1883 / 298 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Dec 1883 18:00:01 GMT) scan diff

art E He ItRRAN M WEENT u T O CONE E

spurig; dann Landsberg—Schongau und Neustadt—Bischofs- heim. Der Aufwand für die Jnteressenten beläuft sih auf 350 700 M Ferner postulirt die Staatéregierung à fonds perdu 300 000 Staatszushuß für eine, Privatbahn Pasing —Hersching. Aus den beigefügten Bemerkungen des Ministers geht hervor, daß die Aufnahme der projektirten Linien des bayerishen Waldes in den Geseßentwurf nicht mög- lih war, weil die unentgeltliche Grunderwerbung für diese Linien zur Zeit nicht zu Stande gekommen ist; daß die Staatsregierung aber hoffe, dem nächsten Budgetlandtage wenigstens bezüglih einer Sekundärbahn Freyung—Pafsau eine Vorlage machen zu können. Ein Be- dürfniß für die Errihtung von Hauptbahnen in Bayern be- zeichnete der Minister als nicht mehr gegeben ; es würde auch dur neue Hauptbahnen die Bayern s{hon gemachte und noch erwachsende Konkurrenz nicht aufgewogen werden können. Die drei Gesezentwürfe wurden einem besonderen Ausschusse über- wiesen.

M:Xlenburg. Schwerin, 18. Dezember. Gestern bes{chloß die Landtagsversammlung in Sternberg, auf Ein- ladung des Aufsichtsraths und der Direktion der Wismar- Rostocker Eisenbahn zur Theilnahme an der Eröffnung dieser Bahn, welhe am Freitag, den 21. d. M. stattfindet, eine Deputation, bestehend aus je zwei Mitgliedern der Ritterschaft und der Landschaft abzuordnen. Uober einen von beiden Re- gierungen vorgelegten Entwurf einer Verordnung, betreffend das Bürgerrecht in den Städten, ward auch geftern, obwohl die Sektion für Justizsahen (die „Justiz - Committe“) die Annahme desselben empfahl, kein besseres Resultat erzielt als auf den Landtagen der Vorjahre. Es erfolgte wiederum die itio in partes, Die Landschaft (Städte) lehnte, wie bisher, in einer sog. „Standeserklärung“ die Vorlage ab, worauf die Ritterschaft (Gutsbesitzer) erklärte, keinen Anlaß zu haben, sich über den Verordnungsentwurf zu äußern. Dasselbe Ausein- andergehen der beiden Stände erfolgte, wie {on furz in Nr. 296 dieses Blatts berihtet wurde, am Sonnabend hin- fichtlih einer von beiden Regierungen, der shwerinschen und strelißschen, vorgelegten Ausführungsoerordnung zu dem Reichs- geseß vom 13. Juni d. J., betr. die Krankenversiherung der Arbeiter. Die Landschaft aller drei Kreise (des mecklenburgi- schen, wendishen und stargardschen) erklärte: sie halte die Uebertragung von Funktionen der höheren Verwaltungsbehörde im Sinne des Reichsgeseßes an die Gewerbe-Kommission oder an eine andere ad hoc zu fonstituirende Behörde, wie es die Regierungsvorlage proponire, nah §8. 84 des oben citirten Reich3geseßes nit für zulässig, Die Ritterschaft stimmte da- gegen dem Vorschlage der Regierungen bei. Diese Erklärun- gen beider Stände wurden durch die Landmarschälle zur Kenntniß der Landtags - Komntifsarien beider Regierungen, welche in den Landtagssißungen nicht gegenwärtig sind, gebracht. Gestern ward weiter mit 80 gegen 18 Stimmen beschlossen, nah Maßgabe eines s{hwerins{hen Reginimalreskripts den Bau einer Bahn von Gnoien nah Teterow dur Bewilligung der Landeshülfe (20 000 M pro Kilometer) zu unterstüßen und den Engeren Ausschuß mit den weiteren Verhandlungen zu beauftragen. Die gleiche Landeshülfe wurde heute für den Bau einer Eisenbahn von Friedland nach Neubrandenburg bewilligt. Ferner genehmigten die Stände die Erhebung von 8/0 des vollen Betrages der sogenannten außerordentlichen Kontribution in Mecklenburg-Schwerin. Für Flußbauten ge- währte man 12500 # rein und 6000 A bedingt. Fm leßten Landtagsberiht (Nr. 296) muß es Zeile 12 von unten heißen „drei Chausseen“ (statt die Chausseen) wurden in die Landesverwaltung übernommen.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 17. Dezember. Ueber die Angelegenheit der bei Meß zu errichtenden monumentalen Krieger-Grabstätte theilt die „Els.- Lothr. Ztg.“ Folgendes Nähere mit :

Die Grabstätten der auf den Schlachtfeldern um Meß bestatteten Krieger deutscher und französischer Nationalität sind nur zum kleinsten Theile in das Eigenthum des Reichs oder betheiligter Privatpersonen übergegangen und dauernder Erhaltung sier. Für die Kriegergräber auf Gemeindefriedhöfen sind 15jährige Ruherehte erworben. Die große Mehrzahl der Gräber is auf den Schlachtfeldern zerstreut. Dieselben ge- nießen noch §. 2 des Gesehes über die Kriegergrabstätten vom 2. Februar 1872 den polizeilihen Schuß der riedhöfe. Die zur Schonung verpflichteten Grundeigenthümer erhalten eine nah dem Ertragswerthe der entzogenen Fläche berehnete Ent- schädigung. Dieser Zustand hat zu vielfachen Klagen geführt, welhe insbesondere auch im Landesaus\chusse zum Ausdruck gekommen sind. Es ist niht zu ver- kennen, daß die fraglihen Grabstätten, deren Gesammt- zahl sich auf etwa 2700 beläuft, für zahlreiche Grundeigen- thümer eine bedeutende Ershwerung der Ackerbeslellung zur Folge haben, von welcher es zweifelhaft ist, ob dieselbe durhch die von ihnen bezogene Entschädigung vollkommen ausge- glichen wird. Dazu kommt, daß troy der Anstellung be- sonderer Wärter für die Grabstätten der Krieger ein aus- reihender Schuß der weit zerstreuten Gräber gegen Beschädi- gung kaum zu erreichen ift.

