1883 / 306 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Dec 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium ded Jüüérn.

Der Ober-Präsidial-Rath von Jhenpliß zu Breslau ist —y Ober-Präsidenten der Provinz Schlesten beigegeben worden.

Justiz-Ministerium.

Verseßt sind: der Amtsgerihts-Rath Teuber in Tarno- wiß an das Amtsgericht in Kreuzburg O.-Schl., der Amts- gd Nat, Birkenbihl in Limburg a. L. an das Amts- geriht in Wiesbaden, der Amtsrichter Boner in Rahden an das Amtsgericht in Dortmund, der Amtsrichter Völckers in Altona als Landrichter an das Landgeriht in Cassel, der Amtsrichter Büff in Nentershausen an das Amtsgericht in CaFel, der Amtsrichter Schaefer in Margonin an das Aritsgerii in Schroda und der Landrichter Dr. Freiherr von Thermann in Trier an das Landgericht in Cöln.

Der Staatsanwalt Curtius in Greifswald ist an das Landgericht in Arnsberg verseßt.

n der Liste der Rechtsanwälte is gelösht: der Rechts- anwalt Koh in Niederwildungen bei dem Landgericht in

Caffel.

n die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Gerichts-Assessor Rosenthal bei dem Amtsgericht in Kreuz- burg O.-S@&l., der Gerichts-Affsessor F e S, bei dem Amtsgericht in Jülih und der Gerichts-Asse}sor Großkopff bei dem Landgericht in Osnabrück. :

Der Amtsrichter Liessem in Cöln, der Amtsrichter Weinhagen in Lindlar und der Rechtsanwalt und Notar, Justiz-Rath Brasche in Anklam find gestorben.

Bekanntmachung.

Der Königliche Hegemeister a. D. Oskar Hartmann, Keibelstraße Nr. 2 hierselbst wohnhaft, is als Nutßholzmesser für Berlin bestellt und vereidigt worden.

Berlin, den 19. Dezember 1883.

Königliches Polizei-Präsidium. von Madai.

Bekanntmachung.

Jn Gemäßheit des §. 18 ad 2 der Kontrol-Drdnung vom 98. September 1875 wird hierdurch bekannt gemacht, daß die verstärkten Ersatz-Kommissionen behufs der Entscheidung über Gesuche um einstweilige Zurückstelung bei eintretender Mobil- machung der Armee am 29. März 1884 ihre nächste Sitzung halten werden. '

Diejenigen in Berlin wohnenden Mannschaften der Re- serve, Land- und Seewehr und Ersaßreserve I. Klasse, welche auf Zurüdckftellung für das Jahr 1884 Anspruch machen, werden aufgefordert, ihre Gesuche unter Angabe ihrer Militär- verhältnisse und der Nummern, unter denen sie in den Listen des hiesigen Königlichen Landwehrbezirks-Kommandos geführt werden, im Laufe des Monats Januar 1884 beim Militärbureau des hiesigen Magistrats anzu- bringen. i

Hierbei wird ausdrücklidc bemerkt, daß die bereits früher berücksihtigten Mannschaften ihre Anträge auf weitere Zurückstellung im Bedarfs- falle zu erneuern haben, und die nah dem 31. Ja- nuar f. Js. eingehenden Gesuche nicht berüdcksich- tigt werden.

Nach Abhaltung des Termins am 29. März k. Js. werden die Namen derjenigen Mannschaften, deren Gesuche als be- gründet erachtet worden sind, durch das Intelligenz-Blatt öffentlih bekannt gemacht werden.

Berlin, den 27. Dezember 1883. ; Die Königlichen dis v aiaad der Aushebungsbezirke

erlin. Prausnitzer.

Nichtamtliches. Dentsches Neid.

Preußen. Berlin, 31. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen im Laufe des heutigen Vormittags militärishe Meldungen entgegen und ließen Sich darauf von dem Wirklichen Geheimen Rath von Wilmowski Vortrag halten. N

Um 11/4 Uhr hatte der diesseitige Gesandte in Stockholm, von Pfuel, die Ehre des Empfanges.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte gestern dem Gottesdienst in der Kapelle des Augusta- Hospitals bei. i

Jhre Kaiserlihen und Königlichen Hoheiten der Kron- prinz und die Kronprinzessin nebst Kindern dinirten gestern bei den Kaiserlihen Majestäten.

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm am Sonnabend Vormittag 11/2 Uhr militärishe Meldungen entgegen.

Nach dem Diner, zu welchem der Kardinal Prinz Hohen- Tohe geladen war, begaben Sih Zhre Kaiserlihen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin mit Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria nah dem Opernhause.

Gestéèrn Vormittag empfing Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz militärishe Meldungen sowie von 12!/2 Uhr ab den General-Direktor der Königlihen Museen, Geheimen Ober-Regierungs-Rath Dr. Schöne, den Ober-Ceremonien- meister Grafen zu Eulenburg und den Kaiserlich russischen Botschafter in Paris, Fürsten Orloff. 5 :

Úm 5 Uhr begaben Sich die Kronprinzlichen Herrschaften mit den Prinzessinnen Victoria und Margarethe zum Diner zu Jhren Majestäten und um 7 Uhr zum Gottesdienst nah der Englischen Kirche. : U :

Heute Morgen hat Sich Se. Kaiserliche Hoheit Kronprinz zur Jagd nah Spandau begeben.

der

welhe Jhrer Majestät der aus Veranlassung des ein- tretenden Jahreswechsels ihre Glückwünsche darbringen möch- ten, haben ihre Karten am 31. d. Mts. bei der Ober-Hof-

Diejenigen Personen, Kaiserin und Königin

Dur Beshluß des Königlichén Staats-Ministeriums ift auf Grund des Art. 1 des Geseßes vom 31. Mai 1882 in Verbindung mit Art. 4 des Geseßes vom 14. Juli 1880 für den Umfang der Diözesen Culm, Ermland und ildesheim die Wiederaufnahme der eingestellten taatsleistungen an die römish-katholishen Bis- thümer und Geistlihen vom 1. Oktober d. J. ab an- geordnet.

