stellte, als das ganze alte Deutschland aufzu- weisen hatte. Z Der Vorsißende führte weiter aus, daß die neuen Garnzölle die Webereien nicht geschädigt haben, indem ja gleichzeitig höhere Zölle auf Gewebe gelegt wurden. Uebrigens haben nur die Spinner der feineren Nummern (17 bis 45) einen höheren Zoll bekommen; das ist ein Fünftel der Industrie; die übrigen groben Nummern blieben auf dem Zollsaße von 1865.

Hr. Brader (Robert, Brader u. Co., Borghorst) konnte fest- stellen, daß die deutschen Arbeiter in der Baumwollspinnerei und Weberei 25 9/9 mehr als in Holland verdienen.

Die Versammlung beschloß einen eingehenden Bericht über die

allgemeine Lage der Baumwoll-Induftrie an die Königliche Regierung zu Düsseldorf zu erstatten... Zuleßt wurde noch die Frage der Unfallversicherung kurz be- \spro&en, wobei der Vorsitzende sih für staatliche Regelung der Ver- sicherung aus\pra; sodann seien Gefahrenklasien cinzurihten, auth müßten die Gemeinde und der Staat einen Beitrag zahlen.

Dem vorerwähnten Bericht, welhen der Vorstand des Vereins der norddeutshen Baumwollindustriellen der König- lihen Regierung zu Düsseldorf über Lage und Arbeiter- verhältnisse der norddeutschen Baummwollenindusrie überreicht hat, entnimmt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Folgendes:

Seitens der norddeutshen Baumwoll-Industrie kann auch für das verflossene Semester ebenso wie bisher seit der L von 1879 über voll und theilweise reichlich zu steigenden Löhnen beschäftigte Arbeiter berichtet werden. Es sind die in den leßten Jahren wieder neu errichteten oder erweiterten Baummwollspinnereien, mechanischen Webereien, Biber-Druckereien und sämmtliche Hülfsindustrieen mit einziger Ausnahme der Walkwaaren-Webereien und der Kattuntücher- Druckereien ausreichend beschäftigt gewesen, und mabte sich in neuen oder erweiterten Spinnereien wieder ein Mangel an geübten Arbeitern bemerkbar. Dieses gute Gesammtresultat in der Produktion und Beschäftigung der Arbeiter, sowie der davon zunächst abbängigen Er- werbszweige, hat aber in einzelnen Zweigen der Baumwollspinnereien und -Weißwebereien, und zwar, soweit diese {on bei normaler Lage der englishen Baumwollindustrie in der Einfuhr der betreffenden Garne wie im Export der betreffenden Gewebe mit der englischen Konkurrenz zu rechnen baben, lediglich nur auf Kosten der Rentakbi- lität erreiht werden können.

Dieses zum Theil ungünstige finanzielle Resultat würde aller- dings noch weit ungünstiger und in manchen Fällen gar verlustbringend gewesen sein, auch hâtte der volle Betrieb nit immer aufrecht erhalten werden können, vielmehr würden Arbeiterentlassungen haben stattfinden müssen, wenn nicht dur die Zollreform von 1879 die allgemeine und bedeutende inländis&e NProduktionszunahme, wie sie ledigli dur die Einfuhrbeschränkung ermöglicht war, gleicerweise eine weit größere Verbrauchsfähigkeit in den für den Masfsenverkauf dienenden Erzeugnissen der norddeutswen Baumwoll-Industrie hervorgerufen bâtte, wie speziell in der norddeutschen Baumwollindustrie die Ein- fuhr der feinfädigen baumwollenen Weißwaaren vollständig aufhörte, die der baumwollenen Garne von Nr. 18 bis Nr. 46 aber wenigstens ershwert wurde. . . ..

__— Jn dem „Hamburgischen Correspondenten“ lesen wir: :

Mie kein Menschenwerk, so ist auch das Krankenversiherungsge]eß vom 1. Juli dieses Jahres nit frei von Unvollkommenheiten und

Mängein, und z. B. vom Standpunkt gewisser Arbeitgeberkreise lassen fich gegen manche seiner Bestimmungen mehr oder minder gewidtige Bedenken erheben. Doch nur die fkrank- afte Verbissenheit oder tendenziöse Böëwilligkeit des Partei-

geistes kann leugnen, daß dieses Geseß von lauterstem Wohlwollen und humanster Fürsorge für die Arbeiterklasse durchtränkt, und ferner, daß darin allen irgend verständigen Ansprüchen derseiben auf eine wirksame Theilnahme an der Verwaltung der kraft des Gesetzes ins Leben zu rufenden neuen Kassen, wie auf unbeschränkte Freiheit der Wakhl des Einzelnen, ob er diesen Kassen oder einer sogenannten freien Kasse angehören will, in ausgiebigster Weise Rebnung (e tragen ist. : :