Aus diesen Erwägungen is der Gedanke entsprungen, die in den Kriegergräbern um Met enthaltenen Gebeine, deren Ruhestätte niht von dem Reich odec von Privatpersonen eigenthümlih erworben sind, in einem einzigen Massengrabe zu vereinigen. Diese Sammelgrabstätte würde natürlih in einer ihrem Charakter entsprehenden Weise monumental zu gestalten sein. Ein vorläufiges Projekt des Garnison-Bau- inspektors Rettig in Mey is von einer besonders zusammen- geseßten Kommission aus dem militärischen, architektonischen und finanziellen Gesichtspunkte geprüft worden. Vorausseßung für die mit bedeutenden Kosten verbundene Ausführung des Plans ist die Uebernahme dieser Kosten durch das Reich.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. Dezember. (W. T. B.) Nach einer Mittheilung des Präsidenten des Herrenhauses find in dasselbe berufen: Graf Oswald Thun und Fürst von Thurn und Taxis, und zum Mitglied ernannt Fürst Georg Lobkowiz. Die Jndemnitätsvorlage, die Vorlage betreffs der Aushebung des Rekrutenkontingents und die Vorlage betreffs der Ausnahmegerihte in Dalmatien wurden endgültig ge- nehmigt. Der Minister-Präsident Graf Taaffe erklärte sodann die Vertagung bis zum 22. Januar.

Die „Presse“ veröffentlicht * den Wortlaut des vom Finanz-Minister und vom ‘Handels-Minister genehmigten Üebereinkommens wegen Verstaatlihung der Kronprinz-Rudolf-Bahn. Aus demselben ergiebt sich, daß der Betrieb der Rudolf-Bahn vom 1. Januar 1884 ab

für Rechnung des Staates geführt wird. Die Rudolf-Bahn bleibt auch nach dem 1. Januar 1884 Besigerin des im Eisen- bahnbuche einen Bestandtheil der bücherlichen Einheit bilden- den festen und beweglihen Materials, soweit dasselbe den Prioritätsbesißzern zu haften hat. Sämmtliche Reserven gehen in den Staatsbesiz über. Der Gewinn fällt auss{ließlih dem Staat zu, welcher von dem Einlösungsrecht Gebrauch n:aht, wenn die Rudolf-Bahn ausreichende Sicherheit dafür bietet, daß die vom Staate zu Adern E Silberprioritäten keine größere Be- lastung als die festgeseßte trefen könne. Dieser Belaftung wird diejenige gleihgeahtet, welhe sich durh Aufnahme eines neuen einheitlihen, bis zum 1. August 1956 rückzahlbaren Konvertirungsanlehens ergiebt, dessen Jahreslast einer 5 Proz. in Silber nicht übersteigenden QEnsung nebst Amortisa- tionëquote innerhalb der Tilgungsdauer gleihkommt.

Schweiz. Bern, 18. Dezember. (W. T. B.) Nach einer dem Bunbesrath zugegangenen Mittheilung sind die Niederlande der internationalen Reblauskon- vention beigetreten. Ftalien hat unter gewissen Vor- behalten seine Zustimmung zu Art. 1, 2 und 3 des Schluß- wit ap der in Bern abgehaltenen internationalen Konferenz

ans der tehnischen Einheit im Eisenbahnwesen erklärt.

Der Nationalrath hat heute mit 101 gegen 17 Stimmen E ag zwishen der Schweiz und Jtalien ratifizirt.

Großbritannien und JFrlaud. London, 16. Dezember. (Allg. Corr.) Die gestrige Ausgabe der „London Gazette“ bringt an der Spiße eine Proklamation der Königin, welhe das Parlament auf Dienstag, den 5. Februar 1884 „Für die Erledigung verschiedener dringliher und wichtiger Geschäfte einberuft. Die Kirhenparlamente von Canter- bury und York follen am 6. Februar zusammentreten.

Die Statue Lord Beaconsfields, welhe auf dem Play vor der St. Georgs Hall in Liverpool errichtet worden is, wurde vorgestern von Sir Richard Croß unter entsprechender Feierlichkeit enthüllt. i

18. Dezember. (W. T. B.) Wie die „Pall Mall Gazette“ meldet, sind in Folge der Nachricht, daß mehrere Mitglieder der Partei der sogenannten „Unüberwind- lihen“ von New-York nah England abgereist seien, außerordentlihe Vorsihtsmaßregeln für die Sicherheit des Premiers Gladstone in Hawarden getroffen worden. Meh- rere Polizeiagenten sind in Hawarden stationirt.

Wie verschiedene Abend blätter melden, sollen die Stadtbehörden gestern zwei Briefe erhalten haben, in welchen die Sprengung der Londoner Brücke und des New- gate-Gefängnisses angedroht wird. Die Brücke und das Gefängniß werden in Folge dessen streng bewacht.

Frankreich. Paris, 18. Dezember. (W,. T. B.) Jm Senat wurde heute die Vorlage wegen der neuen Kre: dite für Tongkin g eingebracht und alsbald der mit der Vor- berathung der ersten Kreditvorlage beauftragten Kommission zugestellt. Diese Kommission trat sofort zur Berathung zu- sammen. Jauréguiberry erklärte in dem von ihm erstatteten Bericht : ein Aufgeben von Tongking sei unmöglich; es würde

rankreih vor Europa herabwürdigen. Die augenblicklichen

erlegenheiten seien durch Zangsamkeiten veranlaßt; man müsse der Regierung die Möglichkeit gewähren, offen zu sagen und zu zeigen, daß Frankrei respekürt sein wolle. Die Kommission war einstimmig dafür, die Kredite zu bewilligen. Die Be- rathung wurde auf nächsten Donnerstag festgeseßt.