Nah Mittheilungen aus Jtalien wird von der General-Direktion der Eisenbahnen zu Rau am 12. Januar 1884 im Submiss ionswege die Lieferung folgender Par- tieen Schienen aus Bessemer-Stahl vergeben werden :

lot. 1: 11 889 793 tons für 2496 856,22 Tire

2: 11840043 „, 2696409,03

3: 111559533 „, 234275013 , Die näheren Bedingungen werden an der bezeihneten Stelle einzusehen sein.

Durch Allerhöchste Kabineteordre vom 22. d. Mts. ist genehmigt worden, daß eine Beurlaubung der Militär- anwärter mit sämmtlihen Gebührnissen über die Dauer von 90 Tagen drei Monaten hinaus bei der Vor- bildung in allen Zweigen der Justizverwaltung stattfinden darf. Soweit {hon bisher derartige Beurlaubungen fstaiige- funden haben, fönnen die gezahlten Gebührnisse in Ausgabe verbleiven.

Zur Vereinfahung des Uebernahmeverfahrens auf Grund des zwischen Deutshland und Dänemark getroffenen Uebereinkommens vom 11. Dezember 1873 be- treffend die gegenseitige Unterstüßung Hülfsbedürftiger und Uebernahme Ausëzuweisender sind nah Vereinbarung mit der Königlih dänischen Staatsregierung gleihlautende For- mulare eingeführt worden, welhe bei Uebernahmeanträgen in solhen Fällen zu benugen sind, in denen die Heimsendung oder Ausweisung auf dem Wege einer direkten Correspondenz mit der betreffenden Heimathsgemeinde stattfinden darf. Fn- dem der Minister des Jnnern den Regierungs-Präsidenten 2c. diese Formulare zur Anwendung übersendet, bemerkt derselbe in dem betr. Erlaß vom 14. d. M., daß die Zusaßdeklaration vom 25. August 1881 zu dem Eingangs gedahten Ueber: einkommen zwar mit dem 25. August d. Js. außer Kraft ge- treten sei und die Verhandlungen wegen Verlängerung der- selben noch nicht zum Abschluß gelangt seien, daß es jedo feinem Bedenken unterliegt, bis auf Weiteres nah den Be- stimmungen dieser Zusaßdeklaration zu verfahren.

Den Gerichtsvollziehern ist, nah einer Allge- meinen Verfügung des Justiz-Ministers vom 22. d. M., fortan nit mehr gestattet, bei freiwilligen Mobiliarversteigerungen dem Austraggeber gegenüber die Gewähr für den rihtigen Eingang der etwa zu kreditirenden Kaufgelder zu übernehmen. Der Absatz 3 des §. 115 der Geschäftsanweisuug für die Ge- rihtsvollzieher vom 24. Juli 1879 wird aufgehoben.

Die Bedrohung mit einem ungeladenen Schießgewehr bei dem Widerstande gegen einen Forst- oder Jag d- beamten ist nah „em Urtheil des Reichsgerichts, 111, Strafsenats, vileoy 25. Oktober d. J., als qualifizirter Widerstand aus §8. F Abé. 2 Str. G. B. (mit Gefängniß nicht unter 3 Monatez) zu bestrafen, wenn der Thäter bei seiner Drohung sich bewußt gewesen, daß dieselbe an fi ge- eignet sei, in dem Beamten die Furcht, geschossen zu werden, hervorzurufen.

Der Königlich sähsishe Gesandte, Wirkliche Geheime Rath von Nostiz-Wallwiß hat sih auf einige Tage mit Urlaub nah Dresden begeben.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerishe Ober-Regierungs-Rath Schmidt konz ist hier ein- getroffen.

Der Gencral der Jnfanterie z. D. Graf von Monts ist aus Dresden hier eingetroffen.

Hamburg, 29. Dezember. (W. T. B.) Die Bürge r- schaft hat in ihrer heutigen Sißung den Antrag des Senats in Betreff eines verstärkten Schußes des Kuxhafener Ufers einem Ausshuß von 9 Mitgliedern überwiesen.

Oesterreih-Ungarn. Agram, 29. Dezember. (Pr. Zig.) Im Landtage gaben heute die Grenzdeputirten eine Erklärung ab, in welcher sie vor Allem dem Kaiser und dem Landtage den Dank aussprehen für die bereits erfolgte theilweise Einführung der Verfassung in der Militärgrenze und sodann mit Bezug auf das Kaiserlihe Reskript vom 9. Mai 1861 erklären, die staatsrechtlide Grundlage zu acceptiren und den Wunsch ausdrücken, daß in Ausführung des Reskripts der Grenze dieselbe Stellung wie dem übrigen Lande gegeben und die ohne Mitwirkung der Gienzdeputirten geschaffenen, für die Grenze nachtheiligen Geseze verfassungsmäßig abgeändert werden. Schließlich er- flären die Grenzdeputirten, unerschütterlihe Treue und Loyalität gegen den Kaiser zu bewahren. Ueber den Antrag Zivkovics, den Bericht des Verifikationsausschu}sses zu berich- tigen und sodann die Grenzwahlen en bloc zu verifiziren, entspann si eine längere Debatte.

Niederlaude. Haag, 29. Dezember. (W. T. B.) Sprenger van Eyk, bisher Mitglied des Raths für Niederländisch - Indien, is zum Minister der Kolonien ernannt worden.

Frankreich. Paris, 29. Dezember. (W. T. B.) Fn der heutigen Sizung der Deputirtenkammer beantragte der Berichterstatter Carnot die Annahme des Budgets mit den vom Senat daran vorgenommenen Veränderungen, Der Conseils-Präsident out: Ferry unterstüßte diesen Antrag, wobei er bemerkte: Das Fahr 1884 werde nicht hingehen, ohne daß die konstitutionellen Reformen ins Werk eseßt wären. Er werde diese Revision der Verfassung beantragen, weil er glaube, daß dieselbe von Nugen sei, im Gegensaß zu Denjenigen, welche die Revision forderten, damit sie ver- weigert werde. (Bewegung auf der äußersten Linken.) Clovis Hugues, der sich zu heftigen Ausfällen gegen Jules Ferry hinreißen ließ, wurde mit der Strafe der Ausschließung belegt und verließ den Saal. Roche (Radikaler) behauptete : die Kammer dürfe dem Senat nicht nachgeben. Die Aenderungen des Senats wurden jedoch, entsprehend

meisterin Gräfin von Perponcher abzugeben.

dem Antrage des Berichterstatters und des Conseils- Präsidenten von der Kammer angenommen. Die

Wiederherstellung des Gehalts des Erzbischofs von Paris in Höhe von 45 600 Frcs. wurde mit 270 gegen 183 Stimmen und ebenso der Poiten für Freistellen in den Seminarien mit 268 gegen 195 Stimmen bewilligt. Das Gesammtbudget ward sodann mit 326 gegen 25 Stimmen ge- nehmigt. Die Rechte enthielt sich der Abstimmung.