Ein indirekter, aber darum nicht weniger \{chlagender Bewelt hierfür liegt darin, daß Solbe, die aus irgend cinem Grunde bemüht sind, das Geseg in den Augen der Betheiligten möglich} anzu‘ \chwärzen und namentlich dieselben, im Interesse der „freien Kassen“, von dem Eintritt in die dur das Geseß begründeten Kassen zurüd/ zuschrecken, ih genöthigt schen, den Leuten die außerordentlicsten Unrichtigkeiten, um uns so zart als mögli auszudrücken, über der Inhalt und Charakter des Gesetzes aufzubinden.

In wahrhaft erstaunlicher Weise ist diese würdige Praktik u. A. in der von der hiesigen Fortschrittspartei auf den verflossenen Don nerstag cinberufenen Ver]ammlung geübt worden. Wenn man lieft, was dem gläubigen Publikum derselben Alles von und aus dem Krankenversicberungêgeseß erzählt wurde, so ist man versucht zu denken, die geehrten Redner hätten gar nicht das wirkliche, sondern nur ein von ihnen geträumtes, mit allen möglichen offenbaren und meud- lerishen Attentatea auf die Wohlfahrt und Freiheit des Arbeiter- standes gespicktes im Sinne gehabt. . E

Der eigentlihe Zweck und die Moral der * ganzen ' Geschichte, worin sämmtliche Redner übereinstimmten, war natürlich die ang legentlibde Empfehlung des Beitritts zu den freien Kassen. Und nit minder zweifellos ist, daß die Fortschrittspartei sich einbildet, mit dieser Agitation, die sie nit blos hier, die sie aller Orten be treibt, das eigene Partei-Interesse zu fördern. Das ist run aber dat Râthselhafteste, ja das geradezu Unbegreifliche bei derSache. Weiß sienih!, wer die Leute sind, die in den freien Kassen schon heute das UVebergewit! haben, und dieselben zur Befestigung und Vermehrung ihres Anhangé auénutzen? Doch, sie wei es, sie muß es wissen; aber sie hofft, durch ein Auftreten, wie ihr icpiges, die Arbeiter von der Sozia! demokratie ab und zu sich herüberziehen zu können. Diese Nerblen- dung würde unglaublich sein, wäre sie in der Geschichte der Parteien nit hon öfter dagewesen, und wäre nicht zuglei, nah Hegels be- fanntem Scerzwort, die Geschichte selber blos dazu da, damit die Völker nichts aus ihr lernen. .

Statiftishe Nachrichten.

Na Mittheilung des Statistishen Amts dec Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vol

57ì

900 Ghesließungen, 818 Lebendgeborene, 42 Todtgeborene,

Zustandekommen des Gesetzes ist somit gesichert.

Sterbefälle.

5. Nocember bis inkl. 1. Dezember cr, zur Anmeldung gekommen: F

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Goethe’s Leben und Werke. Von G. H. Lewes Uebersetzt von Dr. J. Frese. 14. Auflage. Stuttgart 1883, Carl Krabbe. 2 Bde. (72 Bogen). Preis bro. 5 #, geb. 6 Æ N Dieses Goethebu ist das beliebteste aller mit der Gesammterschei- nung Goethe's sich bescäftigenden Werke, was die vierzehn Auflagen beweisen, die dieses Werk bereits erlebt hat. Es ist überflüssig, einem folhen Erfolg gegenüber auf die großen Vorzüge des Buches im Einzelnen hinzuweisen, denn sie stehen als eine literar- geschichtliche Thatsache fest. Die neue Auflage ist mit einem vor- treffliben Generalregister versehen, das die Braubbarkeit des Buches wesentli erhöht, und empfiehlt si durch äußere Auétstattung als werthvolles Weihnachtsgeschenk.

Der Georgi- Thaler. Lebensbild aus dem Chiemgau von Maximilian Schmidt. Verlag von Carl Krabbe in Stutt- gart. 1883. Der beliebte Volkserzähler, welcher die deutsde Lese- welt mit den hübschen oberbayrischen Dorfgescbibten „Johannis- naht“ und „Die Knappenlisl vom Rauschenberg“ beschenkt hat, erfreut diese . hon wieder mit einer reizenden Gabe aus seinem reichen, geistigen Schaßkästlein. Schmidt versteht es die Handlung klar und ficher durchzuführen, sie dur schöne, ja hocpoetishe Momente zu illustriren, die Charaktere mit großer psycoloc‘sder Kenntniß zu zeichnen und so ein, durch poetish: und fittenreine Darstellung her- porragendes Lebensbild zu schaffe.