Jn der Deputirtenkammer sprah ih bei der Be- rathung der neuen Tongkingkreditvorlage Lockroy (von der äußersten Linken) tadelnd über die Expedition nah Tongking aus. Der Minister-Präsident Ferry erwiderte: die Hauptfrage sei durch die Tagesordnung vom 10. d. M. ent- schieden worden. Die neuen Kredite seien eine nothwendige und logische Folge dieser Tagesordnung. Wenn man von dem Ministerium Energie verlange, so dürfe man ih niht nur immer in Betrachtungen ergehen, Jn dem früher bezüglih Tongking gefaßten Plane sei nichts geändert worden. Die Regierung werde in den bezeih- neten Grenzen bleiben und verlange von dem Parlament die Mittel, um das gesteckte Ziel entschlossen und ruhm- voll zu erreihen. Die geforderten Verstärkungen seien voll- fommen ausreichend. Es handele sich nicht um eine neue Expedition gegen Hue. Der König von Annam sei eines gewaltsamen Todes gestorben; die französische Gesandtschaft laufe aber keine Gefahr. Der Gouverneur von Hue ver- handele mit dem Vertreter Frankreihs. Der Admiral Courbet marschire gegen Sontay. (Lachen auf den Tribüren; der Präsident befiehlt die Räumung derselben.) Hr. Ferry sprach sein Erstaunen darüber aus, daß man der Regierung, welche sich in vollem Kriege befinde, fortwährend Schwierigkeiten bereite (Verschiedene Ausrufe), Wenn Sie, fuhr Ferry fort, eine Regierung wünschen, welche dem in den täglichen Fnter- pellationen gestellten Verlangen einfa nachgiebt, fo suhenSie ih eine andere. (Beifall.) Was ihn betreffe, so würde er seine Pflicht verlezen, wenn er etwas über die Feldzugspläne oder die Verhandlungen mittheilen würde. Jm Uebrigen befinde si das Kabinet in dieser Frage in voller Uebereinstimmung. Nachdem sich noch Granet und P érin gegen die Bewilli- gung der geforderten neuen Kredite ausgesprochen hatten, wurde die Generaldisfkussion geschlossen. Bischof Freppel er- klärte: er werde für die neuen Kredite stimmen, wie er auch für die zuerst geforderten gestimmt habe, obgleih er mit der Art, wie die Expedition entworfen und geleitet worden, nicht einverstanden sei. Eine Verweigerung der Kredite würde cine Räumung Tongkings vor den niht zu rechtfertigenden Forderungen Chinas zur Folge haben und zur Vernichtung des Einflusses und Ansehens Frankreihs im Orient führen. Frankreih müsse ferner aber auch den Pflichten der Gerechtigkeit und Ehre nahkommen, die es den Missionären und den Christen shuldig sei, die sich unter den Schuß der französischen Fahne begeben hätten. Endlich sei die Bewilligung der Kredite nothwendig, um der Armee Vertrauen und der Regierung Ansehen zu geben. Die Einstimmigkeit der Kammer werde eine friedlihe Lösung beschleunigen. Sobald Frankreichs Fahne einmal entfaltet sci, müsse man folgen. Die ver- langten neuen Kredite wurden hierauf mit 312 gegen 180 Stimmen bewilligt.

General Millot reist morgen nah Tongking ab. Eine Depesche des Journals „Paris“ aus Hongkong, von gestern, sagt: Admiral Courbet sei auf dem Marsche nah Sontay nur s{hwachem Widerstande begegnet ; der Feind ziehe sich vor ihm in die Gebirgswaldungen zurück; Sontay werde wohl ohne Gefecht beseßt werden. Dem „Temps“ zufolge

hätten sich beim Kriegs-Minister 8900 Offiziere für die Expedition nah Tongking gemeldet; auch von Soldaten und Unteroffizieren gingen zahlreiche Meldungen zur Ein: stellung in das Expeditionscorps ein.

18. Dezember, Nachmittags. (W. T. B.) Ein Tele: gramm des Gouverneurs von Cochinchina bestätigt den gewaltsamen Tod des Königs von Annam. Der Adlatus des Civilkommissars, Champeaux, habe die neue Regierung nicht anerkannt, auch die offizieller Beziehungen zu derselben abgebrohen: er unterhalte jedoh mit dem neuen Ministerium noch geschäftlichen Verkehr. Der Civilkommissar Harmand sei niht nah Hue gegangen. Ein aus Saigon, unterm 17. ds., in Paris eingegangenes Telegramm berichtet: das Panzer- \chiff „Bayard“, am 13. von Hue abgegangen, habe gleihfalls die Nachricht von dem Tode des Königs von Annam bestätigt; es seien jedoh in Hue keinerlei Unruhen ausgebrochen, und die französishe Gesandtschaft laufe keine Gefahr. Die Garnisonen von Thuanan und Hue seien wieder frish verproviantirt. Courbet habe seinen Marsch auf Sontay am 11. ds. angetreten.

Italien. Rom, 18. Dezember. (W. T. B.) Se, Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz machte heute Vormittag einen Spaziergang auf dem Corso und der Piazza di Venezia und wurde von der Bevölkerung überall ehrfuhtsvoll begrüßt. Wenige Minuten vor 11 Uhr verließ der Kronprinz, Höchstwelcher die Feldmarschalls-Uniform mit dem Bande des Schwarzen Adler-Vrdens trug, mit Sei- nem Gefolge in drei Hofequipagen den Quirinal und begab Sich ohne vorherige Anmeldung nach dem Pantheon, wo Se. Kaiserlihe Hoheit einige Zeit an dem Grabmal des Königs Victor Emanuel verweilte. Kurz zuvor war dort ein prachtvoller Lorbeerkranz niedergelegt worden.