Die Session der Deputirtenkammer und des Senats ist geshl ossen. Das Parlament wird verfassungsmäßig am zweiten Dienstag des Januar wieder zusammentreten.

Der Marine-Minister Peyron hat Nachrichten vom Admiral Courbet erhalten, welche aus Hanoi, vom 20. De- zember, datirt sind. Nah der Einnahme von Sontay is Admiral Courbet dorthin zurückgekehrt und hat den Dienst des Generalkommissärs übernommen. Die Ver- theidiger von Sontay sind in der Richtung auf Batbac, Davang, Honghoa, Phulam und darüber hinaus geflohen. Das Sinken des Wasserstandes verhinderte den sofortigen Angriff auf Honghoa. General Bichot durchsuchte mit einem Theile des Expeditions-Corps die Umgebungen von Sontay zwishen Day, Songeau, dem Schwarzen Flusse und den Bergen und kehrte darauf nach Hanoi zurück. Sontay und die Befestigungen am Flusse find von diesseitigen Truppen stark beseßt; alle Garnisonen werden augen- blicklich verstärkt, um das Delta vollständig von den Rebellen und Piraten, die es verwüsten, zu säubern, Jn einer anderen vom 22. Dezember datirten Depesche fommt Admiral Courbet auf die von den algerischen Tirailleurs und der Marine-Jnfanterie an den Tag gelegte ausgezeichnete Tapferkeit zurück und fügt hinzu : die annamitischen Tirailleurs hätten gleihen ruhmvollen Antheil an allen Gefechten gehabt; auch die von den tongkingnesishen Hülfstruppen geleisteten Dienste werden vom Admiral Courbet lobend hervorgehoben,

E Rom, 29. Dezember. (W. T. B.) Der Papst und der Kardinal Facobini empfingen anläßlit des Jahreswechsels heute den bayerishen Gesandten, Freiherrn von Cetto sowie die Geschäftsträger Spaniens und Portugals. ;

Der ehemalige Unterrichts-Minister Desanctis ist ge storben.

Griechenland. Athen, 2W. Dezember. (Wien. Ztg.) Die Gerüchte, wonach sich die Opposition der parlamen- tarishen Arbeiten soll enthalten wollen, werden demen tirt. Die gestern begonnene Berathung der Anlehensvorlage wird heute fortgeseßt werden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 29. De zember. (W. T. B.) Der Abtheilungs{ef in der Kanzlei des hiesigen Stadthauptmanns für Aufrechthaltung der öffentlihen Ordnung, Gensd'armerie-Dberst-Lieutenant Ssu- dejkin ist in der vorigen Nacht in einem Hause in der Nähe des Newsky-Prospekts ermordet worden. Ein ihn begleitender Beamter wurde tödtlih verwundet.

Asien. (W. T. B.) Dem „Reutershen Bureau“ wird aus Haiphong, vom 26. d. Mts., gemeldet: Der Gesammtverlust der Franzosen an Todten und Ver: wundeten bei dem Angriff auf Sontay beträgt 36 Offiziere und nahezu 1000 Mann; derjenige der Schwarzfslaggen 6000. Der größere Theil der Schwarzflaggen hat si na Honghoa und Namdinh zurückgezogen. :

Nach einem Telegramm aus Hongkong soll bei der Vertheidigung Sontays der Oberanführer der schwarzen Flaggen, Lian-Fong, shwer verwundet und fein Vertreter getödtet worden sein. Der französische Kommissar Har mand und Tricou hatten sich nach Hue begeben.

Afrika. Egypten. Kairo, 30. Dezember. (W. T. B,) Eine amtlihe Depesche meldet: Die Aufständischen griffen am 28. d. M. den 8 Meilen von Berber ent- fernten Ort Gezireh an, wurden aber von der aus 2 Compagnien Baschiboshuk3 bestchenden Besaßung von

Gezireh, welhe Vershanzungen errihtet hatte, nah sehsstündigem heftigen Kampfe unter großen Verlusten zurüdckgeschlagen. Der Befehlshaber der Baschiboschukls

wurde getödtet; im Uebrigen sind die Verluste der egyptischen Truppen, denen die Stämme der Bichories und der Kamilat Hülfe leisteten, unbedeutend. Der von den Aufständischen beabsichtigte Angriff auf Berber ist durch den von der Gar- nison von Gezireh geleisteten Widerstand vereitelt.

Zeitungsftimmen.

In der „Germania“ lesen wir:

Die Kapitalrentensteuer und die liberale Presse wird auch von der „Prov.-Corr.* einer durhaus sachlichen und durschlagenden Betrachtung unterworfen. Wie wir wiederholt darauf hingewiesen baben, daß bei den Berathungen im Februar d. I. kein Mensch 1m Abgeordnetenhause und außerhalb desselben die in der Resolution geforderte höhere Besteuerung des „Kapitalvermögens*“ anders verstanden habe und nah diesem Worte und dem ganzen Gang der Debatte anders habe verstehen können, als von einer höheren Besteuerung des beweglihen Vermögens , 19 beginnt auch die „Prov.-Corr.“ in dem Artikel mit der Er- innerung an diese jeßt von Niemand mehr bestrittene voll- ständige Uebereinstimmung im Abgeordnetenhause. Sie hebt vor Allem hervor, daß Herr von Bennigsen „die überraschende Ueberein- stimmung der Meinungen über die Verbesserung der Personalfteuern fonstatirt habe, und daß au die Ausdrücke der oppositionellen Ab- geordneten, z¿. B. des Abg. Hänel durhaus keinen Zweifel ließen, daß es sich nur um die Erhöhung der Besteuerung des beweglichen Vel- mögens, im Gegensaße ¿zu dem {on von einer Ertragsfteuer (& troffenen Grundbesiße und Gewerbebetriebe, gehandelt habe. Das halbamtliße Blat hätte no4H zufügen können, daß damalt ein großer Theil der liberalen Presse, nsbesondere auch die fort \crittlihe, geradezu übermüthig jubelte, daß nun endlich der richtigt Weg der Steuerreform getroffen worden sei, Die Regierung und die ibr nahestehenden Kreise hätten bisher immer nur von indirekten Steuern geschwärmt, die do vorzugsweise den kleinen Mann drüd!