Für die weiblihe Jugend bringt derselbe Verlag wieder cin hübsdes Weibnachtsbuh: „Daheim und draußen“, Erzählungen für junge Mädchen von Marie Calm. Die Verfasserin führt uns bald in das trauliche deutsche Heim, das sie uns im Lichte der Kind- heit zeigt, mit den Freuden und Leiden, die cin Kinderherz bewegen, bald über das Meer hinüber, nah England, nach Amerika, wo Deutscke sich cine neue Heimath gründeten. Immer aker sind es an- zichende jugendliche Gestalten, die wir vor uns sehen, immer heitere oder ernste Vorgänge aus dem Leben, ganz geeignet, die jungen Lese- rinnen anzusprecen und zu fesseln.

_ Wir bringen bei diefer Gelegenheit die früher ershienenen Bände dieser vortreffliben 3 Mark-Bibliothek in empfeblende Erinnerung: „Wildermuth, Wollt" ihr's hören", „Willms, Die Erbin von Roseneck“, „Devrient, Was das Leben bringi“, „Wildermuth, Schule und Leben“, „Stein, Herzenskämpfe*, „Palleske, Dorren und Rosen“.

Die soeben erschienene 24 Lieferung der illuftrirten Pract- ausgabe von Theodor Körners sämmtlichen Werken, herausgegeben von Heinri ch Laube (Verlag von Sigmund Ben- finger in Wien, Leipzig nnd Prag, Preis für die Lieferung 59 -§) \{licßt den ersten Band mit Briefen Körners und bringt als Ein- [eitung den Lebenélauf des Dichters aus der Feder des Herausgebers. Die 25. Lieferung enthält die Fortseßung des Trauerspiels „Hedwig“, wel{cs in der 26. Lieferung zum bschluß gelangt; es folgt das Trauerspiel „Rosamunde“. Die beiden leßten Hefte sind wieder mit zahlreichen wohlgelungenen Illustrationen geschmüdt.

—— Von dem anzichenden, auf eigener Ansbauung Amerikas beruhenden Prachtwerk von Hesse-Wartegg, „Nord-Amerika, seine Städte und Naturwunder, sein Land und seine Leute“ (mit 300 Fllustrationen) erscheint jetzt in der bekannten deutsh-amerika- nisGen Verlagëbuhandlung von Gustav Weigel in Leipzig auch eine \{öón illustrirte , Wohlfeile BVolksausgabe* in 24 in 14tägigen Zwischenräumen. erscheinenden Heften (zu je 50 ). Es liegt uns bis jeßt die erste Lieferung (New-York) vor und lenken wir gern die Auf- merksamkeit unserer Leser darauf. Durch den wohlfeilen Preis der Volfsausgabe ist es Jedem ermöglicht, si dieses vunterhaltende und lehrreihe Buch anzuschaffen.

Das soeben ausgegebene Dezemberheft der illustrirten Monats- {rift „Aus allen Zeiten und Landen“ enthält den Schluß des spannenden historishen Romans „Brigitta von Wisby*“ von Hans Hoffmann; einen interessanten Essay „Marie Antoineite und ihre Kinder“ mit den Porträts der ungiückliben Königin und ihrer Kinder; die Fortseßung des Aufsatzes „Was die Engelsburg geseben hat“, von Fridolin Hoffmann; „Adolf Menzel“, eine Skizze von Franz Duncker mit dem Porträt des genialen Malers und" der Jüustration „Die Tafelrunde Friedrichs des Großen“; „Die Kriegsmact Chinas“, mit 3 Illustrationen, von Aug. v. Müller; eine „geographische Umschau“ (Amerika und Australien). Die „illustrirte Biblicgraphie" und eine Anzahl „Historietten“ bes@ließen das Heft.

-— Der Verfasser des in Nr. 281 des „Reichs-Anz.“ besprocenen, auch von dem Ober-Konsistorial-Rath Gerock empfohlenen Schriftchens „Ehre sei Gott in der Höhe!“, Hr. Lehrec Ueberscär, bei welchem diese Schrift zu haben ift, wohnt, wie wir nachträglich be- merken, in Rieplos bci Storkow, Regierungsb-:zirk Potsdam. Der Preis für das 2. Heft beträgt nicht, wie angegeben, 50 -, sondern nur 15 F.