18, Dezember, Nachmittags. (W. T. B) Kurz nah 1 Uhr begab Sih Se. Kaiserlihe Hoheit der Kronprinz nah dem Vatikan, um Sr. Heiligkeit dem Papst einen Besuch abzustatten. Jm ersten Wagen, einem Coupé, faß der Kronprinz mit dem preußishen Gesandten von Schlözer, in 2 geschlossenen Landauern das Gefolge des Kronprinzen. Alle 3 Wagen waren mit je 2 Pferden bespannt; die Kutscher und die Bedienung trugen shwarze Livrée mit der preußischen Cocarde. Der Kronprinz und Sein Gefolge waren in Uniform. Etwa 10 Minuten nah 1 Uhr trafen die Wagen auf dem St. Petersplay ein und fuhren durch die Einfahrt, welche nah den Museen führt, in den Vatikan. Se. Kaiser- liche Hoheit verließ mit dem Gefolge die Wagen in dem Hofe des heiligen Damasus vor der zu den Gemächern des Papstes führenden Ehrentreppe. An den Eingängen zum Vatikan hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt, welhe den Kronprinzen ehrerbietigst begrüßte. An der Ehrentreppe standen päpstlißhe Gensd'armen in großer Uniform, und die Treppe entlang waren päpstliche Palast- und Nobelgarden, ebenfals in Gala, ausgestellt, Am Fuße der Treppe wurde der Kronprinz von Monfsi gnore

Cataldi, dem Ceremonienmeister, empfangen ; im Schweiz ersaal

fand eine Begrüßung durch Monsignore Teodoli, den Major domus des Papstes sowie dur den Kammerherrn Mon signore Macci statt. Geleitet von den genannten Würdenträgern be- gab Sich der Kronprinz nah den Gemächern des Papstes. Der

- heilige Vater kam dem Prinzen bis in das Vorzimmer entgegen

und lud denselben zum Eintritt in sein Gemah ein. Nah einer Unterredung die über eine halbe Stunde währte, stellte der Kronprinz dem Papst sein Gefolge vor, welches, außer dem preußishen Gesandten von Schlözer und dem Gesand- \chaftssekretär, aus 6 Personen bestand. Am Schluß des Besuchs bat der Kronprinz den Papst um die Erlaubniß, die Bibliothek und die Museen des Vatikans sowie die Peters: kfirhe besihtigen zu dürfen. Nachdem der Kronprinz au dem Kardinal Jacobini einen Besuch gemacht hatte, verließ Se. Kaiserliche Hoheit um 31/2 Uhr den Vatikan und begab Sich direkt nach dem Quirinal.

18, Dezember. (W. T. B.) Als nah der Unter- redung des Kronprinzen mit dem Papst die Vorstellung des Kronprinzlichen Gefolges stattfand, unterhielt sich der Papst mit den einzelnen Personen desselben auf das Freundlichfte und bemerkte dabei unter Anderem, daß er heute vor dreißig Jahren zum Kardinal ernannt worden sei und damals \chon den Kronprinzen auf dessen erster Reise nah Rom kennen gelernt habe. Als Se. Kaiserlihe Hoheit Sih päter zu dem Staatssekretär Jacobini begab, fam ihm der Kardinal bis zur Thür entgegen und geleitete den Kronprinzen in seine Gemächer. Der Kronprinz und der Kardinal waren hier im Ganzen 15 Minuten zu einer Unterredung zusammen, wäh- rend welcher der Gesandte von Schlözer das Kronprinzliche Gefolge dem Unter-Staatssekretär Monsignore Mocenni vor- stellte. Bei dem Besu der Museen traf der Kronprinz nochmals mit dem Kardinal-Staatssekretär zusammen. :

18, Dezember. Jhre Majestäten der König und die Königin, Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz und Se. Königliche Hoheit der Prinz Amadeus unternahmen Na&- mittags abermals eine Spazierfahrt nah dem Monte Pincio. Vor dem Diner empfing der Kronprinz im Quirinal die Minister, das diplomatishe Corps sowie die Mitglieder der obersten Behörden und der Gemeindevertretung von Rom. Um 71/2 Uhr begann das Galadiner, in dem großen, in Weiß und Gold gehaltenen, mit drei prachtvollen venetian!- hen Kronleuhtern geshmückten Saale des Quirinals, Es maren 122 Einladungen ergangen. Der Kronprinz führte Jhre Majestät die Königin zur Tafel; die Musif spielte die preußishe und die iltalienishe Volkshymne. Die Tafel hatte Hufeisenform. Se. Majestät der König saß im Centrum der Tafel, ihm gegenüber die Königin, neben der Königin rechts der Kronprinz, neben der Königin links der Prinz Ludwig Wilhelm von Baden; zur Rechten des Königs die Gemahlin des Botschafters von Keudell, zu seiner Linken die Gemahlin des französishen Botschafters Décrais. Na dem Diner fand Cercle statt. j

18, Dezember. (W. T. B.) Bei der heute in der Deputirtenkammer wiederholten Abstimmung über die bei der Berathung des Unterrichtsbudgets zu dem Kapitel „Bibliothek“ gestellte Kabinetsfrage stimmten 150 Depu- tirte für die Regierung; 82 enthielten sich der Abstimmung und 6 Deputirte stimmten gegen die Regierung.

Bulgarien. Sofia, 17. Dezember. (W. T. B.) Die Kammer hat den Antrag der Regierung auf Aenderung? der Verfassung angenommen. Die Aenderungen bezweFen die Einführung einer aus 45 Mitgliedern bestehenden Ersten Kammer und einer aus 100 Mitgliedern bestehenden Deputirtenkammer.

Afrika. Egypten. Kairo, 18. Dezember. (W. T. B.) Baker Pascha hat sich na S uak im begeben. Derselbe ist mit der obersten Civil- und Militärgewalt für alle Theile des Sudan bekleidet, welche seine Truppen berüh:en werden. Jn einem Brief des Khedive an Baker Pascha heißt es: der

weck der Expedition sei die Pacificirung des Gebietes zwischen Suakim und Berber. Der Khedive empfiehlt die An- wendung versöhnlicher Maßregeln zur Erzielung eines Ein- vernehmens mit den Häuptlingen der Stämme und dann erft den Gebrau von Gewalt.

Zeitungsstimmen.

Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ entnehmen wir folgenden Artikel:

So verschieden unserer oppositionellen Finan;künstler Ansichten über die no zu erfindende Normalfteuer, die Keinen drückt, au sind, so sind Jene doch einigermaßen einig über die prinzipielle Verwerflichkeit indirekter Steuern, da solche, falls fie Mafsexfonsumartikel treffen die sie doch aber treffen müssen, wenn der Zweck, erhebliche Ein- nahmen zu erzielen, erreicht werden foll nach Behauptung der Anhänger jener finanziellen Schule dem armen Manne die noth- wendigsten Lebensbedürfnifse vertheuern follen.