die Steuern auf die Schultern zu legen, welche sie am beften tragen fönnten, und dabei wurde mit Eifer auf die Selbstaufopferung 18 Liberaliêmus hingewiesen, dessen Kapitalbesißer freudig zu den Opfern bereit seien, die das Vaterland von ihnen fordere. 2 Nur wenige Blätter, z. B. die „Nat.-Ztg.“, {lossen von diejer Verherrlichung des Liberalismus sich aus; aber aub das genannt! Blatt bestritt nicht im Mindesten, daß das Abgeordnetenhaus damals die höhere Besteuerung blos des beweglihea Vermögens forderte, sondern es bestritt nur, daß es in dieser Forderung Recbt habe; über den Sinn der Forderung des Abgeordnetenhauses bestand, wie esagt, absolut fein Zweifel, auf keiner Seite, und der vor einigen Wochen, übrigens auc nur von vertinzelten liberalen Blättern gemachte Versu, au diesen sonnenklaren Punkt nachträglich noch in Verwirrung

bringen, ift längst auch von dieser aufgegeben worden.

haben vielmehr Blätter, wie der „Hannov. Cour.“

liberale

ten; deBt dur das Abgeordnetenhaus, sei endlich der Weg beschritten, |

ayédrüdlich Zeugniß abgelegt für jenen rihtigen Sinn der Resolution

Abgeordnetenhauses, und die paar Anfangs abweichenden Blätter, „B. „Nat.-Ztg.*, „Köln. Ztg.“ u. . w. haben sich längft auf den Standpunkt zurückgezogen, 1 sagen, wenn denn auch das Abgeordnetenhaus unter

ustimmung der Regierung eine höhere Besteuerung blcs des beweg-

iden Vermögens beschlossen habe, so stehe ja doch nihts im Wege, sondern sei sogar Pflicht, diesen Bes{luß noch einmal einer Prüfung zu unterwerfen, und falls überwiegende Gründe gegen ihn sprächen, ihn ¡u forrigiren. Das ist nun ohne Zweifel ganz richtig; aber die Anwen- dung dieses Saßes würde in diesem Falle vorausseßen, daß eine seit Jahren eifrig diskutirte, in der leßten Session des Abgeordneten- hauses von November bis Februar das Abgeordnetenhaus bescbäfti- gende und sogar in einer Kommission reiflich vorberathene Frage dennoch in einem unreifen, gedankenlosen, haltlosen Beschlusse erledigt worden Jet, obgleich doch die Bedeutung und Tragweite der Frage gar niht so s{wer zu ersehen war. Wir werden deshalb ruhig ab- warten, ob es Abgeordnete geben wird, die ihrer eigenen parlamenta- rishen Thätigkeit ein soldes Zeugniß ausstellen zu müssen oder au nur zu dürfen glauben. Wir sind unbesorgt, daß Centrum, Polen und die beiden fonservativen Parteien niht in diese Lage kommen werden. . - - E ; i

Die „Schlesische Zeitung“ screibt:

Jede Nachricht von einer Besserung in_der wirthschaftlihen Lage der Bevölkerung darf, welchen einzelnen Ort sie au betreffe, auf freundlihes Interesse rehnen. Wir registriren daher aus einer „Aus dem oberen Weistritzthale“ datirten Correspondenz des „Schweidnitzer

Tageblatt“ die eldung, daß in der bezeihneten Gegend, also in den besonders industriereiben Theilen des Scbweid- nizr und Waldenburger , vielleidt auch des Neuroder

Kreises die wirtbschaftlihe Lage der Bevölkerung si in neuester eit als eine ersreulich günstige darstelle. Die Fabriken seien so voll besbäftigt, daß der arbeitenden Bevölkerung sogar ein höherer Verdienst ermöglicht werde, ein Faktum, welches seinen Einfluß n. A. auch auf das Weihnachtsgeshäft geltend gemacht habe. Dieses Geschäft sei nach Aussage der betreffenden Geschäftsleute in diesem Jahr ein besseres gewesen als in den Jahren vorher. Jn einer Correspondenz der „Vossishen Zeitung“ aus Schleswig: Holstein, welche sih in ihrem weiteren Verlaufe abwehrend gegen die Schuzzzölle ausspricht, heißt es in der Einleitung : _ Das dietjährige Weihnachtsfest hat die Provinz in ret be- friedigenden wirthschaftliben Verhältnissen vorgefunden. Der außerordentlib milde Winter hat noch nit einen Augen- blid Schiffahrt und Verkehr gehemmt. Die größeren Hafen- pläge bieten cin belebtes Bild; auf den sech8 Siffs- werften der Provinz werden cben fo viel Tausend Arbeiter beschäftigt und für den landwirthschaftlichen Betrieb ift die Witterung wie ge- hafen. So fehlt es wenigstens an Arbeit nit und groß des Schußzzolles sind einige dcr nothwendigsten Lebensbedürfnisse billig. S fair flagen deshalb, daß die gute Ernte sih niht genügend zahlt mache.

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Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 68. Inhalt: Verfügungen: Vom 22. Dezember 1883. Schluß der Postdampf- bifahrten auf der Linie Stettin-Kopenhagen. Vom 22. Dezember 1883. Eröffnung der Eisenbahnstrecke Doberan-Wismar.