Gewerbe uud Haudel.

Das Geschäftsjahr der Feuer-Societät der Stadt Berlin vom 1. Oktober 1882 bis 30. September 1883 \{ließt, wie der „Berl. Act.“ meldet, ungünstiger ab als das Vorjahr. Nicht nur die Zahl der zu vergütenden Brand- und Leuchtgas- Explosions- shäden hat sich nicht unerheblich vermehrt, sondern au die Eunt- idädigungen für die einzelnen Schäden sind erheblich höher gewesen. Angemeldet sind im abgelaufenen Geschäftsjahr 659 Feuer, darunter 4 Swornfiein- und 52 Gardinenbrände 2c. ; es ist zwar nur für 599 dieser Brände eine Entschädigung zu zahlen gewesen, doch betrug dieselbe insgesammt 676 232 Im Vorjahr betrug die Wal dieser Brände nur 506, und die hierfür zu zahlende Sesammtentschädigung bezifferte sih auf 392 974 4( Die Gesammt- auêgaben belaufen sib auf 1234448 ein\cließlih des Beitrags zu den Kosten des Feuerlös{wesens und der Hälfte der Unterhaltungs- kosten der Feuerwahhtgebäude mit 480936 4E Die Zahl der ver- siherten Gebäude betrug Ende September 1882 18 543 und die Ge- sammtsumme der Versicherung 2072 151 590 46; Ende September 1883 waren dagegen 18 818 Gebäude mit 2132 755 000 M. versichert, so daß sich die Zahl der Gebäude um 275 vermehrt und die Ver- fiherungssumme um 60 603 500 4 erhöht hat.

“Nürnberg, 6. Dezember. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Der gestrige Markt hatte einen Umsas von 509 Ballen. Auch heute war ziemlich rege Kauflust zu billigen Preisen vorhanden, fo daß gut 700 Ballen verkauft werden konnten. Die erzielten Preise waren infolge der Nachgiebigkeit der Eigner in vielen Fällen etwas niedriger, als zu Beginn der Woche. Zufuhren sind heute und gestern einige Hundert Ballen vom Lande und mehrere große Posten von auswärts gekommen, Die Notirungen lauten: Württemberger prima 165—170 M, mittel 150— 160 Æ, Hallertauer prima 160—170 M, mittel 148—155 MÆ, Polen prima 160—170 M, mittel 145—155 A, Elsäfser prima 150—155 4, mittel 140—145 4, Gebirgshopfen 155 bis 160 A, Marktwaare 140—150 4, Aishgründer 145—160 M, Altmäcker 120— 130

London, 6, Dezember (W. T. B.) Bei der gestern abs gehaltenen Wollauktion waren Preise unverändert. E

Bradford, 6. Dezember, (W. T. B.) Wolle ruhig, stetig. Moßairwolle fest. In Garnen mäßiges Geschäft, Stoffe rubig.

Verkehrs-Ausftalten.

New-York, 6. Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer „Holland“ von der National-Dampfs\chiffs-Compagntie (C. Messingsche Linie) ist hier cingetroffen.

Berlin, 7. Dezember 1883.

Cöln, 6. Dezember, 11 Uhr 55 Min. Nachm. (Tel.)

Die cnglische Post vom 6. Dezember früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 13 Min. Abends, is ausgeblieben. Grund: Das Schiff hat in Ostende den Anschluß nicht erreicht.

Verviers, 7. Dezember. (Tel.) Die englische Abendpost vom 6., planmäßig in Verviers um 8 Uhr 39 Minuten

Vormittags , ist ausgeblieben. Grund: Wegéri schlechten Wetters hat das Schiff Dover nit verlassen können.

Das Schéloß zu Posen. In den diesjährigen Etat hat die Könialicbe Staatsregierung etne aroßere Summe eingestellt, um das alte S{loß zu Posen wieder in Stand zu seten und in dasselbe das Königliche Provinzial-Staatsarchiv zu verlegen. In den Motiven wird bemerkt, daß damit das Gebäude in der würdiaften und in einer seiner historis&en Bedeutung allein entsvredbenden Weise Ver- wendung finden würde. Es wird vielleiht willkommen sein, hierzu einige Erläuterungen zu vernehmen. _