Darüber, daß Schutzölle eine derartige preissteigernde Wirkung nit üben, die in den Detailpreisen der mit denselben belegten Ver- brau8artifel nahweisbar wäre, ist man zwar nachzerade fast all- gemein zur Erkenntniß gekommen und haben ein Erhebliches zu diesem Ne- sultate wohl diejenigen Erörterungen beigetragen, in welchen vor längerer zeit an dieser Stelle nabgewiesen wurde, in der Bewegung der Getreide-

ngrospreise, des Mehl-Engroëpreises und des Brotpreises fänden fo starke S@wankungen statt, daß jeder derselben sih s{einbar ohne Rücksicht auf den anderen vorhergehenden Faktor bewege, so daß von einer Einwirkung des vershwindend kleinen Faktors Zoll auf das Ende des PreisbildungE8prozesses keine Rede mehr sein könne. Die Ueber- zeugung, die innere Konkurrenz verhindere es, den Scwhutzoll im Detailpreise zum Ausdruck zu bringen, hat sich mehr und mehr befestigt, nicht aber kann man ein analoges MRe- sultat bezügli indirefkter Steuern, die von Artikeln der in- neren Produktion erhoben werden, biëher konstatiren. Bei diesen eigentlihen Verbrauch8abgaben wird stets noch wieder der Einwand erboben, deren Wirkung werde cine Vertheuerung der Lebensbedürf- nisse gerade des armen Mannes sein. Dieser Einwand war z. B. noch im vorigen Jahre von allen Seiten zu vernehmen, als es si um Erhebung einer Schanksteuer handelte. Ueber die Wirkungen einer folhen indirekten Verbrauhsabgabe liefert nun eine dem baverishen Landtage kürzlich vorgelegte statistische Erhebung über die Bewegung der Bierpreise ein sehr intereressantes Material.

Bekanntlih hat Bayern im Jzhre 1879 seinen Malzaufslag von 4 auf 6 M erböht, für die Pfalz war derselbe überhaupt erst 1878 zum alten Satze eingeführt und dann gleichzeitig mit dem übrigen Bayern erhöht worden. Nebenbei bemerkt ift diese bayrische Bierbesteuetung etwa dreimal fo ho als in den Staaten der Brau- steuergemeinschaft, also Preußen 2c. Gegenwärtig handelt es fih nun für Bayern um die Frage, ob die Malzaufsclagerhöhung fortdauern soll, und um für die Beantwortung der- selben das Material zu bieten, legte die bayrische RNegie- rung dem Landtage statistishe Erhebungen über die Bierpreise vor, aus deuen Professor Schanz in Würzburg in der „Allg. Ztg.“ einige für die Frage der Einwirkung der Malzaufshlagserhöhung auf den Bierpreis interessante Zusammenstellungen mittheilt. Darnah war in 54 vergleihbaren Orten das Resultat, daß der Ganterpreis, der- jenige, zu welchen die Brauereien an die Wirthe abgeben, im Vers gleiche des Jahres 1882/1883 gegenüber dem Oktober 1879 war beim

Winterbier Sommerbier böber in 23 Orten 27 Orten gleihho% 18 « , 16 niedriger 13 ,y 11

__ Anders stellt si die Bewegung des Stankpreises ; derselbe war im Vergleiche derselben Termine beim

Winterbier Sommerbier höher in 14 Orten 16 Orten gleihboch 838 , 3

: niedliger 2 E Hieraus zieht Professor Schanz folgenden Schluß:

_ Wenn man diese Fälle als Typus für alle übrigen betrachten dürfte, fo ergäbe sich, daß den Brauern zu einem großen Theil, beim Sommerbier sogar der Hälfte, eine Preiserhöhung gelang ob eine entsprechend große bleibt dahingestellt ein kleinerer Theil mußte gleich hohe Preise wie früher gewähren, ein noch kleinerer si sogar eine Preisfkürzung gefallen lassen. Nicht die gleiche Erscheinung bieten die Schankpreise dar; in weitaus der Mehrzahl der Fälle stehen die- selben noch auf der Höhe wie 1879, einer kleinen Zahl gelang die Steigerung, nur ganz vereinzelt trat ein Sinken ein. Soweit das Material also eine Handhabe bietet, legt es den SWluß nahe, daß die Steuerabwälzung in erster Linie und hauptsählich nur in dem Verhältniß zwishen den Brauern und Wirthen zur Geltung kam.

__ Das von Professor Schanz sehr vorsibtig angedeutete Resultat dürfte sich dahin verallgemeinern lassen, daß nur in etwa! mehr als einem Viertheil der beobachteten Orte eine Malzaufslags- erhöhung, welhe in Höhe unserer Brausteuer stattfand, dem Konsumenten im Preise überhaupt wahrnehmbar wurde, und daß in nicht ganz der Hälfte der Orte die Brauer eine Preiserhöhung bei den Wirthen durhzuseßen wußten. Wer nun die Empfindlichkeit der bayerishen Bierkonsumenten gegen Qualitätsvershlechterungen ihres Getränkes kennt, der wird kaum an- nehmen wollen, daß etwa dort, wo keine Preiserhöhung oder gar Preisrückaang eintrat. die Wirkung der Malzaufschlagserhöhung in folher Richtung zu suchen sei. :

_Hr. Professor Schanz giebt aber noch eine weitere instrufktive Zusammenstellung, indem er die Preise zweier aufeinander folgenden Jahre vergleiht; das Ergebniß ist folgendes:

Beim Winterbier war der Preis von 1880/81 gegen 1881/82 gegen 1882/83 gegen Oktober 1879 Oktober 1880/81 Oktober 1881/82 Ganter- Schank- E “atis Ganter- Scank- öher