Armee - Verordnungs - Blatt. Nr. 26, Inhalt: Beurlaubung der Militäranwärter zur Vorbildung in der Justiz- verwaltung. Aenderungen im Exerzier-Reglement für die Insan- terie. Beschaffung von Uhren und Thermometern für Militär- wachen. Beförderung von Arrestaten-Tranéporten. Abänderung der Landwehrbezirks-Eintheilung im Bereiche des VI. Armee-Corps. Ordensvorschläge für Zahlmeister. Ausgabe einer neu aufge- stellten Beilage 11 zum Friedens- Bekleidungs-Reglement. Ge- währung von Bruchbändern an inaktive Mannschaften. Marsch- verpflegung8-Vergütung für 1884, Dislokation der 3. und 4. Eêsca- dron Brandenburgishen Husaren-Regiments (Zietenshe Husaren) Nr. 3. Eröffnung einer neuen Eisenbahn. Militär-Wittwen- Kassenangelegenheit. Kilometerzeiger zur Berehnung der Umzugs8- kosten. Eröffnung einer neuen Eisenbahn. Normpreise für Brot und Fourage und Vergütungspreis für den aus preußischen Magazinen an Kadettenanstaltea verabreihten Roggen pro I. Semester 1884, Extraordinäre Verpflegungszushüsse pro 1. Quartal 1884. Abänderung des Regulativs für Elsaß-Lothringen über Ausbil- dung, Prüfung und Anstellung für die unteren Stellen des Forst- dienstes vom 15. Februar 1879. :

Justiz-Ministerial-Blatt. Nr. 48. Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 21. Dezember 1883, betreffend die Absonderung und den Verkauf von unbrauhbaren Akten der Justizbehörden. Allge- meine Verfügung vom 22. Dezember 1883, betreffend die Vornahme freiwilliger Mobiliarversteigerungen dur Gerichtsvollzieher. All» gemeine Verfügung vom 24. Dezember 1883, betreffend Zusammen- stellungen von Zwangsversteigerungen.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesund- heitsamts find in der 51. Jahreswoche von je 1000 Einwohnern auf den Jahresdur\cnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 2,9, in Breslau 28,2, in Königsberg 38,0, in Cöln 24,5, in Frankfurt a. M. 17,8, in Hannover 18,2, in Cassel 15,8, in Magdeburg —, in Stettin 20,1, in Altona 24,5, in Straßburg 25,4, in Mes 16,0, in München 28,2, in Nürnberg 26,2, in Augsburg 25,4, in Dres- den 26,5, in Leipzig 23,4, in Stuttgart 22,3, in Braunschweig 28,7, in Hamburg 21,8, in Karlsruhe 12,0, in Lübeck —, in Wien 24,1, in Budapest 20,8, in Prag 39,2, in Triest —, in Krakau —, in Basel 27,8, in Brüffel 24,4, in Paris 24,7, in Amsterdam 30,9, in London —, in Glasgow —, in Liverpool —, in Dublin —, in Edinburg 16,5, in Kopenhagen 20,2, in Stockholm —, in Chri- stiania 22,2, in St. Petersburg 29,6, in Warschau 25,3, in Odessa 38,1, in Bukarest 29,4, in Rom 27,1, in Turin —, in Madrid 33,0, in Alexandrien 36,8. Ferner in der Zeit vom 25. November bis 1, Dezember: in New - York —, in Philadelphia —, in St. Louis —, ia Chicago —, in Cincinnati —, in San Franzisko 22,0, in Kalkutta —, in Bombay —, in Madras —. G

Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den deutschen Beobachtungsorten westlihe und südwestliche Luftströmungen, die aber an den meisten Stationen am 17., in München am 18. nah Nord und Nordwest, in Cöln und Karlsruhe bis nah Nordoft gingen. Am 19. ging der Wind an allen Stationen nah West und Süd- west zurück und blieb bis zu Ende der Woche, in Koniy am 20. mit nobmaligem vorübergehendem Wechsel nach Nordwest, aus dieser Richtung wehend. ie Temperatur der Luft lag an allen Stationen, namentlich zu Ende der Woche, über dem vieljährigen Monatsmittel. Lichte Nachtfröste waren um die Mitte der Woche nit selten. Niederschläge, zum Theil Schnee, erfolgten häufig und vielfa recht ergiebig. Der beim Wochenbeginn niedrige Druck der Luft nahm in den a Tagen der Woche zu, am 19. sank jedoch das Barometer, behauptete dann jedoch unter mäßigen Schwankungen seinen einge- nommenen Standpunkt bis zu Ende der Wohe. :

In den meisten größeren Städten Europas blieb die Sterblich- keit in der Berichtswoche cine günstige und wurde besonders in den deutshen Städten eine geringere. Die allgemeine Sterblichkeitsver- bältnißzahl für die deutshen Städte sank auf 23,0 von 24,3 der vorangegangenen Woche pro Mille und Jahr gerechnet. Die Theil- nahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war im Allge- meinen eine geringere, in Berlin und München eine etwas gesteic erte. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet 68 Kinder unter 1 Jahre, in Berlin 63, in München 100, Auch die Sterblichkeit der höheren Altersklasse (über 60 J.) war eine verminderte.

Unter den Todesursachen haben Masern, Scharlach, Diphterie und Ruhr weniger, Croup, Keuchhusten, typhöse und Kindbettfieber

mehr Todesfälle veranlaßt, Masern zeigten vielfa einen Nawblaß der Todesfälle, wie in Breélau, Münen, Chem- nitz, Apolda, Leipzig, Hamburg, Osnabruück, Berlin, Wien, Amfterdam ; in Cffen herrshen Masern in sehr großer Auédehnung, in Paris und Edinburg nahm die Zahl der Todesfälle zu. Das Scharlacbfieber verlief in Königsberg, Dresden, Berlin milder, in Danzig, Erfurt, Hannover, Remscheid wurde die Zahl der Todesfälle größer. Auch die Diphtherie zeigt eine Abnahme der Sterblichkeit, wiewohl die Zabl der Opfer noch immer in einer größeren Zahl von Städten eine bedeutende ist, so namentli in Berlin, Königëbera, Greifswald, München, Nürnberg, Dresden, Breslau, Chemnitz, Altenburg, Leipzig, Halle, Hamburg, Crefeld, Amsterdam, Paris, Warschau, Odessa. Auch in Stuttgart, Stettin, Infterburg, Plauen, Reichenbah i. Sachs, Braunschweig, Mülheim a. Rh. u. a. O. forderte Diphtherie mehrfach Opfer. Typhöse Fieber wurden etwas bäufiger, besonders in Stettin und Posen, Todeéveranlafsung. Aus Breëlau kam je 1 Todesfall an Rüdffalléfieber und an Flcckiyphus zur Mittheilung. Aub aus Madrid, Valencia, Malaga, Murcia wurden einzelne Todeéfälle an