Das auf einem Hügel gelegene, isolirt stehende S{bloß nahm in der alten Stadtbefestigung etwa dieselbe Stellung ein wie die Burg zu Nürnberg; es war ein integrirender Beftandtheil der nur noch in geringen Resten vorhandenen Stadtmauer, nad modernen Begriffen etwa die Citadelle. Seine erste Erbauung fällt in die Mitte des 13. Jahrhunderts, in die Regierungszeit Premislaus [., der ebenso wie sein bedeutenderer Nachfolger Premislaus II.

bier feinen ständigen Wohnsitz nahm. Später wurde die Hauptstadt nab anderen Orten verlegt; immer aber blieb

das Posener Sloß, wenn au nur vorübergehend, die Residenz der polnishen Köniae. Fast alle haben hier zeitweise gewohnt und oft war der Bau der Sóauplat?glänzender Festlichkeiten, sowie der Ort wichtiger Zusammenkünfte und Berathungen: oft vermocbte das S{loß: faum die Menge der ers&ienenen Edelleute zu fassen. Hier \{woren die Abgesandten der großpolnishen Städte nab des Königs Ludwig Tode dem nach Posen gekommenen Mark- grafen von Brandenburg, Sigismund, den Eid der Treue. Hier bewirthete der General von Großpolen, Czarnkowskfi, im Jahre 1574 den nah Krakau zur Krönung durhreisenden Heinrich von Valois aufs glänzende; hier auch begrüßten die vor- nebmsten Mitglieder der Ritterschaft ihren neuen Monarchen. Hier endlich logirte 1556 Sophie, die Tocbter Sigiémunds I, auf ihrer Durbreise zu ihrem Gemahl, dem Herzog von Braunschweig, hier aud die Tochter Johanns Il1., Therese Kunigunde Sobieska, als sie 1694 zu ihrem Gemahl, dem Kurfürsten von Bayern, dur Posen reiste.

Ermwähnt sei au, daß auf dem S&Toß die edle und unalückliche Maria Leszczynska, die spätere Gemahlin König Ludwigs XV. von Frankreih geboren wurde, cine andere Fürstin dagegen, Lutgard, Gemahlin Premislaus IL, dur Meuchelmörder, nach einer bisher Ugen Tradition auf Axstiften ihres eigenen Gatten ermordct wurde.

Im Uebrigen war das S&loß, das seinen leßten durchgreifenden Umbau gerade vor 100 Jahren, 1783, dur den Grafen Raczyneki erfuhr, der Siß dex Generalstarosten von Großpolen und des obersten Gerichts, das zugleih als eine Art praktischer Rechts\chule dieate. Die Akten diefes Gerichts sind uns vom Jahr 1389 an in seltener Vollständigkeit erhalten ; wie durch ein Wunder sind fie trotz dec vielen Fährlichkciten, Feuersbrünste, Belagerungen und Verwüstungen, die die Burg betrafen, auf uns gekommen, und sie vornehmlich find es, welche dem jeßigen Königlichen Provinzial-Staatsarchiv seine bervorragende, eigenthümliche Wichtigkeit verleihen.

__In diefen Akten mußte nämlich jedes Gesetz, jeder Reichstags- bes{luß, überbaupt jede Urkunde von einiger Bedeutung eingetragen werden, um Recbtsgültigkeit zu erlangen, und so sind na einer oberflächliden Schänung in den circa 5500 in preußischen Besitz be- findliben Grodbücbern, von denen über 2000 allein auf Posen fallen, etwa drei Millioren Urkunden erhalten, ein historishes Matecial, das geradezu unshäßbar genannt- werden muß und erft zum allergeringsten Theil hat bearbeitet und verwerthet werden fönnen. Bis zum Jahr 1869 wurde dasselbe, abgesehen von ver- schiedenen Zwischenfällen, auf tem Schloß aufbewahrt und dann nach den Gebäuden des alten Fesuitenkollegs, in denen gegenwärtig die Regierung ihren Siz hat, und in welchen aub das neugegründete Staatsarciv untergebraht wurde, übergeführt. Die bedeutende und alänzende Vermehrung des archivalishen Materials, die in den leßten Sahren stattgefunden hat, ohne daß der Staatskredit hätte in An- \spruch genommen zu werden brauen, lassen die bis- berigen Räume als durchaus ungenügend erschcinen. Das Scloß hat alle Vorzüge und Eigenschaften, die für cin Archiv- lokal unerläßlih sind, und es ist mit Freuden zu begrüßen, daß hier eininal die Befriedigung eines dringenden Bedürfnisses mit idealen Anschauungen in harmonischer Weise sih vereinigen läßt, ohne daß erheblicere Kosten nöthig wären. Die Budgetkommission des Ab- geordnetenbauses hat die geforderte Summe bereits genehmigt, und cs ift danach wohl nit zu bezweifeln, daß dieser Beschluß vom Plenum bestätigt wird.