17 10 12 10 10 4 gleih hob 18 33 20 39 34 45 niedriger 12 6 10 2 10 5 nicht angegeben 8 6 14 14 1 1 Beim Sommerbier war der Preis höher 2 21 7 14 gleih ho 26 33 22 37 28 44 niedriger 1 18° 10 12 3 nicht angegeben 1 1 8 8 1 1

Diese Zahlen seinen sehr deutli darzulegen, wie Brauer und Scänker gleich nah Eintritt der Malzauffhlags-Grhöhung die Tendenz hatten, dieselbe im Preise zum Ausdru zu bringen, daß sie aber mit dieser Absicht Seitens des Publikums auf Widerstand stießen und dieselbe mehr und mehr aufgeben mußten. Die Sahl der Orte mit gleich hohen Preisen wird nämli von Jahr zu ahr größer, besonders bezüglih der Schankpreise, und den avfänglih ein- getretenen Preiserhöhungen stehen in den folgenden Jahren erhebliche Herabsetzungen gegenüber! A

Für den Konsumenten \{eint nach diesen Ecgebnifsen die von uns an diesen bayerischen Bierpreisen zu erörternde Frage dahin be- antwortet zu sein, daß eine so beträhtlihe Erböbung der indirekten inneren Verbrauch8abgabe für Bier, die der unsrigen gleibkommt, für ihn im Preise nur sehr vereinzelt auf die Dauer zum Ausdruck gelangte, daß die innere Konkurrenz der Brauer und Schänker den Haupteffekt dieser Steuererhöhung auf diese Gewerbe vertheilte.

__ Damit ist freilich die Frage der Brausteuer und ihrer Höhe kfeineë#wegs nah allen Seiten bin erörtert, da zwar keine Vermin- derung der Brauproduktion im Ganzen oder des [Bierkonsums einge- treten ift, wohl aber eine Abnahme der kleineren Brauereien, die mit technisch weniger guten Betriebseinribtungen versehen, die verschärfte Konkurcenz niht zu ertragen vermodten; Hand in us damit geht eine Zunahme der Großbrauereien, welche die Gesammtproduktion erheblich gesteigert hat.

Die in Bayern, in Folge der Malzaufshlagserhöhung an den Bierpreisen gemachten Erfahrungen bestätigen also von Neuem, daß eine selbst hohe indirekte Verbraubsabgabe nahweisbare Folgen für den Detailkonsumenten nicht zu haben braucht, wenigstens niht auf die Dauer, und daß das den indirekten Steuern in diefer Beziehung so gern angeheftete Odium weit mehr aus der agitatorisch ver- wertheten Theorie herrührt. als es aus den Erfahrungen des prafk- tishen Lebens zu beweisen ift.

Landtags - Angelegenheiten.

Dem Hause der Abgeordneten liegt folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Einführung einer Kavitalrentensteuer, vor:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages unferecr Monarchie, für den Umfang derselben, jedoch mit Aus\{luß der Hohenzollernshen Lande, was folat :

Der Kapitalrentensteuer sind unterworfen :

Zinsen, Renten und sonstige geldwerthe Vortheile aus den dem Steuerpflichtigen zustehenden Kapitalforderungen jeder Art, ein- \{ließlich der Dividenden- 2c. Bezüge aus Aktien und ähn- lien Kapitalanlagen, insbesondere

a. Zinsen aus Anleihen des Deutschen Reiches , deutsher und außerdeutsher Staaten, der Gemeinden und anderer öffentlichen Ver- bände, ferner Zinsen sonstiger verzinsliher Kapitalforderungen aus Darlehnen, Pfandbriefen, Prioritäten, Kaufgeldern, Ablösungsbeträgen, Abrenungs- und Kontokurrentguthaben, Sparkassenguthaben, Kautio- nea, Hinterlegungsgeldern und Vorschüssen, sowie Zinsen aus verzinslich gewordenen Zins- und anderen Ausftänden ;

b, Zinsen, Renten und Dividenden oder Gewinnantheile an Aktiengesellschaften, Kommanditgesellshaften auf Aktien, Berggerwoerk- schaften, Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften;

c. Zinsen, welche in unverzinslichen Zielforderungen, diskontirten Wechseln, Schatscheinen, Anlehnsloosen und anderen unverzinslichen Kapitalforderungen, bei welcben ein höheres als das ursprünglich ge-* gebene Kapital zurückgewährt wird, inbegriffen sind.

Gehen Zinsen oder Renten nicht rexelmäßig unverkürzt ein oder unterliegen fie, wie bei Dividenden aus Aktienunternehmungen, jähr- lihen Schwankungen, so ist der Durchschnitt des in den drei voran- gegangenen Jahren bezogenen Betrages in Ansatz zu bringen.

Die Zinsen von Kapitalanlagen, bei welchen ein anderer Zins- ertrag nit zu ermitteln ift, sind mit 4°/ des Nennwerthes der Kapitalforderung zu bere{nen.

8-2.

Die Besteuerung erfolgt nah Maßgabe des jährlihen Gesammt- betrages der Kapitalrenten (S. 1), welche der zur Entrichtung der Steuer Verpflichtete (8. 7) bezieht, nah Abzug der auf die Ein- ziehung und Sicherung derielben erweislih verwendeten Ausgaben.

Ein Abzug etwaiger Sun findet nicht statt.

Als Kapitalrente des in gewerbesteuerpflihtigen Bank- und ähn- lihen den Geld- und Kreditverkehr vermittelnden Geschäften angeleg- ten Vermögens gilt die vierprozentige Rente des aus der leßten Jah- resbilanz sh ergebenden Geschäftsvermögens. Zinsen und Renten, welche die Inhaber solher Geschäfte etwa aus nicht im eigenen Ge- \chäfte angelegten Kapitalvermögen beziehen, sind unter Beachtung der Vors(rift im ersten Absatze des §. 2 der vorstehend bestimmten Rente zuzurechnen.