Flecktyphus gemeldet. Der Keuchhusten führte in Berlin, Frankfurt a. M. und Kopenhagen in größerer Zahl zum Tode, in Leipzig Hamburg, Mülheim a. Rh. nahm die

Bahl der dur Keuchhusten hervorgerufenen Todesfälle ab. Darm- fatarrhe und Brechdur(bfälle der Kinder zeigten keine wesentliche Ver- änderung in ihrem Vorkommen. Todesfälle an Ruhr kamen aus deutshen Städten nur 1, an Kindbettfiebecr 31 zur Anzeige. Pocken zeigten sich etwas seltener. Aus deutsben Städten kam nur 1 Tode®- fall aus Danzig zur Mittheilung. Auch aus Budapest, Warschau, Rom, Valencia kam je 1, aus Wien und Paris je 2, aus St. Peters- burg, Murcia, New-Orleans, Madrid mehrfache, aus Malaga 31, aus Prag 42 Todesfälle an Pocken zur Anzeige. Der Cholera er- Bo in Alexandrien in der Zeit vom 9. bis 15, Dezember 4 Per- onen.

. Summarische Uebersicht über die Zahl der Studirenden auf der Königlichen Universität zu Breslau im Wintersemíster 1883/84. Im Sommersemester 1883 waren immatrikulirt 1559, davon sind abgegangen 365, es sind demnach geblieben 1194, In diesem Semester sind hinzugekommen 285. Die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 1479. Die evangelisch - theologische Fakultät zählt Preußen 132, Nichtpreußen 3, zusammen 135. Die fatholish-theologisbe Fakultät zählt Preußen 144, Nichtpreußen —, zusammen 144. Die juristishe Fakultät zählt Preußen 226, Nicht- preußen 5, zusammen 231. Die medizinische Fakultät zählt Preußen 382, Nichtpreußen 8, zusammen 390. Die philosophisbe Fakultät zählt: a. Preußen, mit dem Zeugdiß der Reife 434, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife, nah §. 3 der Vorschriften 2c. vom 1. Oktober 1879, 122, c. Nichtpreußen 23, zusammen 579. Im Ganzen 1479. Außer diesen immatrikulirten Studirenden der hiesigen Universität haben die Grlaubniß zum Besuch der Vorlesungen erhalten: nicht immatrikulirte Zuhörer (Beamte, Aerzte, Lehrer 2c.) 110. Es nehmen folglih an den Vorlesungen Theil 1589,

Kunft, Wifsenschafí und Literatur.

Der Regierungs-Rath im Königlich württembergisden Mini- sterium des Innern, stellvertretende Bundesraths - Bevollmächtigte K. Schicker hat die Gewerbe-Ordnung für das Deutsche R ei ch nebst den Ausführungsvorschriften des Reichs in einem Werke erläutert, welches uns gegenwärtig vorliegt (Verlag von W. Kohl- hammer, Stuttgart, Preis 5 4). Dem Werke is der Text der Gewerbe-Ordnung in der auf Grund des Gesetzes vom 1. Juli 1883 veröffentlikten Fassung zu Grunde gelegt. Der Verfasser hat den- selben durch Anmerkungen erläutert, in welchen die Gesetßesmaterialien, die einschlagenden Bestimmungen des Reichsrechts sowie diejenigen des württembergischen Landeërechts, die Literatur und die Entscheidungen der höchsten Gerichtshöfe eingehend berüdsihtigt worden find; auch auf die wihtigsten Auéführungsbestimmungen der übrigen Bundes- staaten ist an zahlreichen Stellen verwiesen. Dem Kommentar schließt sih eine Zusammer stellung der reihsrechtlichen Vollzugs- vorschriften zur Gewerbeordnung an ; in einem Anhang ift die unter dem 14. April 1875 erlassene technische Anleitung zur Wahrnehmung der den preußischen Kreisaus\hüfsen turch §. 35 V. Nr. 1 der preu- ßischen Kreisordnung vom 13, Dezember 1872 hinsichtlih der Geneh- migung gewerblicher Anlagen übertragenen Zuständigkeiten abgedruckt, da dieselbe nah dcr Ansicht des Verfassers für die in allen deutschen Staaten zuständigen Behörden von Interesse sein wird. Ein aus- führlihes Sachregister erleichtert die Üebersicht über den Inhalt des Werkes, welches den betbeiligten Behörden und Beamten ein will- fommenes Hülfémittel für die Anwendung der Bestimmungen der Gewerbeordnung bieten wird.