Von der Verwaltung der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft zu Dresden ist soeben der Bericht über die Jahre 1880 und 1881 veröffentliht worden. Neben Mit- theilungen über die Frequenz der einzelnen Anstalten, über Fortschritte der Katalogisirung und der wissenschaftlichen und künstlerischen Publikationen der einzelnen Abtheilungen sowie über eingetretene Personalveränderungen giebt ec eine detaillirte Nachweisung der für Ankäufe und für Instandhaltung und Nußbarmachung der Sammlungen erfolgten Aufwendungen, die bei der hohen Bedeutung dec Dresdner Museen au für weitere Kreise von Interesse sein wird. Die Gesammtausgabe für die Verwaltung mit Ein- {luß von 305241 Æ für Besoldungen und 26968 M für Herstellung gedruckier Kataloge betrug danach für dea be- zeiconeten zweijährigen Zeitraum 521 788 4 Ihr steht gegenüber eine eigene Einnahme der Sammlunzen im Betcaze von 154 333 M. wovon 103 908 4 auf Eintritts- und Führungs-, 14005 46 auf Garderobengelder, 31346 4 auf den Erlös aus verkauften Katalo- gen und 4800 4. auf den Beitrag aus der Königlichen Civilliste ent- fallen. Der für die Verwaltungskosten erforderliche Staatszuschuß beziffert si hiernah auf 366955 Æ Füc die Vermehrung der Sammlungen wurden ferner 234 723 4 verausgabt, und zwar für die Gemäldegalerie 140 475 Æ, für die übrigen Kunstsammlungen 99 898 M, für die Bibliothek 47 110 A und für die naturwissen-

schaftlihen und ethnographishen Museen 17240 A Der Zu- wachs der Gemäldegalerie besteht aus älterea Bildern von A. Cuyp, Thomas de Keyser, P. Codde und einem

noch{ unermittelten Meister, von welchem eine Porträtgruppe unter dem Bilde der Diana mit ihren Nymphen herrührt, sowie aus einer erheblich größeren Zahl moderner Arbeiten von Ludwig Knaus, Th. Grosse, P. Kießling, O. Gebler, Feuerbach, W. Genß, Schönleber, W. Schuch, Riefstahl, A. Thiele und J. L. Oury. Das historische Museum erwarb die Büsten des verstorbenen und des jeßt regierenden Königs von Johannes Scbilling, die Antikensammlung, die von dem Obersten von Gemming in Nürnberg hinterlassene Kollektion egyp- tischer Antiquitäten, die Porzellansammlung, eine ansehnliche Reihe von Erzeugnissen der Meißener Fabrik und anderen Stücken, die sib gleich den Ankäufen für das Kupferstihklabinet, das Museum der Gypsabgüsse, das Münzkabinet und das nur unwesentlich bereicherte Grüne Gewölbe der Aufzählung im Einzelnen entziehen. Die Mittel zu diesen ge- sammten Erwerbungen wurden mit 181 894 H dem Vermehrungs- fonds, mit 51 605 4 dem Fonds für Zwecke der heutigen Kunst und mit 1223 46 dem von Römerschen Fonds für das Münzkabinet ent- nommen. Für die damit herbeigeführte Reduktion des Fonds für die heutige Kunst von 131 899 auf 90704 Æ treten die Erträgnisse der zu gleichem Zweck bestimmten, auf etwa 500 000 4 sid belau- fenden Pröll-Heuerschen Stiftung als eine allerdings nur theilweise Ergänzung cin. Bei dem von 249 848 auf 160 698 M. verminderten Vermehrungsfonds, der außer den Ankäufen au die Beihülfen zur Herausgabe von Publikationen zu gewähren hat, steht dagegen der Nusgabe von 181894 #Æ# nur ein innerhalb der letzten Jahre allmählich um 36500 4A verminderter jährliher Staaté- zushuß von 40009 # gegenüber, so daß es in näster

Zeit {hon erheblich höherer Zuwendungen bedürfen wird, um dem | Dresdener Museum eine Weiterentwickelung in der bisherigen Weije zu garantiren, Was die Frequenz der Sammlungen betrifft, so

belief sib dieselbe im Jahre 1880 auf 422668, im Jahre 1881 auf 395 649 Personen, von denen auf die Gemäldegalerie, die weitaus im Vordergrund des öffentliben Interesses fteht, 1840963 resp. 164 196 Personen, also etwa 43/0 der Gesammtzahl, entfielen, während nächst ihr in erster Linie das zoologishe Museum mit 15°/o und erst an fünfter und sechfter Stelle das Grüne Gewölbe und das historische C, die nur gegen Eintrittsgeld offen stehen, mit etwas über je /o folgen.