4 Kapitalrenten (8. 1) der einem Haushalte angehörigen Familien- glieder sind, wenn leßtere nit zur Einkommensteuer selbständig ver- anlagt werden (§- 8 des Einkommensteuergeseßes vom heutigen Tage) den Kapitalrenten des Haushaltungsvorstandes zuzurechnen. D

An Kapitalrentensteuer wird ‘erboben: bei einem der Besteuerung

unterliegenden Betrage (§8. 1—4) für je 100 M. von mehr als 10000 A... . . . 2,0

von 10000 A und weniger bis 9000 A 1,9 M " 9 000 x o 8 000 1,8 So, 7 CUOO E. " 7 000 " "e " " 6 000 1,6 " a 6 000 u " D 400 " 1,5 400 u n o 4 800 "” 1,4 " "” 4 3090 wu "” "” 4 200 " 1,3 o 4 200 " e 3 600 "” 1,2 - O, . D000 11 ; " 3 000 " Ld " t 2 400 1,0 u Aa 5 J TS00 O9 s S ck ; D008 , o" 1 500 " u L 1 200 0,7 O 7 S 7 O. 06, " 900 u o " 600 0,5 "

8, 6.

Die zu erhebenden Steuersäße sind für der Besteuerung unter- worfene Beträge von 3000 4 und wentger auf die nächsten durch Vier in volle 25 4, und für höhere Beträge auf die nähsten durch Vier in volle 50 - theilbaren Summen abzurunden.

Die Kapitalrentensteuer if von den nah §8. 1 und 2 des Geseßes vom heutigen Tage einkommensteuerpflihtigen physiscen s o daa und Kommanditgesellshaften auf Aktien zu entrichten.

8, 8.

Von Entrichtung der Kapitalrentensteuer befreit sind:

1) die nah §. 4 Nr. 1 bis 5 des Einkommensteuergeseßes vom heutigen Tage von der Einkommensteuer Befreiten;

2) diejenigen Einkommensteuerpflictigen, deren der Kapitalrenten- steuer unterworfene Bezüge (§8. 1 bis 4) den Betrag von 600 M. nicht übersteigen ;

3) Steuerpflichtige, deren Gesammteinkommen den Betrag von 2000 M nit übersteigt ; e ;

4) Wittwen, vaterlose Minderjährige und solche Personen, welche in Folge körperlicher oder geistiger Zustände unfähig sind, für fich und ihre Angehörigen den standesgemäßen Unterhalt zu erwerben, ten E Gesammteinkommen den Betrag von 4000 6. nit übersteigt.

8, 9. i

Jeder zur Entrichtung der Kapitalrentensteuer Verpflichtete hat dem Vorsitzenden der Einkommensteuer-Veranlagungskommission inner- halb einer von demselben öffentlich bekannt zu maendrn Frist eine \chriftlihe Steuererklärung einzureichen, in welher der Gesammt- betrag seiner der Kapitalrentensteuer unterworfenen Bezüge für jedes der zwei vorausgegangenen Jahre (§§. 1 bis 4) anzugeben ist. Die Steuererklärungen müssen die Versicherung des Steuerpflichtigen ent- halten, daß er seine Angaben nah bestem Wissen und Gewissen ge-

macht habe. ti aaa PEED

In gleicher Weise sind die Inhaber der im §. 3 bezeihneten Ge- schäfte zur Deklaration des aus der leßten Jahresbilanz sih ergebenden Geschäftsvermögens verpflichtet.

Die Steuererklärungen haben na einem von dem Finanz-Minister vorzuschreibenden Formular zu erfolgen.

Die eingegangenen Steuererklärungen sind von dem Vorsitzenden der Veranlagunaskommission, sowie von der leßteren zu prüfen.

Im Falle der Beanstandung ift der betreffende Steuerpflichtige zur näheren Erläuterung, Ergänzung oder Begründung seiner Angaben aufzufordern.

Werden die gegen die Richtigkeit der Steuererklärung vorliegen- den Zweifel nicht beboben, so ift die Verarlagungskommission bei Stäßung der fteuerpflichtigen Bezüge an die Angaben des Steuer- pflichtigen niht gebunden. G

8, 10.

__ Die Steuererklärungen sind für Personen, wele unter väter- liher Gewalt, Pflegshaft oder Vormundschaft stehen, sowie für Aktien- 2c. Gesellshaften, von deren geseßliwen Vertretern, für Che- frauen, falls sie nit selbständig veranlagt find, von deren Ghe- männern zu bewirken.

Für Personen, welche si zur Zeit der Erklärung außer Landes befinden, oder sonst verhindert sind, die Erklärungen selbst abzugeben, können sclchbe durch einen Bevollmächtigten erfolgen.

S 1E E Wer die Steuererklärung nit innerhalb der vorgeschriebenen Frist abgiebt, verliert die geseßlihen Rehtsmittel gzgen seine Ein- \häßung für die betreffende Steuecperiode, insofern nicht Umstände dargethan werden, welche die Versäumniß entswuldbar machen.

S. 15. __ Die Veranlagung und Erbebung der Kapitalrentensteuer erfolgt in Verbindung mit derjenigen der Einkommensteuer.

Die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes vom heutigen Tage über das Verfahren bei Veranlagung der Einkommensteuer, die Steuerperioden, die Steuererhebung , die Kosten und die Straf- bestimnimungen (§8. 23—66) finden auf die Kapitalrentensteuer bezw. auf die zu deren Entrichtung Verpflichteten, die von denselben be- zogenen Kapitalcenten und die hierauf bezüglihen Steuererklärungen und Angaben entsprechende Mileudung,

S. 12. Das vorstehende Gefeß tritt am 1. April 1885 in Kraft.

Der Etat des Ministeriums für Handel und Gewerb!e ist in den Einnahmen (Kap. 29 562896 #4) um 240996 böber als der laufende. Das Mehr ist durch Einstellung eines neuen Titels 2a., Gebühren für Revision der Dampfkessel, 244 000 #, veranlaßt worden, über welchen der Etat Folgendes bemerkt: _

Gebühren für Revision von Dampfkesseln. „Die Geschäfte der technisch-polizeilihen Ueberwachung des Dampfkesselbetriebs sind bisher von Staats-Baubeamten und, soweit die zum Betrieb auf Bergwerken und Eisenbahnanlagen dienenden Dampfkessel in Betracht fommen, von Beamten dieser Verwaltungêzweige im Nebenamte be- forgt worden. Einzelnen Reichs- und Staatsverwaltungsbehörden, sowie der Militär- und der Mariaeverwaltung ist die selbständige Beaufsichtigung jenes Betriebes überlassen. Daneben ist den öIngenieurea der Mehrzahl derjenigen Privatvereine, welche ib die fortgesezie Beaufsichtigung und Revision dec Dampf- fefselanlagen zur hauptsä&lihsten Aufgabe ibrer Thâtigkeit gestellt haben, sowie einzelnen induftriellen MWerkfompleren ein Theil der in Rede stehenden Geschäfte, namentlih die Ausführung der Druck- Pes und der periodischen Untersubungen widerruflich überlassen worden.