ener Kunstbriefe von M. Thausing, mit einkm Titelbildnisse und einem erklärenden Holzschnitte am Schlusse. Leipzig, E. A. Seemann, 1884, 80, S. 397. Krt. Preis 6 M Der Direktor der Kupferstibsammlung Albertina und Pro- fessor der Kunstgeschichte an der Universität zu Wien Thausing, kürzlich in weiteren Kunstkreisen bekannt geworden durch eine gründ- liche, gediegene, verständnißvolle Biographie von Albrecht Dürer (2. Auf- lage 1884), veröffentliht in dem genannten Buche eine Sammlung von 28 Aufsätzen kfunsthistorishen und fritishen Inhalts. Von den seither in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften erschienenen Ab- handlungen find nur folche ausgewählt, welche durch Inhalt und Form auf längere Dauer und weitere Verbreitung, als ihnen bisher ¡zu Theil geworden, Anspru erheben dürfen. Die kleinen Schriften behandeln folgende Gegenstände: Jn der ersten Abhandlung wird die Stellung der Kunstgeschichte als Wissenschaft geistvoll auseinander geseßt, deren Aufgabe dahin normirt ist, die Sprache richtig lesen und verstehen zu lernen, welche die Monumente in sichtbaren Formen zu uns sprechen. Die nachfolgende Jugenderinnerung ist in liebevollen Worten dem Andenken und der Dankbarkeit gegen ein seltenes Dresdener Bürgerkind, Clara Heine, gewidmet, unter deren Leitung „der acht- zehnjährige Bursche“ zuerst die Sprache der alten Meister in der Dresdener Galerie verstehen lernte. Die beiden folgenden Aufsäße Deutschland und der gothishe Styl, die deutsche Kunstreform des \echszehnten Jahrhunderts sprechen einentheils den Gedanken aus, daß die Wiege der Gothik das Kronland von Frankreich ist, das Doma- nium seiner Könige die Isle de France und daß die Gothik ein aus\{ließlich fkirliher Styl ist, denn sie ist auf Zwecke des Kultus lediglich angewiesen, wenn fie ihren strengen struktiven Prinzipien nicht untreu werden will. Die Grundlagen der Kunstreform des sechszehnten Fahrhunderts kann die Kunst nie mehr verlassen. Die Frage, ob Dürers Vater ein Magyare war, hat der Verfasser auf Grundlage neuerer Forschungen in der fünften Abhandlung bejaht. Der deutsche Name Dürer ist kein ursprünglich fester gewesen, hat sih vielmehr, anfangs schwankend, allmählich in der Familie festgeseßt. Dürers Vorfahren, deren Name im magyarischen Ajtòs gelautet, hergeleitet von Ajtò, die Thüre, sind Mitglieder jenes freien Kleinadels gewe- sen, der, oft nur mit geringem Landbesiß ausgestattet, vom Ackerbau lebte. Dürers Stellung zur Reformation ist nah den Belegen der sechsten Abhandlung keine andere, als die bisher übliche Anschauung gewesen, somit der neuerdings versuhten abweichenden Ansicht ent- egengetreten. Dem Andenken des unerschöpflich gründlichen Lokal- orshers, dem Archivar der Stadt Nürnberg, welcher die mo- derne Herrschaft des Königreihs Bayern Über Nürnberg als eborener MReichéstädter im Herzen eigentlich niemals anerkannt at, dem Rektor Dr. Lochner sind sehr liebevolle Blätter gewidmet. Non Linoardo da Vinci handeln drei Aufsäße; in ihm war der univer- fale Mensch, den sih die Renaissance seit einem Jahrhundert geträumt hatte, Fleisch und Blut geworden, man darf ihn einen in Italien geborenen alten Helenen nennen. Aus eigener Anschauung kaun das Urtheil bestätigt werden, daß, je länger man vor Lionardo's Abend- mahl im Refektorium von Santa Marta delle Grazie zu Mai- land steht und das Bild anschaut, desto deutlicher die Gestalten aus der Fläche heraustreten. Es ist, als swebten die Seelen, die ihnen Lionardo eingehaucht hat, noch hinter der schadhaften Wand- fläche, als könnte man sie durch beharrlihe Betrachtung herauf- beshwören und ihre Charaktere neu aufleben machen. In dem Auf-

saß über Sodoma wird dieser mit zu jenem Kreise von Malern gerebnet, in welhem der Genius und das Beispiel Lionardo's den Glanz der lombardisben Sbule begründet hat. Drei Aufsätze be- fassen sich mit Rafael und Michel Angelo. Dem Michel Ange!o

die Urhebershaft des Werkes der ‘Madonna von Brügge absprehen, heißt niht blos ein Blatt aus seinem Lorbeer reißen, es heißt auch eine dur fein anderes Werk vertre-

tere Eigenscaft seines jugendlichen Genius ignoriren. Dagegen stammt nach Thausing (S. 298) die fogenannte Fornarina nit von Rafael. Unter den übrigen Auffätßen sei noch auf den über Katharina Cornaro und Lucrezia Borgîa sowie auf die beilige Katha- rina von Alexandrien aufmerksam gemacht. Die rein sachliche Aus- einandersezung sämmtlicher Aufsäte wird jeden Freund der Kunst- geshihte durch eine verständige und geistvolle Darstellung fesseln. Bielleicht hätten die öfter erwähnten persönlihen Erlebnifse und Empfindungen als weniger zur Sache gehörend fortbleiben fönnen. Weshalb die Nationalgalerie das erhabenvste und zugleich auch selbst A E Gebäude Berlins, S. 360, genannt wird, ist nicht zu ersehen.

__— Die S chlesiscbe Gesellschaft für vaterländisce Kultur in Breslau hat ihren 60. Jahresbericht ausgegeben (Breélau, Verlag von G. P. Aderholz’ Bucbhandlung). Derselbe enthält den Generalberiht über die Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1882, und zwar an der Srite den Bericht über die Wirksamkeit und die Verhältnisse der Gesellschaft, erstattet in der allgemeinen Versammlung am 29. Dezember 1882 vom Staat8- anwalt von Uecbtritz, zeitigem Generalsekretär. Das neue Präsidium hatte sich darnach am 5. Januar 1882 konstituirt und die Herren Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert zum Vorsitzenden, Geh. Rec.-Rath Bürgermeister a. D. Dr. Bartsch zum stellvertretenden Vorsitzenden, Staatsanwalt v. Vedtritz zum ersten Generalsekretär, Gymnasial- Direktor Prof. Dr. Heine zum zweiten Generalsekretär und Stadt- rath Bülow zum Kassenführer erwählt. Am 21. Juni starb jedoch der mehrjährige, um die Gesellshaft wohl verdiente Vize-Präses Geh.- Rath Bartsch, sodaß eine Neuwabl erforderlich wurde, welcbe, am 31. Oftober vorgenommen, auf den Gch. Med.-Rath Prof. Dr. Biermer fiel, Die Gesellschaft zählte nad dem Berichi 345 wirklicbe einheimische Mitglieder, 80 wirkliche auswärtige Mitglieder, 42 Chrenmitglieder und 179 korrespondirende Mitglieder. Die Sektion für Obst- und Gartenbau besteht für sich aus_365 Mitgliedern; sie erfreut sich unter Leitung ihres langjährigen Sekretärs, des Stadtraths Müller, einer gedeihlichen Entwickelung; auch füc das Jahr 1882 war ihr vom Provinzial-Landtage eine Unterstüßung von 1659 gewährt worden. Allgemeine Versammlungen, außer der Generalversamm- lung, sind nit abgehalten worden, und die eigentliche Thätigkeit der Gesellschaft konzentrirte_ sih daher wie in früheren Fahren in den Arbeiten der einzelnen Scktionen. Es sind deren 8, nämlich die medizinishe, die Sektion für öffentliche Gesundheitépflege, die natur- wissenschaftliche, die botanische, die entomologische, die geographische, die Sektion für Obst- und Gartenbau und die hbistorishe Sektion. Ueber die Verhandlungen diefer haben die Sektionssekretäre einzeln Bericht erstattet. Nab dem Kafsenabs{luß für 1881 betrug das Gesammtver- mögen der Gesellschaft am Scbluß dieses Jahres 39000 M46 in Effekten und 2652 M baar. Außer den umfänglichen Sektionsberichten enthält der Band noch die Berichte des Konservators der naturhistorischen Sammlungen und Berichte über den Zugang zu den Bibliotheken der Gesellschaft. Am Schluß sind den verstorbenen Mitgliedern und Ehrenmitgliedern Nekrologe gewidmet.