_ Der Arcitekten-Verein hielt gestern Abend im großen Festsaal seines Vereinshauses eine auferordentlibe Sitzung ab, die speziell den Bestrebungen zur Förderung des Kunstgewerbes gewidmet

war. Eine zahlreide Versammlung wobnte der Sitzung bei, in der zunäwst Baurath Kvyllmann das Wort zu dem JIahresberidt über die Bestrebungen des Architekten-

vereins zur Förderung des Kunstgewerbes nahm: Die Bau- und Kunstgewerbe-Ausftellung ift fortgeseßt rei beshickt worden; das Interesse für dieses Institut hat si erfreu!ich vermehrt, der Befuch fh verdreifaht. Die Betheiligurg an den kunstgewerblibhen Kon- furreazen war dagegen bedauerlider Weise geringer als früher. Man glaubt annehmen zu können, daß die Zeit für die Ablieferung der Arbeiten nit glücklich gewählt war, und hat deshalb für die neuen Konkurrenzen diesen Termin auf Erde März verlegt. Die kunstzewerb-

liden Lotterien, deren dritte in diesem Jahre statt- findet, haben nit rur das Interesse für das Kunsl- gewerde 1 weitere Kret)e getragen : es ist dur

dieselben aub mögli geworden für 180000 4 fkunstgewerblihe Gegenstände anzukaufen. Die Weihnabtsmesse ift von gutem Ecfolge gekrönt gewesen. 16 000 zahlende Besucher haben dieselbe in Augen- [bein genommen; die diesjährige wird ihre Vorgängerin noch weit übertreffen. Der Redner schilderte alëdann kurz die erfreulichen Fort- \critte, die das Kunstgewerbe gemaht. Den Hauptvortrag des Abends hielt Prof. Jul. Lessing über die Hilfemittel des Kunst- gewerbes.

Die „Canaria*, Berein [ür Liebhaber und Zücbter des Kanarienvogelë, hat heute im Industriegebäude, in den über dem Wiener Café belegenen Sälen, ihre zweite allgemeine A usstellung eröffaet. Die Ausstellungen der „Canaria“ unterscheiden fic insofern wesentlich von denen der „Cypria* und der „Ocnis“, als bei thnen der Augenweide wenig geboten wird. Gerade die werthvollsten Vögel werden für den Besucher unsictbar, in wohlvershlofsenen Käfigen bewabrt; desto mehr Genuß wird aber dem Ohr zu Theil. Die Ausstellung birgt eine seltene Fülle der berrlihsten Sänger und dokumentirt hierdurch einen wesentlichen Fortschritt gegen die des Vorjahres. 249 Vögel sind zur Prämiirung angemeldet, 559 als Verkaufsvögel ausgestellt worden. Unter den ersteren find nur 50 von den Ausstellern nit selbst gezüchtet : sicherlih ein nit minder günstiges Refuitat. Wie werth den Züchtern ihre Thiere sind, dafür dient wohl die Thatsache zum Beweises, daß nur d der zur Prämitirung O Thiere verkäuflich sind, und zwar zu Preisen von 4d bis

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Danzig, 6. Dezember. (W. T. B.) Infolge des gestrigen Nor d - sturmes ist der Sboouer „Doris“ aus Blankenese auf der Danziger Nehrung gesirandet; die Mannschaft wourde gerettet. Im Hafen sind nur kleinere Beschädigungen vorgekommen. Außer- halb der Stadt hat das durch den Sturm aufgestaute Hochwasser aus der See und der Weichsel einzelne Grundstücke, Holzfelder und Ländereien Übers{hwemmt.