Die Gebühren für die Untersuchungen der Dampfkessel, welche, außer den in ungewöhnlichen ffa noch zur Verrechnung kommenden Reisekosten-Entschädigungen, befstimmungsmäkßig die Kesselbesißer zu zahlen haben, find den Staats-Baubeamten bisher ungeshmälert zu- géflossen. Ihr Gesammtertrag bildet stellenweise in den industrie- reichen Gegenden eine erhebliche Nebeneinnahme.

In Folge der seit einiger Zeit eingeleiteten allgemeinen Umbil- dung der Baukreise werden diese Beamten künftig nicht im Stande fein, neben den Geschäften ihres Hauptamtes die technisch-polizeiliche Ueberwahung des Dampfkesselbetciebes in ersprießliher Weise wahrzunehmen. Abgesehen hiervon sind die Konstruktionen der Dampfkessel und die dazu gehörigen Vorrichtungen in neuerer Zeit so mannigfaltig und zum Theil so komplizirt ge- worden, daß die Kontrole derselben gegenwärtig weit \chwie- riger als ehemals ist und ohne unverhältnißmäßige Weiterungen mit der nöthigen Sicherheit nur dur Spezialtechniker dieses Fachs geübt werden kann. In mehreren Staaten, in welchen das Revisions- geschäft aus\s{ließlid solhen Sachverständigen übertragen ist, hat sich diese Einrichtung bewährt. Versuchsweise ist sie vor mehreren Jahren an einigen Stellen au in Preußen mit gutem Erfolge zur Anwen- dung gekommen. Es empfiehlt si daher, nach Entbindung der Kreis- und Wasser-Bauinspektoren von den Kefselrevisiznen die leßteren allgemein durch Spezialtehniker besorgen zu lassen.

Gegenwärtig werden etwa 25 000 Dampfkessel von Staatsbau- beamten überwacht. In den Industriebezirken des Landes wird ein Revisor künftig etwa 800 Kessel zu überwachen im Stande sein; in denjenigen Gegenden, in welchen die leßteren seltener vorkommen, wird wegen der dadurch bedingten weiteren Reisen diese Zahl h entsprechend verringern. Hiernaw wird. die Zahl der Revisions- bearaten auf etwa 49 zu bemessen sein; sie wird genügen, 10 lange eine wesentlihe Acrderung in dem Wirkungskreise der vorhandenen Kessel-Ueberwachungêvereine oder eine erheblihe Verschärfung der bestehenden Polizeivorschriften über den Dampfkesselbetrieb nicht eintritt.

Die Errichtung der neuen Stellen soll nit auf einmal, foudern nach und nah in dem Maße erfolgen, in welchem mit der Umbildung der Baukreise und mit der dadur bedingten Abberufung der Bau- beatnten von dem Kesselrevisionégeschäft vorgegangen werden wird.

Die zu berufenden Revisoren sollen zunächst nur kommifsarisch beshâäftigt werden. Um die Dienstbezüge derselben in dem Staatshauthalts-Etat ersihtlib zu machen, ift beabsichtigt, die von ten Kesselbesizern zu zahlenden Revisionsgebühren und jon- stigen Vergütungen, welche gegenwärtig auf die Summe von 244 000 M. jährli zu veranschlagen sind, zur Staatskafse einzuziehen und hieraus den Revisoren cine diätarische Remuneration zum Duréh- \chnitts\az von 3600 A neben einem durchschnittlichen Fonds zu Reiseauslagen und Bureaukosten von 2500 A jährli zu bewilligen. Neben den Etatsrücksichten scheint eine derartige Anordnung in dienst- pragmatiscber und auch in polizeilicher Hinsicht den Vorzug vor der bisherigen direkten Anweisung der Revisoren auf die Gebühren zu verdienen. i

Bemißt man nach Obigem die Zahl der Revisionsbeamten auf 40, fo ist der Jahresaufwand für dicselben auf

fd 40 (3600 X 2500) = 244 000 „d.

u veranschlagen.

; Dementsprecvend ist in den Etat bei der Handels- und Gewerbe- verwaltung der Gesammtbetrag der von den Dampfkesselbesizern zu zahlenden Revisionsgebühren und sonstigen Vergütungen in der gleichen Höhe als Cianahme in Kap. 29 unter einen neu gebildeten Tit. 2a. aufgenommen. Dagegen 2 144 000 4 zur Remunerirnng von Beamten, welhe mit Wahrnehmung der tecbnisch-polizeilichen Ueber- wachung des Dampfkesselbetriebs widerruflih beauftragt werden, in Kap. 68 der Ausgabe unter Tit. 6 und 100 000 zu Reiseauslagen (Tagegelder und Fuhrkosten) und Bureaukosten der Kesselrevisoren unter Tit. 11 daselbst eingestellt worden.“ L :

Die Einnahmen der Aichungëämter sind um 333 H, die aus den vor|hußweise gewährten Entschädigungskapitalien für aufgehobene ge- werbliche Berechtigungen um 1105 H, die Wittwen-_und Waisengeld- beiträge um 133 #, die sonstigen Einnahmen um 1759 # höher, die der Navigations\hüler um 1357 # und die der Musterungsbehörde um 4997 A6 niedriger angelet worden. Leßterer Post steht eine Minderausgabe von demselben Betrage gegenüber.