Die Buchdruerei, Lithogr. Anstalt und Steindruckerei von Gebrüder Grunert, Junkerstr. 16, hat wie früher zum Beginn des neuen Jahres ihren Kunden und Geschäftsfreunden einen vermit- telst des Bucbdrucks hergestellten mehrfarbigen Kalender gewidmet. Die Ausführung desselben bekundet wiederum den Gesbmack der Firma und legt Zeugniß ab von ihrem Bestreben, die Leistungen der Typographie nah jeder Richtung hin zu vervollkommnen. Die Hauptetufasurg bildet eine breite Goldbordure mit aufliegender, mehrfarbiger, vorzüglich gezeichneter Renaissance-Einfassung, wie über- haupt die ganze Zusammenstellung im Styl der modernen Renais- sance gehalten ift. Die Farbenwahl is ges{madckvoll, der Druck sehr sorgfältig hergestellt, sodaß der fünstlerisch ausgeführte Kalender jedem Comptoir und Zimmer zur Zierde dienen wird.

Auch die Buchdruckerei und Steindruckerei von H. S. Her- mann, Berlin SW,, Beuthstraße 8, hat einen Wandkalender für 1884 in sauberer Ausstattung hergestellt, der die Leistungsfähigkeit tteser Offizin beweist. Er ist nach einer Zeichnung des Hrn. Emil Dôöpler jun. reih mit Figuren in Golddruck geziert, in der Umrah- mung in fünf Farben photolithographisch gedruckt und enthält an den Rändern Notizen über Post- und Telegraphengebühren, Münzen und Maße, Banken, Mefsen und Märkte.

In Nr. 4 der diesjährigen „Mittheilungen von F. A. Brockhaus in Leipzig“, in welchen die genannte Firma dem Publi- kum über die neuen Üncernehmungen ihres Verlags sowie über Er- \cheinungen der deutschen und ausländischen Literatur, welche durch ihr Sortiment und Antiquarium zu beziehen, Bericht erstattet, werden aus dem neuesten Verlag der erwähnten Buchhandlung 33 Werke vershiedenen Inhalts mit kurzen Besprehungen oder Inhalts- angaben aufgeführt, darunter mehrere Dichtungen, mehrere Reisewerke, Schliemanns „Troja“, Martins Naturgeschichte der Thiere, des neuen Pitawall Bd. 18, Landsberg's Lehre vom Eigenthum, mehrere Schriften über verschiedene Sprachen, wie die deutsche, italienische und’ englische; Historishes Taschenbuh, hrsg. von Maurenbrecer, C. F. 3, Jahrg. ; Ersh's und Gruber's Allg. Encyklopädie der Wissen- schaften und Künste, Thl. 31; Brockhaus Konservations-Lexikon in 13, Aufl, von der d. 6. Bd. (Elektrizität Forckenbeck) mit 8 Karten, 25 Tafeln und 165 Abbildungen im Text ; d. 18. Drittelband (6. Bd., Bogen 41—60, Feilenhaumaschine Fortenbeck) mit 3 Karten und 9 Tafeln und 19. Drittelband (7. Bd., Bog. 1——20, Ford Friedri 1V.) mit 1 Karte und 5 Tafeln vorliegen. Außerdem verzeihnen die Mit- theilungen verschiedene Kommissionsartikel, sowie 4 neue Kataloge von Brockhaus? Sortiment und Antiquarium, endlich 17 neue Erscheinungen der französischen und 1 Werk der englischen Literatur. Den Schluß der Mittheilungen bilden ausführliche Besprehungen über die Natur- geschibte von Martens, das Brockhaussche Konversations-Lexikon und über Schliemanns neues Werk „Troja“.

Gewerbe und Handel.

In der General-Versammlung der Casseler Straßenbahn- Gesell\chaft wurde der Jahresbericht und die Bilanz genchmigt und die Dividende auf 54% = 26,25 M per Aktie festgeseßt; die Aus- zablung erfolgt von heute ab. Die Abschreibungen betragen auf SFmmobilien-Conto 1250 4, Maschinen- und Wagen-Conto 10000 46, Ütensilien-Conto 1090 , Bahnkörper-Conto 5000 Die Divi- dende beträgt 44 625 M Der Antrag, das Aktien-Kapital auf die Hälfte zu reduziren und an Stelle der einzuziehenden 425 000 K den entsprehenden Betrag in 59% Obligationen auszugeben, wurde gleich» alls genehmigt.

Nürnberg, 29. Dezember. (Ho pfenmarktbericht von Leopold Held.) Im ruhigen Verkehr aber bei äußerst fester Tendenz wurden gestern und heute je ca. 300 Ballen am Hopfenmarkte umgeseßt. Preise waren theilweise etwas höher als Donnerstag. Da die Eigner auf den Produktionspläßen ihre Forderungen täglich steigern, ist die Zufuhr eine fortgesetzt unbedeutende und die quantitative und quali- tative Reduktion der ohnedies bereits sehr zusammengeschmolzenen Lagerbestär. de des Marktes schreitet daher ra\ch vorwärts. Auch in den Pflanzungédistrikten ist Übrigens der Vorrath nur noch ein geringer. Die gezahlten Preise sind die folgenden: Württem- berger prima 175—185 H, mittel 165—170 M, Hallertauer prima 175—180 M, mittel 155—165 M, Polen prima 175—182 4, mittel 155—165 M, Elsässer prima 155—160 4, mittel 150—155 M, nun 160—170 A, Marktwaare 150—160 4, Aischgründer

5— 165 M

Teplitz, 29. Dezember. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Dux-Bodenbacher Bahn hat sämmtlicbe Anträge der Ver- waltung mit 1141 gegen 99 Stimmen genehmigt Dr. Reitze hatte

vorher gegen dieselben Protest eingelegt. Am Schlusse der Versamm-