Stuttgart, 6. Dezember. Morgen, Freitag, den 7. d. Mts., wird die mit Bazar und Verloosung verbundene Weihnachts- Nus stellung des württembergiswen Kunfstgewerbe- vereins eröffnet werden. Dieselbe fiadet in dem unteren ständig gemietheten Vereinsiokal und in den 3 oberen vorderen Sälen des Königsbaus statt, nachdem leider die von Anfang an geplante und fo wünschenswerthe räumlihe Vereinigung der gesammten Ausftellung wegen lokaler Schwierigkeiten nicht durchgeführt werden konnte. An der Auéstellung gab sib eine sehr lebhafte Theilnahme unter den Kunstgewerbetreibenden von ganz Deutschland kund. So finden sh 3. in der Gruppe der Textilwaaren 17 Aussteller, und sind allein aus der Keramik 23, aus der Metall- waarenbranche 20 Einsendungen erfolgt. Noch stärker wird die Mòöbelscreinerei, Holzschnitzerei , Drecslerei und Fabrikation von Holzgalanteriewaaren vertreten sein. Da nämlich eine Reihe Möbel- fabrikanten von Stuttgart in Folge der im Herbst staltgehabten Arbeiterstrike zur Zeit noch in ungewöhnlihem Maße beschäftigt und deshalb außer Stande ift, an der Ausstellung sch zu betheiligen, fo suchte der Aussbuß diesem Mangel dur möglichst ‘zahlreiche Vor- führung kleingewerbliher Spezialitäten dieser Branche zu begegnen. Zudem brate das diesjährige Preisausschreiben des Vereins, in welchem für bestimmte, zugleich in dieser Ausstellung vorzuführende Musterarbeiten, wie die Ausstattung von bürgerlihen Wohnzimmern, von Arbeits- zimmern, S(hlafziramern, Kühen 2c. Ehrenpreise von zusammen mehr als 2000 M ausgeseßt wurden, noch mehr als in früheren Ausftel- lungen originelle Abwe{slung in Styl, Dekoration und Arrangement. Hierzu kommt endlich, daß manche Novitäten erstmals sich cinfinden- der Aussteller gewonnen wurden, wele gleichfalls zur Bielseitigkeit der Ausstellung wesentlich beitragen. Gewiß wird das große und all- seitige Interesse, welches die seitherigen Ausstellungen des Vereins in steigendem Maße bei dem Publikum gefunden haben, au der diesjährigen reichhaltigen Ausstellung nicht fehlen und dadur) leßtere, gleich ihren Vorgängerinnen, anregend für das heimische Kunstgewerbe wirken. Behufs Erleichterung eines wiederholten Besuches ist der Eintrittépreis für die gesammte Ausstellung (sowohl im untern, als im I. Stock des Königsbaus) auf 20 „3 festgeseßt worden; nur am Montag und Donnerstag beträgt derselbe 50 43; die Vereinsmitglieder und ihre Familienangelbörigen haben gegen Borzeigung der Mitgliedskarte freien Zutritt. Man beschäftigte fi in den leßten Wochen viel mit der Hebung des hicsigen Fremdenverkehrs: einen praktischen Fingerzeig hierzu giebt diese Weihnachtsausstellung.

Brüs fel, 6. Dezember, Nachmittags 5 Uhr 40 Min. (W.T. B.) In dem Gebäude der Repräsentantenkammer ist Feuer aus- gebrochen,

6. Dezember, Abends 7 Uhr 15 Minuten. (W. T. D Der Brand des Parlamentsgebäudes dauert mit größter Heftigkeit fort. Der Flügel, in welchem die Nepräsentantenkammer si be- findet, ist vollständig zerstört, ein anderer Flügel, in welchem das Aus- wärtige Amt und das Unterrichts-Ministerium untergebracht sind, sind gegenwärtig stark bedroht; die übrigen Theile des Gebäudes hofft man zu retten. Die Rettungsarbeiten werden, ungeachtet der außerordentlichen Gluth, mit großer Energie bewirkt, das Militär leistet Hülfe. , .

6. Dezember, Nachts. (W T. B.) Das Feuer im Parla- ment8gebäude wurde Abends 10 Uhr bewältigt; der Theil desselben mit der Repräsentantenkammer und den zu thr gehörigen Neben- räumen wurde zerstört ; tnehrere Feuerwehrleute sind dabei verwundet worden; einige Soldaten soüen unter den einstürzenden Mauern den Tod gefunden haben. Entgegen den ursprünglichen Befürchtungen hat das Auswärtige Amt und das Unterrichts- Ministerium nur wenig gelitten. Das Senatsgebäude wurde gerettet. Das Feuer bra in der Kuppel über der Repräsentantenkammer während der Sitzung aus und verbreitete sich {nell dur die Zugluft der Ventilationseinrich- tung und in Folge des heftigen Nordostwindes.

Concerthaus. Auf dem Programm für morgen Akend stet t die 7. Symphonie in &-dvr von Haydn,